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Kapitel 4

Nachdem ich die Bügelwäsche auch noch verstaut habe, muss ich einfach einmal Mama anrufen. Den ganzen Tag ohne Maxi. Das ist wirklich ein komisches Gefühl. Ich vermisse ihn.

„Hallo Resi, du wir fahren jetzt noch ein Eis essen und dann zu dem Motorik Park. Also vor sieben sind wir sicher nicht zu Hause“, erklärt mir Mama.

„Aha. Ok. Ihr habt ja ein volles Programm. Ist Maxi noch gar nicht müde?“, frage ich besorgt nach.

„Nein, nein, der ist ganz quietschvergnügt. Hör auf dir Sorgen zu machen.“

„Ich mach mir keine Sorgen…“

Mama unterbricht mich.

„Ach Resilein…Unternimm etwas, besuch eine Freundin, geh aus, keine Ahnung. Maxi geht es gut. Mach einfach mal etwas für dich.“

Seufzend lege ich auf und sehe aus dem Fenster. Etwas für mich machen. Heute ist ein richtig schöner Tag. Vielleicht sollte ich wirklich ein bisschen raus gehen. Frische Luft und Sonne tanken, das kann mir nicht schaden. Ich ziehe mich um und schlüpfe in meine Turnschuhe. Vor dem Haus überlege ich kurz, dann gehe ich los. Einfach irgendwo hin. Durch den schattigen Waldweg bis zum Wanderweg am Bach, der wiederum in ein Waldstück führt. Es ist ruhig und angenehm kühl im Wald. An den Lichtungen fühlt sich die Sonne wohlig warm auf meiner Haut an. Ich versuche nicht mehr an Markus zu denken, was sich als unmöglich erweist. Warum ist er hier? Ist er überhaupt noch hier? Verletzt? Schwimmerknie? In den letzten sechs Jahren habe ich seine Karriere hin und wieder verfolgt. Er war weltweit unterwegs und ist einer der Besten in Österreich. Er hat sein Ziel erfolgreich zu sein also durchgezogen, ob er das mit dem Studium nebenbei auch noch geschafft hat weiß ich nicht. Erfolgreich. Ich bin immer noch die stinknormale, einfache Frisörin. Besonders viel Außergewöhnliches ist mir nicht gelungen in den vergangenen Jahren. Obwohl, das stimmt nicht. Maxi. Er ist außerordentlich gut gelungen. Er macht mein Leben perfekt. Alles andere ist seit seiner Geburt weit in den Hintergrund getreten. Es gibt nur ihn und mich. Hätte ich mir nie gedacht einmal eine gute Mutter zu sein. Ich bleibe stehen und atme tief durch. Keine Ahnung ob ich wirklich hier her wollte, oder ob mich meine Füße einfach so hierher gebracht haben. Einige Augenblicke stehe ich nur so da. Das kleine Badehaus vom Schwimmsee eingebettet in der grünen Wiese am Ufer des Sees direkt vor mir. Ich weiß nicht ob es sich gut anfühlt oder einfach nur wehmütig. Ich gehe weiter. Ich streiche über die alten dunkelbraunen Holzbalken des Badehauses. Hier hat sich in den letzten Jahren nichts verändert. Vorsichtig öffne ich die schwere Holztür, die überraschender Weise offen ist und werfe einen Blick hinein. Das schwere Gefühl der Erinnerung an eine unglaubliche Nacht durchströmt mich und bleibt irgendwo in meinem Innersten hängen. Ich schließe kurz meine Augen und atme tief durch. Nach einigen Minuten beschließe ich Vergangenes auch Vergangenes sein zu lassen und gehe wieder nach draußen zum See. Das Wasser schwabbt gemächlich ans Ufer. Ich ziehe meine Schuhe und Socken aus und taste vorsichtig mit dem großen Zeh von meinem rechten Fuß die Wassertemperatur. Na ja.. nicht gerade gemütlich, aber erfrischend. Also tauche ich zuerst den rechten, dann den linken Fuß bis zum Knöchel in das glasklare Wasser. Zuerst ist es kalt, aber bald schon fühlt es sich ganz angenehm an. Ich schließe meine Augen, recke mein Gesicht in die Luft und lasse mir die Sonne darauf scheinen. Herrlich. Wirklich herrlich. Ich denke daran wie ich mich an dem Sonntag nach der unglaublichen ersten Nacht mit Markus fühlte. Von wegen Vergangenes, ich kann mich einfach nicht von den Erinnerungen lösen, hier schon gar nicht. Mir fällt wieder ein, dass ich unglaublich zufrieden war. Irgendwie geerdet. Das Wetter schlug im Laufe des Tages um und so lag ich am Nachmittag auf meinem Bett und dachte an ihn, während der Regen an die Scheibe in meinem Zimmer prasselte. Ich konnte es nicht abstellen. Immer und immer wieder kamen mir seinen Berührungen in den Sinn. Kurz nach sechzehn Uhr bekam ich dann eine SMS.

18.00 Uhr? Vergiss den Wein nicht…

Es wäre gelogen zu sagen ich hätte nicht schon auf eine Nachricht von ihm gewartet und da war sie nun. Nur ein paar Worte und doch so viel mehr. Ich borgte mir den Wagen meiner Mutter. Es war kein Kleidwetter, also mussten es Jeans und eine süße Bluse tun und weil ich hohe Schuhe nicht so mag, fand ich meine pinken Ballerinas perfekt dazu passend. In hohen Schuhen fühle ich mich wie ein Storch. Ich bin ohnehin schon eins siebzig groß. So stellte ich kurz vor sechs, bewaffnet mit einer Flasche von unserem besten Muskateller, den Motor direkt vor dem Ferienhaus der Familie Strasser ab. Kaum legte ich den Sicherheitsgurt ab, da stand Markus schon mit einem großen Schirm neben dem Wagen und öffnete mir die Tür.

„Hi, du bist ja ein Gentleman….“, begrüßte ich ihn.

„Es schüttet wie irre, nicht dass du noch nass wirst.“

Er lächelte und wirkte irgendwie gelöst. Ich schmiegte mich unterm Schirm dicht an ihn, sofort war es wieder da. Herzklopfen. Im Haus duftete es schon lecker, auch kochen konnte er, unglaublich. Bevor ich ihm die Flasche Wein geben konnte, zog er mich schon in seine Arme. Das überraschte mich kurz, wo war die Schüchternheit abgeblieben? Sehr zielstrebig schob er mir seine Zunge in den Mund und ich dachte schon die Spagetti wären umsonst, doch nach einem intensiven Begrüßungskuss nahm er meine Hand und ich folgte ihm in die Küche. Während er die Flasche Wein öffnete lugte ich neugierig in den Topf.

„Oh… das sieht sehr lecker aus…“, schwärmte ich und beugte mich dabei über den Herd.

„Ja…sehr lecker.“ Er grinste mich an. „Du hast die schönsten Beine die ich jemals gesehen habe, wollte ich dir eigentlich schon gestern Abend sagen, aber ich kam irgendwie nicht dazu…“

Wieder färbten sich seine Wangen etwas rot. Meine vermutlich auch.

„Geh bitte. Du siehst doch beim Schwimmen täglich tolle Beine.“

„Nicht solche wie deine.“

Das sagte er wieder mit diesem speziellen Blick. Ich zuckte mit den Schultern.

„Ok…wenn du meinst. Danke…“

„Gerne.“

Er goss den Muskateller ein und reichte mir ein Glas.

„Hunger?“, fragte er und titschtelte mit seinem Glas an meines.

„Ja…schon…“, lächelte ich.

Das Haus war wirklich schön und vor allem geschmackvoll eingerichtet. Ich war mir sicher, dass die Familie Strasser gut betucht war. Die Spagetti schmeckten richtig gut. Nicht außergewöhnlich, aber echt lecker. Während dem Essen hätte ich ein paar Mal gerne einfach das Besteck weggelegt und wäre am liebsten über ihn hergefallen. Seine Blicke. Seine Hände. Seine Haut. Ich riss mich richtig zusammen und das war nicht leicht.

„Du hast toll gekocht“, bedankte ich mich.

„Viel hast du aber nicht gegessen…“

Ich lächelte ihn wieder an, ich konnte ja schlecht sagen, dass ich wegen ihm kaum etwas hinunter bekomme. Weil in meinem Bauch ein Tornado in seiner Gegenwart wütet. Doch ich wollte mich beherrschen. Ich war schon am Vortag förmlich über ihn hergefallen. Was würde er denn von mir denken? Ich wollte nicht, dass er einen falschen Eindruck von mir bekam.

„Wie findest du den Wein?“, lenkte ich stattdessen ab.

„Echt gut. Ich bin zwar kein Weinkenner, aber er ist schön fruchtig. Ich werde heute aber nicht so viel trinken wie gestern.“

„Du hast nicht so viel getrunken“, überlegte ich.

Ich stand auf und begann den Tisch abzuräumen. Er half mir dabei und nahm mir die letzten Teller aus der Hand und stellte sie neben der Spüle ab. Er schaute mir tief in die Augen und strich zart über meine Wange den Hals hinunter.

„Es war zu viel um all das zu erforschen was ich mir vorgenommen habe.“

„Oh…Ach so…“, stammelte ich etwas verlegen.

Sanft schob er seine Hände unter meine Bluse und strich meinen Rücken hinauf. Dabei schloss er seine Augen, fast als würde er jeden Millimeter meiner Haut aufsaugen. Mir fehlten die Worte. Was wollte er denn noch besser machen? Während ich versuchte darüber nachzudenken wanderten seine Hände den Saum meiner Jeans entlang. Langsam öffnete er den Knopf und zog den Reißverschluss hinunter. So langsam, dass mir der Atem stockte. Immer noch in der Küche begannen wir uns wieder leidenschaftlich zu küssen, es war so gut, ich wollte einfach nicht damit aufhören. Irgendwann wanderte seine Hand wieder an meine Jeans. Ich spürte seine Finger den Spitzensaum meines Höschens entlang streichen. Die Wahl des Höschens war also richtig. Es wäre gelogen zu sagen, ich hätte nicht genau darüber nachgedacht welchen Slip ich anzog. Dann wanderte genau dieser Finger in den Slip. Sehr zielstrebig arbeitete er sich vor. Mein Herz klopfte und dieses Klopfen hallte in meiner Halsschlagader wieder.

„Suchst du etwas?“, hauchte ich fast tonlos seinen Hals küssend.

„Ich habe es schon gefunden…“

Seine Stimme war heiser und leise und ich hielt die Luft an als er mit seinem Finger dort ankam, wo mich sofort ein Kribbeln und Ziehen im Unterleib durchfuhr. Ganz sanft, aber doch beharrlich machte er weiter. Ich atmete laut aus und merkte wie schnell ich unter seiner Berührung feucht wurde und das schien ihm wiederrum ziemlich zu gefallen. Ich wollte auch etwas tun, ihn berühren, überall. Darum schob ich meine Hand ebenfalls zuerst unter sein Shirt, strich über seine Brust und öffnete dann den Knopf seiner Jeans. Ich war nervös. Ungeachtet dessen tastete ich mich weiter vor. Ihn genau dort zu berühren raubte mir dem Atem, auch wenn ich gar nichts mehr tun hätte müssen, denn er schien schon ziemlich bereit zu sein. Ich tat es trotzdem. Weil ich richtiggehend gierig danach war. Sanft strich ich mit meiner Hand über seine Erektion, was ihn nach Luft schnappen ließ. Das gefiel mir, darum wiederholte ich es, bevor ich meine Finger sanft darum schloss und den Druck verstärkte. Eine Zeitlang durfte ich das tun, dann griff er nach meiner Hand und sah mich atemlos an.

„Komm mit…“

Er zog mich durch ein hell eingerichtetes Wohnzimmer in sein Zimmer, das auch hell und freundlich wirkte. Er löschte hinter uns das Licht in den Räumen und machte nur die kleine Lampe am Nachttisch an. Dann strich er durch meine Haare. Ein weiterer Blick den ich bis heute nicht vergessen konnte traf meinen im Schein des schwach beleuchteten Zimmers. Er zog sich sein Shirt und die Jeans aus, dann machte er sich an meine Bluse, bevor er wieder begann mich leidenschaftlich zu küssen und sich mit mir auf sein Bett fallen ließ. Wieder fühlte ich mich komplett neben der Spur, ich hatte mir noch vorhin einige Dinge die ich mit ihm machen wollte vorgenommen, aber es kam nicht dazu. Es war mir nicht möglich mir etwas in seiner Gegenwart vorzunehmen und es dann auch noch umzusetzen. Er zog mich in einen Sog, der mir nicht erlaubte auch nur einen Gedanken zu fassen, oder eine Tat zu tun die von dem was ich sowieso wie von selbst machte abwich. Es war magisch. Und er hielt Wort. Ich glaube sein Mund und seine Zunge waren so ziemlich überall, ich war gar nicht fähig darüber nachzudenken, ich ließ ihn einfach machen. Und es war gut. Wahnsinnig gut. Dann legte er sich auf und liebte mich. Ihn in mir zu spüren war wie ein Rausch, alles drehte sich, er sich mit mir, ich mich mit ihm. Fast schon wäre ich gekommen, aber vorher drehte er sich auf den Rücken und zog mich auf sich. Das war noch unglaublicher. Ich presste meine Finger in seine muskulöse Brust und begann mich langsam zu bewegen, fast anmutig schob ich ihm immer wieder mein Becken entgegen. Er lächelte mich an, dann schloss er seine Augen, seine Hände klammerte er fest um meine Hüften. Ich wollte ihm alles geben und das tat ich auch. Als sich seine Brust unter mir anspannte war ich glückselig, aber ich hörte nicht auf, ich machte weiter, beugte mich über ihn und küsste ihn voller Hingabe. Meine Haare hingen in sein Gesicht und er atmete schwerfällig in meinen Mund. Jetzt konnte ich nicht mehr, ich drohte zu zerspringen und ich tat es auch. Er kam mit mir, es war so schön, so wahnsinnig schön. Meine Beine fühlten sich taub an, aber durch meinen ganzen Körper schnellten tausende lodernde Funken. Es war nicht nur Sex. Es war etwas anderes. Ich glaubte es wäre Liebe. Ja, in diesem Moment wurde mir klar, dass ich ihn liebe. Es war der einzige Gedanke der mir klar erschien. Anders konnte ich mir meine Gefühle nicht erklären. Vorsichtig rutschte ich von ihm herunter. Er war atemlos, das gefiel mir, auch wenn ich selbst kaum Luft bekam. Ich mochte, dass er nichts sagte. Er schaute mich einfach nur an. Dann lächelte er. Dieses nicht sprechen müssen, keine Analyse über das gerade Gemachte abzugeben, es war so erleichternd. Denn es bedurfte keiner Worte. Alles war wie selbstverständlich und doch so viel mehr. Es dauerte nicht lange bis ich in seinen Armen einschlief, ich war erschöpft und aufgekratzt zugleich. In dieser Nacht liebten wir uns ein weiteres Mal. Er weckte mich mit seinen Küssen und Berührungen irgendwann mitten in der Nacht. Wieder war es himmlisch. Als ich dann morgens vom frischen Kaffeeduft wach wurde, überlegte ich kurz ob das normal sein kann. Er war neunzehn und trotzdem wirkte er in Sachen Liebe unglaublich erfahren. Ich schob den Gedanken beiseite. Heute weiß ich, es war die Leidenschaft und wie er damit umging, dazu ist keine Erfahrung nötig. Er tat einfach, was er für richtig hielt. Und das war mehr als richtig.

Ich öffne meine Augen und sehe auf meine Füße. Langsam wird mir kalt, darum steige ich einen Schritt aus dem Wasser. Die Gedanken an das Erlebte haben mir ein ordentliches Herzklopfen beschert, das sich verstärkt als ich Schritte hinter mir höre und mich umdrehe.

„Servus Teresa.“

Markus bleibt mit einem Handtuch unterm Arm und seiner Schwimmbrille in der Hand neben mir stehen. Ich sehe ihn verdutzt an. Gerade noch war ich in Gedanken mit ihm im Bett und jetzt steht er neben mir. Zuviel für mich. Ich ringe verdutzt nach Worten.

„Hallo…“

Er zieht sich sein Shirt über den Kopf und die Shorts aus, was ich immer noch perplex verfolge. Definitiv zu viel auf einmal für mich.

„Was machst du denn?“

„Ich muss ein paar Einheiten schwimmen, sonst werde ich noch wahnsinnig“, erklärt er mir.

„Aha…Das Wasser ist doch viel zu kalt?“

„Das geht schon, ich bewege mich ja.“

Ich nicke, mein Blick hängt an seinem Körper. Er hat sich nicht viel verändert, vielleicht ist er ein bisschen männlicher geworden, aber seine Haut ist immer noch so makellos wie ich sie in Erinnerung habe. Mein Mustern scheint ihm nicht zu entgehen, er kratzt sich verlegen am Kopf. Immer noch ein wenig schüchtern also…

„Ähhm…ich wollte auch gerade gehen…lass dich von mir nicht aufhalten…“, stammle ich verlegen darüber, dass er meine Blicke bemerkt hat.

„Nein musst du nicht. Es ist schön dich zu sehen. Setz dich doch da drüben in den bequemen Stuhl an der Wand und genieß die Sonne noch ein bisschen. Du kannst mir zusehen wenn du magst.“

Ich zucke mit den Schultern. Besser wäre es abzuhauen, aber etwas in mir wehrt sich gegen meine Gedanken.

„Ok…Wenn du nichts dagegen hast?“, antworte ich darum.

Er schüttelt den Kopf. „Nein, ganz im Gegenteil.“

Also bleibe ich. Ich sehe ihm zu. Von einer Sportverletzung erkenne ich auch jetzt nichts, aber ich verstehe auch nichts davon. Es sieht jedenfalls sehr professionell aus wie er seine Längen zieht. Langsam erwärmen sich auch meine Füße an den Sonnenstrahlen wieder. Er schwimmt einige Male an mir vorbei, ist aber sehr in seinem Training versunken. Ich überlege was ich hier eigentlich mache. Ich sollte gehen. Ja, das wäre besser. Ich gehe. Gerade als ich aufstehe, kommt er aus dem Wasser und schnappt sich sein Handtuch.

„Warte noch…Ich trockne mich nur ab“, ruft er herüber.

Ich seufze und lehne mich an die Holzwand. Jetzt bemerke ich allerdings dass er eine komische Schonhaltung beim Gehen einnimmt. Ich schätze das Knie macht ihm ziemliche Schmerzen. Er verschwindet im Bootshaus und kommt recht schnell wieder heraus, abgetrocknet und umgezogen.

„Boa…das Wasser ist wirklich kalt…“, jammert er und sucht noch ein paar Sonnenstrahlen die langsam rar werden.

„Hab ich ja gesagt…“, murmle ich.

Er sieht mich an. Länger als ich es aushalte, darum senke ich meinen Blick.

„Du schaust müde aus“, stellt er fest.

Ja, sicher sehe ich müde aus. Ich habe tagelang nur mehr stundenweise geschlafen und seit ich weiß, dass er hier ist wurde das nicht besser.

„Ich habe ein paar anstrengende Wochen hinter mir“, seufze ich.

Er nickt. Bevor er weiter fragt, was ich nicht will, frage erst einmal ich etwas.

„Was ist denn mit deinem Knie?“

„Eine Überbelastung der Bänder. Das verfolgt mich schon das ganze Jahr und momentan ist es echt schlimm.“

„Kann man das nicht mit Physiotherapie oder so in den Griff bekommen?“

„Doch schon, aber das ist langwierig und momentan hab ich keine Energie mehr dafür.“

Ich sehe ihn überrascht an. So kenne ich ihn gar nicht. Er wirkt so kraftlos und entmutigt.

„Warum denn? Was hast du denn?“

Wahrscheinlich klang das jetzt besorgter, als ich es heraus bringen wollte.

Er seufzt und schließt kurz die Augen.

„Ich schwimme jetzt seit über fünfzehn Jahren ununterbrochen. Im Winter hatte ich wochenlang eine Mittelohrentzündung und jetzt seit fast vier Monaten das Knie. Bei mir ist momentan einfach die Luft draußen.“

„Klingt nicht gut.“

„Nein.“

„Und du glaubst hier am Land wird das besser?“

Er schüttelt den Kopf. „Aber hier habe ich meine Ruhe. Ich bin sozusagen abgerissen.“

Ich ziehe ungläubig die Augenbrauen hoch. „Echt?“

Jetzt lächelt er. „Ja echt.“

Wieder sieht er mich länger an als ich es aushalte.

„Wo warst du denn die letzten Jahre? Ich hab dich nie mehr gesehen“, sagt er leise und mit leicht gesenktem Blick.

Mir wird ein bisschen heiß. Weg. Ich war weg. Einfach weg.

„Lange Geschichte.“

Mehr will ich dazu nicht sagen, darum beginne ich schnell meine Socken und Schuhe anzuziehen.

„Hab ich was Falsches gesagt?“, meint er fast entschuldigend.

Ich schüttle den Kopf. „Nein, ich muss nach Hause und du solltest zusehen, dass du dich nicht erkältest, es wird frisch.“

Seine Mundwinkel verziehen sich merkwürdig. Ich denke, dass ich gerade sehr nach Mama geklungen habe.

„Teresa…können wir vielleicht reden?“, sagt er dann recht tonlos.

Ich sehe vom Schuhbandzubinden auf. „Worüber denn?“

„Wir sind nicht gerade freundschaftlich auseinander gegangen.“

Ich zucke mit den Schultern. „Du warst sehr jung, ich ein bisschen naiv und alles ist lange her. Wir müssen über nichts reden.“

„Mir tut es aber weh, wenn ich dich anschaue und daran denke. Nur reden Teresa. Bitte.“

Er sieht mich bedrückt an. Ich halte diesen Blick kaum aus. Ja…mir tut es auch weh. Ich kenne den Tonklang seiner Stimme, es erinnert mich an seine entschuldigenden Worte von damals, als er sich für seine Freunde rechtfertigte.

„Außerdem bräuchte ich einen ordentlichen Haarschnitt. Das ließe sich doch verbinden, was meinst du?“

Jetzt lächelt er ein bisschen und strubbelt sich dabei durch die feuchten Haare. Na ja…ein wenig nachschneiden würde wirklich nicht schaden.

„Ich überleg es mir…“, seufze ich.

Ganz zufrieden scheint er über meine Antwort nicht und ehrlich gesagt meine ich auch nicht wirklich was ich sage. Ich will nicht wieder alles aufwirbeln und mich damit beschäftigen. Vorbei. Es ist zu Ende und vorbei.

„Du weißt wo du mich findest, entweder hier, oder oben im Haus“, noch einmal lächelt er mich schüchtern an.

Ich nicke und sehe noch einmal zu ihm auf. Es fällt mir schwer ihn so stehen zu lassen und trotzdem gehe ich. Zielstrebig und schnell. Ohne zurück zu sehen.

Kapitel 5

Ich hatte unseren gemeinsamen Sommer recht gut verdrängt in den letzten Jahren. Verdrängt aber nicht vergessen. Ich werde es nie vergessen können, dafür war es einfach zu schön. Es war mehr als eine Affäre, Sex oder was auch immer. Ich fühle mich ganz komisch in seiner Gegenwart, es wäre am Einfachsten zu beschließen ihn zu vergessen, aber das gelingt mir nicht. Es wird mir nie gelingen, auch wenn es besser so wäre. Nachdenklich gehe ich nach Hause. Nein ich gehe nicht, ich schlurfe. Kraftlos und müde fühle ich mich. Ein Wagen der mir entgegen kommt lässt mich aufschauen. Ich seufze tief durch. Auch das noch. Das Auto hält neben mir, die Scheibe geht hinunter. Anton sieht mich breit grinsend an.

„Grüß dich Resi! Wo läufst du denn herum? Ich war bei euch am Hof, aber da herrscht gähnende Leere.“

„Servus. Ja meine Eltern sind mit Maxi unterwegs und Leopold wird auf irgendeinem Weinberg sein denke ich.“

„Ach so. Warum meldest du dich denn nie? Ich hab doch gesagt du sollst mal vorbei kommen?“

Jetzt versuche ich das Seufzen zu unterdrücken. Ich will ihn nicht unbedingt besuchen, ich wüsste nicht wozu, darum zucke ich nur mit den Schultern.

„Soll ich dich nach Hause fahren?“

„Nein, ich laufe, ist ja nicht mehr weit. Wir sehen uns.“

Ich versuche die Konversation abzukürzen. Er nickt etwas verständnislos. Ich will schon losgehen, aber er scheint noch nicht fertig zu sein.

„Warum ich eigentlich bei euch war…Vroni schmeißt morgen eine Geburtstagsparty für Jonas, ich wollte dich und Maxi einladen. Er wird sechs, ich denke die Jungs könnten sich gut verstehen.“

Ich lächle. Vroni ist seine jüngere Schwester, ich mochte sie immer sehr gerne. Auch wenn ich nicht unbedingt scharf auf einen Besuch am Hof der Klingers bin, für Maxi wäre es bestimmt lustig mit anderen Kinder spielen zu können. Darum stimme ich auch seinetwillen zu.

„Danke, das ist nett. Wann denn?“

„Um zwei. Ich freue mich.“

Ich zwinge mich zu einem: „Ja…ich mich auch.“

Er verabschiedet sich mit seinem mir durchaus bekannten Augenzwinkern. Charmant kann er schon sein wenn er will, allerdings verstehe ich nicht, was er bei mir damit erreichen möchte. Er fährt weiter und ich gehe nach Hause. Mir geht sowieso nicht ein, warum er nicht längst verheiratet ist und selbst Kinder hat. Er ist jetzt über dreißig. Aber ich will darüber nicht nachdenken, weil es mich eigentlich auch gar nicht interessiert. Gerade als ich am Hof ankomme, fahren auch meine Eltern ein. Endlich, der Tag war unglaublich lang ohne Maxi. Ich lege schrittmäßig zu und öffne die hintere Autotür.

„Na wie schaust du denn aus Bärchen?“, frage ich lachend.

Er hatte scheinbar einen richtig tollen Tag und so sieht er auch aus, ziemlich eingesaut.

„Mama schau, wir waren bei McDonalds und da hab ich ein Spielzeug bekommen, und wir waren dort wo man so toll turnen kann und der Opa kann nicht balancieren.“

So glücklich hab ich ihn lang nicht mehr erlebt. Er strahlt von einer Backe zur anderen.

„Ehrlich? Das musst du mir ganz genau erzählen. Am besten während du in der Badewanne sitzt, du schaust ja aus wie ein Schweinebärchen.“

Ich knuddle und küsse ihn. Schnell tritt alles worüber ich den ganzen Tag über nachdachte, sowie die Begegnung mit Markus in den Hintergrund.

Maxi ist nach dem Baden schnell eingeschlafen, er war komplett erledigt. Auch wenn es erst kurz vor neun ist, hab ich mich auch gleich hingelegt. Ich würde wirklich gerne einmal richtig gut schlafen. Sanft streiche ich noch einmal über seine Wange und fahre mit meiner Nase durch seine Haare. Dann schließe ich meine Augen und atme dabei tief durch.

„Warum gehst du mir nicht aus dem Sinn…warum nicht…“, murmle ich für mich selbst und versuche einzuschlafen.

Tatsächlich konnte ich die vergangene Nacht ein paar Stunden schlafen, dafür habe ich fürchterlich geträumt und bin heute auch nicht wirklich ausgeschlafener. Ich hatte solche Angst im Traum, weil mir ständig jemand Maxi wegnehmen wollte, als ich aufwachte war ich komplett schweißgebadet. Jetzt sind wir auf dem Weg zur Geburtstagsfeier von Jonas. Am Vormittag haben wir noch ein kleines Geschenk besorgt, Maxi freut sich total. Ich allerdings habe ein sehr komisches Gefühl im Bauch, das sich noch verstärkt, je näher wir zum Klinger Hof kommen. Nur nichts anmerken lassen, nehme ich mir vor. Am Hof hat sich nicht viel verändert, natürlich hat auch hier die Modernisierung nicht halt gemacht, aber es ist trotzdem wie immer. Der Klingerhof war schon immer sehr fortschrittlich. Vroni freut sich mich zu sehen und mir geht es nicht anders. Sie hat den Tisch im Garten festlich aufgedeckt und auch das Wetter ist perfekt für eine Geburtstagsparty im Freien. Alle scheinen sich über unseren Besuch sehr zu freuen und Maxi freundet sich sofort mit den anderen Kindern an. Meine Nervosität lässt nach. Ich sehe ihm beim Spielen zu und nippe an einem Glas Prosecco.

„Ich hole mal die Torte“, verkündet Vroni.

„Kann ich dir helfen?“, frage ich höflich.

Sie schüttelt den Kopf und geht auch schon von dannen, dafür setzt sich Anton neben mich.

„Schön dass du gekommen bist.“

„Du hattest Recht, Jonas und Maxi verstehen sich richtig gut“, entgegne ich.

Er nickt. „Ihr könnt ja gerne öfter zu Besuch kommen, würde mich freuen.“

Ich sehe ihn überrascht an. Schon wieder ein seltsam unterschwelliges Angebot. Er lächelt. Sein Lächeln ist ansteckend. Ja, ich war mal wirklich verliebt in ihn, aber das ist lange her. Er hat mir schon in der Schule gefallen, er ging zwei Klassen über mir und es gefiel mir wenn er mich genauso anlächelte wie gerade eben. Ich mochte seine dunkelbraunen Locken und die blauen Augen. Er ist ein fescher Mann, ohne Zweifel. Doch die schönen Augen und das ansteckende Lächeln waren in Laufe der Jahre einfach zu wenig. Vroni bringt die Torte und ich bin froh auf sein Angebot nicht reagieren zu müssen. Es ist ein schöner gemütlicher Nachmittag, man spürt die Kinder gar nicht, so viel Spaß haben sie beim Toben im Garten. Inzwischen spielt Anton mit den Jungs Fußball, Michi, Jonas Papa, spielt auch mit. Es scheint ein riesiger Spaß zu sein.

„Bleibst du hier?“, fragt mich Vroni plötzlich.

„Am Hof meiner Eltern?“

Sie nickt.

„Ich glaube schon.“

„Und du hast wirklich keinen Kontakt zu Maxis Papa? Will er ihn denn gar nicht sehen? Ich meine wenn ihr jetzt so weit weg von München seit ist das doch nicht so einfach.“

Ich schüttle den Kopf. Ein Thema über das ich nicht gerne spreche. Maxi hat keinen Papa. Sie scheint zu bemerken, dass ich mich dabei unbehaglich fühle und fragt nicht weiter. Es gibt noch die berühmte Klinger Speck Jause, ich hatte schon vergessen wie lecker der Speck der Klingers schmeckt. Danach beschließe ich aufzubrechen, Maxi fallen inzwischen fast die Augen zu. Ich nehme ihn hoch, nachdem ich mich bedankt und verabschiedet habe.

„Warte, ich nehme ihn, Maxi ist doch schon viel zu schwer für dich.“

Anton nimmt mir Maxi ab, der ist so fertig, dass er sich dagegen auch gar nicht wehrt. Er packt ihn in den Kindersitz, umarmt mich überraschender Weise zum Abschied und gibt mir noch einen Kuss auf die Wange.

„Resi…der Maximilian braucht einen Vater. Ich wäre echt gerne für euch da.“

Seine Worte prallen an mir ab, als hätte ich eine Ritterrüstung an. Hab ich gerade richtig gehört? Mein Blick ist mit Sicherheit entgeistert.

„Anton…ich weiß nicht…Schön wie du das sagst…aber…“ Ich ringe nach den richtigen Worten, doch er unterbricht mich.

„Ich verstehe schon wir haben uns lang nicht gesehen, trotzdem glaub ich wir könnten das hinbekommen, ich kann für euch sorgen. Du weißt doch wie wichtig du mir bist?“

Ich bin immer noch geschockt.

„Wir müssen ja nichts überstürzen“, fährt er fort, „aber wir könnten uns häufiger treffen und ich werde dir beweisen, dass ich für Maxi ein guter Vater sein kann.“

Verzweifelt suche ich weiter nach den richtigen Worten.

„Ich kenne dich schon so lange und ich weiß wie sehr du dir einen Stammhalter wünschst, aber Maxi wird nie wie dein eigener Sohn sein Anton.“

Er blickt zu Boden. „Du weißt doch, dass ich vor zwei Jahren krank war.“

Ich nicke, allerdings weiß ich nicht genau was er hatte, nur dass er ein paar Monate ziemlich krank war.

„Ich kann keine Kinder mehr zeugen, ich werde nie einen eigenen Sohn haben können“, sagt er leise.

„Das wusste ich nicht…tut mir leid…“, stammle ich.

„Schon gut…überleg es dir. Wir haben so viel zusammen erlebt.“ Wieder lächelt er. „Ich denk ganz oft an unseren ersten Kuss.“

Jetzt muss ich auch lächeln. Ich erinnere mich auch sehr gut daran. Es war im Schwimmbad im Nachbarort, beim Nachhause gehen. Mir sprang die Kette vom Fahrrad ab und er hat mir geholfen, wenn ich heute daran denke glaube ich, es kam ihm ziemlich gelegen. Er hat mich ein Stück nach Hause belgeitet und dann geküsst. Einfach so. Mit Zunge. Ich spüre wie ich rot werde.

„Mama…“, murmelt Maxi am Rücksitz.

„Wir fahren schon…“, beruhige ich ihn.

Anton streicht über meinen Oberarm. „Bis bald.“

„Ja…bis bald.“

Dann steige ich ein und fahre los. Nach der ersten Kurve ist Maxi schon eingeschlafen. Nach dem Kuss waren Anton und ich ein Paar. Ich war knapp siebzehn. Ein paar Wochen später haben wir dann auch miteinander geschlafen, es war mein erstes Mal. Es war nicht so toll. Anton war recht schnell fertig und ich geschockt weil es ziemlich weht tat. Fast sechs Jahre waren wir dann zusammen. Mit Hochs und Tiefs. Vielen Tiefs. Vor allem die letzten zwei gemeinsamen Jahre waren echt schlimm. Zumindest habe ich das so in Erinnerung. Bis das Arschloch Marco kam. Ich habe Anton betrogen, heute tut mir das Leid, was auch immer zuvor war, er hatte es nicht verdient, niemand hat so etwas verdient, es war sehr dumm von mir. Keine Ahnung wonach ich suchte, eventuell nach der Leidenschaft, die er mir gegenüber nicht aufbringen konnte. Womöglich auch nach der großen Liebe, doch die gibt es nicht. Vielleicht sollte ich wirklich einmal vernünftig sein und über sein Angebot nachdenken. Wenn es schon nicht die große Liebe ist, er wäre mit Sicherheit zuverlässig und würde sich bestimmt gut um uns kümmern. Ich schüttle den Kopf.

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9783752904529
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