Читать книгу: «Wie ich meinem Großvater die Angst vor dem Sterben nahm», страница 2

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Chapter №2 ∞ Die Fahrt zum Acer Creek

„Ach wie ich es liebe, mit meiner alten Mercedes-Maschine zu fahren. Was glaubst du Bubi, wie alt mein Flitzer wohl sein mag?“ Ich wusste nicht so recht, konnte schlecht das Alter des Wagens abschätzen, also antwortete ich: „So wie der Motor röhrt, könnte es schon 20 Jahre alt sein oder?“ Grandpa lachte. „Er ist so alt wie du, ich habe mir es ein paar Tage nach deiner Geburt gekauft.“ „Mal schauen, wer länger lebt, das Auto oder ich.“ erwiderte ich mit einem zwinkernden Auge. Im Affekt dachte ich mir, dass Autos aber nur materielle Dinge seien, welche ja nicht mit einem Leben eines Menschen gleichzusetzen sind und entschuldigte mich bei Alph für meine Aussage. Dieser schaute mich verwundert an und sagte, er habe den Spaß schon verstanden. Beths Vater, also mein Urgroßvater, der Richard hieß, sagte ihm immer, dass das wichtigste im Leben der Spaß und der Humor sei. „Glücklich ist, wer nie verlor, im Kampf des Lebens, den Humor.“ Grandpa zitierte Richards Worte und fragte mich: „Bubi, verstehst du das? Verstehst du, was im Leben wichtig ist?“ Ich wollte antworten, doch er sprach weiter: „Alles Geld der Welt, große Macht oder hohes Ansehen bringt dir auf lange Sicht nichts. Die ganzen schlauen Politiker, Weltstars oder Millionäre werden genauso einmal von hier gehen müssen, wie wir zwei auch und wie es deine Grandma schon tat.“ Es herrschte kurze Stille. Er setzte seine Assoziationen fort: „Du musst Spaß haben, wann immer sich die Möglichkeit erübrigt. Die schweren Momente im Leben gehen genauso vorüber, wie die leichten auch. Genieße sie alle.“

Ich lachte gerade heraus, nicht verspottend oder böse gemeint, sondern vor Freude und Zustimmung. Ich ergänzte Alphs Argumente: „Und weißt du, was das aller allerwichtigste ist, bei der ganzen Geschichte? Jeder Mensch kommt mit nichts auf diese Welt und jeder Mensch geht mit nichts von dieser Welt. Vor Gott sind wir alle gleich, habe ich Recht Grandpa?“ Grandpa nickte, tätschelte mir auf die Schulter und sagte: „Ja wahrhaftig, du hast Recht, du bist ein ganz besonderer, wundervoller Junge, ich habe dich lieb.“ Ich klopfte Alph auf den Schenkel, und sagte ihm, dass ich ihn auch liebhabe. Wir fuhren schon etwa zehn Minuten auf dem Highway, es begann ein wenig zu nieseln und man konnte parallel zum Verlauf der Road die fünf Acer Falls beobachten. Wie sie ins Wasser schlugen, mit einer Gewalt und einem Aufprall, aber sich dann im weiteren Verlauf des Flusses beruhigten, eine wahre Naturschönheit. Überall waren Menschen zu sehen, junge und alte, die sich zum Barbecue versammelten oder eine Party feierten, Familien mit Kindern, die zelteten oder Park Ranger, die sich um das Naturschutzgebiet der Acer Falls kümmerten. Vor allem nachts zog es viele Menschen an die Wasserfälle, denn diese hatten etwas Idyllisches, etwas ganz einzigartiges. Die Wasserfälle waren wenig beleuchtet, viele brachten Taschenlampen mit. An der einen oder anderen Stelle hing auch eine Lichterkette, doch das galt eher als eine Seltenheit. Nichtsdestotrotz ein perfekter Ort, um in sich zu kehren, sich selbst zu finden, die Stille zu genießen oder eben ein Buch voller Erinnerungen aufzuschlagen. Ich kannte die fünf Acer Falls in und auswendig, ich war während meiner High-School Zeit auf vielen Partys nahe der Wasserfälle und des Red-Lake Manor ist nun mal auch nicht allzu weit von den Acer Falls entfernt. Doch ich konnte mir nicht vorstellen, dass es einen sechsten Wasserfall gäbe, den nur sehr wenige kannten, mein Grandpa inbegriffen. Ich war sehr gespannt und lächelte Alph oft an. Ich schaute total begeistert aus dem Fenster, all die tollen Sterne am Nachthimmel leuchten nur für uns beide. Wir würden gleich über die Acer Falls Bridge fahren, unter der alle fünf Acer Falls Flussläufe in einander münden und zu einem großen Fluss zusammenschmelzen, der dann in den großen Lake Michigan mündet. Die Sicht war schlecht, es regnete immer stärker, etwa eine Viertel Meile vor uns schlug ein riesiger Blitz ein und das Wasser spritzte vor der Brücke nach oben. Auf einmal legte Alph eine Vollbremsung hin. Ich erschrak und der Sicherheitsgurt seines Mercedes presste sich gegen meine Brust. Mein Herz klopfte, was ist passiert? Viele Gedanken flogen mir durch den Kopf. War etwa ein Hirsch oder ein Reh über die Road gelaufen und Grandpa musste gezwungenermaßen bremsen? Die Zeit dehnte sich, mir kam auf einmal alles in Zeitlupe vor. Ich sah Alph an. Er hatte seine Augen und seinen Mund sperrangelweit geöffnet und schaute abwechselnd aus der Windschutzscheibe und auf mich. Als ich mit meinen Gedanken wieder zurück in der Realität, im Mercedes vor der Acer Falls Bridge war, fragte ich: „Aaalph, Grandpa… was, was ist los? Was ist passiert? Warum hast du eine Vollbremsung gemacht?“ Er sagte nichts und zeigte nur aus dem Fenster heraus auf die Brücke. Seine Hand zitterte sehr und seine Stimme stotterte: „Daa, ddddaa, siehst du das?“ Ich war schockiert und konnte es nicht fassen. Auf der Brücke stand eine junge Frau und es sah schwer danach aus, als hatte sie die Intention, herunter zu springen. Ich schaute Grandpa fragen an: „Was machen wir jetzt? Die Frau will springen. Und das bei diesem Unwetter.“ Alph sagte: Bleib du hinter mir, ich werde mit ihr reden. Es ist noch nichts verloren, wir könnten ein Menschenleben retten.“ Ich war damit einverstanden und folgte ihm sehr behutsam. Als wir aus dem Auto ausstiegen, von der Traufe in den Regen und zur Leitplanke der Brücke liefen, schrie die junge Frau: „Bleiben Sie weg! Wenn Sie näherkommen, dann… dann spring ich… dann ist alles vorbei.“ Grandpa sagte aus dem Affekt zur Frau: „Okay wir bleiben stehen, aber hören Sie mir wenigstens zu!

Mein Name ist Alphonsus, Sie dürfen aber auch gerne Alph zu mir sagen und ich komme vom Red-Lake Manor, etwa zehn Meilen von hier entfernt. Das hinter mir ist mein Enkel. Wie ist Ihr Name?“ Die Frau schaute meinen Grandpa verwundert an und antwortete mit zitternder Stimme: „Ich… Ich heiße Elisabeth, kommen Sie mir nicht zu nahe!“ Grandpa rief ganz laut: „Elisabeth… Beth so hieß auch meine Frau, nur sie ist leider Anfang dieses Jahres verstorben. Warum stehen Sie auf der Brücke bei diesem Unwetter, warum wollen Sie springen?“ Die Frau sagte nichts. Alph ergänzte: „Bitte reden Sie mit mir, ich verstehe Sie und will ihnen helfen!“ Elisabeth zog ihren Mantel aus: „Sehen Sie das? Ich bin schwanger, aber ich bin zu jung für ein Kind. Meine Eltern lehnen mich ab. Ich sehe keinen Sinn mehr, das Leben fortzusetzen.“ Jetzt beobachtete ich, wie Grandpa eine Gesprächshaltung annahm, welche wir in Psychologie bei meinem Lieblingslehrer Mister Hague kennenlernten. Nur wusste ich nicht, woher er diese erlernt hatte, aber das wollte ich noch herausfinden. Er bemühte sich um das Aktive Zuhören und das tiefgehende Verstehenden des Problemträgers. Alph fragte: „Sie sind schwanger und können die Last mit der Geburt und Erziehung des Kindes nicht tragen, Sie fühlen sich überfordert und ihre Eltern geben Ihnen keinen Rückhalt?“ Die Frau nickte, ihre Angespanntheit über den ganzen Körper nahm ab und sie senkte ihre Bereitschaft zum Springen. „Ja ich weiß einfach nicht mehr weiter, niemand kann mir helfen, ich bin nutzlos.“ Grandpa agierte schnell und erwiderte: „Sie sehen also keinen anderen Ausweg, als den Tod, weil Sie sich hilflos, verloren und unbedeutend finden. Aber Sie haben doch noch ein ungeborenes Kind? Dieses wird niemals die Pracht unserer schönen Welt, unserer tollen Gegend hier in Acer Falls kennenlernen. Kinder sind unsere Zukunft und nur durch sie können wir uns zu besseren Menschen machen und von ihnen lernen. Ich möchte nicht, dass ein Mensch sein Leben so einfach wegwirft und obendrein noch einem anderen Lebewesen das Leben nimmt, bevor es überhaupt geboren wird. Vertrauen Sie mir, ich helfe Ihnen. Kommen Sie jetzt erst mal da weg, bitte! Da muss es doch ganz schön kalt und windig sein.“ Die Frau setzte den ersten Fuß auf den Boden, zog ihren Oberkörper über die Leitplanke und stand mit beiden Füßen wieder auf der inneren Seite der Brücke. Alph sagte, er bleibe wie ausgemacht auf seiner Position stehen und bat Elisabeth langsam zu ihm rüber zu kommen. Sie vertraute ihm, lief langsamen Schrittes und ganz ängstlich auf ihn zu. „Haben Sie vielleicht eine Decke? Ich friere und ich bin komplett durchnässt und ich will nicht, dass mein Kind auch friert.“ Ich war fasziniert, es schien so verblüffend, wie Grandpa die Frau umstimmte, nur, weil er einerseits ihre Sichtweise in eigenen Worten wiederholte, jedoch auch andererseits die Gefühlswahrnehmungen frei und offen interpretierte. Die Frau bedankte sich bei uns. Sie sagte zu mir, ich habe einen großartigen Grandpa und daraufhin bat sie Alph einen Krankenwagen zu rufen. Dies tat er sofort, er rannte zu seinem Auto und zog sein Mobiltelefon heraus, welches er so gut wie nie benutzt, aber immer bei sich trug. Hastig schaltete er es an: „Ahhhh der Akkumulator ist noch vollgeladen!“ Er freut sich und wählte 911 und erklärte uns nebenher, warum der Notruf der Vereinigten Staaten 911 ist. Psalm 91,1 besagt, dass der Mensch unter Gottes Schutz steht und unter dem Schatten des Allmächtigen kein Leid zu verspüren braucht. In meinen 13 Jahren Schullaufbahn hatte ich solch eine Erklärung noch nie gehört, jedoch klang diese sehr plausibel und ich strahlte über das ganze Gesicht und mir wurde innerlich sehr warm bei dem Gefühl daran, dass wir zwei Menschenleben gerettet haben. Ich öffnete den Kofferraum, um mich hineinzusetzen, Elisabeth platzierte sich neben mich. Ich zog mir auch eine Decke über, denn auch ich war sehr durchnässt. Sie zitterte von Kopf bis Fuß und ihr liefen Tränen an den Wangen herunter. Ich streckte meine Arme in ihre Richtung aus, „ddd… darf ich?“ Sie nickte mit einem Lächeln und ich nahm sie in den Arm. Sie machte sich schwere Vorwürfe:

„Ich… Ich hätte mein Kind umgebracht, nein! Nein! Das Leben ist schön, ich schaffe das.“ Ich fand es beeindruckend, wie schnell sie ihre Meinung geändert hatte, jedoch war ich mir sicher, dass der Suizidversuch nicht geplant war, sondern eher aus dem Affekt entstand. Ich machte mir darum nun keine Gedanken mehr, sondern war froh, dass die Frau sich dafür entschieden hatte, weiterzuleben und ihrem Kind nicht den Zugang zu unserer schönen Welt verweigerte. Der Krankenwagen kam in Windeseile, die Sanitäter waren sehr behutsam mit der Frau, fragten sie, wie sie heiße, wo sie herkomme und was passiert war. Sie erkannten, dass Elisabeth unter Schock stand und nahmen sie mit großer Vorsicht mit zum Krankenwagen. Mit Blau-Rotlicht und lauter Sirene fuhren sie davon. Grandpa kam zu mir rüber: „Da reden wir schon den ganzen Tag über den Tod und dann begegnen wir ihm auch noch, aber wir haben ihn wieder weggescheucht. Das haben wir gut gemacht!“ Ich sagte nur, dass Grandpa das alleine war, dass er allein der Lebensretter war aber er erwiderte darauf nur: „Nein! Du hast mir Rückhalt gegeben, deine Anwesenheit und das Wissen, dass du keine Angst vor dem Tod hast, haben mich bestärkt, der Frau zu helfen.“ Ich war sehr stolz auf uns, auf meinen Grandpa und auf mich, dass ich ihn dadurch gestärkt habe. Wir stiegen ins Auto ein, schnallten uns an und holten beide tief Luft. Ich klärte Alph auf, was für eine Gesprächshaltung er während der Situation auf der Brücke einnahm und, dass wir diese in Psychologie besprochen hatten. Dieser Theorie zufolge versetzt man sich in den anderen hinein, man versucht ihn tiefgehend zu verstehen, man stellt Fragen, welche das Thema ausweitend betreffen und meldet dem Gesprächspartner in eigenen Worten das Verstandene mit. Dadurch entwickelt man in kürzester Zeit Vertrauen zum Gegenüber, denn dieser fühlt sich akzeptiert und enorm wertgeschätzt. Grandpa wusste nicht, wie ihm geschah, er wirkte leicht überfordert und antwortete einfach nur: „Ich wusste nicht, dass das einer psychologischen Theorie entspricht. Ich bemühe mich immer stets darum, den anderen detailliert zu verstehen, um Missverständnisse oder ähnliches vermeiden zu können.“ „Ja! Ja, genau das ist es! So funktioniert die Umsetzung der Theorie in der Praxis. Und du hast es geschafft, du hast ein Wunder vollbracht, du hast einem Menschen, ja gar zwei Menschen das Leben gerettet.“ Ich sagte bewusst „zwei Menschen“, da ich der Meinung bin, dass jedes Lebewesen ab dem Punkt der Befruchtung als Mensch zu behandeln ist. Dass die Würde eines jeden Menschen unantastbar sei und, dass man einem anderen Menschen nicht das Leben nehmen solle, das sind wichtige Grundsätze meiner religiösen Überzeugung. Ich schaute Alph an, wollte ihm nonverbal damit preisgeben, dass wir weiterfahren können. Er nickte mit einem Lächeln im Gesicht, schluckte noch eine Avastin-Tablette und dann fuhren wir auch schon weiter. Es war mittlerweile 10 pm, zehn Uhr abends und wir hatten es nicht mehr weit bis Palemo Forest. Zwei Meilen bis zum Palemo Forest Camping Platz stand auf dem Schild. Doch kurz nach dem Schild bogen wir vom 81. Highway auf eine Raststätte ab. Henry’s Gas Station hieß es auf einem kleinen, schlecht beleuchteten Schild über dem Gebäude. Die Glühbirnen der Beleuchtung waren teils gesprungen, teils fehlten sie. Das Licht oberhalb des Eingangs flimmerte beängstigend. Grandpa sagte: „Ich werde nochmal tanken und den Luftdruck an den Reifen kontrollieren, wenn wir heute Nacht heimfahren werden, haben alle Tankstellen geschlossen. Geh bitte rein, bezahle die Tankrechnung und bringe mir bitte eine Packung Nikotinkaugummi und eine Stange „MAPLEWOOD-RED“ mit.“ Ich wunderte mich, Alph hatte das Rauchen doch schon vor über einem Jahr eingestellt. Ich fragte etwas zögernd: „Zii…Zigaretten? Ich dachte… du rauchest nicht mehr. Und warum Nikotinkaugummi?“ Grandpa sagte im ersten Moment nichts, dann erwiderte er: „Tu ich auch nicht, deswegen auch die Nikotinkaugummis, aber bitte sei so gut und bringe mir eine Stange mit.“ Ich verstand meinen Grandpa nicht, jedoch tat ich worum er mich bat. Der Verkäufer in der Tankstelle war Henry persönlich. Er war nicht gerade gut gelaunt, naja das wäre ich auch nicht, wenn ich sonntagnachts arbeiten müsste. Ich gab meine Bestellung auf und bezahlte alles. Ich verlies die Tankstelle mit einer Tasche voll Zigaretten, welche ich an die Krücken gebunden hatte und Henry rief nur: „Schönen Abend noch.“ hinterher. Ich erwiderte dies und lächelte ihn an. Er lächelte zurück, obwohl er Momente vorher sehr verärgert wirkte. Ich denke ich kann Menschen beruhigen und bemühe mich immer, sehr nett zu sein. Mom sagte das auch immer zu mir, ich habe so eine gewisse ruhige Ader und ich kann begeistern. Ich stieg in den Mercedes ein und Alph bat mich, die Stange Zigaretten im Rucksack zu verstauen. Wir schauten uns an, nickten gleichzeitig und fuhren weiter. Zurück auf dem 81. Highway waren es noch gute zwei Meilen zum Acer Creek. Die Wegstrecke verging wie im Flug und wir bogen links in einen Waldweg ab. Es war die Einfahrt zum Camping Platz. Links in der Einfahrt entdeckte ich einen kleinen Trampelpfad. Auf einem Wegweiser stand „Palemo Forest Camping Platz – 0,5 Meilen“. Der Weg zum Camping Platz ging aber geradeaus weiter und war kaum beleuchtet. Grandpa schaltete das Fernlicht an, um besser zu sehen. Keine Menschenseele weit und breit, alles dunkel, nur ein paar Rehkitze sprangen über den Weg vor uns. Wir konnten sie gut erkennen, da ihre Augen im Fernlicht reflektierten und Alph langsam fuhr. Parallel zu diesem Trampelpfad verlief eine Eisenbahnschiene, diese zweigte jedoch kurz vor dem Parkplatz, welcher sich hinter einer Lichtung versteckte, nach rechts ab. Opa erklärte mir, dass hier früher viele Güterzüge fuhren und, dass dies eine der ersten Eisenbahnlinien hier in Acer Falls sei. Natürlich habe man die Schienen schon einmal restauriert, jedoch war dies früher der Haupttransportweg um das County herum. Das klang schon sehr spannend! Wir stellten den Mercedes auf dem gekennzeichneten Parkplatz, welche für Camper des Palemo Forest Camping Platzes vorgesehen waren, ab und stiegen aus dem Auto aus. Grandpa schnappte sich noch die Tabletten und das Bild vom Armaturenbrett herunter, verstaute die Tabletten im Rucksack und steckte das alte Foto in seine linke Hosentasche. Vom Regen, der uns vorhin so abrupt auf der Acer Falls Bridge überrascht hatte, war keine Spur zu sehen, er war weg. Gott sei Dank! Doch es roch nach frischem Regen, wie ich diesen Geruch so liebe. Dieser hat etwas Eigenes, etwas ganz Spezielles, für viele Selbstverständlichkeit, doch ich nehme diese Wunder der Natur ganz anders und bewusster wahr. Ich genieße den Duft wahrhaftig sehr.

„Bubi, hast du auch alles, was du brauchst?“, fragte Grandpa ganz aufgeregt. Ich langte mir an die Hosentaschen, links der Geldbeutel, rechts das Mobiltelefon und am Gürtel befestigt eine Taschenlampe. Auf dem Rücken trug ich einen Rucksack mit Alphs alter Acer Falls County Karte von 1967, den sechs Flaschen „Autumn 4.9“, einem Seil und ein paar Notfallkarabinern, einer kleinen Polaroid-Kamera und dem allerwichtigsten aller Utensilien, dem Memories-Buch. Aber auch die „Maplewood-Zigaretten hatte ich dort verstaut, so wie es Alph wollte. Ich antwortete: „Ja hab alles und wie steht’s bei dir?“ Grandpa sagte nur: Ich habe dich, also habe ich alles.“ Er schmunzelte dabei über das ganze Gesicht. Diese Worte empfing ich als sehr wohltuend und musste daraufhin auch herzlichst lachen. Wir packten die Karte aus und leuchteten diese mit der Taschenlampe an. Der Weg war selbst eingezeichnet, ging aber an allen offiziell erlaubten Wegen vorbei, es war ein geheimer, individueller Weg zum Acer Creek. Grandpa zeigte mir wo wir sind und wo wir hinmüssen. Wir machten uns, so schnell es auch nur mit meinen Gehhilfen ging, auf den Weg. Die Beschaffenheit des Bodens war nicht die beste, auf den offiziellen Wegen teils Rollsplit, und ab dem geheimen selbsteingezeichneten Weg nur noch Rindenmulch oder Waldboden. Wir sahen ein paar Hirsche, die frisches Regenwasser von den Blättern wegsaugten. Wir kamen an eine Lichtung und ich hörte einen Bach rauschen. „Hörst du das? Wir müssen jetzt dem Bach folgen, dieser ist ein Zulauf zum Acer Creek, der Bauchlauf der aus dem kleinsten der sechs Acer Falls entsteht. Es war dunkel, aber die Taschenlampe wies uns den Weg. „Und wenn ich auch wanderte, im finsteren Tal…“ – Psalm 23. Alph lief voraus und hob ein paar Äste zur Seite, die uns im Wege standen. Er sagte zu mir, ich solle seine Hand nehmen und die Augen schließen. Ich nahm die eine Krücke in meine andere Hand und gab Alph die freie Hand, ich vertraue ihm zu 100%. Ich stolperte über ein paar Baumwurzeln, doch mein lieber Grandpa half mir wieder auf, meinem Knie ging es bis jetzt echt erstaunlich gut. Daraufhin hörte ich, wie Grandpa wieder ein paar Äste auf Augenhöhe beiseite hob, sodass wir daran passieren konnten. Dann drückte er meine Hand ganz feste zu. Ich war etwas skeptisch, wusste nicht, was passierte doch er klärte mich im nächsten Moment auf: „Also Bubi, du zählst jetzt bis drei und dann holst du tief Luft und öffnest deine Augen. Ich tat wie mir empfohlen wurde und zählte leise „eeeeins, zweeeeei, drei,“ holte tief Luft und öffnete meine Augen. Es war wie im Paradies. So wundervoll und doch so unscheinbar zugleich. Der sechste der Acer Falls, ein sehr kleiner Wasserfall, rieselte so sanft und leise in einen kleinen See an einer Lichtung im Palemo Forest herunter. Der See war nicht größer als unser Red-Lake zu Hause. Aus ihm entsprang der Acer Creek Bachlauf, der am Pavillon in Richtung Wald weiterfloss. Man hört das Geplätscher kaum, es war so beruhigend. Um den See herum waren Holzpfähle aufgestellt, fünf Stück insgesamt. An ihnen war eine kleine Lichterkette befestigt, sie war aus. An der rechten Seite des Sees war eine Feuerstelle zu erkennen, welche aus einfachen Steinen gebaut wurde. Hinter der Feuerstelle befand sich ein kleiner, weißer Pavillon mit etwas verdreckten Glasfenstern und Glastüren. Wir liefen über den kleinen Bachzulauf, der uns den Weg zum Acer Creek gezeigt hatte, hin zu dem See. Grandpa blieb stehen und genoss den Anblick, ich schloss mich ihm an. „Hach, wie schön das hier ist, das hätte ich mir niemals träumen können.“, meinte ich zu meinem Grandpa. Dieser antwortete: „Haha, das glaube ich dir sofort. Ich habe dir nicht zu viel versprochen, einfach so wunderprächtig hier.“ „Au ja“, erwiderte ich und lief mit den Gehhilfen rüber zum Pavillon. Die Tür war zwar verschlossen, jedoch sehr morsch. Ich rüttelte dreimal an der Klinke und das Schloss brach heraus. Die Tür war nun passierbar, naja Einbrecher sind wir ja keine, wir wollen ja nichts klauen, sondern nur dort drinnen unsere Zeit ein wenig verbringen. Rechts neben der Türe entdeckte ich einen kleinen Sicherungskasten. Ich musste lachen, weil wir auf dem Dachboden ja auch heute schon mal die Sicherungen reinmachen mussten und rief: „Hier ist auch wieder so ein alter Sicherungskasten.“ Grandpa lachte und antwortete: „Na Heimatland, das kann ja was werden. Lass es uns wagen! Also, ich glaube du musst zuerst den Hauptschalter anmachen, dann die zwei kleinen Schalter wo drüber steht P und LS. P für Pavillon und LS für Lichterkette am See.“ Ich dachte mir, dass sich Opa hier aber gut auskennt und machte alle Sicherungen rein, in der Hoffnung, dass diese auch drinnen blieben. Zuerst den Hauptschalter dann die beiden kleinen Schalter. Es funktionierte und ich war total begeistert. Die Lichterkette ging nach und nach an, manche Glühbirnen funktionierten nicht, also war die Lichtung nicht gut beleuchtet, das machte es aber umso idyllischer. Eine kleine, weiße Glühbirne beleuchtete den Pavillon von innen. Im Pavillon befanden sich eine kleine weiße Bank, ein runder Tisch, ein kleiner Steinkamin aus roten Backsteinen und ein paar alte Möbelstücke, man konnte den Staub von den Möbeln wegpusten – ich war mir sicher, hier war schon lange niemand mehr gewesen. Ich stellte den Rucksack auf der Bank im Pavillon ab und breitete das Buch, die Karte und die sechs Flaschen „Autumn 4.9“ auf dem runden Tisch unter der Glühbirne aus. Grandpa stand draußen am See, kam nach kurzer Zeit dann zu mir in den Pavillon rein. Mich beschäftigte die ganze Zeit der Aspekt, dass Alph sich eine Stange Maplewood-Zigaretten mitgenommen hatte. Ich traute mich aber nicht, ihn zu fragen, ich wollte nicht unhöflich sein. Später sollte ich es erfahren.

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9783742727947
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