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ANTONIE FAUST

Sommer 1883. Schnitzler, im Rahmen seines Militärjahrs noch immer auf der IV. Abteilung des Garnisonsspitals tätig, langweilt sich. Seine Familie ist in Ischl, er allein in Wien. So nimmt er die Einladung des Bankbeamten Wilhelm Ostersetzer, eines „flüchtigen Bekannten“, zum Roulettespiel an. Ostersetzer verfügt über etwas Geld, ist aber im Übrigen „weder gebildet, noch klug, noch hübsch, nur eben nach der Mode gekleidet“ (Jugend in Wien) – und er hat eine Geliebte, Minna Faust, ein „hübsches, blasses wohlgewachsenes Geschöpf, für dessen Wesen sich die Worte ‚resch‘ und ‚g’schnappig‘ nicht nur als kennzeichnend, sondern als geradezu erledigend aufdrängten“. Neben Minna ist an diesem Rouletteabend auch ihre Schwester Antonie anwesend; die beiden Mädchen sind die Töchter des Hausbesorgers des Mölkerhofs in der Schottengasse. Antonie, kurz „Toni“ genannt, ist, wie Schnitzler in Jugend in Wien schreibt, „nicht so hübsch, auch etwas herber in ihrer ganzen Art, auch weniger beweglich von Geist und Worten, und, zwar höchst adrett, doch nicht so fesch angezogen wie Schwester Minna“. Weitere Gäste bei Ostersetzer an diesem Sommerabend: Schnitzlers Kumpel Richard Tausenau, Franziska Mütters Bruder Pepi, der Pianist Moritz Rosenthal (1862 – 1946) und der Buchmacher und Turf-Spezialist Arthur Horner mit seiner Freundin Betty, er wird uns im Kapitel über Anna Heeger wieder begegnen.

Nach dem Roulettespiel begibt sich die ganze Gesellschaft in den Stephanskeller; Ostersetzer und Horner sind eifersüchtig auf ihre Mädchen, dennoch steigt die Stimmung, vor allem Toni reagiert „lebhaft“ und zeigt sich Schnitzler gegenüber von „besonderer Zutunlichkeit“ (Jugend in Wien), „mannigfaches Kosen und Küssen“ hebt an (TB, 1. August 1883), Schnitzler ist von Toni beeindruckt, sie fängt an, „eine gewisse Rolle“ in seinem Herzen zu spielen.

Wenige Tage später „rennt“ er wegen ihr in den Volksgarten und trifft hier zunächst Jugendliebe Fännchen mit ihrem Vetter Eduard Mütter, nachdem er die beiden nach Hause begleitet hat, versucht er sein Glück noch einmal – mit Erfolg: Minna und Toni kommen ihm entgegen, begleitet von Ostersetzer und Richard Tausenau. Schnitzler schlägt vor, nach Döbling zu fahren, die anderen stimmen zu, es wird ein „heiteres Nachtmahl im Freien“ (Jugend in Wien), Toni ist wieder „hübsch, anregend, lieb“ und sie küsst „mit Grazie“ (TB, 7. August 1883), Schnitzler empfindet das als „sehr nett“ und so beschließt man gleich für den kommenden Sonntag eine nächste Unternehmung: Am 5. August geht es zunächst auf den Kahlenberg und dann weiter nach Klosterneuburg, diesmal sind auch Arthur Horner und seine Betty, die ihn inzwischen mit Richard Tausenau betrogen hat, mit von der Partie. Von Klosterneuburg fährt man mit dem Zug zurück nach Wien, die jungen Leute, „voll des süßen Weines“, gönnen sich ein Coupé 1. Klasse, um ungestört zu sein: „Die Szene im Coupé voll Stimmung, voll Sinnlichkeit – voll Zärtlichkeit. Toni entwickelte sich anders, als ich gedacht. Sie steht höher als ich gedacht, Ich könnte ihr beinahe Dinge glauben, über die ich anfänglich herzlich gelacht habe, aber nur beinahe.“ (TB, 7. August 1883)

Bereits am nächsten Tag trifft Schnitzler die beiden Faust-Schwestern wieder im Volksgarten, ein Rendezvous mit Toni allein ist nicht möglich, da Minna eifersüchtig über sie wacht – wie Schnitzler vermutet, hält sie den Einjährig-Freiwilligen aus dem Garnisonsspital nicht unbedingt für eine gute Partie. Schnitzler ist geduldig, weiß, dass die Gelegenheit kommen wird. Im Tagebuch hält er indes mit seiner Meinung über die beiden Mädchen nicht hinter dem Berg, wieder einmal glaubt sich der altkluge Student zu einem Urteil berufen: „Ängstlichkeit Tonis, ihr Witz, ihre Typicität, Resolutheit Minnas, ihr energischer Ton – beide Mädchen charakteristisch, ausgeprägt eigentümlich, ohne Spur von Bedeutung. Gescheidt, aber gewöhnlich. Toni anschmiegsam, liebenswürdig, beinah verliebt“. (TB, 7. August 1883)

Auch wenn „gewöhnlich“ und „ohne Spur von Bedeutung“ – Schnitzler ist für Toni entbrannt und so verabredet man für Sonntag, den 12. August, gleich eine nächste Partie; zu viert, Minna und Wilhelm Ostersetzer, Toni und Schnitzler, fährt man auf die Hohe Warte, dann wechselt man ins Casino Zögernitz, wo die beiden Volkssänger-Legenden Wenzel Seidl & Wilhelm Wiesberg auftreten. Schnitzler genießt die „unendliche Zärtlichkeit“ Tonis, merkt aber auch ihre „Sprödigkeit in Beziehung aufs letzte“, das ist zwar „begreiflich, aber unerwartet“, er glaubt, „freilich nicht mehr lang – Man täuscht sich so leicht, wenn man die Mädchen in Schablonen einteilen will“. Vom Casino Zögernitz fährt man zurück in die Stadt ins Arkadencafé, dann folgt noch „eine glühende, eine wahnsinnige Stunde um Mitternacht herum im Rathauspark … Eigentlich ein Kuss von elf bis zwölf – Minna an meiner anderen Seite – Es war rasend; es war einfach superlativisch … –“ (TB, 14. August 1883)


Das Casino Zögernitz in der Döblinger Hauptstraße. Schnitzler feiert hier mit Toni und Minna Faust am Sonntagnachmittag.

Da stört es auch nicht, dass die Nacht nur kurz ist: Bereits um vier Uhr muss Schnitzler wieder aufstehen, ein Marsch mit dem Regiment Mollinary auf den Gallitzinberg zu einem Manöver steht am Programm. Um ein Uhr Nachmittag ist er wieder zurück, am Abend trifft er im Volksgarten Fännchen, die eifersüchtig ist – sie hat ihn bereits mit den Faust-Schwestern gesehen, denen wieder der Dienstag gehört. Am 18. August feiert man im Prater zusammen das Kaiserfest, Schnitzler ärgert sich zunehmend über das „blöde Individuum“ Wilhelm Ostersetzer, der sich Minna gegenüber ungeschickt benimmt und offenbar auch nicht ihr Liebhaber ist; am Sonntag, es ist der Tag darauf, trennen er und Toni sich erstmals von Minna und Wilhelm – es bleibt bei „Worten, Blicken, Küssen“, Schnitzler fühlt sich dennoch „wohl und heiter“; am Sonntag darauf fährt er mit den Mädchen zu den Pferderennen in die Freudenau, am Abend trifft man sich mit Ostersetzer und Tausenau im „Schwarzen Adler“ in Döbling, auch Schnitzlers Bruder Julius ist mit von der Partie. Glaubt man dem Tagebuch, so trinkt er „ungefähr drei Flaschen Wein“ und ist „lustig – aber stets mit dem Bewusstsein beschränkter Zeitlichkeit“; anschließend fahren die Paare mit einem „rasenden Fiaker“ wieder zum Arkadencafé – „es war alles berauscht“, man trennt sich bald. (TB, 28. August 1883) Am Montag bleibt ihm neuerlich ein Marsch mit dem Regiment nicht erspart, diesmal in „tiefster Sonnenhitze“ nach Aspern ins Marchfeld, nach fünfstündiger Schlafpause sitzt Schnitzler mit den beiden Mädchen und Ostersetzer wieder im Arkadencafé. Zwei Tage später soupiert man zur Abwechslung in der Wohnung Wilhelms: „Ich spielte Klavier oben, mit geschlossenen Augen, mein Kopf lehnte an dem Busen Toni’s, ihre Lippen beugten sich zu den meinen herab … ich hätte mich berauschen können an Wein, Accorden und Küssen …“ (TB, 1. September 1883) Vom Begriff „superlativisch“ will Schnitzler inzwischen jedoch schon absehen, er weiß, dass seine Liebesbeteuerungen Toni gegenüber „halbbewusste Lügen“ sind. Im Tagebuch analysiert er am 4. September 1883 sein Verhältnis zu diesem Mädchen „ohne Bedeutung“: „Ich bin – ich weiss es ganz bestimmt – nicht verliebt in Toni, und dennoch, wenn ich mit ihr zu zweien so gehe, Arm in Arm – ich mach ihr da die zärtlichsten, die wärmsten, ganz seelenvoll innig Liebesgeständnisse und vollkommen ohne das Bewusstsein, dass ich eigentlich doch – lüge! –“

Für diese Lüge hat Schnitzler dann gleich eine Art Rechtfertigung parat – er sei ja, so sein gutbürgerlicher Standesdünkel, für „Höheres“ bestimmt, Toni könne daher nur „Episode“ sein und müsse auch so gesehen werden: „Wenn ich’s so recht tief überlege, verdien’ ich ja im Grund genommen auch ein anderes Wesen als dieses bei allen lieben, anmuthigen Seiten, die sich entwickelt, doch so gewöhnliche Mädchen wie Toni. Es wäre noch gut, wenn sich de facto alles episodisch erleben ließe, was im Entwicklungsleben eine Episodenrolle spielt – doch lebt man ja immerhin wie’s der Moment bestimmt, und läßt sich’s genügen.–“

Trotz dieser „Erkenntnis“ setzt Schnitzler die Beziehung mit Toni ungeniert fort, irgendwann in diesen Septembertagen 1883 wird sie seine Geliebte, das Tagebuch gibt jedoch diesbezüglich keine klare Auskunft. Er verbringt nun beinahe jeden Abend mit ihr und fühlt sich in ihrer Gesellschaft „geradezu wohl“, im Diarium versichert er sich selbst: „Ich denke nun wirklich gut von ihr – und schere mich der Teufel um all die Leute, die ja von ihrem Standpunkt recht haben mögen; früher wär’ ich selbst auf dem Standpunkt gestanden – und täusch ich mich – wird mir das Herz auch nicht brechen.“ (TB, 10. September 1883) – Schnitzler fasst zumindest den guten Vorsatz, auf das Gerede der Leute nichts zu geben – offenbar ist ihm zu Ohren gekommen, dass über Tonis „Vergangenheit“ ein Schatten liegen könnte. Wie er später in Jugend in Wien betont, konnten „physiologische Scheinbeweise“ diese Zweifel nicht ausräumen, Toni habe ihm eine „Jungfräulichkeits- oder Halbjungfräulichkeitskomödie vorgespielt“. In die „reizenden Stunden“ mit Toni mischen sich daher „oft auch unangenehme“ und Schnitzler verhehlt sich nicht, dass es sein „Naturell“ ist, das daran die Schuld trägt. Erstmals entfaltet die Neurose, an der er leidet, ihre schmerzhafte Kraft: „Ich habe nemlich zu meinem größten Leidwesen entdeckt, daß ich einen ganz enormen Fonds von Misstrauen besitze, ein Kapital, das seine Renten in Gestalt von Selbstquälerein und Quälerein andrer abwirft. Ich quäle sie und mich und meist ohne rechten Grund. Bei alldem lieb’ ich sie nicht. Und trotzdem wieder würde es mir jetzt eine geradezu colossale Ueberwindung kosten, von ihr zu lassen. Unwillkürlich kam ich auf den Gedanken: Was für Aufregungen hätt’ ich zu bestehn, wie viel litte gerade ich vor Eifersucht, wenn ich es mir wieder mal beifallen ließe, mich rasend zu verlieben –! Und doch kostet mich Toni mehr Zeit, mehr Gedanken, ja vielleicht mehr von dem besten Theil meines Gefühlslebens, als es dieses im Grunde genommen so unbedeutende Mädchen werth ist.“ (TB, 15. September 1883)

Toni Faust sieht die Beziehung wohl etwas anders. Möglicherweise gehen ihr die seltsamen Eifersuchtsanfälle ihres Liebhabers so auf die Nerven, dass sie beginnt, sich ihm zu versagen. In einer „ungemein aufgeregten Scene“ im Rathauspark am 16. September teilt sie ihm weinend mit, dass sie seinen Wünschen „nie und nimmermehr“ nachgeben könne, da ihr Vater gedroht hätte, seine Töchter zu verstoßen, wenn sie sich „je so weit“ vergessen sollten. Schnitzler ist konsterniert: „Und ich, in dessen Armen sie schon so innig lag – wie nur ein Mädchen in eines jungen Mannes Armen liegen kann, soll nun plötzlich den Gedanken fassen, dass unser Verhältnis sich nunmehr zu einem vollkommen platonischen gestalten soll. Und mich nun ganz von ihr loszusagen, hab ich nicht das Herz. Es war schier zum verzweifeln. –“ (TB, 17. September 1883) Mit dem Verzicht auf Sex, den Toni ahnungslos vorschlägt, verliert für Schnitzler die Beziehung ihren Sinn. Prompt verstärkt sich wieder die „schrecklich hypochondrische“ Stimmung, „von Tag zu Tag“ werden seine Nervosität und seine Depressionen größer und stärker: „Alles geht mir schief, aber rein alles. (…) Am liebsten wär’ mir fortzureisen – oder vielleicht einer liter. Arbeit mit Ruhe mich hingeben zu können.“ (TB, 17. September 1883)

Ende September geht sein Einjährig-Freiwilligenjahr im Garnisonsspital zu Ende und er wechselt mit dem Beginn des neuen Semesters wieder in die Poliklinik, die Schwerpunkte nun: Laryngoskopie, sowie „percutieren und auscultiren“. Gleichzeitig wächst die Kluft zwischen ihm und Toni: „Toni – Li – la – Es geht sonderbar zwischen uns, bereits seit einiger Zeit ziemlich gespannt … verstimmt – eben nichts ganzes, volles. –“ (TB, 3. Oktober 1883) Die Treffen mit ihr werden seltener, ein „nicht recht erquickliches“ Gespräch am 19. Oktober verdrängt schließlich die Zärtlichkeit der Sommertage und läutet den Abschied ein: „Sie sprach von Ziellosigkeit des Verhältnisses u. s. w. – Die alte Leyer! – Die alte Geschichte von unechter Liebe – von gewöhnlichen Frauenzimmern. Ein Glück nur, dass mich beides nie und nimmer überrascht. Ein Glück auch, dass mich so was herzlich wenig kränkt – ein Glück mit einem Wort, dass es mir auch nicht im Traum einfiel, wirklich verliebt zu sein.“ (TB, 27. Oktober 1883) Dennoch wurmt Schnitzler die Trennung und als er von Toni nach einer Woche noch immer keinen Brief bekommen, kein Wort des Bedauerns gehört, dafür aber ein „paar Kleinigkeiten“ erfahren hat, die darauf hinweisen, dass sie ihm tatsächlich eine Komödie vorgespielt hat, fasst er den Entschluss, ihr noch einmal so richtig seine Meinung zu sagen: „Ich werde sie jedenfalls noch einmal aufsuchen, um, wozu ich eine gewisse Lust, nicht vielleicht eine aus Verdrießlichkeit hervorgegangene, sondern sozusagen eine theoretische Lust habe, um ihr also in den gewähltesten Worten auseinanderzusetzen: Meine liebe gute Toni – … du bist nicht besser als neunundneunzig unter hundert, aber auch nicht schlechter – du bist mit einem Wort die Normalcanaille – et voilà tout!“ (TB, 27. Oktober 1883)

Schnitzler belässt es bei dem Vorsatz, erst ein halbes Jahr später, im März 1884, wird er Toni auf dem Schlesierkränzchen, einer der letzten Faschingsveranstaltungen, noch einmal begegnen – um drei Uhr morgens lässt er sich ihr zum Spaß vorstellen, sie hat inzwischen einen neuen Liebhaber, den Mediziner „Moriz H.“, einen Bekannten Schnitzlers. Auch Schwester Minna ist wieder mit dabei, man beschließt die Ballnacht mit einem gemeinsamen Kaffeehausbesuch, es ist „recht launig“. (TB, 12. März 1884) Schnitzler, der sich inzwischen intensiv der „schönen Braut“ Gisela Freistadt widmet, begegnet ihr am 27. März 1884 ein letztes Mal im Café des Ronacher. Er ist an diesem Abend in Gesellschaft von Jacques Pichler und Siegmund „Szigo“ Freistadt, dem Bruder Giselas. „Ich trank ihr von weitem zu, war sehr fidel.“ Als Toni zusammen mit Minna und zwei Begleitern das Kaffeehaus verlässt, folgt ihr Schnitzler mit seinen Freunden, er will sich an diesem Abend noch etwas amüsieren: „Die zwei Jünglinge begleiteten die Mädchen bis zum Hausthor und verschwanden in der dunklen Straße, kaum, dass das Thor sich schließen sollte. Ich aber eilte herzu, riss das Thor, das eben zufallen wollte, auf – und nun gings – wie vor alten Zeiten ins Café, dann in den Rathauspark, wo dann gar humoristische Dinge verabredet wurden. Ich war wahrhaftig wieder gut aufgelegt! –“ (TB, 28. März 1884) Die Verabredungen dieser Nacht halten jedoch nicht – Schnitzler wird Toni nie wieder sehen; wie er in Jugend in Wien feststellt, will er die „beiden Geschöpfe“ schon damals „auf gründlichem Bergabweg“ gesehen haben. Damit widerspricht er sich aber selbst, denn zumindest Minna gelingt es, wie er sich selbst überzeugen kann, eine gute Stellung zu finden: Einige Jahre später begegnet er ihr auf einer „kleinen Soirée in einem großen Damenmodengeschäft“, wo Tonis Schwester als „eine der ersten Mamsellen“ angestellt ist und „von der Hausfrau sehr hoch gehalten“ wird. Über ihre „einstige Bekanntschaft“ möchte Probiermamsell Minna allerdings den Mantel des Schweigens gebreitet wissen; über Toni schweigt sie – ebenfalls aus Scham? Das Schicksal ihrer Schwester bleibt in Dunkel gehüllt …


GISELA FREISTADT

Ende Oktober 1883 hat sich der Student Schnitzler „so leidlich hineingewöhnt in die Medizin“. Ja, in den ersten vierzehn Tagen des Semesters hat er sogar regelmäßig die Vorlesungen besucht, „allerdings nicht viel theoretisch studirt“. Er hat sich fest vorgenommen, nun damit zu beginnen, kämpft jedoch mit einer „höchst unangenehmen“ „hypochondrischen Stimmung“, die ihn manchmal überfällt, wenn er eines der Lehrbücher zu Hand nimmt. Immerhin: Manches an dem „gewaltigen Stoff“, so glaubt er, werde ihn doch interessieren, die Hypochondrie werde er sich „bei tieferer Beschäftigung“ abgewöhnen können.

Sein Mädchen, Toni Faust, hat er in der letzten Zeit „fast gar nicht gesehen“, schuld daran ist ein „nicht recht erquickliches Gespräch“, in dem sie ihm die „Ziellosigkeit des Verhältnisses“ und „unechte Liebe“ vorgeworfen hat – die „alte Leyer“ von „gewöhnlichen Frauenzimmern“ also. „Ein Glück nur“, dass ihn dies „nie und nimmer“ überraschen kann. Er ist in Toni nicht verliebt und wird sie verlassen, nur einmal will er sie noch aufsuchen und ihr so richtig seine Meinung in den bereits erwähnten Worten sagen: „Meine liebe gute Toni … du bist nicht besser als neunundneunzig unter hundert, aber auch nicht schlechter – du bist mit einem Wort die Normalcanaille – et voilà tout!“

Der Abschied von Toni fällt ihm umso leichter, als er ein „hübsches Judenmädel“, das mit seiner Familie „an der Grenze des Ghettos im wörtlichen und übertragenen Sinn zu Hause“ ist, im Auge hat. Zwar steht er noch „kaum auf dem Correspondenzfuss“ mit „Gisela F.“, doch das kann sich ja rasch ändern. (TB, 27. Oktober 1883)

Die „kleinbürgerlichen Eltern“ seiner reizenden neuen Bekanntschaft, Adolf und Cäcilie Freistadt, sind aus Pressburg nach Wien gekommen, ihre ältere Tochter Gisela ist 1864 in der slowakischungarischen Hauptstadt geboren. Gisela hat einen älteren Bruder, Siegmund, in der Familie „Szigo“ genannt, der Bankbeamter ist, mit einem „Hang zum Schuldenmachen und zu kleinen Betrügereien“, wie Schnitzler in Jugend in Wien erzählt. Giselas jüngere Schwester Melanie, in der Familie kurz „Mela“ gerufen, ist 1868 bereits in Wien geboren und in Schnitzlers Erinnerung „noch hübscher“ als sie. Vater Adolf Freistadt verdient sein Geld als „Frucht-Agent“, die Familie wohnt in der Oberen Donaustraße 45, aus der etwas despektierlich klingenden Sicht Schnitzlers „an der Grenze des Ghettos im wörtlichen und übertragenen Sinn“. (Jugend in Wien)

Am 4. November 1883 feiert Großvater Philipp Markbreiter sein fünfzigjähriges Doktorjubiläum, es ist ein „ziemlich ungetrübtes Fest“ und auch sein studierender Enkel ist guter Dinge, denn die Sache mit dem hübschen Mädel aus der Oberen Donaustraße geht voran: „Gisela F.s Lippen sind süss“, kann er im Tagebuch als ersten Erfolg vermerken. (10. November 1883)

Und dann hat er auch noch Glück, dass er sich nicht mit Syphilis ansteckt: Eben an diesem 10. November schleppt er zusammen mit seinem Freund Richard Tausenau eine Choristin vom Wiedner Theater ab, das heißt, die beiden jungen Männer begleiten die Sängerin in ihre Wohnung. Da sich die „junge Dame“ durchaus nicht spröde, sondern nur „unentschieden“ zeigt, „zipfeln“ die beiden Freunde um die Gunst der Schönen. Schnitzler gewinnt den Losentscheid, hat dann aber so richtig Glück: Da „sie uns vorher den Namen ihres Liebhabers genannt, eines ungarischen Advokaten, über dessen Gesundheitszustand ich durch die Indiskretion seines Arztes zufällig genau unterrichtet war, und ich außerdem, meinen Arm um ihren Nacken schlingend, eine meinem medizinischen Verständnis sehr verdächtige Drüse getastet hatte, verzichtete ich edelmütig auf den Preis“ – damit kommt Freund Richard zum Zug, der sich bereits angesteckt hat und dem „glücklichunglücklicherweise auf solchen Wegen keine Gefahr mehr“ droht. (Jugend in Wien)

Als ersten Ball im neuen Jahr 1884 besucht Schnitzler das Kränzchen des Kaufmännischen Gesangsvereins in den Sophiensälen. Auch Franziska „Fännchen“ Reich ist da und erklärt ihm ohne lange Umschweife, dass sie noch an ihm zugrunde gehen werde. Das Gespräch entwickelt sich „impertinent lebhaft“ und endet um drei Uhr morgens „unter süßen, heißen Küssen – ‚Wie ich mich gesehnt habe, dich wieder zu küssen‘, sagte sie.“ (TB, 19. Jänner 1884) Schnitzler ist inzwischen nicht entgangen, dass auch Gisela Freistadt das Kränzchen mit ihrer Gegenwart beehrt; es gelingt ihm, sie auf der Galerie eine „Zeit lang“ festzuhalten „und auch ihre Lippen küsst ich mit charakterloser Innigkeit“. Alles, so rechtfertigt er sich im Tagebuch, sei einfach „Leben“ und er habe sich „fürtrefflich“ unterhalten. Schon am Abend zuvor hat er mit einer „neu auftauchenden Schönen Rose (St.) ein Rendezvous gehabt – „ich träumte ein paar Küsse voraus auf ihre wahrlich ‚vielholden‘ Lippen“. (TB, 19. Jänner 1884), ein paar Tage später wird er mit dieser Rose, deren Familiennamen er verschweigt, eine „sehr sexuell angehauchte Stunde“ in einem einsamen Park verbringen (TB, 3. Februar 1884), dann wird ihm „dies hübsche wirklich naive Mädchen“ einen Brief schreiben, in dem es „sehr viel von großer Liebe und manches vom Heiraten spricht“ (TB, 18. April 1884) – für den bindungsscheuen Studiosus die falschen Töne, er wird Rose nicht wiedersehen.

„Ein wenig“ studiert Schnitzler in diesen Faschingstagen auch noch, doch jetzt zieht in das „Carnevalsleben“ (TB, 3. Februar 1884) ganz in seinen Bann. Beim Donau-Dampfschiffahrtskränzchen in den Sophiensälen am 31. Jänner trifft er wieder auf Gisela. Sie schaut „thatsächlich entzückend“ aus, er wechselt „verliebte Worte und Küsse“ mit ihr, doch viel mehr ist nicht möglich – Mutter und Bruder, die mitgekommen sind, haben ein wachsames Auge auf sie und Schnitzler wird den familiären Anhang seiner Schönheit die ganze Nacht nicht los: Im Morgengrauen führt er Gisela mit Mutter und Bruder in ein Café zum Frühstück, dann muss er die drei auch noch nach Hause in die Obere Donaustraße bringen – „es war impertinent!“, ärgert er sich im Tagebuch. (TB, 3. Februar 1884) Die lange Ballnacht in den Sophiensälen kann er jedoch durchaus als Erfolg verbuchen: Ein Wiedersehen hat es auch mit Charlotte Pflaumenbaum gegeben, mit der es im Spätherbst 1882 zur zärtlichen Annäherung gekommen war – es gelingt ihm, ein Rendezvous mit ihr zu vereinbaren. Wegen ihrer „Sprödigkeit“ hat Schnitzler sie damals stehen gelassen, nun hat ihm Charlotte, die fünf Jahre älter ist als er, offenbar verziehen und will einiges nachholen – doch Gisela hat Vorrang: Am 5. Februar 1884 hat Schnitzler ein Rendezvous mit ihr, Fräulein Freistadt hat eine Überraschung für ihn parat: Es „war dämmrig und der Quaipark ziemlich einsam und ihre Lippen süss – und sie sprach von einem ihr sehr widerwärtigen Leobner Weinhändler … zu Hause dränge man sie lebhaft, ihn zu heiraten –“. (TB, 21. Februar 1884) Wenige Tage später hält er die schriftliche Bestätigung in Händen: die Verlobungskarte Giselas, in der sie Ignaz Mayer aus Leoben als zukünftigen Gatten vorstellt; sie scheint also ihren Eltern bereits nachgegeben zu haben.

Schnitzler nimmt Giselas Verlobung nicht weiter tragisch, hat er doch keine Skrupel, das Unglück der jungen Braut auszunützen und mit dem Feuer zu spielen, ja, er scheint die Konstellation zu genießen. Am Faschingmontag, es ist der 25. Februar, ist er mit seinem Kumpel Jacques Pichler, diesem „guten, aber öden Kerl“, bei Familie Freistadt eingeladen, sie dürfen Gisela zur Verlobung gratulieren. Er hat einen Strauß Veilchen mitgebracht, überreicht sie Gisela: „,Die Blumen sind ja beinahe welk‘ sagte sie. – Verwelkt – gab ich affectirt romantisch zur Antwort – wie ihre Liebe zu mir. Sie flüsterte mir zu, dem sei durchaus nicht so …“

In diesem Frühjahr 1884, in dem es so stark nach „Lenz und Liebe“ duftet (TB, 12. März 1884) und Schnitzler sich mit der schwärmerischen Zuneigung Charlotte Heits konfrontiert sieht, bildet das „anmutige kleine Abenteuer“ (Jugend in Wien) mit Gisela den willkommenen erotischen Kontrapunkt. Da sie dem Leobner Weinhändler fest versprochen ist, finden die Eltern nichts dabei, dass er seine Besuche fortsetzt. Am Samstag, dem 27. März 1884, ist er zusammen mit Jacques Pichler wieder bei der Familie Freistadt zu Gast und natürlich gibt’s da für ihn kein Halten, seine Aufmerksamkeit gehört ganz der „schönen Braut Gisela“: „Der Zufall wollt’ es – oder war es nicht Zufall? Ich glaube fast! daß wir uns öfter als einmal in einsamen Zimmern fanden, wo es ganz rasend herging. Sie fiel mir um den Hals, wir küssten und umarmten uns, es war verteufelt göttlich! ‚Wenn ich meinen Bräutigam nur halb so lieb haben könnte wie Sie!‘, rief sie auf dem Spaziergang dann aus und noch manches andere …“


Ein Fixpunkt in Schnitzlers „Carnevalsleben“: die Sophiensäle in der Marxergasse. Gisela Freistadt küsst er hier mit „charakterloser Innigkeit“.

Tags darauf, es ist Sonntag, tauchen die beiden jungen Männer prompt wieder bei den Freistadts auf. Da diesmal auch viele andere Bekannte der Familie da sind, findet Arthur nur einmal Gelegenheit, Gisela „so recht ‚von Herzen‘“ abzuküssen. Mit ihrem Bruder Szigo und mit Jacques Pichler geht’s danach zum Ronacher, wo er Toni und ihre Schwester „Fanny“ (eigentlich Minna – Anm. J. S.) trifft – prompt ist Gisela für den Augenblick vergessen, es wird ein lustiger Abend mit den beiden Schwestern, der sie noch in den Rathauspark führt, wo „dann gar humoristische Dinge verabredet werden“. (TB, 28. März 1884)

Gemeinsam mit dem Brautpaar unternehmen Schnitzler und Jacques Pichler am Sonntag vor der Hochzeit einen nachmittäglichen Ausflug in den Prater, mit dabei ist auch Giselas Bruder Szigo. Schnitzler hat also Gelegenheit, ihren Bräutigam Ignaz Mayer, den Weinhändler aus Leoben, kennenzulernen. Sein Urteil über den 1858 im damals noch ungarischen Kobersdorf geborenen Kaufmann: „oede wie die Möglichkeit, langweilig und beschränkt, ohne den geringsten Ausdruck in jeglichem Sinne“, „in Aussehen und Gehaben ganz der kleine jüdische Geschäftsmann aus der Provinz“ (Jugend in Wien). Und Ignaz Mayer merkt offenbar nicht, dass seine „temperamentvolle jugendfrische blühende Braut“, die er so stolz am Arm führt, die Nähe des jungen Medizinstudenten besonders intensiv sucht. Auf ihrer anderen Seite gehend, hält dieser seine Hand „unmerklich in der ihren, die Finger fest ineinander schlingend … Liebesworte einander zuflüsternd.“ Den Abend verbringen die jungen Leute im Café Kugel, man spielt Billard und unterhält sich bestens. Als Arthur und Gisela für einen Moment lang auf der Stiege zwischen erstem Stock und Parterre allein sind, nützen sie die Gelegenheit zu Zärtlichkeiten: „In einem langen Kusse vergaßen wir die Welt … und ihren Bräutigam, der bald nachgetrollt kam …“ (TB, 18. April 1884) Wie Schnitzler in Jugend in Wien andeutet, sind es nur „Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit“ und nicht „Skrupel der Vorsicht oder des Gewissens“, die ihn daran hindern, das Abenteuer mit Gisela zum „schicksalsgebotenen Ende“ zu führen.

Die Hochzeit von Gisela Freistadt mit Ignaz Mayer findet am 22. April 1884 statt; schon am Abend zuvor ist Schnitzler bei der Familie, er erlebt Gisela „unendlich aufgeregt, zitternd, fast weinend“, gibt ihr „einen soi disant Abschiedskuss“. Schnitzler ist Zeuge, als Gisela die Ringe mit ihrem Bräutigam tauscht, dem „öden, beschränkten Kerl“, wie er nicht ohne Eifersucht einen Tag später im Tagebuch notiert. Die Hochzeitsfeier am Abend wird nach orthodoxem jüdischem Brauch abgehalten und hätte, wie Schnitzler am nächsten Tag im Tagebuch vermerkt, „wohl Stimmung gehabt, wenn alles danach gewesen wäre“. Gisela verspricht, Schnitzler Briefe zu schreiben und – „auch mehr und bessres (sic!) als Briefe –“. Es folgt der Abschied: „Es war schließlich beinahe rührend, als sie mit ihrem Mann wegging. Da erst, im Gange, begann sie herzbrechend zu weinen – am Hals ihrer reizenden Schwester Mela, welche sozusagen den Abend immer mehr aufknospte.“ Selbst Schnitzler, bis jetzt als zynischer Faun agierend, kann da nicht ganz gleichgültig bleiben: „Als das junge Ehepaar verschwand – ich muss es gestehen, wurd’ ich – zornig – stampfte auf den Boden – setzte mich endlich in ein leeres Zimmer ganz in die Ecke, die Hand vor den Augen – Mela, die dazugekommen war, unter Tränen lächelnd, reichte mir die ihre.“ (TB, 23. April 1884)

Wenige Tage nach der Hochzeit Giselas erhält Schnitzler einen „sonderbaren“ Brief von ihrer Mutter Cäcilie: Sie bittet ihn, „wegen des Geredes“ nicht mehr zu ihnen zu kommen – offenbar hat sie, wie er meint, Angst, dass er ihrer Tochter Mela, sie ist eben sechzehn, gefährlich werden könnte. Schnitzler respektiert diese Bitte und bricht den Kontakt zur Familie Freistadt ab; Gisela lebt mit ihrem Mann in Leoben und wird in rascher Folge Mutter von drei Kindern: Elsa, Arthur und Walther. Ihren charmanten jungen Kavalier aus Wien hat sie jedoch nicht vergessen und so beschließt sie im Herbst 1888, wieder mit Schnitzler in Kontakt zu treten. Sie schreibt ihm zunächst anonym, dann „entdeckt“ sie sich ihm – am 4. Oktober 1888, Schnitzler lebt inzwischen mit Jeanette Heeger zusammen und ist eben aus England zurückgekehrt, gibt es ein Wiedersehen; am 9. Oktober besuchen sie gemeinsam Schwester Mela, die inzwischen mit einem gewissen Ludwig Soudek verheiratet ist. Gisela, so bemerkt Schnitzler nach einigen Treffen im Kaffeehaus, ist offenbar bereit, ihr Versprechen vom Hochzeitstag „treulich einzulösen“ (Jugend in Wien), sie erklärt ihm, dass sie ihn liebe, und taucht dann unter dem Vorwand, dass sie Halsschmerzen habe, auch bei ihm in der Ordination auf, turbulent gestaltet sich offenbar ihr Besuch vom 28. November: Drei Punkte und ein Rufzeichen im Tagebuch deuten darauf hin, dass sich einiges ereignete – was Schnitzler in seinem Eintrag vom 10. Dezember 1888 dann auch bestätigt: „In der letzten Zeit; sie ein paar Mal bei mir, in der ‚Ordin.‘. Häufig schrieb sie mir, dass sie mich nie wieder sehen wolle, besonders das letzte Mal, wo sie fast schon mein ward – und ich hab ihr nicht geantwortet, und sie läßt sich nicht mehr sehen.“ Doch Gisela Mayer überlegt es sich noch einmal – am 20. Dezember ist sie wieder bei ihm in der Ordination; im neuen Jahr setzt sie ihre Besuche fort, muss aber bald erkennen, dass sie Schnitzler inzwischen gleichgültig geworden ist. In Jugend in Wien wird er dies aus der Retrospektive so begründen: „Doch hatte sie längst aufgehört, mir zu gefallen. Ihre langweilig-banale, keineswegs jargonfreie Sprechweise tat ein übriges, mich abzukühlen, und ich zog mich in mein Ärztetum zurück mit so völligem Gelingen, daß sie ihre Besuche bald gänzlich wieder einstellte.“ Was Schnitzler in seiner Autobiografie, die einen deutlichen Hang zur Distanzierung von den „kleinbürgerlichen“ jüdischen Kreisen zeigt, verschweigt: Der letzte Besuch Giselas bei ihm in der Ordination am 28. März 1889 endet offenbar mit einem grellen Misston. Im Tagebuch notiert er: „Gisela M. war mir zu langweilig und hatte Fehler in der Toilette, die mich disgustirten. Ich war brutal mit ihr und kümmerte mich nicht weiter.“ Was immer der Toilettefehler war und was man sich unter „brutal“ vorstellen mag – Frau Gisela Mayer ist offenbar von diesem rüden Verhalten ihres ehemals so zärtlichen Galans schwer getroffen und zieht nun tatsächlich einen Schlussstrich. Knapp vier Jahre später, im Jänner 1893, erhält Schnitzler doch wieder einen Brief von ihr, diesmal bereits sehr förmlich und distanziert:

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Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
336 стр. 78 иллюстраций
ISBN:
9783990403884
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