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Die Geburt der Auslandsarbeit der Politischen Stiftungen, eines weltweit einzigartigen Dialoginstruments

Wenige Tage, nachdem der Bundeskanzlererlass vom 29. Januar 1962 die Zuständigkeiten des neuen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit geregelt hatte, sah sich der Interministerielle Lenkungsausschuss, in dem auch in Zukunft über die Vorhaben der Entwicklungshilfe entschieden werden sollte, mit der Frage konfrontiert, in welcher Weise außer den kirchlichen Hilfswerken Misereor und Brot für die Welt auch weitere nicht-staatliche Einrichtungen bei der Gestaltung der Entwicklungspolitik berücksichtigt werden sollten. In seiner 34. Sitzung am 16.2.1962, die zum ersten Mal unter dem Vorsitz des neuen Ministers, Walter ScheelScheel, Walter, stand und, da das neue Ministerium noch keinen Amtssitz hatte, im Bundeskanzleramt stattfand, wurde der Ausschuss unter TOP 5 überraschend mit einer Vorlage des Auswärtigen Amtes konfrontiert, das einen Antrag der Politischen Akademie EichholzPolitische Akademie Eichholz e.V. vorlegte, mit dem die Unterstützung eines Instituts für politische Bildung in Caracas/Venezuela beantragt wurde.

Zur Begründung des Antrags teilte das Auswärtige Amt mit, dass das Bundeskanzleramt in dem Vorhaben einen neuen Weg zur Heranbildung einer demokratischen Führungselite in den Entwicklungsländern sehe und das Projekt dafür ein Modellfall sei. Zwar hatte das Auswärtige Amt schon zuvor internationale Seminare der Friedrich-Ebert-StiftungFriedrich-Ebert-Stiftung „zur geistigen Auseinandersetzung mit dem Kommunismus“ finanziell unterstützt, aber die Tätigkeit nicht-staatlicher Organisationen in Zusammenarbeit mit ausländischen Organisationen sei, zusammen mit der Finanzierung von Projekten der kirchlichen Werke, für die sich Bundeskanzler AdenauerAdenauer, Konrad schon zuvor eingesetzt hatte, ein „erstmaliger“ Vorgang.1

Die Initiative AdenauersAdenauer, Konrad, der einen deutschen Beitrag zu einem sozialreformerischen und demokratischen Weg Lateinamerikas leisten wollte, war der Beginn der Auslandsarbeit der Politischen Stiftungen. Jüngere Politiker der CDU und SPD unterstützten die Initiative, die beginnende deutsche Entwicklungspolitik um diese Dimension zu erweitern. Am 2. Mai 1962 wurde der Geschäftsführer der Friedrich-Ebert-StiftungFriedrich-Ebert-Stiftung Günter GrunwaldGrunwald, Günter und ich als Leiter der Politische Akademie EichholzPolitische Akademie Eichholz zu einer Besprechung mit dem Interministeriellen Referentenausschuss für Technische Hilfe eingeladen. Wir schieden mit dem Eindruck, dass sich für die politische Absicherung und haushaltsrechtlichen Fragen der zukünftigen Auslandsarbeit der politischen Stiftungen eine Lösung finden lasse.2 Daraus entstand dann in der Folge der Haushaltstitel des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit „Förderung der gesellschaftspolitischen Erziehung in den Entwicklungsländern“ (heute „Entwicklungspolitische Arbeit der Politischen Stiftungen“) und ein bis heute weltweit einmaliges Instrument zum politischen Dialog mit den führenden politischen und kulturellen Persönlichkeiten der Entwicklungsländer.

Dr. Martin GreiffGreiff, Martin

Im BMZ von 1963 bis 2000 tätig (seit 1972 Referatsleiter „Welternährung“, Organisation, Südliches Afrika, Forschung, Ostasien), davor: Studienstelle der früheren Deutschen Stiftung für Entwicklungsländer in Berlin und Bonn.

KennedyKennedy, John F., AdenauerAdenauer, Konrad und LübkeLübke, Heinrich geben sich die Ehre

Aufgeregt drängten sich zahlreiche junge Menschen an diesem Tag im Juni 1963 an das Geländer der Treppe zum Obergeschoss des Bundespräsidialamts, um nichts von der Zeremonie zu versäumen, die sich gleich im Erdgeschoss abspielen sollte. Dort stand im Foyer der Villa Hammerschmidt ein großer Tisch mit zwei Exemplaren des zu unterzeichnenden Dokuments samt Füllern.

Nach einiger Zeit spannungsvollen Wartens öffnete sich ein Vorhang vor der Tür zu den Innenräumen und drei Personen kamen ins Foyer, Bundesminister ScheelScheel, Walter, Sargent ShriverShriver, Sargent, der Chef des USPeace Corps und in gelbem Sommerkleid seine Frau EuniceShriver, Eunice, eine Schwester John F. KennedysKennedy, John F., die diesen bei seinem damaligen Deutschlandbesuch begleiteten. Nun trat Präsident KennedyKennedy, John F. von hinten aus dem Inneren der Villa hinzu, flankiert von Bundespräsident Heinrich LübkeLübke, Heinrich und Bundeskanzler Konrad AdenauerAdenauer, Konrad und die Urkunde zur Gründung des Deutschen EntwicklungsdienstesDeutscher Entwicklungsdienst wurde unterzeichnet. Danach zogen sich die Hauptpersonen zusammen mit Bundesminister Scheel wieder zum Gespräch in die Innenräume des Bundespräsidialamts zurück, und wir verließen nach und nach die Villa. Sekt für alle, das gab es damals noch nicht.

Die Mitglieder unserer Gruppe waren zusammen mit anderen jungen, engagierten Menschen zu dieser Unterzeichnung als jugendliche Zeugen und potenzielle Entwicklungshelfer eingeladen worden, weil wir mit etwa 40 Personen, vorwiegend Studentinnen und Studenten, im April/Mai 1963 ein Praktikum bei Entwicklungsinitiativen in Sizilien absolviert hatten. Sizilien galt als Entwicklungsregion in Europa.

4 Entwicklungspolitik unter erschwerten innenpolitischen Bedingungen

Minister: Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen (1966–1968)


Hans-Jürgen Wischnewski * 1922 †2005

❋ Beschreibung und Wertung

Ende 1966 wurde eine Große Koalitiongroße Koalition von CDU und SPD gebildet und Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen (SPD) wurde Entwicklungsminister. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen schien als Entwicklungsminister besonders prädestiniert, da er durch seine frühe Unterstützung der algerischen Befreiungsbewegung im Kampf gegen die Kolonialmacht Frankreich 1954 und die Jahre danach ein wachsendes Netzwerk in arabischen Staaten aufgebaut hatte, das geeignet war, ihm als Entwicklungsminister in Asien, Afrika und Lateinamerika Türen zu öffnen.1 Als zentrales Motiv für sein Engagement gab WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen deshalb das Selbstbestimmungsrecht der VölkerSelbstbestimmungsrecht der Völker an, dem für ihn, sicherlich auch vor dem Hintergrund der deutschen Frage, also der historischen Situation der deutschen Zweistaatlichkeit, ein besonderer Stellenwert zukam: „Zu meinen Überlegungen gehörte, dass man nur dann glaubwürdig für das Selbstbestimmungsrecht des eigenen Volkes eintreten kann, wenn man auch das der anderen Völker ernst nimmt und sich dafür aktiv engagiert. Dieses Selbstbestimmungsrecht war für mich ein unverzichtbarer Bestandteil des Völkerrechts und der internationalen Zusammenarbeit.“2

Die Große Koalition insgesamt war von mehreren Rahmenbedingungen geprägt, die für eine aktive Entwicklungspolitik zunächst ungünstig erschienen. Als erstes galt zu Beginn immer noch offiziell die HallsteinDoktrin als verbindlich. Sie wurde jedoch unter WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen schrittweise gelockert.3 Eine weitere ungünstige Rahmenbedingung stellte der Umstand dar, dass die Große Koalition zu einer Zeit in die Regierungsverantwortung kam, als die erste große Wirtschaftskrise nach dem Krieg das Wirtschaftswunderland Bundesrepublik erschütterte. Der Konjunktureinbruch zwischen Herbst 1966 und Sommer 1967 führte dazu, dass das Bruttosozialprodukt 1967 das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik sank.4 Die Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland hat deshalb während der Großen Koalition – aufgrund der internen ökonomischen Schwierigkeiten – auch der Exportförderungspolitik und der Arbeitsmarktpolitik gedient.5

Schwerpunktländer deutscher Entwicklungszusammenarbeit waren die Türkei, Iran, Afghanistan, Indien und Indonesien. Daneben begann die Unterstützung der unabhängig gewordenen afrikanischen Staaten. Ein wichtiger thematischer Akzent der Entwicklungszusammenarbeit war die Förderung der gewerblichen Berufsausbildunggewerbliche Berufsausbildung.

Im Jahre 1967 wurde erstmals der Versuch gemacht, in der Öffentlichkeit Vorurteile gegen die Entwicklungspolitik abzubauen. Dabei wurde bei den Informationskampagnen auf Einfachheit und Verständlichkeit großer Wert gelegt. Zielgruppen waren in erster Linie sog. „einfache Bevölkerungsschichten“6, da dort nach Ergebnissen von Meinungsumfragen die stärksten Vorbehalte gegen die Entwicklungshilfe bestanden. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen ließ sogar eine Schallplatte für die EntwicklungshilfeSchallplatte für die Entwicklungshilfe anfertigen.7 Im Auftrage des BMZ verfasste der RuhrBarde Jürgen von Mangervon Manger, Jürgen („Herr Tegtmeier“) einen werbenden Schallplattentext, dem folgender Auszug entnommen ist: „Der Betriebsrat is inne Ohren gekommen, dass es einige von uns gibt, die noch nicht richtig aufgeklärt sind mitte Entwicklungshilfe. […] Ich habe die Tage mal persönlich mit dem Minister gesprochen, […] der Herr WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen, der muss dat ja schließlich wissen der Mann und der sagt: Es wär doch ein Blödsinn, wenn es immer heißt, dat wir die ganzen Entwicklungsmillionen nur verschenken täten! Nix! Die Herrschaften kriegen die Mäuse nur geborgt und müssense jeden einzigen Pfennig wieder zurückzahlen mit Zins und Zinseszins mit bei, da wären die in Bonn ganz pingelig für. […] Also bitte schön: dat wissen die meisten nich, dass dieses Geld, wat die sich ausleihen, wenn se so mit ihren schwatten Aktentaschen in Bonn angewackelt kommen: Dat dürfen die überhaupt nicht zu Hause nehmen, sondern müssense hier in Deutschland gleich irgendwelche Traktoren oder auch schon mal Kunstdünger für kaufen, damit dieser Dünger dann gleich die deutsche Industrie wieder zugutekommt und wir alle eine schöne Auftragslage, ne, also dass diese ganze Konjunktur nich länger anne Talsohle rumknabbern muss, sondern die Wirtschaft schön am laufen hält.“8

Später erkannte WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen jedoch, dass die Politik, die Entwicklungshilfe als Instrument der Wirtschaftspolitik einzusetzen, falsch war: „Deshalb habe ich bei meiner Bitte um Verständnis für die deutsche Entwicklungspolitik die wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik viel zu stark in den Vordergrund gestellt. Ich glaubte, mit dieser Methode Menschen leichter gewinnen zu können. Doch dieser Weg war falsch. Heute weiß ich, dass die verantwortlichen Politiker in den reichen Industrieländern ihren Bürgerinnen und Bürgern ehrlich sagen müssen, dass wirkliche Opfer gebracht werden müssen, um diese vielleicht größte Aufgabe zu erfüllen. Heute sind sich verantwortungsbewusste Politiker darüber einig, dass die Lösung von drei Weltproblemen über den weiteren Fortbestand dieser Erde entscheidet:

 Die Schaffung und Erhaltung des Friedens in allen Teilen dieser Welt.

 Die Erhaltung und Wiederherstellung von Natur und Umwelt auf dem Lande, im Wasser und in der Luft, in allen Regionen der Erde.

 Der Abbau des nahezu unmenschlichen Gefälles zwischen den reichen Ländern im Norden und den armen Ländern im Süden unserer Welt.“9

WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen erkannte früh die Bedeutung des BevölkerungswachstumBevölkerungswachstums. So schrieb er 1968:

„Vom Jahr 2000 trennen die Menschheit nur noch 32 Jahre. In diesem kurzen Zeitraum wird sich die Bevölkerung der Erde von heute 3,4 Mrd. Menschen auf mehr als 6 Mrd. verdoppeln.“10 Deshalb hatte sich das BMZ entschlossen, Programme der Bevölkerungspolitik in Entwicklungsländern zu unterstützen. „Der besonderen Verantwortung, die bei jeder Mitwirkung an bevölkerungspolitischen Programmen übernommen wird, sind wir uns ebenso bewusst, wie der Problematik solcher Programme: Missbräuche und negative Nebenwirkungen bei Maßnahmen der Familienplanung können nur vermieden werden, wenn die Programme in eine fundierte Bevölkerungspolitik eingebettet werden, die auf breiten soziologischen und ethnologischen Untersuchungen basiert.“11 Eine Unterstützung der Familienplanung war in den 1960er-Jahren mutig. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen wählte klare Worte: „Obwohl vor kurzem das Oberhaupt der katholischen Kirche in der Enzyklika ‚Humanae vitae‘ den Gebrauch antikonzeptioneller Mittel untersagt hatte, müssen wir weiterhin die Überzeugung vertreten, dass die Geburtenregelung in den Entwicklungsländern unumgänglich ist.“12

Eine große Bedeutung hatte eine von WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen eingerichtete PlanungsgruppePlanungsgruppe, wie überhaupt das BMZ einen hohen Anteil von Planern, Beratern und Gutachtern beschäftigte.13

WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen bemühte sich um eine Effizienzsteigerung der Entwicklungspolitik und forcierte die Projektevaluierung. Alle laufenden Projekte wurden überprüft (sog. DurchforstungsaktionDurchforstungsaktion), Schwerpunktsetzungen erarbeitet und Methoden der ProjektevaluierungProjektevaluierung entwickelt. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen: „Die Überprüfung der Projekte war notwendig, um die Ausgabe von Haushaltsmitteln weit von der Bundesrepublik entfernt, irgendwo im Busch, mit den Richtlinien der Reichshaushaltsordnung in Einklang zu bringen.“14

WischnewskisWischnewski, Hans-Jürgen BMZ war noch sehr schmalbrüstig, denn die Mittel der Kapitalhilfe waren noch im Haushalt des Wirtschaftsministeriums untergebracht. Natürlich musste es Aufgabe des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit sein, diesen wichtigen Betrag in den Haushalt des eigenen Ministeriums zu übernehmen. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen: „Wirtschaftsminister Karl SchillerSchiller, Karl war ein brillanter Mann, aber auch ein Zuständigkeitsfetischist. Ich hatte mit ihm harte Auseinandersetzungen in dieser Frage und habe mein Ziel auch nicht erreichen können. Erst meinem Nachfolger Erhard EpplerEppler, Erhard ist es gelungen, die Zuständigkeit für die Kapitalhilfe im BMZ zu verankern.“15 WischnewskisWischnewski, Hans-Jürgen Entwicklungspolitik hat dennoch einige wenige Marksteine gesetzt: seine Betonung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker, sein Beharren auf den exportfördernden Wirkungen der Entwicklungshilfe (die er allerdings später revidierte), die Initiierung der Familienplanung als Instrument der Entwicklungspolitik und die Einführung der Projektevaluierung.

„WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen hat Entwicklungspolitik zu einem Thema gemacht, an dem niemand mehr vorbeikam. Nicht so sehr deshalb, weil er ursprünglich darauf aufmerksam gemacht hatte, dass eine Exportnation wie die deutsche ein Interesse daran hat, dass anderswo die Menschen etwas kaufen können. Es war seine Persönlichkeit, seine Vitalität und seine Vergangenheit (seine frühe Unterstützung der algerischen Unabhängigkeit). So stand der Name „Ben Wisch“ für die persönliche Beziehung zu den Menschen, um deren Zukunft es bei der Entwicklungspolitik ging.“16

❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Wolf PreussPreuss, Wolf, Dr. Helmut GieseckeGiesecke, Helmut, Dr. Sigvard ClasenClasen, Sigvard

Dr. Wolf PreussPreuss, Wolf

Mitarbeiter des BMZ 1963–1998, Persönlicher Referent der Bundesminister Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen und Dr. Erhard EpplerEppler, Erhard, Leiter der Abteilung Multilaterale Zusammenarbeit und Sektorpolitik. 1998–2006 Berater der Regierungen in Albanien, Kosovo und Georgien zu Fragen der Annäherung an die EU.

Der Gerechte

Am beeindruckendsten war an Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen sein Sinn für Gerechtigkeit, seine Empathie, sein Sich-Kümmern um den Mitmenschen und seine absolute Loyalität gegenüber seinen Mitarbeitern. In der täglichen engen Zusammenarbeit passieren auch in der engsten Umgebung des Ministers Pannen, die sofort nach außen getragen werden. Diese werden von ihm intern unaufgeregt kritisiert, nach außen stellt sich der Minister immer vor seine Leute. Darauf kann man sich verlassen. Auf längeren Fahrten mit dem Dienstwagen sitzt immer sein Fahrer beim Essen auf Ministerkosten mit am Tisch, auch bei vertraulichen Gesprächen.

Ein Besuch in Teheran, 1968: Das offizielle Tagesprogramm ist abgearbeitet. Für den freien Abend hat WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen die beiden uns ständig begleitenden iranischen Motorrad-Polizisten zum Essen eingeladen. Nach einer wilden Fahrt mit viel Blaulicht und Gehupe auf der linken Fahrspur durch Teheran fehlt beim Restaurant einer der beiden Polizisten. Bei Nachfrage stellt sich heraus, dass dieser einen wegen unserer Fahrweise zu Recht protestierenden Iraner schnurstracks deswegen ins Gefängnis gebracht hat. Dort sollte er erst mal bleiben. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen fordert dessen sofortige Freilassung und verschiebt das Essen solange, bis der Mann in Freiheit und der zweite Polizist wieder aufgetaucht ist.

Dr. Helmut GieseckeGiesecke, Helmut

Leiter der Planungsgruppe des BMZ in der Zeit von 1966 bis 1969, zuvor längere Tätigkeiten in Mittelamerika und Indien, danach Wechsel in die Privatwirtschaft: Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des DIHT (Deutscher Industrie und Handelstag).

Ausbau der jungen Entwicklungspolitik trotz Wirtschaftsflaute

Nach der Bildung der ersten großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland warteten wir in dem vom liberalen Minister Walter ScheelScheel, Walter geprägten jungen BMZ gespannt auf die neuen Akzente der deutschen Entwicklungspolitik, die Minister Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen (SPD) setzten würde. Seine uns bekannten Algerien-Initiativen wie auch seine Stellungnahmen im Bundestag ließen erwarten, dass die Gestaltungswünsche der Entwicklungsländer eine größere Rolle spielen dürften. Während die alten Kolonialmächte eigene Entwicklungsprogramme entworfen hatten, hatten die verschiedenen Fachressorts der Bundesregierung ihre besonderen Stärken in das zunächst nur lose koordinierte Angebot der Bundesrepublik eingebracht. Aufgabe des jungen Entwicklungsministeriums war es, unterstützt von Fachwissenschaftlern, für eine begrenzte Zahl von Ländern Programme zu entwickeln, die das deutsche Angebot zusammenfassten und optimal neben Eigenanstrengungen und Fremdhilfe der Nehmerländer stellten. Zusammen mit den neu gebildeten Länderreferaten lag hier eine wichtige Aufgabe der PlanungsgruppePlanungsgruppe. In dieser Ausbauphase der deutschen Entwicklungspolitik erfolgte ein ernsthafter Konjunkturrückgang, und zugleich mit dem Argument der „goldenen Betten“ in den Entwicklungsländern entstanden Zweifel an der Gestaltung der Entwicklungshilfemaßnahmen. Auf beides reagierte Minister WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen. Ich konnte ihn zu wichtigen Veranstaltungen, z.B. im Düsseldorfer Industrieclub und auch zu führenden Betriebsratsvorsitzenden begleiten. In überzeugender Weise trug er den Wunsch des Ministeriums vor, weitere Zuständigkeiten für die Entwicklungspolitik zu erhalten. Er wies dabei auf die zum Teil schwierigen Abstimmungsprozesse in den interministeriellen Ausschüssen hin, ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Kontrollen im Zusammenwirken mit den Partnerländern weiter ausgebaut werden sollten. Natürlich stellte er die Exportwirksamkeit einzelner Maßnahmen heraus, unterstrich aber auch den Gewinn für die Nehmerländer. Für ihn kam es in dieser Situation darauf an, die Interessenlage beider, der Geber und der Nehmerländer in eine Balance zu bringen. Entscheidend war die Fortentwicklung der deutschen Entwicklungspolitik, die damals gefährdet schien.

Dr. Sigvard ClasenClasen, Sigvard

1965–1968 Projektverantwortlicher der KfW für Investitionen in die Infrastruktur von Entwicklungsländern, anschließend zwei Jahre im Frankfurter BattelleInstitut zuständig für Afrika in Beratung und Projektevaluierung, 1980–1998 Vorstand im Degussa-Konzern, seitdem Aufsichtsrat in Pforzheim.

1 509,07 ₽
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9783846351383
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