Читать книгу: «Schwur des Ruhms », страница 2

Шрифт:

„Ich würde lieber sterben, als Erec im Stich zu lassen!“

KAPITEL DREI

Thor ritt vorsichtig über den Waldweg, Reece, O’Connor, Elden und die Zwillinge auf ihren Pferden neben ihm, Krohn ebenfalls auf seinen Fersen, als sie aus dem Wald auf der anderen Seite des Canyons herauskamen. Thor’s Herz schlug schneller vor gespannter Erwartung als sie endlich die Grenze des dichten Waldes erreichten. Er hob seine Hand, bedeutete den anderen zu schweigen und sie blieben neben ihm stehen.

Thor sah sich um und betrachtete den Strand, den Himmel, und dahinter das riesige gelbe Meer, über das sie in die Fernen Länder des Empire reisen würden. Das Tartuvianische Meer. Thor hatte die Gewässer seit ihrer Reise zu den Hundert nicht mehr gesehen, und es fühlte sich seltsam an, wieder hier zu sein – diese Mal mit einer Mission, die das Schicksal des gesamten Rings entscheiden würde.

Nachdem sie die Brücke über den Canyon überquert hatten, war ihr kurzer Ritt durch die Wildnis des Waldes ereignislos verlaufen. Thor hatte von Kolk und Brom die Anweisung erhalten, nach einem kleinen Schiff Ausschau zu halten, das am Ufer des Tartuvianischen Meers vertäut sein sollte, sorgfältig versteckt unter den Ästen eines gewaltigen Baumes, der über das Wasser ragte. Thor folgte den Anweisungen genau, und als sie die Grenze des Waldes erreichten, entdeckte er das Schiff, wohl versteckt und bereit, sie dorthin zu bringen, wo sie hin mussten. Er war erleichtert. Doch dann sah er sechs Krieger des Empire, die vor dem Schiff standen und es inspizierten, während es sanft in den Wellen der Brandung schaukelte. Ein weiterer Krieger war an Bord geklettert. Dabei sollte das Schiff gut versteckt und niemand hier sein.

Das war ein unglücklicher Zufall. Als Thor gen Horizont blickte, sah er in der Ferne die Konturen von etwas das aussah wie die gesamte Flotte des Empire, tausende von schwarzen Schiffen mit der schwarzen Flagge des Empire. Glücklicherweise segelten sie nicht auf Thor zu, sondern nahmen den langen kreisförmigen Kurs, der sie um den Ring herum auf die Seite der McClouds bringen würde, wo andere Teile der Truppen bereits den Canyon überquert hatten. Glücklicher Weise befanden sie sich also auf einem anderen Kurs. Mit Ausnahme dieser Patrouille. Diese sechs Empire Krieger, wahrscheinlich Kundschafter auf einer Routine-Mission, mussten irgendwie über dieses Schiff der Legion gestolpert sein. Das war schlechtes Timing. Wenn Thor und die anderen die Küste ein paar Minuten früher erreicht hätten, wären sie wahrscheinlich schon an Bord und auf dem Weg auf das offene Meer. Jetzt gab es keinen Weg eine Konfrontation zu vermeiden. Thor ließ den Blick den Strand entlang schweifen und sah keine weiteren Empire-Truppen. Wenigstens das war zu ihren Gunsten. Es war wahrscheinlich ein einzelner Trupp auf einer Patrouille.

„Ich dachte, das Boot sollte gut versteckt sein?“, sagte O’Connor.

„Offensichtlich nicht gut genug.“, bemerkte Elden.

Die Sechs saßen auf ihren Pferden und fixierten die Gruppe von Kriegern.

„Es wird nicht lange dauern bis sie die Truppe alarmieren“, beobachtete Conven.

„Und dann haben wir ein echtes Problem.“, ergänzte Conval.

Thor wusste, dass sie Recht hatte. Und das war kein Risiko, das sie eingehen konnten.

„O’Connor.“, sagte Thor. „Deine Zielgenauigkeit ist von uns allen am besten. Ich habe gesehen, wie du aus fünfzig Metern Entfernung noch genau triffst. Siehst du den Mann mit dem Bogen? Wir haben genau eine Chance. Kannst du ihn ausschalten?“

O’Connor nickte ernst und ließ die Krieger des Empire dabei nicht aus den Augen. Er griff über seine Schulter, hob den Bogen, legte einen Pfeil an und war bereit zum Schuss.

Alle sahen Thor an und er fühlte sich bereit, sie anzuführen.

„O’Connor, auf mein Signal hin schieß. Dann werden wir uns auf die anderen stürzen. Ihr anderen, verwendet eure Wurfwaffen sobald wir nah genug sind. Doch versucht zuerst so nah wie möglich zu kommen.“

Thor gab mit der Hand ein Zeichen und O’Connor ließ die Sehne los.

Der Pfeil flog mit einem zischenden Geräusch durch die Luft. Es war ein perfekter Schuss. Die Metallspitze bohrte sich mitten durch das Herz des Empire Kriegers mit dem Bogen. Er stand da und für einen Moment weiteten sich seine Augen, als könnte er nicht verstehen, was gerade geschah, um dann plötzlich mit weit ausgestreckten Armen – Gesicht voran – vor die Füße der anderen Krieger zu fallen und den Sand rot zu färben.

Thor und die anderen stürzten los. Wie eine gut geölte Maschine waren sie vollkommen aufeinander abgestimmt. Der Klang der Hufe ihrer Pferde verriet sie und die sechs verblieben Krieger fuhren erschrocken herum. Sie sprangen ihrerseits auf ihre Pferde und kamen ihnen entgegen.

Thor und seine Freunde hatten immer noch den Vorteil des Überraschungsangriffs.

Thor holte aus, schleuderte einen Stein mit seiner Schleuder und traf einen seiner Gegner aus gut zwanzig Metern Entfernung an der Schläfe, als dieser gerade dabei war, aufzusitzen. Die Zügel immer noch in der Hand fiel er tot zu Boden.

Als sie näher kamen, war Reece seine Axt, Elden seinen Speer und die Zwillinge ihre Dolche. Der Sand war uneben und die Pferde rutschten, was es schwieriger machte als sonst, die Waffen zu werfen. Reeces Axt fand ihr Ziel und tötete einen der Krieger, während die anderen ihr Ziel verfehlten. Damit blieben vier Gegner übrig. Der Anführer löste sich von der Gruppe und stürzte sich direkt auf Reece, der nun unbewaffnet war. Er hatte seine Axt geworfen und noch keine Zeit gehabt, sein Schwert zu ziehen. Reece wappnete sich und in letzter Sekunde sprang Krohn vor, biss sich im Bein des Pferdes des Anführers fest und brachte es mitsamt Reiter zu Fall, was Reece im letzten Moment rettete. Reece zog sein Schwert und landete einen tödlichen Hieb bevor sich sein Gegner wieder aufrappeln konnte.

Damit waren es noch drei Gegner. Einer griff Elden mit einer Axt an, die er nach seinem Kopf schwang; Elden blockte sie mit seinem Schild und in der gleichen Bewegung schwang er sein Schwert und schlug den Griff der Axt entzwei. Dann schwang Elden seinen Schild herum, traf den Angreifer am Kopf und schickte ihn damit vom Pferd.

Ein anderer Krieger zog einen Morgenstern von seinem Gürtel und schwang die lange Kette. Die gespickte Eisenkugel drosch in Richtung O’Connors. Es geschah so schnell, dass diesem keine Zeit blieb zu reagieren.

Thor jedoch hatte es kommen sehen, sprang mit hoch erhobenem Schwert an die Seite seines Freundes und durchtrennte die Kette gerade noch rechtzeitig, bevor die Kugel O’Connor treffen konnte. Er hörte den Klang seines Schwertes wie es das Eisen der Kette durchtrennte und staunte, wie scharf sein neues Schwert war.

Die gespickte Eisenkugel fiel harmlos in den Sand. Conval kam hinzu und erstach den Krieger mit seinem Speer, bevor er eine andere Waffe ziehen konnte.

Der letzte Krieger der Empire Patrouille sah sich zahlenmäßig weit unterlegen und mit Angst in den Augen drehte er sein Pferd um, stürmte den Strand entlang in entgegengesetzter Richtung und hinterließ dabei tiefe Hufabdrücke im Sand.

Alle hatten nur das eine Ziel, den Krieger zu stellen: Thor schleuderte einen Stein mit seiner Schleuder, O’Connor hob seinen Bogen und schoss und Reece warf einen Speer. Doch auf dem rutschigen Sandboden ritt der Krieger zu unberechenbar und alle verfehlten ihr Ziel.

Elden zog sein Schwert und Thor konnte sehen, dass er im Begriff war, hinter ihm herzujagen. Thor hielt seine Hand hoch und signalisierte ihm zu warten.

„Nein!“, rief Thor.

Elden drehte sich um und sah ihn an.

„Aber wenn er das hier überlebt, wird er andere auf uns hetzen!“, protestierte Elden.

Thor drehte sich um und sah das Boot an, und er wusste, dass es kostbare Zeit kosten würde, ihn zu fangen – Zeit, die sie nicht hatten.

„Das Empire wird uns sowieso verfolgen“, sagte Thor. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Es kommt jetzt darauf an, dass wir so schnell wie möglich weit von hier weg kommen. Zum Schiff!“

Sie stiegen ab und als sie das Schiff erreichten, griff Thor in seine Satteltaschen und begann, alles, was er an Proviant dabei hatte auszuräumen, und die anderen taten es ihm nach. Sie luden Waffen und Säcke mit Essen und Wasser an Bord. Niemand konnte abschätzen, wie lange ihre Reise dauern würde, wie lange es dauern würde, bis sie wieder Land sehen würden – wenn sie jemals wieder Land sehen würden. Thor verlud auch das Futter für Krohn.

Sie warfen die Säcke über die Reling des Schiffs, wo sie mit einem dumpfen Klang auf dem Oberdeck landeten.

Thor griff das dicke, verknotete Tau, das an der Seite herunterhing und testete es. Das grobe Material schnitt ihm in die Finger. Er nahm Krohn über die Schulter – sein Gewicht stellte eine deutliche Herausforderung für seine Muskeln dar – und fing an, am Seil hoch an Bord zu klettern. Krohn winselte in sein Ohr und krallte sich mit seinen scharfen Krallen an Thors Brust fest.

Sobald Thor über die Reling geklettert war, sprang Krohn an Deck – und die anderen folgten ihnen. Thor beugte sich über die Reling und sah zu den Pferden herunter, die am Strand standen und zu ihm hochsahen, als ob sie auf einen Befehl warteten.

„Und was wird aus ihnen?“, fragte Reece, der sich neben ihn gestellt hatte.

Thor sah sich um und betrachtete das Boot. Es war vielleicht 7 Meter lang und halb so breit. Es war groß genug für sie – aber nicht für ihre Pferde. Wenn sie versuchen würden, sie mitzunehmen, dann würden sie womöglich das Deck zertrampeln und das Holz beschädigen. Sie würden sie zurücklassen müssen.

“Wir haben keine Wahl.”, sagte Thor und sah sehnsüchtig auf sie herab. „Wir werden neue finden müssen.“

O’Connor lehnte sich über die Reling.

„Das sind schlaue Pferde.“, sagte O’Connor. „Ich habe sie gut trainiert. Sie werden auf meinen Befehl hin nach Hause zurückkehren.“

O’Connor pfiff in einem hohen Ton.

Auf einmal drehten sich alle Pferde um und galoppierten davon, über den Sand und in den Wald hinein, zurück in Richtung des Rings.

Thor wandte sich um und sah seine Brüder an, dann das Schiff, dann den Ozean, der vor ihnen Lag. Ohne Pferde gab es keinen Weg zurück mehr, nur nach vorn. Die Realität fand ihren Weg in Thors Bewusstsein. Sie waren wirklich auf sich alleine gestellt. Sie hatten nichts außer diesem Boot, auf dem sie den Ring womöglich für immer verlassen würden. Ein Zurück gab es jetzt nicht mehr.

„Und wie sollen wir das Boot jetzt ins Wasser bekommen?“, wollte Conval wissen und alle blickten 5 Meter auf den Schiffsrumpf hinab. Ein kleiner Teil wurde von den Wellen des Tartuvianischen Meers umspült, doch der größte Teil steckte im Sand fest.

„Hier rüber!“, sagte Conven.

Sie eilten zur anderen Seite, wo eine dicke Eisenkette über die Reling hing, an deren Ende eine riesige Eisenkugel im Sand lag.

Conven zerrte an der Kette, er stöhnte und mühte sich ab, doch er konnte sie nicht anheben.

„Sie ist zu schwer.“, grunzte er

Conval und Thor griffen mit zu und halfen, und als alle drei gemeinsam an der Kette zogen war Thor überrascht vom Gewicht der Kugel. Sie schafften es nur sie etwas mehr als einen Meter anzuheben und ließen sie wieder in den Sand fallen.

„Lasst mich helfen.“, sagte Elden und trat vor.

Elden, der weitaus massiger als alle anderen gebaut war und sie um einiges überragte, griff alleine nach der Kette und schaffte es die Kugel ohne weitere Hilfe anzuheben. Thor war erstaunt. Die anderen griffen mit zu und gemeinsam zogen sie den Anker Zentimeter um Zentimeter nach oben, bis sie ihn endlich über die Reling an Deck wuchten konnte.

Das Boot begann sich zu bewegen. Es rollte ein wenig in den Wellen, doch blieb nach wie vor im Sand stecken.

„Die Pfähle!“, bemerkte Reece.

Thor drehte sich um, sah zwei hölzerne Pfähle, jeder fast sieben Meter lang, die an der Seite des Bootes befestigt waren und erkannte, wozu sie gut waren.

Reece und er griffen einen während Conval und Conven den anderen übernahmen.

„Sobald wir uns abgestoßen haben“, rief Thor, „setzt ihr die Segel!“

Sie rammten die Pfähle in den Sand und stießen das Boot mit aller Kraft ab; Thor ächzte vor Anstrengung. Langsam Zentimeter um Zentimeter begann sich das Boot zu bewegen. Zur gleichen Zeit liefen Elden und O’Connor zur Mitte des Bootes und zogen an den Seilen um die Segel zu setzen. Eines nach dem anderen. Thor und die anderen drückten und schoben die Pfähle in den Sand und kämpften mit all ihrer Kraft um das Boot aus dem Sand zu frei zu bekommen. Die Segel stiegen höher und begannen, sich im Wind zu blähen. Endlich begann das Boot unter ihnen zu schaukeln und glitt ins Wasser, wo es schwerelos auf den Wellen zu tanzen begann.

Thors Muskeln zitterten vor Anstrengung. Elden und O’Connor hatten alle Segel gesetzt und bald trieben sie auf das offene Meer zu.

Sie alle jubelten vor Freude, als sie die Pfähle wieder an Ort und Stelle verstauten und halfen Elden und O’Connor dabei, die Seile zu sichern. Krohn maunzte aufgeregt neben ihnen. Das Boot trieb ziellos vor sich hin und Thor beeilte sich, das Steuerrad zu besetzen, O’Connor an seiner Seite.

„Willst du das Steuer übernehmen?“, fragte Thor O’Connor.

Der grinste breit. „Liebend gerne!“

Sie nahmen Fahrt auf und kreuzten, den Wind im Rücken, auf den gelben Wassern des Tartuvianischen Meeres. Thor nahm einen tiefen Atemzug. Endlich waren sie auf dem Weg.

Thor ging an den Bug, wo Reece stand und Krohn drängte sich zwischen sie und lehnte sich an Thors Bein, während Thor anfing, sein weiches weißes Fell zu streicheln. Krohn leckte Thors Hand, und der griff in einen Sack und zog ein Stückchen Fleisch für Krohn heraus, der es ihm dankbar abnahm. Thor blickte auf die weite See vor ihnen. Der ferne Horizont war gesprenkelt mit den schwarzen Schiffen des Empire, die sich sicherlich alle auf dem Weg zur McCloud’schen Seite des Rings befanden. Zum Glück waren sie abgelenkt und konnten unmöglich Ausschau nach einem einsamen Boot halten, das sich in Richtung ihres Reiches bewegte. Der Himmel war klar und sie hatten starken Rückenwind, der ihnen half, weiter an Geschwindigkeit zuzulegen.

Sie hielten Ausschau und fragten sich, was wohl vor ihnen lag. Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis sie wieder Land erreichen würden, das Land des Empire, und was sie dort erwarten würde. Er fragte sich, wie sie das Schwert finden sollten, und wie dieses Abenteuer enden würde. Er wusste, dass die Chancen schlecht standen und doch freute er sich darüber, endlich auf der Reise zu sein, war glücklich, dass sie es bis hierhin geschafft hatten und begierig darauf, das Schwert zurück zu holen.

„Was wenn es nicht da ist?“, Reece schien seine Gedanken gelesen zu haben.

Thor sah ihn an.

„Das Schwert.”, fügte Reece hinzu. „Was ist, wenn es nicht da ist? Oder verloren? Oder zerstört? Oder wenn wir es einfach nicht finden können? Immerhin ist das Empire ist riesig!“

„Oder was, wenn das Empire herausgefunden hat, wie man es anwendet?“, fragte Elden mit seiner tiefen Stimme.

„Was wenn wir es finden, aber nicht zurück bringen können?“, wollte Conven wissen.

Sie standen da und das, was vor ihnen lag, lastete wie ein Meer unbeantworteter Fragen schwer auf ihren Schultern. Thor wusste, das diese Mission Wahnsinn war.

Blanker Wahnsinn.

KAPITEL VIER

Gareth ging auf den Steinboden des Arbeitszimmers seines Vaters auf und ab – eine kleine Kammer im obersten Stockwerk des Schlosses, die sein Vater sehr geschätzt hatte – und nahm sie Stück für Stück auseinander.

Gareth ging von Bücherregal zu Bücherregal, zerrte wertvolle Bände heraus, uralte ledergebundene Bücher, die seit Generationen im Besitz seiner Familie waren, riss die Einbände herunter und zerriss die Seiten in kleine Stückchen. Wenn er sie in die Luft warf, fielen sie wie Schneeflocken auf seinen Kopf herab, blieben an seinem Körper hängen und am Sabber, der seine Wangen hinunterlief. Er war fest entschlossen, jedes einzelne Buch in dieser Kammer, die sein Vater so sehr geliebt hatte, zu zerreißen – einen Band nach dem anderen.

Gareth ging zum Tisch in der Ecke, griff nach dem Rest seiner Opiumpfeife, und zog mit zitternden Händen fest daran. Er brauchte ihre Wirkung jetzt mehr denn je. Er war abhängig, rauchte sie, wann immer es ging, in der festen Überzeugung, damit die Bilder von seinem Vater, die ihn zunächst in seinen Träumen und nun selbst im Wachzustand verfolgten, vertreiben zu können.

Als Gareth die Pfeife absetzte, sah er seinen Vater als verwesende Leiche vor sich stehen. Jedes Mal war der Leichnam mehr verwest, mehr Skelett als Fleisch; Gareth wandte sich von dem entsetzlichen Anblick ab.

Gareth hatte die Vision sonst immer angegriffen – doch er hatte gelernt, dass das nichts half. Jetzt wandte er einfach seinen Kopf ab, immer wieder, bemüht wegzuschauen. Es war immer das gleiche: Sein Vater trug eine rostige Krone, sein Mund war geöffnet, und seine toten Augen starrten ihn missbilligend an. Dabei zeigte er anklagend mit dem Finger auf ihn. Es war ein furchtbarer Anblick und Gareth fühlte, dass seine Tage gezählt waren, fühlte, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er ihm Gesellschaft leisten würde. Er hasste ihn zu sehen mehr als alles andere. Wenn der Mord an seinem Vater etwas Gutes an sich gehabt hatte, dann war es, dass er sein Gesicht nie wieder würde sehen müssen. Doch ironischer Weise sah er ihn nun mehr denn je. Gareth fuhr herum und warf die Opiumpfeife nach der Erscheinung, in der Hoffnung, sie schnell genug werfen zu können, um ihn vielleicht zu treffen. Doch die Pfeife flog lediglich durch die Luft und zerbrach an der Wand.

Sein Vater stand immer noch da und starrte ihn zornig an.

„Die Drogen werden dir nicht helfen“, schalt sein Vater ihn.

Gareth konnte es nicht länger aushalten. Er stürzte sich auf die Erscheinung, mit ausgestreckten Händen sprang er vor, um das Gesicht seines Vaters zu zerkratzen; doch wie jedes Mal, segelte er durch nichts als Luft und stolperte durch den Raum, dieses Mal um hart auf dem hölzernen Schreibtisch seines Vaters aufzuschlagen und ihn laut polternd umzureißen während er fiel.

Gareth fiel zu Boden, erschöpft und außer Atem und sah, dass er sich den Arm aufgerissen hatte. Blut tropfte von seinem Hemd, und er sah daran herab und stellte fest, dass er immer noch das gleiche Hemd trug, in dem er schon seit Tagen geschlafen hatte. Tatsächlich hatte er es schon seit Wochen nicht mehr gewechselt. Er sah sich im Spiegel und sah wie zerzaus sein Haar war; Er sah wie ein gemeiner Raufbold aus. Ein Teil von ihm konnte kaum glauben, dass er so tief gesunken war. Doch einem anderen Teil war das vollkommen gleich. Das einzige, was in ihm übrig war, war der brennende Wunsch, zu zerstören – und zwar jedes noch so kleine Überbleibsel von allem, was seinen Vater einst ausgemacht hatte. Er hätte am liebsten dieses Schloss dem Erdboden gleich gemacht und ganz King’s Court gleich mit ihm. Es wäre seine Rache für die Behandlung, die er als Kind hatte ertragen müssen. Die Erinnerungen daran stachen ihn wie ein Dorn, den er nicht herausziehen konnte.

Die Türe zum Arbeitszimmer seines Vaters stand weit offen, und einer von Gareths Dienern kam hereingeeilt und sah ängstlich auf ihn herab.

„Mein König.“, sagte der Diener, „Ich habe ein lautes Krachen gehört. Seid Ihr unverletzt? Mylord! Ihr blutet ja!”

Gareth sah voller Hass zu dem Jungen auf. Er versuchte auf die Füße zu kommen um nach ihm zu schlagen, doch er rutschte auf irgendetwas aus und fiel zu Boden. Er war immer noch desorientiert vom letzten Zug an seiner Opiumpfeife.

„Mein König, ich werde Euch helfen!“

Der Junge griff nach Gareths Arm, der viel zu dünn war, kaum mehr als Haut und Knochen. Doch Gareth hatte immer noch Kraft, und als der Junge seinen Arm berührte, stieß er ihn weg, und schickte ihn stolpernd auf die gegenüberliegende Seite der Kammer.

„Wage es, mich noch einmal anzufassen, und ich werde dir die Hände abhacken!“ zischte Gareth. Der Junge zog sich ängstlich zurück, und während er das tat, betrat ein weiterer Diener den Raum, begleitet von einem älteren Mann, den Gareth vage kannte. Irgendwoher kannte er ihn – doch er konnte ihn nicht zuordnen.

„Mein König“, hörte er eine alte, harsche Stimme sagen. „Wir haben auf Euch den halben Tag lang in der Ratskammer gewartet. Die Ratsmitglieder können nicht länger warten. Es gibt dringende Neuigkeiten, die sie mit euch teilen müssen, bevor der Tag vorüber ist. Kommt Ihr?“

Gareth kniff die Augen zusammen, versuchte zu erkennen, wer er war. Er erinnerte sich schwach daran, dass er seinem Vater gedient hatte. Die Ratskammer… Die Sitzung… Alles schwirrte in seinem Kopf.

„Wer bist du?“, fragte Gareth.

„Mein König, ich bin Aberthol. Der vertraute Berater Eures Vaters.“, sagte er und kam näher.

Langsam erinnerte er sich. Aberthol. Der Rat. Die Sitzung. Gareths Gedanken drehten sich, sein Kopf schmerzte. Er wollte am liebsten alleine sein.

„Verlasst mich!“, fauchte er. „Ich werde kommen.“

Aberthol nickte, verließ zusammen mit dem Diener eilig die Kammer und schloss die Türe hinter sich.

Gareth kniete da, hielt den Kopf in seine Hände gestützt und versuchte zu denken, sich zu erinnern. Es war alles so viel. Stück für Stück kamen seine Erinnerungen zurück. Der Schild war zusammengebrochen; das Empire griff an; die Hälfte seines Hofes hatte ihn verlassen; seine Schwester hatte sie weggeführt; nach Silesia… Gwendolyn… Das war es. Das war es, woran er sich versucht hatte zu erinnern.

Gwendolyn. Er hasste sie mit einer Leidenschaft, die er nicht in Worte fassen konnte. Er wollte sie töten. Jetzt noch mehr als zuvor. Er musste sie töten. Alle seine Probleme kamen von ihr. Er würde einen Weg finden, sie zurückzubringen, selbst wenn er beim dem Versuch sterben sollte. Und danach würde er seine anderen Geschwister umbringen.

Bei diesem Gedanken begann Gareth, sich besser zu fühlen.

Mit größter Anstrengung gelang es ihm aufzustehen und quer durch die Kammer zu stolpern, wobei er einen Beistelltisch umwarf. Als er sich der Türe näherte, entdeckte er die Alabaster-Büste seines Vaters, eine Skulptur, die sein Vater sehr gemocht hatte. Er griff sie beim Kopf und schmetterte sie gegen die Wand. Sie zerbrach in tausend Scherben und zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Gareth. Vielleicht würde es doch kein allzu schlechter Tag werden.

*

Gareth riss die riesigen Eichenholztüren auf und stolzierte flankiert von mehreren Dienern in die Ratskammer, was jeden der Anwesenden sofort aufspringen ließ. Alle nahmen Haltung an.

Während das Gareth normalerweise ein gewisses Gefühl der Zufriedenheit hab, war ihm das an diesem Tag mehr als egal. Er wurde vom Geist seines Vaters geplagt und war voller Zorn darüber, dass seine Schwester gegangen war. Seine Gefühle wirbelten in seinem Kopf und er wollte es an der ganzen Welt auslassen.

Gareth strauchelte in seinem Opiumrausch durch die riesige Kammer, und kam an den dutzenden von Ratsmitgliedern vorbei als er auf seinen Thron zu stolperte. Sein Hofstaat war gewachsen und heute war und heute surrte er förmlich vor hektischer Energie, da mehr und mehr Menschen aufgrund der Nachricht vom Aufbruch des halben Hofes und dem zusammengebrochenen Schild herbei strömten. Es war als ob wer auch immer noch in King’s Court verblieben war herbei strömte, um Antworten zu finden.

Und natürlich hatte Gareth keine.

Als Gareth die Elfenbeinstufen zum Thron seines Vaters hinaufstieg sah er, wie Lord Kultin, der Anführer seiner privaten Söldnertruppe, der einzige Mann, dem er an seinem Hof noch vertrauen konnte, geduldig dahinter stand und auf ihn wartete. Neben ihm standen dutzende seiner Krieger. Sie standen alle stumm mit der Hand auf dem Schwertknauf da, bereit bis zum Tode für Gareth zu kämpfen. Das war die einzige Sache, die Gareth noch Trost bereitete.

Gareth nahm auf seinem Thron platz und betrachtete den Raum. Da waren so viele Gesichter. Einige erkannte er, die meisten jedoch nicht. Er vertraute keinem von ihnen. Jeden Tag eliminierte er mehr von ihnen aus seinem Hofstaat; er hatte schon so viele in die Kerker werfen lassen und noch mehr vor den Henker. Nicht ein Tag verging, an dem er nicht zumindest eine Handvoll Männer töten ließ. Er war überzeugt davon, dass das eine gute Strategie war: es hielt die Männer auf Trab und verhinderte, dass sich ein Coup formieren konnte.

Stille legte sich über den Raum und die Männer sahen ihn erwartungsvoll an. Sie alle sahen viel zu verängstigt aus, um zu sprechen. Was genau das war, was er wollte. Nichts bereitete ihm mehr Freude als seinen Untergebenen Angst einzuflößen.

Schließlich trat Aberthol vor und räusperte sich. Das Klappern seines Stabes hallte vom Stein wider.

„Mein König.“, begann er mit seiner alten Stimme. „Wir stehen einer Zeit großer Verwirrung in King’s Court gegenüber. Ich weiß nicht, ob die Nachricht Euch bereits erreicht hat: der Schild ist zusammengebrochen; Gwendolyn hat King’s Court verlassen und Kolk, Brom, Kendrick, Atme, die Silver, die Legion und die Hälfte Eurer Armee mitgenommen, zusammen mit der Hälfte Eures Hofes. Die die hier verblieben sind, sehen zu Euch auf in der Hoffnung auf Führung, und wollen wissen, was Euer nächster Schritt sein wird. Eure Leute brauchen Antworten, Mein König.“

„Vielmehr noch“, sagte ein anderes Ratsmitglied den Gareth vage erkannte, „hat uns die Nachricht erreicht, dass der Canyon bereits überwunden worden ist. Es geht das Gerücht um, dass Andronicus mit einer Armee von einer Million Mann in die McCloud’sche Seite des Rings einmarschiert ist.“

Empörtes Keuchen war überall im Raum zu hören; dutzende von tapferen Kriegern flüsterten untereinander, überwältigt von Angst, und der Zustand der Panik griff wie ein Lauffeuer um sich.

„Das kann nicht wahr sein!“, rief einer der Krieger.

„Doch, das ist es!“, beharrte das Ratsmitglied.

„Dann besteht keine Hoffnung mehr.“, rief ein anderer Krieger. „Wenn die McClouds überrannt worden sind, dann wird sich das Empire King’s Court als nächstes vornehmen. Und wir haben nichts, womit wir sie aufhalten könnten.“

„Wir müssen die Bedingungen unserer Kapitulation diskutieren, mein König!“, drängte Aberthol Gareth.

„Kapitulation?!“, schrie ein anderer. „Wir werden niemals kapitulieren!“

„Wenn wir das nicht tun“, schrie ein anderer Krieger zurück, „dann werden sie uns zerquetschen. Wie sollen wir gegen eine Million Mann bestehen?“

Aufgebrachtes Gemurmel brach aus, als die Krieger und Ratsmitglieder miteinander ohne jegliche Form und Ordnung stritten.

Der Sprecher des Rates schlug mehrmals mit seinem eisernen Stab auf den Boden und schrie:

„RUHE!“

Langsam beruhigte sich der Raum wieder. Alle Männer wandten sich ihm zu.

„Dies ist die Entscheidung des Königs und nicht unsere.“, sagte einer der Ratsmitglieder. „Gareth ist der rechtmäßige König und es steht uns nicht zu, die Bedingungen der Kapitulation zu diskutieren – oder ob wir überhaupt kapitulieren sollten.“

Sie wandten sich Gareth zu.

„Mein König.“, wiederholte Aberthol und klang erschöpft. „Was schlagt Ihr vor? Wie sollen wir mit der Armee des Empire umgehen?“

Es wurde totenstill im Raum.

Gareth saß da, starrte auf die Männer herab und wollte antworten. Doch es fiel ihm immer schwerer einen klaren Gedanken zu fassen. Er hörte immer wieder die Stimme seines Vaters, die ihn anschrie, als ob er ein Kind wäre. Es machte ihn wahnsinnig, und er konnte die Stimme nicht loswerden.

Gareth kratzte über die hölzerne Armlehne seines Thrones, wieder und wieder. Der Klang seiner Fingernägel, die über das Holz kratzten, war das einzige Geräusch im Raum.

Die Ratsmitglieder tauschten besorgte Blicke aus.

„Mein König.“, schlug ein anderes Ratsmitglied vor. „Wenn Ihr Euch entscheiden solltet, nicht zu kapitulieren, müssen wir sofort damit anfangen, die Mauern von King’s Court zu verstärken. Wir müssen alle Zugänge, alle Straßen und alle Tore sichern. Wir müssen alle Krieger einberufen, die Verteidigung vorbereiten. Wir müssen uns auf eine Belagerung einstellen, Essen rationieren und unsere Bürger beschützen. Es gibt viel zu tun. Bitte, mein König! Gebt uns Euren Befehl. Sagt uns, was zu tun ist.“

Erneut breitete sich Stille im Raum aus, während alle Augen auf Gareth gerichtet waren.

Endlich hob Gareth sein Kinn und stierte geradeaus.

„Wir werden nicht gegen das Empire kämpfen“, erklärte er, „noch werden wir aufgeben.“

Alle im Raum versammelten Männer sahen sich verwirrt an.

„Dann sagt uns, was wir tun sollen, Mein König!“, bat Aberthol.

Gareth räusperte sich.

„Wir werden Gwendolyn töten!“, verkündete er. „Das ist alles, was im Augenblick wichtig ist.“

Eine betretene Stille folgte.

„Gwendolyn?“, rief ein Ratsmitglied überrascht aus und erneut erhob sich Gemurmel im Raum.

„Wir werden ihr alle unsere Truppen hinterherschicke, um sie und die, die mit ihr gegangen sind abzuschlachten, bevor sie Silesia erreichen.“, verkündete Gareth.

„Aber Mein König!“ rief ein anderes Ratsmitglied. „Wie soll uns das helfen? Wenn wir ausziehen, um sie anzugreifen, werden unsere Truppen ungeschützt sein! Sie würden vom Empire umzingelt und niedergemetzelt werden.“

„Es würde außerdem King’s Court der Gefahr eines Angriffs aussetzen.“, rief ein andere. : Wenn wir nicht kapitulieren, dann müssen wir King’s Court sofort verstärken!“

399 ₽
Возрастное ограничение:
16+
Дата выхода на Литрес:
10 октября 2019
Объем:
302 стр. 4 иллюстрации
ISBN:
9781939416988
Правообладатель:
Lukeman Literary Management Ltd
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают