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Mit Grusel dachte Storm an das Essen mit Zayas Familie zurück.

„Willkommen, Fräulein Sturm“, hatte Zayas Mutter sie an der Tür begrüßt. Man hatte sie anscheinend nicht ausreichend darüber informiert, dass Storm deutlich älter war und keineswegs wie ein Fräulein aussah. Ihr Anblick hatte Zayas Mutter dann wohl so verschreckt, dass ihr auf die Schnelle keine angemessenere Begrüssungsformel eingefallen war.

Die Kinder von Zayas Schwester, die zur Tür gelaufen kamen, drehten auf der Stelle um und verkrochen sich vor Schreck unter einem Tisch. Storm konnte das sogar verstehen, denn sie sah nun mal nicht wie ein normaler Mensch aus. Sie trug immer noch die unverkleidete Halbkörperprothese aus Stahl und sah aus wie ein halber Roboter.

Daran sollten wir auch mal arbeiten, dachte Coach Juli.

Kommt überhaupt nicht in Frage, schimpfte Storm in Gedanken. Ich bin ich und ich bleibe ich.

Zayas Eltern versuchten, etwas Nettes zu sagen, aber Storm hatte keine Lust zu reden. Sie hasste soziale Ereignisse und wollte sich am liebsten ebenfalls unter dem Tisch verkriechen, aber da waren ja schon die Kinder. Deshalb klinkte sie sich aus und überließ Coach Juli das Kommando über die Sprechwerkzeuge. Sollte er die Suppe auslöffeln, die er ihnen eingebrockt hatte.

Coach Juli plapperte wie eine Talkshow und machte einen guten Eindruck auf die Familie. Gerade noch rechtzeitig merkte Storm, dass er dabei war, ein Übernachtungsangebot anzunehmen.

„Nein, das geht nicht, wir haben schon ein Hotelzimmer gebucht“, drängelte sie sich in das Gespräch.

Haben wir doch gar nicht, wunderte sich Coach Juli.

Du bist jetzt mal still, wies Storm ihn zurecht. Erinnere dich daran, dass im Zweifel ich entscheide! So hatten wir es abgemacht.

Glücklicherweise hatte der Coach nachgegeben und sie waren Zayas netter Familie nach dem Essen unfallfrei entkommen. Aber bei der Auswahl des Hotels gab es bereits den nächsten Streit. Während Storm in eine billige Absteige wollte, verlangte Juli nach einem Luxushotel. Wenn ich schon mal hier bin, dann will ich Mené auch von seiner besten Seite kennenlernen, dachte er.

Muss das sein?, protestierte Storm.

Hier, ich habe schon was herausgesucht, fuhr Juli fort. Das Neu Paris Hilton.

Kaum in dem sündhaft teuren Übernachtungstempel angekommen, verlangte Juli nach einem Bad im Spa-Bereich und nach einer Wohlfühlmassage.

Ich hasse Massagen!, protestierte Storm.

Meine Güte, was bist du für eine Spaßbremse! Ich habe noch nie eine Massage erlebt und du gönnst es mir nicht!

Storm versuchte, wenigstens den Preis für die Massage zu drücken, da sie ja nur eine Körperhälfte zum Massieren hatte. Erfolglos.

Du schaffst es noch, dass ich pleite bin, bevor wir weiterfliegen, grummelte sie.

Ach was, du hast doch jahrelang nichts ausgegeben. Soll ich dir deinen Kontostand nennen?

Schon gut …

So ging es leider weiter. Am nächsten Tag verlangte Coach Juli eine ausgedehnte Sightseeingtour durch Neu Paris. Nachdem sie sich in diversen Museen die Beine in den Bauch gestanden hatten, fuhren sie schließlich mit dem Lift zur Aussichtsplattform des kopierten Eiffelturms hinauf und sahen im Sonnenuntergang auf die Dächer von Neu Paris hinab.

Ist es nicht schön hier?, fragte Juli.

Super, dachte Storm und unterdrückte den Wunsch, hinunterzuspringen. Gab es keine Möglichkeit, diesen Coach wieder loszuwerden?

Nun sei nicht so miesepetrig!, beschwichtigte Juli. Ich weiß doch, dass du es heimlich genießt. Vor mir kannst du nichts verheimlichen. Ich bin in deinem Gehirn!

Storm bestand darauf, den Abend wenigstens in einer Bar abzuschließen, und bestellte sich dort einen Pseudo Côtes du Rhône. Der Wein kam natürlich nicht aus dem Rhonetal der alten Erde, aber man hatte die originale Rebsorte auch auf Mené angepflanzt.

Es ist schön, dass du dich bei einem Wein so gut entspannen kannst, aber deine verwirrten Gedankengänge deuten darauf hin, dass du langsam genug hast, befand der Coach, der als KI natürlich nichts von der Wirkung des Weines verspürte.

Ach was, ich bin höchstens halb besoffen, wehrte Storm ab.

Mag sein, aber die linke Hälfte unseres Körpers ist schon ganz besoffen.

Jetzt bist du aber die Spaßbremse, beschwerte sich Storm.

Als sie sich schließlich geeinigt hatten, ins Hotel zu gehen, musste Juli das Kommando übernehmen, damit ihr gemeinsamer Körper noch so etwas wie Schritte zustande brachte. Halbschwer angeschlagen wankten sie über den Flur des Hilton, bis sie ihr Zimmer erreichten. Der Sensor reagierte allerdings nicht auf Storms Gesicht. Vielleicht war er damit überfordert, dass es sich nur um ein halbes Gesicht handelte.

„Dann nehmen wir eben den Chip“, nuschelte Storm und hielt inne. „Weißt du noch, wo ich den hingesteckt habe, Juli?“

Juli zog den Chip aus der Tasche und hielt ihn an den Türsensor.

Der Sensor allerdings sendete die Information an einen Empfänger, der dafür ursprünglich nicht vorgesehen war. Derselbe schickte Strom durch einen Stromkreis, den Unbekannte böswillig zugeschaltet hatten. Dieser Strom nötigte hochexplosiven Sprengstoff, den man von innen an der Tür befestigt hatte, zur Explosion. Die schwere Tür war nicht in der Lage, die Wucht der Explosion vollständig abzufangen. Sie zerbarst und flog Storm um die Ohren. Nicht nur das, eine Feuerwalze folgte und fegte Storm durch den Flur zurück, dorthin, wo sie hergekommen war, bis sie sich mehrfach überschlug und bewegungslos vor einem Fahrstuhl liegen blieb.

3 Prof. Dr. Koranne Fluk

Prof. Dr. Koranne Fluks Zeitplan war so voll, dass es nicht einmal mehr für einen Kaffee zwischendurch reichte. Schuld daran waren diese überkandidelten Admirale der Expeditionsschiffe, die meinten, jede ihrer Entdeckungen sei so weltbewegend, dass sich der Wissenschaftsrat unbedingt sofort damit befassen müsse. Manchmal kamen sie ihr vor wie kleine Kinder, die ständig nach der Mama riefen: „Hier, ich hab was Tolles im Sandkasten gefunden!“ Und die Mama, na ja, die stellvertretende Mama, das war nun sie selbst, seit sie vor zwei Jahren vom Wissenschaftsrat dazu berufen worden war. Stellvertretende Vorsitzende klang eigentlich nicht nach zu viel Stress, aber die große Chefin meinte ja mal wieder krank sein zu dürfen, was für Koranne die doppelte Arbeit bedeutete.

„Was haben wir als nächstes?“, fragte sie ihren wissenschaftlichen Mitarbeiter, Dr. Arut Papaver.

Der zuckte die Schultern. „Das Raumglühen“, antwortete er lakonisch.

Koranne verdrehte die Augen. Die Soko Raumglühen ging ihr seit Monaten mit täglichen Krisenmeetings auf die Nerven. Dabei war das Raumglühen schon lange nicht mehr aufgetreten. Koranne rechnete auch nicht damit, dass es wieder passieren würde. Die Zeitabstände bis zum nächsten Auftreten hatten sich jeweils exakt halbiert, bis die Sonne Yellowstone verglühte. Danach war Schluss. Man wusste nicht warum, aber nach dem Gesetz der Serie war diese Serie vorbei. Zumindest konnte man das mit einiger Berechtigung hoffen.

„Also gut“, seufzte Koranne. „Bringen wir es hinter uns.“

Das Meeting verlief in eingefahrenen Bahnen. Wie schon tags zuvor wurden neuste Simulationen des Raumglühens als Holo abgespult: Plötzlich begann der Raum um ein Sternensystem an drei, vier oder mehr Stellen zu glühen. Die Glutzentren dehnten sich aus, bis sich ihre Ränder innerhalb von Sekunden berührten und ineinander wuchsen. Das Glühen verdichtete sich in einem Blitz, der nichts übrigließ als kosmische Trümmer.

Am Vortag hatten sich die Wissenschaftler endlos darum gestritten, ob das Glühen im Leerraum entstand oder von Planeten und Monden ausging. Diesmal tischten sie Theorien auf, warum das Glühen nicht wieder aufgetreten war.

„Wir haben nun endlich die Datenpakete der ALEXANDER VON HUMBOLDT ausgewertet“, erklärte ein Wissenschaftler. „Sie sollen belegen, dass höhere Wesen am Versiegen des Raumglühens beteiligt waren.“

„Höhere Wesen?“, stöhnte Koranne auf. „Wir haben uns hier doch wohl alle dem Wissen verschrieben und nicht dem Glauben, hoffe ich?“

„Nun, so hat es uns die Crew der WAMSLER übermittelt. Diese wie auch immer gearteten Wesen retteten zunächst einen Planeten, den man Leftover taufte …“

„Die WAMSLER? Major McBride?“, vergewisserte sich Koranne.

„Ja, Major McBride. So heißt der Kommandant der WAMSLER.“

„Nun, nichts gegen Major McBride, aber wir sollten es nicht wörtlich nehmen, wenn ein Raumschiffskommandant plötzlich höhere Wesen sieht. Wir wissen doch alle, dass diese Leute viel zu lange im All unterwegs sind.“

„In Anbetracht der dramatischen Folgen können wir es uns aber nicht leisten, auch nur den kleinsten Hinweis zu übersehen“, begehrte der Wissenschaftler auf. „Immerhin wurde ein System der Sternenlichtvereinigung zerstört, die Sonne Ragnir. Wir sind es den Opfern schuldig.“

Jetzt kam er mit der Opferkeule. Aber auch wenn es keiner aussprechen mochte, ging es in Wahrheit um viel Geld für seinen Forschungsetat. „Niemand will hier die geringsten Kleinigkeiten übersehen“, versuchte Koranne, den Sprecher zu beruhigen. „Verfolgen Sie die Sache mit den höheren Wesen auf jeden Fall weiter. Aber von der Dringlichkeit müssten Sie mich erst noch überzeugen.“

Sie ließ eine Pause, um ihm die Chance zu geben, Argumente zu äußern. Argumente, warum sie dieses unsägliche Meeting täglich wiederholen sollte.

„Das Weltraumglühen …“, versuchte es der Wissenschaftler.

„… ist vorbei“, verkürzte Koranne die Debatte. „Es ist nach dem Auftritt der ,höheren Wesen‘ nicht wieder vorgekommen. Dafür haben wir aber jede Menge andere Probleme. Eines unserer Mitgliedssysteme wurde zum zweiten Mal von Piraten überfallen, die Rohstoffe gehen uns aus, konkurrierende Sternenreiche schnüren uns die Handelsrouten ab und die STEPHEN HAWKING ist nach einem relativistischen Sprung spurlos verschwunden. Außerdem sind die politischen Entscheidungsträger mit dem Wahlkampf beschäftigt. Also suchen Sie ruhig Ihre höheren Wesen, aber erstatten Sie mir nicht öfter als einmal im Monat darüber Bericht. Danke schön.“

Koranne erhob sich und nickte Dr. Papaver zu, ihr zu folgen.

„Gott sei Dank hat das tägliche Elend ein Ende“, sagte der, als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.

„Einmal im Monat werde ich es wohl ertragen müssen“, pflichtete Koranne ihm bei. „Was haben wir als nächstes?

„Charlene Armstrong, Admiralin der FERDINAND MAGELLAN. Sie ist extra nach Mené gekommen, um ihr Anliegen vorzutragen.“

„Warum das?“

„Weil es so existenziell wichtig ist.“

Koranne griff sich an den Kopf. „Noch so eine Verrückte ertrage ich heute nicht. Verschieben Sie den Termin auf morgen, ich brauche jetzt einen Kaffee.“

„Morgen haben wir nichts mehr frei.“

„Dann eben nächste Woche.“

Mach die Augen auf!, verlangte eine Stimme. Sie hatte einen vertrauten Klang, aber sie war sehr weit weg. Und sie war sehr hartnäckig. Mach die Augen auf!, verlangte sie immer wieder.

Nein, sie wollte die Augen nicht öffnen. Sie war noch nicht bereit.

Mach die Augen auf! Du hast Besuch. Deine Freunde sind da.

Nein, das konnte nicht sein. Sie hatte keine Freunde. Die Stimme log.

Mach die Augen auf!

Gib endlich Ruhe!, zeterte sie. Ich bin so müde. Ich will nicht mehr aufwachen.

Deine Freunde warten.

Ich habe keine Freunde.

Vielleicht weißt du nicht, dass du Freunde hast. Aber sie sind trotzdem da.

Storm schlug die Augen auf. Die gesamte Crew der Mag-5 stand um ihr Bett herum und beobachtete sie sorgenvoll.

„Haaaa!“, schrie sie vor Schreck und richtete sich auf. „Was wollt ihr alle von mir?“

„Gott sei Dank, sie ist aufgewacht“ seufzte Zaya erleichtert. Auch die anderen entspannten sich.

„Wo bin ich, was ist passiert?“, fragte Storm.

„Jemand hat einen Anschlag auf dich verübt“, erklärte Zaya. „An der Tür deines Hotelzimmers war eine Bombe angebracht. Du hast Glück, dass du die Tür mit der rechten Hand geöffnet hast. Dadurch hat die Wucht der Explosion deine Roboterseite getroffen. Die Ärzte sagen, du hättest sonst nicht überlebt.“

„Ich habe dir eine Karmaspende zukommen lassen“, ergänzte die Astrogatorin Gael Klein. „Das hat vielleicht auch etwas zu deiner Genesung beigetragen.“

Storms biologische Seite schmerzte ein wenig und sie hatte Kopfschmerzen. Ansonsten konnte sie sich frei bewegen. Sie bezweifelte aber, dass die Karmaspende dazu beigetragen hatte.

„Ich scheine keine Verletzungen zu haben“, wunderte sie sich.

„Der Klempner hat schon ein paar Cyborgteile ausgewechselt“, erklärte Bordingenieur Chivan Swo mit seinem unverwechselbaren Charme. „Dein rechter Arm hatte einige Dellen, aber nichts Ernstes. Und am Oberschenkel ist dir das Blech weggeflogen.“

„Wer …“

„Wer das getan hat?“, vervollständigte Zaya Storms angefangenen Satz. „Das wüssten wir auch gerne. Niemand verübt ungestraft einen Anschlag auf ein Crewmitglied der Mag-5!“

„MCLANE“, unterbrach Storm. „Das Schiff heißt MCLANE!“ Wann würden diese geschichtsvergessenen Youngster es endlich lernen?

„Wie auch immer“, seufzte Zaya, etwas ausgebremst. „Die Polizei ermittelt, aber die hat viel zu tun. Wir werden dir selbstverständlich auch helfen. Wir sind ein Team. Hast du irgendwelche Feinde, von denen wir noch nichts wissen?“

Storm schlug innerlich die Hände über dem Kopf zusammen. Himmel, wie kann ich diese Schülerin bloß loswerden?, fragte sie sich.

Man schlägt nicht die hilfreiche Hand, meldete sich Coach Juli.

Zaya Karan ist Raumschiffskommandantin und keine Ermittlerin. Außerdem ist sie viel zu jung und hat keine Ahnung.

Es geht nicht immer nur um Effizienz, erklärte der Coach. Es geht auch um das Soziale. Dein Team will dir sagen, dass sie auf deiner Seite stehen.

Schön für das Team. Die sollen mich endlich in Ruhe lassen.

Manchmal reagierst du wie ein verstockter Teenager, tadelte der Coach.

Storm ignorierte die Einwände und verabschiedete das Team mit ein paar vorgetäuschten Freundlichkeiten. Dann packte sie ihre Sachen.

Die Ärzte wollten dich noch beobachten, meldete sich schon wieder der Coach.

Ich hab nichts, ließ Storm ihn abblitzen.

Was ist mit deinen Kopfschmerzen?

Die Kopfschmerzen wurden tatsächlich schlimmer. Hatte die Explosion doch mehr zerstört als offensichtlich war?

Die werden schon wieder nachlassen.

Sagt Frau Doktor Storm.

Ich bin zwar keine Ärztin, aber ich verstehe etwas von Kriegsführung. Wir sitzen hier wie auf dem Präsentierteller. Der Attentäter wird bald kommen, um sein Werk zu vollenden. Also lass uns so schnell wie möglich verschwinden.

Wäre es dann nicht besser, hier auf ihn zu warten, damit die Polizei ihn festnehmen kann?

Nein, das ist zu riskant, das kriegen die Dilettanten hier nicht hin. Die meisten Polizisten waren ja nicht mal im Krieg.

Der Krieg ist nicht der Vater aller Dinge!

Storm war eine beeindruckende Erscheinung: eine 184 cm große Frau, zur Hälfte ein Roboter. Während sie durch die Flure des Krankenhauses stapfte, ging ihr das Personal weiträumig aus dem Weg. Ein Arzt allerdings schien besonders zu erschrecken. Er beeilte sich, über eine Abzweigung in einem anderen Gang zu verschwinden.

Hast du ihn?, fragte Storm.

Ja, ich habe ein Holo von ihm abgespeichert, bestätigte Juli.

Koranne Fluk verbrachte den Vormittag in Gremiensitzungen. Es war das, was sie an ihrem Job am meisten hasste. Während die Arbeitsgruppen, Sonderkommissionen und Projekte des Wissenschaftsrates wenigstens noch inhaltliche Arbeit leisteten, tobten im Senat und in den Instituten permanente Verteilungskämpfe. Am schlimmsten war es, wenn ein neuer Schwerpunkt gesetzt oder ein neues Institut etabliert wurde. Wie Hyänen klammerten sich dann alle an ihre Planstellen und wehe, ein Institut musste mehr abgeben als ein anderes, dann gab es Mord und Totschlag.

Der Senat diskutierte diesmal allerdings nicht die Finanzen, sondern eine Vorlage, die Erste Verwalterin Antoniye Bonecal im Wahlkampf zu unterstützen.

„Ich darf daran erinnern, dass es unserer Tradition entspricht, sich aus dem Wahlkampf und aus der Tagespolitik herauszuhalten“, erklärte der Direktor des Instituts für Hydroponie. Er hatte lange Zeit als graue Eminenz im Hintergrund seine Fäden gezogen, aber da er nun kurz vor der Pensionierung stand, bröckelte seine Gefolgschaft.

„Schöne Traditionen werden uns nicht weiterhelfen, wenn Konor Bas die Wahl gewinnt und unser Budget zusammenstreicht. Das hat er nämlich schon angekündigt. Hier, sehen Sie es sich an!“, konterte eine junge Hyperchemikerin, deren Namen Koranne Fluk vergessen hatte. Sie erinnerte sich aber, dass sie durch ihre Erklärholos in den sozialen Netzen sehr beliebt war.

Ein Holo wurde eingespielt, das den Oppositionspolitiker Konor Bas bei einem Wahlkampfauftritt zeigte. Der ehemalige MMA-Kämpfer und Mittelgewichtschampion mit den kurz geschorenen hellbraunen Haaren trug mittlerweile graue Anzüge, die seine Tattoos verbargen. Seinen wilden Vollbart hatte er stehen lassen, er war zu einer Art Markenzeichen seiner Kampagne geworden und zierte in stilisierter Form seine Wahlplakate. Und auch seine ordinäre Sprache, mit der er vor den Kämpfen seine Gegner bepöbelt hatte, behielt er bei: „Und ich sage euch, diese Beamtenärsche vom Wissenschaftsrat tun den ganzen Tag nichts anders, als in ihre Sessel zu furzen! Ja, ich sage es euch noch mal: Die sitzen den ganzen Tag an ihren Computern und furzen in ihre verdammten Sessel.“

Konors Anhänger grölten.

„Und das werde ich nach der Wahl ändern“, fuhr er fort. „Die bekommen kein Geld mehr für ihre Sesselfurzerei! Nicht von mir! Die bekommen nicht mal Sessel! Die sollen erst mal ehrliche Arbeit leisten, bevor sie an ihre Computer zurück dürfen. Jeder sollte wenigstens einmal im Leben ordentlich schuften, so wie wir es jeden Tag tun!“

Die Menge jubelte, als das Holo ausgeblendet wurde.

„Das ist doch nur Wahlkampfgetöse“, wiegelte der Hydroponiker ab.

„Oder die Ankündigung einer Kulturrevolution!“, widersprach die junge Kollegin.

„Falls er wirklich die Wahl gewinnt, was ich für ausgeschlossen halte, werden ihn seine Berater schon einnorden.“

„Ausgeschlossen? - Dann sehen Sie sich mal die neusten Umfragen an!“

Koranne Fluk ergriff das Wort. „Wir sind alle nicht begeistert von den Drohungen der Opposition, aber muss nicht etwas mehr passieren, bevor wir mit unserer Tradition brechen? Wollen wir wirklich Partei werden und uns in den Sumpf des politischen Tagesgeschehens begeben? Dürfen wir das überhaupt? Konor Bas würde uns sofort die Veruntreuung von Staatsgeldern vorwerfen, von denen wir nämlich bezahlt werden.“ Sie wandte sich an die junge Kollegin: „Wollen Sie dann in den Talkshows sitzen und sich gegen die Veruntreuungsvorwürfe verteidigen?“

Die Hyperchemikerin zögerte.

„Glauben Sie mir: Das wollen Sie nicht. Sie können meinetwegen in Ihren Erklärholos Stimmung gegen die Opposition machen, aber halten Sie den ehrwürdigen Wissenschaftsrat dabei raus.“

Damit war das Thema erledigt. Als nächstes konnte der Streit um die Liquidierung des Instituts für Sonnenfleckenforschung in die nächste Runde gehen.

*

Der Mann hieß Acid Duca, und er schreckte zusammen, als sein Armsprechgerät einen Anruf anzeigte. Seine Hände zitterten, als er ihn annahm.

„Du hast zum zweiten Mal versagt“, stellte eine Stimme fest. „Du bist raus.“

„Lassen Sie mich doch erklären … Sie war schon fast draußen, als ich im Krankenhaus ankam!“

„Es gibt nichts zu erklären. Wir schicken den, der nie versagt. Er wird aufräumen.“

„Doch nicht etwa …?“ Acid Duca wagte es nicht, den Namen in den Mund zu nehmen.

Die Stimme schwieg und ließ die Antwort offen.

Duca wusste, was das bedeutete. Das Aufräumen würde bei ihm selbst beginnen. „Aber das ist nicht nötig! Ich kann das noch in Ordnung bringen.“

Die Stimme schwieg.

„Bitte!“

Die Stimme schwieg.

„Bitte, um Himmels willen und im Andenken an meinen Vater!“

Die Stimme schwieg immer noch. War es nun ein abwägendes Schweigen?

„Sieh zu, dass du aus der Stadt verschwindest!“, sagte sie schließlich.

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