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KAPITEL SIEBEN

Gareth eilte durch Königshof, in seine feinsten königlichen Gewänder gekleidet, schob sich durch die Massen, die aus allen Richtungen zur Hochzeit seiner Schwester hereinströmten, und schäumte vor Wut. Er hatte sich noch immer nicht von der Begegnung mit seinem Vater erholt. Wie war es möglich, dass er übergangen wurde? Dass sein Vater nicht ihn als König wählen würde? Es ergab keinen Sinn. Er war der erstgeborene legitime Sohn. So war es bisher immer gelaufen. Schon immer, seit seiner Geburt, war er davon ausgegangen, dass er einmal regieren würde—es hatte keinen Grund gegeben, etwas anderes zu denken.

Es war unvorstellbar. Ihn zu übergehen für eines der jüngeren Geschwister—noch dazu ein Mädchen. Sobald sich das herumsprach, würde er zum Gespött des ganzen Königreichs werden. Während er so ging, fühlte er sich, als wäre ihm alle Luft aus den Lungen gepumpt worden und er wüsste nicht, wie er zu Atem kommen sollte.

Er stolperte mit der Masse mit der Hochzeitszeremonie seiner älteren Schwester entgegen. Er sah sich um, sah die Vielzahl an bunten Roben, den endlosen Strom an Menschen, all die verschiedenen Leuten aus all den verschiedenen Provinzen. Er hasste es, dem gemeinen Volk so nahe zu sein. Dies war der einzige Anlass, an dem die Armen sich unter die Reichen mischen konnten, die einzige Zeit, in der diese Wüstlinge aus dem Östlichen Königreich, von der anderen Seite der Hochlande, ebenfalls hereingelassen wurden. Gareth konnte immer noch kaum begreifen, dass seine Schwester an einen von denen verheiratet werden sollte. Es war ein verworrener politischer Zug seines Vaters, ein armseliger Versuch, zwischen den Königreichen Frieden zu stiften.

Noch seltsamer war, dass seine Schwester diese Kreatur doch tatsächlich mochte. Gareth konnte sich kaum vorstellen, warum. Wie er sie kannte, war es nicht der Mann, der ihr gefiel, sondern der Titel; die Gelegenheit, Königin ihrer eigenen Provinz zu werden. Sie würde bekommen, was sie verdiente: sie waren doch allesamt Wüstlinge, die auf der anderen Seite der Hochlande. Gareths Meinung nach fehlte ihnen seine Kultiviertheit, seine Raffinesse, sein Niveau. Es war nicht sein Problem. Wenn seine Schwester glücklich damit war, soll sie doch wegverheiratet werden. Es hieß höchstens, dass es ein Geschwisterchen weniger gab, das ihm auf seinem Weg zum Thron im Wege stand. Je weiter sie jedenfalls weg war, umso besser.

Nichts davon betraf ihn mehr. Nach dem, was heute passiert war, würde er nie König sein. Er war herabgesetzt worden zu nicht mehr als einem weiteren namenlosen Prinzen im Königreich seines Vaters. Jetzt gab es für ihn keinen Pfad an die Macht mehr; jetzt war er zu einem Leben in Mittelmäßigkeit verdammt.

Sein Vater unterschätzte ihn—das hatte er schon immer. Sein Vater sah sich selbst als politisch gerissen, doch Gareth war wesentlich gerissener, und war es schon immer gewesen. Die von ihm gestiftete Vermählung zwischen Luanda und einem McCloud beispielsweise betrachtete sein Vater als politische Meisterleistung. Doch Gareth war wesentlich weitsichtiger als sein Vater, konnte die weiteren Folgen besser abschätzen, und blickte jetzt bereits einen Schritt weiter. Er wusste, wohin dies führen würde. Am Ende würde diese Vermählung die McClouds nicht beschwichtigen, sondern erdreisten. Sie waren Raufbolde, und sie würden diese Geste des Friedens nicht als Anzeichen von Stärke, sondern von Schwäche betrachten. Das Band zwischen den Familien würde ihnen nichts bedeuten, und sobald seine Schwester fort war, war sich Gareth sicher, dass sie einen Angriff planen würden. All das hier war ein Täuschungsmanöver. Er hatte versucht, es seinem Vater zu erklären, doch dieser wollte nicht hören.

Nichts davon ging ihn mehr etwas an. Immerhin war er nun nichts als ein weiterer Prinz, ein weiteres Rädchen im Königreich. Gareth brannte innerlich bei dem Gedanken daran, und er hasste seinen Vater in diesem Moment mit einer Kraft, die er nie für möglich gehalten hatte. Als er sich vorwärts zwängte, Schulter an Schulter mit den Massen, erdachte er sich Wege, wie er Rache üben könnte; Wege, auf denen er doch noch zu seinem Königtum kommen könnte. Er konnte nicht einfach nur ruhig danebensitzen, soviel war sicher. Er konnte die Herrschaft nicht an seine jüngere Schwester gehen lassen.

„Da bist du“, ertönte eine Stimme.

Es war Firth, der sich neben ihn gesellte, mit einem fröhlichen Lächeln auf den Lippen, das seine perfekten Zähne zur Schau stellte. Firth, 18 Jahre alt, groß und schlank, mit einer hohen Stimme, glatter Haut und roten Wangen, war sein derzeitiger Geliebter. Gareth freute sich üblicherweise, ihn zu sehen, war aber gerade nicht in der Stimmung für ihn.

„Ich glaube, du bist mir den ganzen Tag aus dem Weg gegangen“, setzte Firth nach und legte einen Arm um ihn, als sie weitergingen.

Gareth schüttelte seinen Arm sofort ab und sah sich um, ob auch niemand es gesehen hatte.

„Bist du bescheuert?“, schimpfte Gareth. „Leg nie wieder in der Öffentlichkeit deinen Arm um mich. Nie wieder.“

Firth blickte errötend zu Boden. „Tut mir leid“, sagte er. „Ich habe nicht nachgedacht.“

„Ganz richtig, das hast du nicht. Mach das nochmal, und ich werde dich nie wieder treffen“, rügte Gareth.

Firth errötete noch mehr und sah richtig schuldbewusst drein. „Es tut mir leid“, sagte er.

Gareth sah sich noch einmal um, fühlte sich sicher, dass niemand es gesehen hatte, und fühlte sich etwas besser.

„Was gibt es Neues aus der Gerüchteküche des Volkes?“, fragte Gareth, der das Thema wechseln und seine dunklen Gedanken abschütteln wollte.

Das heiterte Firth sofort wieder auf, und sein Lächeln kam zurück.

„Alle sind voller Vorfreude. Alle warten gespannt auf die Verkündung, dass du zum Nachfolger ernannt worden bist.“

Gareths Gesicht verzog sich. Firth beobachtete ihn.

„Bist du das nicht?“, fragte Firth skeptisch.

Gareth lief im Gehen rot an und mied Firths Blick.

„Nein.“

Firth sog die Luft ein.

„Er hat mich übergangen. Kannst du dir das vorstellen? Für meine Schwester. Meine jüngere Schwester.“

Jetzt verzog Firth das Gesicht. Er sah verdutzt aus.

„Das ist unmöglich“, sagte er. „Du bist der Erstgeborene. Sie ist eine Frau. Es ist nicht möglich“, wiederholte er.

Gareth sah ihn eiskalt an. „Ich lüge nicht.“

Die beiden gingen eine Weile schweigend nebeneinander her, und als die Menge dichter wurde, blickte Gareth sich um und bemerkte langsam, wo er war und was um ihn herum alles vor sich ging. Königshof war absolut vollgepackt—es mussten tausende Leute sein, die hereingeschwärmt waren, von allen nur möglichen Toren. Sie alle schoben sich in Richtung der aufwändig verzierten Hochzeitsbühne, um die herum zumindest tausend der hübschesten Stühle aufgestellt waren, mit dicken, mit rotem Samt bespannten Kissen und goldenen Rahmen. Ein Heer von Dienern schritt die Sitzreihen auf und ab, wies Leute an ihre Plätze, oder trug Getränke.

Zu beiden Seiten des unendlich langen, mit Blumen bestreuten Hochzeitsganges saßen die beiden Familien—die MacGils und die McClouds—getrennt durch eine deutlich gekennzeichneten Linie. Hunderte von ihnen saßen auf jeder Seite, alle in feinste Gewänder gekleidet, die MacGils im tiefen Purpur ihres Clans, und die McClouds in ihrem gebrannten Orange. In Gareths Augen konnten die beiden Clans nicht unterschiedlicher aussehen: wenn sie auch fein gekleidet waren, hatte er das Gefühl, dass die McClouds sich nur verkleidet hatten, etwas vorgaben. Unter ihren Gewändern waren sie ungehobelte Raufbolde—das sah er an ihrem Gesichtsausdruck, in ihrer Art, sich zu bewegen, sich gegenseitig zu schubsen, zu laut zu lachen. Etwas lag unter ihrer Oberfläche, das sich von königlicher Kleidung nicht verbergen ließ. Es gefiel ihm nicht, sie innerhalb der Mauern zu haben. Ihm gefiel diese gesamte Hochzeit nicht. Es war eine weitere dumme Entscheidung seines Vaters.

Wenn Gareth König wäre, hätte er einen anderen Plan ausgeführt: auch er hätte diese Hochzeit veranstaltet. Doch dann hätte er bis spät in der Nacht gewartet, bis die McClouds reichlich getrunken hatten, hätte die Türen zum Saal verriegelt und sie allesamt in einem großen Feuer verbrannt, allesamt mit einem sauberen Streich getötet.

„Ungehobelte Klötze“, sagte Firth, als er die andere Seite des Hochzeitsflurs betrachtete. „Ich kann mir kaum vorstellen, warum dein Vater sie hereingelassen hat.“

„Es dürfte zumindest für interessante Spiele später sorgen“, sagte Gareth. „Er lädt unseren Feind hinter unsere Mauern ein und veranlasst dann Wettbewerbe zum Hochzeitstag. Sind da nicht Gefechte vorprogrammiert?“

„Meinst du wirklich?“, fragte Firth. „Kämpfe? Hier? Bei all diesen Soldaten? An ihrem Hochzeitstag?“

Gareth zuckte die Schultern. Er traute den McClouds alles zu.

„Die Ehre eines Hochzeitstages bedeutet ihnen gar nichts.“

„Aber wir haben hier tausende von Soldaten.“

„Sie aber auch.“

Gareth blickte sich um und sah eine lange Reihe an Soldaten—MacGils sowohl als McClouds—an beiden Seiten der Festungsmauern entlang aufgereiht. Sie hätten nicht so viele Soldaten mitgebracht, soviel wusste er, wenn sie nicht auf ein Gefecht vorbereitet waren. Trotz des Anlasses, trotz der feinen Gewänder, trotz der Üppigkeit der Szenerie, der endlosen Speisenbankette, der Sommersonnenwende an ihrem Höhepunkt, der Blumen—trotz alledem hing immer noch eine heftige Anspannung in der Luft. Alle waren aufgekratzt—Gareth konnte es daran erkennen, wie sie ihre Schultern hochzogen, ihre Ellenbogen hielten. Keiner traute dem anderen.

Vielleicht würde er Glück haben, dachte Gareth, und einer von ihnen würde seinem Vater ein Messer ins Herz rammen. Dann könnte er vielleicht doch noch König werden.

„Ich nehme wohl an, dass wir nicht beisammen sitzen können“, sagte Firth mit enttäuschter Stimme, als sie den Sitzen näher kamen.

Gareth warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Wie bescheuert bist du wirklich?“, zischte er, mit Gift in seiner Stimme.

Er fing langsam ernsthaft an, sich zu fragen, ob es eine gute Idee war, diesen Stalljungen zum Liebhaber zu nehmen. Wenn er ihm seine gefühlsduseligen Anwandlungen nicht bald austreiben konnte, würde er sie beide noch bloßstellen.

Firth blickte beschämt zu Boden.

„Ich sehe dich dann später, in den Ställen. Und jetzt fort mit dir“, sagte er und gab ihm einen kleinen Schubs. Firth verschwand in der Menge.

Plötzlich fühlte Gareth, wie ihn eisige Finger am Arm packten. Einen Moment lang blieb ihm das Herz stehen, als er sich fragte, ob er entdeckt worden war; doch dann spürte er, wie sich die langen Nägel, die dünnen Finger, in seine Haut gruben, und er erkannte sofort den Griff seiner Ehefrau. Helena.

„Du wirst mich an diesem Tag nicht blamieren“, zischte sie mit hasserfüllter Stimme.

Er drehte sich zu ihr um und betrachtete sie: sie sah wunderschön aus, fein herausgeputzt in einem langen weißen Kleid aus Satin, ihr Haar mit Nadeln hochgesteckt, mit ihrer feinsten Diamantenkette um den Hals und ihrem Gesicht von Schminke geziert. Gareth konnte objektiv feststellen, dass sie schön war, so schön wie an dem Tag, als er geheiratet hatte. Doch er fühlte sich nach wie vor nicht zu ihr hingezogen. Es war ein weiterer Einfall seines Vaters gewesen—zu versuchen, ihn aus seiner Veranlagung herauszuverheiraten. Doch die einzige Auswirkung war, dass ihm eine dauerhaft verbitterte Gefährtin zur Seite gestellt wurde—und am Hof noch mehr Spekulationen über seine wahren Neigungen aufgewirbelt wurden.

„Es ist der Hochzeitstag deiner Schwester“, mahnte sie. „Du könntest dich zur Abwechslung einmal so benehmen, als wären wir ein Paar.“

Sie hakte sich bei ihm unter und gemeinsam gingen sie zu einem Bereich hinüber, der durch ein Seil aus Samt abgegrenzt war. Zwei königliche Wachen ließen sie hindurch und sie mischten sich unter die anderen königlichen Gäste am unteren Ende des Ganges.

Eine Trompete erklang und langsam verstummte die Menge. Die sanfte Musik eines Cembalos ertönte, und während es spielte, wurden noch mehr Blumen am Gang entlang gestreut und die königliche Prozession marschierte hinunter, die Paare darunter mit ineinander verschränkten Armen. Gareth wurde von Helena angestupst und so begann er, mit ihr den Gang entlang zu schreiten.

Gareth fühlte sich so beobachtet, so unbeholfen wie noch nie; er wusste kaum, wie er seine Zuneigung echt wirken lassen sollte. Er fühlte, wie hunderte Augenpaare auf ihn gerichtet waren, und wurde das Gefühl nicht los, dass sie ihn alle bewerteten, obwohl er wusste, dass dem nicht so war. Der Gang hätte ihm nicht kurz genug sein können; er konnte es nicht erwarten, das Ende zu erreichen, in der Nähe seiner Schwester am Altar zu stehen und all das hier hinter sich zu bringen. Er konnte auch nicht aufhören, an das Treffen mit seinem Vater zu denken: er fragte sich, ob all diese Schaulustigen die Neuigkeiten bereits gehört hatten.

„Ich habe heute schlechte Nachrichten erhalten“, flüsterte er Helena zu, als sie endlich am Ende angekommen waren und die Augen nicht mehr auf ihm lasteten.

„Meinst du etwa, das weiß ich nicht bereits?“, zischte sie ihn an.

Er blickte sie überrascht an.

Sie blickte verächtlich zurück. „Ich habe meine Spione“, meinte sie.

Er kniff die Augen zusammen. Er wollte ihr wehtun. Wie konnte sie so gelassen sein?

„Wenn ich nicht König werde, wirst du auch nie Königin sein“, sagte er.

„Ich habe nie damit gerechnet, Königin zu sein“, erwiderte sie.

Das überraschte ihn noch mehr.

„Ich habe nie damit gerechnet, dass er dich ernennen würde“, setzte sie hinzu. „Warum sollte er das? Du bist kein Anführer. Du bist ein Liebhaber. Nur nicht mein Liebhaber.“

Gareth fühlte, wie er errötete.

„Und du nicht meine“, sagte er zu ihr.

Nun war es an ihr, zu erröten. Sie war nicht die Einzige, die insgeheim einen Liebhaber hatte. Gareth hatte seine eigenen Spione, die ihm von ihren Abenteuern berichteten. Er hatte sie bisher damit davonkommen lassen—solange sie diskret war und ihm seine Ruhe ließ.

„Es ist nicht so, als würdest du mir eine Wahl lassen“, antwortete sie. „Erwartest du etwa, dass ich den Rest meines Lebens in Enthaltsamkeit verbringe?“

„Du wusstest, wer ich war“, antwortete er. „Und doch hast du mich willentlich geheiratet. Du hast dich für Macht entschieden, nicht für Liebe. Tu nicht so überrascht.“

„Unsere Vermählung war arrangiert“, sagte sie. „Ich habe mich für gar nichts entschieden.“

„Aber protestiert hast du auch nicht“, antwortete er.

Gareth hatte nicht die Kraft, sich heute weiter mit ihr zu streiten. Sie war ein nützliches Hilfsmittel, eine Marionetten-Ehefrau. Er konnte sie tolerieren, und sie konnte gelegentlich nützlich sein—solange sie ihm nicht zu sehr auf die Nerven ging.

Gareth sah mit überragendem Zynismus zu, wie sich alle umdrehten, um zuzusehen, wie seine älteste Schwester vom Vater den Gang hinab geleitet wurde, diesem Untier. Diese Dreistigkeit—er hatte sogar den Nerv, Traurigkeit vorzutäuschen, sich eine Träne aus dem Augenwinkel zu wischen, während er sie geleitete. Ein Schauspieler bis zum bitteren Ende. Doch in Gareths Augen war er nur ein stümperhafter Narr. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein Vater echte Traurigkeit darüber empfand, seine Tochter wegzuverheiraten, wo er sie doch immerhin den Wölfen des Königreichs McCloud vorwarf. Gareth empfand gleichermaßen Abneigung gegenüber Luanda, die das Ganze zu genießen schien. Es schien ihr kaum etwas auszumachen, dass sie an ein geringeres Volk verheiratet wurde. Auch sie strebte nach Macht. Kaltblütig. Berechnend. In dieser Hinsicht war sie ihm von allen Geschwistern am ähnlichsten. Auf manche Weise verstanden sie einander, wenn sie auch nie viel Wärme füreinander übrig hatten.

Gareth rutschte unruhig herum, wartete ungeduldig darauf, dass alles vorbei war.

Er erduldete die Zeremonie, im Rahmen derer Argon den Vorsitz über die Segnungen übernahm, die Sprüche aufsagte, die Riten durchführte. Es war alles eine Farce, und ihm wurde beim Zusehen schlecht. Es war nichts weiter als die Vereinigung von zwei Familien aus politischen Gründen. Warum konnten sie die Sache nicht beim Namen nennen?

Schon bald war es aber dem Himmel sei Dank vorüber. Die Menge erhob sich mit großem Jubel, als die beiden sich küssten. Ein großes Horn wurde geblasen, und die ordentliche Struktur der Hochzeit löste sich in kontrolliertes Chaos auf. Die königliche Familie begab sich gesammelt den Gang hinunter zum Empfangsbereich.

Sogar Gareth in all seinem Zynismus war vom Schauplatz beeindruckt: sein Vater hatte diesmal keine Kosten gescheut. Vor ihnen erstreckten sich alle Arten von Tafeln, Banketten, Weinfässern, eine unendliche Reihe am Spieß bratender Ferkel und Schafe und Lämmer.

Hinter ihnen liefen bereits die Vorbereitungen für die Hauptveranstaltung: die Spiele. Zielscheiben wurden für das Steinschleudern, Speerwerfen, Bogenschießen aufgestellt —und im Mittelpunkt all dessen, die Bahn für das Turnierreiten. Jetzt schon drängten sich die Massen um sie herum.

Die Menge machte bereits Platz für die Ritter auf beiden Seiten. Für die MacGils trat als Erstes natürlich Kendrick an, hoch auf seinem Pferd und in Rüstung gehüllt, gefolgt von einem Dutzend der Silbernen. Aber erst als Erec eintraf, der sich auf seinem Ross ein Stück hinter den anderen hielt, verstummte die Menge ehrfürchtig. Er zog Aufmerksamkeit wie magnetisch an: sogar Helena streckte sich ihm entgegen, und Gareth bemerkte ihr Begehren für ihn, genau wie all die anderen Frauen.

„Er ist fast alt genug für die Kür und immer noch nicht verheiratet. Jede Frau im ganzen Königreich würde ihn heiraten. Warum hat er noch keine von uns auserkoren?“

„Und was kümmert es dich?“, fragte Gareth, der trotz allem Eifersucht verspürte. Er würde auch gerne da oben sein, in Rüstung, auf einem Pferd, im Namen seines Vaters reiten. Aber er war kein Krieger. Und jeder wusste das.

Helena ignorierte ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Du bist kein Mann“, sagte sie abfällig. „Du verstehst nichts von diesen Dingen.“

Gareth errötete. Er wollte ihr das heimzahlen, doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Stattdessen begleitete er sie, als sie in der Tribüne bei den anderen Platz nahm, um den Festivitäten des Tages zuzusehen. Dieser Tag wurde immer schlimmer, und Gareth fühlte jetzt schon einen Knoten in seinem Magen. Es würde ein sehr langer Tag werden, ein Tag voll endloser Ritterlichkeit, Pomp und Heuchelei. Voll mit Männern, die einander verwundeten oder töteten. Ein Tag, von dem er völlig ausgeschlossen war. Ein Tag, der für alles stand, was ihm verhasst war.

Währenddessen saß er da und grübelte düster vor sich hin. Er wünschte sich insgeheim, dass die Festivitäten in eine ausgewachsene Schlacht ausarten würden, dass es großflächiges Blutvergießen vor ihm geben würde, dass alles, was an diesem Ort gut war, zerstört und in Stücke gerissen würde.

Eines Tages würde es nach seinem Willen gehen. Eines Tages würde er König sein.

Eines Tages.

KAPITEL ACHT

Thor gab sich große Mühe, mit Erecs Knappen mitzuhalten, und beeilte sich, ihm nachzukommen, als dieser sich seinen Weg durch die Massen bahnte. Seit der Arena war alles so schnell gegangen, dass er kaum verarbeiten konnte, was um ihn herum alles passierte. Er zitterte nach wie vor innerlich, konnte immer noch kaum glauben, dass er in die Legion aufgenommen und zum Zweiten Knappen von Erec ernannt worden war.

„Ich sagte dir doch, Junge—mithalten!“, fuhr ihn Feithgold an.

Thor mochte es nicht, „Junge“ genannt zu werden, schon gar nicht von einem Knappen, der nur wenige Jahre älter war. Feithgold verschwand immer wieder in der Menge, fast so, als würde er es darauf anlegen, Thor abzuhängen.

„Ist hier immer so viel los?“, rief Thor ihm zu und bemühte sich, Schritt zu halten.

„Natürlich nicht!“, schrie Feithgold zurück. „Heute ist nicht nur Sommersonnenwende, der längste Tag des Jahres, sondern auch der Tag, den der König für die Hochzeit seiner Tochter gewählt hat—und der einzige Tag in der Geschichte, an dem wir den McClouds unsere Tore geöffnet haben. Hier war noch nie so viel los wie heute. Solche Massen sind noch nie dagewesen. Damit habe ich nicht gerechnet! Ich fürchte, wir kommen zu spät!“, sagte er gehetzt, als er durch die Menge eilte.

„Wohin gehen wir?“, fragte Thor.

„Wir sind unterwegs, das zu tun, was jeder gute Knappe tut: unserem Ritter beim Vorbereiten helfen!“

„Vorbereiten wofür?“, hakte Thor nach, beinahe außer Atem. Es wurde mit jeder Minute heißer, und er wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Dem königlichen Turnierreiten!“

Endlich erreichten sie den Rand der Menge und hielten vor einer königlichen Wache an, die Feithgold erkannte und den anderen zuwinkte, sie passieren zu lassen.

Sie schlüpften unter einem Tau hindurch und kamen zu einem Platz, der frei von den Menschenmassen war. Thor konnte es kaum glauben: da, in nächster Nähe, lagen die Turnierbahnen. Hinter den Tauen standen Meuten an Zuschauern, und entlang der Lehmbahnen standen riesige Streitrösser—die größten, die Thor je gesehen hatte—auf denen Ritter in allen möglichen Rüstungen saßen. Unter die Silbernen gemischt waren Ritter von überall in den zwei Königreichen, aus jeder Provinz, manche in schwarzer Rüstung, andere in Weiß, mit Helmen und Waffen aller Arten und Formen. Es wirkte, als hätte sich die ganze Welt um diese Turnierbahnen versammelt.

Es waren bereits einige Bewerbe im Gange. Ritter aus Orten, die Thor nicht wiedererkannte, stürmen aufeinander zu, Lanzen und Schilde krachten aufeinander, immer gefolgt von einem kurzen Jubelschrei aus der Menge. Aus der Nähe konnte Thor die Kraft und Schnelligkeit der Pferde kaum fassen, oder den Klang, den die Waffen erzeugten. Es war eine tödliche Kunst.

„Es wirkt kaum wie ein Sport!“, sagte Thor zu Feithgold, als er ihm um den äußeren Rand der Bahnen herum folgte.

„Das liegt daran, dass es keiner ist“, schrie Feithgold zurück, das Geräusch eines Zusammenpralls übertönend. „Es ist eine ernsthafte Angelegenheit, die als Spiel verkleidet ist. Leute sterben hier, jeden Tag. Der Kampf ist echt. Wer ohne Kratzer davonkommt, hat Glück. Von ihnen gibt es nicht viele, und das nicht oft.“

Thor blickte auf, als zwei Ritter aufeinander zuritten und bei voller Geschwindigkeit aufeinander prallten. Es gab ein furchtbares Krachen von Metall auf Metall, dann flog einer von ihnen vom Pferd und landete auf dem Rücken, nur wenige Fuß vor Thor.

Die Menge hielt die Luft an. Der Ritter regte sich nicht und Thor sah, dass ein längliches Stück Holz in seinen Rippen steckte und seine Rüstung durchbohrt hatte. Er schrie vor Schmerzen, und Blut floss aus seinem Mund. Mehrere Knappen rannten, um sich seiner anzunehmen, und schleppten ihn vom Spielfeld. Der Gewinner zog feierlich im Kreis und hob seine Lanze zum Jubel der Menge.

Thor war fasziniert. Er hatte sich den Sport nicht so tödlich vorgestellt.

„Was diese Jungen gerade getan haben—das ist jetzt deine Aufgabe“, sagte Feithgold. „Du bist jetzt ein Knappe. Genauer gesagt, Zweiter Knappe.“

Er blieb stehen und trat ganz nahe an Thor heran—so nahe, dass Thor seinen schlechten Atem riechen konnte.

„Und vergiss das ja nicht. Ich unterstehe Erec. Und du unterstehst mir. Deine Aufgabe ist es, mir zu assistieren. Hast du das verstanden?“

Thor nickte zurück, immer noch bemüht, alles aufzunehmen. Er hatte sich das alles im Kopf anders vorgestellt und wusste noch immer nicht genau, was ihn alles erwartete. Er konnte spüren, wie bedroht sich Feithgold durch seine Anwesenheit fühlte, und er hatte das Gefühl, als hätte er sich einen weiteren Feind geschaffen.

„Es ist nicht meine Absicht, dich dabei zu stören, Erecs Knappe zu sein“, sagte Thor.

Feithgold stieß ein kurzes, verächtliches Lachen aus.

„Du könntest mich nicht stören, wenn du es wolltest, Junge. Komm mir einfach nicht in die Quere und tu, was ich dir sage.“

Mit diesen Worten kehrte Feithgold um und eilte eine Reihe von verworrenen Wegen hinter den Absperrungen entlang. Thor folgte, so gut er konnte, und stand bald in einem Labyrinth von Ställen. Er folgte einem langen Korridor, überall um ihn herum stampfende Streitrösser und Knappen, die sie nervös versorgten. Feithgold bog um zahlreiche Ecken und Wendungen, bevor er vor einem riesigen, prächtigen Ross zu stehen kam. Thor musste nach Luft schnappen. Er konnte kaum glauben, dass etwas so Großes und Schönes echt sein konnte, geschweige denn hinter einem Zaun festgehalten werden konnte. Es schien bereit zu stehen, um in den Krieg zu ziehen.

„Warkfin“, sagte Feithgold. „Erecs Pferd. Besser gesagt, eines davon—sein liebstes fürs Turnierreiten. Es war nicht einfach, dieses Biest zu zähmen. Aber Erec hat es geschafft. Öffne das Gatter“, befahl Feithgold.

Thor sah ihn verwirrt an, dann sah er sich das Gatter an und versuchte, zu erkennen, wie es funktionierte. Er trat vor, zog an einem Keil zwischen den Brettern, und nichts tat sich. Er zerrte fester und der Keil löste sich, und er schwang vorsichtig das hölzerne Gatter auf.

In derselben Sekunde wieherte Warkfin, holte aus und trat auf das Holz aus, wobei er Thors Fingerspitze erwischte. Thor riss seine Hand vor Schmerzen zurück.

Feithgold lachte.

„Und deswegen habe ich es dich öffnen lassen. Beim nächsten Mal sei schneller, Junge. Warkfin wartet auf niemanden. Besonders nicht auf dich.“

Thor brodelte; Feithgold ging ihm jetzt schon auf die Nerven, und er konnte sich kaum vorstellen, wie er ihn auf Dauer ertragen sollte.

Rasch öffnete er das hölzerne Gatter, diesmal den fliegenden Beinen des Pferdes ausweichend.

„Soll ich ihn hinausbringen?“, fragte Thor zaghaft, nicht wirklich scharf darauf, die Zügel zu packen, während Warkfin stampfte und tänzelte.

„Natürlich nicht“, sagte Feithgold. „Das ist meine Aufgabe. Deine Aufgabe ist es, ihn zu füttern—wenn ich es dir sage. Und seinen Mist wegzuschaufeln.“

Feithgold packte Warkfins Zügel und begann, ihn den Stall hinunter zu führen. Thor schluckte und blickte ihm nach. Das war nicht ganz die Einführung, die er im Sinn gehabt hatte. Er wusste, dass er irgendwo anfangen musste, doch dies war erniedrigend. Er hatte sich Krieg und Ruhm und Kampf vorgestellt, Training und Wettkampf mit Jungen in seinem Alter. Er hatte sich nie als Diener und Handlanger gesehen. Er fragte sich langsam, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte.

Endlich kamen sie aus dem dunklen Stall zurück ins helle Tageslicht, zurück zu den Turnierbahnen. Thor musste vorübergehend die Augen zusammenkneifen und war kurz überwältigt von den tausenden Menschen, die aufjubelten, wenn das Geräusch von gegnerischen Rittern ertönte, die ineinander krachten. Noch nie hatte er ein derartiges Krachen von Metall gehört, und die Erde bebte unter den massiven Pferdehufen.

Um ihn herum bereiteten sich dutzende Ritter mit ihren Knappen vor. Knappen polierten die Rüstungen ihrer Ritter, ölten Waffen, prüften Sättel und Riemen und kontrollierten Waffen, während Ritter ihre Rösser bestiegen und darauf warteten, aufgerufen zu werden.

„Elmalkin!“, rief ein Sprecher aus.

Ein Ritter aus einer Provinz, die Thor nicht erkannte, ein breiter Bursche in roter Rüstung, galoppierte durch das Tor. Thor konnte gerade noch rechtzeitig aus dem Weg springen. Er sprengte die schmale Bahn hinab, und seine Lanze prallte am Schild eines Gegners ab. Sie krachten zusammen, die Lanze des anderen Ritters traf, und Elmalkin flog rücklings vom Pferd und landete auf seinem Rücken im Staub. Die Menge jubelte.

Elmalkin sammelte sich jedoch sofort wieder, sprang auf die Beine, wirbelte herum und streckte die Hand nach seinem Knappen aus, der neben Thor stand.

„Meinen Streitkolben!“, rief der Ritter aus.

Der Knappe neben Thor sprang auf, schnappte sich den Streitkolben vom Waffengestell und lief auf die Mitte der Bahn hinaus. Er rannte auf Elmalkin zu, aber der andere Ritter war umgekehrt und war bereits wieder im Ansturm. Gerade als der Knappe ihn erreicht und ihm den Streitkolben in die Hand gedrückt hatte, donnerte der andere Ritter über sie hinweg. Der Knappe hatte Elmalkin nicht rechtzeitig erreicht: der andere Ritter schwang seine Lanze—und diese traf den Knappen seitlich am Kopf. Der Schlag brachte den Knappen ins Wanken, wirbelte ihn herum und er fiel Gesicht voraus zu Boden.

Er bewegte sich nicht. Thor konnte sehen, wie Blut von seinem Kopf hervorquoll, sogar von hier, und die Erde färbte.

Thor schluckte.

„Es ist kein hübscher Anblick, nicht wahr?“

Thor sah zu Feithgold hinüber, der zurückstarrte.

„Wappne dich, Junge. Dies ist eine Schlacht. Und wir sind mittendrin.“

Die Menge wurde plötzlich still, als die Haupt-Turnierbahn eröffnet wurde. Thor konnte die Spannung in der Luft spüren, als alle anderen Turniere rundum eingestellt wurden, um sich diesem zuzuwenden. Auf der einen Seite kam Kendrick hervor, auf seinem Pferd, die Lanze in der Hand.

Auf der anderen Seite, ihm zugewandt, kam ein Ritter in der unverkennbaren Rüstung der McClouds hervor.

„MacGils gegen McClouds“, flüsterte Feithgold Thor zu. „Seit tausend Jahren schon führen wir Krieg. Und ich bezweifle stark, dass diese Begegnung ihn beenden wird.“

Beide Ritter klappten ihr Visier herunter, ein Horn erklang, und mit einem Schrei ritten die beiden aufeinander los.

Возрастное ограничение:
16+
Дата выхода на Литрес:
10 октября 2019
Объем:
341 стр. 3 иллюстрации
ISBN:
9781939416728
Правообладатель:
Lukeman Literary Management Ltd
Формат скачивания:
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