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2. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

a) Regelungsgegenstand und Zielsetzung

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Das UWG dient heute neben dem Mitbewerberschutz insbesondere auch dem Interesse der Allgemeinheit zum Schutz der Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer[15]. Bei ärztlichen Leistungen ist der Schutz der Gesundheit zentraler Gegenstand[16], wobei der Vertrauensschutz zwischen Arzt und Patient neben der Qualität der ärztlichen Leistung im Vordergrund steht[17].

b) Verhältnis UWG/Berufsrecht

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Werbebeschränkungen in freiberuflichen Berufsordnungen sind Marktverhaltensreglungen iSd § 4 Nr 11 UWG[18].

Literatur und Rechtsprechung gehen heute einhellig davon aus, dass bei Verletzung von Standesrecht, das den Wettbewerb von Standesgenossen unmittelbar regelt, bzw, wenn Verstöße gegen Normen vorliegen, die dem Schutz der Gesundheit dienen, regelmäßig auch die sog Spürbarkeitsschwelle (Relevanz- oder Bagatellklausel) des § 3 UWG überschritten ist[19].

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Da ein großer Anteil der (potenziellen) Verstöße gegen die „werbungsbezogenen“ Regelungen der ärztlichen und zahnärztlichen Berufsordnungen die Irreführung betrifft und sich insoweit im Ergebnis kein Unterschied zu den Vorgaben des UWG ergibt, liegt bei irreführenden geschäftlichen Angaben stets gleichzeitig ein Verstoß gegen Berufsrecht und damit gegen den Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr 11 UWG bzw gegen §§ 5, 5a UWG vor[20].

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Unterschiede zwischen (zahn-)ärztlichem Berufsrecht und den Regelungen des UWG jenseits der Marktverhaltensregelungen iSd § 4 Nr 11 UWG können im Einzelfall insbesondere bei der anpreisenden Werbung[21] auftreten. Im allgemeinen Lauterkeitsrecht des UWG sind nichtssagende Anpreisungen zulässig, bei Ärzten und Zahnärzten hingegen nicht[22].

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Die berufsrechtlichen Regelungen bilden aber nach wie vor einen wesentlichen Teil des Patientenschutzes und sind als eigene Verhaltensregeln neben den UWG-Vorschriften zum Ausdruck qualifizierten beruflichen Handelns der Ärzte notwendig[23].

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Unter Bezugnahme auf die Kommentierung zum Werberecht aller freien Berufe postuliert Kleine-Cosack, dass das Berufsrecht für die Werbefreiheit der Ärzte und Zahnärzte nahezu bedeutungslos sei. Die Angehörigen der freien Berufe könnten letztlich werben wie alle Unternehmer und Gewerbetreibenden, beschränkt im Prinzip nur durch das für jedermann geltende UWG. Die Berufsgesetze und satzungsmäßigen Berufsordnungen der Ärzte- bzw Zahnärztekammern enthielten nur noch wenige Regelungen, welche die verfassungs- wie europarechtlich garantierte Werbefreiheit der Ärzte nicht nennenswert einschränken, da sie nicht nennenswert über die für alle Gewerbetreibenden geltenden Bestimmungen hinausgingen[24]. Dabei dürfte nicht ins Kalkül gezogen worden sein, dass bezogen auf den Gesundheitssektor aber nach wie vor gilt, dass der Patient kein Kunde ist, der eine Leistung aus kommerziellen Gründen abruft, sondern nach Rat wegen und/oder Heilung seiner Erkrankung oder seines Leidens nachsucht. Es geht also um die Erfüllung des Anspruchs auf Erhaltung des Lebens, Schutz bzw Wiederherstellung der Gesundheit und Linderung des Leidens, wie es § 1 der ärztlichen Berufsordnung betont[25].

Ärztliches Werberecht › I › 3. Heilmittelwerbegesetz (HWG)

3. Heilmittelwerbegesetz (HWG)

a) Regelungsgegenstand und Zielsetzung

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Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) dient als spezielle Werbebeschränkung dem Schutz der privaten und öffentlichen Gesundheit[26]. Das Publikum soll gerade im heiklen Bereich der Heilmittelwerbung vor unrichtiger und/oder unsachlicher Beeinflussung bewahrt werden[27].

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Der Anwendungsbereich des HWG umfasst daher neben der Werbung für Arzneimittel[28] und Medizinprodukte[29] gemäß § 1 Abs 1 Nr 2 HWG auch „andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht, sowie operative plastisch-chirurgische Eingriffe, soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht.“[30] Damit sind seit der Erweiterung der Vorschrift im Jahr 2005 neben Untersuchungs- und Behandlungsverfahren für Heileingriffe auch plastisch-ästhetische Eingriffe wie beispielsweise Fettabsaugung, Brustvergrößerung etc erfasst[31].

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Ziel des HWG ist es, die besonderen Gefahren der Heilmittelwerbung für die Gesundheitsinteressen des Einzelnen und der Allgemeinheit abzuwenden und die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit der Verbraucher zu schützen[32]. Im Einzelnen ist zu differenzieren, ob eine Werbemaßnahme auf Fachkreise oder auf das allgemeine Publikum abzielt. Diese Unterscheidung ist bedeutsam, da es mit den Regelungen der §§ 10, 11, 12 HWG absolute Vorbehalte der Fachkreiswerbung, besondere Verbote für Laienwerbung und Verbote krankheitsbezogener Werbung außerhalb der Fachkreise gibt[33]. Hinsichtlich der besonderen Verbote für Publikumswerbung iSd § 11 HWG ist zu beachten, dass sich aus diesen – anders als dies auch vertreten wird[34] – nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht etwa der Umkehrschluss ziehen lässt, dass bestimmte Praktiken, wie etwa Werbung mit Preisausschreiben innerhalb der Fachkreise[35], generell erlaubt sind.

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Fachkreiswerbung liegt unproblematisch vor, wenn eine an Ärzte gerichtete medizinische Fachzeitschrift als Werbemedium verwendet wird[36] oder eine Werbemaßnahme im Rahmen einer Ärztetagung erfolgt. Nach der Legaldefinition des § 2 HWG sind Fachkreise iSd HWG Angehörige der Heilberufe oder des Heilgewerbes, Einrichtungen, die der Gesundheit von Mensch oder Tier dienen, oder sonstige Personen, soweit sie mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln erlaubterweise Handel treiben oder sie in Ausübung ihres Berufes anwenden.

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Im Rahmen der Publikumswerbung trägt das HWG dem Umstand Rechnung, dass gerade kranke Verbraucher besonderen Schutzes bedürfen, weil sie in der Regel nicht in der Lage sind, Werbeaussagen über Heilmittel qualifiziert zu bewerten[37] und Patienten überdies gerade durch Krankheiten kognitiv beeinträchtigt oder psychisch labil sind[38].

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Hintergrund der aktuellen Fassung des HWG ist die auf der Umsetzung des Gemeinschaftskodex für Humanmedizin (Richtlinie 2001/83/EG) 2012 mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften in Kraft getretene 16. AMG-Novelle, mit der ua das Heilmittelwerberecht (HWG) liberalisiert wurde[39]. Die wesentlichsten Änderungen hat dabei der Verbotskatalog des § 11 HWG erfahren[40]. Einige Verbote wurden ganz gestrichen, etwa das Empfehlungsverbot in § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 1 HWG oder das Verbot, sich in Berufskleidung oder bei der Arbeit am Patienten abbilden zu lassen, § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 6 HWG. Das Verbot für „Vorher-Nachher Abbildungen“ gilt jetzt für operative plastisch-chirurgische Eingriffe, § 11 Abs 1 Satz 2 HWG. Andere Verbote gelten nicht mehr generell, sondern nur dann, wenn die Darstellung in bestimmter Art und Weise erfolgt. So ist die Wiedergabe von Krankengeschichten zum Beispiel nur noch dann unzulässig, wenn diese in „missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt“. Es wird dabei entscheidend darauf ankommen, wie die Gerichte die neuen Kriterien anwenden werden, und in welchen Fällen weiterhin auf die Gefahr einer Irreführung im Sinne des § 3 HWG als Auffangtatbestand zurückgegriffen wird.

b) Verhältnis HWG/UWG

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Die spezialgesetzlichen Heilmittelwerbenormen des HWG lassen – wie auch § 17 HWG explizit klarstellt – die Anwendung des UWG unberührt. Das allgemeine Lauterkeitsrecht des UWG ergänzt den Schutz der speziellen Werbenormen, wobei die Rechtsprechung viele Tatbestände des UWG im Lichte der Wertungen des speziellen Heilmittelwerberechts vielfach strenger auslegt[41].

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Insbesondere begründen aber die §§ 3, 4 Nr 11 UWG bei objektiven Verstößen gegen die spezialgesetzlichen Werbenormen des HWG neben den Sanktionsmöglichkeiten der §§ 14 ff HWG auch wettbewerbsrechtliche Beseitigungs-, Unterlassungs- sowie – bei Verschulden – auch Schadensersatzansprüche gemäß §§ 8, 9 UWG[42]. Allenfalls in Ausnahmefällen könnte die wettbewerbsrechtliche Relevanz eines Verstoßes gegen das HWG mangels spürbarer Beeinträchtigung[43] iSd § 3 Abs 1 UWG entfallen[44].

Ärztliches Werberecht › I › 4. Markengesetz (MarkenG)

4. Markengesetz (MarkenG)

a) Regelungsgegenstand und Zielsetzung

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Das MarkenG regelt den Rechtsschutz von Kennzeichen[45]. Kennzeichen ist der Oberbegriff, der die im MarkenG geschützten Marken (§ 1 Nr 1), die geschäftlichen Bezeichnungen (§ 1 Nr 2) und die geografischen Herkunftsangaben (§ 1 Nr 3) umfasst[46]. Dadurch, dass zwischenzeitlich vermehrt Praxisnamen gewählt werden, die losgelöst sind von den Namen der Ärzte, beispielsweise bezogen auf Stadtteile, sonstige Ortsbezeichnungen oder Phantasienamen, bestehen Werbebeschränkungen für Ärzte im Schutzbereich der Marke. Neben Wortmarken können Wortbild- oder reine Bildmarken[47] verletzt und damit insbesondere Ansprüche des Markeninhabers gegen den Verletzer nach §§ 14, 15 MarkenG ausgelöst werden. Die Eintragung und Verwendung einer Marke ändert selbstverständlich nichts an den übrigen berufsrechtlichen Geboten. Zu beachten sind neben verwendeten Marken insbesondere auch teilweise bestehende berufsrechtliche Gebote zur namentlichen Nennung der in einer Praxis oder Ärztegesellschaft etc tätigen Ärzte, die je nach Kammerbezirk variieren. Nach § 18a Abs 1 MBO[48] sind „unbeschadet des Namens einer Partnerschaftsgesellschaft oder einer juristischen Person des Privatrechts die Namen und Arztbezeichnungen aller in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Ärztinnen und Ärzte sowie die Rechtsform anzukündigen. […] Die Fortführung des Namens einer/eines nicht mehr berufstätigen, einer/eines ausgeschiedenen oder verstorbenen Partners ist unzulässig.“[49] Gemäß § 23a Abs 2 MBO darf der Name einer Ärztegesellschaft des Privatrechts nur die Namen der in der Gesellschaft tätigen ärztlichen Gesellschafter enthalten. Unbeschadet des Namens der Gesellschaft können die Namen und Arztbezeichnungen aller ärztlichen Gesellschafter und der angestellten Ärztinnen und Ärzte angezeigt werden.

b) Verhältnis MarkenG/UWG

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Bei den Sonderschutzrechten des MarkenG handelt es sich um Rechte des geistigen Eigentums, die dem jeweiligen Inhaber eine subjektive absolute Nutzungs-, Verfügungs- und Abwehrbefugnis bezüglich eines immateriellen Gegenstands vermitteln[50]. Schutzgegenstand der Sonderschutzrechte ist damit der Schutz eines immateriellen Leistungsergebnisses davor, dass es von Dritten ebenfalls genutzt wird[51]. Geografische Herkunftsangaben, die gerade im Rahmen der Internetwerbung von Ärzten[52] eine besondere Rolle spielen, werden seit deren Kennzeichenschutz iRd MarkenG als immaterialgüterrechtliche Vermögensrechte verstanden, deren Besonderheit darin besteht, dass es sich um subjektive Rechte mit eingeschränkter Ausschließlichkeitsfunktion[53] handelt[54].

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Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rückgriff auf die Regelungen des UWG lediglich bei Sachverhalten möglich, die vom Anwendungsbereich des MarkenG nicht erfasst werden[55].

c) Praktische Bedeutung der Abgrenzung

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Entsprechend dem Schutzgegenstand liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen MarkenG und UWG in der unterschiedlichen Aktivlegitimation. Anders als im UWG, dort § 8 Abs 3, ist nach dem MarkenG grundsätzlich ausschließlich der Markeninhaber aktivlegitimiert. Eine Ausnahme hierzu besteht allerdings hinsichtlich der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen bezüglich geografischer Herkunftsangaben, da gemäß § 128 Abs 1 S 1 MarkenG auf die „nach § 8 Abs 3 UWG zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten“[56] verwiesen wird[57].

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Zu beachten sind auch stets die Unterschiede bei der Verjährung; insbesondere die kurze Verjährungsfrist des § 11 UWG von sechs Monaten und die speziellere[58] Verjährungsvorschrift für kennzeichenrechtliche Ansprüche des § 20 MarkenG, die zu einer regelmäßigen Verjährung von drei Jahren gemäß § 195 BGB führt[59]. Gerade bei Verstößen im Rahmen ärztlicher Werbung handelt es sich allerdings häufig um Dauerhandlungen, die erst nach entsprechender Inanspruchnahme enden, und bei denen insbesondere erst mit dem Ende der Dauerhandlung die Verjährungsfrist beginnt[60]. Beispiele: Eintragungen in Branchenverzeichnisse[61], Anbringung eines Praxisschildes an einer Fassade, Führung einer Firma[62], Verwendung einer Second-Level-Domain[63].

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Der Einwand der Verwirkung dürfte allenfalls im Kennzeichenrecht in Betracht kommen. Im auf Ärzte bezogenen Lauterkeitsrecht sind keine Konstellationen ersichtlich, in denen ausschließlich Individualinteressen geltend gemacht werden[64]. Bereits bei einer Verletzung des Firmenrechts ist jedoch schon das Allgemeininteresse betroffen, da dieses nicht nur dem Schutz des einzelnen Kaufmanns und seines Geschäftsnamens dient, sondern auch dem Schutz des Allgemeininteresses an der Einhaltung der Firmierungsvorschriften[65].

Ärztliches Werberecht › I › 5. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

5. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

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Das Kartellrecht dient primär der Gewährleistung des Wettbewerbs an sich und damit zugleich den Interessen der Marktteilnehmer[66]. Neben Krankenhausträgern[67] sind auch Ärzte und andere Angehörige der Heil- und Hilfsberufe Unternehmer im Sinne des GWB wie des europäischen Kartellrechts[68], da maßgeblich eine auf den Austausch von Waren und Dienstleistungen gerichtete selbstständige Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr ist, die „normalerweise“ gegen Entgelt erbracht wird[69]. Unbedeutend ist hierbei insbesondere, ob ein Preiswettbewerb zwischen Ärzten gänzlich ausgeschlossen oder lediglich in geringem Maß möglich ist[70].

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Es existiert auch nicht etwa eine kartellrechtliche Bereichsausnahme für das Gesundheitswesen[71]. Die sozialrechtlichen Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung schließen die Anwendung des Kartellrechts nur insoweit aus, als nach § 69 SGB V abschließend durch das Sozialrecht geregelte Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und ihrer Verbände und Leistungserbringern im Raum stehen[72].

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Bezüglich verbotener Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne des § 1 GWB ist zu beachten, dass nicht nur Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern auf gleicher Leistungsstufe und/oder auf gleichem Leistungsgebiet, sondern insbesondere auch solche zwischen überweisenden Ärzten anderer Fachgebiete und Zuweisungsempfängern umfasst sind[73].

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Kartellrechtswidrig können insbesondere aber auch Preisabsprachen niedergelassener Ärzte innerhalb eines Fachgebietes sein[74].

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Da jede Wettbewerbsregel gleichzeitig eine kartellrechtswidrige Absprache sein kann, ist in solchen Fällen stets anzuraten, ein entsprechendes Genehmigungsverfahren nach §§ 24 ff GWB einzuleiten, wie beispielsweise im Fall des jüngst durch das Bundeskartellamt genehmigten FSA-Kodex „Geschenkeverbot“[75]. Die vom Bundeskartellamt gemäß § 26 Abs 2 GWB erteilte Genehmigung schützt demnach vor kartellrechtlichem Einschreiten[76].

Ärztliches Werberecht › I › 6. Europarecht

6. Europarecht

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Die sog Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG[77] und damit insbesondere auch Artikel 24 RL 2006/123/EG findet gemäß deren Artikel 2 Abs 2 lit f) keine Anwendung auf Gesundheitsdienstleistungen, so dass auch die für Ärzte, Zahnärzte etc in Berufsordnungen enthaltenen Werberegelungen unberührt bleiben[78].

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Die Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken 2005/29/EG lässt Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Gesundheitsaspekte gemäß Artikel 3 Abs 3[79] der Richtlinie, der deren Anwendungsbereich definiert, unberührt[80], sodass auch nicht etwa eine richtlinienkonforme Auslegung des § 3 Abs 1 UWG hinsichtlich Regelungen, die dem Schutz der Gesundheit dienen oder besondere Verhaltenspflichten für reglementierte Berufe aufstellen, geboten ist[81].

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Die Richtlinien über vergleichende Werbung 97/55 EG[82] bzw nunmehr 2006/114 EG[83], die in Deutschland mit § 6 UWG umgesetzt wurden, hindern Mitgliedstaaten nicht daran, Verbote oder Beschränkungen für die Verwendung von Vergleichen in der Werbung für Dienstleistungen freier Berufe aufrechtzuerhalten oder einzuführen[84]. Dies gilt unabhängig davon, ob solche Beschränkungen unmittelbar durch einfaches Gesetzesrecht geschaffen werden oder von Einrichtungen oder Organisationen verfügt werden, die – wie die einzelnen Ärzte- oder Zahnärztekammern – für die Regelung der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit zuständig sind.

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Zur Anwendung der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG[85] entschied der EuGH[86], Artikel 5 Abs 3 der Richtlinie sei dahin auszulegen, dass nationale Regeln, wie § 27 Abs 3 der MBO-Ä, der berufswidrige Werbung untersagt, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, unter Berücksichtigung der Hinweise des EuGH, zu prüfen, ob die jeweiligen nationalen Regeln eine Beschränkung iSv Artikel 56 AEUV[87] darstellen und – wenn ja – ob diese Beschränkung geeignet und erforderlich ist, ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel zu erreichen. Folglich können nach Artikel 6 lit a der Richtlinie 2005/36 die Mitgliedstaaten für Dienstleister entweder eine automatische vorübergehende Eintragung oder eine Pro-forma-Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation vorsehen[88] und sie damit berufsrechtlichen Regelungen unterwerfen, wenn Ziele des Allgemeininteresses dies rechtfertigen. Die Dienstleistungsfreiheit wird mit der Unterwerfung von Dienstleistern unter berufsrechtliche Vorschriften nicht europarechtswidrig eingeschränkt[89]. Insofern gelangt man angesichts des auch im Unionsrecht hohen Stellenwerts des Gesundheits- und Verbraucherschutzes zu einem weitgehend mit dem deutschen Verfassungsrecht übereinstimmenden Ergebnis.

Ärztliches Werberecht › II. Begriff und Grenzen der Werbung

II. Begriff und Grenzen der Werbung

Ärztliches Werberecht › II › 1. Berufs- und wettbewerbsrechtlicher Werbebegriff

1. Berufs- und wettbewerbsrechtlicher Werbebegriff

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Der Begriff der Werbung ist heute – anders als noch vor wenigen Jahren – nicht mehr Bestandteil des Maßstabs für zulässiges oder unzulässiges Handeln bei Äußerungen im Rahmen der Ausübung eines Handels, Gewerbes oder freien Berufs. Zwar wird nach dem Wortlaut der Berufsordnungen der Begriff noch verwendet, allerdings lediglich negativ abgrenzend. Sachliche Information ist jeweils erlaubt, berufswidrige Werbung verboten.

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War in den auf den Beschlüssen des 100. Deutschen Ärztetags von Eisenach basierenden MBO 1997 Berufsordnungen Werbung verboten, indem es wörtlich hieß „Der Arzt darf für seine berufliche Tätigkeit nicht werben“, so ist heute nur noch berufswidrige Werbung, konkretisiert durch Regelbeispiele, verboten. Das Bundesverfassungsgericht betont insoweit seit jeher, dass Art 12 Abs 1 GG ebenso wie Art 2 Abs 1 GG nur eine erlaubte wirtschaftliche und berufliche Betätigung schützt[90], dass das Verbot irreführender Werbung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist[91] und dass das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit eine Irreführung generell nicht rechtfertigen kann[92].

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In dem auf bundesgesetzlicher Grundlage beruhenden Lauterkeitsrecht verwendete das Irreführungsverbot des UWG bis 2004 den Begriff „Werbung“ nicht, setzte indes mit dem Wortlaut des § 3 S 1 UWG in der bis 2004 geltenden Fassung: „Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse […] irreführende Angaben macht, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden“, gleichwohl eine irreführende Angabe im Rahmen der Werbung voraus[93]. Das UWG 2004 verwandte demgegenüber ausdrücklich den Begriff des Werbens: Nach § 5 Abs 1 UWG 2004 handelte unlauter, „wer irreführend wirbt“; das Verbot setzte damit voraus, dass irreführende Angaben im Rahmen von Werbung gemacht wurden[94].

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Seit dem UWG 2008 ist schließlich lediglich eine irreführende Angabe im Rahmen einer geschäftlichen Handlung erforderlich[95]. Damit ist die im alten Recht[96] tatbestandsbegrenzende Funktion des Begriffs der Werbung jedenfalls für das Irreführungsverbot entfallen[97]. Da eine irreführende geschäftliche Handlung nichts anderes ist als eine irreführende Angabe im geschäftlichen Verkehr, besteht sie stets aus einer Äußerung, wobei der Begriff der Äußerung weit zu verstehen ist[98]. Daher ist unerheblich, ob die Aussage in Wörter, Bilder oder Geräusche gefasst ist; ebenso ist gleichgültig, ob sie öffentlich oder im individuellen Patientengespräch erfolgt ist[99]. Eine Äußerung liegt auch vor bei Zu-Eigen-Machen von Äußerungen Dritter zu Werbezwecken, beispielsweise durch Verwendung wissenschaftlicher Untersuchungen[100].

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Hinsichtlich möglicher Werbeträger gilt, dass Ärzte in ihrer Wahl grundsätzlich frei sind[101]. Es wird nicht mehr nach unterschiedlichen Medien differenziert[102]. Aus dem Werbeträger allein kann nicht auf eine Gefährdung eines Gemeinwohlbelanges, wie der Gesundheit der Bevölkerung, oder mittelbar auf einen Schwund des Vertrauens der Öffentlichkeit in die berufliche Integrität der Ärzte geschlossen werden, solange sich die Werbemittel im Rahmen des Üblichen bewegen[103] und nicht aufdringlich sind[104]. Die frühere „Schilderordnung“ für die Gestaltung von Praxisschildern in Kapitel D I Nr 2 MBO ist ersatzlos auf dem 105. Deutschen Ärztetag 2005 in Rostock aufgehoben worden. § 27 Abs 4 MBO nF umfasst nunmehr die Werbeaussage als solche sowie die Gestaltung und Form der Information einschließlich deren Verbreitung, sei es als Praxisschild, in Werbeanzeigen, auf einer Homepage oder in Werbebroschüren[105]. So muss es beispielsweise grundsätzlich für zulässig gehalten werden, Werbung auf einem Kraftfahrzeug anzubringen, zumal der Hinweis, dass an einem bestimmten Standort bestimmte Ärzte tätig sind, einen Informationsgehalt hat, der von der grundrechtlich geschützten Berufsausübungsfreiheit umfasst ist. Das Bundesverfassungsgericht entschied bereits im Jahr 2004 entgegen der Auffassung des Wettbewerbssenats des OLG Naumburg, dass eine Steuerberatungsgesellschaft über die gesamte Länge einer Straßenbahn ihr Firmenlogo sowie Name, Anschrift, Telefon- und Faxnummer mit dem Zusatz „Ihr Partner in Sachen Steuer- und Wirtschaftsberatung im Charlottenviertel“ anbringen lassen dürfe. In der Untersagung sah es entgegen der fachgerichtlichen Entscheidung eine Verletzung der Berufsfreiheit der Steuerberatergesellschaft[106]. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Einschränkung der Plakatgröße unverhältnismäßig sei. Auch der Zusatz „Ihr Partner in Sachen Steuer- und Wirtschaftsberatung“ könne unter keinem Gesichtspunkt als unsachliche reklamehafte Anpreisung gewertet werden. Damit werde die Berufsausübung als partnerschaftlich charakterisiert, was den Berufspflichten von Steuerberatern nicht zuwiderlaufe. Gleiches dürfte demgemäß auch bei Ärzten gelten, etwa bei der Werbung eines Orthopäden mit dem Zusatz „Ihr Partner in Sachen Orthopädie im Gesundheitszentrum im Herzen von Karlsruhe“[107]. Auch die Verteilung von Werbefaltblättern in Fitness-Studios und ähnlichen Einrichtungen durch eine Klinik sah das BVerfG[108] für zulässig an, da diese Art der Verbreitung weder ungewöhnlich noch aufdringlich sei.

Ärztliches Werberecht › II › 2. Heilmittelwerberechtlicher Werbebegriff

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