promo_banner

Реклама

Читайте только на ЛитРес

Книгу нельзя скачать файлом, но можно читать в нашем приложении или онлайн на сайте.

Читать книгу: «Neues Altes», страница 3

Шрифт:

LEBENSBILDER AUS DER TIERWELT

Ich habe mit Begeisterung diese Hefte angesehen, gelesen. Es ist endlich die Natur »aus erster Hand«, unverfälscht durch den Künstler, der sich seit Jahrhunderten verbrecherischerweise zwischen Gott und die Urromantik des Seins drängt, ein zwar notwendiger, aber für unsereinen überflüssiger Vermittler und Erklärer der Schätze des Daseins! Wir sind selbst »Künstlermenschen« geworden!

Dieser »Hochzeitstag« z. B. der Eber im dunklen alten Forste; ja, weshalb hat bis heute keiner von den protokollierten »Landschaftern« so etwas gemalt?!? Diese schwarzen Ungetüme, in Liebe aufgelöst, einer auf den anderen getürmt; die anderen schauen dumm zu, und der Forst ist voll riesiger schwarzer Stämme. Solche Dinge bringt heutzutage die »Kamera« fertig und beschämt den Maler, der den Eber »mit seinem Auge«, also falsch sieht! Der Japaner allein bemühte sich, der Natur mit unsäglichem Fleiße nahezukommen, beizukommen. Aber bei uns steht immer der Größenwahn des »Menschen« der einfachen schönen Wahrheit heimtückisch hinderlich im Wege! Der Maler bringt überall »seine Seele« hinein, für diejenigen, die nicht einmal »ihre eigene dumme Seele« besitzen! Aber Gottes Seele, die aus jeglichem ausstrahlt, muß endlich ohne Vermittlung dieses Hofmeisters »Künstler« erfaßt werden können! Wer eine Frau erst als wertvoll, als mysteriös, als Verhängnis empfinden, sehen, erfassen könnte, bis der geniale Maler ihre Werte gemalt, der Dichter ihre Werte besungen hätte, dem, dem wird sie ihr Leben lang nur ein »unenträtselbares Sexualtierchen« bleiben! Der Künstler ist ein Lehrer und Vermittler, und solange man seiner bedarf und er als wertvoll erscheint, ist man nur ein »Schüler des Lebens«, ein nicht schauen und hören Könnender, in Gottes All hinein, ein Menschlein, fern dem Herzen und Gehirne, das in der Natur überall geheimnisvoll verborgen liegt, auf daß erst der zum wirklichen Leben »Ausgereifte« es genießen dürfe auf seinem Weg zum Heile, zur Gottähnlichkeit! Den anderen ist es wohlweislich verschlossen, und man schickt diese »Babies« in die »Lebensschule« zum Herrn Lehrer »Künstler«, der ihnen primitiverweise die Anfangsgründe beibringen soll, mit leichtfaßlichen Beispielen, »Kunstwerke« genannt!

Wir aber entnehmen diesen mit der einfachen »Kamera« aufgenommenen »Lebensbildern aus der Tierwelt«, R. Voigtländers Verlag, Leipzig, und diesen Texten, die nur klar und einfach berichten von den Ereignissen des Tierlebens bei Tag und Nacht und zu jeder Stunde, und von den »Homerischen Kämpfen« unter Grashalmen und Gebüschen verborgen, wir entnehmen ihnen alle Poesien, alle Romantik, alle Tragödien, alle Rätsel, die es hienieden gibt! Unsere Lehrer sind Gott und Natur!

Man müßte eigentlich einer geliebten Frau diese in Lieferungen erscheinenden, »Lebensbilder aus der Tierwelt«, R. Voigtländers Verlag, Leipzig, als Geschenk senden. Denn es ist ein absoluter Prüfstein für ihre »inneren Werte«; wie sie darauf nämlich reagierte!?

Nun, ich habe das mit einer unbeschreiblich verehrten Dame getan.

Sie schrieb mir zurück: »Lieber Freund, sein’s mir nicht bös, aber dös interessiert mich leider gar nicht …«

Nun, hat es meine Anhänglichkeit an sie aber zum Schwinden gebracht?!? Keine Spur!

BRIEF AN MITZI VON DER »LAMINGSON-TRUPPE«, DÄNIN

Liebes, liebes Fräulein, Mitzi von der »Lamingson-Truppe«!

Ich weiß es nicht, wie lange Sie noch in Wien und hier im »Casino de Paris« bleiben werden, und eines Tages können Sie fort sein, fort auf Nimmerwiedersehen, irgendwohin in die lustige oder traurige Welt der Künstler, der Artisten, tausend und tausend merkwürdigen Schicksalen und Begebenheiten ausgesetzt!

Mögen Sie es daher wissen, daß ein alter armer glatzköpfiger uneleganter Dichter Ihnen nachweinen wird und Ihre herrliche liebliche wundervolle Persönlichkeit gleichsam im Innern seiner Augen aufbewahren wird, lange lange lange Zeit – .

Man vergleicht oft junge Mädchen mit schlanken Rehen im Walde; aber niemals, niemals hat ein Vergleich so sehr gestimmt! Sie sind das schlanke rührende edelbeinige Reh, nicht ahnend, woher der Schuß eines grausamen Jägers kommen wird im Waldesfrieden – .

Ihre lieben lieben, beim Lächeln zusammengezwickten Augen, werde ich nie nie vergessen, nie Ihre blondbraunen Haare, Ihre aristokratisch-noblen Glieder, Ihre edelgebogene und dennoch rechtzeitig abstumpfende Nase, Ihren süßen Mund!

Wenn Sie fort sind, Mitzi, Fräulein Mitzi, wird es mir sein, wie wenn mir jemand ungeheuer Liebes gestorben wäre, und ich werde Ihnen nachtrauern und um Sie besorgt sein!

Ihre außergewöhnliche Schönheit, Ihr Leib, der wie das zarte Gedicht eines Dichters ist, haben mich tief, tief gerührt; und ich möchte, daß junge, reiche elegante Männer mit derselben Ehrfurcht vor Ihrer lieblichen Herrlichkeit sich innerlich verneigen könnten wie ich alter Mann.

Man müßte Sie betreuen und beschützen wie einen kostbaren lebendigen Gegenstand, man müßte für Sie sorgen bei Tag und bei Nacht. – Mit liebevollster Fürsorge!

Lächeln Sie nicht, wenn Sie diese Zeilen lesen, Ihre Härte könnte mich nicht verwunden, nicht verletzen – .

Ich bete zu Gott, daß Sie glücklich werden, Sie Allerlieblichste!!!

Peter Altenberg.

APHORISMEN

Ich verstehe unter »Kultur einer Frauenseele«, einen Mann, dem man sich einmal gewidmet hat, nicht zu kränken, bevor man nicht aufrichtig-traurig zu ihm gesprochen hat: »Es ist Schluß!«

Eine Frau kann ihr Schlachtopfer »Mannesseele« grausam umbringen, wie Krebse in siedendem Wasser, oder in milder Form, mit einem Schnitt wie Kälber. Weshalb es ihnen also verzeihen, wenn sie es grausam tun?!

Grausam bereits ist der »kokette Blick«!!!

Sage also, Kanaille, lieber vorher: »Es ist Schluß!«

TEXTE AUF ANSICHTSKARTEN

Rokoko

In dieser Zeit lebten Menschen, die vom Leben nicht wußten, wie es wirklich und einfach ist!

Sie lebten in einem »falschen Märchenlande« – .

Denn das »echte Märchenland« ist die Romantik des Kartoffelfeldes in einer wirklichen Mondnacht! Solange die menschlich-kindischen Herzen noch nicht reif sind für die ernste »Romantik der Natur selbst«, schaffen sie sich »kindische Spielereien«! Aber diese »Verirrten« waren wenigstens »Wege-Sucher«, die sich nur kindisch verirrten! Das wollen wir ihnen also zugute halten!

Frau E… R…

Schaffst du denn Symphonien, weibliches Beethoven-Antlitz?!?

Du bist ein Weib, kannst dich nicht austönen!

Nicht dich erlösen!

Ein Spiegelbild der Welt kannst du nicht sein!

Zur Tagestat zu groß, zur ewigen zu klein!

So bleibst du Weib und kannst’s dennoch nicht sein!!

Fräulein Barbara von G

»Nichts ist gekommen, nichts wird kommen für meine Seele – .

Ich habe gewartet, gewartet, oh, gewartet – .

Die Tage werden dahinschleichen – .

Und umsonst wehen meine aschblonden seidenen Haare um mein bleiches Antlitz – .«

Über die Grenzen des All blicktest du sinnend hinaus;

Hattest nie Sorge um Hof und Haus!

Leben und Traum vom Leben – plötzlich ist alles aus – .

Über die Grenzen des All blickst du noch sinnend hinaus – !

Nach Jahren kommt eine unaussprechliche Dankbarkeit in uns für die Frau, die wir »unglücklich liebten« – . Aus Bürgern des strengen Tages machte sie uns nämlich zu weltentrückten Poeten, erschloß uns unseres eigenen Herzens Tiefen, erhöhte uns zu »inneren tragischen Helden«! Unsere Tränen gab sie uns, bannte das leere Lächeln! Sie sei also bedankt und gepriesen!

Schneesturm

Seele, wie bist du schöner, tiefer, nach Schneestürmen – .

Auch du hast sie, gleich der Natur – .

Und über beiden liegt noch ein trüber Hauch, wenn das Gewölk sich schon verzog!

Bloß ein Feld voll Zwiebeln – .

Stillt es die Not dessen, der es bebaut,

Stimmt es andächtig den, der es nur als Künstler beschaut!

Gräber von berühmten Toten sollen uns streng ermahnen, den Tag und die Stunde wertvoll zu gestalten, da wir noch sind – !

Helle Wolken und schwarze Bäume!

Für Kinder zum Schrecken, Gespenster!

Für Dichter zum Weinen!

Und der gewöhnliche Mensch geht dran gelassen vorüber, sagt: »Das wäre etwas für Kinder zum Schrecken, und für Dichter zum Weinen!«

Wald im Winter

Ein kleines Mäderl sagte: »Onkel, aber, nicht wahr, hinten ist die böse Hexe, die die Kinder stiehlt?!« – Ich sagte: »Natürlich«; und bat den friedevollen Wald um Entschuldigung – . Gewisse Menschen wollen eben keinen Frieden – . Sie suchen selbst im Walde die böse Hexe, die die Kinder stiehlt – . Sonst hat er für sie gar keinen Reiz!

Weg im Winter

Geliebter verträumter verschneiter Weg! Ging ich hier mit Anita?!? Oder träumte ich nur, daß ich hier mit ihr gehen möchte?! Fußspuren im Schnee, ihr paßt nicht zu Anitas geliebten Schuhen – .

Hie und da rauschen Schneeklumpen zur Erde. Wie wenn der Frühling es versuchte, den Winter bereits abzuschütteln!

»Das Betreten der Kulturen ist strengstens untersagt« – ; man wird es dennoch ewig tun! Betreten, zertreten! —

Zaun, wie machst du die Landschaft melancholisch! Im Grenzenlosen etwas Abgegrenztes!

Hier ist Friede – . Hier weine ich mich aus über alles. Hier löst sich mein unermeßliches unfaßbares Leid, das meine Seele verbrennt. Siehe, hier sind keine Menschen, keine Ansiedlungen. Hier tropft Schnee leise in Wasserlachen – .

Hier suchte sie die ersten Blüten, und fand nichts. Und ich sagte zu ihr: »Diese gelbgrünen feuchten Rasenflecke, die der zerrinnende Schnee bloßlegt, sind schöner als Blumen – .« Da sah sie hin und erkannte!

Hier bleibe stehen mit deiner geliebtesten Freundin, und belausche ihr Antlitz – ! Fühlt sie dasselbe wie du, dann kannst du beruhigt mit ihr weiterschreiten, in die Gelände des Lebens!

Ich suchte eine Frau, die den Schnee wirklich liebte; und ich fand keine! Sie benützten nur den Schnee, für ihre Sheerns! —

Junge Ochsen auf der Weide. Einst im Sonnenbrande, ziehend am allzu schweren Gespanne, könnt ihr euch nicht mehr der kühlen Weide erinnern. Aber in eurem traurig-dummen Auge spiegelt sich alles, und kein Gram geht verloren in der gramvollen Welt – .

Margeritten im hohen Grase. Alles blüht und atmet Frieden! Auf dem Boden leben aber und sterben lautlos hunderttausend Insekten. Nur der Mensch erhebt seine Stimme und beklagt sein Schicksal. Kann er es ändern?! Ja. Er kann wenigstens weinen und schreien. Und falls er es nicht kann, tun es für ihn liebevoll die Dichter!

Manche Frauen würden nicht elende »Treuebrecherinnen«, »Ehebrecherinnen« werden, wenn sie stets imstande wären, an den Schätzen der friedevollen mysteriösen Natur ihre zerfahrenen Seelen wieder und immer wieder aufzurichten!

Natur und Frau sollten in gleicher Weise wirken, uns zu adeligen, all-verstehenden, sanftmütigen Weltgeschöpfen zu transformieren! Einer Frau diese geniale Aufgabe als süße Pflicht beibringen, heißt: sie glücklich machen!

Sahst du nach dem Gewitterregen den Wald?!?

Alles rastet, blinkt und ist schöner als zuvor – .

Siehe, Fraue, auch du brauchst Gewitterregen!

Portrait d’une jeune femme

»Je suis venue pour donner – prenez, prenez, prenez!!«

Cléo de Mérode

Unzerstörbares Antlitz; Zeit und Erlebnis versuchen es vergebens, in deinem edlen Erz sich einzugraben – !

Prinzessin Ruprecht von Bayern

»Und dein Antlitz ist die ›Materie gewordene‹ Seele selbst!!«

Kronprinzessin

Geboren, einem Kaiser Kinder zu gebären und zu Fürstlichkeiten zu erziehen im Leben! Aber der Dichter erschaut in dir dennoch nur die einfache Vollkommenheit ohne Zweck und Ziel!

Kronprinzessin Maria von Rumänien Glockenblumen

Umringt bist du von deinen Lieblingsblumen, hehre Fraue! Aber du blickst und stehst nicht in Frühlingsfroheit, sondern ermüdet und enttäuscht. Vier allerherrlichsten Kindern gabst du das Leben, deine eigenen Kräfte, behieltest dennoch deine heilige Mädchengestalt bei! Das Altern hat dich nicht verändern können; deshalb blickst du erstaunt und wehmütig!!! Du gabst und gabst und kannst noch immer geben und um Dich herum altert die alltägliche Welt – !

Kaiserin Elisabeth von Österreich, Königin von Ungarn

Wohin, träumerische Fraue, wandertest du, rastlos?!?

– »Weg von der Lüge
Kaiserin Elisabeth

Gott erschuf dich in Seiner tiefsten künstlerischen Liebe: zuerst, in der Jugend, wie man sich auszudrücken pflegt, ein wildes Füllen in Berg und Tal, mit wirren Locken; und späterhin alle Leiden tragend von enttäuschten Dichtern; das innere ewige Klagen, und das Erschauen, daß Gottes Reich noch nicht gekommen sei für Seinesgleichen.

Kaiserin-Elisabeth-Denkmal

Ich hätte dich umringt mit dunklen Legföhren, Rhododendronbüschen, Edelweiß, Speik, und allen Blüten der Bergalmen!

Ich hätte die Tiere der freien Berglüfte in silbernen Käfigen um dich herum gestellt – . Bergdohle und Murmeltier.

Aber man stellte dich in einen Garten, gepflegt und gehegt, und wider die freie heilige Natur!!!

Manöver: Feld-Telephon und Fernrohr

»Fern von der Schlacht, und dennoch mitten drinnen! So wie die Dichter!«

Mein Lebensleitmotiv:

»Nie über einen Graben springen, eine Hürde, wenn man nicht ganz gesichert ist, hinüberzugelangen mit leichter Anmut!«

HEILMITTEL

Ich habe in einer Blumenhandlung in einer Kristallglaswanne zwei goldene japanische Zwergfische gesehen, mit riesigen durchsichtigen Flossen und dunklen hervortretenden Augen, mit der Anmut von modernen Tänzerinnen sich bewegend, und dabei doch reserviert gelassen ihrem Wärter, Pfleger an die Glaswand zuschwimmend. Ich begreife es absolut nicht, wieso reiche Damen sich diesen Schatz der Natur entgehen lassen können und sich nicht eine kleine Herde dieser allerentzückendsten Tiere anschaffen. Einer kostet allerdings 16 Kronen. Der Boden muß aus kleinen Kieseln bestehen, die jeden zweiten Tag herausgenommen und in warmem Wasser gereinigt werden müssen. Die Nahrung ist ausschließlich das Pulver »Piscidin«, das auf die Wasseroberfläche hingestreut wird. Man kann stundenlang vor dieser goldenen Anmutpracht verweilen. Die Tiere lernen uns baldigst kennen und lieben. Viele Frauen würden dadurch vor ihren bösen Gedanken, bösen Instinkten, und vor allem vor ihrer gefährlichen inneren Leere und vor Gelangweiltsein gerettet werden können. Gehet hin, Damen, und kaufet daher japanische Goldfische!

DER NEBENMENSCH

Neunzig Prozent unsrer Lebensenergien raubt uns die Ungezogenheit, die Taktlosigkeit unseres Nebenmenschen. Jedes falsch angebrachte Wort zerstört unser zart empfindliches Nervensystem. Nicht Distanzhalten von der Welt des andern, die man ja doch nicht begreifen kann, mordet die Nerven. Die unverständliche Welt des andern nicht achtungsvoll und scheu behandeln, ist eine bodenlose Feigheit. Es ist, wie wenn man jemandem, der unsäglich an Migräne litte, sagte, er bilde sich diese Leiden nur ein! Gläubig sein, ist aristokratisch; bezweifeln, ironisieren, ist plebejisch! Durch Gläubigkeit erweitert man seinen Horizont um den des andern, durch Skeptizismus bleibt man ewig in seine eigenen engen Grenzen eingebannt.

Niemandem wehe tun, falls es nicht unbedingt notwendig wäre, ist die natürliche Wirkung geistiger Kultur. Jedermann werde erfrischt, ja erlöst durch deine Gesellschaft, ja, er suche sie auf, wie das bedrückte Menschenkind den Beichtstuhl. —

Aber unsre Nebenmenschen sind noch Satan, Jago, Mephistopheles, Franz Moor; selbst zu ewiger innerer Unruhe verdammt, drängt es sie, auch in uns nur böse Unruhe zu erzeugen, damit wir ja nicht besser, nicht vornehmer werden als sie selbst es sein können. Sie gönnen uns nicht höhere innere Entwicklungen, wollen uns absichtlich degradieren auf ihr eigenes erreichbares Niveau! Nur der Dichter erlebt träumend künftige Entwicklungen gläubigen Herzens, und die, die sich ihm anschließen, tragen jedenfalls diese idealen Möglichkeiten kommender besserer Welten schweigend-demütig bereits in ihrem Herzen! Der Nebenmensch ist ein Gegenmensch. Er will nicht helfen, sondern schädigen. Wäre er selbst ein Zufriedener, wünschte er nur Zufriedenheit zu verbreiten; als Unzufriedener wünscht er uns ebenfalls nur Friedlosigkeit!

SCHUTZ

Unter Yellowstone-Park versteht man bei uns bereits irgendeine wertvolle urwaldartige, mit allen ihren geheimnisvollen Schätzen an Pflanzen, Tieren, Steinen und Quellen erfüllte Gegend, die unter den Schutz des Staates gestellt wird, gegen die zerstörende unnachsichtige Barbarei der Menschheit. Eine Art von idealer Menagerie der Natur selbst! Solch einen Yellowstone-Park wird man nun in der Schweiz im Scarltal und seinen Nebentälern errichten, um die kostbaren Alpenpflanzen, um Bär, Luchs, Wildkatze zu erhalten. Und alles, was da blüht, kreucht und fleucht. Solche Yellowstone-Parke sollte man nun auch endlich für Menschenerhaltung errichten, für exzeptionell herrliche Frauen, für exzeptionell herrliche Männergehirne, die sonst verloren gingen in den zahlreichen Gefahren! Oasen für Denker und Träumer, in der Wüste des Lebens, die versengt, und verdorren macht. Oasen für wunderbar schöne Frauen, zu denen man pilgern dürfte, ihre schmalen schneeweißen langen Finger an die Lippen zu drücken und daran zu genesen, mehr als an Guber-Quelle, Virchow-Quelle, Hofbrunnen und Königsbrunnen, mehr als an den Mysterien Gasteins, Kissingens, Franzensbads, Karlsbads. Männergehirne, die man für die Menschheit schützen müßte vor dem Zugrundegehen, Frauenkörper, Frauenseelen, die man für die Menschheit schützen müßte vor dem Vernichtetwerden in zügellosen Orgien und Egoismen, in Treibjagden auf Seele und Leib! Yellowstone-Parke müßten geschaffen werden, Reviere, in denen wertvolle Gehirne, wertvolle Seelen, wertvolle Leiber, geschützt vor feigen Verfolgungen, die Ideale der Natur repräsentieren könnten für die verkommende Milliarde der Unzulänglichen!

Ein Mädchen zum Beispiel, zu dem man spräche: Pflege die Pracht deiner zarten, gebrechlichen, adeligen Glieder, deinen Milchteint und deine Beweglichkeiten! Du sollst in einem Tempelchen hausen und keinerlei Sorge haben! Auf daß die andern hinpilgerten und, schamvoll in sich gekehrt, es versuchten, dir nachzugeraten ein wenig!

Aber bisher schützt man nur Edelexemplare unter den Pflanzen und Tieren, ja sogar heiße Springquellen mit Marmorbecken. Aber Menschen, Menschen schützt man noch nicht – .

BRANGÄNE

Ich kenne eine Sache im Leben, die mich am tiefsten ergreift von allen, die ich erlebt habe. Es ist in der Stille des nächtlichen Liebesgartens der Gesang der edlen Wächterin Brangäne. Es ist die tönend gewordene Selbstlosigkeit, inmitten der nächtlichen Liebesgefahren. Es ist die Warnung an die Allzuirdischen, die in der Melodie des Herzens zugleich eigentlich von selbst ertönt; es ist die Klage der tiefsten, echtesten Freundschaft, hineingesungen in den dunklen Garten. In jedem Menschen sind solche Gefühle aufgespeichert, besonders in den alten Kinderfrauen, die man entläßt von ihren Lieblingen, wenn man sie nicht mehr braucht. Aber sie weinen sich im stillen aus, alle diese Herzvollen, während bei Brangäne das Leid und die edle Sorge um einen geliebten Menschen helltönend wird, und in die dunkle, harte, grausame Welt hinaus stöhnt! Auch unsre alte Bedienerin Luise sang uns ein unvergeßliches Lied, als sie beim Abschiede mir und meinem Bruder schrieb: »Die sieben Jahre in Ihren Diensten, meine Herren, waren das Glück und der Segen meines ganzen Lebens – .« Alle diese versteckten, edel-tragischen Dinge der dienenden Menschenherzen ertönen in Brangänens Gesang. Alle in der Menschheit bisher leider vergeblich aufgestapelten Selbstlosigkeiten und Ergebenheiten werden da zu singender Klage; aber die Menschen der leidenschaftlich irrigen Stunden vernehmen nichts davon als ihre eigenen, zum Abgrund führenden Sündhaftigkeiten, deren Brausen alles übertönt – .

DER AFFE PETER

Der große Affe Peter ist wirklich ein Wunder der Natur. Denn ich bemerkte sogleich zu meinen Freunden in meiner Loge, daß dieser Affe unmöglich zum Radfahren abgerichtet sein könne, sondern daß es eine Naturanlage sein müsse, und es dem Tiere ein leidenschaftliches Vergnügen bereite, wie einem Kind eine geliebte Spielerei, Hutschpferd oder Schaukel. Direktor Brill bestätigte mir auch diese meine Ansicht. Die Freudigkeit und Geschicklichkeit des Tieres, ein junges wunderliebes Mädchen mit dem Fahrrad zu verfolgen, erregt im Publikum Enthusiasmus. Man wird jedenfalls viele brave Kinder hinführen müssen. Dieser Affe könnte unbedingt die allerschwierigsten Radfahrtricks spielend erlernen. Nur sollte von seiten des vorführenden Herrn eine menschlich-freundschaftlichere Beziehung vorhanden sein, wie sie bisher stets zwischen den Besitzern berühmter Schimpansen, Orangs stattgefunden hat, ja direkt rührend zärtliche Anhänglichkeiten, wie zu edlen Pferden, edlen Hunden. Man braucht natürlich nicht die verlogene Komödie einer exaltierten Freundschaft zu dem Tiere dem Publikum vorzumachen, aber man muß Zuneigung spüren beiderseits. Ein berühmter Affendresseur machte sich seinerzeit durch seine harte Nervosität, den Tieren gegenüber, fast unbeliebt, trotz der wunderbaren Kunststücke. Nicht was er dem Tiere einlernt, sondern was er sonst noch übrig hat an Liebe und Verständnis, das macht einem den Tierdresseur sympathisch. Wie war die Beziehung des aristokratischen Severus Schäffer zu seinen Hunden! Wie ein jagender Landedelmann mit seiner Lieblingsmeute! Alle Dresseure müssen etwas von einem dilettierenden Aristokraten an sich haben. So ritt Direktor Schumann seine Pferde, nonchalant-vornehm-liebenswürdig. Ich glaube, daß er seine Pferde nie schlagen konnte. Oder wenigstens sah er danach aus. Mit einem der Menschenaffen wie Peter aber muß ein tiefes freundschaftliches echtes Verhältnis entstehen. Er speist nach der Vorstellung im Restaurant wie ein wohlerzogener Mensch. Er gab mir die Hand, wollte sie sogar zart an seine Lippen drücken. Bei solchen Tieren spürt man es, daß man sie nur mit äußerster Zärtlichkeit und selten angewandter gerechter Strenge zu ihren eigenen erreichbaren Höhen bringen könne. Die wunderbare Schimpansin Maja im Tiergarten, 1896, haßte jede Dame, die in meiner Gesellschaft oder gar in mich eingehängt ihr Zimmerchen betrat, und drängte sie weg, umarmte mich absichtlich stürmisch und liebevoll. Ich glaube, es war das einzige weibliche Wesen, das an mir ernstlich Gefallen fand. Für edle Tiere gehört vielleicht ein Philosoph mit einem tiefen Herzen! Frauen geben es billiger und machen sich nichts daraus. Und Die, die sich wirklich etwas daraus machen, sind eben ganz so wie edle gutmütige Tiere, siehe A. R.

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
28 мая 2017
Объем:
130 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

С этой книгой читают

Дом лжи
Хит продаж
4,9
972