Читать книгу: «Shana», страница 15

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Belly nahm das Heft in die Hand. „Na, kommt. Hilft ja nichts.“

Erst wollte Shana anklopfen, aber dann gab sie sich einen Ruck und öffnete ohne Umschweife die Tür. Nacheinander betraten die drei zerlumpten Gestalten das Wohnzimmer.

Als Shana im Zimmer stand, wünschte sie sich ein Traumbild herbei, durch das sie sofort wieder verschwinden konnte. Aber das ging nicht. Im Wohnzimmer befanden sich nicht nur Shanas Eltern und ihr Bruder Marten, sondern auch Bellys Eltern und … Krissa!

„Hi Krissa!“

„Hi Shana! Ich wusste ja, du kommst wieder!“

Shana setzte ein bemüht gleichmütiges Gesicht auf und schaute von einem zum anderen.

„Entschuldigung, ist ein bisschen spät geworden.“

Shanas und Bellys Eltern saßen da wie vom Donner gerührt. Ungläubig starrten sie ihre Kinder an. Shana registrierte, dass Bellys Eltern noch dicker waren als ihre und schüttelte innerlich den Kopf. Aber das war jetzt ihr geringstes Problem. Noch hatte sie ein paar Sekunden, bis sich ihre Eltern fangen würden. Shanas Mutter schnappte nach Luft, und ihrem Vater stand der Mund offen. Und Bellys Eltern saßen da wie zu Stein gewordene Fleischklöpse. Nur Marten und Krissa schienen die Situation komisch zu finden.

„Du siehst echt heiß aus, Shana“, meinte ihr Bruder ironisch. „Wie hast du es angestellt, die Multiwand solche Klamotten herstellen zu lassen?“

Belly …“, flüsterte seine Mutter. „Was hast du mit deinen Haaren gemacht?“

Belly hatte die rasierte Stelle auf seinem Kopf beinahe vergessen. Fahrig fuhr er sich über den Schädel.

„Ach das. Das war ein Haarfresser.“

Ein Haarfresser?“

„Hm, ein Haarfresser. Sei froh, dass ich die Taschenlampe wieder ausbekommen habe, sonst hätte ich jetzt gar keine Haare mehr.“

Bellys Mutter wollte etwas sagen, aber sein Vater fiel ihr ins Wort.

„Was ist mit euch passiert? Wieso seht ihr so … so abgerissen aus? Seid ihr überfallen worden? Wo seid ihr überhaupt gewesen?“ Er blickte Rufus an. „Und wer sind Sie?“

„Ich bin Rufus. Ich bin Maler. Die Kinder waren bei mir. Ich möchte Sie alle um Entschuldigung bitten, dass wir Ihnen so große Sorgen bereitet haben, aber es hat ein bisschen gedauert, von unseren Reisen zurückzukommen.“

Reisen?“, fragte Shanas Vater entgeistert. „Was für Reisen?“

„Vati“, begann Shana, „wir waren in der Außenwelt und …“

„Das haben wir schon rausgekriegt.“ Ihr Vater war sichtlich wütend. „Deine Multiwand hatte das Beamerziel Planquadrat C4 noch gespeichert. Da warst du wohl nicht so clever wie Belly.“

„Ich hab ja gleich gesagt, die lernt nicht!“, höhnte Marten.

„Ruhe, Junge! Noch sind ihre Noten besser als deine.“ Marten schmollte, hielt aber lieber den Mund. Belly schaute schuldbewusst zu seinen Eltern, zog es aber ebenfalls vor, lieber nichts zu sagen. Shanas Vater war noch nicht fertig.

„Es ist jetzt …“ Er schaute auf die Uhr. „… 22:30 Uhr. Du solltest um sieben zu Hause sein. Deine Mutter und ich haben gedacht, dir ist etwas zugestoßen. Und du verschwindest einfach in der verbotenen Zone. Du hast uns erzählt, du bereitest mit Krissa eine Präsentation vor. Du hast gelogen, Shana. Warum? Als du um neun noch nicht zurück warst, haben wir deine Rufnummern überprüft und Krissa und Belly angerufen. Bellys Eltern waren ebenfalls außer sich vor Sorge. Und Krissa wusste von gar nichts. Vor einer halben Stunde haben wir uns deinetwegen hier getroffen und beratschlagt, was wir tun sollen. Und eben haben wir entschieden, die Polizei zu rufen. Und da schneist du herein, als sei nichts gewesen, du und Belly sehen aus wie alte Handfeger von Uroma, Belly trägt eine bekloppte Frisur, und dann bringst du auch noch einen zerlumpten Mann mit, der sagt, ihr wärt mit ihm verreist. Kannst du mir bitte erklären, was da in dir vorgegangen ist?“

„Ja“, sagte Shana leise. „Mach ich ja. Aber ich wünsche mir, dass ihr mir zuhört und mich nicht unterbrecht. Versprecht ihr mir das?“

Shanas Vater blickte seine Frau an. Die seufzte nur. Bellys Eltern zuckten die Schultern.

„Also gut. Versprochen. Da bin ich ja mal gespannt, was du mir zu erzählen hast.“

„Wir machen das gemeinsam“, warf Rufus ein. „Ich bin zu einem nicht geringen Teil mit Schuld daran, dass Ihre Kinder so spät nach Hause kommen. Es ist nur fair, wenn ich ihnen beistehe.“

„Wir hören“, brummte Bellys Vater.

Shana begann mit ihrer Beichte, und Belly und Rufus halfen ihr dabei. Die drei standen wie Delinquenten vor ihren Richtern, aber sie ließen nichts aus, und Rufus gab zu Shanas und Bellys Erstaunen ohne zu Zögern sein Geheimnis der Traumbilder preis. Ab und zu stellten die Eltern eine Frage, meistens jedoch schüttelten sie stumm den Kopf.

Dann waren sie fertig und Schweigen breitete sich aus. Shana trat von einem Fuß auf den anderen und wartete auf die Reaktion ihrer Eltern. Sie wollte sich auf die Machete stützen, besann sich aber eines Besseren, da sie sicher ein Loch in den Teppichboden geritzt hätte. Dann, nach endlosen Sekunden, sprach ihr Vater.

„Und das sollen wir glauben?“

Shana stieg die Zornesröte ins Gesicht. „Ja, natürlich sollt ihr das glauben! Es ist alles wahr! Du kannst ja mitkommen!“

„Das werde ich nicht. Und du wirst auch nicht mehr in die verbotene Zone gehen. Das ist vorbei. Ein für alle Mal.“

Das kannst du mir nicht verbieten!“, rief Shana wutentbrannt.

„Das kann ich sehr wohl. Wenn meine Tochter mich anlügt und dann auch noch wilde Geschichten erzählt, um sich herauszureden, dann kann ich das.“

„Vati“, fiel Shanas Mutter ihrem Mann ins Wort. „Ich kann das alles auch nicht glauben, aber ich weiß, dass Shana uns nicht anlügt.“

„Und was ist mit der Präsentation?“, fuhr Shanas Vater auf.

„Das war falsch von mir“, sagte Shana leise. „Aber es war eine Notlüge. Alles andere ist wahr.“ Dann fiel ihr etwas ein. „Und was ist damit?“ Triumphierend hielt sie die Machete hoch.

„So etwas kann die Multiwand problemlos herstellen.“

„Vati!“, drängte Shana. „Ich wusste doch vorher gar nicht, was eine Machete ist.“

„Aber Belly wusste es“, erwiderte ihr Vater. „Oder Belly?“

Der nickte nur stumm. Shana stampfte mit dem Fuß auf. Dann ließ sie die Machete achtlos zu Boden fallen und griff sich den Rucksack, den sie neben sich stehen hatte. Sie öffnete den Reißverschluss und ließ die Äpfel herauskullern.

„Und was ist mit den hier? Solche Äpfel kriegt die Multiwand nie hin!“ Sie hob einen auf und drückte ihn ihrem widerstrebenden Vater in die Hand.

„Los, probier ihn!“

Shanas Vater mochte kein Obst, aber Shana drängte ihn solange, bis er hineinbiss. Gleich darauf schüttelte er sich.

Brrrr … ist der sauer!“ Er grinste. „In dem Fall muss ich dir recht geben. So einen kriegt die Multiwand wirklich nicht hin.“

Vati!“

Rufus sah, dass Shana drauf und dran war, in Tränen auszubrechen und schaltete sich ein.

„Belly, du hast doch noch die drei Münzen. Zeigst du sie Shanas Vater?“

Belly nickte begeistert und fingerte in seinen Hosentaschen herum. Mit einem Mal hielt er inne und schien sich zu wundern, aber dann fand er, wonach er gesucht hatte und holte die drei Goldmünzen aus dem Schatz der Whyla hervor. Er ging hinüber zu Shanas Vater und drückte sie ihm in die Hand. Der betrachtete sie von allen Seiten und nickte schließlich anerkennend.

„Die sehen wirklich echt aus. Aber mal ehrlich, wenn man weiß, was man herstellen soll, bekommt die Multiwand das auch noch hin. Ich glaube, ihr wollt nur, dass ich dir nicht verbiete, in die Außenwelt zu gehen. Es tut mir leid, aber ich kann einfach nicht glauben, was für Märchen ihr mir da erzählt.“

„Entschuldigen Sie“, kam Rufus Shana zuvor, die wütend aufbrausen wollte. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie kommen mit zu mir und überzeugen sich, dass ihre Tochter und Belly die Wahrheit gesagt haben. Wenn Sie möchten, können Sie auch ein Traumbild malen.“

Einen Moment lang sah es so aus, als würde Shanas Vater mit sich ringen, auf den Vorschlag von Rufus einzugehen. Aber dann winkte er ab.

„Nein, vielen Dank. Diese Welt da draußen reizt mich nicht.“

Rufus gab nicht auf, Shana beizustehen. „Dann erlauben Sie Shana bitte, mich weiterhin zu besuchen.“ Er wandte sich an Bellys Eltern, die der Diskussion stumm gefolgt waren. „Und Belly natürlich auch. Und wenn Sie Lust haben, können Sie mich ebenfalls gern besuchen.“

Shanas Vater erhob sich mühselig aus seinem Sessel, was einige Sekunden in Anspruch nahm. Dann stellte er seinen massigen Körper direkt vor Rufus und forderte ihn auf, zu gehen.

„Es ist spät. Ich denke, wir beenden jetzt das Gespräch. Shana, wir sprechen uns morgen früh.“

Bellys Eltern erhoben sich ebenfalls. Marten und Krissa hatten sich aus allem herausgehalten. Krissa warf Shana einen bedauernden Blick zu und zuckte die Schultern. Shana schaute wutentbrannt und hilflos um sich, bis ihr Blick auf Belly fiel. Der nestelte mit verblüfftem Gesichtsausdruck in seiner Hosentasche herum und holte schließlich etwas heraus. Als er das, was er in seiner Tasche gefunden hatte, in der ausgestreckten Hand von sich hielt und realisierte, was es war, bekam er tellergroße Augen.

Ein Babyhaarfresser!“

Shana starrte auf die kleine, etwa kirschgroße ledrige Kugel, die beständig zu wachsen schien. Sie konnte nicht glauben, was sie da vor sich sah. Es war auch nicht zu glauben. Nein, es war unmöglich.

Woher … woher hast du den?“, flüsterte sie.

„Ich … ich …“ stotterte Belly, „… ich hab den nirgendwo her. Ehrlich. Ich hab vorhin schon gemerkt, dass da was in meiner Hose war, als ich die Münzen rausgeholt hab. Aber da war das noch kleiner, so wie eine Erbse. Ich weiß wirklich nicht, wo der herkommt.“

Vati!“, rief Shana fröhlich. „Komm her! Da hast du deinen Beweis!“

Ungläubig stampfte ihr Vater zu Belly und starrte die kleine Kugel an. Sie pulsierte leicht und schien dabei beständig zu wachsen. Jetzt war sie bereits so groß wie eine kleine Aprikose.

„Was soll das sein?“, grunzte ihr Vater.

„Das ist ein kleiner Haarfresser“, sagte Rufus ruhig. „Wenn Sie eine Weile warten, wird er besser zu erkennen sein. Er wächst noch.“

Belly hielt die Hand mit dem kleinen Wesen weit von sich gestreckt. „Das gibt´s doch nicht!“, krächzte er. „Wie kommt der in meine Tasche?“

„Ich hab euch noch nicht erzählt, wie sie sich vermehren, oder?“, fragte Rufus.

„Nein“, antwortete Belly abwesend und starrte fasziniert auf die kuriose Kugel, die in seiner Hand stetig wuchs. „Ich dachte, die große Mutter würde die Eier legen.“

„Na ja, die hab ich mir aus Quatsch ausgedacht, ich wollte so was wie einen Haarfressergott haben. Nein, einmal im Jahr legen sie ein winziges Ei an irgendeine Stelle, die warm genug ist. Sie brüten nicht selbst, sondern überlassen ihre Eier dem Schicksal. So wie Schildkröten. Das Ei schießen sie aus ihrem Legeschlauch ab. Das geht blitzschnell.“ Rufus grinste. „Tja … da hat dir dein Rasierapparat wohl ein Ei in die Tasche gelegt!“

„Na toll!“, machte Shana, während ihre und Bellys Eltern ungläubig neben ihnen standen und dieses merkwürdige Wesen beobachteten. „Wir müssen es zurückbringen. Es wird allein nicht überleben können. Aber glaubst du mir jetzt, Vati, dass wir nicht gelogen haben?“

Shanas Vater schaute nachdenklich drein. „Ich gebe zu, sich so ein Ding auszudenken und von der Multiwand herstellen zu lassen, ist schwer. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Aber so ganz kann ich es nicht glauben. Ist das ein Trick?“

„Nein, das ist kein Trick“, lächelte Rufus. „Warten Sie noch ein paar Minuten, dann werden Sie es sehen.“

Schweigend und voller neugieriger Spannung standen sie vor dem kleinen Ball, der zusehends anschwoll.

Als die Kugel die Größe eines dicken Apfels erreicht hatte, wurde sie Belly zu groß in der Hand. Er bückte sich und legte den kleinen Haarfresser auf dem Boden ab. Krissa ging in die Hocke, und Marten gesellte sich zu ihr. Er besah sich die offensichtlich lebendige Kugel von allen Seiten.

„Hat der keinen Mund?“

„Oh doch“, grinste Rufus. „Wirst du schon sehen. Und Beine oder vielleicht besser Arme hat er auch. Acht Stück sogar. Und genauso viele Augen.“

„Häh?“, machte Marten. „Acht Arme? Wo denn?“

„Er kann sie einziehen wie ein Fahrwerk, so dass sie nicht zu sehen sind. Dann kann er schneller rollen als laufen, solange es nicht bergauf geht.“

Marten tippte sich an die Stirn. „Das glaub ich nicht.“

Belly schaute Shana an und rollte mit den Augen. Shana nickte. Ihr Bruder war nicht der Hellste. Doch dass die Kugel einen Mund und eine Reihe von Armen hatte, sollte sie gleich darauf beweisen.

Mit einem Klickklickklickklick … öffneten sich urplötzlich die rund um den Körper verteilten acht Augen. Marten war so überrascht, dass er das Gleichgewicht verlor und aus der Hocke nach hinten auf den Po kippte.

„Hey, das …“ Mehr sagte Shanas Vater nicht. Der Haarfresser glotzte aus seinen Augen in die Gegend. Da er in einem 360°-Winkel sehen konnte, entging ihm praktisch nichts. Belly ging durch den Kopf, dass man bei so vielen Augen gar nicht mitbekam, ob das Viech einen ansah oder nicht.

Ohne jedes Geräusch schossen mit einem Mal die acht Arme des Katongi aus seinem Körper und hoben den Körper in die Luft.

Oh Mann!“, kam es von Marten. Die Erwachsenen kamen nicht mehr dazu, etwas zu sagen, denn jetzt ging alles blitzschnell. Wo vorher nicht einmal eine schmale Linie zu erkennen gewesen war, öffnete sich jetzt das Maul des Haarfressers und offenbarte seine vielen kleinen rasiermesserscharfen Zähne. Rrrrrrtttttrrrrrtttttrrrrrtttt … schlugen sie irrwitzig schnell aufeinander. Dann raste die apfelgroße Spinne los, ohne dass es im Ansatz zu erkennen gewesen wäre.

Ihr Ziel war Shanas Vater.

Selbst wenn er ein durchtrainierter junger Mann gewesen wäre, er hätte gegen dieses unglaublich schnelle Tier keine Chance gehabt. Wie ein Kugelblitz schnellte der Haarfresser am rechten Bein empor, flitzte über den Bauch, und einen Sekundenbruchteil später war er schon auf dem Kopf von Shanas Vater, der erst dann anfing zu brüllen, als der Katongi begann, seine Haare abzuscheren.

Hiilfe! Shaaana, nimm das weg! Nimm … das … weg!“

Aber es war zu spät. Es dauerte nicht einmal drei Sekunden, und das Werk des kleinen Monsters war getan. Shanas Vater besaß eine perfekt rasierte und im Licht der Wohnzimmerleuchte glänzende Glatze. Der Haarfresser flitzte an seinem Opfer wieder herab, was die meisten Umstehenden erschreckt aufkreischen ließ. Doch anscheinend war er zufrieden mit seinem Mahl, denn er rollte in eine Ecke des Zimmers, fuhr die Arme ein und schloss die Augen. Dann lag er da wie ein vergessener Tennisball.

Eine Weile war es still im Zimmer. Dann hörte man ein Flüstern.

Was hat er gemacht?“

„Ähh … Vati …“ Shana stand vor ihrem Vater und kniff sich in den Arm. Nur jetzt nicht lachen. „Hm … also … wie soll ich es sagen … er hatte halt Hunger.“

Marten hatte nicht so viel Respekt wie seine Schwester. „Er hat dir ´ne Glatze gefressen, Papa!“

Jeder starrte Shanas Vater an. Die Mundwinkel der meisten begannen verdächtig zu zucken. Der Anblick war auch einfach umwerfend komisch. Ein dicker Mensch mit einer Glatze sieht lustig aus. Ein besonders dicker Mensch, der kaum noch einen Hals zu besitzen scheint, sieht mit einer Glatze aus wie ein Sumoringer mit einer Bowlingkugel auf dem Körper.

Shanas Vater fuhr mit beiden Händen zum Kopf und tastete über den kahlen Schädel.

Nein …“, flüsterte er. „Das darf doch nicht wahr sein!“

„Willst du einen Spiegel haben?“, fragte Marten boshaft.

„Halt den Mund!“, fuhr ihn seine Mutter an. Dann berührte sie ihren Mann am Arm. „Ich finde das gar nicht so schlimm. Das wächst doch nach.“

Shana konnte es nicht mehr aushalten und prustete los. Als der Bann gebrochen war, konnten sich die anderen auch nicht mehr zurückhalten. Während Shanas Vater wie ein begossener und rasierter Pudel mitten im Raum stand, lachten sie, bis sie sich die Seite halten mussten.

Als sie wieder einigermaßen Luft bekam, ging Shana zu ihrem Vater und nahm ihn bei der Hand.

„Tut mir leid, Vati, aber du siehst einfach komisch aus. Und Mama hat doch recht, es wächst wieder nach.“

„Schöner Trost“, brummte ihr Vater. Aber da ihm niemand beistand, blieb ihm nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

„Einen Trost habe ich wirklich für Sie“, meinte Rufus. „Wenn er das nächste Mal Hunger hat, wird er sich jemand anderen suchen müssen.“

Bellys Vater bekam große Augen. „Wie oft frisst er denn?“

„Einmal am Tag. Sieben Tage lang. Danach ist er ausgewachsen und frisst nur noch einmal die Woche.“

„Ups!“, machte Belly. „Dann müssen wir morgen irgendwo Haare herbekommen!“

„Nein“, sagte Shana entschieden. „Ich bringe ihn morgen nach Hause.“ Sie schaute ihren Vater flehend an. „Ich darf doch, Vati, oder?“

Ihr Vater sagte nichts. Er blickte hinüber zu dem Katongi und schaute die jetzt ziemlich unscheinbar wirkende Kugel nachdenklich an. Dann ging er langsam hinüber zu dem Haarfresser und blickte auf ihn hinab.

„Shana“, sagte er langsam, „ich glaube, ich muss mich bei dir entschuldigen. Du hast nicht gelogen. So einen Haarfresser kann eine Multiwand nicht herstellen. Aber wenn er wirklich aus einem Traum stammt, dann ist er verdammt echt geträumt.“

Shana blickte Rufus an, der sie anlächelte. Aber ihr Vater war noch nicht fertig.

„Meinst du, dass die Multiwand mir Sachen machen kann, die ich in der Außenwelt tragen kann?“

Shana glaubte, sich verhört zu haben. „Ähh … ja, klar doch.“

„Dann lass sie morgen welche machen. Und für Mutter und Marten auch. Wir kommen mit dir mit. Ich will diese Lichtung sehen. Und ich möchte diesen Haarfresser mit dir gemeinsam nach Hause bringen. Aber vor allem möchte ich die Traumbilder sehen. Das heißt … wenn es Ihnen recht ist, Rufus.“

„Natürlich. Ich freue mich sehr, wenn Sie mitkommen. Es wird auch für mich Zeit, wieder mehr unter Menschen zu sein. Außerdem habe ich den Goshis versprochen, öfter nach ihnen zu sehen.“

Shana machte einen Luftsprung. „Juchuhh!“

„Aber Shana …“, dämpfte ihre Mutter ihre Euphorie. „… nicht alles auf einmal, okay? Denk daran, dass wir nicht solche Hüpfer sind wie ihr.“

„Mach ich, versprochen. Wir werden uns gleich auf die Lichtung beamen, dann braucht ihr nicht so weit zu laufen.“

„Aber diesmal vergiss dein Portable nicht!“, rief Belly grinsend.

Ohne auf die sich anschließende aufgeregte Diskussion der anderen zu achten, bückte sich Shanas Vater mühsam und nahm den Katongi mit beiden Händen auf. Kopfschüttelnd betrachtete er das Wesen von allen Seiten, aber es war nicht im Geringsten zu erkennen, wo sich die Arme und Augen oder der Mund des kleinen Haarfressers befanden.

„Wenn er morgen aufwacht, wird er Hunger haben“, grinste er. „Wer stellt sich freiwillig zur Verfügung?“

„Ich hab eine Idee“, meinte Belly. „Wir schneiden uns jeder ein paar Strähnen ab und füttern ihn damit. Das müsste reichen.“

„Ich hab eine noch bessere Idee!“, lachte Shana. „Du hast doch seine Mutter schon von deinem Kopf kosten lassen, da kannst du doch ihrem Sohn noch den Rest spendieren!“

Unter lautem Gelächter beschlossen sie, den Katongi über Nacht in der Gästetoilette einzusperren und ihn am nächsten Morgen mit den von allen gesammelten Haaren zu füttern.

Als Belly, seine Eltern und Krissa weit nach Mitternacht durch den Beamer nach Hause verschwanden und Shana endlich in ihrem Bett lag, schwirrte ihr Kopf dermaßen, dass sie noch lange nicht einschlafen konnte. Aber sie war glücklich. Ihre Eltern würden ihr die Außenwelt nicht verbieten. Und sie würden mit nach draußen kommen. Auch ihr Vater, ihre Mutter und selbst Marten hatten noch Träume.

Kurz bevor sie in den Schlaf hinüberdämmerte, musste sie lächeln. Ihr Vater würde abnehmen. Das ließ sich gar nicht mehr vermeiden.

*

Epilog

Am nächsten Morgen materialisierten fünf Menschen auf einer Lichtung im Wald. Es war eine merkwürdige Gesellschaft. Ein großer Mann ging voraus in Richtung der Hütte, die mitten auf der Wiese stand. Ihm folgten ein dicker Junge mit einer seltsam zweigeteilten Frisur und ein schlankes junges Mädchen. Eine füllige Frau und ein nicht minder beleibter glatzköpfiger Mann liefen sichtlich schwerfällig hinterher. Ihnen folgte ein seltsames Wesen, etwa handballgroß. Manchmal lief es auf acht Armen, manchmal rollte es. Mit einem Mal wurde es schneller und stupste den dicken Glatzkopf von hinten in die Wade.

„Hey, was hast du?“

Der große Mann drehte sich um und lachte. „Er denkt, Sie sind seine Mutter! Damit werden Sie die nächsten sechs Tage leben müssen!“

* * *

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9783738078831
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