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Die bisher besprochenen Teilbereiche der mit Kultur verbundenen Forschung sind entweder interdependent oder hängen kausal voneinander ab. Betriebliche Teilprozesse gestalten sich in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich. Der Einfluss der Kultur ist evident. Die Kultur als Phänomen lässt sich durch die zuvor dargestellten Dimensionen bzw. Faktoren beschreiben. Kultur hat nicht gleichermaßen Einfluss auf alle betrieblichen Teilpolitiken, sondern wirkt sich besonders in personen- und verhaltensbezogenen Bereichen aus. Aus diesem Grund soll insbesondere in einem späteren Kapitel der Einfluss der Kultur auf die internationale Personalpolitik untersucht werden.

[141]2 Kulturbedingte Unterschiede in der Unternehmensverantwortung (Corporate Social Responsibility)

2.1 Begriff und Varianten der Unternehmensverantwortung

Unternehmen, die im Ausland tätig sind oder sein wollen, sind oft mit unterschiedlichen Erwartungshaltungen bezüglich deren Verantwortung für die Gesellschaft eines Landes konfrontiert. Erfolgreiches Wirtschaften in einem Land setzt dann ein Verhalten voraus, das diesen Erwartungen entspricht. Die soziale Verantwortung für die Menschen eines Landes kann sich auf drei Bereiche verteilen: eine indivuduelle, eine staatliche und eine unternehmerische Verantwortung. Welche Erwartungshaltung bezüglich der Verantwortung im Vordergrund steht, hängt von mehreren Faktoren ab, wie z.B. der Kultur, der vorherrschenden Religion oder dem Entwicklungsstand eines Landes.

Im Zusammenhang mit der Kultur zeigen Studien von Maignan und Ferrell (Maignan et al., 2003), dass sich insbesondere individualistische und kollektivistische Kulturen in ihren Erwartungshaltungen bezüglich der sozialen Verantwortung von Individuen, des Staates und von Unternehmen unterscheiden.

Individualistische Kulturen sehen hauptsächlich das Individuum, jedoch weniger den Staat oder Unternehmen in der Pflicht, sozial tätig zu sein. Wenn dann, wie in den USA, auch noch ein calvinistisches Gedankengut (Gott ist den Erfolgreichen gegenüber wohlgesonnen) hinzukommt, kommt es auf der Individualebene zu vielen sozialen Aktivitäten, staatliche oder unternehmerische Tätigkeiten im Sozialbereich werden jedoch weniger erwartet. Das drückt sich z.B. in einer großen Spendenbereitschaft einzelner Menschen aus oder durch das Entstehen großer privater Stiftungen, die durch Einzelpersonen gegründet werden (z.B. Bill Gates). Die Hauptaufgabe des Unternehmens ist die Gewinnerzielung, denn damit wird es einerseits dem Individuum möglich, Teile seines Einkommens zu spenden, und der Staat kann durch ein erhöhtes Steueraufkommen seinen Aufgaben, auch im sozialen Bereich, besser gerecht werden. Somit werden die Kunden und die Aktionäre zu den wichtigsten Interessengruppen eines Unternehmens (Lodge, 1990; Maignan et al. 2003).

Mehr kollektivistisch geprägte Kulturen sehen die soziale Verantwortung mehr bei dem Staat oder den Unternehmen. Zwar ist Deutschland bei dem Individualismus-Index von Hofstede weltweit gesehen immer noch im oberen Mittelfeld platziert, jedoch ist der Wert mit 67 beträchtlich unter den Ländern mit einem sehr hohen Individualismus-Wert, wie z.B. den USA mit 91, Australien mit 90 und Großbritannien mit 89 Punkten. So wurden in Deutschland bereits mit der Bismarckschen Sozialpolitik Ende des 19. Jahrhunderts viele Bereiche der sozialen Verantwortung auf den Staat übertragen. Zwar haben deutsche Unternehmen wie z.B. Krupp oder Bergbauunternehmen in der gleichen Zeit bereits soziale [142]Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernommen, doch die Erwartungshaltung für soziale Belange richtet sich mehr an den Staat.

In sehr kollektivistischen Kulturen wie z.B. Japan (46 Punkte) oder Südkorea (18 Punkte) wurde die soziale Verantwortung auf Unternehmen verlagert. Oft wurde das Leben der Mitarbeiter von der Wiege bis zur Bahre unternehmerisch in den Kereitsus oder Chaebols organisiert.

Auch unterschiedliche Machtdistanzen können die Einstellung einer Gesellschaft bezüglich der sozialen Verantwortung von Unternehmen beeinflussen (Waldman, D., et al., 2006). Herrschen in einem Land oligopolistische Strukturen, wie dies in vielen lateinamerikanischen oder südostasiatischen Ländern der Fall ist, dann hängt die soziale Verantwortung von wenigen herrschenden Familien ab, die oft nicht nur Unternehmen, sondern auch den Staat maßgeblich beeinflussen. Länder mit niedrigen Machtdistanz-Werten zeichnen sich nach den Untersuchungen von Waldman et al. (Waldman, D., et al., 2006) durch ein hohes CSR-Engagement seitens der Unternehmen aus.

Orij (Orij, 2010) hat die Bedeutung maskuliner oder femininer Kulturen für die Unternehmensverantwortung untersucht. Dabei macht er deutlich, dass sich bei femininen Kulturen eher eine größere soziale Verantwortung von Unternrehmen zeigt als bei maskulinien Kulturen. Das Streben nach einem harmonischen Miteinander femininer Kulturen fördert die soziale Verantwortung sowohl von staatlicher als auch unternehmerischer Seite.

Letztlich spielt der Entwicklungsstand eines Landes eine erhebliche Rolle für die soziale Verantwortung für eine Gesellschaft. Soziale Verantwortung muss auch bezahlbar sein. Arme Länder können sich oft staatliche Leistungen im sozialen Bereich nicht leisten, so dass hier entweder die Individual- oder die Unternehmensebene gefordert sind. Wenn es in diesen Ländern nur wenige Reiche gibt und auch die Unternehmen nicht sehr erfolgreich sind, erwartet man, wenn international tätige Untrernehmen aus reicheren Ländern dort agieren, von diesen eine verstärkte Übernahme sozialer Verantwortung.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass ein erfolgreiches Wirtschaften in einem Land, von einer an die Erwartungshaltung der Menschen angepaßten sozialen Unternehmensverantwortung abhängt. Diese kann, wie vorher ausgeführt, kulturbedingt sehr unterschiedliche Konzepte und Verhaltensweisen notwendig machen. Deshalb werden im Folgenden unterschiedliche Konzepte der sozialen Unternehmensverantowrtung vorgestellt und analysiert.

Begriffsinhalt

Unternehmensverantwortung beschreibt das Einstehen des Unternehmens für Ziele und Werte, welche über die rein ökonomische Dimension hinausgehen. Neben der wirtschaftlichen Zielerreichung, welche sich beispielsweise durch Gewinnerzielung, Wertsteigerung oder Umsatzwachstum messen lässt, tritt die Verantwortung für Ziele, welche außerhalb des direkten Interesses der Anteilseigner (Shareholder) liegen. Somit ist eine [143]Berücksichtigung anderer Stakeholder wie Gesellschaft, Mitarbeiter und Staat integraler Bestandteil dieses Konzeptes.

Insbesondere seit der internationalen Finanzkrise am Ende des letzten Jahrzehnts hat diese Perspektive für Politik und Unternehmensführung stark an Bedeutung gewonnen und wird auch in Zukunft möglicherweise Einfluss auf Entscheidungen nehmen. Der Begriff der Unternehmensverantwortung hat sich allerdings im deutschen Sprachraum nur begrenzt durchsetzen können. Im Folgenden wird er daher synonym mit dem weitaus geläufigeren Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) verwendet (Seidel, P., 2011). Dennoch erscheint der Begriffsumfang der Unternehmensverantwortung durchaus korrekter, da dieser eine Ausweitung auf Anteilseigner und z.B. die natürliche Umwelt beinhaltet.

Konzepte der Unternehmensverantwortung werden auch unter den Begriffen Corporate Citizenship, Corporate Accountability, Nachhaltige Unternehmensführung/Sustainability oder Unternehmensethik/Business Ethics diskutiert (Keinert, C., 2008). Unterschiede bestehen dabei aber in erster Linie in der exakten Abgrenzung des Begriffes, weniger in den praktischen Implikationen, und sind historisch gewachsen. Im internationalen Umfeld finden sich zudem Ausprägungen, welche durch regionale Kulturunterschiede geprägt sind, wie die US-amerikanische Variante eines Shareholder-Value-orientierten CSR-Verständnisses oder die Unternehmensverantwortung im traditionellen deutschen Familienunternehmen. In der Unternehmenspraxis ist aber eine Annäherung der verschiedenen Konzepte erkennbar. Dazu tragen international operierende Unternehmen sowie Institutionen bei. ISO-Normen zum Qualitäts- und Umweltschutz, Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI) und der Global Compact der United Nations dienen unabhängig vom benutzten Konzeptbegriff als Richtlinie und tragen so zur Konvergenz bei.

Neben der allgemeinen Verantwortung von Unternehmen gegenüber der Gesellschaft steht CSR im engeren Sinne auch für das über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehende Engagement von Unternehmen für Ziele folgender Art:

1 Soziale Ziele

2 Ökologische Ziele

3 Wirtschaftliche Ziele

Soziale Verantwortung dient den Zielen der Gesellschaft und kann beispielsweise durch die sozialverträgliche Beschäftigung von benachteiligten Menschen oder Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit genauso wahrgenommen werden wie durch die Unterstützung von Bildungseinrichtungen oder Jugendprojekten.

Ökologische Verantwortung kann sich in der Verwendung verbrauchsarmer Fahrzeugflotten, ressourcenschonender Produktion oder einem nachhaltigen Management des CO2-Ausstoßes umsetzen lassen. Es existieren vielfältige Möglichkeiten für Firmen, sich der außerökonomischen Verantwortung zu stellen.

[144]Ökonomische Dimensionen der Geschäftstätigkeit beinhalten beispielsweise Gewinnerzielung, Kundenzufriedenheit, Wertsteigerung am Kapitalmarkt oder das Erbringen der Steuerschuld und das Leisten der Sozialabgaben.

Diese Einteilung liegt vielen CSR-Konzepten zugrunde, kann aber in verschiedene Richtungen erweitert oder modifiziert werden. Hierbei spielt auch der Begriff der Nachhaltigkeit (Sustainability) eine große Rolle. Dieser beinhaltet neben der Ausrichtung des Unternehmens an ethischen Standards auch die langfristige Nachhaltigkeit dieser Orientierung aus einzel- und gesamtwirtschaftlicher Sicht. Hierbei wird gemeinhin eine äußerst langfristige Perspektive unterstellt: Nachhaltigkeit beinhaltet die Beibehaltung der entsprechenden Ziele.

Historie

Gerade der Nachhaltigkeitsgedanke hat in verschiedenen Wissenschaften eine lange Historie, aber auch die Unternehmensverantwortung wird seit Langem unter verschiedenen Aspekten thematisiert.

Der deutsche Forstwirtschaftler v. Carlowitz formulierte in seinem 1713 erschienenen Werk „Sylvicultura Oeconomica“ erstmalig das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft (v. Carlowitz, H.C., 2011[Reprint der Ausgabe von 1713]), was zumindest einen semantischen Ausgangspunkt für die Nachhaltigkeitsdebatte darstellt.

Wirtschaftswissenschaftliche Auseinandersetzungen mit der Nachhaltigkeit des Wirtschaftens im Unternehmen finden sich später in den Werken von Dodd und Barnard (Dodd, E.M., 1932; Barnard, C.I., 1968).

Prägend war aber vor allem die Arbeit von Howard Bowen in seinem zentralen Werk Social Responsibilities of the Businessman von 1953 (Bowen, H.R. 1953). Schon der Titel seines Werkes verdeutlicht, dass er die persönliche Verantwortung des einzelnen Managers in den Mittelpunkt stellt: „It refers to the obligations of businessmen to pursue those policies, to make those decisions, or to follow those lines of action which are desirable in terms of the objectives and values of our society“ (Bowen, H.R., 1953). Bereits zu dieser Zeit formulierte auch Peter Drucker, dass Manager die soziale Tragweite ihrer Entscheidungen beachten sollten, da sie damit einen weitreichenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben (Drucker, P.F., 2007).

Einige Jahre später richtete McGuire mit seiner Definition: „The idea of social responsibilities supposes that the corporation has not only economic and legal obligations but also has certain responsibilities which extend beyond these obligations“ den Fokus auf das Unternehmen als Ganzes und nähert sich damit der heutigen Betrachtungsweise im Sinne einer Unternehmensverantwortung an (McGuire, J.W., 1963). Den modernen Begriff der Corporate Social Responsibilities prägte schließlich Walton in seinem 1967 veröffentlichten Werk mit dem gleichlautenden Titel (Walton, C.C., 1967).

Neben dieser allgemeinen Entwicklung haben sich jedoch auch Varianten des CSR-Ansatzes etabliert, die auf einer grundsätzlich unterschiedlichen ethischen Position [145]basieren, welche auch zu internationalen Unterschieden in der CSR-Praxis führt. Zwei ausgewählte Positionen werden im Folgenden kurz dargestellt.

2.1.1 Unternehmensverantwortung im neoklassischen Ansatz (Shareholder Approach)

1970 charakterisierte der amerikanische Ökonom Milton Friedman Unternehmensverantwortung mit der Aussage, dass die soziale Verantwortung mit der Erzielung von ökonomischen Gewinnen bereits weitgehend erfüllt werde (Friedman, M., 1970). Dies macht ihn zum Vorreiter und zentralen Vertreter des sogenannten „Shareholder Approach“. Diese Haltung unterstellt, dass die Gewinnerzielung die einzige notwendige – zumindest aber die zentrale – gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens darstellt.

Den Anteilseignern steht es durch ihre Gewinnbeteiligung wiederum frei, die Gesellschaft nach ihrem Ermessen am Erfolg des Unternehmens teilhaben zu lassen. Die Verwendung von Mitteln des Unternehmens für Zwecke des Gemeinwohls führt hingegen zu einer „Enteignung“ nicht nur der Shareholder, sondern indirekt auch anderer Stakeholder wie Kunden oder Mitarbeitern: „The corporate executive would be spending someone else’s money for a general social interest. Insofar as his actions in accord with his „social responsibility” reduce returns to stockholders, he is spending their money. Insofar as his actions raise the price to customers, he is spending the customer’s money. Insofar as his actions lower the wages of some employees, he is spending their money“ (Friedman, M., 1970).

Aus der Sicht dieses Ansatzes ist es nicht die Aufgabe des Unternehmens bzw. des Unternehmers, Mittel für soziale oder ökologische Projekte zu investieren und damit den Unternehmensgewinn zu schmälern. Das komme einer Steuer gleich und sei daher abzulehnen: „The whole justification for permitting the corporate executive to be selected by the stockholders is that the executive is an agent serving the interests of his principal. This justification disappears when the corporate executive imposes taxes and spends the proceeds for ‚social purposes.“ (Friedman, M., 1970).

Auch im Shareholder-Ansatz gibt es jedoch Anreize, gesellschaftlich verantwortlich zu handeln. So sollte die Honorierung nachhaltigen sozialen oder ökologischen Engagements des Unternehmens durch die Kaufentscheidung der Konsumenten oder die Investitionsentscheidung der Kapitalgeber erfolgen, wenn diese Stakeholder-Gruppen das gesellschaftliche Engagement tatsächlich wünschen.

Hinzu kommt, dass einige Marktunvollkommenheiten dazu führen, dass der Markt keine adäquate Allokation von Ressourcen herstellen kann. Bei der Herstellung von Gütern entstehen zum Beispiel oft (negative) externe Effekte (Kosten), die auf die Gesellschaft als Ganzes oder einzelne Gruppen „abgewälzt“ werden (Hardes, H.D., 2002). Ein Teil der Kosten wird also externalisiert. Ein Industrieunternehmen, welches im Produktionsprozess beispielsweise CO2-Abgase ausstößt, profitiert von der Umweltbelastung, da es nur die Kosten der Herstellung, nicht aber die sozialen Kosten der externen Effekte [146]berücksichtigen muss. Die ökologische Problematik der Umweltverschmutzung verschärft sich zusätzlich, da es sich dabei oft um öffentliche Güter wie Luft und Wasser handelt (Mankiw, N.G./Taylor, M.P., 2012). Die fehlende Bepreisung dieser öffentlichen Güter stellt ein Marktversagen dar.

Somit verhilft die Wahrnehmung der Unternehmensverantwortung dabei, Fehlallokationen zu mildern und ist insofern auch kompatibel mit einer Perspektive, welche das freie Spiel des Marktes in den Vordergrund stellt. Die Vertreter des Shareholder-Ansatzes würden hier allerdings auf die Notwendigkeit ordnungspolitischer Rahmenbedingungen (z.B. Bepreisung des CO2-Ausstoßes) verweisen, welche im globalen Rahmen nur äußerst schwer umsetzbar sind. Insofern wird Unternehmensverantwortung im internationalen Rahmen immer teilweise rein ethisch motiviert sein müssen, was der Stakeholder-Ansatz in den Mittelpunkt stellt.

2.1.2 Unternehmensverantwortung im ganzheitlichen Ansatz (Stakeholder Approach)

Carroll formulierte 1979 ein Konzept, welches die rein ökonomische Sichtweise mit der ethisch motivierten Unternehmensverantwortung zusammenführte (Carroll, A.B., 1979).

Dadurch verdeutlicht er, dass die Gesellschaft neben der Einhaltung ethischer Normen und rechtlicher Vorgaben auch ein Gewinnstreben der Unternehmen erwartet, da eine zuverlässige Wirtschaft einen stabilisierenden Beitrag zur Gesellschaft leiste (Carroll, A.B., 1999). Dem stimmt auch Drucker in seinem 1984 erschienenen Artikel „The New Meaning of Corporate Social Responsibility“ (Drucker, P.F., 1984) zu.

Nach Drucker und Carroll sind Unternehmen am ehesten bereit gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, wenn darin für sie ein zusätzlicher Gewinnanreiz besteht. Folgerichtig stellt Drucker das Gewinnstreben in eine übergeordnete Position, damit Unternehmen gewillt sind, sich gesellschaftlich zu engagieren (Drucker, P.F., 1984).

Aufbauend auf diesen Ideen formuliert Freeman 1984 die Theorie des Stakeholder-Ansatzes der CSR, wobei Stakeholder als die Gruppen definiert werden, welche die Zielerreichung des Unternehmens beeinflussen oder aber von dieser beeinflusst werden (Freeman, M., 1984). Diese Definition integriert eine breitere Perspektive in das Zielsystem des Unternehmens und kann als Gegenentwurf zu Friedmans Shareholder-Ansatz gesehen werden.

Auffallend bei der historischen Betrachtung der CSR-Forschung und -Praxis ist die Dominanz der US-amerikanischen Beiträge. Dies ist teilweise auf die im internationalen Vergleich weniger ausgeprägten sozialstaatlichen Sicherungssysteme und die liberale Wirtschaftspolitik zurückzuführen (Backhaus-Maul, H., 2008).

Die europäische Diskussion findet ihren Anstoß im Bericht „Our Common Future“ der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (Brundtland, G.H., 1984). Der Bericht definiert nachhaltiges, zivilgesellschaftliches Verhalten in den drei bereits genannten [147]Dimensionen Gesellschaft, Ökologie und Wirtschaft. Diese Definition prägte die Wahrnehmung des CSR-Konzepts weltweit und in Europa im Besonderen und entfachte einen weltweiten Diskurs über Nachhaltigkeit (Europäische Kommission, 2001).

Durch die Erweiterung der CSR-Dimensionen um ökologische Nachhaltigkeitsaspekte hat sich der Begriff der „Triple Bottom Line“ (TBL) von Elkington etabliert, welcher manchmal auch als „PPP“ bezeichnet wird (Elkington, J., 1999).

Die Vielzahl der Ansätze zeigt die Vielfältigkeit der Diskussion zur Unternehmensverantwortung. Loew et al. fassen folgende Inhalte einer grundlegenden Begriffsbestimmung zusammen (Loew, T., et al., 2004):

1 CSR umfasst die soziale und ökologische Dimension von Nachhaltigkeit.

2 CSR soll einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leisten.

3 CSR fokussiert auf unternehmerisches Engagement über Compliance hinaus.

4 CSR schließt die Einhaltung der Rechtsvorschriften mit ein (Compliance).

5 CSR ist weder Ersatz für bestehende Rechtsvorschriften noch Ersatz für die Entwicklung neuer Rechtsvorschriften.

2.2 Corporate Social Responsibility im Unternehmen

Spätestens seit der öffentlichen Forderung der EU-Kommission nach größerer Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung beschäftigen sich viele Unternehmen mit dessen praktischer Implementierung. In der Literatur werden unterschiedliche Ansätze zur praktischen Umsetzung erörtert. Die wichtigsten Ansätze sind nach einer Einteilung von Lantos (Lantos, G.P., 2001) die ethische, altruistische und die strategische CSR. Die Ansätze verfolgen unterschiedliche Interessen und führen daher zu verschiedenen Resultaten. Daher muss eine Organisation Prioritäten festlegen und sich bewusst machen, welche Erwartungen sie in das Engagement investiert und welche Ziele dadurch erreicht werden sollen.

Strategische Unternehmensverantwortung

Der zunehmende Druck der internationalen Öffentlichkeit zwingt Unternehmen zur Etablierung von gesondert organisierten CSR-Aktivitäten. Porter und Kramer kritisieren dieses Vorgehen, da die Effektivität dieser Aktivitäten durch die Trennung vom operativen Geschäft sehr begrenzt sei (Porter, M.E./Kramer, M.R., 2006). Dieselbe Umsicht und Verbindlichkeit, welche im Kerngeschäft an den Tag gelegt wird, sollte auch bei der Unternehmensverantwortung zum Tragen kommen. Als Rahmen zur Bewertung der CSR-Aktivitäten dienen hierbei Porters Wertschöpfungskette und sein Diamanten-Modell der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.

[148]

Abbildung 71: Porters CSR in der Wertschöpfungskette

Die Wertkette hilft, ausgehend von einer „Inside-Out-Perspektive“, die gesellschaftlichen Effekte der Geschäftstätigkeit zu identifizieren. Die Analyse der Wertkette untersucht und priorisiert Stärken und Schwächen, die die gesellschaftliche Verantwortung beeinflussen, um hierdurch Wettbewerbsvorteile zu generieren. Abbildung 71 zeigt anhand der Aktivitäten der Wertkette das Potenzial zur effizienten CSR-Implementierung.

Die Einführung einer effektiven CSR-Strategie erfordert aber auch einen Blick, der sich von außen nach innen richtet – die „Outside-In-Perspektive“. Sie richtet den Fokus auf die Effekte, die Veränderungen in der Wertschöpfungskette nach außen hin bewirken. In dieser Betrachtung sollte der Organisation bewusst sein, dass nicht alle externen Partner und Faktoren beeinflusst werden können. Daher sollte eine Konzentration auf die Kernbereiche stattfinden, die den größten gemeinsamen Mehrwert (Shared Value) für die Gesellschaft und das Unternehmen schaffen.

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Abbildung 72: PortersDiamantin Bezug auf Unternehmensverantwortung (CSR)

Das Modell von Porter und Kramer ist letztlich in Friedmans Shareholder-Ansatz verwurzelt. Alle CSR-Aktivitäten verfolgen auch hier das Ziel einer Differenzierungsstrategie gegenüber dem Wettbewerb oder am Markt und insofern indirekt eine Gewinnmaximierung. Im Rahmen dieses Verständnisses von Unternehmensverantwortung werden die dafür getätigten Ausgaben nicht als unvermeidbarer Aufwand wahrgenommen, sondern einer langfristigen Investition in den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens gleichgestellt (McWilliams, A., et al., 2006).

In gewisser Weise können diese Ausgaben als eine Investition in eine „Goodwill Bank“ betrachtet werden (Lantos, G.P., 2001; Vaughn, S., 1999). Das Unternehmen kann auf dieses „Guthaben“ im Falle ethisch bedingter Probleme zurückgreifen. Aufwendungen dieser Form sind somit in Übereinstimmung mit der Shareholder-orientierten CSR-Auffassung. Solange die Anteilseigner einen finanziellen Vorteil durch die Ausgaben erzielen, sind diese gerechtfertigt (Friedman, M., 1970). Ziel ist die Schaffung einer nachhaltig positiven Beziehung zu Kunden und Geschäftspartnern, welche zukünftige Konsum- und Investitionsentscheidungen beeinflusst (Brenkert, G.G., 1992).

Ethische Unternehmensverantwortung

Unternehmensentscheidungen beeinflussen eine Vielzahl von Individuen, Organisationen oder gesellschaftliche Gruppen. Viele dieser Akteure ziehen Nutzen aus der wirtschaftlichen Tätigkeit, einige jedoch tragen gegebenenfalls physischen, psychischen oder wirtschaftlichen Schaden davon. Gegenüber den benachteiligten Personen und Gruppen [150]übernehmen die Unternehmen als potenzielle Verursacher dieses Schadens eine ethisch-moralische Verpflichtung. Dasselbe gilt natürlich umgekehrt für die Schaffung eines zusätzlichen Nutzens über die wirtschaftliche Beziehung hinaus. Jede Organisation, die dieser Verpflichtung nicht nachkommt, verhält sich gegebenenfalls unmoralisch und gefährdet damit ihre „license-to-operate“, das heißt die Möglichkeit auf weitere wirtschaftliche Betätigung (Porter, M.E.,/Kramer, M.R., 2006). Obgleich negative Effekte auf andere nie ausgeschlossen werden können, ist der Versuch, diese zu minimieren, von zentraler Bedeutung und erweitert die strategische CSR insofern um einen grundlegend ethisch motivierten Aspekt.

Wie in der ganzheitlichen Unternehmensverantwortung generell muss auch aus ethischer Sicht ein Kompromiss in Bezug auf ethische und ökonomische Ziele gefunden werden. Kosten, die die Umweltbelastung verringern oder die Produktsicherheit erhöhen, schmälern kurzfristig den Gewinn. Die Alternative ist jedoch ein Handeln ohne ethische Grundlage und eine bewusste Verminderung der gesellschaftlichen Gesamtwohlfahrt.

Altruistische Unternehmensverantwortung

Altruismus steht für aufopferndes, uneigennütziges oder selbstloses Handeln. Individuen und Organisationen können und sollten sich aus altruistischer Sicht verpflichtet fühlen, gesellschaftliche Missstände zu verbessern, weil sie die finanziellen oder ressourcen-bedingten Möglichkeiten dazu haben. Die Verfügbarkeit finanzieller und personeller Mittel kann für Unternehmen Grund genug sein, Unternehmensverantwortung im gesellschaftlichen Sinne wahrzunehmen. Altruistische CSR ist jedoch stark von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens oder der Volkswirtschaft im Allgemeinen abhängig. Nur bei einer positiven ökonomischen Situation können Mittel für altruistische Projekte zur Verfügung gestellt werden.

Die drei genannten Ausprägungen der Unternehmensverantwortung stehen für die Umsetzung und die dahinterstehende Motivation des Unternehmens. Im konkreten Fall wird es jedoch häufig zu einer Überschneidung der genannten Motive und zu einer Anpassung an etablierte internationale Richtlinien der Unternehmensverantwortung kommen. Diese werden im Folgenden dargestellt.

2.3 Internationale Richtlinien der Unternehmensverantwortung

2.3.1 Triple Bottom Line

1987 veröffentlichte die Brundtland-Kommission der Vereinten Nationen (UN) unter dem Vorsitz der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Brundtland den Bericht „Our common future“. Darin wird das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung wie folgt definiert: „Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs“ (United Nations, 2010, online). Diese Definition der Brundtland-Kommission ist noch heute richtungsweisend. Der genannte Bericht [151]untergliedert die Nachhaltigkeit im Wesentlichen in die drei bereits genannten Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Die Begriffe „Drei-Säulen-Modell“ bzw. „triple bottom line“ werden alternativ dazu verwendet und stellen das Prinzip anschaulich dar (Schunk, S., 2009). Die begriffliche Anlehnung an das finanzielle Berichtswesen eines Unternehmens („Bottom Line“) weist dabei darauf hin, dass diesen Ergebnissen eine ähnliche Bedeutung zukommen sollte wie den finanziellen Resultaten.

Viele Unternehmen machen diesen Grundgedanken zum Ausgangspunkt ihrer CSR-Aktivitäten. So baut das Nachhaltigkeitsmodell der Siemens AG auf dem Modell der Brundtland-Kommission auf, was Abbildung 73 darstellt.


Abbildung 73: Siemens-Nachhaltigkeitsprogramm

Quelle: Siemens AG, 2012, online

Im Hinblick auf die ökologische Dimension wird versucht, die Umweltbilanz zu verbessern und ökologische Lösungen als Produkte weiter zu forcieren. Ökonomisch setzt die Siemens AG auf langfristige Wertschöpfung, aber auch Effizienzziele und eine Compliance sind Bestandteile des Programms, welche direkt angesprochen werden. Hier findet sich auch der Grundgedanke eines Steuerungs- und Reporting-Systems wieder. In sozialer Hinsicht werden Stakeholder-Beziehungen generell durch Institutionen (Sustainability Advisory Board) gefördert. Durch Projekte wie beispielsweise die „Sanjeevan Mobile Clinic“ (eine mobile Klinik für die Gesundheitsversorgung Indien) wird zudem gesellschaftliches Engagement gefördert (Siemens AG, 2012, online).

2.3.2 Grünbuch der Europäischen Kommission zur CSR

Die Grünbücher der Europäischen Kommission sind Diskussionspapiere, welche regelmäßig zu einem bestimmten Thema herausgegeben werden, um auf diesem Gebiet [152]einen öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs herbeizuführen. Oft führen sie zu politischen Initiativen, Verordnungen und Gesetzesänderungen.

Auf die Vorgaben der „Lissabon-Strategie“ der EU reagierte die Kommission 2001 mit dem Grünbuch „Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“. Darin heißt es: „Die meisten Definitionen bezeichnen die Unternehmensverantwortung als ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren. Sozial verantwortlich handeln heißt nicht nur, die gesetzlichen Bestimmungen einhalten, sondern über die bloße Gesetzeskonformität hinaus „mehr“ investieren in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stakeholdern“ (Europäische Kommission, 2001).

Im Grünbuch wird die Unternehmensverantwortung bzw. CSR in eine interne und externe Dimension unterteilt (Europäische Kommission, 2001).

Die interne Dimension bezieht sich auf folgende Themen:

 Humanressourcenmanagement

 Arbeitsschutz

 Anpassung an den Wandel

 Umweltauswirkungen und verantwortungsbewusste Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen

Unter der externen Dimension subsumiert die Europäische Kommission:

 Lokale Gemeinschaften (Integration der Unternehmen in das lokale Umfeld)

 Intensive Kooperation mit den Geschäftspartnern, Zulieferern und Verbrauchern

 Achtung und Einhaltung der Menschenrechte

 Einfluss auf den globalen Umweltschutz

Der von der Kommission verwendete Begriff der „sozialen Verantwortung von Unternehmen“ deckt sich dabei mit dem hier verwendeten Begriff der „Unternehmensverantwortung“.

3 695,81 ₽
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9783846384817
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