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Читать книгу: «Bern ... aus einer anderen Sicht», страница 3

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Sankt Peter

Philippe erzählte Deborah von seinem Besuch in Frankfurt und wie er Isidor Habersack kennengelernt und wahrgenommen habe. Er erwähnte natürlich auch St. Peter, und auch die Möglichkeit, die ihm geboten worden sei, dort schreiben zu können. Er zeigte Deborah die Bilder vom Haus und der Gegend, welche er mit nach Hause genommen hatte, und Deborah war ganz begeistert. «Dann wirst du das wohl machen, so wie ich dich kenne, oder?» «Ja, ich denke schon, wenn es für dich stimmt.» «Kein Problem. Und wann willst du fahren?» «Vielleicht Anfang nächster Woche. Möchtest du mitkommen?» «Nein danke. Ich denke, dass ich mit Enrico hierbleiben werde. Aber das ist für mich kein Problem. Nutz die Gelegenheit. Ich mag sie dir gönnen!»

Philippe war dankbar für diese Reaktion und er freute sich auf die Reise und seinen Aufenthalt in den Bergen. Er wollte genügend warme Kleider und etwas Proviant mitnehmen; den Rest konnte er sicher vor Ort beschaffen, dachte er. Für den Weg dorthin musste er mit dem Auto rund drei Stunden Fahrtzeit einberechnen. Die Strassen waren zurzeit unproblematisch. Also nahm Philippe den Weg unter die Räder.

Die Reise verlief absolut problemlos, und Philippe traf kurz nach dem Mittagessen in Sankt Peter ein. Dort konnte er den Schlüssel für das Häuschen behändigen, und der nette, ältere Herr gab ihm auch noch die Bett- und Frottierwäsche mit auf den Weg. Das Haus war schnell gefunden, befand sich allerdings doch so abgelegen, dass man ohne Fahrzeug nur schwerlich dorthin kam. Über den Wiesen und Feldern lag leichter Schnee und die Temperaturen lagen um den Gefrierpunkt.

Philippe öffnete die Haustür, und ein muffiger Geruch drang ihm entgegen. Das Ganze erinnerte ihn an Höhlengeruch und ganz offensichtlich war schon lange niemand mehr in diesem Haus gewesen. Türen und Fenster waren fest verschlossen und liessen sich nur schwer öffnen. Auch aus dem Wasserhahn kam nur kaltes Wasser, der Boiler war offensichtlich vom Strom getrennt. Immerhin konnte er im Haus Licht machen, jedoch musste er sich zuerst einmal einigermassen zurechtfinden. Vor allem war es saukalt!

Philippe wollte als erstes für etwas Wärme sorgen und er erkannte schnell, dass dies nur über den Schwedenofen machbar war. Aber wo war das Holz? Das Haus verfügte über zwei Stockwerke: im oberen Stock waren eine Küche, ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und eine Toilette; im untern Stock, welcher relativ neu renoviert war, befand sich ein grösseres Zimmer mit integrierter Kochnische und ein Bad, allerdings ohne Toilette! Auf seinem Rundgang durch das Haus fand er nirgendwo Holz. Erst nachdem er sich nach draussen begeben hatte, erblickte er einen Holzstoss, welcher sich allerdings kalt und feucht anfühlte. Das dürfte eine Herausforderung werden, dachte er, und er nahm so viel Holz auf die Arme wie er tragen konnte und stieg die schmale Treppe zum Untergeschoss hinunter. Mit einer aufgesetzten Pfanne Wasser auf dem Gasherd versuchte er etwas Wärme zu «produzieren», jedoch war das Ganze hoffnungslos.

Also gab es nichts anderes, als den Ofen in Betrieb zu nehmen. Philippe gönnte sich dazu ein kleines Bier, welches er noch von zuhause mitgenommen hatte und er versuchte den Ofen durch Pusten und Blasen und mit viel gutem Zureden seinem Zweck zuzuführen. Die ersten Versuche scheiterten kläglich und erst nach gut einer Stunde und dem Verbrauch von unzähligen Streichhölzern und noch mehr Zeitungspapier zeigte sich langsam ein zartes Flämmchen im Ofen. Jetzt nur noch die Luftzufuhr richtig einstellen, dachte Philippe, dann sollte das schon werden … Und noch bevor Philippe seinen Gedanken zu Ende führen konnte, war es um die kostbare Flamme geschehen. Schei… ging es Philippe durch den Kopf.

In der Zwischenzeit hatte es angefangen zu schneien und dies mit einer Heftigkeit, wie Philippe es schon lange nicht mehr gesehen hatte. Flocken von riesiger Grösse reihten sich bunt auf- und nebeneinander und bäumten sich derart auf, dass schon bald weder die nahe gelegene Strasse noch sein Auto zu erkennen waren. Auch dunkelte es langsam ein, und Philippe hatte immer noch kein Feuer. Der Hunger machte sich bei ihm bemerkbar und so entschloss er sich, die mitgebrachten Spaghetti zu kochen. Als Beilage sollte es Tomatensauce aus dem Glas geben. Das war’s. Zum Glück hatte er noch daran gedacht ein paar Teebeutel und etwas Zucker mitzunehmen. Dies sollte sein Nachtessen sein.

Der Abend gestaltete sich alles andere als zufriedenstellend. Der Ofen liess sich nach wie vor nicht in Gang setzen und die Temperaturen im Haus waren so, dass man den Hauch sah; an eine wohltuende Dusche war schon gar nicht zu denken, brauchte der Boiler doch seine Zeit, um das Wasser zu erwärmen – immerhin hatte er den Schalter gefunden, um ihn in Betrieb nehmen zu können. Was Philippe jedoch ebenfalls zu denken gab, war die Tatsache, dass seine Essensvorräte schon aufgebraucht waren. Das kann ja heiter werden, dachte er und er schickte Deborah eine kurze SMS mit dem Inhalt, dass er gut angekommen sei und sich noch etwas zurechtfinden müsse. Er wünsche ihr eine gute Nacht und grüsse Enrico ebenfalls ganz herzlich. Auf die Details wollte Philippe im Moment nicht eingehen.

Die Nacht verbrachte er im Schlafsack. Diesen hatte er in weiser Voraussicht von zuhause mitgenommen und er konnte seiner Eingebung nicht genügend dankbar sein. In Militärmanier steckte er seine Kleider ebenfalls in den Sack und versuchte so etwas Schlaf zu finden.

Deborah ihrerseits hatte es sich in der Stube gemütlich gemacht und war daran, einen wohlriechenden Tee zu trinken. Enrico lag zu ihrer Seite und er genoss die Streicheleinheiten, die er ab und zu von seinem Frauchen in Empfang nehmen durfte. Deborah selber studierte ihrem erhaltenen Angebot nach, in der nahen gelegenen Gärtnerei mitwirken zu können, und sie war je länger je mehr davon überzeugt, dass sie dies tun wollte.

Die Nacht verlief für Philippe alles andere als erholsam. Andauernd erwachte er und es fröstelte ihn trotz des Schlafsackes. Auch der moderige Gestank im Haus war nicht seine Sache; er musste unbedingt den Ofen in Gang bringen, ansonsten er dem Häuschen wohl schon bald wieder den Rücken zuwenden würde. – Aber auch das wäre im Moment wahrscheinlich nicht ganz einfach, soviel Schnee wie auf den Strassen lag.

Die ganze Nacht hindurch hatte es geschneit und es lagen sicher gut und gern 50 Zentimeter Neuschnee, und es schneite noch immer. So konnte es im Bündnerland sein, jedoch hatte Philippe sich dies zu wenig überlegt. In Bern und Umgebung schneite es selten, und so ging er von diesen Wetterverhältnissen aus. Im Tessin und eben auch in Graubünden trafen jedoch oftmals ein Tiefdruckgebiet von Genua herkommend mit einem Kaltluftpfropfen zusammen und gemeinsam sorgten sie dann für das entsprechende Wetter.

Nach einer kurzen Dusche, die nun angenehm warm war, zog sich Philippe so gut wie möglich und dem Wetter entsprechend an und er wollte im Dorfladen «Nachschub» für seine Verpflegung holen. Er hoffte vor allem, dass der Laden offen hatte und dass er sich seinen Wünschen entsprechend mit Lebensmittel eindecken konnte. Der Weg dorthin würde eine halbe Stunde in Anspruch nehmen; der Rückweg mit Sicherheit eine Stunde. Vorgängig wagte er nochmals einen Versuch, den Ofen in Betrieb zu nehmen. Und siehe da: bereits beim zweiten Anlauf nahm das Holz Farbe an, und Philippe konnte schon bald weitere Scheiten nachlegen. Er wartete noch einen kurzen Moment bis er sicher war, dass der Schwedenofen seinem Namen gerecht wurde; sodann wollte er den Weg unter die Füsse nehmen. Ein aufgefundener Rucksack im Foyer des Hauses sollte ihm dienen, die Esswaren nach Hause zu tragen.

Nach mühsamem Stampfen durch den hohen Schnee, kam er endlich im Dorfladen an, und dieser hatte Gott sei Dank geöffnet. Einige andere Kunden, vor allem Einheimische, waren ebenfalls anwesend und alle unterhielten sich über das Wetter. Philippe nahm das, was in «gluschtete» in den Einkaufskorb und er gönnte sich auch noch zwei Flaschen Rotwein aus der Gegend. Der «Malanser», ein «Herrschäftler» aus dem «Heidiland», am Rhein zwischen Fläsch und Malans gelegen, ist wirklich vorzüglich und er würde Philippe für einiges entschädigen, auf was er bislang verzichten musste.

Nach elendiglich langen Minuten, um nicht zu sagen Stunden, war Philippe wieder zurück in seinem Häuschen. Die Temperaturen waren langsam so, dass man sich wohlfühlen konnte, und auch der muffige Gestank im Haus hatte sich zum grössten Teil verflüchtigt. Philippe versuchte nun seinen Laptop in Gang zu setzen und zu seinem Erstaunen funktionierte die WLAN-Verbindung auf Anhieb. Er gönnte sich ein Glas Malanser und fing an zu schreiben. Der Titel sollte wie folgt lauten:

Dabei könnte alles so einfach sein …

So um die Jahrtausendwende verfiel die Schweizer Politik in Aktionismus. Alles sprach von Organisierter Kriminalität und so durfte die Schweiz dem Mainstream natürlich nicht nachhängen. …

Jedoch schon nach kurzer Zeit musste er feststellen, dass er noch nicht so weit war, seine Gedanken richtig zu ordnen und aufs Papier zu bringen. Er war irgendwie noch zu aufgebracht und auch seine Finger waren nach wie vor zu klamm, um sie über die Tasten zu führen. Er setzte ab und gönnte sich ein zweites Glas des fein schmeckenden Weines.

Auf einmal sah er auf seinem Handy eine Nachricht, die ihn interessierte. Es war Isidor Habersack und dieser erkundigte sich nach seinem Befinden. Philippe antwortete postwendend und er tat ihm kund, dass er jetzt in St. Peter sei und mit dem Schreiben begonnen habe, dass dies wahrscheinlich aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde und er sich dann gerne wieder melden werde. Isidor wollte es sich allerdings nicht nehmen lassen und er wollte mit Philippe direkt sprechen und schon klingelte dessen Smartphone.

«Salut Isidor, wie geht es dir?» «Hervorragend danke und wie geht es dir? Hast du dich im Haus zurechtgefunden und ist alles zu deiner Zufriedenheit?» «Ja selbstverständlich», flunkerte Philippe und er erwähnte den grossen Schnee im Bündnerland. «Hör zu, Philippe. Ich lasse dir per E-Mail den Entwurf unserer Graphiker zukommen und ich finde die Idee wirklich toll, deine bisherigen fünf Geschichten in zwei Bänden als Roman zusammenzufassen und sie auf diese Weise herauszugeben. Schau dir doch bitte das Ganze einmal an und gib mir anschliessend Bescheid, was du davon hältst. Ich melde mich dann wieder. Bis bald. Ciao amigo.»

Philippe öffnete seine Mailbox und er sah sogleich das Cover der beiden Bände. Dieses sprach ihn auf Anhieb an, und er wollte Isidor das auch sogleich kundtun.

i.h.@gmail.com

Lieber Isidor

Die Umschlaggestaltung ist hervorragend und sie spricht mich voll und ganz an.

Auch kann ich mir sehr gut vorstellen, meine Geschichten in Romanform zu veröffentlichen und sie in dieser Form einer breiten Leserschaft zuzuführen.

Den gewünschten Begleittext zu den beiden Büchern sollte ich in den nächsten Tagen fertig gestellt haben und ich werde ihn dir sodann zukommen lassen. Gerne hoffe, dass er deinen Vorstellungen entspricht.

In der Zwischenzeit wünsche ich dir alles Gute und verbleibe mit den besten Grüssen

Philippe Baumann

Auch Isidor liess nicht lange auf sich warten und er antworte wie folgt:

p.b.@gmail.com

Lieber Philippe

Ich danke dir für deine freundliche und schnelle Rückmeldung und ich bin davon überzeugt, dass deine Bücher Anklang finden werden.

Das Lektorat ist in der Zwischenzeit auch schon so weit, dass ich dir das «Gut zum Druck» ebenfalls in den nächsten Tagen zustellen kann.

Was die Formalitäten betrifft, so bin ich mir sicher, dass wir uns finden werden: ein Drittel für den Autor, ein Drittel für den Verlag und ein Drittel für den Vertrieb und den Druck. – Gerne hoffe ich, dass du damit einverstanden bist.

Ich grüsse dich herzlichst und bis zum nächsten Mal.

Isidor

Nun musste Philippe sich aber ranhalten. Es sollte schliesslich nicht an ihm liegen, sollten sich Verzögerung in der Umsetzung des Projektes einstellen, und so griff er erneut zur Feder respektive in die Tasten.

Der 1. März naht

Isabelle traf sich in der Zwischenzeit mit Josi; diese aber war von ihrem Vorschlag nicht sonderlich angetan. Sie sei zu alt für solches und im Übrigen verstehe sie weder etwas von Verkauf und schon gar nichts von Kunstschmuck. Das Ganze wäre für sie nur eine Belastung, der sie sich nicht (mehr) aussetzen möchte. Hingegen, und jetzt kam Josi auf den Punkt, könne sie Isabelle ihre Tochter Rebecca bestens empfehlen. Diese sei gelernte Verkäuferin und habe bis vor kurzem in einem recht renommierten «Kunstladen» in Cannes gearbeitet. Der Weg dorthin sei ihr allerdings mit der Zeit zu beschwerlich geworden, worauf sie gekündigt habe. Sie sei zurzeit ohne feste Anstellung und sie könnte sich sehr gut vorstellen, dass sie eine solche Arbeit reizen würde.

Isabelle nahm dies gerne so entgegen und sie wollte sich sogleich mit Rebecca treffen, um mit ihr die Details zu besprechen. Bereits am nächsten Tag fand das Treffen statt, und Rebecca war voll der Freude. Ja, sie würde das sehr gerne machen und sie glaube auch, dass sie der Kundschaft etwas bieten könne. Sie sei aufgeschlossen, kommunikativ und offen für alles Neue und sie würde sich voll und ganz ins Zeug legen, um auch den Ansprüchen von Désirée gerecht zu werden.

Rebecca war eine sehr attraktive Frau von etwa 30 Jahren, und Isabelle konnte sich sehr wohl vorstellen, mit ihr zusammen zu arbeiten. Bernard würde wahrscheinlich wiederum sagen: wie kann einer wie der – Gérard – eine solch hübsche Tochter haben und erst noch so klug, sympathisch und unkompliziert, ging Isabelle durch den Kopf.

Isabelle ging mit grosser Genugtuung nach Hause und orientierte Désirée und Bernard über die geführten Gespräche. Désirée war begeistert und sie freute sich bereits jetzt über die künftige Zusammenarbeit mit ihrer Schwester. In der Zwischenzeit nahmen auch der Architekt und der Innendekorateur einen Augenschein im Laden und beide konnten die Lokalität nur rühmen. «Das ist wirklich ein super Standort, da musst du zuschlagen», so der Tenor der beiden. Und sie sicherten ihr zu, dass sie das Geschäft per 1. März eröffnen könne und zwar im «Corporate Design» wie jenes in Paris am «Place du Tertre». Francesco nickte gefällig, und es freute ihn, wie Désirée sich begeistern konnte: so fröhlich, glücklich und verspielt wie er sich seine Frau wünschte.

Désirée liess es sich nicht nehmen und sie wollte alle zum Nachtessen einladen. Sie schlug das «Kalmos», direkt am Meer, zwischen Sainte-Maxime und Les Issambres, gelegen, vor, von dem sie wusste, dass man dort ein hervorragendes Fischfondue aus dem Mongolentopf essen konnte. Alle waren hell begeistert, und der Tisch war schnell reserviert.

Bernard wollte am Nachmittag noch seinen Freund Gérard treffen und mit ihm die Story von Frédéric, ergänzt mit den Anmerkungen von François besprechen. Sie vereinbarten sich auf ein Bierchen im ‘Café Maxime’ an der ‘Avenue Charles de Gaulle’. «Salut mon cher, ça va?» «Oui, très bien et à toi?» - « Ja, es geht mir ebenfalls sehr gut, aber das, was ich nicht verstehe ist, dass du eine solch hübsche Tochter hast … haha.» «He, was soll das, das Gleiche könnte ich auch von dir sagen», und beide mussten lachen. Gérard wusste natürlich bereits, dass sich seine Frau und Isabelle getroffen hatten, und dass Josi ihr Rebecca als Mitarbeiterin empfohlen hatte. «Ich finde das ein tolle Idee und ich wünsche den beiden, Isabelle und Rebecca, nur das Beste.» So der Kommentar von Gérard. Bernard konnte dem nur beipflichten.

«Hör mal, Gérard. Weisst du etwas über einen Vorfall am 21.12.2020 am Place Victor Hugo, respektive etwa 50 Meter davon entfernt? Da soll sich ein Unfall zugetragen haben, von dem man nichts in der Tagespresse lesen konnte. Sagt dir das etwas?»

«Nur vom Hörensagen, aber nichts Konkretes.» «Doch, da muss etwas gewesen sein, das man totschweigen möchte. Ich habe mit François gesprochen, und er meinte, dass das Ganze «top secret» sei. Man habe offensichtlich Angst davor, dass etwas ans Licht kommen könnte, und dass dies die «Black lives matter» Bewegung auf den Platz rufen könnte.» «Ok, ich werde mich einmal umhören und auch Thierry vom midi-libre kontaktieren. Er hat ja bekanntlich gute Kontakte zur ‘Police nationale’ in Toulon.»

Thierry war Journalist bei dieser Regionalzeitung und der eine oder andere Polizist war ab und zu nicht abgeneigt, ihm Informationen zu stecken. Was die Gegenleistungen hierfür waren, wollten weder Gérard noch Bernard wissen. – Gérard versicherte Bernard auf jeden Fall, ihn auf dem Laufenden zu halten.

Bernard selber nahm noch einmal mit Frédéric Kontakt auf. Das Ganze liess ihm keine Ruhe. Er sagte ihm auch kurz, was er bis anhin in Erfahrung gebracht hatte, und er erkundigte sich danach, ob er allenfalls noch ein paar Details zum Vorfall liefern könne. Frédéric überlegte und er schüttelte den Kopf. Nein, er könne einfach nicht mehr sagen, das Ganze sei so schnell gegangen. Einzig, das Nummernschild sei ihm aufgefallen, da es sich nach seinem Dafürhalten nicht um ein französisches gehandelt habe.

«Wie hat das Nummernschild denn ausgesehen?» «Hell, und ich glaube, am Anfang waren die Buchstaben ‘BE’.» - «Das könnte ein deutsches Kennzeichen sein», so die Bemerkung von Bernard. BE steht in Deutschland für Beckum im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Aber auch in der Schweiz gebe es diese Abkürzung für Bern. «Schau mal: hat das Zeichen in etwa so ausgesehen?»


«Ja, könnte sei. Aber ich bin mir absolut nicht sicher.» «Und kannst du dich vielleicht an die Typenbezeichnung des Wagens erinnern?» «Wie ich schon gesagt habe, war es glaublich ein Mercedes. Vielleicht ein S oder B 300 oder 500, aber ich bin mir auch hier ganz und gar nicht sicher. Auf jeden Fall ein älteres Baujahr.» - «Vielen Dank Frédéric, ich werde dich weiterhin auf dem Laufenden halten.»

Der Jagdinstinkt bei Bernard war geweckt!

Das Intro zum Roman

Philippe unternahm einen weiteren Versuch, das «Intro» zu seinen Romanen zu schreiben, und dieses Mal lief es deutlich besser. Die Temperaturen im Haus liessen es auch zu, dass er seine Finger bewegen und wunschgemäss über die Tasten des Computers führen konnte. Erstaunlicherweise war die Einführung innert kurzer Zeit geschrieben, und Philippe war mit sich zufrieden. Er gönnte sich ein weiteres Glas der angebrochenen Flasche, und der Wein mundete ihm mit jedem Schluck besser. Der Schneefall hatte in der Zwischenzeit nachgelassen, und das Wetter zeigte sich von seiner freundlichen Seite. Die Sonne zeigte sich zwischen den Wolken und sie verzauberte die Schneelandschaft in ein Mosaik von Kristallen und Juwelen. Das Ganze glitzerte, und Philippe musste die Augen zukneifen, um die ganze Pracht der Natur wahrnehmen zu können. Einmalig, ging es Philippe durch den Kopf, und alle Gedanken vom Vortag waren schlagartig weg. Er begab sich ins Freie und genoss den Schnee wie ein kleines Kind. He, wie schön das hier ist; schade sind Deborah und Enrico nicht auch hier: das würde ihnen gefallen!

Seinen Text wollte Philippe am nächsten Morgen nochmals durchgehen und ihn anschliessend, sollte er nach wie vor ‘Ja’ dazu sagen können, Isidor zustellen. Jetzt aber wollte er sich etwas Feines zum Nachtessen kochen und er freute sich bereits darauf. Es sollte eine Rösti mit einer Bauernbratwurst geben und dazu einen feinen Tomatensalat. Die Zutaten dazu hatte er sich im Dorfladen gekauft.

Das Essen mundete Philippe bestens und er begab sich schon bald danach zu Bett. Natürlich legte er noch ein/zwei Scheiten Holz im Ofen nach und schon bald hörten die «Zaungäste» wahrscheinlich nur noch sein Schnarchen oder andere Urgeräusche.

Am nächsten Morgen war Philippe voller Tatendrang und als Erstes las er nochmals seinen Text durch. Er konnte nach wie vor «Ja» dazu sagen und er wollte ihn sogleich Isidor zukommen lassen.

i.h.@gmail.com

Hallo Isidor

Ich bin so weit, dir das Intro zukommen zu lassen. Du findest es in der Beilage. Nun bin ich gespannt, wie es weiter geht.

Ich grüsse dich ganz herzlich und wünsche dir alles Gute

Philippe

Beilage

Dabei könnte alles so einfach sein …

So um die Jahrtausendwende verfiel die Schweizer Politik in Aktionismus. Alles sprach von Organisierter Kriminalität und so durfte die Schweiz dem Mainstream natürlich nicht nachhängen. Bereits damals ging es darum, das Zusammenspiel von Bund und Kantonen zu überprüfen und konkrete Vorschläge für die künftige Zusammenarbeit auszuarbeiten. Es ging vor allem darum, die neuen Kompetenzen des Bundes – vorweg eben jene in den Bereichen Organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität – in die Tat umzusetzen. Selbstverständlich dienten dazu die Vorbereitungsarbeiten der beim Bund betroffenen Dienste.

Philippe war von allem Anfang an skeptisch, war doch die ins Auge gefasste Zentralisierung beim Bund aus seiner Sicht völlig unnötig, zumal die grossen Polizeikorps der Kantone bereits über eingespielte Strukturen verfügten, die sich bislang bewährt hatten. Nichtsdestotrotz wurden die Arbeiten an die Hand genommen und endeten, wie nicht anders zu erwarten war, im Sinn der Empfehlungen der Vorarbeiten des Bundes; dies sehr zum Missfallen von Philippe.

Er hätte es lieber gesehen, wenn die bestehenden Strukturen gestärkt worden wären, und nicht ein zusätzlicher Apparat aufgebaut wurde, welcher – aus seiner Sicht – nur weitere Schnittstellen brachte, die in aller Regel der Sache abträglich waren und effizienten Ermittlungen im Wege standen. Irgendwie fühle sich dann niemand so richtig verantwortlich und jeder könne dem andern die Schuld in die Schuhe schieben, so die Einschätzung von Philippe.

Trotzdem wurde in der Folge die Bundeskriminalpolizei (BKP) ins Leben gerufen und damit einhergehend musste natürlich auch die Bundesanwaltschaft aufgerüstet werden. Das hierfür notwendige Personal wurde vornehmlich aus den beiden «grossen» Kantonen rekrutiert und fehlte somit dort. – Gut, auf die eine oder andere Person konnte man vielleicht ja noch verzichten, und trotzdem war das Ganze aus der Sicht von Philippe unnötig.

Mit der Inkraftsetzung der neuen Strafprozessordnung per 1.1.2011 wurde dem ganzen Übel noch die Krone aufgesetzt. Man verabschiedete sich vom bisherigen Vieraugenprinzip, welches sich nach der Ansicht von Philippe sehr bewährt hatte, ging es dabei doch darum, unbedachte Untersuchungsrichter durch vorgelagerte Staatsanwälte in die Schranken zu weisen und dort korrigierend einzugreifen, wo Unerfahrenheit oder Mut fehlte. – Dies fiel fortan weg, womit der Mist geführt war.

Trotz aller Illusionen wurde also bis anhin Bewährtes über den Haufen geworfen und neues Terrain beschritten mit der Konsequenz, dass schon bald eine kluge Frau das Ganze wie folgt kommentierte:

… sie hielt dafür, dass wohl tatsächlich nicht alles zum Besten stehe, und es wahrscheinlich nicht verfehlt wäre, in der Strafverfolgung eine «Tiefenbohrung» - wie sie es nannte – zu machen. Die «Neuerungen» in der Strafverfolgung mit ihren Auswirkungen hätten wohl nicht nur Früchte gebracht, sondern eben auch Ungemach bis hin zu Frust und Missgunst.

Auch sei sie darüber erschrocken, wie leicht man heutzutage in der Schweiz verurteilt werde. Das «abgekürzte Verfahren» sei einfach verfehlt und die angeschuldigte Person habe gar keine Möglichkeit sich adäquat zu verteidigen. Schnell sei das Strafmandat ausgesprochen und dem «Straftäter» bliebe oftmals nur noch der Weg ans ordentliche Gericht.

Dies könne nun aber auch wieder nicht der Sinn und Zweck der Strafverfolgung sein, zumal dadurch nicht nur die ordentlichen Instanzen im Übermass «beübt» würden, sondern auch, weil den Beschuldigten das Grundrecht der «fairen Behandlung» vorenthalten würde. Man könne ja nicht von ‘Fair Trail’ sprechen, wenn nicht einmal Entlastungszeugen zur Sache einvernommen würden und dies sei offensichtlich heute gang und gäbe.

Auch sei ihr zu Ohren gekommen, dass die fachliche Qualität der Strafverfolger doch sehr unterschiedlich sei. Da sei es halt einfach schon gut gewesen, wenn ein erfahrener Staatsanwalt noch über die Sache geschaut habe und einem «Jungspund» auf die Sprünge geholfen habe.

Philippe war erstaunt ob der Offenheit von Frau … und er konnte ihr nur beipflichten. Woher sie all ihre Informationen hatte, wollte er gar nicht wissen; deckten sie sich aber doch grösstenteils mit dem, was er bislang selber mit auf den Weg bekommen hatte.

Unlängst musste er nämlich Folgendes zur Kenntnis nehmen:

Irgendwann im Herbst des Jahres MMXVIII geschah Unvorstellbares. Die Ausgangslage war leider umso trauriger, als sie der Wahrheit entspricht. Frau M und Herr X befanden sich auf dem Heimweg vom Ausgang. Kurz bevor sie zuhause ankamen, wurden sie von drei unbekannten Personen überfallen und ausgeraubt. Frau M wurde brutal zu Boden gemacht und mit Faustschlägen eingedeckt. Ihr Begleiter stand ihr nach Kräften bei, worauf die Angreifer die Flucht ergriffen. Die Geldbörse mitsamt den Ausweisen fehlte nach dem Angriff. Nun fragt man sich, was man in einer solchen Situation machen soll? – Die Polizei beiziehen? ... Nein, dann kommt alles nur noch viel schlimmer. Ja, wenn man alles im Voraus wüsste, dann ... Aber eben, man weiss es ja nicht im Voraus und vertraut auf das, was man einmal gelernt hat: Die Polizei – dein Freund und Helfer! Aber weit gefehlt.

Frau M alarmierte also die Polizei, welche auch vor Ort erschien. Nach der Täterschaft wurde kaum Ausschau gehalten, geschweige denn, dass man sich um das Opfer kümmerte. Nein: viel mehr wurde ihr herbeigerufener Freund gemassregelt und zu Recht gewiesen. Mit der Konsequenz einer Anzeige wegen Hinderung einer Amtshandlung.

Was wird hier gehindert und wo liegt hier eine Amtshandlung. – Die Täterschaft ist geflohen. Das Opfer gibt den Umständen entsprechend bereitwillig Auskunft und der Begleiter des Opfers steht noch unter Schock. Der Freund des Opfers kann seiner Freundin nicht beistehen, weil ihm dies von der Polizei verwehrt wird.

Dass man ob einer solchen Situation in Wut gerät, steht für mich ausser Zweifel und ist für mich auch mehr als nachvollziehbar. Wäre ich an dieser Stelle gewesen, so hätte ich mich wohl kaum unter Kontrolle halten können. Ja, auch das ist Polizeiarbeit. – Wo ist hier die Sozialkompetenz, wo die Empathie – von Einfühlungsvermögen mag ich hier schon gar nicht sprechen. Mehr falsch machen kann man meines Erachtens nicht. Und die Konsequenzen für den Freund des Opfers sind ebenso unermesslich, wie das Trauma, welches das Opfer durch den Überfall und das Verhalten der Polizei erfahren musste. – Schade, dass man solche Erfahrungen machen muss. Es gilt nur zu hoffen, dass die betroffenen Personen irgendwann einmal «gute» Polizeiarbeit kennenlernen werden. – Aber wahrscheinlich hilft hier nur noch beten ... womit Philippe nur das Gelassenheitsgebet des amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr in den Sinn kam, welches wie folgt lautet:

God, grant me the serenity to accept the things I cannot change, Courage to change the things I can, And wisdom to know the difference. Living one day at a time, Enjoying one moment at a time, Accepting hardship as a pathway to peace, Taking, as Jesus did, This sinful world as it is, Not as I would have it, Trusting that You will make all things right, If I surrender to Your will, So that I may be reasonably happy in this life, And supremely happy with You forever in the next. Amen.

Aber die Story geht noch weiter: Im gleichen Verfahren wegen «Hinderung einer Amtshandlung» erkannte der zuständige Staatsanwalt im Kanton Bern, dass zum Beweiswert der Zeugin zu sagen ist, dass diesbezüglich ebenfalls bereits an dieser Stelle eine klare Tendenz zu vermuten ist, da es sich doch bei ihr um die Freundin des Beschuldigten … handelt. Mithin erweisen sich die beantrag(t)en Beweismassnahmen vom Inhalt her der zu erwartenden Aussagen als offenkundig bzw. im Fall von Frau … weitgehend unerheblich. … Die Vornahme der beantragten Befragungen im Rahmen der Untersuchung erweist sich somit als (I)nhaltlich weitestgehend offenkundig und damit nutzlos und aus prozessökonomischer Sicht unnötig.

Die Verteidigung hatte hierauf wie folgt reagiert: Zuhanden des Dossiers und damit auch des beziehungsweise der zuständigen Gerichtspräsidenten / Gerichtspräsidentin halte ich lediglich fest, dass mein Mandant durch Ihre Formulierung in der Begründung dieser Verfügung sehr irritiert ist. Ohne jeglichen realen Anhaltspunkt führen Sie aus, hinsichtlich der Aussagen von Frau … sei eine klare Tendenz zu vermuten deshalb, weil es sich um die Freundin meines Mandanten handle. Diese Bemerkung gibt eine Vorbefassung wieder, die nicht widerspruchslos hingenommen werden kann. Überdies darf ich Ihnen aus Sicht der Verteidigung mitteilen, dass der Anspruch auf das Fragerecht gegenüber Zeugen beziehungsweise einem Anzeiger keineswegs bloss «formal» zu verstehen ist.

Selbstverständlich ging der Staatsanwalt auf die Replik des Anwaltes nicht ein. Er war sich hierfür wahrscheinlich zu gut. Auch seine mündliche Äusserung, dass der Anzeiger wohl «überschossen» habe, half ihm nicht, das Elend abzuwenden, wenngleich er es in der Hand gehabt hätte. – Hier hätte das ‘Vieraugenprinzip’ wahrscheinlich einiges verhindern können.

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