Читать книгу: «Weiße Wölfe am Salmon River», страница 4

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Marc stieß Hartmut zurück.

„Du hast ihre Küsse nicht gespürt und ihre Blicke nicht gesehen. Wie kannst du so etwas behaupten. Lass mich bloß in Ruhe mit deinem dummen Gerede. Ich habe es satt, bis hier!“

Er machte dabei eine Handbewegung zur Unterstützung dieser Aussage. Er drehte sich um und stand Shonessi gegenüber, sie hatte zwar alles mitbekommen, verstand jedoch kein Deutsch. An der Heftigkeit und den Reaktionen konnte sie sich aber einiges zusammenreimen, wollte es dennoch genau wissen.

„Was hat er über mich gesagt?“

Marc nahm kein Blatt vor den Mund, er war stinksauer.

„Mein sogenannter Freund möchte dich gerne flachlegen und meint, dass du jeden ranlässt. Außerdem bist du nur auf mein Geld aus.“

„Hast du denn welches, ist ja interessant. Warum erfahre ich das erst jetzt? Dann hätte ich ganz anders reagieren können.“

Sie wartete die Antwort von Marc nicht ab, sondern ging direkt auf Hartmut zu. Ihr sonst fast immer vorhandenes Lachen war verschwunden.

„Ich weiß, dass Marc nicht alles gesagt hat. Und merk dir das eine. Du wirst mich niemals bekommen. Um nichts in der Welt, nicht in diesem Leben. Kapiert?!“, wandte sich wieder Marc zu und flüsterte ihm mit vorgehaltener Hand ins Ohr. Sein Gesicht nahm dabei eine leicht rötliche Färbung an.

Ein heißes Bad

Shonessi nahm Marc an die Hand und ging mit ihm den Weg hoch zum Hauptquartier des Parks, einem modernen Holzhaus mit kanadischer Flagge. Gerhard und Hartmut folgten, nachdem sie ihr Boot entladen und auf festem Boden abgelegt hatten.

Im Raum befand sich ein Tresen, davor stand Ahmik, vertieft in ein Gespräch mit dem Parkaufseher. Als Shonessi und Marc den Raum betraten und Ahmik ihn erblickte, wurde er blass, in gereiztem Ton stellte er die Frage an Marc.

„Wie kommst du hierher?“

Marc hörte sehr wohl den Unterton in seiner Stimme und erwiderte deswegen auch etwas provozierend, „das ist doch nicht so schwer zu erraten: mit dem Kajak. Aber das wolltest du wahrscheinlich nicht wissen. Shonessi und mich hat das Schicksal zusammengeführt.“

Zur Unterstützung seiner Worte legte er seinen Arm um Shonessi, die ihn verliebt anblickte. Ahmik wollte schon ansetzen, als der Parkaufseher das Wort ergriff.

„Wie bist du hierhergekommen? Habe ich das richtig verstanden, mit dem Kajak?“

In diesem Augenblick betraten auch Gerhard und Hartmut den Raum. Überrascht bemerkte er, „oh, nochmal zwei. Gehört ihr zusammen?“

Hartmut deutete dabei auf Shonessi. „Sie nicht, wir drei ja.“

Marc übernahm mit einem Kopfschütteln das Gespräch, drängte Hartmut auf die Seite, zumal er das wesentlich bessere Englisch sprach.

„Wir drei“, er deutete dabei auf Hartmut, Gerhard und sich, „sind mit dem Kajak hier gerade eingetroffen. Shonessi habe ich in …“

Der Parkaufseher bekam große Augen: „Mit dem Kajak? Seid ihr verrückt? Wie seid ihr durch die Waldschlucht gekommen? Die ist jetzt lebensgefährlich und für Kanus gesperrt.“

Marc schilderte kurz ihre Fahrt durch die Waldschlucht, in Shonessis Augen konnten Gerhard und Hartmut Bewunderung erkennen. Der Parkaufseher verließ seinen Tresen und schüttelte allen die Hände.

„Wie ist dein Name? Ihr habt es drauf. Super!“, wandte sich direkt an Marc, „du scheinst Shonessi ja gut zu kennen?“

„Nenn mich Marc, und das sind Gerhard und Hartmut. Ja, Shonessi und ich haben uns in Jade City kennengelernt.“

Shonessi lachte, „ich habe ihm einen neuen Namen gegeben – Lakota!“

Der Parkaufseher fasste Marc an die Schulter und meinte anerkennend, „das ist eine große Ehre für einen …, woher kommst du?“

„Deutschland.“

„Na, dann, willkommen in meinem Park. Und wie gesagt, das ist eine sehr große Ehre. Wann wollt ihr weiter?“

Marc drückte Shonessi an sich. Stolz blickte er um sich.

„Also, hat das nun jeder verstanden? Ab heute ist mein Name hier in Kanada – Lakota. Gefällt mir auch sehr gut!“

Weder Ahmik noch Hartmut konnten sich damit anfreunden. Einzig Gerhard fand das in Ordnung.

Marc und Gerhard bemerkten gegenüber dem Parkaufseher, dass sie auf jeden Fall einen Tag hier bleiben wollten, um die heißen Quellen kennenzulernen. Ahmik witterte seine Chance.

„Wir brechen sofort auf…“

Vehement fuhr Shonessi ihrem Bruder in die Parade.

„Nein, Ahmik, dann fährst du ohne mich weiter. Ich bleibe mit Lakota hier und werde mit ihm die heißen Quellen besuchen.“ Mit einem Augenaufschlag, der Hartmut schlucken ließ und Ahmik erzürnte, beendete sie den Satz, „und ein gemeinsames Bad nehmen, das er nie vergessen wird.“

„Das geht nicht, wir müssen weiter! Du schwebst in Lebensgefahr …, das weißt du genau. Außerdem will ich hier nicht alle in Gefahr bringen.“

Shonessi beeindruckte das in keinster Weise, „und wie willst du weiter, zu Fuß? Das Flugzeug kommt erst in zwei Tagen.“ Sie blickte ihn unwillig an. „Gib es zu, du willst mich nur von Lakota trennen. Ich sehe es dir an. Bevor du weitere Vorschläge machst, du kannst nicht mit dem Kanu fahren, das haben wir beide nie gelernt.“

„Was redest du da, ich bin auf dem Meer gefahren! Mit dem Kanu …“, empört klang seine Stimme. Shonessi ließ sich nicht beeindrucken, konterte sofort.

„Das hier ist ein Fluss mit Hochwasser. Du hast hiervon keine Ahnung! Null!“

Der Parkaufseher unterstützte Shonessi.

„Ahmik, ich muss ihr zustimmen. Der Wasserstand ist viel zu gefährlich…, ja auch auf den unteren Abschnitten. Ich sehe da aber eine Möglichkeit, ihr drei seid doch sehr gute Kanuten. Ich habe hier noch ein Kanu, könnt ihr auch mit dem Stechpaddel umgehen?“

Alle drei nickten, Gerhard bestärkte noch, „Marc kommt sogar vom Kanu her, der ist mit dem Zweier schweres Wildwasser gefahren und hat immer auch mal nicht so gute Fahrer dabei gehabt. Wir beide dagegen sind eher Kajakfahrer, also mit dem Doppelpaddel stark.“

Marc sah die Chance für sich und Shonessi.

„Stimmt, Gerhard. Ich mach euch folgenden Vorschlag: ich nehme das Kanu, Shonessi fährt bei mir mit. Wenn wir am Ziel ankommen, kann sie alles. Ich bringe es ihr bei. Hartmut, du fährst mit Ahmik im Aerius und Gerhard nimmt meinen T65.“

„Moment! Der Aerius ist noch immer mein Boot. Ich bestimme allein, wer damit fährt. Shonessi kann ja bei mir mitfahren…“

Shonessi löste sich von Marc, war mit zwei Schritten bei Hartmut. Obgleich einen ganzen Kopf kleiner, baute sie sich bedrohlich vor ihm auf, fauchte ihn an.

„Träum weiter! Niemals werde ich zu dir in dein Boot steigen. Vorher schwimme ich den South Nahanni hinunter. Hast du meine Worte von vorhin schon vergessen. Komm mir nicht zu nahe!“

Gerhard versuchte einzulenken.

„Klar, Hartmut, über dein Boot kannst du bestimmen. Über sonst nichts. Dann nehme ich eben den T65 von Marc. … Und wenn du dich nicht sofort hier und jetzt einkriegst, dann trennen wir uns. Dann such dir deinen Weg alleine. Ich habe keinen Bock mehr auf deine Launen. Lass endlich deine dummen Anspielungen, lass Marc und Shonessi in Ruhe! Akzeptiere das endlich, je früher desto besser. Am besten wir schlafen alle eine Nacht darüber, besuchen morgen die Quellen und entscheiden dann, wie es weitergeht.“

Am nächsten Morgen, sehr früh gegen 07.00 Uhr schreckte Marc hoch. Der Reißverschluss zu seinem Zelt wurde aufgezogen. Shonessi hatte sich vorgenommen, vor allen anderen bei den heißen Quellen zu sein.

„Komm, beeil dich. Wir brechen auf. Ich will da nur mit dir hin, hast du was zu essen. Ich hab nichts dabei?“

Marc war sofort hellwach, zog sich an, packte noch schnell etwas Essbares zusammen. Dann zogen beide los zu den Tuffsteinterrassen mit den heißen Quellen. Mit 27m Höhe und 70m Breite sind die Quellen die größten ihrer Art in Kanada, dabei schwer zugänglich. Die sieben Kilometer lange Wegstrecke meisterten sie in eineinhalb Stunden. Als sie die Tuffterrassen erreichten, bot sich ihnen ein großartiger Ausblick.

Der Tuffstein selbst war durch das kalkhaltige Wasser verfärbt, schimmerte in der Sonne von weiß bis orange. Unter ihnen im Tal zog der breite South Nahanni seine Bahn, Kiesbänke, Nebenarme und Inseln waren immer noch verschwunden. Der Fluss hatte eine braun-gelbliche Färbung. Hochwasser eben.

Shonessi war bereits einige Meter weitergelaufen und winkte Marc zu. Sie kletterten weiter hinauf, unter ihnen lagen jetzt die Terrassen in den einzelnen Stufen. Was für ein Anblick, das Wasser leuchtete in den Farben blau, türkis, grün und gelb, war dabei glasklar. Ganz am Rand entdeckten sie einen kleinen Pool, wie geschaffen für sie. Das Wasser war hier nicht ganz so heiß, so um die 33-35°.

Ohne Marc zu fragen, entledigte sich Shonessi ihrer Kleidung und stieg ins Wasser. Marc stand einfach nur da und schaute sie fasziniert an. Sie lachte, winkte ihm zu.

„Lakota, was ist los mit dir? Auf was wartest du? Willst du nicht auch ins Wasser kommen? Es ist herrlich.“

Marc machte es Shonessi nach und setzte sich dicht neben sie. Nur ihre Köpfe ragten aus dem Wasser. Sie wandte sich ihm zu, setzte sich auf ihn, legte ihre Arme um seinen Hals und gab ihm einen flüchtigen Kuss. In dieser Umgebung, allein mit ihr in weiter Wildnis, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Er zog sie fest an sich, küsste sie leidenschaftlich, fühlte eine unendliche Glückseligkeit. Er küsste ihre kleinen festen Brüste, spürte ihren Schoß. Sie gab sich ihm hin, genoss jede einzelne Sekunde.

„So schön war es noch nie.“ Marc schwieg, fühlte gleich.

Das Wasser schlug kleine Wellen und klatschte gegen den Tuffsteinrand.

Eng umschlungen lagen sie im warmen Wasser. Er streichelte ihre Haare, blickte sie verliebt an.

„Shonessi, was wird jetzt aus uns? Okay, wir fahren gemeinsam den South Nahanni hinunter. Aber irgendwann kommen wir an, und dann?“

„Was möchtest du denn? Mit mir zusammen sein? Ich will das, mit dir zusammen sein!“

Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich.

„Ahmik lehnt dich ab. Mein Vater wird es wahrscheinlich auch. … Und mein zukünftiger Möchtegern-Ehemann wird dich als Feind sehen.“, sie blickte ihm direkt in die Augen, „das wird sehr schwer, ich weiß nicht.“

„Aber ich weiß es. Shonessi, ich liebe dich und ich will mit dir zusammen sein. Ich bin unendlich glücklich, dass wir beide uns hier begegnet sind. Und gerade eben, das war einfach unglaublich. So habe ich es noch nie erlebt.“

„Hast du denn keine Freundin? Oder gar eine Frau?“

„Ich hatte eine Frau, sie ist bei einem Autounfall tödlich verunglückt“, er blickte sie ernst an, „aber das ist lange her, jetzt zählst nur du für mich. Wenn es hier in Kanada für dich nicht möglich ist, mit mir zu leben, … dann kommst du eben mit nach Deutschland.“

„Nach Deutschland? Ich kann ja noch nicht mal eure Sprache…“

„Die kann man lernen.“

„Ich kenn auch nicht euer Essen, Sauerkraut zum Beispiel…“

„Du kannst essen, was du magst. Bei uns gibt es alles.“

„Und die Menschen, wenn die alle so sind, wie dein Freund…“

„Gerhard ist nicht so. Auch bei uns sind die Menschen unterschiedlich, wie hier!“

„Ach Lakota, ich weiß nicht…“

„Lass uns bitte zusammen bleiben, ich bleibe auch hier in Kanada. Die Sprache kann ich ja schon.“

Er versuchte zu lächeln, war aber eher gequält. Sie schaute ihn lange an, sprach kein Wort, stieg aus dem Pool, zeigte ihm den Rücken. Langsam kletterte sie zum Tuffrand, stellte sich breitbeinig auf den Stein, hob ihre Arme in den Himmel und begann zu singen. Für Marc in einer unverständlichen Sprache. Nachdem sie geendet hatte, verharrte sie einen Augenblick in dieser Position, drehte sich dann unvermittelt um, hob ihre Arme erneut in den Himmel, legte ihren Kopf in den Nacken und fiel in den gleichen Singsang. Brach plötzlich und unvermittelt ab, ließ sich nach vorne in den Pool fallen.

Prustend tauchte sie vor Marc auf, der wortlos zugeschaut hatte. Eine magische Ausstrahlung war von ihr ausgegangen. Sie umklammerte seine Knie, zog sich zu ihm hoch, bis sie in Augenhöhe mit ihm war, legte ihre Arme um seinen Hals. Und wieder spürte er ihre Lippen. Sie beugte sich zurück, drückte den Rücken durch, schnellte nach hinten in das Wasser, versank. Als sie auftauchte, hingen ihr die nassen Haare wild ins Gesicht.

„Lakota, ich liebe dich und ich bleibe bei dir. Egal wo in dieser Welt!“

Marc erhob sich, umfasste sie sanft und legte sie vorsichtig auf dem blanken Tuff oberhalb des Pools ab. Das warme Wasser und die Sonne ließ beide nicht abkühlen. Es vergingen die Stunden und es wurde Mittag. Schnell aßen sie das mitgebrachte von Marc, zogen sich an und machten sich auf den Rückweg.

Einige Stufen abwärts trafen sie auf Gerhard und Hartmut. Marc spürte deutlich die Spannung zwischen Hartmut und Shonessi. Gerhard verwickelte Shonessi in ein Gespräch, während Hartmut und Marc schweigend hintereinander marschierten. Nach einer Stunde, sie waren kurz vor dem Hauptquartier, konnte sich Hartmut nicht mehr zurückhalten.

„Na, hattet ihr ordentlich Spaß miteinander? Wie oft hast du sie gefickt…“

Marc drehte sich zu Hartmut um und schlug ohne Vorwarnung zu. Hartmut ging sofort zu Boden, bevor er sich wieder aufgerappelt hatte, ging Gerhard dazwischen.

„Ich hab nur Spaß gemacht, du Idiot. Gleich zuschlagen, das war völlig harmlos.“

„So, war es das? Der Ton macht die Musik. Du hast Shonessi und mich beleidigt. Zumindest weiß ich jetzt, was ich machen werde.“

„Was hast du vor?“

„Wartet es beide einfach ab.“

Marc ging zu Shonessi, beide kamen als erste beim Hauptquartier an. Der Himmel hatte sich wieder bewölkt und es begann erneut zu regnen. Unter einer großen Plane, die sie zwischen die Bäume gespannt hatten, saßen sie am Feuer, das nicht zu groß sein durfte, da es unterhalb der Plane lag. Der Parkaufseher, Ahmik, Shonessi, Marc, Gerhard und Hartmut beratschlagten über die weitere Vorgehensweise. Marc hörte sich alles einige Zeit an, dann unterbrach er.

„Ich für meinen Teil klinke mich hiermit aus. Hartmut, dein Verhalten heute hat mir die Augen geöffnet. Ich dulde in keiner Weise deine Beleidigungen gegenüber Shonessi. Ich will dich nicht mehr bei mir haben…“

Shonessi fiel Marc ins Wort.

„Das gleiche gilt für mich, auch ich steige aus. Lakota und ich setzen gemeinsam unsere Fahrt fort. Wir nehmen das Kanu.“ Sie wandte sich Marc zu, ergriff seine Hände, „ich bin mir sicher, dass du mich heil ans Ziel bringst.“

Ahmik hatte bis jetzt geschwiegen. Er sah erst seine Schwester an, dann Marc. Mit Resignation in der Stimme akzeptierte er ihre Meinung, obwohl längst nicht überzeugt.

„Dann brauchst du mich ja nicht mehr. Ich warte Morgen auf das Flugzeug und gehe nach Fort Liard. Dort erwarte ich euch. Was wollt ihr dann machen?“

„Das erfährst du früh genug. Wir beide bleiben auf jeden Fall zusammen. Das habe ich Lakota geschworen!“

Das war es also, was Shonessi am Pool gemacht hatte, ein Schwur. Mit Bewunderung schaute er sie an, drückte zur Bestätigung ihre Hände.

Gerhard und Hartmut sagten beide nichts. Für Gerhard brach die Traumreise auseinander. Hartmut erkannte er nicht wieder und Marc hatte sich entschieden.

„Marc, wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne bei euch bleiben, nehme deinen T65. Ich verspreche euch auch, ich werde euch nicht zur Last fallen.“

Marc brauchte nicht zu antworten, das übernahm Shonessi.

„Du darfst gerne mitfahren, du störst auch nicht. Ich freue mich, wenn du dabei bist.“

Hartmut senkte die Augen. Mit verbissener Stimme antwortete er in Deutsch, „dann ist es wohl entschieden. Auch ich fliege mit dem Flugzeug zurück. Gratuliere Marc, deine kleine Hure hat unseren Traum kaputtgemacht. Du bist ihr ja vollkommen verfallen. Sie hat dich regelrecht verhext. Ich habe gedacht, Freundschaft zählt mehr bei dir. Da habe ich mich wohl in dir getäuscht. Erst hast du mir Ella weggenommen und jetzt wirfst du unsere Freundschaft wegen einer 'Indianerin' weg. Ich verachte dich.“ Er sprach das so abfällig aus, dass der Begriff Indianerin in höchstem Maße abwertend zu verstehen war.

Dann holte er zu einem Rundumschlag aus, Marc stand bereits mit geballten Fäusten, nahm eine bedrohliche Haltung ein. Allein Gerhard hielt ihn zurück.

„Gerhard, auch du bist ein Verräter und fällst mir in den Rücken. Bin ja gespannt, was du deiner Frau und deinen beiden Kindern zuhause erzählst. Ihr beide seid für mich gestorben, endgültig!“

Er stand auf und ging in sein Zelt.

In letzter Minute

Am nächsten Morgen, vor Sonnenaufgang. Shonessis erster Weg galt Marc, seinem Zelt. Sie zog leise den Reißverschluss auf, schlüpfte zu dem schlaftrunkenen Marc in den Schlafsack. Langsam kam er zu sich.

„Shonessi.“

„Ja…a. Kann ich bleiben … oder soll ich wieder gehen?“

Er war hellwach: „Bleiben! Ich würde mir wünschen, jeden Morgen von dir geweckt zu werden.“

Sie lachte ihn an: „Dann sei still und genieße.“

Ahmik hatte ihr Davonschleichen beobachtet, ging ihr nach und sah, wie sie in das Zelt schlüpfte. Langsam erfasste er die Wirklichkeit, wollte es nur noch nicht wahrhaben. Niemals würde er seine Schwester, die zehn Jahre jünger war als er, verletzen. Weit entfernt war sein Verständnis für ihr Verhalten in den letzten Jahren. Das galt insbesondere für ihre Liebesverhältnisse, am Anfang euphorisch, nach einer gewissen Zeit, mal länger, mal kürzer, dann stark nachlassend. Er hielt ihr ihre Jugend zugute, gerade mal dreiundzwanzig Jahre war sie alt. Zeit für Erfahrungen. Bisher nicht nur der große Bruder, immer auch der Beschützer mit einem äußerst wachsamen Auge. Zugegeben hätte er es nie, seine Schwester war für ihn der wichtigste Mensch in seinem Leben, er liebte sie über alles.

Nun dieser Deutsche! Shonessi verhielt sich anders. Sicher bemerkte er auch hier diese Euphorie, doch verhaltener. Er fühlte eine innere Stärke, eine Kraft in ihr, die er so noch nicht gesehen hatte. Diesen Deutschen konnte er nicht einschätzen, sicher nur eine Urlaubsromanze. So hoffte er insgeheim. Die Fakten sprachen dagegen, er hatte sie beide vor einem vielleicht tödlichen Anschlag bewahrt, hatte ohne eine Spur zu zweifeln sofort für sie Partei ergriffen. Warum? Er tat sich schwer einzugestehen, dass hier auch Liebe mit im Spiel war. Die Zivilcourage rechnete er ihm hoch an.

Er und der Parkaufseher hielten sich noch im Headquarter auf, als plötzlich das Funkgerät ansprang. Ein Krächzen und unverständliche Wortfetzen waren zu hören. Der Parkaufseher nahm das Gerät in die Hand, um das Flugzeug anzufunken, lächelte Ahmik an.

„Little Bear ist der Pilot, auf den kannst du dich verlassen. Er wird dich sicher nach Fort Liard bringen.“

Sie konnten die Stimmen im Flugzeug hören, anfangs unverständlich, dann immer deutlicher. Little Bear hatte unbemerkt das Funkgerät eingeschaltet.

„Wir sind normale Touristen, hören Sie zu!“ Eine unverständliche Antwort war zu vernehmen. Dafür wurde die andere Stimme laut und deutlich: „Schnauze halten! Keine Warnung an den Parkaufseher, oder Sie sind tot, verstanden?“

Die Antwort des Piloten klang gereizt: „dann erschießen Sie mich doch, ich denke, ihr überlebt das auch nicht.“

Ein ohrenbetäubendes Heulen schallte durch das Funkgerät.

„Da stimmt was nicht, wir bekommen ungebetenen Besuch.“

Ahmik rannte, ohne die Antwort abzuwarten aus dem Haus zu den Zelten, nahm einen blechernen Kochtopf und trommelte mit einem großen Schöpflöffel darauf herum. Seine Bedenken waren wie weg geblasen. Alle schreckten in ihren Zelten auf.

„Raus mit euch, alle! Wir sind entdeckt, in zwanzig Minuten sind unsere Verfolger mit dem Flugzeug hier.“

Marc war mit einem Hechtsprung aus dem Zelt. Er ergriff sofort die Initiative.

„Gerhart, Hartmut, schmeißt alles einfach in die Boote. Shonessi, reiß das Zelt ab. Schnell, wir dürfen keine Zeit verlieren. In zehn Minuten ist Abfahrt. Hartmut, Ahmik, ihr nehmt zusammen den Aerius. Gerhard, du den T65. Nimm unser ganzes Gepäck mit. Shonessi und ich machen das Kanu flott.“

Im Laufschritt rannte der Parkaufseher mit zwei Stechpaddeln und Schwimmwesten an ihnen vorbei.

„Folgt mir, schnell.“

Shonessi hatte nicht viel an, nur Slip und T-Shirt, ebenso Marc nur seine Sporthose und ebenfalls ein T-Shirt. Er packte seinen großen Rucksack, stopfte alle losen Kleidungsstücke so gut es ging hinein. Shonessi trug ihre Kleidung unter dem Arm, warf sie lose in das Kanu, sprang hinein. Marc setzte sich hinten auf das Brett, der Parkaufseher gab ihnen einen Stoß, schon waren sie auf dem Wasser. Die Strömung packte sie sofort, fast wären sie gekentert. Marc rief Shonessi nach vorne zu:

„Das ist kein Kochlöffel, sondern ein Paddel, umfass den Griff oben. Schau her zu mir, ich zeig´s dir.“ Er zeigte ihr kurz, wie man ein Paddel hält und einsetzt. „Du paddelst rechts, ich links. Und wichtig: keine Wechsel. Du bleibst auf deiner Seite. So nun eintauchen, das ganze Blatt. Und durchziehen.“

Die zierliche Shonessi setzte alle ihre Kräfte ein. Marc war zufrieden, er wendete das Kanu gegen die Strömung, dass es flussaufwärts zeigte. So überquerten sie ohne Probleme den Fluss. Kurz vor Erreichen des Ufers wendete er wieder und ließ sich abwärts treiben. Die Strömung war zwar schnell, jedoch ohne Hindernisse. Schnell näherten sich auch die beiden anderen Kajaks. Sie hörten bereits ein Brummen, Motorengeräusch. Sie mussten an Land.

Das Glück stand ihnen zur Seite, am rechten Ufer lag ein mächtiger Felsklotz im Wasser. Marc zeigte auf den Felsen, die anderen verstanden. Gerhard zog an Marcs Kanu vorbei, um als erster in das Kehrwasser hinter dem Felsen einzufahren.

„Shonessi, pass genau auf Gerhard auf, wie er das Blatt ins Wasser setzt, du machst es genauso. Hör auf mein Kommando, Wenn ich sage 'jetzt' – setzt du das Paddel ein.“

Marc steuerte den Felsen knapp an, gab das Kommando.

„Jetzt!“

Sie hielt das Paddel über den Kopf mit dem flachen Blatt ins Wasser. Nur der Druck war nicht da. Marc war mit Absicht sehr dicht an den Felsen herangefahren, mit allen Risiken, wechselte die Seite und drückte das Kanu ins Kehrwasser. Auch saß er nicht mehr auf dem Brett, sondern kniete im Boot, um es entsprechend aufzukanten. Shonessi legte sich instinktiv ebenfalls auf die richtige Seite. Gerhard zog bereits ein Boot auf das Ufer. Innerhalb kurzer Zeit waren alle drei an Land. Sie versteckten die Boote im Gebüsch.

Nur wenige Minuten später donnerte ein Wasserflugzeug über sie hinweg. Sie hatten es geschafft, in letzter Minute.

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Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
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560 стр. 1 иллюстрация
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9783957446992
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