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Читать книгу: «Gamification-Testspiel», страница 3

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Die Freien gegen die Geronier.

Ohne wirklich überlegen zu müssen, loggt sich Mirko bei den Freien ein. Er fühlt sich bei denen, die ihrer Heimat bestohlen wurden, besser aufgehoben.

Zunächst also einen Avatar kreieren.

… der Body, hmm, mal sehen … HOLY SHIT! Was ist DAS denn?

Da ist ein „bestimmter Bodypart“. Sozusagen als „Extra“. Alles im Spiel.

… vielleicht später … Mirko muss nun doch breit grinsen.

Aber zunächst „konventionell“. Narben unter dem rechten Auge und Wange, nur etwas längere rote Haare und kurzer Wikingerbart. Augenfarbe blau.

Die Robe: Blue Jeans, braune Lederjacke, schwarzes T-Shirt. Schwarze Boots.

Mirko verwandelt sich in „Tibor Dee“. So wie er schon immer sein und heißen wollte. TIBOR DEE.

Ein Kerl, um einiges muskulöser als Mirko, mit Zügen, die, wie er glaubt, ihm nahekommen. Typ – Destroyer.

Wahnsinn, denkt Mirko.

Er spawned in einem der Tutorials.

Drücken Sie „Strg links“, um sich zu ducken. Space: Springen. Zielen: Klicken mit der rechten Maustaste. Türen, Truhen und Fahrzeuge öffnen mit „F“.

Die ersten Schritte gelingen Mirko ohne Probleme.

Haus oder Wohnung kann man in der „Open World“ kaufen oder mieten. Es gibt Immobilienmakler. Überall stehen Gebäude und liegen Grundstücke bereit.

Mirko klickt sich weiter durch.

Verdammt, das ist ja richtig geil.

Er vertieft und verliert sich, geht immer weiter. Häuser, Plätze, Kinos, Straßen. Himmel, Wolken. Hunde, Vögel, Autos, Läden. Restaurants und … das Licht.

Ausmodelliert das Hell. Ausmodelliert das Dunkel.

Absolut alles in der Welt von Cloonguard Four sieht wie Eins zu Eins der realen Welt entnommen aus. Dann geklont und auf dem Monitor wieder zu Leben erweckt.

So, mal die Tür aufmachen, murmelt Mirko. Und übt. Tür auf, Tür zu und so fort.

Nach mehr als einer Stunde ist die Einführung beendet.

Mirko weiß nun um die Grundlagen. Er weiß, wie man Dinge verstaut, wie zum Beispiel in kleinen geheimen Verstecken. UND er weiß um die Gefahren – alles wie in der realen Welt.

Ein Smiley poppt auf.

Glückwunsch. Sie haben das Tutorial abgeschlossen. Ihr Spiel kann jetzt beginnen.

Sie sind nun Bürger der „Freien“ in der Kolonie 43 auf Cloonguard Four.

Gehen Sie jetzt über „Los“ und ziehen 4.000 Bugie ein.

Viel Erfolg, Tibor Dee.

Verdammt, ist die Welt irre. Alleine nur die Reklame da am Haus …

Spieler passieren und ignorieren ihn und wieder andere spawnen neu ins Spiel.

Tage vergehen. Mirko nennt es „einleben“.

Hier und da gibt es einen Anschlag, Verhaftungen. Ansonsten bietet das Leben eine „gewisse Normalität“ unter der Besatzung der Geronier.

Ein Icon erscheint am Bildschirmrand. Only five minutes more.

Mirko ist bereits seit fast zwölf Stunden ununterbrochen im Spiel.

Elf Stunden und fünfundfünfzig Minuten, um genau zu sein.

Tibor Dee lebt jetzt in der Stadt „Scone“.

Über „Walhalla Real Estate“, einem bekannten Makler, hat Mirko für Tibor eine kleine Souterrainwohnung gefunden.

Als Mirko so zockt und gerade eine blaue Blumenvase mit gelben und roten Gerbera auf den Beistelltisch mit Klöppeldecke stellt, erscheint eine Nachricht auf dem Bildschirm.

Hey, Alex hier, hab gesehen, Du bist auf der RICHTIGEN Seite gelandet. Wusste ich’s doch. Lust, mal um die Häuser von Scone zu ziehen?

Klar, erwidert Mirko.

Dann triff mich in meinem Club, dem „Rubba Dub“. Frag nach „Calou“.

Wer ist Calou? fragt Mirko.

Na ich, Du Nase. Komm her! Ich bin da.

Mirko macht sich auf den Weg durch die Straßen von Scone und landet in einer nicht so feinen Gegend.

Vor dem Rubba Dub wird er angehalten, gefilzt und dann erst rein gelassen.

Sehr geil, hier gamen sogar welche als Türsteher.

Mirko betritt das Rubba Dub.

Die Decke ist recht niedrig und das Licht schummerig. Doch klein ist der Laden nicht. Selbst eine Bühne kann man sehen. Und überall Tische und Bänke und Stühle. Bis auf eine Dartscheibe und einen Spiegel schmucklos und nüchtern, die beigen Wände.

Das perfekte Ambiente für eine Blues-Kneipe mit Elmore James oder Striplokal für Betty Page. Nicht, dass Mirko schon mal solche Etablissements je betreten hätte. Weder das eine, noch das andere. Aber so würde er es sich vorstellen.

Mirko schreibt eine Textmessage.

Hey Alex, wo finde ich Dich?

Dreh Dich mal um. Ich sitze hier. Und nenn’ mich Calou! Du bist Tibor Dee! Sonst niemand!

Ein Mann mit zwei riesigen Narben auf der linken Wange und einem schwarzen Borsalino auf dem Kopf sitzt an einem rustikalen Holztisch auf einer Bank. Über ihm eine Lampe mit nach unten offenem Blechschirm und einer einfachen Glühbirne darin. Ein Humpen Bier und ein Teller mit einem Pfund Fleisch stehen vor ihm.

Calou nickt Tibor Dee zu.

Hey. Und, was stellen wir jetzt an, in Deinem Club, Calou?, fragt Mirko über Headset in den Game Chat.

Alex/Calou schreibt lediglich zurück.

Hi, sorry, aber mein Mikro macht Probleme. Ich kann Dir nur schreiben, Du sprichst, wenn das okay ist.

Klar ist es das, erwidert Mirko über sein Mic.

Habe gehört, was sie mit Dir nach Deinem Kampf gemacht haben. War nicht recht. Hast Du Lust auf einen neuen Clan?, schreibt Calou entwaffnend direkt.

Wow, oh Mann.

Ein Clan, der Dich nicht verurteilt dafür, dass Du kämpfst?

Logo.

Gut. Zwei Dinge hast Du zu tun.

Die wären?

Sprich niemals mit Außenstehenden über „Death out“. Weder in der physischen noch in der virtuellen Welt. Dies gilt für uns beide und gilt für jeden anderen, der mit uns ist.

Und wenn ich mit niemandem sprechen darf, wie soll ich wissen, wer mit mir ist und wer nicht?

Es gibt ein Erkennungszeichen an den Kleidern. Immer an der gleichen Stelle. Daran erkennst Du, wer Freund ist. Und wer nicht. Kein anderer, nur die Eingeweihten, kennen dieses Symbol und dessen Bedeutung.

Verstehe. Die zweite Regel?

Einfach. Du machst, was man Dir sagt. Du dienst. Und zwar dem Besten. Bis ich Dir etwas anderes sage.

Und wie heißt der Clan des Besten?, will Tibor Dee fast respektlos wissen.

Erweise Dich zunächst als würdig.

… entschuldige … was muss ich tun?

Also: Es gibt da einen Geronier … er ist der Statthalter von Scone. Er lebt hier in der Kolonie 43. Ist ’n verdammter Killer. Ein mieser Besatzer.

Mitten unter den Freien?

Ja. Töte ihn!

Leibwache?, fragt Tibor.

Du bekommst Einzelheiten, wenn Du zusagst.

Ich bin dabei. Was habe ich zu verlieren?

Dein Leben, lautet Calous lakonische Antwort.

Doch Tibor lacht nur.

Schön! Dann wäre DAS ja auch geklärt.

Calou fummelt etwas umständlich in seiner Jackentasche und zieht eine kleine Schachtel heraus.

Hier, mach auf.

Tibor öffnet die Box. Eine Anstecknadel mit grünem Wappen und Stern darin.

Unser Kennzeichen. Stecke es an Deine Jacke … da am Revers.

Wann geht es los?

BAMM!

Die Tür zum Rubba Dub springt laut und weit auf.

Jetzt.

Jetzt?

Dein Fahrer steht bereits da in der Tür und wird Dich zum Treffpunkt bringen. Dort wartet eine Kontaktperson auf Dich. Du bekommst Anweisungen und Arbeitsmaterial.

Treffpunkt? Kontaktperson? Anweisungen?

Frag nicht soviel. Geh jetzt!

Tibor steht auf und geht mit dem Mann in der Tür in die virtuelle Dunkelheit.

Ich bin Pete, sagt der Mann mit dem verlebten Gesicht und ebensolcher Stimme als sie auf dem Weg zum Wagen sind.

Tibor Dee ahnt nicht, dass dies die ganze Konversation ist, die er mit Pete bis zum Treffpunkt haben wird.

Das besetzte Scone liegt da in der Nacht, erhellt von Straßenlaternen und Neonreklamen. Meist asiatische Frauen werben für einen hellen Teint, Tütensuppen und zweifelhafte Vergnügungen. Ein Cowboy steht aufrecht da und preist überlebensgroß die Zigarettenmarke „Marlca“ an, für die er selbst Meilen gehen würde.

Bürogebäude sind erleuchtet und man kann sich bewegende Schemen in den Fenstern erkennen. Kneipen, Bars, Restaurants und Theater. Alles erleuchtet, besucht und belebt.

Mirko und Tibor verschmelzen wie Dunst langsam ineinander.

Tibor Dee wird immer … perfekter … wirklicher … echter.

Sie verlassen Downtown Scone. Die Lichter werden weniger. Die Straße buckliger. Die Häuser schäbiger. Man kann das Poltern hören, wenn es durch ein Schlagloch geht.

Sound and Vison.

Mirko ist nichts als völlig geflasht vom Spiel.

Nach einer gezogenen Rechtskurve steht auf einem an einer Hauswand angebrachtem Straßenschild: „Yggdrasil Drive“.

Der Yggdrasil Drive liegt im Halbdunkel, als es scharf links geht. Pete bringt den Wagen vor einem funzlig beleuchteten Haus zum Halten, vor dem ein Entenfußbaum steht.

Endstation, sagt Pete mit Reibeisenstimme, Du steigst hier aus, gehst da rüber zum Haus. Du öffnest den Briefkasten, siehst Du? Da hinten links? Darin liegt ein Schlüssel. Mit dem machst Du die Haustür auf. Innen rechts der Tür ist ein Lichtschalter. Geh’ jetzt.

Danke, sagt Tibor beim Aussteigen.

Pete fährt den Yggdrasil Drive weiter, bis der Wagen nach einer Kurve aus Tibors Blick verschwindet.

Sich vorsichtig umsehend geht Tibor Dee auf das Haus zu. Neben der Haustür hängt ein Briefkasten ohne Namensschild. Er öffnet den Briefkasten (hier macht sich Mirkos Training bemerkbar) und wie angekündigt liegt ein Schlüssel darin.

Tibor schließt auf. Knipst das Licht rechts der Tür an.

Boom! – als eine Faust aus dem Nichts Tibor – Batsch – zu Boden schickt.

(Mirko lässt vor Schreck seine Schale Gummibärchen vom Schoß fallen.)

Vergiss niemals Deine Deckung. Grüße vom Boss.

Wie ein böser Schatten verlässt der Schläger das Gebäude.

Ein schmaler Flur liegt vor Tibor, die Wände weiß. Gleich neben der Haustür führt eine schmale Treppe hinauf.

Hier oben. Komm rauf, komm rauf. Erste Tür rechts, ruft eine ältere männliche Stimme.

Die Treppe knarrt und knarzt (geiler Soundeffekt). Auch das Treppengeländer macht nicht gerade den besten Eindruck.

Oben sieht Tibor schon Licht aus dem ersten Zimmer schimmern und tritt ein.

Im weißen, kurzärmligen Nyltesthemd steht ein Mann mit Bibergesicht unter einer nackten Glühbirne vor einem einfachen Tisch, mit dem Rücken zum Straßenfenster. Wahnsinn.

Zwei Waffen liegen vor ihm. Ein Jagdmesser und eine Pistole.

Na, Söhnchen … schon mal mit ’ner Glock geballert?

Nein, aber mit anderen Waffen schon.

Hab’ auch gehört Du kannst ganz gut mit dem Bajonett …

… ach, lange her.

Lüg mich nicht an, Du Göre. Verstehst Du? Ich sehe vielleicht scheiße aus, das heißt aber nicht, dass mein Hirn voll Scheiße ist. Oder glaubst Du, mein Hirn ist voll mit Scheiße, Söhnchen?

Nein, nein, ’türlich nicht, entschuldige bitte … äh …?

Sammy „der Biber“. Aber Sammy reicht.

Hey Sammy. Ich bin Tibor …

Weiß ich, weiß ich, schüttelt Sammy heraus.

So, Schluss jetzt mit dem Schmu. Hier, Dein Briefing zum Hit und für die Spielzeuge.

Sammy legt ein Bild auf den Tisch, dass das Target zeigt.

Darf ich vorstellen: Diese mies anmutende Fresse gehört Matts „das Frettchen“ Kapito.

Das Frettchen?

Geronier. Ein Räuber vor dem Herrn, trinkt viel, pisst viel, starker Eigengeruch und verfügt über ein sogenanntes reines Hackgebiss. Sieht man ja hier sehr schön auf dem Bild.

Wie, starker Eigengeruch?, fragt sich Tibor und murmelt gelangweilt, Ja, ja, sehr schön.

Jetzt pass mal genau auf, Du arrogantes kleines Arschloch: Die leicht gebogenen Fangzähne dienen dem Frettchen vor allem zum Töten. Und genauso macht es unser Herr Kapito. Er beißt die Leute tot. In die Kehle. Darum „das Frettchen“. Schnell, blitzschnell – ein Geist ist er.

Jetzt hat Sammy Tibors uneingeschränkte Aufmerksamkeit.

Trinkt er etwa das Scheißblut?

Nein, tut er nicht.

War das die gute Nachricht?

Andere erdrosseln eben, erschießen oder erschlagen Dich. Oder wieder andere erstechen oder überfahren oder murksen Dich sonst wie ab. Jeder hat da so seine Art. Unser Matts beißt sich halt durch.

Und nein, er frisst seine Opfer auch nicht. Allerdings verschleppt und versteckt er gerne mal Leute. Und … bevor er sie kalt macht … quält er sie … das wünscht sich keiner.

Abgesehen davon kommen die nicht mehr zurück ins Spiel. Einmal tot, immer tot. Hier bei Death out, lebst Du nicht zweimal. Nach Matts Kapito gibt es keine Auferstehung.

Ganz reizend, unser Mann. Sonst noch etwas, dass ich wissen muss?

Du musst immer aufpassen, „das Frettchen“ ist wirklich gemeingefährlich. Ausgekochter Player, kennt sich blind aus mit allem, was er tut, wo er geht und steht. Er traut niemandem, weiß um jeden Trick. Viele haben es schon versucht. Aber „das Frettchen“ lebt immer noch. Das einzige, das er wirklich hasst, sind Überraschungen. Also: Lass Dir was einfallen.

Tibor Dee steht in diesem tristen Raum mit der tristen Glühbirne. Ausgerechnet der erste Job ist schon das ultimative Todeskommando und das für einen blutigen Anfänger …

Können wir weitermachen? Alles klar? Null Problemo, Kleiner?

Ja, ja, alles klar. Mach bitte weiter.

Glock 17. Selbstladepistole, Kaliber 9x19 mm. Stangenmagazin. Mögliche Füllungen 17, 19 oder 33 Schuss.

Ich bevorzuge die 19 Schussvariante. Bisschen mehr im Lauf, dafür verhakt sich das Magazin nicht irgendwo in Deiner Kleidung wie bei 33 Schuss. Lässt sich besser managen. Meine Meinung … aber wenn jemand das richtige Holster und entsprechende Kleidung trägt, na dann … bitte … von mir aus …

Beim ersten Mal hält man wegen des geringen Abzugsgewichts fast die Luft an, vor allem wenn man, wie Du, vorher Single-Action-Rifle mit hohem Abzugsgewicht gewohnt war.

Wenn man aber ein bisschen Übung hat, macht die Glock viel Spaß. Besser als ein Vorderlader, so viel kann ich Dir versprechen.

Dank des Safe-Action-Abzugssystems bietet die Waffe absolute Sicherheit, zugleich ist sie einfach wie auch schnell bedienbar.

… einfach und schnell … wie geil …, denkt Tibor.

Wegen der fehlenden manuellen Sicherungen und dank des kurzen Abzugsweges ist die Zeitspanne vom Ziehen der Waffe bis zum ersten Schuss besonders kurz – vielleicht nur ein paar Zehntelsekunden kürzer als bei anderen Waffen. ABER wenn es um Leben und Tod geht, kann genau das entscheidend sein.

Mirko Thies aka Tibor Dee ist in „Fairyland“ gelandet. Es fehlen nur die Schallmeien.

Die Waffe ist sehr präzise und eignet sich für den schnellen Einsatz. Man könnte allerdings einwenden, dass die durchschnittliche Energie von 45 Newton an der Mündung eine zu hohe Eindringtiefe mit sich bringt. Geschmacksache. Mir kann es nicht tief genug sein.

… mir auch nicht …, denkt Tibor.

Du kannst die Glock versenken, eingraben oder anpinkeln – die Glock kann immer.

Ein zuverlässiger Arbeiter. Die Pistole, die hier vor Dir liegt, ist mit 19 Schuss geladen. Mehr Munition bekommst Du nicht. Fragen?

Tibor Dee schüttelt mit dem Kopf.

Gut. Dann kommen wir zum Messer.

Das NL2 ist ein kraftvolles und sehr gut ausbalanciertes Jagdmesser mit rostfreier Klinge aus Damast. Stahl mit ausgezeichnetem Stichvermögen. Dieses robuste Messer hat eine 6,5 mm dicke Klinge und vereint alle Eigenschaften, die man sich nur wünschen kann: Unverwüstlichkeit, Widerstandsfähigkeit, dauerhafte Schärfe.

Zwei sehr robuste Werkzeuge hast Du da, Söhnchen.

(Alter, was ist das bloß für ein Game?, denkt sich Mirko.)

Und jetzt folge mir nach unten in die Garage zum Wagen … und vergiss Deine Arbeitsgeräte nicht. Nimm dafür die Tasche, die auf dem Stuhl liegt.

Tibor packt Pistole und Messer in einen einfachen Stoffbeutel.

Die beiden Männer gehen die Treppe hinunter, die scheinbar noch mehr unter ihnen ächzt als schon zuvor unter einer Person. (Geiler Soundeffekt)

Von der Haustür geht es links in die Garageneinfahrt. Die Garage ist mit einem Tor versperrt.

Aufmachen, fordert Sammy.

Wie denn? Ich habe keinen Schlüssel.

Such …

Tibor Dee sucht und findet einen kleinen Holzkasten, öffnet ihn und tatsächlich befindet sich darin der Schlüssel für das Garagentor.

Na, geht doch …, sagt Bibergesicht Sammy.

Tibor öffnet das Tor. In der Garage ein stumpfsilberner Toyota Corolla, Baujahr 1995.

Was? Mit der Schüssel? Nee, näh?

Was hast Du erwartet? Das Bond-Mobil?

Das nicht gerade … aber das hier?

Reg’ Dich ab. Der Wagen ist unauffällig und macht genau das, was er soll: Fahren.

Und Du machst am besten auch genau das, was Du am besten kannst: Töten.

Schlüssel? … ah, ja suchen …, Tibor dämmert es allmählich, worum es geht. Suchen, finden, anwenden. That’s the Game … Tibor hat jetzt verstanden.

Technische Einweisung, sagt der Biber.

Brauch ich nicht, mein Großvater ist so ’n Ding noch gefahren.

Hör gefälligst zu! Wenn ich Dir sage „technische Einweisung“, dann bekommst Du auch eine. Ich sag das alles doch nicht ohne Grund, Klotzkopf!

Sorry, tut mir leid.

Das Teil hat vorne eine, ich nenne es mal „Elefantenramme“, sowie überall extra gehärtete, mit Carbon beschichtete Stahlplatten. Und – einen auf 950 PS hochgepumpten Motor.

Ganz schön, kommt Tibor nicht umhin zu sagen.

Mit der Karre, so mies wie sie aussieht, könntest Du glatt einen Panzer von der Straße kippen. Sieht man dem Gefährt gar nicht an, oder?

Nein, wirklich nicht.

Dann hätten wir es ja … ach, und ein Navi hat der Wagen auch, denn auf Cloonguard Four muss sich niemand verfahren.

Danke, Sammy. Hat mich gefreut.

Junge, privater Tipp zum Schluss: Einfach mal die Fresse halten. Und quatsch nicht so ’n Dreck. Von wegen, Opa is’ auch so ein Ding gefahren. Viel Glück, Kleiner.

Mirko muss sich erst einmal schütteln. So tief ist er noch nie vor- oder eingedrungen in ein Game. Mirko ist hypnotisiert von der Spielerfahrung, der Natürlichkeit von „Death out“.

Gute Güte. Die Grafik. So wahr und wirklich. Nichts im Hintergrund ist verschwommen oder pixelig. Keine Probleme in der Synchronisierung. Alles ist tief, scharf, farbig, detailliert. Nichts Überflüssiges. Alles leicht bedien- und ansteuerbar. Und funktioniert in Echtzeit.

Licht, Schatten. Wenn nötig schnelle Wechsel. Soundeffekte, seien sie noch so nebensächlich. Alles da. Von Schritt- oder Windgeräuschen oder quietschenden Türen bis hin zum singenden Vogel. Von unterschiedlichsten Motorengeräuschen, zu den Stimmen der Spieler, die tief, hell, ruchlos, verführerisch oder rau klingen können.

Death out – Du bist wahrhaftig! Wo bist Du nur all die Jahre gewesen?, murmelt Mirko.

Tibor bedient das Navi, findet einen Button, auf dem „Stan-Lee-Comic-Action!“ steht, drückt einfach drauf, startet den Corolla und – ist auf dem Weg.

Gut, dass es noch nicht, RIECH! RIECH!, das Geruchsgame gibt. Der Wagen hat etwas … MIEF! MIEF!, Muffiges wie feuchter Keller mit irgendwo verfaulender Ratte.

Tibor Dee fährt den Yggdrasil Drive, BROM! BRooOM!, bis an das Ende und muss an der Ampel, laut Navi, auf der rechten Spur bleibend, BLINK! BLINK! BLINK!, anschließend in die Blue-Byte-Road abbiegen.

Comic-Action, LOL! HA! HA!, Tibor lacht sich eins.

Seine Hand, FUMMEL! FUMMEL!, liegt auf dem Beutel während, die Ampel Rot anzeigt.

Die Glock, OMGEEEE!, fühlt sich, selbst durch den Stoffbeutel, sooo sexy an.

Während Tibor noch mit seiner Knarre geistig onaniert, UMPF! UMPF!, hält auf der Fahrerseite des Corolla ein schwarzer Maybach. Tibor wird eigentlich nur durch die laute Musik, BADADIE! DIE! BADADOU! DOU!, aufmerksam. Er dreht sich instinktiv nach links.

Meine Güte, STAUN!, was eine supergeile Karre, denkt Tibor Dee.

Und dagegen er in japanischer Meterware. Aber Tibor weiß, HA! HA!, er selbst fährt einen noch verdammt böseren Schlitten. Da kommt auch der Lude hier nicht mit.

Als er in die Fahrerkabine des Maybach blickt, traut er seinen Augen kaum. Der Fahrer groovt am Steuer zum Bass. Sein schlauchiger Körper bewegt sich rhythmisch vor und zurück. Na, Hauptsache gut drauf, denkt Tibor Dee noch.

Dann, GLOOOOTZ!, fällt es ihm in Sekundenbruchteilen wie Schuppen von den Augen.

FUUuuuUCK! Nicht zu fassen!

Da sitzt tatsächlich Matts „das Frettchen“ Kapito.

Anfängerglück, denkt Tibor.

Blitzschnell, KRAM, KRAM, holt er die Glock aus der Tasche, öffnet, ZACK!, das Fahrerfenster und ballert, PENG! PENG! PENG!, auf die Fahrerkabine des Maybach.

Aber nichts passiert. Die Kugeln, PJUI! PLÖMP! PJUI!!!, prallen ab.

Der Maybach, VROooOM!, beschleunigt.

Tibor, ROAR! ROArrrR!, setzt sofort nach und, WHAAAHHM!!!, rammt das riesige Fahrzeug noch am hinteren Kotflügel.

Doch Tibor kann sich nicht konzentrieren. Nicht mit dem ganzen Stan-Lee-Comic-Action-Schnickschnack. Tibor schaltet die Funktion ab.

In der Folge entspinnt sich eine wilde Verfolgungsjagd, wobei Tibors getunter Misthobel sich von der allerbesten Seite zeigt. Kurvenverhalten tip-top. Beschleunigung genial. Nichts ist unmöglich.

In den Straßen vereinzelt Leute. Andere Gamer. Sie schauen zu, was da so abgeht. Tibors Toyota jagt Matts’ Luxusschlitten gnadenlos. Tibor ist aggressiv und schnell.

Nach einem schweren Fahrfehler vom „Frettchen“ ist Tibors Moment gekommen. Er reißt seinen Wagen herum, fährt mit voller Beschleunigung auf die Fahrerseite des Maybach zu und haut ihn mit der vorne aufgepflanzten Elefantenramme einfach um.

Ein Horrorcrash. Ein einziger dumpfer, scheppernder, splitternder Metallknall.

Wie eine Blechdose kullert der Maybach mit Getöse die Straße bergab, nimmt dabei alles mit, was im Wege steht; überrollt Tische und Bänke eines Straßencafés samt Gästen und Passanten. Überschlägt sich dann noch zigmal und kracht am Ende total zerknautscht mit der vollen Breitseite gegen eine Häuserwand. Danach tritt Stille ein und aus dem Maybach Qualm.

Tibor dreht fast durch vor Glück, DU BIST WEG!, brüllt er, DEATH – OUT!, und braust davon.

Tibor Dee fährt durch die Nacht. Er kann seinen Massel kaum fassen.

Das gibt’s doch nicht …, na ja, warum nicht auch mal mit Dusel?

Ohne das alte vergammelte Autoradio überhaupt eingeschaltet zu haben, beginnt das Teil auf Sendung zu gehen.

Hier „HRO Radio Scone“ – Breaking News.

Matts Kapito, Statthalter der Geronier in Scone, ist heute am Abend einem Attentat zum Opfer gefallen. Die näheren Umstände versuchen wir für Sie noch herauszufinden. Sachdienliche Hinweise geben Sie bitte weiter an die Einsatzsonderkräfte der Kolonie 43 unter Null Vierhundert Code Y.

Echter als im Leben erfährt Tibor Dee von seinem Erfolg.

Tibor fühlt sich wie der Topkiller von Downtown. Die Nacht von Scone ist erleuchtet. Strahlt. Strahlt wie auch Tibor Dee.

Heute ist es endlich seine Stadt.

In der Kolonie 43, vor Tibors Haus, wartet ein Mann unter einer Laterne.

Tibor Dee steigt aus dem Wagen als der Mann sagt: Der Boss hat was für Dich.

Nachricht von Calou:

Hi, bin kurz offline. „Claire in Red“, die Barkeeperin wird Dir im Rubba Dub alles erklären, was Du wissen musst. Gute Arbeit.

Claire in Red ist so … atemberaubend … ist so … zum Verrücktwerden …

Sie gibt Tibor das Kopfgeld. Cash. 175.000 Bugie.

(Bugie werden zu Wugie übrigens 10:1 gewechselt).

Leg dir besser ein Konto an. Du weißt schon, zu viel Bares in der Tasche weckt Begehrlichkeiten. Es sind schon Leute für weit weniger um die Ecke gebracht worden. Und wir wollen doch noch länger im Spiel bleiben, Tiger. Oder?

Wer will das nicht, Sugar?, antwortet Tibor kühl und steckt sich seine Bugie in die Hosentasche.

Noch was, gib nicht zu viel aus. Wir wollen hier kein Aufsehen.

Verstanden.

Die Richtigen haben Deine Arbeit gesehen. Reife Leistung. Der Boss sagte schon, dass Du nicht lockerlässt.

Tibor verlässt das Rubba Dub. Er ist cool. Zu Fuß geht er durch den virtuellen Regen, vorbei an dunklen Gassen und dem Broadway. Tibor zieht noch stundenlang so durch die Eins-und-Null-Welt der neuen Heimat und macht dabei so manche Entdeckung.

Mirko ist müde nach allem. Am frühen Morgen geht er zu Bett und träumt vom Game und von dem, was dort vor sich geht. Neuer Clan, neue Welt. Alles so vielschichtig. Gerade im Traum, weiß Mirko, er muss zurück, um Tibor Dee zu sein. Mirko will mehr.

Mirko will Tibor sein. Nicht Mirko. Oder will er beide in zwei Ebenen sein? Geht denn das? Oder ist der eine noch nicht so weit, alles aufzugeben, um der andere zu werden?

Tage ohne dass Alex online ist. Mirko übt und übt.

Tibor besucht von Zeit zu Zeit das Rubba Dub, auch um Claire in Red, die Barkeeperin, zu sehen. Irgendwann spricht sie Tibor an.

Der Boss will was von Dir, Tiger.

Wann?

Die Tür fliegt auf – Bamm – und wieder steht Pete im Rahmen.

Jetzt!, haucht Claire.

Pete hat diesmal eine Pullman-Limousine. Er deutet Tibor, hinten einzusteigen.

Der Wagen ist riesig, luxuriös mit Mahagoni vertäfelt und mit einer Bar versehen. Die Fenster sind dunkel verspiegelt. Tibor genießt die Beinfreiheit. Genießt die Fahrt. Sehr sogar. (So sehr, dass Mirko von seinem Gametisch abrückt.)

Als wäre es im Löffel fertiggekocht, hat der gebogene Bildschirm jetzt das volle Sogpotenzial erreicht. Bereit zum Schuss und instant ins limbische System. Mirko ist gerade eingestiegen. Mit Haut und Haaren.

In der fast ewig scheinenden Nacht von Scone fährt Pete gemächlich, dem Gefährt entsprechend royal, durch die Straßen. Tibor denkt einen launigen Moment lang daran, das Fenster herunterzulassen, um majestätisch hinaus zu winken.

Mein Volk! Euer König Tibor Dee, der Erste! Er grüßt euch.

Es führt vorbei an einem Kino, in dem tatsächlich der letzte Tarantino läuft. Und am „Gorsky Park“, gut sichtbar mit seinem Riesenrad, nahe der Bifroest-Allee.

Pete meldet sich über ein zuschaltbares Lautsprechersystem in die hintere Kabine.

Weißt Du, warum der Park „Gorsky Park“ heißt?

Nein, ich dachte es wäre ein Schreibfehler, antwortet Tibor.

Der Gründer des Parks, Arthur Cee Cee, dachte, es wäre ein schönes Symbol für Glaube und Hoffnung in die Wissenschaft, den Park, „Gorsky Park“ zu nennen.

Das klingt aber nobel.

Weißt Du, wer der erste Mensch auf dem Mond war?

Klar … Neil … Young …?

… Armstrong …! Und weißt Du was er gesagt hat als er den Mond wieder verließ?

Ich kenne nur die Worte, als er den Mond betrat. „Ein kleiner Schritt für mich …“

Armstrong sagte: „Good luck, Mister Gorsky!“

Ach? Warum das?

In seiner Kindheit lebte im Haus neben den Armstrongs das Ehepaar Gorsky.

Und?

Und? Eines Tages hörte der neunjährige Neil Mister und Misses Gorsky sich furchtbar streiten.

Und?

Und? Es endete damit, dass Misses Gorsky lauthals Mister Gorsky anbrüllte: Du und ich werden erst wieder Sex haben, wenn der Nachbarsbengel auf dem Mond gelandet ist!

Aha, ahahahahaha … good luck …

Ja, hat mal gut begonnen … aber jetzt sieh Dich genau um.

Noch erheitert überkommt Tibor das Gefühl, dass es vielleicht an diesem Ort doch nicht mit rechten Dingen zugeht. Er kann noch nicht einmal sagen warum, so schlecht sieht es nicht aus. Lichter, Kioske, Bänke, schon ein paar versteckte, dunklere Ecken. Aber Pete hat recht. Merkwürdig. Selbst die Bäume machen am Ende einen „komischen“ Eindruck.

Mann, hier musst Du wirklich aufpassen, sagt Pete über Bordmikrofon.

Aha? Warum?

Mieses Volk treibt sich hier herum. Spitzel, Gauner, Informanten, V-Leute, Drogendealer und ihre Kunden. (Man kann selbst ein Fixer im Role-Play sein? Wie abgedreht ist das denn?)

Aber Tibor sagt nur kühl: Klingt echt beschissen, Pete.

Wenn Du nicht wirklich hier etwas zu suchen hast oder zu finden hoffst – Bogen drum machen, hast Du verstanden?

Ja, verstanden.

Beim Dahingleiten denkt Tibor an Claire. Sie. Der rote Traum. Eine wie sie. Das wär’s.

Ob sie mit jedem …? … der ihr gefällt?

Ob ich ihr gefalle? Ein gefährlicher neuer Mann im Spiel?, fragt sich Tibor und fällt in eine Fantasie, die ihn hinausträgt … Claire … Der Killer und das Honky-Tonk-Girl …

Das Farbnegativ von Ginger und Fred …

Good luck, Mister Dee!

Man steht vor einem ganz offensichtlich riesigen Anwesen. Eine weitläufige, mit Sicherheitskameras versehene, bestimmt drei Meter hohe Mauer erhebt sich rechts und links eines schmiedeeisernen Tores, das Durchblick auf einen beleuchteten, blumengesäumten, vielleicht zweihundert Meter langen Weg freigibt.

Am Ende des Weges ein Chateau. Beiger Stein. Bodenscheinwerfer erhellen die Szenerie.

Pete steigt aus dem Pullman, geht zu dem Pförtnerhäuschen und spricht mit einem der drei bewaffneten Wachmänner. Pete steigt wieder ein. Das Tor geht auf.

Jeweils über rechter sowie linker Pforte steht zu lesen:

„Pomus ett Primm tak – Wir waren, ihr seid.“

Was ist das bloß hier? Was ist hier los?

Es ist atemberaubend. Die ganze Umsetzung im Game. Wellengleich, immer wieder und immer wieder, überrollen Mirko neue Eindrücke. Geben ihn nicht mehr frei. Sie verschlucken ihn. Ein um das andere Mal. Sei es die Story, in die er verwickelt ist oder seien es profane Details, wie Steine. Oder ein Gebäude. Fenster, Türmchen und Verzierungen. Und natürlich Licht. Und Schatten. Einfach alles. Wäre es nicht wieder einmal Nacht, könnte er sicher Bienen Blumen bestäuben sehen.

Ohne Zweifel: Death out hat Tibor und Mirko gleichsam im Griff.

Alex. Endlich.

Hier ist Calou. Hi, Großer. Sorry, das Mikro hat immer noch einen Knacks. Ist aber ja nicht wichtig. Warte am Eingang. Und vorab: Gute Arbeit mit dem verfluchten Geronier.

Pete steuert die Limousine Richtung Schloss und parkt vor dem Haupteingang.

Tibor steigt aus. Durch den mondänen Eingang glaubt er, Bedienstete zu erkennen. Allerlei Volk wimmelt sonst noch in den Fluren und Treppengängen.

So lebt also die High Society der Freien, denkt Tibor.

Calou taucht auf.

Wir haben einen weiteren Auftrag für Dich. Du sollst etwas besorgen. Kannst Du das?

… und der Clan?, fragt Tibor ein wenig enttäuscht.

Erledige den Job und wir reden drüber.

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