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Abflussstörung 2: Medikamente – der unterschätzte Faktor

Neben den Medikamenten, die über einen Raub an Mikronährstoffen den Histaminabbau behindern, gibt es auch Medikamente, die die DAO und die HNMT direkt blockieren können. Einige bekannte und oft gebrauchte Arzneimittel wirken als DAO-Blocker:

• N-Acetylcystein (ACC, Hustenlöser)

• Amitryptilin (Antidepressivum)

• ASS (Aspirin®)

• Metamizol (Novalgin®)

• Diazepam (Valium®)

• Prilocain (Lokalanästhetikum)

Diese häufig verabreichten Arzneimittel blockieren die Bindungsstelle für Histamin am HNMT-Enzym:

• Chloroquin (Anti-Malaria-Mittel, das auch ein mögliches Therapeutikum bei Covid-19 Erkrankungen sein kann)

• Tacrine (Alzheimer-Medikament)

• Diphenhydramin (H1-Blocker, ironischerweise)

Es gibt darüber hinaus noch viele weitere Präparate, die die histaminabbauenden Enzyme blockieren. Wir verweisen hier auf die Medikamentenlisten der Schweizer Patienteninfoportale www.histaminintoleranz.ch sowie www.mastzellaktivierung.info.

Abflussstörung 3: Säure-Basen-Ungleichgewicht

Insbesondere die Umgebung der DAO unterliegt starken Schwankungen des pH-Werts. Im oberen Dünndarm herrscht ein eher pH-neutrales Niveau vor, d. h. der pH-Wert des Magensafts von pH 1 bis 2 (sehr sauer) mischt sich mit dem Nahrungsbrei und mit den Verdauungssäften der Bauchspeicheldrüse und den Gallensäuren von pH 7 bis 8 (basisch). Dies ergibt in der Regel einen pH-Wert von 6,5 bis 7,0.

Die Auswertung von vielen Hundert Stuhluntersuchungen hat ergeben, dass ein normaler pH-Wert selten ist. Die meisten Kranken haben einen viel zu alkalischen Stuhl-pH, der bei 7,5 oder höher liegt. Dies begünstigt nicht nur das Wachstum von pathologischen Keimen (u. a. auch von histaminbildenden) und Pilzen, sondern schwächt zudem die DAO. Viele Medikamente, wie zum Beispiel Säureblocker, können das Säure-Basen-Gleichgewicht im Dünndarm stören und so die DAO in ihrer Aktivität einschränken. Auch die DAO in der Gebärmutter kann durch Säure-Basen-Störungen in ihrer Aktivität beeinträchtigt werden.

Abflussstörung 4: Untertemperatur

Der Internist Dr. Carl Wunderlich befasste sich vor etwa 150 Jahren intensiv mit der Körpertemperatur des Menschen. Er führte ca. eine Million Messungen bei etwa 25.000 Menschen durch und fand so heraus, dass bei Gesunden die Körperkerntemperatur – rektal oder oral gemessen – bei ca. 37 Grad liegt.

Diese Betriebstemperatur von 37 Grad hält der Körper in der Regel konstant. Das ist auch wichtig, denn bei einer nur leichten Untertemperatur, zum Beispiel von 36,3 Grad können Enzyme, auch die DAO und HNMT sowie MAO, und andere Hormone nicht optimal arbeiten. Interessanterweise ist die Körpertemperatur der meisten Menschen heute in etwa 0,5 Grad niedriger als 1850, zur Zeit von Wunderlichs Messungen. Warum dies so ist, kann nur gemutmaßt werden. Bewegungsmangel, Lichtmangel und das Leben in überwiegend geschlossen Räumen werden als Ursachen vermutet.

Unsere Temperaturregler sind der Hypothalamus sowie die Schilddrüse. Normalerweise vergleicht der Hypothalamus über Sensoren die Solltemperatur mit der tatsächlichen Temperatur und reguliert nach Art eines Thermostats auf die Normaltemperatur zurück. Dass die Schilddrüse an der Temperaturregelung mit beteiligt ist, sehen wir nach vielen Jahren Schilddrüsentherapie. Wir konnten daraufhin bei vielen Menschen, die vorher an Hypothermie litten, eine Erhöhung der Körpertemperatur, eine Verbesserung des gesamten Stoffwechsels und auch eine messbare Steigerung der DAO-Aktivität feststellen.

Abflussstörung 5: Alkohol, Nikotin und Koffein

Alkohol hat einen festen Platz in unserer Gesellschaft. Trinken gehört zum guten Ton. Wer nicht mitmacht, ist schnell Außenseiter, besonders unter Jugendlichen. Wenn wir unseren Patienten mit Histaminosen erklären, dass wir eigentlich nur ein einziges wirkliches Verbot aussprechen, nämlich den Konsum von Alkohol, ist die Reaktion in der Regel ein kleiner Schock. Mit umfangreichen Nahrungsverboten von »histaminreichen« Lebensmitteln kommen viele besser zurecht, als wenn man das ihnen geliebte Glas Rotwein am Abend oder das Bier nach dem Sport »wegnimmt«. Von daher ist es enorm wichtig zu verstehen, warum wir so streng sind:

Alkohol fügt fünffachen Schaden zu, denn:

1. alkoholische Getränke haben in der Regel einen hohen Histamingehalt

2. Alkohol blockiert die DAO

3. Alkohol kann als Histamin-Liberator in den Mastzellen wirken

4. Alkohol ist ein Vitalstoffräuber an Vitamin C, Vitamin B6, Folat, Zink und Magnesium

5. regelmäßig konsumiert, kann Alkohol die empfindliche Darmschleimhaut schädigen

Was das Nikotin angeht, hat es nicht nur toxische und krebsbegünstigende Wirkungen, sondern es ist auch ein starker DAO-Blocker, während es gleichzeitig viel Histamin im Körper freisetzt.

Koffein aus Schwarztee und Kaffee kann ebenfalls die DAO hemmen, sodass diese Getränke idealerweise auch gemieden werden sollten. Die gute Nachricht: Koffeinfreier Kaffee und schwarzer Tee in kleinen Mengen sind in der Regel kein Problem.

Abflussstörung 6: schlechte Gene

In den letzten Jahren ist es für jedermann möglich und erschwinglich geworden, einen Blick in sein Erbgut zu werfen. Zwar nicht in Deutschland, da steht die Gen-Diagnostik immer noch aufgrund des strengen Gendiagnostik-Gesetzes unter Vorbehalt eines Arztes. Doch einige ausländische Unternehmen, die ihre Dienste auch leicht zu finden im Internet anbieten, machen es möglich: Nach dem Versand einer Speichelprobe erhält man nach einigen Wochen einen Überblick über einen kleinen Teil seiner Gene. Solche Genanalysen sind zwar vergleichsweise günstig, aber von sehr geringem Nutzen für den Laien. Dieser kann mit den Angaben zu dem Verhalten seiner COMT- oder MAO-Gene kaum etwas anfangen. Auch die Frage, ob jemand mit einer homozygoten MTHFR-Mutation in der Lage ist, ausreichende Mengen SAMe aufzubauen, lässt sich über einen solchen Gentest nicht beantworten.


Tatsächlich können die Gene, die für die Bildung der Methylgruppen entscheidend sind (zum Beispiel das MTHFR-Gen) oder für die Bildung von DAO und HNMT, direkt von Veränderungen betroffen sein. Studien besagen, dass je nach Bevölkerungsgruppe unterschiedliche Gene in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigt sein können. Die wissenschaftliche Datenlage ist hier allerdings auch sehr widersprüchlich, denn ein Gendefekt bedeutet nicht zwingend ein Histaminproblem. Daher bringen genetische Tests unserer Meinung nach wenig Hilfe. Die Epigenetik, also die Gesamtheit von Lebensstil, Umwelt, Ernährung und anderen Faktoren, die auf unsere Gene und ihre Aktivität großen Einfluss haben, kann nicht durch einen Gentest erfasst werden, wohl aber durch eine Blut- oder Urin-Labordiagnostik der Methylierung. Darauf kommen wir im weiteren Verlauf noch einmal zu sprechen.

Darm-Histaminosen

Der Darm ist mit einer Gesamtoberfläche von ungefähr 250 Quadratmetern ein Tummelplatz für ein Universum an Kleinstlebewesen, fachsprachlich ein Mikrobiom. 400 bis zu 1000 verschiedene Bakterienarten und insgesamt über 100 Billionen einzelne Bakterien leben hier (zum Vergleich: Die Anzahl unserer Körperzellen beträgt 80 bis 100 Billionen).

Dieses menschliche Mikrobiom ist ein sensibles Ökosystem und besteht aus verschiedenen Keimgattungen. Bekannte für die menschliche Gesundheit notwendige Bakterienarten sind zum Beispiel Escherichia coli, Enterococcus spec., Lactobacillus spec., Bacteroides spec., Bifidobacterium spec. Diese spielen eine wichtige Rolle bei der Aufspaltung von Nahrung, beim Abbau von Gallensäuren, bei der Regeneration und der Bildung von Vitaminen wie Vitamin K, B12 und Biotin sowie bei der Immunabwehr.

Der Bakterien-Typ

Unter den Darmbakterien gibt es einige, die selber Histamin bilden und so den Histaminspiegel im Darm ansteigen lassen können. Der Bakterien-Typ leidet unter einer Histaminose, die auf einer Dysbiose beruht, also auf einer Fehlbesiedlung mit Bakterien, die selbst Histamin produzieren. Dadurch wird die DAO stark in Anspruch genommen und kommt so zu einem erhöhten Histaminspiegel im Darm – ganz unabhängig von Nahrungshistamin.


Interview mit dem Biologen Dr. Heiko Hofmann

Histaminbelastung durch histaminbildende Bakterien im Darm


Der Biologe Dr. Heiko Hofmann hat sich auf das Mikrobiom des Menschen spezialisiert. Wir haben uns mit ihm über histaminbildende Bakterien im Darm unterhalten.

Herr Dr. Hofmann, durch die intensive Erforschung unserer Darm-Mitbewohner, unseres Mikrobioms, wissen wir, dass mindestens drei Bakteriengattungen auch Histamin produzieren. Welche sind diese und was steckt dahinter?

Dr. Heiko Hofmann: Mittlerweile wissen wir so viel mehr über die Zusammensetzung des menschlichen Darm-Mikrobioms als noch vor zehn Jahren. So ist es heute gesichertes Wissen, dass wir in uns eine Vielzahl von Histaminbildnern beherbegen. Es handelt sich hierbei vor allem um die Bakterienarten

• Serratia spec.

• Morganella morganii

• Klebsiella pneunomiae

• Hafnia alvei

Histaminbildende Bakterien sind in der Lage, Histidin in Histamin umzuwandeln. Diese genannten vier Bakterienfamilien leben von unseren Nahrungsresten und produzieren in relativ kleinen Mengen Histamin. Ihre Anwesenheit stellt für uns in der Regel kein Problem dar. Wenn jedoch der Darm in eine Dysbalance gerät und sich zum Beispiel der enorm wichtige pH-Wert ins Basische verschiebt, können die Histaminbildner sich ausbreiten. Dementsprechend kann der Histamingehalt im Darm ansteigen, auch wenn die Ernährung relativ histaminarm ist. Eine erhöhte Konzentration dieser histaminbildenden Bakterien kann somit eine Ursache für eine erhöhte Histamin-Konzentration im Stuhl sein. Der Aufbau einer intakten Darmflora steht hier im Vordergrund der Therapie.

Wie lässt sich eine Fehlbesiedlung mit Histaminbildnern feststellen?

Dr. Hofmann: Dies stellen wir durch die Untersuchung einer Stuhlprobe fest. Allerdings bedeutet ein messbarer Anstieg von zum Beispiel Morganellen nicht unbedingt, dass auch der Histamingehalt im Darm massiv ansteigen muss. Wenn die DAO gut funktioniert und keine anderen Histamin-Ursachen, wie zum Beispiel Ernährungsfehler, andere akute oder chronische Darmentzündungen vorliegen, kann sie das Histamin entsorgen.


Der Mastzellen-Typ

Neben den direkten Histaminbildnern gibt es weitere andere krankmachende Erreger, die indirekt – über die Entzündungsreaktion, die eine Infektion verursachen kann – zu einer vermehrten Histaminfreisetzung aus den Mastzellen führen.

Dr. Heiko Hofmann nennt als häufige Erreger solcher Infektionen:

• Helicobacter pylori

• Clostridien difficile

• Campylobacter

• Enterobacter

• Candida albicans

• Parasiten (Würmer)

• Rotaviren

• Noroviren

Daneben weist der Biologe auch auf eine Reihe nicht-erregerbedingter Entzündungen hin, die ebenfalls mit erhöhten Histaminspiegeln einhergehen können:

• chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn

• Nahrungsmittelallergien

• Folgen von Medikamenteneinnahme

• Alkoholkonsum


Auch ein SIBO-Syndrom (Small Intestinal Bacterial Overgrowth), eine Fehlbesiedlung mit Dickdarmbakterien im Dünndarm, kann zu einer erhöhten Histaminfreisetzung aus den Mastzellen führen, erklärt Dr. Hofmann.

Schwelbrand im Darm: Das Leaky-Gut-Syndrom

Die Folge chronischer Entzündungsprozesse mit Histaminfreisetzung im Darm ist eine fortschreitende Schädigung der Dünndarmschleimhaut. Mit der Zeit lösen sich die Verbindungsstellen zwischen den einzelnen Schleimhautzellen, da wo auch die Mastzellen ansässig sind. Es kommt dadurch im Laufe der Zeit zu mikroskopisch kleinen Löchern (leaky gut = leckender Darm). Der Darm ist dann nicht mehr so gut in der Lage, Schadstoffe und auch Histamin vor dem Übertritt ins Blut herauszufiltern. Darüber hinaus können auch unverdaute Nahrungsbestandteile leichter ins Blut übertreten, was eine Reaktion des Immunsystems nach sich ziehen kann. Auf diese Weise bilden sich oft Nahrungsmittelunverträglichkeiten und auch -allergien. Je länger die Darmschleimhaut entzündet ist, desto weniger DAO kann gebildet werden, da die Darmzotten ihren Betrieb einstellen. Eine einfache Stuhluntersuchung auf die Marker »Alpha-1-Antitrypsin« und »Zonulin« ist für die Diagnostik bereits ausreichend.


Chronische Entzündungen im Darm führen nicht nur dazu, dass die DAO-Anzahl und Aktivität abnimmt. Oft sind die Folgen einer Darm-Histaminose mehr und mehr Intoleranzen:

• Laktoseintoleranz, weil der Darm das Enzym Laktase nicht mehr bilden kann

• Fruktoseintoleranz, weil der Darm keine Fruktosetransporter mehr baut

• Tyraminintoleranz, weil die MAO auch langsam aufgeben

Achtung Verwechslungsgefahr: Salicylatunverträglichkeit

Auf die Salicylatunverträglichkeit möchten wir hier besonders hinweisen, denn sie ähnelt in vielen Symptomen sehr einer Histaminstörung durch DAO-Mangel:

• Quaddelbildung auf der Haut

• Durchfälle

• Kopfschmerzen

• Asthma

Was aber typisch für eine Salicylatunverträglichkeit ist – und bei DAO-Mangel nicht auftritt –, sind Polypenbildung in der Nase und in den Nasennebenhöhlen sowie chronische, schwer therapierbare Nasennebenhöhlenentzündungen. Diese Form der Unverträglichkeit wurde schon vor 100 Jahren beschrieben und betrifft ca. drei Prozent der Bevölkerung. Der Test auf Salicylatunverträglichkeit erfolgt durch eine Blutabnahme und macht grundsätzlich immer Sinn, um auch diese Störung nicht zu übersehen, insbesondere wenn Polypen in der Nase in der Vergangenheit aufgetreten sind.

Da die richtige Diagnostik fast nie durchgeführt wird, aber Patienten mit Salicylatunverträglichkeit infolge der chronischen Darmentzündung auch oft einen DAO-Mangel haben, der dann zufällig irgendwann entdeckt wird, werden sie einfach zur Gruppe der »Histaminintoleranten« gezählt. Die Reaktionen bei Salicylatunverträglichkeit werden aber nicht allein über die Mastzellen vermittelt, sondern viele andere Immunzellen spielen hier auch eine Rolle.

Darm-Histamionosen sind häufig übersehene »Fassfüller«, weil sie oft ohne oder mit nur geringen Symptomen verlaufen und die Diaminoxidase zumindest zu Beginn oft noch normal ist. Im weiteren Verlauf der Entzündung, vor allem bei fortschreitender Schädigung der Darmschleimhaut, kann sie jedoch sinken. Ein niedriger DAO-Spiegel ist fast immer die Folge chronischer Darmentzündungen und nicht das primäre Problem.

Salicylsäure in der Natur

Salicylsäure ist eine Substanz, die von Pflanzen gebildet wird, um sich vor Schädlingen zu schützen. Sie kommt in vielen Nahrungsmitteln vor, zum Beispiel in Beeren, Gewürzen, Teeblättern, Mais, Hefe, Kaffee und vielen Nüssen. Sie findet aber auch in vielen Medikamenten, wie Akne-Mitteln oder ASS (Aspirin®), und in Kosmetika Verwendung.

Chronische Mastzellaktivierungen

Mastzellen sind unsere Allzweckwaffen und ein sehr wichtiger Teil unserer Immunabwehr. Allerdings sind sie reine Befehlsempfänger. Sie wissen nicht, ob eine Gefahr real oder irreal ist. Wenn sie getriggert sind, feuern sie einfach drauflos. Sie sind der erste Stoßtrupp des Immunsystems und stellen sicher, dass durch Histamin die Gefäße weit gestellt und die Gefäßwände durchlässig sind, damit spezialisierte Immunzellen ihren Weg schneller finden und tätig werden können. Bei jeder Verletzung oder Infektion unserer Haut und Schleimhaut dirigieren sie auf diesem Wege die Immunzellen direkt an den Tatort und unterstützen damit die Bekämpfung von Erregern und auch die Wundheilung.

Bei einer kleinen Verletzung bleibt die Reaktion mit einer Schwellung, Rötung und vielleicht Juckreiz lokal begrenzt. Bei einer großen Verletzung oder Erkrankung und schwerer Allergie können wir die Auswirkungen von Histamin systemisch merken:

Die Abwehr läuft auf Hochtouren, das Immunsystem kämpft – ganzkörperlich.

Problematisch ist es einerseits, wenn eine Abwehrreaktion unkontrolliert weiterläuft, auch wenn der Feind schon lange in die Flucht geschlagen ist, andererseits wenn die Alarmglocke zu früh angeht und dann mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Beides ist der Fall bei chronischen Mastzellaktivierungen. Histamin und andere Botenstoffe werden dann oft in Schüben ins Blut abgegeben und können vielfältige Symptome verursachen. Die häufigste und sicherlich auch bekannteste Form der Mastzellaktivierung ist die Allergie.

Allergien, Pseudoallergien und Parasitosen

Allergien sind Fehlreaktionen des Immunsystems gegen eigentlich ungefährliche Substanzen. Blüten, Tierhaare und Nahrungsmittel werden vom Immunsystem falsch bewertet. Dies führt zu einer Antikörperreaktion insbesondere vom Typ Immunglobulin-E (IgE). Diese Antikörper besetzen die Rezeptoren von Mastzellen sowie von basophilen Granulozyten und sorgen so für eine Ausschüttung von Histamin und anderen Mediatoren.

Aber diese Aufgabe war eigentlich nicht ihre ursprüngliche, sondern die IgE-Antikörper haben sich diese zusätzlich angeeignet. In Millionen von Jahren der Evolution dienten die IgE-Antikörper in erster Linie der Abwehr von Parasiten, Einzellern und Würmern. Diese sind so groß, dass sie nicht wie die winzigen Bakterien oder noch kleineren Viren durch die normalen Fresszellen vernichtet werden können. Hierzu bedarf es eines anderen Verfahrens. Das läuft so ab:

Befällt zum Beispiel ein Parasit den Darm oder die Lunge, werden große Mengen an IgE-Antikörpern produziert, die sich an die Außenseite der Mastzellen heften. Diese Zellen erhalten dadurch den Befehl, Histamin und eine Vielzahl anderer Botenstoffe auszuschütten. Das Histamin wiederum bewirkt über Rezeptoren an den Zielorganen eine starke Abwehrreaktion, die wir zum Beispiel als Husten (verstärkten Auswurf aus der Lunge) und Durchfall (Kontraktion des Darms) wahrnehmen. Der Körper versucht, sich auf diese Weise der Parasiten zu entledigen. Ein wirklich ausgeklügeltes Schutzsystem, das auch nach vielen Millionen von Jahren der Evolution immer noch funktioniert. Einfach genial!

Während unsere Vorfahren sicherlich mehrfach während ihrer Lebenszeit Erfahrungen mit Parasitenbefall sammeln mussten, kommt dieser heutzutage viel seltener vor. Wir machen heute eher im Rahmen von Allergien Bekanntschaft mit durch IgE-Antikörper provoziertem Histamin, zum Beispiel bei Heuschnupfen oder einer Tierhaarallergie. Die allergischen Symptome sind jedoch die gleichen wie bei einem Parasitenbefall:

• Rötung

• Schwellung

• Juckreiz

• Schmerz

• Husten

• Durchfall


Ein Beispiel: Eine Wespe hat dich in den Fuß gestochen und ihr Gift in deine Haut injiziert. Gefahr für den Körper! Gut, dass in der Nähe der Einstichstelle Mastzellen sitzen, die aufgrund des physikalischen Reizes (die Verletzung) ihre Schleusen öffnen und ihre Gewebshormone (Botenstoffe) ausschütten. Eine der wichtigsten ist hierbei Histamin. Es ist sozusagen die Vorhut der Immunzellen und weist den Fresszellen den Weg, indem es die kleinen arteriellen Gefäße rund um die Einstichstelle weit stellt, damit die Immunzellen schnell an den Tatort gelangen.


Wenn eine Allergie besteht, dann werden durch den Wespenstich zusätzlich auch IgE-Antikörper mobilisiert, die die Mastzellenreaktion noch anstacheln. (Der Mastzelle ist es egal, warum die IgE-Antikörper andocken, sie fahren immer dasselbe Programm auf und schütten ihre Botenstoffe aus.) Die körperliche Reaktion fällt durch die deutlich vermehrte Ausschüttung von Histamin und anderen Mediatoren nun erheblich stärker aus. Diese fluten durch den ganzen Körper. Statt nur einer Schwellung, Rötung und möglicherweise Juckreiz, können damit auch Reaktionen weit entfernt vom Fuß auftreten: Schwellung der Schleimhäute in Mund und Rachen, Herzrasen, und im schlimmsten Fall droht sogar ein Kreislaufversagen.

1 439,60 ₽
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288 стр. 115 иллюстраций
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9783954844142
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