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b) Sitzungspolizei

Darüber hinaus obliegt dem Vorsitzenden die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, die sog. Sitzungspolizei (§ 176 GVG). Die Ordnung in der Sitzung ist der Zustand, der dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten eine störungsfreie Ausübung ihrer Funktion ermöglicht.42 Der Vorsitzende kann hierbei gegenüber allen Anwesenden Ermahnungen und Rügen aussprechen sowie ungebührliches Verhalten untersagen. So etwa Beifalls- oder Missfallenskundgebungen der Zuhörer, wenn ein Zuhörer versucht, durch Zeichen auf den Angeklagten bzw. einen Zeugen einzuwirken oder der Verteidiger sich weigert, entgegen § 20 BORA in Robe aufzutreten.43 Auch können Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige, Nebenkläger, Privatkläger und Zuhörer, die den Anordnungen des Vorsitzenden nicht Folge leisten, aus dem Sitzungssaal entfernt werden (§ 177 GVG). Ebenso kann gegen diese Personengruppe wegen Ungebühr ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft festgesetzt werden (§ 178 GVG). Ungebühr bedeutet einen erheblichen Angriff auf den justizgemäßen Ablauf der Sitzung, auf den „Gerichtsfrieden“ und damit auf die Ehre und Würde des Gerichts.44 Dies liegt beispielsweise vor, wenn der Angeklagte oder ein Zeuge in völlig unangemessener Kleidung oder im betrunkenen Zustand erscheint, der Angeklagte den Richter beleidigt oder ein Zuhörer trotz Verbots fotografiert.45 Dabei obliegen die Anordnungen nach §§ 177, 178 GVG gegenüber den Zuhörern dem Vorsitzenden, während sonst das Gericht entscheidet. Zu beachten ist, dass diese Zwangsmaßnahmen gegen den Verteidiger stets unzulässig sind.46

II. Grundsätze der Hauptverhandlung

Das auf Ermittlungsverfahren und anschließendes Zwischenverfahren folgende Hauptverfahren besteht aus zwei Abschnitten, der Vorbereitung der Hauptverhandlung mit Terminansetzung, Ladungen, Herbeischaffen der Beweismittel etc. und der Hauptverhandlung selbst. Die Hauptverhandlung soll nach der gesetzlichen Konzeption den Höhepunkt des gesamten Strafprozesses bilden. In der Praxis hat jedoch zunehmend das Ermittlungsverfahren an Bedeutung gewonnen, da oftmals schon dort die Weichenstellung für das Hauptverfahren erfolgt oder aber die Sache sogar ohne Hauptverhandlung, beispielsweise durch Einstellung (§§ 153 ff. StPO) oder durch Strafbefehl (§ 407 ff. StPO) erledigt wird. Gleichwohl bleibt die Hauptverhandlung das Kernstück des Strafprozesses, da nur dort durch Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten endgültig entschieden wird (§ 261 StPO).47 Dies geschieht nach den schon dargestellten Regeln des Strengbeweises und den im Folgenden zu erörternden Grundsätzen der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit. Letztere wirken sich auch auf die Tätigkeiten des Polizeibeamten als Ermittler und Zeuge vor Gericht aus.

1. Grundsatz der Mündlichkeit

Mündlichkeit besagt, dass grundsätzlich nur das mündlich in der Hauptverhandlung Vorgetragene dem Urteil zugrunde gelegt werden darf (vgl. §§ 261, 264 StPO). Das Gericht kennt zwar den gesamten Inhalt der Ermittlungsakte. Es kann aber bei der Entscheidungsfindung nicht den gesamten Akteninhalt, sondern nur das, was mündlich verhandelt wurde, berücksichtigen. Was nicht gesprochen wurde, gilt als nicht vorhanden bzw. geschehen. In der Folge müssen beispielsweise Zeugen in der Hauptverhandlung vernommen (§ 250 StPO) und Urkunden, die sich in der Akte befinden, verlesen werden (§ 249 I StPO).48 Macht ein Zeuge in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht (§§ 52 ff. StPO) Gebrauch, ist die Verlesung eines früheren Vernehmungsprotokolls verboten (§ 252 StPO). Das sich in der Akte befindliche Schriftstück über diese Vernehmung darf dann nicht zur Entscheidungsfindung des Gerichts herangezogen werden. Zu beachten ist auch, dass die Schöffen zumindest in der Praxis regelmäßig keinen Zugang zu den Akten haben49 und daher die Gründe für ihre Entscheidung allein aus der Hauptverhandlung gewinnen.

2. Grundsatz der Unmittelbarkeit

Der Grundsatz der Unmittelbarkeit bedeutet, dass das entscheidende Gericht die Beweisaufnahme selbst wahrnehmen muss und nicht etwa anderen Personen übertragen darf. Die Tatsachen müssen dabei aus der Quelle selbst geschöpft und nicht durch Beweissurrogate ersetzt werden, da der sachnähere Beweis regelmäßig der bessere ist.50 Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so muss diese Person in der Hauptverhandlung vernommen werden (§ 250 StPO). Ein möglicherweise in den Akten vorhandenes Protokoll über eine frühere Vernehmung darf nicht als Ersatz für die Vernehmung dieser Person vor Gericht als Urkundenbeweis verlesen werden. Das Gericht soll sich einen unmittelbaren Eindruck von der Aussage einer Person machen und dabei auch die Möglichkeit der Rückfrage haben.51 Der Unmittelbarkeitsgrundsatz wird daher auch als Prinzip vom Vorrang des Personalbeweises vor dem Urkundenbeweis bezeichnet.52 Dies verbietet jedoch nicht die lediglich den Personalbeweis ergänzende Verlesung der Urkunde, beispielsweise des früheren Vernehmungsprotokolls als Vorhalt gegenüber der vor Gericht Auskunft gebenden Person.53

Merke:

Das Gesetz erlaubt in Ausnahmefällen, den Personalbeweis durch den Urkundenbeweis zu ersetzen (vgl. §§ 251 ff. StPO). So können Erklärungen des Angeklagten in einem richterlichen Protokoll während des Ermittlungsverfahrens als Urkundenbeweis in der Hauptverhandlung verlesen werden (§ 254 I StPO), nicht jedoch das polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Protokoll einer Beschuldigtenvernehmung.

Hieraus ergibt sich bei einem erst vor Gericht schweigenden Angeklagten die Notwendigkeit, den Polizeibeamten, der die polizeiliche Beschuldigtenvernehmung durchgeführt hat, als Zeuge vom Hörensagen vor Gericht zu vernehmen, worauf unten bei der Erörterung der Zeugenrolle des Polizeibeamten54 näher eingegangen wird.

III. Ablauf der Hauptverhandlung

Der Gang der Hauptverhandlung bis zum Beginn der Beweisaufnahme ist in § 243 StPO geregelt. Die Hauptverhandlung ist in der Regel öffentlich (§ 169 GVG) und beginnt mit dem Aufruf der Sache. Sodann stellt der Vorsitzende fest, ob der Angeklagte und ggf. sein Verteidiger sowie mögliche weitere Verfahrensbeteiligte (z. B. Nebenkläger) anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft sind. Hierzu ruft er die geladenen Zeugen und Sachverständigen auf. Danach müssen diese den Sitzungssaal wieder verlassen, werden jedoch in der Praxis oftmals vorher noch gemeinsam belehrt (§ 57 StPO). Nunmehr wird der Angeklagte vom Vorsitzenden über seine persönlichen Verhältnisse vernommen. Anschließend verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dann belehrt der Vorsitzende den Angeklagten über sein Aussageverweigerungsrecht und vernimmt ihn zur Sache. Im Anschluss folgt die Beweisaufnahme (§§ 244 ff. StPO). Hierbei haben der Angeklagte, sein Verteidiger, der Staatsanwalt und mögliche weitere Verfahrensbeteiligte (z. B. Nebenkläger bzw. dessen Vertreter) nicht nur das bereits erwähnte und später noch näher zu beleuchtende Fragerecht, sondern können nach jeder Beweiserhebung – ebenso wie Verteidiger und Staatsanwalt nach der Vernehmung des Angeklagten – auch Erklärungen abgeben (§ 257). Nach Abschluss der Beweisaufnahme werden die Schlussvorträge, die sog. Plädoyers, gehalten (§ 258 StPO). Dabei plädiert zuerst der Staatsanwalt, dann der mögliche Nebenkläger bzw. sein Vertreter und abschließend der Verteidiger. Das letzte Wort hat stets der Angeklagte. Sodann folgt die geheime Beratung und Abstimmung über das Urteil (§§ 192 ff. GVG; 263 StPO). Der Vorsitzende verkündet das Urteil (§ 260 I StPO) durch Verlesung der Urteilsformel und mündlicher Urteilsbegründung (§ 268 StPO). Die Hauptverhandlung schließt mit der Rechtsmittelbelehrung (§ 35a StPO).

IV. Die Verfahrensbeteiligten

Verfahrensbeteiligter ist, wer durch eigene Willenserklärungen gestaltend als Prozesssubjekt am Verfahren mitwirkt.55 Nicht zu den Verfahrensbeteiligten zählen daher Zeugen und Sachverständige. Auch das Gericht ist, wie bereits erklärt, nicht Verfahrensbeteiligter in diesem Sinne. Zu den hier interessierenden Verfahrensbeteiligten zählen die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte und sein Verteidiger sowie der Nebenkläger, da der Polizeibeamte vor Gericht als Zeuge von diesen Beteiligten vernommen bzw. befragt wird. Die meisten Konflikte treten dabei zwischen dem polizeilichen Zeugen und dem Strafverteidiger auf. Diesem Themenkomplex ist ein eigenes Kapitel gewidmet,56 so dass hier zunächst nur die anderen genannten Verfahrensbeteiligten dargestellt werden.

1. Die Staatsanwaltschaft

In der Hauptverhandlung tritt mindestens ein Amtsanwalt oder Staatsanwalt als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auf (§§ 226 I, 227 StPO). Bei einer Hauptverhandlungen wegen Ordnungswidrigkeiten ist in der Regel kein Amts- oder Staatsanwalt anwesend, da eine Verpflichtung zur Teilnahme der Staatsanwaltschaft nicht besteht (§ 75 I OWiG). Den Amtsanwälten werden nur Strafsachen übertragen, in denen der Strafrichter zuständig ist, d. h. ein Privatklagedelikt verfolgt wird oder aber keine höhere Strafe als zwei Jahre zu erwarten ist (§ 25 GVG). Die Wahrnehmung der Aufgaben eines Amtsanwalts kann auch auf einen Rechtsreferendar übertragen werden (§ 142 III GVG). Treten mehrere Staatsanwälte als Sitzungsvertreter auf, so stehen sie dem Gericht als Einheit, nämlich als die Staatsanwaltschaft, gegenüber. Als selbständiges Organ der Rechtspflege57 vertritt der Staatsanwalt in der Hauptverhandlung die Anklage und übt dabei durch Fragen, Anträge und Erklärungen eine Kontrolle der Justizförmigkeit des gerichtlichen Verfahrens, d. h. der richtigen Handhabung der Prozessordnung, aus. Insbesondere zu nennen sind sein Fragerecht gegenüber Zeugen und Sachverständigen (§ 240 II StPO), das Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden (§ 238 II StPO) und von Fragen, das Beweisantragsrecht (§ 244 III–VI StPO) sowie das Recht zur Rechtsmitteleinlegung (§ 296 StPO). Hierbei ist der Staatsanwalt nicht einseitig Partei, sondern zur Objektivität verpflichtet und muss die Beweislage auch in der Hauptverhandlung unvoreingenommen würdigen.58 Er hat sowohl die den Angeklagten belastenden als auch die entlastenden Tatsachen zu berücksichtigen. Keinesfalls ist er an die Vorgaben der Anklageschrift gebunden, so dass er beispielsweise auch in seinem Plädoyer (§ 258 I StPO) einen Freispruch beantragen oder Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten einlegen kann (§ 296 II StPO).

Dabei ist der Sitzungsvertreter jedoch selten der Sachbearbeiter, d. h. der Anklageverfasser. Insbesondere in Verfahren der Alltagskriminalität kennt der Sitzungsvertreter zumeist den Akteninhalt nicht und kann daher – anders als das Gericht – darauf auch nicht Bezug nehmen, etwa durch Vorhaltungen aus früheren polizeilichen Vernehmungen des Angeklagten oder Zeugen. Für die Sitzungsvertretung erhält er lediglich eine sog. Handakte, da die Akte selbst sich beim Gericht befindet. Die Handakte enthält die Anklageschrift, einen Zentralkarteiausdruck, der Auskunft über die gegen den Angeklagten bei dieser Staatsanwaltschaft geführten Verfahren gibt, sowie einen Bundeszentralregisterauszug. In größeren Verfahren ist jedoch oftmals der Sachbearbeiter auch der Sitzungsvertreter und kennt insoweit den Akteninhalt. Auch wird bei solchen Verfahren zumeist ein sog. Aktendoppel geführt, so dass der Sitzungsvertreter auch dann, wenn er nicht der Sachbearbeiter ist, Kenntnis vom Akteninhalt nehmen kann. Prozesspsychologische Erkenntnisse zeigen jedoch, dass die Kenntnis des zuvor gelesenen Akteninhalts negative Auswirkungen auf die Objektivität des Sitzungsvertreters haben kann. So werden oftmals die in der Hauptverhandlung auftretenden Bestätigungen der Anklage systematisch überschätzt und dagegensprechende neue Erkenntnisse systematisch unterschätzt.59 Insoweit scheint der nur die Handakte kennende Sitzungsvertreter bessere Voraussetzungen für eine möglichst objektive Beurteilung der Beweisaufnahme der Hauptverhandlung zu haben. Gleichwohl ist es aus Praktikabilitätserwägungen heraus oftmals notwendig, bei größeren Verfahren den Sachbearbeiter als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft einzusetzen.

2. Der Beschuldigte als Angeklagter

Der Beschuldigte hat als Prozesssubjekt eine Fülle von selbständigen Verfahrensrechten, um auf den Gang und das Ergebnis des Strafprozesses Einfluss nehmen zu können. Dabei gelten die Verfahrensrechte des Angeklagten teilweise bereits im Ermittlungsverfahren. Hierzu zählen insbesondere das Aussageverweigerungsrecht, das Recht auf einen Verteidiger verbunden mit dem Antragsrecht auf eine Pflichtverteidigerbestellung und das Beweisantragsrecht, über die bekanntlich schon die Polizei vor der Beschuldigtenvernehmung belehren muss (§ 163a IV 2 i. V. m. § 136 I 2–5 StPO). Auch hat der Beschuldigte, der sich selbst verteidigt, einen Informationsanspruch. Ihm steht ein Akteneinsichtsrecht zu, soweit der Untersuchungszweck, auch in Bezug auf andere Strafverfahren, nicht gefährdet wird und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen (§ 147 IV 1 StPO). Gegenüber der früheren Rechtslage, hat der unverteidigte Beschuldigte damit einen umfassenden Anspruch auf Akteneinsicht. Hierbei können dem Beschuldigte anstelle der Einsichtnahme auch Kopien der Akte zur Verfügung gestellt werden (§ 147 IV 2 StPO). Darüber hinaus hat der Beschuldigte als Angeklagter60 in der Hauptverhandlung neben seinem Verteidiger ein eigenes Fragerecht gegenüber Zeugen und Sachverständigen (§ 240 I StPO), ein Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden (§ 238 II StPO) und von Fragen sowie ein Beweisantragsrecht (§ 244 III–VI StPO). Ebenso hat er das Recht auf Rechtsmitteleinlegung (§ 296 I StPO). Weiterhin ist er berechtigt, einen Ablehnungsantrag gegen das Gericht wegen Besorgnis der Befangenheit zu stellen (§ 24 III 1 StPO), wobei Befangenheitsanträge in der Praxis regelmäßig der Verteidiger für den Beschuldigten stellt.

a) Rechtliches Gehör

Das wichtigste Verfahrensrecht des Angeklagten ist der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht (Art. 103 I GG). Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur die Tatsachen und Beweisergebnisse berücksichtigen, zu denen dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wurde, Stellung zu nehmen.61 Hierzu können Anträge gestellt oder Ausführungen zur Sach- und Rechtslage gemacht werden, die das Gericht zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss.62 Über Art. 103 I GG hinaus wird dem Beschuldigten bereits im Ermittlungsverfahren das rechtliche Gehör eingeräumt. So muss die Staatsanwaltschaft ihm spätestens vor Abschluss der Ermittlungen Gelegenheit zur Stellungnahme geben (§ 163a I StPO).

b) Anwesenheit

Der Angeklagte muss und darf während der Hauptverhandlung anwesend sein (§§ 230 I, 231 StPO). Ist er „ausgeblieben“, d. h. trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen, so wird er vorgeführt. Ist er hingegen abwesend, d. h. sein Aufenthaltsort ist unbekannt oder er hält sich im Ausland auf und seine Gestellung vor das zuständige Gericht ist nicht möglich (§ 276 StPO), so darf keine Hauptverhandlung stattfinden, sondern allenfalls ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt werden (§ 285 StPO). Von dieser Anwesenheitspflicht können in einigen Fällen Ausnahmen gemacht werden (§§ 231 II ff. StPO). Auch kann dem Angeklagten vorübergehend während einer Vernehmung auf Anordnung des Gerichts die Anwesenheit untersagt werden (§ 247 StPO). Beispielsweise muss der Angeklagte sich auf Anordnung des Gerichts aus dem Sitzungssaal entfernen, wenn durch seine Anwesenheit die konkrete Gefahr besteht, dass der Zeuge nicht die Wahrheit sagen wird oder bei der Vernehmung eines Kindes die konkrete Befürchtung eines erheblichen Nachteils für das körperliche und seelische Wohl des Zeugen besteht.63

c) Dolmetscher

Weiterhin haben Angeklagte, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, für das gesamte Verfahren und damit auch schon für die Vorbereitung der Hauptverhandlung Anspruch auf die unentgeltliche Zuziehung eines Dolmetschers (Art. 6 III a, e EMRK; §§ 185 I 1, 187 I GVG).64 Die Tatsache, dass der Angeklagte Ausländer ist, begründet nicht automatisch die Notwendigkeit eines Dolmetschers. Entscheidend ist, ob der Angeklagte die Gerichtssprache Deutsch (§ 184 GVG) beherrscht oder nicht.

d) Plädoyer und letztes Wort

Dem Angeklagten steht immer das letzte Wort in der Hauptverhandlung zu (§ 258 II StPO). Hat der Angeklagte keinen Verteidiger, so darf er nach dem Plädoyer des Staatsanwalts auch selbst plädieren. Plädiert für den Angeklagten ein Verteidiger, so hat der Vorsitzende danach den Angeklagten stets zu fragen, ob er selbst noch etwas dem Plädoyer seines Verteidigers hinzufügen möchte (§ 258 III StPO). Dadurch soll der Angeklagte die Möglichkeit erhalten, sich abschließend zum gesamten Prozessstoff äußern zu können und dem Gericht vor der Beratung einen möglichst frischen Eindruck seiner Person und Sichtweise des Geschehens zu geben.65

3. Der Verletzte als Nebenkläger

Wer durch eine der in § 395 I StPO genannten Straftaten verletzt worden ist, kann sich als Nebenkläger der öffentlichen Klage anschließen, um so seine Interessen an dem Strafverfahren wahrzunehmen. Der Nebenkläger tritt insoweit neben die Staatsanwaltschaft, um diese zu kontrollieren und durch eine Bestrafung des Angeklagten persönliche Genugtuung für das erlittene Unrecht zu erhalten.66 Ist das Opfer verstorben, so steht dieses Recht den Kindern, Eltern, Geschwistern, Ehegatten oder Lebenspartnern zu (§ 395 II StPO). Sind Kinder Nebenkläger, übt der gesetzliche Vertreter die Nebenklagerechte aus.67 Bei bestimmten schweren Straftaten wie versuchtem Totschlag oder Mord, bei Straftaten, die zu schweren körperlichen oder seelischen Schäden geführt haben, und bei Straftaten an jugendlichen Opfern hat der Nebenkläger einen Anspruch auf einen Opferanwalt, dessen Kosten von der Staatskasse übernommen werden (§ 397a StPO). In anderen Fällen besteht die Möglichkeit auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (§ 397a II StPO).

Die Rechte des Nebenklägers finden sich in § 397 StPO. In der Hauptverhandlung hat er – auch wenn er als Zeuge vernommen werden soll – ein Anwesenheitsrecht, aber keine Anwesenheitspflicht. Er kann sich in der Hauptverhandlung durch einen Rechtsanwalt (§ 397 II StPO) oder einen Rechtslehrer einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt (§ 138 I, III StPO) vertreten lassen, was regelmäßige Praxis ist. Wie die anderen Verfahrensbeteiligten hat er ein Fragerecht, das Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden und von Fragen, ein Beweisantragsrecht und das Recht zur Abgabe von Erklärungen. Da er neben die Staatsanwaltschaft tritt, ist er auch im selben Umfang zuzuziehen und zu hören. Im beschränkten Umfang hat der Nebenkläger unabhängig von der Staatsanwaltschaft auch das Recht zur Rechtsmitteleinlegung (§§ 400, 401 StPO). Weiterhin hat der Nebenkläger als Verletzter über seinen Rechtsanwalt ein Akteneinsichtsrecht (§ 406e StPO). Oftmals muss er als Hauptbelastungszeuge aussagen.

Merke:

Durch die Akteneinsicht besteht für den Nebenkläger insoweit die anderen Zeugen verwehrte Möglichkeit, sich gezielt auf seine Aussage vor Gericht vorzubereiten. Auch ist der Nebenkläger als Opfer der Straftat bei seiner Zeugenaussage möglicherweise von Rachegefühlen oder ähnlichen Beweggründen motiviert.68 Hier zeigt sich die problematische Verbindung von Partei- und Zeugenrolle in der Person des Nebenklägers,69 die in anderem Gewand auch bei dem Polizeibeamten als Zeugen noch zu erörtern sein wird.

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