Читать книгу: «Ein verlorenes Paradies», страница 2

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Als ich zum Stall kam, hatte die Ziege schon einen Strick am Hals. Am Ende des Stricks hatte Vati ein Hölzchen zu einem Griff gebastelt, an dem sollte ich die Ziege festhalten, um mit ihr schon einmal vorzugehen. Vati drückte mir den Griff von dem Strick in die Hand, gehe schon mal vor, ich komme sofort nach, ich muss nur noch etwas fertig machen.

Als ich zum Tor ging, rief er noch, du weißt doch, wo der Bauer wohnt am Ende des Dorfes. Ja Vati, rief ich und schon zog mich die Ziege hinter sich her.

Kaum war ich aus unserem Hoftor raus, spielte die Ziege total verrückt. Nicht ich zog die Ziege, sondern sie zog mich am Strick hängend hinter sich her. Sonst war sie so brav und lieb, doch jetzt hatte ich das Gefühl, die Ziege wusste genau, wo wir hingehen müssen. Sie zog und zog.

Da nun gerade Schulferien waren, trafen wir viele Kinder auf der Dorfstraße, die hatten nun was zu lachen, wie mich die Ziege von einer Straßenseite zur anderen zog. Ich hielt sie mit beiden Händen fest und ließ sie nicht los, so wie Vati es gesagt hatte.

Ein paar Mal drehte ich mich noch um, ob Vati kam, doch ich sah ihn nicht. Nun war auch der Hof von dem Bauern schon zu sehen, meine Kräfte ließen nach. Als wir endlich den Hof erreicht hatten, stand da schon der Bauer. Ihr kommt aber sehr spät, ich warte schon lange auf euch, wo hast du denn deinen Vater gelassen, rief er laut über den ganzen Hof.

Alles ging jetzt sehr schnell, der Bauer machte eine Stalltüre auf, ein wilder, stinkender Ziegenbock kam auf uns zugestürzt. Ich erschrak so sehr, dass ich vor Schreck meine Ziege vom Strick losließ und rannte zum Hoftor.

Da hörte ich Vati schreien, was hast du gemacht? Du kannst doch nicht die Ziege laufen lassen. Vor lauter Angst und Schreck lief ich weinend zum Tor hinaus und kam verweint bei Mutti an. Ich erzählte ihr, was passiert war.

Hab keine Angst, mein Kind, geh dich erst mal waschen, du stinkst ja wie ein kleiner Ziegenbock. Dann erklärte mir Mutti, dass unsere Ziege nur kleine Zicklein haben wird, wenn sie bei dem Bock war. Das verstand ich wieder mal nicht, ich war so geschafft, dass mich das jetzt auch nicht weiter interessierte.

Gott sei Dank hatte Vati mich nicht ausgeschimpft, auch nicht verhauen, ach, was hatte ich für ein Glück.

Nach einiger Zeit wunderte ich mich, dass der Bauch unserer Ziege immer dicker wurde. Als Vati meinem Blick folgte, sagte er, bald werden wir kleine Zicklein bekommen. Er nahm meine Hand, hielt sie an den Bauch der Ziege, ich erschrak, als sich darin etwas bewegte.

Das sind schon die kleinen Zicklein, die wollen bald aus dem Bauch heraus. Staunend stand ich neben Vati, doch ich traute mich nicht zu fragen, wie die Zicklein da reingekommen waren und auch nicht wie sie da wieder herauskommen sollen.

Eines Tages, als ich einmal wieder runter zum Stall ging, kam mir Vati schon lächelnd entgegen, schau dir mal die Ziegenkinder an, sagte er. Ach waren die süß, ich konnte sie nicht genug ansehen. Streicheln durfte ich sie auch, unsere Ziegenmama war wieder lieb, sie schupste mich nicht mehr und hatte nichts dagegen, dass ich mit den Kleinen spielte.

Immer wenn ich jetzt in den Stall kam, hatte ich das Gefühl, die beiden Kleinen freuten sich, mich zu sehen. Sie wollten mit mir spielen, aber auch ein bisschen an mir herumstoßen. Ich verbrachte viel Zeit mit den beiden Kleinen. Wir tollten auf unseren Wiesen herum, dabei vergaß ich oft die Zeit sowie auch meine kleinen und großen Sorgen.

Wieder sollte es ein neues Erlebnis auf unserem Hof geben

Meine Enten waren nun schon groß geworden, sie lebten im Stall bei den Hühnern und Gänsen. Wir hatten viele große, auch kleine Gänse, ich durfte sogar die Eier aus dem Hühnerstall nehmen, nur musste ich auf den Hahn aufpassen. Er bekam oft seine tollen Zeiten, er griff Menschen an. Er wollte wohl so seine Hühner beschützen. Ich hatte immer Glück, mir tat er nichts. Ich war sicher für seine Hühner keine Gefahr, weil ich noch so klein war. Egal, wer sich ihm sonst näherte, der Hahn ging sofort zum Angriff über. Er flog mit wildem Getue auf das Gitter seines Zaunes zu. Jeder machte vor Schreck einen Schritt zurück und gab sich keine Mühe, dort hinein zu gehen bis auf Mutti und Vati. Die beiden wagte der Hahn nicht anzugreifen, er hatte eher Angst vor Vati. Er tat immer so, als hätte er ihn nicht gesehen, das wird schon seinen Grund gehabt haben, den ich aber nie erfuhr. Vati schüttelte, wenn er in den Hühnerstall oder in das Gehege wollte, mit einem Eimer Futter, alle Hühner sogar der Hahn waren abgelenkt, dann konnte auch ich, ohne in Gefahr zu sein, in den Stall gehen, um die Eier einzusammeln.

Gemeinsam mit Vati säuberten wir die Ställe und die Legenester. Vati konnte es kaum glauben, dass ich sogar auf der ganzen Wiese die Eier suchen durfte.

Denn wenn ich erst einmal bei den Hühnern im Gehege war, tat der Hahn, als wäre es selbstverständlich, dass ich da war. Es machte mir viel Spaß, die vielen Eier in einem Korb zu sammeln und dabei versuchte ich, sie zu zählen. Doch verzählte ich mich immer, erstens weil ich noch nicht richtig zählen konnte und weil ich dem verrückten Hahn nicht ganz traute. Ich ließ den Hahn nie wirklich aus den Augen, man musste immer mit einem Hahnenangriff rechnen. Wie das ausgehen mag, wagte ich nicht zu denken.

Nun zu lieben Hofgesellen. Wunderschöne große wie auch kleine Gänse hatten wir. Die Gänse machten zwar immer einen langen Hals, dem ein schreckliches Gezische und Geschnatter folgte, aber wenn sie mich dann erkannten, hörten ihre Drohungen ganz plötzlich auf. Sie taten, als wäre nichts geschehen. Auch bei ihnen fand ich Eier, aber diese waren viel größer als Hühnereier. Mutti hatte mir erklärt, dass diese Eier nur zum Backen gebraucht werden oder manchmal gibt es daraus auch neue kleine Gänse.

Wie ich das nun wieder verstehen sollte, war mir jetzt egal. Wenn die kleinen Gänse da waren, freute ich mich immer sehr. Die Eier, die wir nicht selbst brauchten, wurden verkauft. Oft kamen Frauen mit ihren Körbchen auf unseren Hof. Sie kauften Enten- und Hühnereier, aber auch Obst und Gemüse.

Ich freute mich, dass ich immer dabei sein durfte, denn die Frauen streichelten mir oft über mein Haar und sagten, was bist du doch für ein fleißiges Kind. Ich war sehr stolz darüber, denn bei uns in der Familie gab es dieses Lob nur ganz selten.

Heute verbrachte ich mal wieder Zeit bei den kleinen Enten und Gänsen, sie kamen mit leisem Geschnatter auf mich zugelaufen, sie freuten sich, weil ich wieder etwas mitgebracht hatte. Einen Eimer Kükenfutter hatte ich immer dabei. Ich liebte alle unsere Tiere, war einmal eins krank, kümmerte ich mich so lange darum, bis es wieder gesund war.

Wie es einer Freundin heute ergehen sollte

Leider hat oft so viel Schönes auch Schattenseiten, so ein Tag war heute.

Vati hatte einen dicken Holzklotz vor unseren Schuppen gezogen, nanu, dachte ich, es ist doch kein Holz zum Hacken da, was will er wohl mit diesem Holzklotz heute anfangen? Ob ich mich davonschleichen soll, waren meine ersten Gedanken, ich hatte ein seltsames Gefühl in mir. Da hörte ich schon Vati rufen, du kannst mir helfen, lauf nicht weg. Er hielt mir eine Schüssel mit den Worten hin, halt die Schüssel schön fest, Mutti wird uns eine Suppe kochen. Was, dachte ich, Hackklotz, Schüssel, Messer, Suppe, was soll das, ich verstand nichts. Während ich noch staunend unverständlich dastand, hatte ich nicht bemerkt, dass Vati zu den Gänsen gegangen war.

Plötzlich sah ich in seinem Arm eine flatternde Gans. Vati stand vor dem Holzklotz, nahm die Gans zwischen seine beiden Beine, mit der einen Hand hielt er sie an ihrem langen Hals fest.

Die Gans war plötzlich ganz leise geworden, sie schnatterte nicht mehr, ich glaube, sie wusste mehr, als ich ahnen konnte. Aus meinem Erstaunen wurde ich wach, als Vati sagte, gib mir mal das Messer, halte die Schüssel fest, damit das Blut aus dem Kopf von der Gans nicht daneben läuft.

Plötzlich war ich hellwach, der Schreck über diese Worte war groß, meine liebe Gans, ging es mir durch den Kopf, soll sterben, ich soll zusehen, wie sie stirbt, nein, das war zu viel für mich.

Ich fing plötzlich an zu schreien, ließ das Messer, das ich schon in meiner Hand hatte, fallen und schmiss die Schüssel mit aller Kraft weg, In Windeseile lief ich hinten zum Tor hinaus. Vati hörte ich böse rufen, komm sofort zurück, aber ich lief, so schnell ich konnte, weiter. Denn auf der anderen Straßenseite wohnte eine alte Tante, zu ihr ging ich jedes Mal, wenn ich Kummer hatte.

Vor ihrem Haus war ein kleiner, wunderschöner Garten, den ich so liebte, doch jetzt hatte ich kein Auge für die schönen Blumen. Schreiend lief ich zur Haustüre, Tante Ida, Tante Ida, du musst kommen, Vati macht die Gänse tot, ich soll Blut fangen. Da bemerkte ich plötzlich, dass Tante Ida schon neben mir stand, sie arbeitete wie so oft in ihrem Vorgarten. Als ich sie sah, warf ich mich an sie, umklammerte sie fest um ihre Beine, ich war zu klein, um sie zu umarmen, ich weinte.

Tante Ida, liebe Tante Ida, Vati will eine Gans töten, ich soll das Blut auffangen, damit Mutti eine Suppe kochen kann, das darf er doch nicht, bitte, bitte, geh du zu ihm, sag ihm, dass ich lieber verhungern würde, aber die Gans soll nicht getötet werden. Weinend hatte ich mich nun an Tante Idas Schürze geklammert. Liebes Kind, beruhige dich, ich werde zu Vati gehen und sehen, was ich machen kann. Du wirst dich erst einmal hinsetzen, deine Tränen an deinem Schürzchen abwischen und mit Tante Gerda ein Stück Kuchen essen.

Tante Gerda war die Schwester von Tante Ida, sie lebten zusammen in diesem kleinen Häuschen. Das Häuschen sah aus wie ein kleines Hexenhäuschen, nur ohne Hexe, aber mit einem wunderschönen Blumengarten.

Doch das mit dem Kuchen ließ ich mir nicht zweimal sagen, mein Kummer war schnell vergangen. Später, als Tante Ida zurückkam, nahm sie mich in ihre Arme, sie wusste, wie neugierig ich war und fing an zu erzählen.

Weißt du, mein Kind, von den Gänsen muss auch einmal eine geschlachtet werden, sonst werden sie zu alt, das Futter wird zu teuer und ihr müsst ja auch was zu essen haben.

Sofort rief ich nein, ich will aber keine Gans essen, doch Tante Ida tat, als ob sie mich nicht gehört hätte, sie sprach einfach weiter. Die Zeiten sind noch sehr schlecht, mein Kind, man kann glücklich sein, einen solchen Gutshof, wie ihr ihn habt, zu haben, auf dem Tiere leben können, die man auch essen kann.

Dass dein Vater alles von dem Tier verwerten muss, das heißt, wenn er eine Gans schlachtet, muss das Blut von ihr in einer Schüssel aufgefangen werden, damit deine Mutti eine Suppe daraus kochen kann.

Weine nicht, mein Kind, du musst lernen, dass das Leben und der Tod oft sehr nah beieinander sind. Du willst doch auch leben? So musst du auch essen.

Die Tränen liefen immer noch über mein Gesicht, ich hatte mich bei all den Worten fest an Tante Ida gekuschelt. Als sie dann aufhörte zu sprechen, sagte ich bockig, ich werde aber keine Suppe essen.

Darauf antwortete die Tante nicht, sondern sagte, liebes Kind, lass uns wieder zu Mutti und Vati gehen, ich bringe dich nach Hause.

Als wir bei Vati ankamen, hing ich immer noch an Tante Idas Schürze. Ich rechnete mit einem Donnerwetter von Vati, doch da hörte ich die Worte von Tante Ida, die sie zu Vati sagte. Carl, du kannst doch nicht von einem kleinen Mädchen diese Arbeit verlangen, ruf mich, wenn du mich brauchst, dann werde ich dir helfen. Lange dauerte es, bis ich das, was da geschah, vergessen konnte, öfter liefen noch die Tränen.

Von der Blutsuppe mit geschlagenem Eischnee hatte ich nichts gegessen.

Ein neuer Freund

Vati tat ich nach der Sache mit der Gans doch leid. Er schenkte mir eines Tages ein kleines, schwarzes Kätzchen.

Da war aller Kummer verflogen, dieses Kätzchen sollte mir allein gehören, aber ich sollte gut für es sorgen, sagte Vati. Ja das wollte ich tun, denn nun hatte ich ein Tierchen für mich ganz alleine zum Liebhaben.

Da mir so schnell kein Name für das Kätzchen einfiel, sagte ich zu ihm, du sollst Kätzchen heißen, dabei blieb es auch, wir beide wurden von nun an unzertrennlich.

Mein Bruder Albrecht hatte sich zum Geburtstag ein Aquarium mit Fischen gewünscht, das er auch bekam. Das Aquarium durfte in der Küche auf einer Ecke von unserem Küchenarbeitstisch stehen. Mein Bruder gab sich alle Mühe, das Fischbecken mit schönen Wasserpflanzen, Steinen, Sand und vielen anderen Dingen auszustatten.

Er war stolz auf seine Fische mit dem schönen Aquarium. Wenn das Aquarium gesäubert werden musste, half ich ihm dabei. Mutti sagte eines Tages, legt doch eine Glasplatte auf das Becken, damit die Fische nicht rausspringen. Wir hielten das für einen Scherz, doch Mutti machte ein so ernstes Gesicht, als sie das sagte, dass wir ihr das glaubten. Lasst ein Stückchen frei auf dem Wasserbecken, dass die Fische Luft bekommen, sagte sie noch.

Wir hatten viel Freude mit den Fischen, aber diese Freude mussten wir bald teilen, denn mein Kätzchen war größer geworden und konnte schon auf den Tisch springen, auf dem das Aquarium stand. Es freute sich, wie wir, über das lustige Treiben der Fische. Mit ihren Samtfüßchen, die aber schon die Krallen ausstreckten, versuchte sie, die Fische zu fangen. Das machte mir viel Freude, ich sah es als Spiel. Doch als Mutti das sah, sagte sie, vergesst nie, die Glasplatte darüber zu decken, sonst habt ihr bald keine Fische mehr. Wir machten uns keine großen Gedanken, denn was soll eine Katze bei den Fischen? Wie wir wussten, sollen Katzen wasserscheu sein.

Doch mein Kätzchen meinte es anders. Oft sahen wir es bei den Fischen sitzen, hin und wieder versuchte es, durch die kleine Öffnung der Glasplatte zu angeln. Das sah sehr lustig aus, ob sie wohl mit den Fischen spielen wollte, dachte ich? Aber sie kam ja nicht dran.

Schicksal nimm deinen Lauf, eines Tages vergaß mein Bruder Albrecht nach dem Füttern der Fische die Glasplatte über das Becken zu legen, das musste mein Kätzchen mitbekommen haben, denn als wir wieder in die Küche kamen, war unser erster Blick zu den Fischen. Aber was war das? Kein einziger Fisch war mehr drin.

Und mein Kätzchen saß ganz friedlich neben dem Fischbecken. Mein Bruder und ich stritten um die Wette, wer wohl vergessen hatte, die Glasplatte drauf zu legen? Als Mutti kam, sagte sie zu Albrecht, hört auf zu streiten, deine Schwester ist noch zu klein, sie kann die Glasplatte nicht runtergenommen haben. Nun war es passiert, Kätzchen hatte alle Fische rausgeangelt und gefressen. Ich wollte mein Kätzchen bestrafen, doch Albrecht sagte, lass dein Kätzchen, es kann nichts dafür, ich hätte besser aufpassen müssen. Nun sahen wir erst, dass das Kätzchen ganz nass war von wegen wasserscheu, sie war bestimmt mit der Hälfte ihres Körpers im Aquarium gewesen, so nass wie sie war.

Als wir uns nun das Kätzchen ansahen mit dem nassen Fell, wie sie versuchte, mit ihren Pfötchen das Wasser von sich abzuschütteln, konnten wir uns nicht mehr halten vor Lachen. Ja, ja, sagte Mutti, ich habe es mir gedacht, entweder eine Katze oder Fische, doch ihr wolltet ja nicht auf meine Worte hören.

Mein Kätzchen und ich blieben weiter gute Freunde, wir waren unzertrennlich. Bis eines Tages, als es Winter geworden war, ich nach ihm rief, aber es kam nicht mehr. Ich weinte bitterlich, so oft ich es auch immer wieder rief, das Kätzchen blieb verschwunden. Was mit ihm passiert war, weiß ich bis heute nicht. Doch wenn ich an es dachte, weinte ich und hoffte, es wäre eines Tages wieder da. Aber es kam nie wieder.

Ein neuer Mitbewohner

So nun aber zu einem anderen Tier von unserem Hof, es war ein kleines Schweinchen. Es bekam wie alle unsere Tiere einen eigenen Stall. Ich durfte sogar mit ihm spielen. Wenn ich mit ihm spielen wollte, holte ich es aus dem Stall in einen kleinen Garten, in dem auch ein paar Hühner waren, damit das Schweinchen nicht so alleine sein sollte. Auch Vati war einverstanden, dass ich mit dem Schweinchen zusammen war.

Doch schneller als gedacht wuchs das Schweinchen, es wuchs und wuchs, na ja bei all dem guten Essen, was es von Mutti bekam, konnte es auch nicht anders sein. Es bekam gekochte Kartoffeln aus unseren Feldern, die wir geerntet hatten. Auch irgend so eine Kleie, die Mutti unter die gekochten, gestampften Kartoffeln mischte. Ich hatte Mühe, mit Schweinchen zu spielen, denn immer öfter warf es mich einfach um. Denn es war einfach zu schnell gewachsen und sein Garten war im wahrsten Sinne zu einem Saustall geworden. Gras gab es keins mehr, den Garten hatte es total mit seiner Nase umgegraben. Wenn ich mit Futter zu ihm kam, konnte ich schon von Weitem sein Grunzen hören. Ich musste mich beeilen, das Futter auszuteilen, sonst hätte ich im Schmutz gelegen.

Da ich meine schönen Schuhe nur am Sonntag tragen durfte, war ich immer mit nackten Füßen beim Schwein. Wie meine Füße dann aussahen, kann ich kaum erklären, sie waren total voller Schlamm, besonders wenn es geregnet hatte. Ja, die schönen Schuhe, die ich hatte, waren nur für den Sonntag zum Kirchgang oder zu irgendwelchen Feierlichkeiten. Da ja kleine Kinder schnell wachsen, die Schuhe knapp waren, konnte man immer nur ein paar Schuhe kaufen. Wenn diese Schuhe zu klein wurden, durfte ich die Ferse hinten runtertreten und sie dann zu Hause noch weiter anziehen. Erst dann gab es wieder Sonntag Schuhe.

Heute war nichts wie sonst. Was ist denn nun schon wieder los? Vati kam aufgeregt zum Mittagessen und seine ersten Worte waren, das Schwein ist krank. Da hörten wir auch schon das Auto von unserem Tierarzt. Alle liefen wir nach unten zu dem Schwein. Ich durfte nicht mit in den Stall. Darum stand ich ängstlich am Zaun und schaute neugierig durch die Latten des Zauns.

Ach, lieber Gott, betete ich, lass unser Schweinchen wieder gesund werden. Ich hörte, wie Mutti sagte, Herr Doktor können wir es nicht einfach schlachten? Ich erschrak, wollte Mutti etwa unser Schwein töten? Es womöglich auch noch essen wie unsere Gans? Nein, das darf doch nicht sein, lieber Gott, flüsterte ich leise, ich kann doch meinen Freund nicht essen. Freunde darf man doch nicht schlachten. Sicher hatte ich mich verhört.

Da sah mich Mutti plötzlich an, sie schien genau so traurig wie ich zu sein. Mutti, Mutti, darf ich jetzt zu unserem Schwein? Ich möchte es so gerne streicheln, ihm sagen, dass es mein Freund ist.

Mutti ließ mich rein, ich hörte wieder dieses freudige Grunzen, als ich das Schweinchen streichelte. Ich konnte mich kaum von ihm trennen.

Heute war das Schweinchen ganz besonders lieb zu mir. Es ließ zu, dass ich es immer und immer wieder streichelte, ohne mich zu schupsen.

Dein Schweinchen ist sehr krank, hörte ich den Doktor sagen. Es braucht jetzt Ruhe, doch wie er das sagte, das hörte sich nicht gut an. Ich hörte darauf, was der Doktor sagte, ich ließ das Schweinchen in Ruhe. Ich verließ es mit den Worten, du wirst bald wieder gesund, Schweinchen, ich hole dir nur noch was Gutes zu fressen, dann bin ich wieder bei dir. Kaum hatte ich ausgesprochen, zog mich Mutti nach draußen. Oben in der Küche setzte sie mich auf ihren Schoß, lass dir mal etwas erklären mein Kind.

Schweine kauft man sich nicht zum Spielen oder zum Streicheln, sondern wenn sie groß sind, muss man sie schlachten.

Wir können dann das Fleisch verkaufen, damit wir von dem Geld andere Dinge wie zum Beispiel Schuhe und Kleidchen für dich kaufen können. Auch wir müssen etwas von dem Fleisch essen, sonst verhungern wir.

In diesem Moment verstand ich die Welt nicht mehr, ich fühlte die Tränen, die mir über mein Gesicht liefen. In meinem Kopf war es wie bei einem Karussell, alle Gedanken waren durcheinander. Gänse darf man nicht lieb haben, sie muss man töten, wenn sie groß sind.

Ein Schwein, das ein Freund ist, darf man essen, oder gegen andere Dinge eintauschen, das war zu viel für heute. Wie eine Schlafwandlerin ging ich, ohne etwas zu essen, in mein Bett, unter Tränen schlief ich doch noch ein. In den Schweinestall ging ich nie mehr, obwohl mir Mutti gesagt hatte, dass das Schwein leider an seiner Krankheit gestorben war. Es hätte eine Schweinekrankheit gehabt, die man Rotlauf nennt.

Ich wurde größer, älter, erwachsener, lernte, mit den Tieren zu leben. Lernte auch, dass es Nutztiere und Streicheltiere gab. Ich musste ebenso lernen, dass man sich manchmal von einem Tier trennen musste.

Inzwischen waren viele Jahre vergangen. Meine Pflegeeltern, meinen Bruder Albrecht, auch das Gut, habe ich verlassen. Warum wirst du dich nun fragen?

Doch das ist eine ganz andere Geschichte.

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952,80 ₽
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Дата выхода на Литрес:
26 мая 2021
Объем:
181 стр. 3 иллюстрации
ISBN:
9783962298272
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