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3.2 Die Inseln im Südmeere und Øen i Sydhavet – ein Roman in zwei Sprachen

Anders als die oben erwähnten Urteile hat der folgende Vergleich von Textelementen der deutschen und der dänischen Ausgabe der IS nicht die Feststellung qualitativer Unterschiede zwischen den beiden Versionen zum Ziel, sondern soll zeigen, ob Oehlenschläger seinen Text für ein dänisches Publikum anders gestaltete als für ein deutsches.1 Dabei interessiert auch, ob er bei der Wiedergabe eines deutschen Originals im Dänischen dasselbe Verfahren anwendete, wie er es für seine deutsche Werkausgabe beschreibt:

Der Zwang, die Forderung, in einer anderen Sprache genau das schon Gesagte wieder zu geben, hat mir nie Fesseln angelegt, weil ich selbst der Dichter war. Oft hab’ ich ein anderes Bild gewählt, manchen neuen Gedanken zugefügt, vieles verkürzt und zusammengedrängt, auch manches verändert. (Selbstbiographie 1829, 2: 177)

Zwar wurden Titel und Vorwort der IS für die dänische Ausgabe umgestaltet (vgl. Kap. 4.1), hingegen erfuhren Konzeption und Organisation des Textes, jene Bereiche, die man als „Makroebene“ bezeichnen könnte, praktisch keine Änderungen. Die „Umarbeitung“ oder „Umdichtung“, von der Oehlenschläger im Zusammenhang mit der Schaffung der deutschen Version seiner dänischen Werke spricht, hat im umgekehrten Fall – bei der dänischen Fassung eines deutschen Textes – also nicht zu tiefgreifenden Neuerungen geführt. Doch ist zu fragen, in welcher Weise die von ihm selbst genannten Veränderungen, wie die Wahl anderer Bilder, die Integration neuer Gedanken sowie Verkürzungen oder Verdichtungen etc. sich auf der textuellen Ebene auswirken, ob sie z.B. Akzentverschiebungen oder neue Aspekte und andere Innovationen sichtbar machen. Ein Vergleich ausgewählter Textstellen soll paradigmatisch zeigen, ob – und allenfalls auf welche Weise – sich die beiden Fassungen auf der „Mikroebene“ unterscheiden. Dabei steht, wie erwähnt, die Frage im Vordergrund, ob die deutsche und die dänische Version im Hinblick auf das jeweilige Zielpublikum unterschiedlich gestaltet wurden. Dem Fassungsvergleich wurden die auf Öland und in Kopenhagen spielenden Kapitel 6–14 von IS III, resp. 7–15 (unnumeriert) von ØS III zugrunde gelegt, da die Ausarbeitung einer dänischen Fassung einerseits zu der in die IS eingeführten Thematik des Nordens gehört, andrerseits Oehlenschlägers grenzgängerisches Schreiben zwischen den Kulturen weiterführt: Wurde die Handlung der IS, die „meist in Deutschland spielt und [deren] Personen meistens Deutsche sind“ (IS I: XII–XIII), in den erwähnten Kapiteln an skandinavische Schauplätze versetzt, so bringt die dänische Version den Roman als materielles Produkt „Buch“ in den Norden.

Die Untersuchung des ausgewählten Textkorpus gilt sowohl dem Informationsgehalt des Textes als auch dessen stilistischen Merkmalen; aus praktischen Gründen werden die besprochenen Stellen – je nach deren vorherrschendem Aspekt – der thematisch oder der stilistisch orientierten Kategorie zugeordnet, im Bewusstsein, dass eine solche Aufteilung künstlich ist, da sich ja Inhalt und Form nicht einfach voneinander ablösen lassen. Die relevanten Textstellen erscheinen jeweils in kursiver Schrift.

3.2.1 Thematische Unterschiede

ØS III: 94

Im dänischen Text fehlt jene Fussnote, welche die Figur des OleariusOlearius, Adam in IS III: 93 mit Adam Oehlenschläger in Verbindung bringt.1Olearius, Adam Was den Autor zu dieser Streichung veranlasste, ist ungewiss. Vielleicht hielt er die Angabe für redundant, da er möglicherweise davon ausgehen konnte, dass seinem dänischen Publikum die Namensverwandtschaft bekannt war. Denkbar wäre aber auch, dass seine Berühmtheit in Dänemark ihm erlaubte, auf diese Art der Selbstdarstellung zu verzichten.

ØS III: 99–100 und 161

An diesen Stellen finden sich zwei längere Zusätze, die beide im deutschen Text (IS III: 99 und 169) fehlen; sie sollen hier nicht in voller Länge zitiert, sondern nur zusammenfassend wiedergegeben werden: In beiden Fällen handelt es sich um eine Weiterführung und Verstärkung der Lobpreisung Christians IV., die an der ersten Stelle in Form eines Kommentars zu OleariusOlearius, Adam’ Ausführungen Albert in den Mund gelegt wird; an der zweiten Stelle spricht sie der holländische Maler van Mandern aus. Es scheint, als sollten die Verdienste Christians IV. der dänischen Leserschaft gegenüber noch stärker betont werden, was wie eine (indirekte) Huldigung an das dänische Königshaus wirkt, wodurch dieser Gestus gleichzeitig für die Barockzeit – die Epoche des Erzählgeschehens – und das 19. Jahrhundert gilt und dadurch gewissermassen doppeldeutig wird. Der Gedanke der Huldigung liegt auch deshalb nahe, weil Frederik VI. den Roman subskribiert hatte.2

ØS III: 111

Paul FlemingFleming, Pauls Rede über die schwierigen Bedingungen des Dichterberufes wird in der dänischen Fassung durch den folgenden Zusatz ergänzt:

Ja selv at han er Digter og har Smag, maa han uafladelig bevise om igien, fordi der altid er den største Tilbøielighed hos Folk til at troe, at nu er det forbi med ham, nu er han i Aftagende og paa Afveie.

Ja, sogar dass er Dichter ist und Geschmack hat, muss er unablässig von neuem beweisen, denn die Leute neigen immer stark zum Glauben, jetzt sei es aus mit ihm, jetzt sei er im Abbau und auf Abwegen.

Dieser Passus, der an der entsprechenden Stelle in IS III: 111–112 fehlt, bedeutet wie die beiden eben erwähnten Zusätze eine Weiterführung von bereits Gesagtem, das durch die Ergänzung verstärkt und verdeutlicht wird, was sich wohl aus der Thematik erklärt: Auf die problematische Position des Dichters in der Gesellschaft sollte mit noch grösserem Nachdruck hingewiesen werden; offenbar war der deutsche Text in dieser Hinsicht beim Transfer in die dänische Version als zu schwach erkannt worden; ausserdem richtete er sich in Dänemark auch an die Instanzen, die – im realen Leben des Autors – über dessen ökonomische Situation mitzuentscheiden hatten (z.B. Anstellung als Universitätsprofessor, Subskription seiner Bücher, etc.).

IS III: 141

Nachdem Albert von seiner Krankheit auf der Insel Öland genesen ist, erfährt er, dass ein vornehmer holländischer Edelmann, der „über England nach Ostindien“ reisen wolle, seinen Kammerdiener verloren habe. Albert zögert, in die Dienste des Edelmanns zu treten, weil er als Nachfahre LuthersLuther, Martin nicht dem Dienerstand angehören möchte. Er versucht jedoch, sich selber zu überreden und seine Bedenken zu zerstreuen, unter anderem damit, dass ihn kein Mensch, „weder in Holland, England noch Ostindien“ kenne. Beide Stellen sind in der dänischen Fassung geändert; hier heisst es: „en fornem hollandsk Adelsmand, som har isinde at seile til Kiøbenhavn først, for derfra at drage til Ostindien, har mistet sin Kammertiener“ (ØS III: 136), und auf der folgenden Seite: „Intet Menneske kiender dig i Holland, Danmark eller Ostindien“. In der deutschen Fassung schimmert hier offensichtlich eine Reminiszenz an den Prätext durch: Bei Schnabel schiffen sich Albert, van Leuven und Concordia von London aus nach Ostindien ein, während in den IS die Abfahrt nach Kopenhagen verlegt ist, was aber an dieser Stelle durch den Prätext verdrängt wurde. Die daraus entstehende Unstimmigkeit wird in ØS III: 136–137 korrigiert; die dänische Fassung nimmt also hier den Charakter einer Überarbeitung des deutschen Textes an.

IS III: 145

Das erste der in Kopenhagen spielenden Kapitel beginnt in der deutschen Fassung mit den Worten: „Als wir nach Kopenhagen gekommen waren“; im dänischen Text (ØS III: 139) lautet die Stelle: „Da vi vare komne her til Byen“. Dieser Ausdruck, der offenbar beim dänischen Publikum keinen Zweifel darüber aufkommen liess, welche Stadt gemeint war (natürlich auch, weil die Worte unmittelbar auf die Kapitelüberschrift „Kiøbenhavn“ folgen), bedeutet im Erzählzusammenhang eigentlich einen Illusionsbruch, denn Albert, der Erzähler, und seine Zuhörer befinden sich ja auf der Insel Felsenburg, fern von Kopenhagen. Der doppelte Schauplatz,3 der sich für den Leser aufgrund seiner Identifikation mit den Zuhörern auf der Insel Felsenburg ergab, wird an dieser Stelle auf einen einzigen reduziert, d.h. der dänische Leser wird unmittelbar, nicht über den Umweg der Insel Felsenburg, nach Kopenhagen versetzt. Dadurch entsteht eine besondere Nähe zwischen Text und Publikum: der Text ist hier gewissermassen „nach Hause“ zurückgekehrt.

Auch wenn die besprochenen Unterschiede, auf ein Textkorpus von ca. 150 Seiten bezogen, insgesamt als recht geringfügige Änderungen anzusehen sind, was auf eine grosse Treue des Autors zu der von ihm geschaffenen Vorlage hinweist, zeigen sie doch ein gewisses Bestreben, den deutschen Text den Bedürfnissen und Gegebenheiten des dänischen Publikums anzupassen.

3.2.2 Stilistische Unterschiede

Hier begeben wir uns auf ein viel grösseres Feld von Abweichungen und Änderungen; dies liegt in der Natur der Sache, denn stilistische und formale Aspekte eines Textes sind ja besonders stark an einzelsprachliche Gegebenheiten gebunden. Es sollen im Folgenden jene Ausdrucksformen untersucht werden, bei denen der formal-ästhetische Aspekt im Vordergrund steht, also idiomatische Wendungen, sprichwörtliche Redensarten, Sprichwörter, Metaphern – kurz, der Bereich der sprachlichen Gestaltung, den man gemeinhin als „uneigentlich“ bezeichnet, und den ich unter dem Begriff „metaphorische Ausdrucksweise“ zusammenfasse. In die Untersuchung sollen ferner die Gedichte und Wortspiele des gewählten Textkorpus einbezogen werden.

a) Metaphorische Ausdrucksweise (Redewendungen, Metaphern, Sprichwörter)

Die folgende Übersicht enthält eine Zusammenstellung von Ausdrücken, die entweder nur im deutschen oder nur im dänischen Text metaphorische Elemente enthalten, oder deren Metaphorik in den beiden Fassungen sich nicht deckt. Textstellen mit „paralleler“ Metaphorik im Deutschen und im Dänischen sind nicht berücksichtigt, wobei jeweils überprüft wurde, ob die wörtliche Übereinstimmung dieser Ausdrücke tatsächlich auch denselben oder mindestens einen ähnlichen metaphorischen Wert in beiden Sprachen hat (metaphorische Elemente sind fettgedruckt).


IS III ØS III
Nr. Seite Text Seite Text
1 95 grössere Herren 96 Folk, som ere høiere paa Straa
2 115 in solchem Wirrwar (sic) lässt sich nicht über alles gebieten 113 i sligt et Virvar kan ikke alting gaae efter en snor
3 115 wir haben noch Gott zu danken, dass wir so ziemlich trocken, mit heiler Haut davon gekommen sind 113 Vi maae takke Gud, at vi dog, efter Omstændighederne, slap saa heel-ørede derfra og fik alting paa det Tørre
4 117 Kein Mensch kann aus seiner Haut heraus 115 Gammel vane bider bedst
5 138 Ich schlief bald ein 133 Jeg sov som en Steen
6 138 Der Alte war genöthigt sich zufrieden anzustellen 133 Gubben var nu nødt til at bide i det sure æble
7 138 wagte der Alte es nicht mehr, von der Sache zu reden 133 vovede Faderen ikke meer at slaae paa den Streng
8 155 Irren ist menschlich 145 Man kan let fare vild
9 166 (fehlt) 157 Nu vil enhver Høne være Ørn
10 175 sie haben aber alle den Kürzeren gezogen 166 men alle have de maattet strække Gevær, paa Naade og Unaade
11 175 hat es ihm das Herz gefressen 166 har det ret inderligt krænket ham
12 179 Unverhofft, sagt man aber, kömmt oft 169 Men lykken kommer ofte, nar man mindst venter det, siger Ordsproget
13 185 die Segel streichen 174 bukke under
14 187 mit schläfrigen Augen 176 hans Øjne vare fortinnede med Kiærnemælk
15 216 Setzt Euch und frühstückt 200 Sæt Jer ned, og tag Eder en Taar for Giøgen, det er tidlig paa Morgenen, og Søluften tærer
16 219 mit grossen Herren ist’s nicht gut Kirschen essen 203 store Herrer ere ikke at spase med

Die Übersicht zeigt eine signifikant höhere Zahl metaphorischer Elemente in der dänischen Fassung: 14 der 16 aufgelisteten Stellen enthalten metaphorische Ausdrücke, gegenüber 8 im deutschen Text. Damit ist natürlich noch nichts gesagt über den Grad und die Kongruenz der Metaphorisierung in den beiden Fassungen, die sich in dieser Beziehung stark unterscheiden können, wie z.B. die Wiedergabe einer sprichwörtlichen Redewendung im deutschen Text durch ein Sprichwort in der dänischen Fassung zeigt (Nr. 4), oder die Wiedergabe eines deutschen Sprichwortes durch einen dänischen Ausdruck, dessen metaphorisches Element so sehr konventionalisiert ist, dass es kaum mehr als solches wahrgenommen wird (Nr. 8). Gerade das letztere Beispiel macht aber auch deutlich, dass die zeitliche Dimension bei der Beurteilung des Metaphorisierungsgrades mitberücksichtigt werden müsste, denn eine heute verblasste Metapher kann im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts noch wesentlich lebendiger gewesen sein. Ausserdem ist zu bedenken, dass ein solcher Vergleich den Text durch Herausgreifen einzelner Elemente, wobei auch syntaktische Gefüge aufgelöst werden können, sehr stark segmentiert, was gegen die Forderung, den Text als Ganzes zu betrachten, verstösst, denn die Wahl eines bestimmten Ausdrucks, einer idiomatischen Wendung, etc., ist ja nicht nur durch die Vorgabe der Ausgangssprache und die Möglichkeiten der Zielsprache gegeben, sondern auch durch die Beziehung dieser Elemente zum Textganzen.1

Bei aller Vorsicht, mit der die angeführten Stellen beurteilt werden müssen, ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass eine starke Tendenz zu metaphorisierender Ausdrucksweise besteht,2 die im dänischen Text noch deutlich zunimmt. Es sieht so aus, als habe der Autor mit allen Mitteln versucht, seine dänische Fassung durch eine bildhafte Sprache zu beleben, wo immer sich die Gelegenheit dazu bot. Dies zeigt sich vor allem in der Metaphorisierung ganz einfacher, um nicht zu sagen, banaler deutscher Ausdrücke, wie in Nr. 1, 5, 6, 7, 14 und 15. In Nr. 3 wird eine deutsche Redewendung durch deren zwei im dänischen wiedergegeben; die sprichwörtliche Redewendung in Nr. 9 ist ein illustrierender Zusatz der dänischen Fassung; in Nr. 12 erscheint das deutsche Sprichwort zwar als unmarkierter dänischer Satz, aber dieser wird dennoch als „Ordsprog“ bezeichnet.

Soweit die Begrenztheit des Textkorpus eine generelle Aussage zulässt, könnte man in den Bemühungen des Autors, seine dänische Fassung gegenüber der deutschen stärker durch bildliche Ausdrücke anzureichern, tatsächlich ein von der „eigentlichen Übersetzung“ (Koller 2011: 82) abweichendes Verfahren sehen, das die dänische Version zwar nicht gerade zu einer „Umdichtung“ macht, aber doch in die Nähe einer „Bearbeitung“ rückt.

b) Gedichte

Bei den fünf Gedichten Paul FlemingFleming, Pauls, die in IS III: 105–144, ganz oder ausschnittweise zitiert werden, handelt es sich um wörtlich wiedergegebene, markierte Zitate. Die Wiedergabe ausgewiesener Zitate – im konkreten Fall sind es kanonisierte Gedichte oder Strophen eines berühmten Dichters – erfordert möglicherweise ein anderes Verfahren als die Umdichtung oder freie Bearbeitung, die Oehlenschläger – zumindest für die Übertragung seiner dänischen Werke ins Deutsche – nach eigener Aussage anwendet.

Es fragt sich, ob er in diesem Fall eher den Richtlinien folgt, die er für seine HolbergHolberg, Ludvig-Übersetzung zum Prinzip erklärte: „Denn hier ist nicht die Frage von einer geistreichen Umarbeitung […]; wir sprechen von treuer Uebertragung des dänischen Holberg“ (Holbergs Lustspiele 1823, 4: XV–XVI; gesperrt im Original).1Holberg, Ludvig Andrerseits ist die Äquivalenzforderung2 gerade bei Gedichten besonders schwer zu erfüllen; ihre Übertragung in eine andere Sprache erweist sich meistens eher als Um- oder Nachdichtung denn als „eigentliche Übersetzung“.3Baggesen, Jens

Aus intertextueller Sicht stellt sich hier auch die Frage nach der Beziehung zwischen den ausgewählten Gedichten und dem textuellen Umfeld, in das sie eingebettet sind. Auf den ersten Blick scheint ihre Wahl durch den Kontext bedingt, aber man könnte sich ebensogut vorstellen, dass der Kontext gleichsam um die Gedichtzeilen herumgeschrieben, durch sie hervorgerufen wurde. Dabei wäre auch nach den Kriterien für die Auswahl der Verse oder Strophen aus den einzelnen Gedichten zu fragen, denn nur in einem Fall wurde ein Gedicht ganz übernommen.

Im vorliegenden Zusammenhang interessiert aber in erster Linie die Frage nach der dänischen Wiedergabe von FlemingsFleming, Paul Gedichten.4Fleming, Paul Es zeigt sich, dass sie eine unterschiedliche Behandlung erfahren haben: Während die Strophen- resp. Zeilenzitate der Oden Aus dem Italiänischen (Fleming 1865, I: 396; IS III: 105), Elsgens treues Herz (1865, I: 426) und Auff die italiänische Weise: O fronte serena (1865, I: 397; beide IS III: 124) ins Dänische übersetzt wurden, fehlt die Wiedergabe der beiden zitierten Strophen des Sonettes Er beklagt die Aenderung und Furchtsamkeit itziger Deutschen (1865, I: 452; IS III: 113). Die Ode Lass dich nur Nichts nicht tauren (1865, I: 244; IS III: 144) ist dagegen ganz übersetzt.

Über die Gründe für die Aufnahme bzw. Streichung der genannten Verse lässt sich nur spekulieren. Dass die beiden Sonettstrophen gestrichen wurden, könnte vielleicht – abgesehen von den übersetzerischen Schwierigkeiten, bedingt durch die kunstvolle Reimstruktur und den reichen Wortschatz – mit inhaltlichen Gegebenheiten zusammenhängen: die Strophen enthalten in ihrer Reflexion einer Phase des dreissigjährigen Krieges stark zeitgebundene Elemente, die auch in der Übersetzung ohne ergänzende Erklärungen für das dänische Lesepublikum wohl nicht ohne weiteres verständlich gewesen wären. Eine andere Hypothese zielt auf das negative Bild „itziger Deutschen“ in FlemingsFleming, Paul Gedicht, das der dänische Autor seinen Landsleuten vermutlich kaum vermitteln wollte.

Die Übersetzung der übrigen zitierten Verse soll im Folgenden kurz besprochen werden:


IS III: 105 ØS III: 104
Lasst uns tanzen, lasst uns springen, Lad os springe, lad os dandse
Lasst uns laufen, für und für; Lystigunge, glade, frie!
Denn durch Tanzen lernen wir Thi ved Dandsen lære vi
Eine Kunst von schönen Dingen. Noget, som er værd at sandse.

Wie die Wiedergabe der Schlussstrophe von Aus dem Italiänischen zeigt, sind Metrum und Reimschema genau eingehalten (das Endungs-e in dän. „frie“ in der zweiten Zeile wird – jedenfalls heutzutage – sehr abgeschwächt ausgesprochen und kann daher mit „vi“ ein Reimpaar bilden). Der Rhythmus ist jedoch in der dänischen Fassung etwas schneller, was durch die kürzeren, „leichteren“ Silben in den dänischen Versen bewirkt wird. In der ersten und dritten Zeile vereinigt die Übersetzung inhaltliche Treue mit gelungener Klangwiedergabe; in der zweiten Zeile wurde auf Inhaltstreue zugunsten des Klangs verzichtet, ebenso in der vierten Zeile, die vom Inhalt jedoch so viel opfert, dass sie im Vergleich zu FlemingsFleming, Paul letztem Vers eher blass wirkt. Die volle Prägnanz von Flemings Schlussvers erschliesst sich freilich nur bei der Lektüre des ganzen, sechsstrophigen Gedichtes, in dem lauter Naturerscheinungen beschrieben werden, die in der „Kunst von schönen Dingen“ zum Schluss Kontrast und Steigerung zugleich finden.


IS III: 124 ØS III: 121
Mir ist wohl beim höchsten Schmerz Mig ei træffer Sorg og Smerte
Denn ich weiss ein treues Herze! Thi jeg eier hendes Hierte.

Die beiden Verse bilden den Refrain des sechsstrophigen Gedichtes Elsgens treues Herz. Die dänische Übersetzung ist zu einer kleinen Klangsymphonie geworden, welche nicht nur den Endreim, sondern zusätzlich mehrere Stab- und Binnenreime aufweist. Inhaltlich ist aber eine gewisse Banalisierung von FlemingsFleming, Paul Raffinement unverkennbar: Die Dichotomie und gleichzeitige Verschmelzung von Glück und Schmerz, die dessen erster Vers ausdrückt, wird bei Oehlenschläger zu einer simplen Abwesenheit von Leid und Schmerz; auch haftet seiner Aussage im zweiten Vers im Gegensatz zu Flemings Worten etwas Klischeehaftes an.


IS III: 124 ØS III: 121
O Sonne der Wonne, O Solens Glæde,
O Wonne der Sonne! O Glædens Sol!

Diese Zeilen umrahmen in Verdoppelung die mittlere Strophe des Liebesgedichtes Auf die italiänische Weise: O fronte serena, das ganz auf einem Spiel von Assonanzen und Binnenreimen basiert, wie auch das Zitat zeigt. Die fast kindlich einfachen Verse adäquat (Reiss/Vermeer 1991: 133–140) wiederzugeben, war offenbar sehr schwierig, musste doch die syntaktische Relation der Substantive umkehrbar sein. Dennoch ist das Resultat – trotz des fehlenden Binnenreims – auch in klanglicher Hinsicht, möglicherweise dank der Wiederholung des Liquiden -l-, recht überzeugend.

Vom Gedicht Lass dich nur Nichts nicht tauren, das als Ganzes aufgenommen und übersetzt ist, soll nur die erste Strophe als Paradigma für den Vergleich dienen:


IS III: 144 ØS III: 138
Lass dich nur Nichts nicht dauern Hvi om din Skiæbne spørge?
Mit Trauern. Hvi sørge?
Sey stille! Vær stille!
Wie Gott es fügt Guds Villie skeer.
So sey vergnügt Lad Taaren meer
Dein Wille. Ei trille!

Das komplizierte Reimschema und das Metrum sind genau wiedergegeben, bei recht guter Wahrung der inhaltlichen Aussage, wobei die Umwandlung des ersten Imperativs in eine Frage und die syntaktische Zäsur in der vierten Zeile, die FlemingsFleming, Paul Gefüge zerschneidet, wohl unvermeidlich waren. Als eine Art Kompensation erscheint dafür in der zweiten Strophe, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, in der dänischen Fassung ein Imperativ anstelle von Flemings Frage. Allerdings bewirkt die Tendenz zur Metaphorisierung (vgl. vor allem die erste Zeile und die beiden Schlussverse) im dänischen Text eine Veränderung des Tonfalls: Flemings ernster, verhaltener Ton erscheint durch die Wahl der Bilder im Dänischen leichter und heiterer.

Im Ganzen lassen die Gedichtübertragungen grosse Sorgfalt und das Bemühen um adäquate Wiedergabe erkennen. Da die Übergänge fliessend sind, ist es nicht einfach zu entscheiden, ob hier nun eine Bearbeitung oder eine Übersetzung vorliegt – dass es sich um Nachdichtungen handelt, kann bei der angestrebten Nähe zur Vorlage wohl ausgeschlossen werden.

Vielleicht wären diese Übertragungen als kleine Proben einer Übersetzung von Gedichten Paul FlemingFleming, Pauls auch für deren Herausgeber Lappenberg von Interesse gewesen, wenn er sie gekannt hätte, bemerkt er doch in der Bibliographie zu seiner Ausgabe von Flemings Gedichten: „Ob Übertragungen einzelner Gedichte Flemings in fremde Sprachen […] vorhanden sind, habe ich nicht ermitteln können“ (Fleming 1865, II: 850).

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597 стр. 13 иллюстраций
ISBN:
9783772001727
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