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Afrikanisches Zwischenspiel Nr. 1

In der Fieberakazie lärmten bereits die Webervögel, mit Geschrei und Geflatter versuchten die Männchen ein Weibchen in eines ihrer kugeligen Nester zu locken. Die kleinen, gelben Vögel bauten immer gleich mehrere Brutstätten. Sie bauten so lange, bis alle Weibchen ein Nest bezogen hatten, und weil alle Männchen so viele Weibchen wie möglich beglücken wollten, entstanden Wohnkugeln ohne Ende. Leer stehende Wohnungen. Was für ein Luxus, den sich die frechen Kerle da leisteten.

Samuel Kimele sass im Bademantel hinter seinem Schreibtisch im Büro seines Landhauses am Naivasha See. Die Nähe seiner Farmen, eine seiner Touristen-Lodges auf der anderen Seeseite und die Moi South Lake Road hinter dem Haus taten ihm gut. Wenigstens seine allernächste Umgebung verbürgte Dauer und Zugehörigkeit.

In der Nähe der geöffneten Fenster sass ein junger Mann in einem Sessel. Schwarze Hose, weisses Hemd, den Kittel hatte er über einen Fauteuil gelegt. Wenn er nicht gähnte, ass er Mandeln, mit denen er ab und zu auf einen Vogel zielte.

Der Datendiebstahl Odongos richtete, noch bevor die Dateien überhaupt publik wurden, einen Schaden an, über den Kimele jeden Überblick verloren hatte. Auf einem Blatt Papier versuchte er, sich Klarheit zu verschaffen. Doch alle Gedankenspiele missrieten zu unübersichtlichen Kritzeleien. Wütend zerknüllte er seine Zettel und knallte sie in den Papierkorb.

Er stand auf und defilierte im schwingenden Bademantel vor schweren, dunklen Büchergestellen hin und her und verlangte eine Zusammenfassung.

«Das hilft dir auch nicht weiter, Pa», sagte der junge Mann und drehte sich nach seinem Grossvater um.

«Eine Zusammenfassung! Ich möchte sie hören.»

«Bitte: Der Whistleblower Odongo hat sich im Gefängnis erhängt. Die gestohlenen Dateien sind verschwunden. Schluss, aus. Ein Sturm im Wasserglas.»

«Schön wär’s», murrte der Minister und schnürte den Ba­demantel zu. «Etwas genauer, wenn ich bitten darf.»

«Gut. Wir haben alles getan, um herauszufinden, wer im Besitz der Dateien sein könnte. Wir sind jedem Verdacht nachgegangen, haben Journalisten, die Kollegen Odongos, seine Verwandten und seine Nachbarn ausgequetscht», der Junge kickte ein paar Mandeln in die Akazie, «ausser zwei vagen Vermutungen haben wir nichts. – Soll ich dir das jetzt alles vorkauen?»

«Ich höre.»

«Verdacht Nummer 1: Die Journalistin Elisabeth Kyengo könnte die Dateien erhalten haben. Eine Frau! Dem Staate wohlbekannt. Eine aufmüpfige Schlampe um die dreissig, die für ihren reisserischen Journalismus und für ihren Aufruf zum Sexstreik bekannt geworden ist. Lysistrata!»

Der Junge rollte auf dem Sessel hin und her und tat, als ob er sich einen von der Palme schütteln würde.

«Weiter!»

«Der Schrecken aller Männer hat das Land kurz nach Odongos Tod verlassen und ist in London untergetaucht. Unauffindbar. Zusammen mit ihrem Mann! Schlussfolgerung: Es droht eine Weltrevolution. – Alles klar?»

«Ich bitte um etwas mehr Respekt», zischte der Minister. «Die Dokumente schaden der gesamten Familie.»

«Verdacht Nummer 2: Die Journalistin Elisabeth Kyengo ist verwandt mit einem Polizeibeamten, der vor Jahren einmal gegen dich ermittelt hat. Mit einem gewissen Robinson Njo­roge Tetu. Nur: der alte Hundling ist seit Jahren blind, lebt in einem Kaff auf dem Land. Doch dort ist er nicht. Oho! Er sei zusammen mit einer Enkelin nach Lamu gefahren. Hört, hört!»

Der Junge sprang auf und hopste auf den Sessel, trommelte sich auf die Brust.

«Der Mann ist gefährlich. Uh, uh! Er will sich rächen, er schmuggelt die Daten ins Ausland, von Lamu nach Somalia. In Somalia wird er die Daten veröffentlichen. Uh!»

Der Mann plumpste in den Fauteuil und streckte die Beine aus.

«In Lamu angekommen ist er bis heute nicht.»

Kimele konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Thea­tereinlage seines Enkels hatte ihn zumindest abgelenkt. Der ­Junge, der davon träumte, Filmschauspieler zu werden, wie schon seine Mutter, die ihre Träume aber dann begraben musste, hatte ja recht. Sie konnten nichts machen, sie mussten warten, und wenn sie Glück hatten, gingen die CDs mit den Daten mehr oder weniger verloren, weil es Odongo nicht mehr gelungen war, ihre Verbreitung zuverlässig zu regeln.

Was Tetu betraf – mein Gott, wahrscheinlich war es eine vollkommen überflüssige Anordnung. Er hatte ein paar Leute von Safaricom nach Kanja geschickt, welche alle Handys in ­Tetus Dorf mit einem kleinen Sender aufrüsteten, angeblich, um den Empfang zu verbessern.

In den nächsten Tagen würden sie wohl erfahren, wo sich Robinson Njoroge Tetu aufhielt und was er zu erzählen hatte.

Restzeit: 3 T — 14 StD — 50 Min

Vom Parkhaus, in dem Mettler seinen Alfa Romeo stehen liess, ohne dass jemand gekommen wäre, der sich anerboten hätte, auf den Wagen aufzupassen, fuhren sie auf Rolltreppen direkt in den Markt.

Es war lange her, dass Tetu eine Rolltreppe benutzt hatte. In Nairobi gab es welche. Sie ratterten und wackelten, und noch jedes Mal zwangen sie ihn zu einem Schrittwechsel, wenn er nicht vom Laufband auf festen Grund stolpern wollte. Er bevorzugte den Lift oder eine Treppe, eine ganz gewöhnliche, auf der man sich bewegen musste und die den Kreislauf förderte. Der Sinn dieser aufwendigen Einrichtungen leuchtete ihm nicht ein.

Doch Mettler steuerte so zielstrebig auf die rollenden Bahnen zu, dass er gar nicht auf die Idee kam, sich nach einem Lift umzusehen. Sein Freund tänzelte auf den Stufen herum, liess sich rückwärts nach oben fahren und zeigte lachend auf zwei Kinder, die auf der abwärtsfahrenden Treppe nach oben rannten und sie beide sogar noch überholten. Eine Rolltreppe war zum Spielzeug geworden. Sogar für einen Alten wie Mettler.

Oben angekommen, standen sie direkt vor der Markthalle, in der ausschliesslich Elektronik verkauft wurde. Die Halle war gigantisch, wo sie anfing und wo sie aufhörte, war nicht zu sehen. Sie passierten eine Schranke und standen mittendrin. Eine Orientierung war unmöglich, alles sah gleich aus, trotz der verschiedenen Produkte, welche die Regale und Gestelle füllten und die Gänge verstopften.

Mettler kannte sich aus. Ohne zu zögern, schritt er durch einen Gang, in dem rechts und links lauter Kaffeemaschinen aneinandergereiht waren. Tetu schüttelte den Kopf, schloss für einen Moment die Augen. Eine rote, eine schwarze, eine silberne, eine weisse Maschine mochten ja noch angehen, aber wer wollte denn unter so vielen auswählen, sie miteinander vergleichen? Endlose Reihen immer anderer Modelle?

Trotzdem hätte er sich die Geräte gerne etwas genauer ­angesehen. Seine Frau wünschte, dass er ihr eine solche Maschine mitbringe. Eine mit Kapseln. Diese seien die Besten. Sie hatte ihm sogar ein Foto mitgegeben, auf dem einer fragte: What else?

Mettler musste dann doch fragen, und ein uniformierter Verkäufer zog die Brauen hoch und zottelte mit ihnen wieder an den Kaffeemaschinen vorbei und um sieben Ecken, bis er endlich stehen blieb und auf drei endlose Reihen voller Laptops zeigte.

Mettler erklärte, dass sie ein Gerät bräuchten, auf dem sich auch eine DVD abspielen lasse.

Das, so erklärte der Verkäufer gelangweilt, schränke die Auswahl erheblich ein, DVDs würden demnächst nur noch im Antiquitätengeschäft gehandelt, aber bitte, und er zeigte auf eine Reihe von mindestens zwei Dutzend Geräten, die noch eine solche Schublade hätten. Im Übrigen lasse sich ein solches Laufwerk auch extern anschliessen, via USB. Er grinste, schielte zu seinen Kollegen hinüber und zog die Schultern hoch.

Entschuldigte er sich oder machte er sich lustig? Tetu verstand die Signale nicht, weder die hochgezogen Augenbrauen, das Zucken der Schultern, noch die gelangweilte und unfreundliche Bedienung. Warum freute sich niemand, dass sie etwas kaufen wollten? Warum half ihnen keiner?

Gelangweilt und gegen einen Betonpfeiler gelehnt, sprach der Verkäufer von Clouds und Hubs und Sticks, aber was Wolken oder ein Stock mit einem Computer zu tun hatten, verstand Tetu nicht.

Mettler schon, und Tetu war beeindruckt, wie gut sich sein Freund mit diesen technischen Dingen auskannte.

«Für unsere Zwecke dürfte das hier genügen», sagte Mettler und zeigte auf eines der billigeren Geräte. Er wandte sich an den Verkäufer und wollte wissen, mit welchem Betriebssystem der Computer arbeite und ob das System bereits installiert sei.

«Windows 10! Sie brauchen sich nur anzumelden und los geht’s. Sie können gleich damit arbeiten», sagte der Verkäufer und deutete nachlässig auf einen Kleber, der auf praktisch allen Gehäusen angebracht war.

«Und wenn ich ein Gerät möchte, das mich nicht zum Sklaven von Microsoft macht? Ich will keine Vorinstallation löschen müssen, um auf Linux zu wechseln.»

Der Uniformierte wurde nervös. Tetu grinste, Mettler verstand eben doch ein bisschen mehr. Der Verkäufer holte sich Verstärkung, winkte einem Kollegen und brummte entschuldigend: «Ich bin für Waschmaschinen.»

Auch der Kollege konnte Mettlers Frage nicht beantworten. Alle ihre Herstellerfirmen hätten Verträge mit Microsoft. Für die Kunden nur von Vorteil. So würde die Software gratis mitgeliefert. Aber auf Wunsch könne auch nach einer Vorin­stallation ein anderes Betriebssystem aufgeschaltet werden. Von Linux wollte er gehört haben, behauptete aber, es sei nicht besonders kundenfreundlich.

«Hat sich nie wirklich durchgesetzt, und wird wohl demnächst wieder vom Markt verschwinden.»

Mettler verdrehte die Augen.

Ein dritter Verkäufer gesellte sich dazu, und alle versuchten, Mettler davon zu überzeugen, dass für ihn kein Nachteil entstehe, wenn er erst Windows installiere und danach Linux einrichte.

Mettler bekam einen roten Kopf.

«Ich möchte aber nicht von Microsoft erfasst werden. Und das werde ich, sobald ich mich registrieren lasse.» In Fahrt ­gekommen, schrie er: «Schon mal etwas vom gläsernen Bürger gehört?» und verlangte, den Abteilungsleiter zu sprechen. Oder den Chef. Oder irgendjemanden, der seine Frage beantworten könne, ohne blöd zu grinsen.

Tetu begriff zwar das Problem nicht, aber verstehen konnte er Mettler sehr wohl. Die Arroganz der drei Verkäufer, mit der sie, so vermutete Tetu, vertuschen wollten, dass sie Mettlers Frage nicht verstanden, war unübersehbar. Auch für ihn. Oder täuschte er sich, und es war Mettler, der sich mit seinen Fragen lächerlich machte?

Als ein vierter Mann versuchte, die Wogen zu glätten, und sich jovial nach dem Problem erkundigte, kam es zum Streit. Vor allem Mettler wurde laut. Soweit Tetu dem Wortwechsel folgen konnte, glaubte er Mettlers Bedenken zu verstehen. Dieser wollte einen Computer ohne Voreinstellungen, ohne alles.

«Was Geheimdienste und Behörden nicht geschafft haben», schrie er, «das gelingt heute Microsoft, Google und Co. im Handumdrehen. Und uns wird erzählt, es sei zu unserem Vorteil. Als ob Unternehmen, Manager uns Usern etwas schenken würden.»

Mettler lachte hysterisch, die uniformierten Verkäufer lach­ten ebenfalls, der eine mit hochrotem Kopf, die anderen eher dümmlich. Schliesslich riss Mettler ein Paket aus dem Gestell, überflog die Angaben auf der Verpackung, klemmte sich das Teil unter den Arm und marschierte davon.

Tetu stand vor den Männern und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte.

War das Diebstahl? Oder durfte sich hier einer etwas aus dem Gestell nehmen und damit davonlaufen? Würden sie ihn verhaften, abführen, als Geisel behalten?

Doch die vier Verkäufer kümmerten sich nicht um ihn, liessen ihn einfach stehen. Einer deutete mit einer knappen Kopfbewegung an, dass Tetu sich doch bitte dem davoneilenden Freund anschliessen und verschwinden möge. Er trat einen Schritt zurück und gab ihm den Weg frei.

Mettler war mit seinem Paket schon am Ende des langen Mittelgangs, der zu den Kassen führte. Als Tetu bei ihm anlangte, hatte er bereits bezahlt. Mit einer Kreditkarte, welche die Kassiererin kaum angeschaut hatte. Kannte sie Mettler, war er ihr Stammkunde? Warum überprüfte niemand Mettlers Karte? Nahm sie denn niemand ernst?

Die Frau stellte eine Garantie aus, heftete den Kassenbon ans Formular und ohne ein Wort zu wechseln, schob sie Mettler eine Tüte über den Verkaufstisch. Mettler steckte den Laptop ein, und sie standen wieder vor den Rolltreppen.

«Rotzlöffel», grollte Mettler, «aber lassen wir uns die Laune nicht verderben, immerhin haben wir, was wir brauchen. – Darf ich dich zu einem Kaffee einladen?»

Tetu nickte, und sie liessen sich von den rollenden Stufen nach oben tragen, orangen Kugeln entgegen, die für die Gemütlichkeit eines Restaurants warben.

Einen Kaffee, den konnte er brauchen, bevor er sich erneut in den Alfa setzte.

Restzeit: 3 T — 13 StD — 00 Min

Wieder auf dem Iselisberg, erbat sich Tetu eine Ruhezeit, seine Augen täten ihm weh und sein Kopf, er müsse sich an die vielen Bilder erst gewöhnen. An die Schweiz im Allgemeinen. An das viele Grün. An eine Welt ohne Staub und Hitze, ohne Schafe, Ziegen und Esel.

Mettler hätte den neuen Laptop gern zusammen mit Moody eingerichtet. Wie liess sich der Zugriff von Microsoft verhindern? Er war überzeugt, dass schon der Start des Geräts erste Daten an den Hauptsitz des Konzerns übermitteln würde. Aber Moody war mit Naomi unterwegs.

Mit dem Fahrrad nach Stein am Rhein. Sind so gegen 16 Uhr wieder zurück. N+M.

Die kurze Nachricht auf dem Küchentisch verriet mehr als die paar Worte. Er sah Moody zwar regelmässig, aber nicht täglich. Er hatte sich gefragt, ob er Ferien hatte oder sich ein paar freie Tage gönnte. Das Praktikum im Durchgangsheim war ein Vollzeitjob. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Heimleiterin Simone seinen Enkel machen liess, was dieser gerade wollte. Er würde sich bei ihr erkundigen, heute noch, denn jetzt, da Tetu wieder sehen konnte, drängte es ihn, seinem kenianischen Freund die Frau vorzustellen, die ihm nach Alice am nächsten stand.

Und seinen Enkel.

Tetu hatte Moody noch nicht gesehen. Naomi kam allein zu ihnen unter den Nussbaum, um dann ihrem Grossvater ­alles aufzuzählen, was sie sah, und hinter jede ihrer Beschreibungen schob sie die Frage nach, ob der Grossvater auch wirklich sehe, was sie ihm gerade geschildert habe. Tetu bestätigte alles, immer wieder und noch einmal, Naomi freute sich und Tetu freute sich mit.

Moody dürfte für Tetu ein harter Brocken sein. Dass Moody und Naomi sich mochten, musste auch der blinde Tetu ­gemerkt haben, es war unüberhörbar. Aber dass dieser so dunkelhäutig war wie sonst ein Kenianer, stellte sich der alte Herr wohl kaum vor. Moody war ein Schweizer, ein Weisser, einer, für den seine Enkelin zu schade war.

Tetu würde ein weiteres Mal seinen Augen nicht trauen. Weisser Grossvater, weisse Mutter, und trotzdem schwarz?

Mettler durchwühlte seinen Büroschrank nach einer CD mit dem Betriebssystem von Linux. Er arbeitete seit Jahren mit dem Pinguin. Die Suche war mühsam. Vor allem weil Mettler alle Software-CDs einfach in einen grossen Plastikbehälter ­geschmissen hatte, Gebrauchsanleitungen, Programme und Spiele, alte Anwendungen, die von seinem Computer gar nicht mehr gelesen werden konnten. Eine Postkarte hatte eine längere Haltbarkeit als eine CD. Wo lag denn da der Fortschritt?

Mettler seufzte.

Tetus Vorstellung, sie beide könnten den einstigen Finanz­minister Kimele vor den Internationalen Gerichtshof zitieren und eine Anklage gegen ihn erwirken, war Wunschdenken. Tetus Hunger nach Wahrheit und Gerechtigkeit in Ehren, aber für sie beide eine viel zu grosse Kiste. Weder Tetu noch er verstanden etwas von Geldgeschäften. Das Treiben internatio­nal vernetzter Finanzjongleure bewegte sich in einem Graubereich. Datenbanken, wie Tetu eine zu besitzen glaubte, gab es viele, aber noch jedes Mal verliefen die Aufregungen im Sand. Volkszorn und Empörung schwollen an und verebbten wieder. Die vielen Leaks büssten jedes Interesse ein, die Welt zu erschüttern vermochten sie nicht.

Angst machten ihm nicht die Enthüllungen, sondern der Kimeleclan. Wenn diese Leute wussten, wo sie die Daten suchen mussten, waren sie beide nicht mehr sicher. Zweifellos konnte man sie hier nicht einfach verschwinden lassen oder umbringen wie Odongo. Aber der Clan war vernetzt, weltweit, und es wäre mit Sicherheit kein Problem, einen Killer auf sie anzusetzen, sein Haus zu durchsuchen oder anzuzünden. Tragischer Brandunfall auf dem Iselisberg.

Nein, so ehrenhaft Tetus Absichten waren, er musste versuchen, Tetu von seinem Vorhaben abzubringen. Indem er sich scheinbar darauf einliess. Er erinnerte sich an eines ihrer ersten Gespräche in Lamu, wo Tetu als Polizeichef für Recht und Ordnung gesorgt hatte.

«Die Strafe ist der Dolch, der die Guten vor den Bösen schützt. Ein Gesetz ohne Strafe ist ein schlechtes Gesetz. – Wenn einer ein Kalb stiehlt, so ist er ein Räuber, und ein Räuber muss gehängt werden, so steht es im Gesetz, und nur wenn der Räuber am Galgen hängt, so dass alle es sehen können, ist das Gesetz ein gutes Gesetz. Es hat gezeigt, dass es stark ist.»

Diese simple Logik von Gesetz und Strafe hielt er damals für naiv, doch Tetus Gesetzestreue und sein Verständnis von Gerechtigkeit grenzten an Borniertheit. Und nun bot sich dem Alten die Möglichkeit, sich für widerfahrenes Unrecht zu rächen. Eine Gelegenheit, die sich einer wie Tetu nicht ent­gehen liess.

Aber er, Mettler, hatte keine Lust, für den Rest seines Lebens jede Sicherheit einzubüssen. Immer auf der Flucht vor einem Vergeltungsschlag Kimeles. Immer auf der Hut. Immer in Angst.

Endlich fand er die CD mit dem Pinguin. Die Version war ­etliche Jahre alt, und er konnte nur hoffen, dass das neue System die Scheibe akzeptierte.

Er schaltete den Laptop ein, und schon nach wenigen ­Sekunden wurde Mettler aufgefordert, sich zu registrieren. Und damit wäre er bei Microsoft angemeldet. Genau das, was er verhindern wollte.

Es war anzunehmen, dass das Gerät alle Internetverbindun­gen seines Weilers erfasste und gleich versuchen würde, sich einzuloggen, auf jeden Fall arbeitete das Gerät unauf­gefordert weiter, obwohl er sich nicht registriert hatte. Er wurde mit der Welt verbunden. Wenn er aber das DVD-Laufwerk öffnen wollte, geschah nichts.

Mettler fluchte.

Es war nicht so, dass er von diesen Dingern nichts verstand, seine Arbeit im Empfangszentrum brachte es mit sich, dass er tagtäglich am Computer sass. Mit der Wartung hatte er nichts zu tun, aber seinen eigenen Computer hatte er selbst eingerichtet, auch die Umstellung auf ein anderes Betriebssystem hatte er ohne Support eines gestressten Telefonberaters geschafft.

Für einen Fachmann hielt er sich deswegen nicht. Er hatte keine Ahnung davon, was die Geräte konnten, und dem Internet misstraute er. Das Kameraauge seines Bildschirms hatte er zugeklebt. Trotzdem vermutete er, dass jeder seiner Schritte im Netz festgehalten wurde und von irgendwelchen Firmen zu dubiosen Zwecken missbraucht werden konnte.

Das Gerät verlangte erneut die Registration. Es gab keine andere Möglichkeit, als erst einmal Windows zuzulassen, um dann die neuste Version von Linux aus dem Netz zu laden. ­Danach würde er Windows von der Festplatte löschen, so dürften sich seine Spuren im Netz in Grenzen halten.

So schnell und einfach wie versprochen ging das aber nicht. Immer wieder starrte er auf den Bildschirm und zählte die Sekunden.

Tetu und er würden Stunden vor dem Bildschirm hocken, er kannte Tetu. Sie würden nichts verstehen, aber versuchen, sich auf alles einen Reim zu machen. Und Tetu würde nicht aufgeben, bis sie etwas gegen Kimele in der Hand hatten, und er, Mettler, musste einen Weg finden, um genau dies zu verhindern.

Als er damit beginnen wollte, das Betriebssystem von Microsoft zu entfernen, streckte Tetu den Kopf ins Büro. Ausgeschlafen und unternehmungslustig. In der Hand eine Kassette mit seinen CDs.

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