Читать книгу: «Müssig nährt sich das Eichhörnchen», страница 2

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Diese Bewertung läuft häufig unbewusst ab. Denn vor der „Ratio“, also vor dem Durchdenken einer Situation, wird die Information über sie im Limbischen System verarbeitet. Über den Thalamus wird zwar die Information mit einer ersten Einschätzung gleichzeitig sowohl an die Großhirnrinde als auch an die Mandelkerne (Amygdalae) weitergegeben – das Limbische System ist aber viel schneller. Dort wird bewertet, wie neu, negativ und positiv die Situation ist. Sofort werden über den Hypothalamus Reaktionen eingeleitet, die den Körper handlungsbereit machen. Die bewusste Einschätzung des Reizes kommt erst verzögert.**

Das erklärt, warum ich schon halb auf der Flucht bin, bevor mir zum Beispiel klar wird, dass es sich bei dem mich umkreisenden schwarz-gelb gestreiften Insekt nicht etwa um eine Hornisse handelt, sondern nur um eine harmlose Schwebfliege. Mein Körper war bereit, der Gefahr auszuweichen.

Diese unbewusste Bereitschaft muss in einer Zeit, als den Menschen noch zahlreiche Gefahren umgaben, einen großen Vorteil verschafft haben. Natürlich gilt das nicht nur für Gefahrensituationen, sondern auch für das Gegenteil: positive, angenehme Emotionen.

Die Bewertungsvorgänge im Limbischen System setzen Motivationsprozesse in Gang. Sie sind darauf ausgerichtet, negative Emotionen zu vermeiden oder aufzulösen und positive zu erlangen (s. Abschnitt Veränderung ist Bewegung, S. 82).

Emotionen entscheiden aber nicht nur, wie ich selbst meine Umwelt, Situationen und Mitmenschen wahrnehme und reagiere, sondern auch über die Kommunikation mit anderen (s. Kapitel Kommunikation Teile I und II, ab S. 50).

Meine Gestik, Stimme und Mimik informieren andere über meinen emotionalen Zustand. Sie können erkennen, was ich bereit bin zu tun. Und auch ich orientiere mich unbewusst an den emotionalen Ausdrücken der Menschen, die mich umgeben. Wir kommunizieren Emotionen und zeigen uns gegenseitig Veränderungen unserer Beziehungen an. Diese nonverbale Kommunikation nach außen kann ich in gewissem Maße beeinflussen und zum Beispiel ein Gefühl der Traurigkeit mit einem Lächeln überspielen. Oder auch meinem Gegenüber mit klar zu deutender Mimik vermitteln, dass ich Trost, Zuspruch oder Abstand brauche.

Wenn ich emotionale Ausdrücke bei anderen beobachte, ist das für mich wieder eine neu zu bewertende Situation. Besonders dann, wenn der Ausdruck sich auf etwas bezieht, das ich selbst vielleicht noch gar nicht wahrgenommen hatte. Hier wird klar, wie wichtig Emotionen und insbesondere der emotionale Ausdruck für die Entwicklung junger Menschen und das Verhältnis zu ihren Bezugspersonen sind. Denn so lernen sie, Situationen und Beziehungen einzuschätzen und sich sozial zu verhalten. Und neben mehr oder weniger außergewöhnlichen Ereignissen sind gerade zwischenmenschliche Beziehungen wichtige Emotionsauslöser.

** Ausführlicher nachzulesen bei Brandstätter u. a. 2018, S. 170.



Eine wichtige Erkenntnis für mich war die Tatsache, dass Emotionen auch aus Gedanken entstehen können, weil Situationen in Gedanken durchlebt und gefühlt werden. Und dass die Bewertung einer Situation eng damit verknüpft ist, woran ich eigentlich gerade gedacht habe. Je nachdem ist das viel zitierte Glas halb voll oder halb leer.

Auch wenn Emotionen selbst häufig auf unbewussten Bewertungsprozessen beruhen, haben sie Einfluss auf alle kognitiven Bereiche: Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Entscheidungen, Urteile und das Problemlösen.

Denn zunächst ist natürlich entscheidend, was mich überhaupt reizt, was meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es sind immer emotional relevante Situationen und Inhalte, die hier gewinnen. Und an solche Ereignisse, vor allem, wenn sie außergewöhnlich oder intensiv emotional verknüpft sind, erinnere ich mich auch viel besser.

Noch spannender ist aber die sogenannte Stimmungskongruenz. Wenn nämlich die Emotion aus der Erinnerung mit meiner aktuellen übereinstimmt, kann ich sie schneller abrufen (s. Abschnitt Leichter lernen, ab S. 106).

Diese Wechselwirkung gibt es auch zwischen der ersten, doppelt so schnellen emotionalen Bewertung und der mit Verzögerung erfolgten rationellen Bewertung. Denn in die zweite Bewertung fließen mehr Informationen ein. Wie habe ich in der Vergangenheit gehandelt, welche Konsequenzen gab es, was weiß ich darüber? Beim Hornissenbeispiel ist das auch geschehen. Erst die unmittelbare, unbewusste Reaktion auf eine potenzielle Gefahr, dann das genaue Bewerten und Erkennen, es handelt sich um ein Insekt, von dem ich schon weiß, dass es eben harmlos ist. Ich habe die Situation neu interpretiert und die negative Emotion ist verschwunden.

Offenbar stehe ich in einem positiven emotionalen Zustand meiner Umwelt wohlgesonnen gegenüber. Ich urteile positiver über mich und andere und halte es für wahrscheinlicher, dass etwas Positives passiert. Bei negativen Emotionen ist es leider genauso, nur andersherum.

Das kann natürlich auch dazu führen, dass ich mich mit meinen Emotionen ein wenig selbst austrickse. In positivem Zustand verknüpfen Menschen nämlich manchmal etwas ebenfalls mit positiven Emotionen, obwohl sich die Freude oder der Genuss auf etwas ganz anderes bezieht. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass in positivem Zustand schlechte Entscheidungen gefällt werden. Auch hier gilt ja grundsätzlich, dass ein möglichst positiver Zustand erreicht werden soll. Entscheidungen fallen lediglich schneller.

Und beim Problemlösen sind Menschen in positivem Zustand kreativer. Sie beziehen die außergewöhnlichsten Perspektiven und Möglichkeiten in ihre Vorstellung ein, haben mehr ungewöhnliche Ideen (s. Kapitel Wünsche, Werte und Visionen, ab S. 82). Denn sie halten sich nicht mit Details auf – im Gegensatz zu Menschen in einem negativen emotionalen Zustand, die den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen und darum das große Ganze nicht erfassen können. Für sie ist jedes nicht gleich ins Bild passende Detail ein Grund zum Aufgeben. Sie können sich nicht öffnen und nur schwer über den Tellerrand schauen.

Das Verhältnis von sechs mehr oder weniger immer unangenehmen Emotionen auf der einen und der einen klar angenehmen auf der anderen Seite erscheint nur auf den ersten Blick unfair. Denn alle haben ihren Sinn, geben mir Orientierung, helfen mir durchs Leben, bewahren mich vor Gefahren, lassen mich kreativ werden und sozial handeln.

Und wenn ich sie mir vorstelle, die Freude … manchmal überstrahlt sie einfach alles. Sie ist mächtig, versetzt Berge, stellt alles andere in den Schatten.



Der Anfang

Ich möchte mich verändern, etwas erreichen, aber …

irgendetwas blockiert mich. Was ist es? Angst? Wovor und warum? Und was will ich denn eigentlich genau? Und warum?

Egal worum es geht, was ich angehen möchte, ob ich das allein oder gemeinsam mit anderen bewältigen werde, ich muss einen Anfang finden. Und zwar unabhängig von Inhalten, denn die helfen mir und meinem emotionalen Gehirn erst einmal nicht weiter, wenn ich mir nicht darüber im Klaren bin, wie das mit der Motivation funktioniert. Wie und warum ich mich auf etwas freuen, mit positiver Einstellung etwas erreichen kann.

Also beginne ich. Bei mir.


Balance-, Dominanz- und Stimulanz-Instruktion

In meinen Seminaren erkläre ich den Teilnehmern stets zuerst, welche emotionalen Motive, für die das Limbische System verantwortlich ist, die Motivation bestimmen.

Wie und wo das Limbische System die Botschaften und Informationen einordnet, entscheidet über die Instruktion, mein Gefühl zu einer Situation, meine Handlungsmotivation. Und damit über mein Verhalten.

Balance …

entspricht meinem Sicherheitsgefühl. Wie sicher fühle ich mich? Bin ich ruhig? Verspüre ich also keine ausreichende Sicherheit, habe kein Vertrauen, dann werde ich wohl einen Rückzieher machen.

Dominanz …

ermöglicht meinen Mut. Bringt mich das weiter? Werde ich mich anerkannter, wirkmächtiger fühlen als zuvor?

Stimulanz ...

ist die Neugier. Wie sehr möchte ich das wissen, erfahren, erleben? Wie groß wird die Freude, die Lust sein? Wenn meine Neugier geweckt ist, habe ich großes Interesse, die Sache weiterzuverfolgen.

GEFÜHLE BESTIMMEN UNSER HANDELN.

Diese Kräfte stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern bilden eine Dynamik. Das Limbische System eines jeden Menschen, und somit auch die Ausprägung und das Verhältnis dieser Kräfte, ist so individuell wie der Fingerabdruck. Jede und jeder ist einzigartig.

Wie ticke ich?

Wenn ich mir darüber bewusst bin, dass diese Kräfte in mir wirken, erkenne und finde ich sie besser – und der Einstieg ins Limbische Denken ist gemacht. Lerne ich mich also erst einmal selbst besser kennen, um zu wissen, was mich motiviert.

Balance

Was gibt mir Sicherheit? Wie wichtig ist mir zwischenmenschliche Harmonie und Geborgenheit? Meide ich Gefahren, oder gehe ich häufig Risiken ein? Was führt mich dazu, welches Gefühl ist es, das mich handeln lässt? Wann greife ich auf bewährte Handlungsmuster zurück, wann nicht? Welchen Sicherheitsrahmen brauche ich, um auch einmal mutig sein zu können, etwas zu wagen?

Dominanz

Wie klar sehe ich mich selbst in der Zukunft und wie wichtig ist mir dieses Bild von mir? Strebe ich danach? Will ich autonom und unabhängig sein? Will ich mich von anderen abheben, wirkmächtig sein? Was bedeutet mir Anerkennung?

Stimulanz

Bin ich auf der Suche nach dem Neuen, Anderen, Unbekannten? Will ich überrascht werden? Was genieße ich? Wird mir schnell langweilig und ich brauche Abwechslung? Habe ich ständig neue Ideen und Fantasien?


Ich selbst, Klaus, bin übrigens ein Genussmensch – meine Stimulanzinstruktion übernimmt häufiger mal, denn ich will Freude und Spaß erleben, immer wieder neue Menschen kennenlernen.

Stillstand ist mir zuwider, denn ich will gestalterisch und neugierig bleiben.

Ich mag leidenschaftliche Menschen und erfreue mich daran, sie bei ihrem Tun zu beobachten. Sie sind authentisch und stehen hinter dem, was sie sagen und tun. Am schönsten ist es für mich, wenn ich sie dabei unterstützen und sehen kann, wie sie sich selbst helfen und weiterentwickeln.

Sicherheit gibt mir die Gewissheit über meine Fähigkeiten und darüber, dass ich mit allem umgehen kann, was das Leben für mich bereithält. Ich habe die Erfahrungssicherheit, dass Liebe und Freude zu mir kommen.




Der Weg – Limbisches Denken

Mein Ausgangspunkt für eine jede Situation wird maßgeblich von der Balanceinstruktion bestimmt. Wie es weitergehen kann, hängt stark von meinem Sicherheitsgefühl ab. Dominanz- und Stimulanzinstruktion wirken in die Zukunft, locken mich, versprechen mir etwas Besonderes. Aber was gibt mir die nötige Sicherheit? Die Antwort ist recht einfach: Vertrauen.

Vertrauen in mich selbst habe ich durch unzählige, emotional verknüpfte Erlebnisse gewonnen. Ich verspüre zum Beispiel keine Angst davor, über weichen Waldboden zu laufen – das angenehme Wohlgefühl ist tief in meinem emotionalen Gedächtnis verankert, ich vertraue darauf. Abertausende dieser kleinen Selbstverständlichkeiten, die mir nicht bewusst sind, bilden die Grundlagen für mein Vertrauen in mich selbst.

Viele dieser Kleinigkeiten, meine Eigenschaften und Fähigkeiten kann ich mir aber bewusst machen und so mein Selbstvertrauen auf ein starkes Fundament stellen – ich weiß, worauf ich mich verlassen kann.

Hinzu kommen meine zwischenmenschlichen Begegnungen und Erfahrungen. Denn häufig kommt es nicht nur auf mich, sondern auch auf meine Mitmenschen an. Mein Verhältnis zu ihnen kann entscheidend und sie ein Teil der Lösung sein. Denn wie jeder Mensch brauche ich für die Entwicklung meiner Persönlichkeit und zur Entfaltung meines Potenzials Vorbilder und Unterstützer.

Je stärker das Vertrauen in mich selbst und andere ist, desto stärker können Mut und Neugier mich beflügeln, desto kleiner fühlen sich Herausforderungen an.

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