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2.3 Was sind die Symptome von Dyslexie und Dyskalkulie?
2.3.1 Dyslexie

Dyslexie ist eine Störung des Erwerbs von Lese- und Rechtschreibkompetenzen und wird daher erst in der Schule beobachtet. Doch bereits bei Säuglingen und Vorschulkindern, bei denen man später eine Dyslexie diagnostizierte, stellte man fest, dass sie Schwierigkeiten in der Wahrnehmung komplexer Lautfolgen sowie Probleme beim Klatschen von Rhythmen, bei der richtigen Betonung von Wörtern und beim Erkennen von Reimen hatten. In den ersten Schuljahren gestaltet sich für sie der Schrift­spracherwerb als sehr mühsam und langwierig. Es fällt auf, dass dyslektische Kinder häufig nur mit Mühe eine stabile Verbindung zwischen Buchstaben und einer Silbe (a-b- zu ab) aufbauen, ihnen häufig das Segmentieren und Gliedern (ab-er? oder a-ber?) misslingt und wiederkehrende Wortteile (vor-, ver-, ge-) unerkannt bleiben. Sie lesen stockend und ohne Fluss.

Die Lesestörung ist durch folgende Fehler gekennzeichnet:

 Auslassen, Ersetzen, Verdrehen oder Hinzufügen von Wörtern oder Wortteilen,

 niedrige Lesegeschwindigkeit,

 Startschwierigkeiten beim Vorlesen, langes Zögern oder Verlieren der Zeile im Text,

 ungenaues Phrasieren,

 Vertauschen von Wörtern im Satz oder von Buchstaben in den Wörtern.

Beim Schreiben machen sie viele Fehler. Häufige Rechtschreibfehler sind:

 Reihenfolgefehler (Umstellungen von Buchstaben im Wort),

 Auslassen von Buchstaben oder Wortteilen,

 Einfügen von falschen Buchstaben oder Wortteilen,

 Regelfehler (z.B. Dehnungsfehler, Fehler in der Gross- und Kleinschreibung) und sogenannte Wahr-nehmungsfehler (d-t, g-k usw. werden verwechselt),

 Fehlerinkonstanz (ein Wort wird auch nach mehrjähriger Übung unterschiedlich falsch geschrieben),

 Verdrehen von spiegelsymmetrischen Buchstaben (b-d, p-q) bei handschriftlich abgefassten Texten.

Daraus resultieren Defizite im Leseverständnis; die Betroffenen benötigen mehr Zeit, einen Text korrekt zu verstehen, aus dem Gelesenen Schlüsse zu ziehen oder Zusammenhänge daraus zu ersehen.

Die oft vermuteten typischen Dyslexiefehler gibt es nicht, weder in Deutsch noch in den Fremdsprachen. Kinder mit Dyslexie machen dieselben Fehler wie die meisten Kinder am Beginn des Schriftspracherwerbs. Die Betroffenen machen jedoch häufiger Fehler und zeigen fortgesetzt instabile Rechtschreib- und Leseleistungen. Betrachten wir einige Möglichkeiten, das Wort «Mond» falsch zu lesen oder zu schreiben: Es kann zum Auslassen («mod»), Ersetzen («Mont»), Verdrehen («Monb») und Hinzufügen («Monde») von Buchstaben kommen, oder die Fehler treten in Kombination auf, z.B. wenn aus «Mond» «Mode» wird. Eine Fehlerquelle, die typischerweise Betroffene zum Teil lebenslang begleitet, ist ein ungenaues visuelles Wortformwissen, das zwar zum Wiedererkennen hinreicht («Mond» wird fehlerfrei gelesen), das aber für die Rechtschreibung nicht eindeutig und prägnant genug ist. In der Konsequenz erfolgt eine Rechtschreibung auf der Grundlage der lautlichen (phonologischen) Repräsentation, die ebenfalls häufig ungenau und insbesondere aufgrund von Irregularitäten der Sprache und des Dialekts fehlerträchtig ist. So könnte das Fehlen der visuellen Wortform «Mond» dazu führen, dass intern ein phonologischer Abruf erfolgt, der dann entsprechend den Regeln der Korrespondenz zwischen Phonemen und Graphemen als «Mohnt» verschriftlicht wird.

Im frühen Schulalter sind Probleme beim Lesen und lautgetreuen Schreiben am ausgeprägtesten. Im späteren Schul- und im Erwachsenenalter steht indessen die fehlerhafte Rechtschreibung im Vordergrund. Unter den späteren Rechtschreibfehlern dominieren Regelfehler (z.B. Gross-/Kleinschreibung, Dehnungsfehler) und Fehler durch ein Nichtbeachten von Ausnahmen.

Die Form und Schwere der Dyslexie sind bei den betroffenen Individuen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Entwicklung wird dabei von verschiedenen, einander beeinflussenden Faktoren bestimmt, die den Verlauf positiv oder negativ beeinflussen können. Prognostisch günstige Faktoren sind nach Schulte-Körne (2004) z.B. eine hohe Intelligenz, ausgebildete phonologische Fähigkeiten im Vorschulalter, eine gute Lernmotivation, ein lernförderliches und unterstützendes schulisches und familiäres Umfeld und das Fehlen zusätzlicher psychischer Störungen.

Dyslexie und Fremdsprachen

Dyslexie erschwert nicht nur das Erlernen der deutschen, sondern aller Schriftsprachen. Menschen mit erheblichen Problemen mit dem Lesen und Rechtschreiben der Muttersprache haben auch häufig Probleme damit in einer Fremdsprache. Angaben zur Häufigkeit von Problemen beim Lesen und Rechtschreiben in einer Fremdsprache bei Kindern und Jugendlichen mit Dyslexie fehlen.

Die verschiedenen Fremdsprachen stellen aufgrund ihrer Spracheigenschaften unterschiedliche Anforderungen an Betroffene, so z.B. betreffend die Fähigkeit der Lautanalyse und des Gedächtnisses für Wortbilder. Die lateinische und italienische Schriftsprache sind lautgetreuer als die deutsche oder englische. Entsprechend einfacher gelingt in diesen Sprachen das richtige Schreiben. Im Gegensatz dazu stellt die sehr unregelmässige Zuordnung von Lauten zu Buchstaben im Englischen und Französischen eine besondere Schwierigkeit dar. Im Französischen ist beispielsweise, bedingt durch die Häufigkeit ähnlich klingender Laute, eine Differenzierung für Betroffene sehr schwer. Diese Sprachen erfordern ein sehr gutes Wortbildgedächtnis, da nur wenige Wörter lautgetreu geschrieben werden. Umso mehr Probleme werden beim Erlernen dieser Fremdsprachen auftreten.

Der Fremdsprachenerwerb stellt in der Regel für alle Betroffenen eine grosse Herausforderung dar. Betroffene benötigen auch im Fremdsprachenunterricht intensive Unterstützung, didaktische ­Prinzipien, die das Vorhandensein einer Dyslexie berücksichtigen, und gegebenenfalls eine spezifische Förderung.6

2.3.2 Dyskalkulie

Mehrere wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bereits Neugeborene über gewisse basale Fähigkeiten in der Verarbeitung von Quantitäten verfügen.7 So scheinen wir mit einem «Sinn» für den Umgang mit Mengen und dem Unterscheiden von Grössen auf die Welt zu kommen. Im Laufe des Heranwachsens werden die wahrscheinlich angeborenen numerischen Kernkompetenzen ­(Mengen und Grössenerfassung) zunehmend verfeinert. Sie bilden die grundlegenden Voraussetzungen für den Erwerb der daraus abgeleiteten Kulturtechnik Mathematik. In der Schule werden komplexere Rechen-fertigkeiten erworben, wobei weniger die Intensität als vielmehr die Art und Form der Übung ein wesentlicher Faktor zum Erwerb und zur Festigung der Fähigkeiten ist. In den ersten Schuljahren steht hauptsächlich das Erlernen und Festigen (Konsolidieren) der Zahlen und die Umwandlung (sog. Transkodierung) von der arabischen (z.B. «7») zur Wortform («sieben») im Vordergrund. Bis zum Ende der vierten Klasse sind die meisten Kinder in der Lage, sicher zu zählen und Zahlwörter wie «hundert» oder «acht-und-zwanzig» zu benutzen. Sie können auch arabisch dargestellte Zahlen (visuelle arabische Repräsentation: «11») in die Wortform (auditiv-sprachliche Respräsentation: «elf») und umgekehrt transformieren.8

Genau wie bei der Dyslexie lassen sich auch bei der Dyskalkulie keine typischen Fehler mit hoher diagnostischer Wertigkeit identifizieren. Von Dyskalkulie Betroffene machen dieselben Fehler wie andere Menschen auch, nur eben sehr viel häufiger und hartnäckiger. Fehlertypen, die häufig bei der arithmetischen Verarbeitung und dem Rechnen auftreten, sind Fehler im Zahlenverständnis (sog. Zahlensemantik). Diese treten dann auf, wenn z.B. Rechenprozeduren und die zugrunde liegenden Konzepte (z.B. mehr-weniger, Teil-Ganzes, ein Vielfaches) nicht ausreichend verstanden werden und die Grösse einer Menge unzureichend erfasst und zu einer anderen Menge in Beziehung gesetzt werden kann (Vergleichen). Dies führt dazu, dass die Entwicklung der Vorstellung von Zahlenraum und Zahlenstrahl und in der Folge das Schätzen von Mengen und Rechenergebnissen erschwert ist. Bei Fehlern in der sprachlichen Zahlenverarbeitung ist der Erwerb der Zahlwortsequenz und der Zählfertigkeiten sowie das Speichern von arithmetischem Faktenwissen (z.B. Einmaleins) erschwert oder fehlerhaft. Auch können Fehler beim Erwerb des arabischen Stellenwertsystems, seiner syntaktischen Regeln und der darauf aufbauenden Rechenoperationen vorkommen. In anderen Worten, man muss die Unregelmässigkeiten und Inkongruenzen des Zahlensystems und Zahlwortsystems kennen: so z.B., dass das verbale (gesprochene) Zahlensystem und das arabische (geschriebene) Zahlensystem in der deutschen Sprache nicht in ihrer Grundstruktur identisch sind, d.h. dass sich Ziffernabfolge und Zahlwort beim Lesen und Schreiben mehrstelliger Zahlen nicht entsprechen (man liest z.B. die Ziffer 23 «drei-und-zwanzig», wogegen es bei 11 «elf» und nicht «eins-zehn» heisst). Häufige Fehlerarten sind auch Fehler beim Transformieren oder Transkodieren resp. Umwandeln von Zahlen aus einem Zahlen- bzw. Notationsformat in ein anderes, z.B. vom Zahlwort «zehn» in die arabische Ziffer «10» oder umgekehrt.9

Aufgrund der Vielfältigkeit der klinischen Manifestationen von Dyskalkulie richtete man in den letzten Jahren das Augenmerk auf die Ermittlung von Subtypen. Auf der Grundlage von mit bestimmten Rechenverfahren erfassten Testprofilen klassifizierte von Aster (2003) verschiedene Subtypen von Rechenstörungen.

Der tief greifende Subtyp erzielte in fast allen Bereichen der Zahlenverarbeitung und des Rechnens auffallend schlechte Leistungen und zeigte hauptsächlich im grundlegenden Zahlenverständnis («Zahlensinn») Schwierigkeiten. Viele der Betroffenen wiesen dabei zusätzlich klinisch relevante Störungen im Verhalten und Erleben auf, und die Hälfte davon zeigte Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sowie Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb.

Bei einem weiteren Subtyp, dem sogenannten sprachlichen Subtyp, waren weniger ausgeprägte ­Symptome festzustellen. Dieser zeigte Probleme beim Kopfrechnen (Additionen und Subtraktionen) sowie beim Abzählen und beim Rückwärtszählen und wies auch genauso häufig Auffälligkeiten in der Sprach- und Schriftsprachentwicklung sowie Aufmerksamkeitsstörungen auf.

Eine dritte Gruppe bildeten Betroffene mit dem sogenannten arabischen Subtyp. Diese Gruppe zeichnete sich durch einen hohen Anteil fremdsprachiger oder zweisprachiger Kinder aus und zeigte hauptsächlich Schwierigkeiten, arabische Zahlen zu lesen oder nach Diktat zu schreiben und das arabische Notationssystem zu erlernen.

Eine letzte Gruppe bildeten Kinder, die in nahezu allen Testaufgaben Leistungen unterhalb der Norm zeigten, jedoch nicht die Diskrepanz von mehr als 1,5 Standardabweichungen erreichten. Dieser Subtyp wurde als subklinisch bezeichnet.

2.4 Prävalenz und Verlauf
2.4.1 Dyslexie

Die Angaben zur Häufigkeit der Dyslexie weisen grosse Unterschiede auf. Die Schätzungen variieren zwischen drei und zwanzig Prozent je nach Sprache und Kriterien, die zur Definition der Dyslexie herangezogen wurden. In Finnland und Italien ist die Zahl der Kinder, die als dyslektisch gelten, geringer als in englischsprachigen Ländern. Generell ist die Lese- und Rechtschreibleistung davon abhängig, wie sehr Laut- und Schriftsprache einander entsprechen. Im Finnischen und Italienischen wird ein Wort in der Regel genauso gesprochen, wie es geschrieben wird und umgekehrt. Im Englischen gibt es dagegen häufig Abweichungen. Vergleicht man zum Beispiel die Wörter «tongue» (übersetzt: Zunge) und «argue» (übersetzt: erörtern, behaupten), so ist der Unterschied in der Aussprache der letzten drei Buchstaben «gue» sehr gross: Das erste Wort wird «tong» ausgesprochen, das gleich endende «argue» aber nicht «arg», sondern «argiu». Im deutschsprachigen Raum liegt die Häufigkeit der Dyslexie bei ungefähr fünf Prozent. Männer sind dabei häufiger von einer Lese- und Rechtschreibstörung betroffen, während Frauen ein höheres Risiko zur Entwicklung einer kombinierten Lernstörung (ICD-10: F81.3) haben.

Heute weiss man, dass Dyslexie keine vorübergehende Entwicklungsverzögerung ist, die sich mit den Jahren von selbst auswächst. Betroffene Personen, die bereits in den ersten Schuljahren Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten hatten, werden dieselben Probleme mit grosser Wahrscheinlichkeit bis zum Ende der Schulzeit und im Jugend- und Erwachsenenalter haben. So bestätigen Längsschnittstudien den sehr stabilen Verlauf der Entwicklung der Lese- und Rechschreibfertigkeiten. In Abbildung 5 wird als Beispiel die in einer amerikanischen Untersuchung erfasste Entwicklung der Leseleistung über den Zeitraum von über zehn Jahren dargestellt. Dabei wird ersichtlich, dass zwar alle Gruppen ihre Leistung über die Zeit verbessern konnten, dass allerdings die schlechten Leserinnen und Leser auch als Achtzehnjährige nicht das Niveau der guten oder der nur durchschnittlichen Leserinnen und Leser erreichten.10 Das bedeutet, dass Personen, die anfangs gut lesen können, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu einem späteren Zeitpunkt zu den guten Leserinnen und Lesern gehören. Ebenso gross ist die Chance, dass anfangs schwache Leserinnen und Leser weiterhin zu dieser Gruppe gehören werden.

Es ist davon auszugehen, dass die Störung auch im Erwachsenenalter häufig ist. Je nach Studie sinkt die Häufigkeit zwischen Primarschulalter und jungem Erwachsenenalter um ca. die Hälfte ab. Diese Abnahme ist nicht nur als spontane Remission der Störung anzusehen, sondern auch Folge von Fördermassnahmen.11 Nach Haffner erreicht ungefähr jeder zwanzigste Erwachsene nicht das Lese- und/oder Rechtschreibniveau eines durchschnittlichen Viertklässlers,12 wobei für die reduzierten Leistungen weniger die Anzahl an Fehlern als vielmehr das Tempo im Vordergrund steht. Der Verlauf ist zudem von vielen zusätzlichen Faktoren abhängig, so z.B. von Umweltfaktoren wie der Unterstützung durch die Eltern oder vom Einfluss durch die Schule respektive von der Qualität des Unterrichts. Von grosser Bedeutung ist daher die frühzeitige Erkennung und eine bedarfsgerechte Förderung und Therapie.

2.4.2 Dyskalkulie

Die Häufigkeitsangaben für Dyskalkulie entsprechen etwa den Angaben zur Dyslexie und schwanken auch hier in verschiedenen Ländern aufgrund der zur Diagnosestellung herangezogenen unterschiedlichen Kriterien und Messinstrumente zur Feststellung der Rechenschwäche zwischen drei und sechs Prozent. Ergebnisse im deutschsprachigen Raum betragen zwischen 4,4 und 6,7%,13 wobei jedoch die Dunkelziffer wahrscheinlich noch höher liegen dürfte. Im Vergleich zur Dyslexie ist das Geschlechterverhältnis bei Dyskalkulie ausgeglichener. Über mehrere Studien hinweg ergab sich eine etwa gleich grosse Wahrscheinlichkeit des Auftretens bei Jungen und Mädchen,14 was ungewöhnlich ist angesichts der Tatsache, dass die Männer von vielen anderen Entwicklungsstörungen, wie z.B. Dyslexie, Sprach-entwicklungsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, häufiger betroffen sind.

Auch wenn bisher nur wenige Befunde zum langfristigen Verlauf der Dyskalkulie vorliegen, zeigt diese Entwicklungsstörung, genauso wie die Dyslexie, eine deutliche Tendenz zur Persistenz. Shalev, Manor, Auerbach und Gross-Tsur (1998) stellten in ihrer Studie fest, dass bei 47 Prozent der Betroffenen auch drei Jahre nach Diagnostik und Therapie immer noch eine Störung im Rechnen fortbestand. Auch weitere Längsschnittstudien bestätigen die zeitliche Stabilität der Dyskalkulie. So wiesen fast zwei Drittel der betroffenen Kinder nach mehr als zwei Jahren Beobachtungszeitraum immer noch dieselben Rechenschwierigkeiten auf. Ohne geeignete Intervention scheinen mindestens ab der 2. Schulklasse Beeinträchtigungen in den mathematischen Leistungen längerfristig stabil zu sein.15

2.5 Begleiterscheinungen und weitere Entwicklungen

Lesen, Schreiben und Mathematik sind als Kulturtechniken in der Schule Hauptfächer und stehen besonders im Unterricht der ersten Schuljahre im Vordergrund. Sie bilden also nicht nur die Grundlage für jedes weitere Schulfach, sondern sind für das Lernen allgemein und die alltägliche Verständigung zentral. Gute Lese- und Rechtschreibfertigkeiten sind genauso wie gute Rechenfertigkeiten in unserer Gesellschaft nicht nur für die Aus- und Weiterbildung ausserordentlich wichtig, sondern ebenso für das Berufsleben. Schlechte Lese- und Rechtschreibleistungen oder mathematische Leistungen gefährden nicht nur die Schullaufbahn und schränken die Möglichkeiten der Berufswahl und einer beruflichen ­Karriere ein. Das Versagen in diesen Fächern wie auch die Konfrontation damit im privaten und beruflichen Alltag führen häufig zu sozialen und psychischen Problemen. Zu beobachten sind häufig Verhaltensstörungen und emotionale Störungen als sekundäre Folgeprobleme. Dabei treten emotionale Probleme schon während der frühen Schulzeit, Störungen des Sozialverhaltens und Hyperaktivitäts-syndrome eher in der Adoleszenz auf und sind dann auch oft mit einem niedrigen Selbstwertgefühl verbunden. Diese Störungen beeinflussen den Entwicklungsverlauf der Betroffenen besonders negativ. Vor allem auch dann, wenn Dyslexie und Dyskalkulie gemeinsam auftreten, bedeutet dies einen zweifachen Nachteil. Vielfach erreichen Betroffene einen deutlich geringeren Schulabschluss und somit ebenso ein geringeres Ausbildungsniveau; ein akademischer Beruf kommt seltener infrage.16

2.5.1 Dyslexie

Die sozialen und psychischen Entwicklungsrisiken, die mit einer Dyslexie einhergehen, sind nicht ­selten ­schwerwiegender als die Risiken der Dyslexie selbst. Betroffene werden häufig bereits ab den ersten Schuljahren von Mitschülerinnen und -schülern gehänselt, was die Lehrpersonen meist kaum verhindern können. Als Folge des Tag für Tag erlebten Versagens beim Lesen und Schreiben können Sekundärsymptome wie z.B. Schulunlust und Versagensängste sowie psychosomatische Symptome wie Bauchschmerzen, Kopfweh und Übelkeit vor Schulbeginn, erhöhte Stressbelastung sowie depressive Verstimmungen auftreten. Längerfristig kann die Entwicklung des Selbstwertgefühls der betroffenen Personen stark gefährdet sein. Die unter Fachpersonen bekannte Mannheimer Längsschnittstudie (N=384) ergab, dass 44 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Dyslexie im Alter von 8 bis 13 Jahren eine psychische Störung aufwiesen; im Alter von 18 Jahren waren es noch 34 und im Alter von 25 Jahren 29 Prozent17. Weitere Störungen, die oft beobachtet wurden und sich als Folge der psychischen Belastung im Rahmen der schulischen und beruflichen Laufbahn entwickeln können, sind: Konzentrationsschwierigkeiten, geringe Leistungsmotivation, Disziplinschwierigkeiten und Versagens- und Prüfungsangst.

Zusätzlich zur Dyslexie findet man häufig Störungen, die bereits vorschulisch in Erscheinung treten und auch in die Schulzeit hinein bestehen bleiben. Dazu gehören Sprachentwicklungsstörungen, Störungen der Visuomotorik (psychomotorische Ungeschicklichkeit, Schwierigkeiten in der visuellen Wahrnehmung und visuomotorischen Koordination) sowie Verhaltens- und emotionale Störungen wie Aufmerksamkeits- oder hyperkinetische Störungen.18 Nach Warnke et al. (2004) hat etwa ein Drittel der Betroffenen zusätzlich auch eine Aufmerksamkeitsstörung.

Die beruflichen Chancen von Jugendlichen mit Dyslexie sind eingeschränkt. Betroffene erwerben trotz normalen oder auch überdurchschnittlichen intellektuellen Voraussetzungen seltener qualifizierte Schul- und Berufsabschlüsse. Sie besuchen häufig keine weiterführenden Schulen, obwohl ihre kognitiven Fähigkeiten häufig über dem aktuellen Beschulungsniveau liegen. Auch in der Berufsbildung sind dyslektische Jugendliche benachteiligt. Sie wählen seltener akademische Berufe und häufiger handwerkliche und trauen sich weniger Weiterbildungen zu. Jeder fünfte junge Mensch ohne Dyslexie studiert heute. Unter jungen Erwachsenen mit Dyslexie studiert nur jeder dreissigste! Als Erwachsene sind sie sechsmal häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. Mit Massnahmen zur Chancengleichheit kann der Bildungserfolg verbessert werden.

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