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1.4Vertrauen im digitalen Zeitalter

Wir leben in herausfordernden Zeiten. Veränderungen verlangen von uns schnelles Reagieren, Flexibilität und die Zuversicht, dass am Ende alles gut wird – auch wenn wir weder das Ende noch das Gute absehen können. In diesem Veränderungsprozess hilft nicht nur das Wissen um Erfolge, sondern auch das Vertrauen darauf. Marcus Raitner drückt es im Manifest für menschliche Führung so aus: „Im Kern ist jede Transformation eine Reise mit ungewissem Ausgang. Die Vision von digitalen Geschäftsmodellen oder einer agilen Organisation oder beidem ist der Nordstern und weist die Richtung. Das Was und Wie muss im Detail aber erst erkundet und erprobt werden. Und dazu braucht es nicht ein paar wenige Manager, sondern die Weisheit, Erfahrung und Kreativität aller Betroffenen. Es geht also darum, sich überraschen zu lassen, Neugier, Mut und Kreativität zu fördern. Und es geht darum, Fehlversuche auszuhalten und gemeinsam zu lernen. All das basiert auf Vertrauen. Vertrauen in die Motivation und Fähigkeiten der Menschen.“

Ein von der Corona-Krise beschleunigter positiver Effekt zeigt sich darin, dass die Arbeitswelt flexibler wird. Trotz aller negativer Folgen sehen 72 Prozent der Fach- und Führungskräfte auch Chancen für die Entwicklung der Arbeits- und Unternehmenswelt. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte gemeinsam mit dem Europa-Institut für Erfahrung und Management der Rheinischen Hochschule Köln unter seinen Mitgliedern durchgeführt hat. Die deutliche Mehrheit der rund 10.000 befragten Fach- und Führungskräfte sehen die Arbeit zukünftig vermehrt ortsunabhängig und selbstorganisiert. Sechs von zehn Beschäftigten sind außerdem der Meinung, dass die Unternehmenswelt infolge der Pandemie digitaler wird. Etwa jede dritte Fach- und Führungskraft sieht die Krise zudem als Treiber für kreative Innovationen sowie sinnvolle Rationalisierungsmaßnahmen.

Während die technische Seite der digitalen Zusammenarbeit kaum Probleme bereitet, bleiben Emotionen oft auf der Strecke. Emotionale und soziale Aspekte bei der Arbeit vom Home Office aus erweisen sich zunehmend als herausfordernd. Im Zwischenbericht seiner Studie über Emotionen in der virtuellen Zusammenarbeit hat der Goinger Kreis – ein gemeinnütziger Verein im Bereich Personalwesen, der sich als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Gesellschaft versteht – einige Problemzonen genauer beschrieben:

Die Work-Life-Balance gerät ins Schwanken

Durch die häufig vollständige Verlagerung des Beruflichen in den privaten Raum verwischen Grenzen. Bei vorherrschenden Kontaktsperren stellte dies eine besondere Herausforderung dar, da in vielen Haushalten alle Mitglieder gleichzeitig vor Ort waren und teilweise bis heute sind.

Führung auf Distanz

Virtuelle Führung und Zusammenarbeit findet in einer anderen emotionalen Dimension statt als im Büro. Wer live gut führt, muss das nicht unbedingt auch virtuell gut können. Reservierte Beziehungen werden durch die reine Bildschirmbegegnung oft noch distanzierter und erfolgreiche Kommunikation verlangt eine bewusste Anstrengung.

Unterschiede zur Präsenz

Gerade für Mitarbeiter, die sich erst noch an die virtuelle Zusammenarbeit gewöhnen müssen, die viel Interaktion brauchen oder introvertiert sind, fällt die Umstellung schwer. Besonders die aus dem Büroalltag vertraute Kommunikation von Angesicht zu Angesicht fehlt vielen, weshalb häufig Videokonferenzen klassischen Telefonkonferenzen vorgezogen werden.

Einfache Aufgaben werden aufwendiger

Durch die räumliche Trennung findet Kommunikation weniger spontan statt, was einfache Aufgaben umständlicher macht. Dadurch kann sich die Arbeitsbelastung erhöhen.

Virtuelle Zusammenarbeit verlangt eine eigene Etikette

Während sich in der Bürozusammenarbeit über Jahre hinweg ein Verhaltenskodex etablieren konnte, die sachliche und persönlich-emotionale Interaktion vermischt, gibt es bei der virtuellen Variante noch Nachholbedarf. Oft sind Telefon- oder Videokonferenzen laut der Studie davon geprägt, dass die Zeit ausschließlich für aufgabenbezogenen Austausch genutzt wird. Hier beginnt aber ein Umdenken: Unternehmen wollen virtuelle Konferenzen interaktiver und persönlicher gestalten, mehr Small Talk und emotionale Interaktion fördern.

Die empirische Erhebung umfasste zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Zwischenberichts 25 international agierende Unternehmen. Durch Befragungen von Geschäftsführern, Personalabteilungsleitern sowie Coaches und Beratern, die in direktem Kontakt zu betroffenen Mitarbeitern stehen, sammelt der Goinger Kreis Informationen über den Stand der virtuellen Zusammenarbeit und den damit verbundenen Erfahrungen nichttechnischer Natur. Thomas Marquardt, Vorsitzender des Goinger Kreises, beschreibt die Krise als „gigantisches Versuchslabor der virtuellen Führung und Zusammenarbeit.“ Dieses will der Verein nutzen, um mit seiner Studie wichtige Erkenntnisse für die Zeit danach zu sammeln.

In Zeiten von Corona gilt es nicht nur, täglich eine Vielzahl von Entscheidungen zu treffen, sondern auch, diese besonders schnell umzusetzen. Vor dieser Herausforderung standen und stehen heute noch viele Führungskräfte.

Zumindest zeigen das die Ergebnisse einer Studie des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), für die 217 Führungskräfte befragt wurden. So gab über die Hälfte von ihnen die Priorisierung von Anforderungen und damit verbunden das schnelle Treffen von Entscheidungen als derzeit größte Herausforderung an. Fast genauso viele sehen sich zudem mit der Aufgabe konfrontiert, strukturiert und fokussiert in einem instabilen Umfeld zu arbeiten. Und auch die Vermittlung von Gelassenheit und Zuversicht zählt jede zweite Führungskraft zu den Hauptherausforderungen in der Krise. Für Barbara Liebermeister, Leiterin des IFIDZ, hat das einen simplen Grund: In der Krise zeige sich einmal mehr, dass Führungskräfte von ihren Mitarbeitern als Orientierung und Halt bietende Unterstützer gebraucht werden!

Das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) hebt in der Publikation Vertrauen in Kommunikation im digitalen Zeitalter die Fähigkeit hervor, durch Vertrauen überhaupt handlungsfähig zu bleiben, weil wir in der Lage sind, „trotz der undurchschaubaren Komplexität, die sichere Voraussagen über die Zukunft verhindert, Entscheidungen zu treffen.“

Die Digitalisierung sorgt für ein verändertes Arbeiten. Corona hat diese Entwicklung noch weiter beschleunigt. Teams arbeiten von unterschiedlichsten Standorten aus, feste Arbeitsplätze nehmen ab, Remote Work nimmt zu.

Umso wichtiger ist es, dass Menschen sich vertrauen. Und weil wir nun wissen, dass Vertrauen nichts Stetiges ist, sondern ein sich ständig im Wandel befindliches Konstrukt, sollten wir uns für unsere Führung an die Vorhaben des Manchester Consulting halten (Horsager, 2013, S. 23-24): „Vertrauen braucht Zeit, Mühe, Sorgfalt und Charakter. Vertrauen schafft man nicht mal eben so nebenher, nicht halbherzig und auch nicht schnell. (…) Hier ist Ihr Vertrauensvorteil – bauen Sie ihn auf, schützen Sie ihn und genießen Sie die Vorteile eines gesunden, starken Waldes mit tief verwurzelten Beziehungen und guten Erträgen (…) Es dauerte im Schnitt sieben Monate, bis die Mitarbeiter Vertrauen zu ihrem Vorgesetzten bekamen – und nur halb so viel Zeit, bis sie es wieder verloren.“

Hier lässt sich die Aussage von Julia Hochmuth ergänzen: „Ohne Vertrauen kein Erfolg. Mitarbeiter, die sich untereinander nicht vertrauen, die dem Unternehmen, der Führungsebene oder dem gesamten System nicht vertrauen, verlangsamen die Arbeitsabläufe, verhindern Erfolg und kosten das Unternehmen unglaublich viel Geld. Ohne Vertrauen ist ein Zusammenarbeiten nicht möglich, Entscheidungen werden infrage gestellt oder nicht akzeptiert, ein jeder würde für sich alleine arbeiten oder im schlimmsten Fall sogar gegeneinander. Vertrauen ist die Grundlage, um im Team arbeiten zu können, um komplexe Aufgaben zu bewältigen, um verschiedene Kompetenzen und Expertenwissen zu vereinen, um ein großes Ganzes zu kreieren.“

Reinhard K. Sprenger schreibt in seinem Buch Vertrauen führt: „In Zeiten, in denen die Produkte immer ähnlicher werden, entscheiden mehr und mehr immaterielle Motive über den Kauf. Pointiert heißt das: Unternehmen verkaufen keine Produkte, sie verkaufen Vertrauen. Deshalb sind Marken so immens wichtig. Eine Marke ist kristallisiertes Vertrauen.“

Neben der Sicherung des wirtschaftlichen Ergebnisses kann Vertrauen aber noch viel mehr: „Vertrauen verkürzt Entscheidungen“, sagt Jochen Vogt, international erfahrener CIO. Das bedeutet, Vertrauen schafft Effizienz, macht Führung leichter und fördert das Miteinander im Team. Gegenseitiges Vertrauen macht alle miteinander kreativer. Die Teammitglieder denken offener und handeln flexibler, weil sie bereit sind, Wissen zu teilen und Veränderungen anzugehen.

Zweifeln wir an den Entscheidungen anderer, fehlt es oftmals an Vertrauen. Wir sind unsicher und suchen deshalb Bindung. Genau diese Bindung, dieser Klebstoff, der uns im Team und im Unternehmen zusammenhält, ist Vertrauen. „Vertrauen ist weniger eine moralische Größe als vielmehr ein ökonomisches Prinzip, das sich ‚rechnet’. Gerade auch im Unternehmen: Vertrauen ist geradezu die Existenzbedingung flexibler Organisationen. (…) Das Wichtigste aber: Vertrauen ist der alles entscheidende Wettbewerbsvorteil auf schnellen Märkten. Es ist die einzige Ressource, die uns in der Economy of Speed überleben lässt. Und je ‚unruhiger‘ unsere Arbeitsverhältnisse werden, desto mehr wird Vertrauen das Band sein müssen, das die Menschen zusammenarbeiten lässt“, so Sprenger.

Maike van den Boom, Autorin des Buches Acht Stunden mehr Glück. Warum Menschen in Skandinavien glücklicher arbeiten und was wir von ihnen lernen können beschreibt in einem Interview auf dem BusinessPortal Norwegen die Erwartung, „die Werte, die Menschen und Gesellschaften glücklich machen, auch im Berufsleben wiederzufinden: Vertrauen, Freiheit, Gelassenheit, Respekt zum Beispiel. Menschen sollen so weit wie möglich sie selbst sein können, mit ihren Stärken und Schwächen, mit ihrem persönlichen Leben. Gerade das macht sie einzigartig. Und wenn man dann dafür sorgt, dass sich all die Menschen ergänzen, und sie alle in eine Richtung streben, dann hat man die Erklärung dafür, weshalb die Skandinavier so glücklich, aber auch wirtschaftlich so erfolgreich sind. (…) Allerdings gehen Führungskräfte in skandinavischen Unternehmen – bei allem Vertrauen – davon aus, dass Anweisungen ohnehin nicht eins zu eins befolgt werden. Diese selbstbewussten Mitarbeiter hinterfragen alles und jeden – und bieten gleichzeitig die aus ihrer Sicht beste Lösung an, nach dem Motto: ‚Ich mache das, weil ich denke, dass es funktioniert.‘ “Wahrscheinlich würde dieses Verhalten in Deutschland Konflikte auslösen, weil viele Führungskräfte davon ausgehen würden, dass ihre Kompetenz infrage gestellt wird. Im Norden hingegen sei man froh, dass Menschen mitdenken. Deshalb gibt sie einen Tipp an deutsche Manager weiter: „Loslassen, Menschen laufen lassen. Mehr das Individuum glänzen lassen, so dass jeder das Gefühl hat, wichtig für die Gemeinschaft zu sein. Dann sind Menschen auch bereit, gemeinsam in eine Richtung zu rudern und extra Einsatz zu zeigen.“

Dies zeigt einmal mehr die Notwendigkeit von Vertrauen in Gemeinschaften, zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, zwischen (Projekt-)Teams oder zwischen Unternehmen: Vertrauen entsteht in einem gegenseitigen Prozess, im Idealfall mit einem ausgewogenen Geben und Nehmen. Und feststeht: Vertrauen kann man nur schenken, wenn man über Selbstvertrauen verfügt. Der schottische Theologe und Autor George MacDonald sagt sogar: „Vertrauen geschenkt zu bekommen, ist ein größeres Kompliment, als geliebt zu werden.“

Was wäre ein Leben ohne Vertrauen? Neben negativen gesellschaftlichen Auswirkungen hätte ein Leben ohne Vertrauen auch wirtschaftlich dramatische Folgen:

Es würden keine Geschäfte mehr getätigt werden.

Man hätte keinen Einfluss mehr auf andere, weil sie gar nicht wissen wollten, was man zu sagen hat.

Teams würden nicht mehr existieren. Es gäbe nur noch Einzelkämpfer.

Die Produktivität ginge verloren, weil sowohl das Vertrauen in die beteiligten Menschen als auch in die benötigten Maschinen fehlte.

Der gute Ruf ginge verloren ohne Vertrauen, dass Fehler menschlich sind und behoben werden können.

Unternehmen würden keine fähigen Mitarbeiter mehr finden, weil man deren Talenten nicht trauen würde.

Es gäbe keine loyalen Kunden, weil man Anbietern grundsätzlich misstrauen würde.

Es gäbe weniger Gewinn in den Unternehmen und weniger Einkommen bei den Mitarbeitern.

Marken würden – ohne Vertrauen – deutlich an Wert verlieren.

Das Fazit daraus bringt Jim Burke, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Johnson & Johnson, auf den Punkt: „Erfolg ist ohne Vertrauen nicht möglich. Das Wort Vertrauen umfasst alles, was wir brauchen, wenn wir mehr Erfolg haben wollen.“

Andersherum hat David Horsager in seinem Buch Vertrauen. Die Währung von morgen zusammengefasst, wie sich ein Plus an Vertrauen in den verschiedenen Bereichen auswirkt:

„Führungskräfte bekommen ein Vielfaches an Einfluss und Wirkung.

Führungskräfte bekommen mehr Motivation.

Manager bemerken mehr Produktivität und mehr Engagement im Team.

Vertriebsleute verspüren mehr Engagement und bessere Ergebnisse.

Kundendienst-Experten bemerken begeisterte Empfehlungen und treue Kunden.

Eltern beobachten, dass es Zuhause friedlicher und freier zugeht.

Lehrer werden mehr Respekt, mehr Disziplin und mehr Lernerfolge feststellen.“


Abb. 3: Wechselseitige Erwartungshaltung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter

Quelle: Antje Heimsoeth, Vertrauen entscheidet, Seite 186

1.5Grenzen des Vertrauens

Wir alle bemerken es jeden Tag: Vertrauen ist keine Selbstverständlichkeit. Vertrauen ist immer verbunden mit Risiko. Doch ohne die Überwindung von Angst und unsere Bereitschaft, ein gewisses Risiko einzugehen, kann es kein Vertrauen geben.

Vertrauen ist in den meisten Fällen nicht einfach vorhanden, es sei denn, es handelt sich um vertraute Personen oder bekannte Vorgänge. Sehr viel öfter muss Vertrauen erst einmal entstehen. Wir vertrauen am ehesten dann, wenn wir ein Verhalten oder ein Ergebnis voraussehen können. Doch wann können wir das in der heutigen (Arbeits-)Welt?

Wissenschaftler kamen zu einem interessanten Ergebnis hinsichtlich der Beziehung von Menschen zu ihrem Smartphone:

Die bloße Anwesenheit eines Smartphones behindert die Entwicklung von Nähe und Vertrauen und reduziert die Empathie und das Vertrauen für den Gesprächspartner.

So zu lesen in dem Techbook-Artikel So zerstört das Handy Ihre Beziehung. Das Handy hat nicht nur Auswirkungen auf einzelne Beziehungen, sondern auch Einfluss auf unser generelles soziales Verhalten. Eine Studie der Psychologen Kostadin Kushlev von der Universität von Virginia und Jason Proulx von der University of British Columbia ergab Folgendes: Je mehr wir ein Smartphone nutzen, um uns zu informieren, desto weniger vertrauen wir unseren Nachbarn, fremden Leuten, Menschen aus anderen Ländern und Religionen. Die Beziehung Smartphone-Vertrauen gilt laut der Wissenschaftler auch umgekehrt: Je weniger jemand anderen Menschen vertraut, desto mehr nutzt er das Smartphone als Informationsquelle.

Eine Studie von Andrew K. Przybylski und Netta Weinstein von der University of Essex bestätigt, dass bereits ein Smartphone, das nur auf dem Tisch liegt, Vertrauen zerstört. Sie haben die Wirkung von Mobiltelefonen auf Vertrauen und Empathie untersucht: „Bei wichtigen Themen nahm das gefühlte Vertrauen um über die Hälfte ab. (…) Der Vertrauensverlust ist unbewusst.“ Die Forscher vermuten, dass das Handy für die Erreichbarkeit und die Vernetzung mit einem großen Kreis von anderen Menschen steht und so die Öffnung zum Gegenüber behindert. Unbewusst werde durch die Anwesenheit des Smartphones die Botschaft vermittelt: „Ich bin bereit, dieses Gespräch jederzeit stören zu lassen und zu unterbrechen. Du bist nicht so wichtig.“

Wodurch wird ein Vertrauensverhältnis zerstört? Typische Gründe für Vertrauensdefizite in Unternehmen1

Die Mitarbeiter machen wiederholt die Erfahrung, dass Veränderungen einseitig zu ihren Lasten vorgenommen werden.

Sie bekommen das Gefühl, ihr Schicksal sei der Unternehmensleitung gleichgültig, die Vorgesetzten würden sich nicht um sie kümmern.

Die Mitarbeiter bekommen den Eindruck, man würde sie bewusst mangelhaft oder sogar falsch informieren.

Sie müssen erkennen, dass ihr jahrelanges Engagement in Krisenzeiten oder bei strategischen Unternehmensentscheidungen nichts gilt.

Die Unternehmensleitung setzt bei wichtigen Entscheidungen eher auf das Expertenwissen externer Berater als auf die Erfahrungen, das Insiderwissen und die Kundenkontakte der eigenen Mitarbeiter.

Manager der oberen Hierarchieebenen sorgen mehr für ihre persönlichen Vorteile als für den Fortbestand des Unternehmens und den Erhalt der Arbeitsplätze.

Weitere Gründe sind:

Unbegründete Ungleichbehandlung

Fehlende Chancengleichheit bei Vergütung und Beförderung

Zu komplexe Entscheidungswege

Zu viele Kontrollen bei der Arbeit bzw. von Arbeitsprozessen

Widersprüchliche und missverstandene Botschaften

Abwertende Äußerungen über Mitarbeiter

Wenn Mitarbeitern zu Unrecht misstraut wird

Persönliche Unsicherheiten, die sich auf die Führung auswirken

Kommunikationsstörungen wie die Verkündigung unterschiedlicher Informationen an verschiedene Mitarbeiter

Unberechenbarkeit von Führungspersonen

Infragestellen der Mitarbeiterkompetenzen

Ausbleiben von Anerkennung und Lob

Einsatz von Informationen als Manipulation (Bestrafung)

Unfaire Bezahlung und Intransparenz über Lohn-/Gehälterunterschiede

1.6Das Warum des Vertrauens in der Führung

„Ein Chef, der seinen Mitarbeitern nicht vertraut, hat Mitarbeiter, die sich nichts trauen.“ Danke an den Unternehmer Carsten K. Rath für diese treffenden Worte!

Gerade durch die Corona-Krise mussten viele Unternehmen ad hoc ins Vertrauen springen. Wie gehen sie damit um? Wie ginge es besser? Und was bleibt von dem Vertrauensvorsprung, wenn die Sondersituation eines Tages wieder normal wird?

Die Arbeitssituation mit Home iund Remote Work, freierer Zeiteinteilung, Entgrenzung von Arbeits- und Familienzeit, Selbstorganisation usw. hat uns in ein neues Experiment geworfen, das wohl wenige von uns frei gewählt hätten. Schon jetzt zeigen Studien, dass die Arbeit im Home Office anspruchsvoll ist und nicht unbedingt glücklich macht. „Daher wäre wohl Coworking die bessere Option“, sagt Prof. Antoinette Weibel im Interview mit managerSeminare im Juni 2020. „Was wir jetzt lernen – und wir lernen aktuell sehr viel – ist unter anderem Selbstmanagement und dazu zählt auch, psychisch gesund zu bleiben und Grenzen zu finden. Insbesondere für Führungskräfte ist dieses Experiment noch in einer weiteren Hinsicht verantwortungsvoll: Die müssen jetzt mehr denn je ihren Mitarbeitenden vertrauen.“

Doch Führungskräfte trauen sich vielerorts nicht, zu vertrauen.

Studien von Gallup genauso wie wiederkehrende Gesundheitsbefragungen zeigen, dass der Mikromanager noch nicht ausgestorben ist. Weibel zeigt sich hoffnungsvoll und testet gerade Hypothesen zum Thema „Vertrauen als motivierte Aktion“ mit Experimenten. Dabei zeigt sich: Wer gute Gründe findet, warum sich Vertrauen lohnt, kann eher Vertrauen entwickeln. Wer es jetzt schafft, seine Sympathien zu den Mitarbeitern und darüber hinaus das Paradigma „Vertrauen ist besser als Kontrolle“ auszubauen, tut sich leichter. Übersetzt heißt das, Vorgesetzte müssen einen motivierenden Grund finden, also für sich beantworten, warum sich Vertrauen lohnt.

Wer sich jetzt auf das Vertrauensexperiment im Wirtschaftsleben einlässt, dürfte positiv überrascht werden. Denn gerade jetzt zeigt die generelle Forschung zu organisationalen Krisen einen großen Vertrauensvorschuss. Der ist auch unabdingbar, damit Mitarbeiter Ideen zur Bewältigung der Situation einbringen können und wollen. In einer Krise zum Mitdenker und Mitgestalter wird nämlich nur, wer Vertrauen geschenkt bekommt und damit Freiräume zum Mitwirken und „in die da oben“ hat. Kurz: Vertrauen befähigt.

Wir befinden uns in einer Problemsituation, dessen Konturen noch nicht klar und bei dem Zielkonflikte die Regel anstelle der Ausnahme sind. Solche Probleme löst man nur zusammen, indem verschiedene Perspektiven eingebracht werden und daraus eine gemeinsame Lösung entsteht.

Die Stress- und Engagementforschung zeigt zudem: Vertrauen – vor allem, wenn dies gekoppelt ist mit menschlicher, sozialer Unterstützung und Wohlwollen – ist eine wichtige Ressource, um mit den momentan stark gewachsenen Belastungen besser umzugehen. Eine ausgeprägte Vertrauenskultur hilft bei der Bewältigung der Krise, weil sich Führungskräfte und Mitarbeiter trauen, sich auch mal schwach zu zeigen, Hilfe zu erbitten, und so noch mehr Solidarität mit den Kollegen und dem Unternehmen fühlen.

Vor dem Hintergrund, dass sich Mitarbeiter durch fehlende Kinderbetreuung und erschwerten Arbeitsbedingungen vielfach überfordert fühlen von dem Vertrauen, das im Home Office in sie gesetzt wird, muss sich zum Vertrauen zwingend auch eine Befähigung, sprich eine Ermächtigung gesellen. Etwa in der Nutzung entsprechender Projekt- und Selbstmanagementtechniken, technischer Tools, aber auch in psychologischer Hinsicht. Darüber hinaus kann eine Gefahr darin bestehen, dass Mitarbeiter dem „neu vertrauenden“ Chef nicht glauben. Es könnte sein, dass Führungskräfte das Gefühl vermitteln, nur aus der Not heraus zu vertrauen. Dass das Vertrauen nicht ehrlich ist, sondern nur ein unliebsames, aber aktuell unverzichtbares Mittel zum Zweck. Darauf könnten Mitarbeiter allergisch reagieren.

Auch die Führungskraft selbst kann der neuen Vertrauenssituation misstrauen. Zum Beispiel, indem sie unterstellt, dass Mitarbeiter ihre Home Office-Situation zu ihren Gunsten ausnützen würden. Hier ist es für alle Beteiligten ratsam, neue Regeln der Zusammenarbeit zu definieren, indem zusammen mit dem Team eine Teamcharta erstellt wird, der sich alle verpflichtet fühlen. Wenn man als Führungskraft allerdings das deutliche Gefühl hat, ein bestimmtes Teammitglied würde die Situation missbrauchen, muss sie diesem Gefühl nachgehen und den Mitarbeiter darauf ansprechen. Im ersten Schritt hilft es für ein konstruktives Gespräch, mit einer Unschuldsvermutung loszugehen, Hindernisse zu identifizieren und gemeinsame Wege zu suchen, wie der Mitarbeiter in die produktive Phase zurückkommt. Gerade in einer solchen neuen Situation ist davon auszugehen, dass es viele nachvollziehbare Hindernisse wie Existenzängste, Konzentrationsprobleme oder fehlendes Know-how gibt, etwa mit Technik. Wenn sich dauerhaft nichts ändert, muss natürlich über Konsequenzen nachgedacht und sich ultimativ von dem betreffenden Mitarbeiter getrennt werden. Hier greift die Loyalität zum Unternehmen und auch die Loyalität zum Team, das nicht durch das Dulden eines Fehlverhaltens in Mitleidenschaft gezogen werden soll. Auch wenn so mancher Führungsmensch, den ich kennengelernt habe, eine solche Investition in das Vertrauen als Ponyhof bezeichnen mag: Auch dieser verfügt über einen soliden Zaun.

Wird sich das Vertrauen aus einer Sondersituation in die Normalität übertragen lassen?

In der Corona-bedingten Sondersituation haben wir oberflächlich gelernt, was online möglich ist und wo wir wieder offline sein wollen. Wir experimentieren viel mit neuen Techniken und verzeichnen kürzere Meeting-Zeiten, die dafür mehr Vor- und Nachbereitung brauchen. Und wir tauschen – wie bei loyalworks® aus Mitarbeitersicht – Erfolgsgeschichten aus. Ich hoffe, dass sich diese neuen Gepflogenheiten dauerhaft durchsetzen werden.

Und ja, Vertrauen kann zur Routine werden und Routinen kann man lernen! Gabriele Oettingen hat zum Beispiel ein Trainingsprogramm für neue Routinen entwickelt2. So etwas eignet sich auch für den Aufbau von Vertrauen. Um Vertrauen zu etablieren, sollte man sich die Verhaltensweisen vergegenwärtigen, die zeigen, dass man Vertrauen schenkt. Es ist ratsam, Hindernisse der Umsetzung vorwegzunehmen und „Wenn-dann-Pläne“ aufzustellen.

In einer empirischen Studie, die Antoinette Weibel in einer ausgeprägten Vertrauensorganisation durchgeführt hat, wurde festgestellt, dass sich selbst vorsichtige, nicht zu Vertrauen neigende Führungskräfte einen Schubs geben – wenn Vertrauen zum dominanten Narrativ, also einem sinnstiftenden Wert geworden ist und sich die Führungskräfte weiterhin an Regeln halten können. Im Fall der Studie waren diese Regeln keine Kontrollregeln, sondern lediglich Koordinationsinstrumente. Überspitzt könnte man bei Regelfetischisten also in Sachen Vertrauen nachhelfen, indem die Zusammenarbeit mit erleichternden, aber nicht kontrollierenden Regeln eingerahmt wird.

Mehr zur Vertrauensforschung von Antoinette Weibel:

Vertrauen als Schlüsselwert in der Krise (www.youtube.com/watch?v=An7fX77qxhM) online Schulung mit Antoinette Weibel im Rahmen der Reihe ‚HSG Insights zu der Frage: Warum Vertrauen in der Krise essenziell ist

Der erste Schritt zum Vertrauen ist, sich zu trauen (www.managerseminare.de/managerSeminare_TV/,255210) TV-Interview mit Antoinette Weibel auf den Petersberger Trainertagen 2017 zu der Frage: Welche Instrumente verhindern Vertrauen?

Vertrauen oder verlieren (www.managerseminare.de/MS224AR06) Interview mit Antoinette Weibel zu der Frage: Wie wird eine Vertrauenskultur am besten umgesetzt?

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9783739801162
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