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Lehrabschluss 1974: Ein Jahr, bevor Papa in die Kampfmannschaft berufen wurde, schloss er seine Lehre als Lithograf in Innsbruck ab. Foto: Constantini


Im Achtelfinale des UEFA-Europacups der Landesmeister besiegte der FC Wacker Innsbruck den FC Celtic Glasgow mit einem 3:0. Gerhard Forstinger, Friedrich „Friedl“ Koncilia und Dietmar „Didi“ Constantini (von links) vom FC Wacker Innsbruck bejubeln den Sieg. Foto: Krug


Seine Ausbildungserlaubnis als Trainer erhielt Papa erstmals im Jahr 1981, als er den Wiener Sportclub coachte, um kurz darauf als Co von Walter „Schani“ Skocik nach Saudi-Arabien zu Al-Ittihad Dschidda zu wechseln. Foto: Constantini


Gemeinsam mit seinem Freund „Schani“ trainierte Papa zwei Jahre in Saudi-Arabien. Nach Griechisch lernte er dort auch, sich auf Arabisch zu verständigen. Wenn er auf dem Feld fluchte, so tat er das übrigens immer in einer anderen Sprache. Foto: Constantini



Von der Zeit in Saudi-Arabien schwärmt Papa heute noch. Foto: Constantini


In Saudi-Arabien coachte Papa neben Walter Skocik die Mannschaft von Al-Ittihad Dschidda. Foto: Constantini


Seine Spielerlaufbahn endete aufgrund einer Achillessehnenverletzung, als Trainer setzte Papa seine Karriere über viele Jahre fort. Foto: Sündhofer


Natürlich haben wir uns nicht davor gescheut, die Frösche auch zu küssen. Foto: Constantini


Eines der seltenen Bilder von uns als Familie, das es im Jahr 1994 sogar in die Zeitungen geschafft hatte. Foto: Fotograf und Zeitung unbekannt

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Löwenmutter-Manier


Dass ich in diesem Sommer 2019 wenige Schmetterlinge und dafür umso mehr langsame Klinik-Schiebetüren sehen und die Normalität meiner bisherigen Tage an diesem Punkt enden würde, davon war ich spätestens nach dem Wort „Notfall“ überzeugt. Es las sich für mich fast unwirklich, bedrohlich, ich wollte nicht wissen, was es in sich barg. In diesem Warteraum saß ich nun, zusammen mit sieben weiteren Personen, zwei davon an meiner Seite. Mittlerweile hatte sich auch bestätigt, dass es sich bei den ebenfalls Wartenden tatsächlich um die Familie des jungen Mannes handelte, der in denselben Unfall wie Papa verwickelt war. Zu diesem Zeitpunkt wusste aber auch diese Familie kaum etwas über Unfallhergang und Verletzungen.

Mama und ich erfuhren etwas mehr, nachdem wir wenige Minuten später in einen ersten Behandlungsraum eintreten durften. Umgeben von Vorhängen und ausgestattet mit allerhand Gerätschaften, wurden hier wohl die Unfallverletzten erstversorgt. Einer davon war Papa. Ich erinnere mich daran, dass eine tiefe Wunde auf seiner Stirn klaffte. Sie verzog sich ein wenig, als er uns jetzt in diesem Erstversorgungszimmer anlächelte.

So lange ich zurückdenken kann, erinnere ich mich an meinen Papa lächelnd. Es gab sehr wenige Momente, in denen ich ihn tatsächlich zornig erleben musste. Vielleicht dann, wenn der Drucker in seinem Büro zu Hause wieder einmal streikte und er neben Trainingslagern und Spielbeobachtungen lediglich einen Tag zur Verfügung hatte, um all seine E-Mails auszudrucken. Da flogen dann schon mal die Fetzen, oder besser gesagt die Druckertinte und das Papier. Ansonsten aber gab es tatsächlich sehr wenige Situationen, die Papa abseits vom Spielfeld in Rage bringen konnten.

Auf die Frage eines Journalisten, wie es denn um sein Temperament (als Trainer) stehe, hatte er hingegen einst geantwortet: „Ob ich impulsiv bin? Klar, i bin von einer Sekunde auf die andere in der Höh! Dabei bin i a unbändiger Optimist. Und a totaler Realist. Mit an eisernen Willen kannst alles machen. Früher hab i trainiert wie a Berserker, weil i als Kicker viel z’ langsam war. Zufrieden bin i praktisch nie, i will immer was verändern.“

Als Familie erlebten wir viel eher den optimistischen Realisten als irgendwelche Anzeichen eines wilden Berserkers. Den ließ Papa glücklicherweise stets auf dem Platz zurück.

Dass wir ihn sogar in dieser Situation, von der wir alle noch nicht wussten, wo sie uns hinführen würde, lächeln sahen, war nur eine weitere Bestätigung dafür.

Trotzdem kam ich mir vor wie in einer Blase. Was würde nun passieren? War die Wunde auf seinem Kopf die einzige Verletzung? Weit gefehlt, wie uns die Ärzte wenig später bestätigten. Zwar hatte Papa keine „lebensbedrohlichen Verletzungen“ erlitten, dafür ganze acht Rippenbrüche, ein gebrochenes Brustbein, Brüche an Hand- und Fußgelenken sowie eine ordentliche Gehirnerschütterung.

Es stellte sich nun auch heraus, dass es sich bei dem Unfall tatsächlich um den im Radio berichteten Geisterfahrerunfall auf der Brennerautobahn gehandelt hatte. Wie genau es dazu gekommen war, konnten zu diesem Zeitpunkt weder die Polizei noch die behandelnden Ärzte und schon gar nicht Papa oder der andere Unfallteilnehmer rekonstruieren.

Was Papa anging, so folgten an jenem Nachmittag noch einige Untersuchungen, Röntgenaufnahmen und ein CT. Wie lange wir währenddessen in dem kühlen Warteraum gesessen hatten, weiß ich heute nicht mehr. Jedenfalls fühlten sich die Stunden wie eine Ewigkeit an. Und wir waren extrem beunruhigt, besorgt um Papa und den Schweregrad seiner Verletzungen. Besorgt um den jungen Mann, der ebenso in den Unfall verwickelt gewesen war. Aber auch beunruhigt darüber, was genau passiert sein konnte. Dass es die kleine Raupe früher aus den Klinikgemäuern geschafft hatte, dafür war ich auch im Nachhinein sehr dankbar. Das kleinste Fleckchen Grün hätte ich diesem unbequemen Raum mit der langsamen Schiebetüre wohl auch vorgezogen.

Andererseits waren Mama und ich sehr froh, immer wieder zu Papa in die Untersuchungsräume gehen zu dürfen. Mit ihm ein paar Worte wechseln zu können. Dabei beteuerte er immer, wir sollten uns keine zu großen Sorgen machen. Ganz wie einst diese zitierte „Löwenmutter“ eben.

Zwischendurch konnten wir jedoch mit Ärzten sprechen, um nachzufragen, welche Untersuchungen als Nächstes folgen würden. Und außerdem erfuhren wir im Erstversorgungsbereich zu unserer Beruhigung, dass der junge Mann nur leichte Verletzungen davongetragen hatte und die Klinik wohl bald werde verlassen können. Auch mit ihm konnten wir, es war mittlerweile Abend, noch einige Worte wechseln, als er in seinem Krankenbett an unseren Wartezimmerstühlen vorbeigeschoben wurde. Zu diesem Zeitpunkt war mein Freund Matthias bereits nach Hause gefahren – schließlich musste auch unser Vierbeiner mit Wasser und Futter versorgt werden.

Meine Schwester Leni, die seit vielen Jahren in Wien lebt, hielten wir inmitten des Trubels immer wieder telefonisch auf dem Laufenden.

Kurz nachdem wir das letzte Gespräch an diesem Abend mit ihr beendet hatten, klingelte Mamas Telefon erneut.

„Mama, eine unbekannte Nummer ruft dich an.“

„Heb du bitte ab!“, sagte sie. Sie wirkte müde. Kein Wunder, schließlich befanden wir uns zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Stunden in der Klinik, mal im Erstversorgungszimmer, mal im Wartebereich der Notaufnahme und nun endlich mit Papa auf der etwas ruhigeren Station.

„Hallo?“, sagte ich ins Telefon.

Eine laute Stimme ertönte: „Frau Constantini, Autobahnpolizei. Ich rufe wegen der Einvernahme an.“

Ich merkte, wie meine Kräfte schwanden und mir die Tragweite dieses Unfalls langsam, aber sicher bewusst wurde.

„Ja. Hallo. Ich bin die Tochter. Meine Mutter kann gerade nicht“, erwiderte ich.

Der Mann von der Exekutive wollte mir einige Fragen zum Unfallhergang stellen.

„Ich bin nicht dabeigewesen“, dachte ich bei mir. „Ich war im Wald. Mit meinem Hund, den Eichhörnchen und der kleinen Raupe.“

Schließlich wollte ich meinen Gesprächspartner nicht zu sehr irritieren: „Ich bin nicht bei dem Unfall dabeigewesen“, sagte ich ins Telefon, „und mein Vater ist derzeit nicht vernehmungsfähig. Ich kann Ihnen zum Unfallhergang nichts sagen.“

Ich wusste, dass nur mein Papa ihm die Informationen zum Unfallhergang geben konnte, und versuchte dies dem Polizisten schließlich zu vermitteln.

Kurz nachdem ich das Gespräch mit dem Polizisten beendet hatte – wir waren dahingehend verblieben, dass wir uns in den nächsten Tagen wegen einer Einvernahme bei der Exekutive melden würden –, kam ein Anruf von Lenis Freund Sebastian: „Johanna, ein Polizist hat mich angerufen und gefragt, ob Didi eine Demenz hat. Ich habe den Kontakt von Irmi weitergegeben. Ich konnte auch keine Antwort darauf geben. Überhaupt ist es mir komisch vorgekommen, dass die mich sowas einfach so fragen.“

Nicht nur die Art, telefonisch Auskünfte einzuholen, sondern auch diese sehr plumpe und zudem unbefugte Nachfrage bei Sebastian empfanden wir als Familie in diesem Moment sehr unpassend. Allerdings war uns klar, dass diese Nachfrage Gerüchten geschuldet war, wie sie schon länger zu Papas Gesundheitszustand kursierten. Den „Didi“ kannte schließlich jeder, und so lag es wohl nicht fern, gleich direkt nachzufragen, auch ohne die genauen Familienverhältnisse des Gesprächspartners vorab zu klären.

Bis heute wissen wir nicht genau, ob es tatsächlich ein Polizist gewesen ist, der Sebastian angerufen hat, und wir wissen auch nicht, wie er ausgerechnet an seine Nummer gekommen war. Möglicherweise durch den Fund von Papas Handy am Unfallort und die darin gespeicherten Daten. Jedenfalls hatte der Anrufer Sebastian nicht nach seinem Bezug zur Familie gefragt. Und Sebastian hatte das einzig Richtige getan, indem er dem Anrufer Mamas Nummer weitergegeben und darum gebeten hatte, sich doch an die primären Angehörigen und demnach auch die einzigen Informationsberechtigten zu wenden.

Was wir zudem in den Tagen nach dem Unfall erfahren konnten war, dass sich in den Stunden nach Bekanntwerden von Papas Verwicklung darin einige Personen ungefragt an die Autobahnpolizei gewandt hatten. Um ihre Vermutungen kundzutun. Vermutungen, die als Gerüchte, wie erwähnt, schon lange kursiert waren. Diese waren zwar kaum persönlich an uns als Familie herangetragen worden, dafür aber umso mehr aus zweiter Hand – und relativ rasch nach Papas Rückzug aus seiner aktiven Karriere – in Umlauf gebracht. Auch ehemalige Freunde fragten sich, ob Papa denn an einer Depression, einer Demenz oder einer Nervenkrankheit leide, ohne sich dabei jemals an uns direkt zu wenden. Unsere aktuellen Freunde waren es, die solche Gerüchte immer wieder an uns weitergaben. Schon vor dem Unfall fragte ich mich oft enttäuscht, warum uns die Menschen denn nicht direkt konfrontierten, sondern statt dessen irgendwelche Vermutungen unreflektiert verbreiteten.

Genau so wie dieser Anrufer, der Polizeibeamter war oder auch nicht. Und viele weitere Menschen sollten in diesen Stunden ihr „ersehntes Fressen“ erhalten. Lange bevor wir in irgendeine Richtung bestätigen oder dementieren konnten, wie es um Papas Gesundheitszustand tatsächlich stand, wurde nämlich die Kunde etwas später an diesem Abend auch medial weiterverbreitet ...

„Sie werden nichts schreiben. Die Redakteure haben versprochen, erst einmal keine Namen zu nennen“, versicherte mir Helli, einer von Papas besten Freunden, noch am selben Abend telefonisch, nachdem er von den ersten Journalisten, noch mehr von den Chefredakteuren, persönlich zum Unfall kontaktiert worden war. Schließlich war niemand Geringerer als der „Ex-Nationaltrainer Didi“ in einen Unfall verwickelt worden. In einen Geisterfahrerunfall noch dazu. Obwohl Helli sich noch darum bemüht hatte, die Schlagzeilen abzuwenden, blieben seine Versuche am Ende doch vergeblich. Beinahe im Sekundentakt folgte in jener ersten Nacht ein Artikel nach dem anderen über den Unfall. Und das fast ausschließlich unter Angabe des vollen Namens und nicht, wie eigentlich bei derartigen Unfallberichten üblich, anonymisiert. Storys rund um den „Didi“ eben. Es waren somit auch jene Veröffentlichungen, die unsere bisherige Normalität für immer verändern würde.

3

Stir it up


In einer Zeit von Smartphones und Social Media ließ natürlich auch das erste Unfallbild nicht lange auf sich warten. Da sich die Medienberichte nur so überschlagen hatten – der Unfall lag immer noch erst wenige Stunden zurück –, bemühte ich mich um eine mediale Richtigstellung auf unserer eigenen Facebook-Seite.

Und zwar auf der Seite, auf der sich ansonsten nur Bilder von fußballbegeisterten Kindern finden, die eines der vielen Nachwuchscamps besuchen, wie sie mein Papa seit knapp zwei Jahrzehnten veranstaltet.

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als er mit jenen Camps erstmalig startete. Kurz zuvor, es war das Jahr 1998 gewesen, hatten wir einige Monate in Ober-Olm bei Mainz gelebt. Papa hatte den deutschen Erstligisten FSV Mainz 05 im September des Vorjahres unter Präsident Harald Strutz übernommen und bei der Pressekonferenz, danach gefragt, was er denn mit der Stadt am Rhein verbinde, schlichtweg mit „Helau“ geantwortet. Eine Finanzkrise, schlechte Trainingsbedingungen und die schier ausweglose Suche nach leistbaren Spielern hatten Papa, der auch bei den Deutschen als „personifizierte Furchtlosigkeit“ bekannt war, nicht abgeschreckt. Neben dem heute als Erfolgstrainer im internationalen Fußball geltenden Jürgen Klopp hatte er dabei auch seine übrigen Kicker großteils auf seiner Seite. In Zeitungsberichten von damals ist sogar nachzulesen, dass er die Profis dazu ermutigen konnte, in eigens organisierten Fahrgemeinschaften zu den Auswärtsspielen zu reisen, um das Geld für den Mannschaftsbus in die dringend benötigten Ersparnisse des Vereins einzahlen zu können. Eindeutig bestätigen konnte mir diese Episoden zwar auch Harald Strutz (der insgesamt 29 Jahre lang, von 1988 bis 2017, Präsident des Sportvereins 1. FSV Mainz 05 gewesen ist) heute nicht mehr, doch halte ich es für ohne Weiteres vorstellbar, dass Papa derartige oder ähnliche „Sparmaßnahmen“ einzuführen wusste.

Geholfen hatten auch jene durchaus unkonventionellen Methoden dem Verein am Ende zu wenig, und nachdem die Mannschaft seines Erachtens zu häufig unentschieden gespielt hatte, war es damals Papa selbst gewesen, der dem Präsidenten gegenüber schließlich meinte: „Woast, i mag euch wirklich. Und deswegen müssts ihr jetzt den Trainer wechseln.“ Ein Eingeständnis, das Harald Strutz bis heute imponiert, wie er mir gegenüber bestätigte. Nach einer Saison war jedenfalls Schluss mit Papas Tätigkeit im Nachbarland und unser Weg führte uns zurück nach Mutters in Tirol.

Wir als Familie – allen voran Mama, der die Mainzer Gegend ohnehin nie wirklich zugesagt hatte – waren erleichtert, wieder nach Österreich zurückkehren zu können. Und so kam es, dass Papa – zurück in der Heimat und vorübergehend arbeitslos – seinen lang gehegten Plan von Nachwuchscamps in die Tat umsetzen konnte. Zwar nicht vorrangig deshalb, weil er nach seinem Job bei Mainz 05 arbeitslos geworden war. Das passierte ihm als Trainer in seiner Karriere nämlich öfters. „Der Fußball is kurzlebig. Warum soll i zittern, nur weil i a Woche ohne Job bin? Man muss zufrieden sein mit dem, was man hat. Du kannst a intelligenter Mensch sein, aber des Pech haben, dass’d in Jugoslawien wohnst und deine Familie umgebracht wird. Is es da net wurscht, wer Teamchef wird?“ So relativierte Papa im Jahr 1992 den Verlust seines ersten Interimstrainerpostens beim Österreichischen Nationalteam mit dem Hinweis auf den zum damaligen Zeitpunkt herrschenden Jugoslawienkrieg.

Der Beruf des Fußballtrainers gehört bestimmt zu den populärsten, jedoch nicht wirklich zu den sichersten Arbeitsplätzen unserer Republik. Und weil Papa nach jahrelanger Trainertätigkeit bereits an diese regen Wechsel gewöhnt war, hatte ihn auch jene vorübergehende berufliche Pause nach unserer Rückkehr aus Deutschland nicht allzu sehr gesorgt. „Der Papa ist gerade arbeitslos, aber irgendwie wird es schon weitergehen. Denn: Wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her!“, erinnere ich mich an eine seiner Bemerkungen kurz nach dem Weggang von Mainz 05.

Die Kindercamps rief er jedenfalls ins Leben, um endlich seiner lang gehegten Leidenschaft der Nachwuchsförderung frönen zu können: „Vielleicht, wenn’s mich wieder einmal in die Ferne zieht, werde ich Fußballlehrer in einem US-Jugendcamp, wie es derzeit mein Freund Peter Koncilia macht“, hatte er sich bereits als 28-jähriger Spieler vom FC Union Wels zu möglichen Zukunftsprojekten geäußert.

Rund 15 Jahre später sollte er dieses Vorhaben in die Tat umsetzen können: Die „Fußballcamps mit Didi Constantini“ waren geboren. Gesponsert und unterstützt von zahlreichen namhaften Unternehmen, darunter Telekom Austria und Intersport Österreich, finden Papas Camps bis heute jeden Sommer an unterschiedlichen Orten Österreichs für fußballbegeisterte Kinder statt.

„Unsere Philosophie ist, dass wir mit ehemaligen Fußballprofis arbeiten. Das is das, was ich auch immer predige. Und dass die Kinder auch wirklich was lernen, dass es nicht nur ein Urlaubscamp ist“, erklärte er einmal einem Filmteam seine Motivation für die Camps.

Neben dieser Art der Nachwuchsförderung liebte es Papa auch, als aktiver Trainer Fußballturniere für Kinder mitzugestalten und verschiedene Jugendmannschaften als Gasttrainer zu coachen. Wie stolz war auch ich, als Papa sogar regelmäßig in meine damalige Schule kam, um das alljährliche Fußballturnier zur Weihnachtszeit zu pfeifen.

Sogar sportartübergreifend sorgte er für viel kindliche Freude, wenn er meine Schwester und mich bei unseren Reitturnieren besuchte, um mit uns und unseren Reitfreunden allerhand Aufwärmprogramme zu gestalten, bevor wir in den Sattel steigen mussten. „Locker, aber konzentriert“, gab er uns dabei immer mit, bevor wir in die Wettbewerbe einritten.

Und nahmen Leni und ich einmal nicht im Sattel Platz, so tauschten wir jene Reitturniere gegen Trainingswochen, in denen wir Papa und sein Team zu den Camps begleiten durften. Neben den angesprochenen Profitrainern bestand seine Camp-Mannschaft stets auch aus Betreuern, die sich vor allem abends und in den Trainingspausen um die vielen Kinder kümmerten. Für Leni und mich als sogenannte „Juniorbetreuerinnen“ war es toll, die teilnehmenden Jungs (meist kickten übrigens auch Mädchen mit!) beim Spielen beobachten zu können, sie beim täglichen Morgenlauf anzuspornen, vor allem aber sie an die Bettruhe zu erinnern. Um anschließend mit dem Trainer- und Betreuerteam noch Karten spielen zu können. Wie die Großen eben! An jene „Nachtwachen“, die wir stets an der Seite der Campbetreuerinnen (meist handelt es sich dabei um Frauen) verbrachten, erinnere ich mich besonders gerne. Dabei wurden wir nicht nur einmal von diversen Buben-Zimmer-Gruppen mit einem musikalischen Ständchen überrascht. „Stir it up“ und „No woman no cry“ von Bob Marley sind bis heute die unangefochtenen most-played Klassiker jener Abend-Chöre. Ob unter den Sängern auch jene Teilnehmer gewesen sind, die später und nicht zuletzt durch die Empfehlungen und Vermittlungen meines Papas zu wahrhaftigen Spitzen-Fußballern geworden sind, ist mir heute leider nicht mehr gegenwärtig. Jedenfalls fanden sich unter seinen Schützlingen Namen wie Daniel Royer, Julian Baumgartlinger, Aleksandar Dragović, Yasin Pehlivan, Jakob Jantscher und einige mehr.

„Es ist uns gelungen, einen Tormann, einen Fünfzehnjährigen, zu AS Roma zu schicken, letztes Jahr hab ich einen zu Bayern München geschickt, zu Austria Wien einen Neunjährigen oder zu 1860. Des is ein Leichtes für mich, aber wenn, dann mach ich das nur mit wirklichen Toptalenten“, fasste Papa die erfolgreichen Vermittlungen einiger seiner Campkids zusammen, die später zu Toptalenten werden sollten. So manche von ihnen hatten zu Beginn nicht die Mittel gehabt, um an dem kostenpflichtigen Kindercamp teilzunehmen. Mein Papa löste das dann schon mal auf seine Art: „Gebt ihm ein Dress und einen Ball und lasst ihn einfach mitspielen.“ Und so hält sich beispielsweise auch der heute 29-jährige Aleksandar Dragović, dem als Nachwuchskicker ein Didi-Camp ermöglicht worden war, mittlerweile bei einem stolzen Marktwert von 5,2 Millionen Euro.1 Sein Nationalteam-Debüt gab der in Wien geborene und aus Serbien stammende Innenverteidiger, der bis 2018 von seinem Stammverein Bayer Leverkusen an den englischen Erstligisten Leicester City verliehen worden war, im Übrigen ebenfalls unter meinem Papa als Trainer. Nämlich am 6. Juni 2009 beim Qualifikationsspiel der Österreichischen Nationalmannschaft gegen Serbien.

Aber um zu unseren Camp-Abenden zurückzukommen: Ganz egal, welcher spätere Profi-Fußballer sie auch zum Besten gegeben haben mag, jene einstigen „Camp-Chöre“ bildeten häufig nur einen Vorwand, um den ein oder anderen Liebesbrief zwischen den Campjungs und uns Mädchen wechseln zu lassen.


Unkonventionelle Methoden, um an Geld für den Verein zu kommen, wusste Papa auch aus Spielerzeiten anzuwenden. Wie hier bei der verzweifelten Sponsorsuche kurz vor der Auflösung des FC Union Wels, für die er im Jahr 1984 selbst gekickt hatte. Foto: rubrafoto


Diese Richtigstellung habe ich kurz nach dem Unfall auf unserer Camp-Facebook-Seite verfasst. Das Camp wird seit 2018 durch Papas langjährigen Spieler- und Trainerkollegen Andi Schiener verstärkt. Foto: Constantini


Die ersten der nun über zwei Jahrzehnte andauernden Fußballcamps mit Didi Constantini wurden von der Telekom Austria unterstützt. Foto: Constantini


Bis zu 13 Camps fanden jeden Sommer statt. Die 6- bis 16-jährigen Teilnehmer konnten dabei lange Zeit auch vor Ort in Unterkünften übernachten. Aktuell finden nach wie vor zwei Trainingseinheiten täglich statt, und die Teilnehmer schlafen zu Hause. Foto: Constantini


Nach wie vor lässt es sich Papa nicht nehmen, seine Camps zu besuchen. Wie hier im Jahr 2019 kurz nach seinem Unfall. Foto: Constantini


Mit Camp-Teilnehmer Julian beim Camp in Ischgl im Jahr 2018. Foto: Constantini


Auch im Jahr 2019 und damit kurz nach seinem Unfall fieberte Papa am Rand des Austragungsplatzes des Turniers mit. Foto: Mel Burger


Dank unserer Eltern wurde Leni und mir der Reitsport ermöglicht. Bis heute genießen wir die Zeit mit den Pferden. Foto: Fotoagentur Dill


Aleksandar Dragovich zählte zu jenen „jungen Wilden“, die ihr Nationalteam-Debüt unter Papa als Trainer gegeben haben. Foto: APA

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9783904123488
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