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Christoph Scholz, der zweite Anwalt der Kanzlei „Sorge und Partner“, wohnte in Klink. Dieser kleine Ort lag direkt zwischen Waren und Röbel und zählte circa zweitausend Einwohner. Es war ein sehr sauberes Örtchen und völlig auf Tourismus eingestellt. Der Anwalt hatte vor zwei Jahren ein Haus erworben, welches zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben war. Gemeinsam mit seiner Frau und den Verwandten hatte er das Haus mit einigen kleinen Veränderungen nach ihren Bedürfnissen umgebaut. Das Haus stand in einem Gebiet mit mehreren Eigenheimen und hatte circa 500 Quadratmeter. Zum Grundstück gehörte ein kleiner Garten, der jedoch nicht zur Anpflanzung von Obst oder Gemüse geeignet war, sondern nur zum Ausruhen diente. Das Ehepaar hatte eine kleine Terrasse angebaut, um dort mit Freunden und Bekannten gesellige Stunden verbringen zu können. Eigentlich besaß das Ehepaar beste Voraussetzungen für ein glückliches Zusammenleben, aber seit einigen Monaten hatte die Ehe einen Riss bekommen. Der Anwalt war stark in sein Berufsleben eingebunden und dadurch bedingt oft nicht zu Hause und auch an den Abenden und an den Wochenenden viel unterwegs. Er sagte seiner Frau stets, dass schließlich das Geld zur Abzahlung der Kredite erarbeitet werden muss. Seine Frau hatte anfangs dafür volles Verständnis, aber in den letzten Monaten häufte sich die Abwesenheit ihres Gatten stark und sie gewann immer mehr den Eindruck, dass er sich bewusst von zu Hause fernhielt und ihrer Meinung nach konnte dies nur mit einer anderen Frau in Zusammenhang stehen. Sie hatte ihren Mann darauf angesprochen, aber er stritt ein Verhältnis ab und versprach ihr, in Zukunft sein Verhalten zu ändern, was er jedoch nicht einhielt. Ihrerseits hatte sie vor vier Wochen ein Verhältnis mit einem Arbeitskollegen begonnen, der sich bereits seit längerer Zeit um ihre Gunst bemühte. Ihr Verhältnis konnte sie gut vor ihrem Mann verbergen, da dieser weiterhin sehr häufig abwesend war. Anfangs hatte sie sich gegen die Affäre gesträubt, gab dann aber dem Werben ihres Kollegen nach. Sie war überzeugt, dass ihr Ehemann gleichfalls eine Affäre hatte, war sich jedoch nicht schlüssig, wie es mit ihrem Verhältnis weitergehen sollte, da sie trotz aller Widrigkeiten noch immer ihren Mann liebte und sich eigentlich nicht von ihm trennen wollte. Sie versucht immer wieder auf ihren Mann einzugehen, aber er blockte ihre Versuche zur Rettung ihrer Ehe stets mit allgemeinen Floskeln ab.

An diesem Freitagnachmittag war sie zu Hause und wartete auf Christoph. Überraschenderweise kam er heute pünktlich und gut gelaunt nach Hause und seine Frau wollte deshalb nochmals den Versuch einer Aussprache wagen. Sie hatte für den heutigen Tag ein Treffen mit ihrem Verehrer abgesagt, da sie den weiteren Verlauf ihrer Affäre überdenken wollte.

„Du bist ja heute bereits vor 20 Uhr zu Hause“, begrüßte sie ihren Mann.

„Ja, aber es ist möglich, dass ich nochmal weg muss“, erwiderte Christoph.

„Du könntest heute zu Hause bleiben und wir machen es uns gemütlich.“

„Wenn kein Anruf kommt, bleibe ich zu Hause.“

„Wir könnten grillen“, schlug die Ehefrau vor. „Eine gute Idee, hast du Würste da?“

„Wir haben immer einen Vorrat da.“

„Gut, dann könnte ich den Grill vorbereiten.“

„Wir könnten uns bei dieser Gelegenheit aussprechen“, schlug die Frau vor.

„Lass uns das auf später verschieben, der Abend ist noch lang genug“, entgegnete Christoph.

„Einverstanden, ich werde alles vorbereiten.“

„Brauchst du nicht, dass kann ich erledigen. Du kannst dich noch etwas ausruhen, hattest heute bestimmt auch einen schweren Tag auf Arbeit.“

„War eigentlich ein Tag wie jeder andere“, sprach Christophs Frau.

„Wie gefällt es dir auf Arbeit?“, wollte Christoph wissen.

„Ich kann nicht klagen, bin ganz zufrieden.“

„Wie kommst du mit deinen Kollegen zu Recht?“, fragte Christoph.

Bei dieser Frage stutzte Frau Scholz, denn ihr Mann hatte sich bisher wenig um ihre Arbeit gekümmert und noch weniger nach ihren Kollegen gefragt. Sie befürchtete sofort, dass Christoph etwas von ihrer Affäre erfahren haben könnte und lenkte das Gespräch sofort in eine andere Richtung und fragte: „Hast du viele Klienten?“

„Ja.“

„Komplizierte Fälle?“

„Ein Fall bereitet mir große Schwierigkeiten.“

„In welcher Beziehung?“

„Es ist ein Scheidungsfall, wobei ich den Eindruck habe, dass eigentlich beide Parteien keine Scheidung wollen, sondern sich wieder versöhnen wollen. Es ist viel Geld im Spiel und zudem denke ich, dass die Frau des Paares, die eine Affäre mit einem anderen Mann hat, sich nicht schlüssig ist, ob diese Affäre ihr Lebensglück sein kann.“

„Weiß ihr Mann von der Affäre seiner Frau?“, fragte die leicht verwirrte Ehefrau.

„Ja, aber er liebt seine Frau dennoch.“

„Was spielt das Geld für eine Rolle?“

„Der Mann ist Geschäftsführer eine Firma, die seiner Frau gehört, welche sie von ihren Eltern geerbt hat.“

„Du denkst der Mann müsste die Firma verlassen.“

„Im Augenblick und bei dem Stand der Scheidungsklage deutet alles darauf hin.“

„Willst du eine Scheidung verhindern?“

„Ja, denn ich habe den Eindruck, dass die Frau von ihrem Liebhaber zu der Scheidung gedrängt wird und er nach der Scheidung die Stelle als Geschäftsführer in der Firma übernehmen möchte.“

„Du denkst, dem Liebhaber geht es um die Firma und nicht um die Frau?“

„Das ist mein persönlicher Eindruck“, sagte Christoph mit einem Lächeln.

„Du kannst den Grill anwerfen. Ich freue mich auf unseren ersten gemeinsamen Abend seit längerer Zeit“, sprach Christophs Frau und ging in die Küche, um die Würstchen zu holen. Er schaute ihr nach und es war deutlich zu spüren, dass der Anblick seiner Frau ihn noch immer erfreute und nicht kalt ließ. Christoph Scholz erweckte den Eindruck eines ruhigen und prinzipiell ausgeglichenen Mannes und es war sein Bestreben, dieses Verhalten auch gegenüber seinen nächsten Mitmenschen zum Ausdruck zu bringen, wobei es ihm bislang perfekt gelungen war, seine Spielsucht vor allen zu verbergen, was nicht immer leicht war, besonders gegenüber seiner von ihm geliebten Frau. Die vielen Abende, die er nicht zu Hause verbrachte, war er in einem Spielkasino und hatte schon einiges an Geld verloren, was er bestrebt war, vor seiner Frau zu verbergen. Beide hatten zu Beginn ihrer Ehe beschlossen, getrennte Konten zu führen, wobei anfallende Kosten und die Kreditraten stets getrennt von beiden Partnern gezahlt wurden und es hatte diesbezüglich bisher nie Streitigkeiten gegeben. Christoph hatte seine Vermögensverhältnisse stets vor seiner Frau verheimlicht und sie hatte sich nie direkt danach erkundigt, da sie selbst finanziell auf eigenen Füßen stand. Sie war Inhaberin eines gutgehenden Friseursalons und finanziell nicht von Christoph abhängig. Beide hielten sich stets an die Absprachen und führten ein friedliches Nebeneinander und ihre Freunde und Bekannten hatten stets den Eindruck einer glücklichen Ehe.

Wenn Christoph auf sein Leben zurückschaute, so war er eigentlich schon unbewusst immer spielsüchtig. Er hatte jede Gelegenheit ausgenutzt, um an jeder Art von Spielen teilzunehmen, aber in der letzten Zeit, besonders im zurückliegenden Jahr, war diese Spielsucht regelrecht ausgebrochen. Er nutzte jede Gelegenheit im Spielcasino in Waren in der Pappenbergstraße zu verbringen. Das Spielcasino war sehr modern eingerichtet und bot gleichzeitig die Gelegenheit zum Dartspiel und auch ein Billardtisch war vorhanden. Vor den Spielautomaten waren lederbezogene Chefsessel installiert und die Bedienung der Automaten erfolgte mittels Mausklick. In der Spielothek waren fünfzehn Automaten installiert und das Casino war täglich durchgehend geöffnet, außer in der Zeit von fünf bis sechs Uhr, da wurde das Casino gesäubert. An der Rezeption war eine freundliche Frau vietnamesischer Herkunft beschäftigt, deren Schönheit durch ihr pechschwarzes Haar noch verstärkt wurde. Die Besitzerin des Casinos war gleichfalls eine besondere Schönheit, die im Gegensatz zur Frau an der Rezeption jedoch natürliches rotes Haar hatte, was sie ein wenig nachtönen ließ.

An bestimmten Tagen, die jedoch nur einem eingeweihten Kreis bekannt waren, wurden in einem Hinterzimmer des Casinos Pokerabende durchgeführt, bei denen um größere Summen gespielt wurde. Seit einiger Zeit gehörte zu diesem eingeweihten Kreis auch Christoph Scholz, der bisher aber nur wenig Glück mit größeren Gewinnen hatte, sodass sein Konto zu seinem Leidwesen merklich abnahm. Die Besitzerin hatte Christoph bereits seit längerer Zeit beobachtet und empfand immer mehr zunehmende Sympathie für ihn. Vor vier Wochen hatte sie Christoph ihre Leidenschaft zu ihm gestanden, wovon er spürbar überrascht war, denn seine ganze Aufmerksamkeit hatte bisher lediglich dem Spielen gegolten. Christoph konnte anfangs nicht mit der Sympathie der Casinobesitzerin umgehen, aber ihr stetiges Werben um seine Gunst beeindruckte ihn immer stärker und er konnte sich ein Verhältnis vorstellen, wobei es bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht zum Austausch von Intimitäten, bis auf einige flüchtige Küsse, gekommen war. Sie hatte Christoph bereits einige Male eine Zusammenkunft außerhalb des Casinos vorgeschlagen, was er bisher ständig abgelehnt hatte, aber er wusste nicht, wie lange er dem ständigen Werben der schönen Casinobesitzerin wiederstehen konnte.

Christoph Scholz war mit dem Grillen der Bratwürste fertig und seine Gattin hatte für beide noch eine schöne Flasche Rotwein geöffnet, denn sie wusste, dass ihr Mann gern ein Glas Rotwein trank. Beide saßen am Tisch auf der Terrasse und Frau Scholz hatte zusätzlich einige kleine Happen Gemüse zubereitet. Die Abendluft war noch sehr mild und beide verweilten auf der Terrasse und genossen den Rotwein, wobei sie sich in ihren Gesprächen an ihre ersten Treffen erinnerten und immer fröhlicher und ausgelassener wurden. Während des Gespräches klingelte plötzlich das Handy von Frau Scholz und Christoph gab ihr mit einem Wink zu verstehen, dass sie getrost diesen Anruf entgegennehmen konnte.

„Ja, bitte“, meldete sie sich und lauschte dem Anrufer.

„Nein, das geht auf keinen Fall“, sagte Frau Scholz zu dem Gesprächspartner, der aber anscheinend diese Ablehnung nicht hinnehmen wollte.

„Ich sagte ihnen bereits, dass ich heute und wahrscheinlich das gesamte Wochenende zu Hause bleibe und mich in Ruhe erholen will“, widerholte sie ihre Ablehnung, ohne das Gespräch zu beenden.

Sie lauschte weiterhin dem Anrufer und sagte später: „Ich beende das Gespräch und wünsche ihnen ein schönes Wochenende.“ Sie schaltete das Handy aus und schaute zu ihrem Mann, der neugierig fragte: „Der Anrufer schien ziemlich aufdringlich?“

„Ja“, sagte sie und wirkte etwas abwesend.

„Kann ich dir helfen?“, fragte Christoph.

„Ist lieb von dir, aber es war nichts von Bedeutung.“

Frau Scholz verschwieg ihrem Mann, dass der Anrufer ihr Liebhaber war, der sich am Wochenende mit ihr treffen wollte. Sie hatte ihn abgewiesen, weil sie den schönen Abend und möglicherweise das gesamte Wochenende mit Christoph verbringen wollte. Die letzten Stunden und das schöne offene Gespräch mit ihrem Mann erweckten in ihr die Hoffnung auf eine Versöhnung mit Christoph, der nicht abgeneigt war, denn innerlich liebte sie ihren Mann noch immer. Die Eheleute scherzten weiter und waren bester Stimmung und kamen sich auch gefühlsmäßig offenbar wieder näher. Inmitten dieser Gespräche läutete das Handy von Christoph und er schaute seine Frau fragend an, welche zustimmend nickte und er meldete sich: „Scholz.“

Die Anruferin war die Besitzerin des Spielcasinos und Christoph war überrascht. „Was kann ich für sie tun?“, fragte er verdutzt.

Die Anruferin redete auf Christoph ein, der anscheinend immer mehr verwirrt war und stets zu seiner Frau schaute, die ihm zulächelte.

„Heute geht es auf keinen Fall“, sagte Christoph.

Die Anruferin gab jedoch in ihrem Bestreben eines Treffens mit Christoph nicht nach und er wurde immer unsicherer. Schließlich legte er die Hand auf das Handy und fragte seine Frau: „Kann ich morgen für einige Stunden weg?“

„Wann soll es denn sein, am Vormittag oder nachmittags?“

„Nachmittag.“

„Ja, da können wir in Ruhe frühstücken.“

Christoph schaute sie liebevoll an und sagte seiner Anruferin: „Am Nachmittag besteht die Möglichkeit. Bringen sie ihre Unterlagen mit“, fügte er noch hinzu, um bei seiner Frau den Eindruck einer Klientin zu erwecken.

Die Anruferin teilte Christoph noch den Ort und den Zeitpunkt des Treffens mit und verabschiedete sich mit dem Hinweis, dass sie sich auf das morgige Treffen sehr freue.

„Ist es wieder ein Scheidungsfall?“, wollte Christophs Frau wissen.

„Ja, der Fall über den wir gesprochen haben“, log Christoph.

Er war noch immer beeindruckt von dem Anruf der Casinobesitzerin. Er wusste, dass sie große Sympathie für ihn hegte, aber zu einem Treffen war es bisher noch nie gekommen und auch die flüchtigen Küsse hatte er nicht ernst genommen, wobei er sich selbst zugestehen musste, dass er diese Frau sehr anziehend fand und sich gelegentlich bereits einen Flirt vorgestellt hatte. Die Familie Scholz verbrachte in bester Zweisamkeit noch einen fröhlichen Abend und eine tolle Nacht.

Kai Schulten war in Mirow beheimatet, was von Waren direkt über die B 192 und dann weiter Richtung Penzlin erreichbar war. Mirow lag unweit des Müritz-Nationalparks und war ein großer Touristenmagnet. Besonders anziehend für die Touristen war der Ferienpark, welcher zu einem schönen Urlaub einlud. Er war schnell und einfach per Auto über die A24 und A19, Ausfahrt Röbel und die Bindestraße B198 in Richtung Neustrelitz bis Mirow erreichbar. Der Ferienpark grenzte an die Mecklenburger Seenplatte und von den verschiedenen Anlegern war das Erreichen der sechzehn Seen der Seenplatte leicht möglich.

Kai Schulten wohnte im Haus seiner Eltern, zu denen er nach dem Scheitern seiner Ehe vor zwei Jahren zurückgezogen war. Seine Frau hatte sich nach einigen Affären ihres Mannes von ihm getrennt und war wieder in ihre Heimat Bayern zurückgezogen. Beide hatten sich während ihres Studiums kennen und lieben gelernt und Kais Frau hatte sich damals entschlossen, nach Mecklenburg zu ziehen, was ihr nicht leicht gefallen war, denn ihr fehlten in Mecklenburg die Berge. Ihre beiden Kinder hatte Frau Schulten mit zu sich nach Bayern genommen und Kai sah seine Kinder nur noch selten, da er durch seine berufliche Tätigkeit wenig Zeit hatte und die Reise nach Bayern beschwerlich war, wobei seine Frau ihm die Begegnungen mit seinen Kindern stets erlaubte. Vergangenes Jahr hatte er mit seinen Kindern in der Umgebung von Berlin einen wunderschönen einwöchigen Urlaub verbracht und er gedachte, einen solchen Urlaub mit seinen Kindern dieses Jahr wieder zu verbringen. Zurzeit hatte er ein loses Verhältnis mit einer Berufskollegin in Brandenburg, die gleichfalls seit einiger Zeit geschieden war. Beide trafen sich meist an den Wochenenden, wenn es die Zeit und die berufsbedingten Aufgaben erlaubten.

Kai, auf Grund seiner anwaltlichen Tätigkeit im Bereich des Vermögensrechtes, viel unterwegs, da er sich die umstrittenen Immobilien, um die es meistens in den Rechtsstreitigkeiten ging, anschauen und gemeinsam mit Gutachtern befunden musste. Ihm gefiel sein Beruf und er war auch mit seiner Tätigkeit in der Kanzlei „Sorge und Partner“ sehr zufrieden. Sein finanzielles Einkommen ermöglichte ihm ein sorgenfreies Leben und er beabsichtigte, sich demnächst ein kleines Motorboot zu kaufen und damit viele Ausflüge in der Umgebung bis nach Berlin zu unternehmen. Er war bereits seit seiner Kindheit ein Freund des Wassers gewesen und konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als seine freien Tage auf einem Boot zu genießen. In seiner beruflichen Tätigkeit hatte er bereits mehrmals Familien, die ein Eigenheim erworben oder gebaut hatten, zu ihrem Recht gegenüber dem Makler oder der Baufirma verholfen und besaß einen guten Ruf. Gelegentlich mietete er sich im Ferienpark Mirow einen Bungalow und verbrachte dort einige Tage, wobei er, in Abstimmung mit dem Kanzleileiter, seine Tätigkeit in dem Bungalow fortsetzte. Prinzipiell war er sehr bescheiden und stellte keine großen Ansprüche an sein Leben und an seine Freunde, mit denen er einen lockeren Umgang pflegte und die er zu sich beziehungsweise in den Ferienpark Mirow einlud. Sein Freundeskreis beschränkte sich im Wesentlichen auf ehemalige Studienmitstreiter und seine neue Freundin.

Die Eltern hatten ihn nach dem Scheitern seiner Ehe sofort wieder im Elternhaus aufgenommen, wobei er ihnen versprach, sich so bald als möglich eine eigene Wohnung zu suchen, was er jedoch bisher sträflich vernachlässigt hatte. Seine Eltern erinnerten ihn aber auch nicht an sein Versprechen, da sie seine Anwesenheit genossen und die gemeinsamen Stunden beim Abendessen, die zwar selten vorkamen, mit großer Freude erlebten. An diesem Abend kam Kai wieder frohgelaunt in den Abendstunden im Elternhaus an und seine Mutter fragte sofort: „Bleibst du zum Abendessen?“

„Ja“, antwortete Kai.

„Dann könnten wir auf der Terrasse Bratwürste grillen.“

„Einverstanden, aber später muss ich nochmal fort.“

„Kannst du dir nicht einmal einen freien Abend gönnen?“

„Könnte ich schon, aber du weißt, ich bin beruflich sehr eingebunden.“

„Ich bin gern bei euch, aber ich habe noch eine Verabredung“, gab Kai zurück.

„Lass ihm doch seine Freiheit“, warf der Vater dazwischen.

„Triffst du dich mit Gisela?“, ließ die Mutter nicht locker.

„Sie will mich heute Abend noch anrufen.“

„Dann lass uns keine Zeit verlieren und den Grill anwerfen“, schlug der Vater vor.

„Eine gute Idee, ich helfe dir Vater.“

Kai Schulte hatte ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu seinem Vater und war ihm für seine Fürsorge in seiner Kindheits- und Jugendzeit sehr dankbar, denn Kai hatte erst spät den Sinn des Lebens erkannt und war bis zu diesem Zeitpunkt kein einfaches Kind und tobte lieber mit seinen gleichaltrigen Spielgefährten umher, als sich um schulische Belange zu kümmern. Sein Vater, der von Beruf Lehrer war, hatte ihn wiederholt über seine Zukunft aufgeklärt und sich viele Stunden mit ihm beschäftigt, damit er gute Zeugnisse erreicht und sich somit seine Zukunft nicht verbaute. Der Abend verlief in bester Harmonie und die Eltern waren stolz auf ihren Sohn.

3

Detlef Schmidt, der Immobilienmakler und Freund von Ulf Sorge, hatte sich an diesem Freitagabend auf ein ruhiges und gemütliches Wochenende vorbereitet und wollte sich zum Abendessen einige Kartoffelpuffer zubereiten. Sein Grundstück in Vipperow war abseits der kleinen Ortschaft gelegen und daher konnte er seinen Feierabend in Ruhe genießen, denn es kam ganz selten jemand bei ihm vorbei. Er wollte gegen 20 Uhr seinen Sohn anrufen und ihm nach seinem Wohlbefinden fragen. Er hatte ein sehr gutes Verhältnis zu seinem Sohn, der sehr zeitig selbstständig geworden und später mit seiner Familie an die Ostsee gezogen war.

Das Grundstück lag in gerader Richtung vor der Abzweigung in der Ortsmitte, die nach Rechlin führte. In der Ortsmitte von Vippperow gab es eine kleine Gaststätte, die in den Sommermonaten Plätze im Freien vor der Gaststätte anbot. Außerdem gab es hier einen kleinen Tante-Emma-Laden für dringende Einkäufe, ansonsten fuhren die Einwohner nach Rechlin in das Einkaufszentrum. Auf dem Weg von Röbel nach Vippperow fuhr man an einem wunderschönen Feriengelände vorbei. Es nannte sich „Fischerhof-Müritz“, war circa 500 Meter vom Wasser entfernt und hatte vier Apartments und acht Wohnungen. Die Wohnungen waren sehr großzügig gestaltet und boten sich besonders für den Ferienaufenthalt mit Kindern an. Zum Gelände gehörten ein Kinderspielplatz und eine Streuobstwiese und es wurde von altem Baumbestand umgeben. Dieses Kleinod der Erholung war bei Insidern bekannt und über das gesamte Jahr gut besucht, sodass eine Buchung bereits sehr früh zu Beginn des Jahres erforderlich war. Einige der Gäste waren bereits mehrmals zum Erholungsurlaub im Fischerhof.

Die Inhaberin des „Fischerhof-Müritz“, Frau Beate Fischer, war eine gut aussehende freundliche und zuvorkommende Frau. Bei Ankunft neuer Gäste ließ sie es sich nicht nehmen, diese bei der Schlüsselübergabe persönlich zu begrüßen. Bei diesen Gesprächen wurde nicht nur über den Fischerhof gesprochen, sondern es erfolgte auch der Austausch privater Angelegenheiten und Frau Fischer erklärte die Umgebung und deren Ausflugsziele. Die erhobenen Preise passten sich dem in der Umgebung üblichen Niveau an.

Vipperow war eine kleine Ortschaft, wo sich alle Einwohner gut kannten, wobei Detlef Schmidt ein wenig der Außenseiter war, da er nur selten in die Gaststätte ging und auf Grund seiner Tätigkeit als Makler meistens spät nach Hause kam. Die meisten wunderten sich, dass er noch in Vipperow wohnte, wo er doch ständig mit größeren und besseren Häusern und Grundstücken in Verbindung stand. Die Einwohner schätzten, dass er der wohlhabendste Mensch der Ortschaft war. Gelegentlich waren Frauen auf seinem Grundstück gesehen worden, aber diese Verbindungen hielten anscheinend nie sehr lange und er war meistens allein. Detlef Schmidt hatte sich gegen 20 Uhr auf seine Terrasse gesetzt und den Tisch für sein Abendessen vorbereitet, wobei er sich zwei Flaschen Bier dazu gestellt hatte, denn er war ein echter Liebhaber guten Bieres. Er lebte nicht auf großem Fuß, sondern legte sein Geld in verschiedenen Anlagen an, wobei er monatlich eine größere Summe seinem Sohn und dessen Familie schickte. Er brauchte für sich nicht viel Geld zum Leben, da er wenig ausging und sich auch ansonsten mit größeren Einkäufen zurückhielt. Auf Grund seiner Tätigkeit als Makler und der damit verbundenen geringen Freizeit, denn er stand seinen Kunden jederzeit für die Besichtigung von Immobilien zur Verfügung, hatte er wenig Zeit für Hobbys. Seine große Leidenschaft war das Angeln, aber es waren bereits Wochen vergangen, als er das letzte Mal angeln war. Er war mit seinem Leben zufrieden, auch wenn er sich gelegentlich, seit der Scheidung von seiner Frau, etwas einsam vorkam. Er war gesund und konnte sich, unter Berücksichtigung seiner Tätigkeit, seinen Tagesablauf nach seinen Wünschen gestalten. Alle Versuche ein neues Leben mit einer Lebensgefährtin zu gestalten, waren kläglich gescheitert, wobei er sich selbst die Schuld gab, weil er wahrscheinlich zu wenig auf die Wünsche und Vorstellungen eines gemeinsamen Lebens mit den Partnerrinnen einging.

Detlef Schmidt ging in die Küche, um die Kartoffelpuffer, die er zwischenzeitlich gebraten hatte, für das Abendessen auf die Veranda zu schaffen. Er aß die Puffer am liebsten mit aufgestreutem Zucker, den er bereits auf dem Tisch stehen hatte. Er öffnete eine Flasche Bier und goss sich ein Glas ein. Während er zu Messer und Gabel griff, wurde er plötzlich und blitzschnell von hinten mit einer Drahtschlinge an die Stuhllehne gedrückt und er spürte nur noch ganz kurz wie ihm der Atem wegblieb. Zu großen Abwehrreaktionen war er, auf Grund der Überraschung des Angriffes und der Kraft mit der sein Kehlkopf zugedrückt wurde, nicht fähig. Das Leben von Detlef Schmidt wurde in wenigen Sekunden brutal und hinterhältig beendet. Auf Grund der Abgelegenheit des Grundstückes musste der Täter nicht mit Überraschungen durch fremde Personen rechnen. Er hatte die Tat gut geplant und sich bereits längere Zeit vor der Ankunft von Herrn Schmidt auf dem Grundstück versteckt und alle Bewegungen seines späteren Opfers beobachtet. Nach der Tat setzte er sich gemütlich mit einem hämischen Grinsen in die Küche und verspeiste die von Detlef Schmidt zubereiteten Kartoffelpuffer, als plötzlich das Telefon läutete. Der Täter hatte mit diesem Anruf nicht gerechnet und schaute etwas verwirrt auf den Apparat. Nach einiger Zeit schaltete sich der Anrufbeantworter ein und eine männliche Stimme sagte: „Hallo Vati, leider habe ich dich nicht erreicht, bitte rufe zurück.“

Der Täter ließ sich davon nicht beeindrucken und begann mit der Säuberung des Essgeschirrs und schaute sich gewissenhaft in der Wohnung nach möglichen Spuren seinerseits um. Auf Grund der Bodengestaltung der Terrasse und der gesamten Küche, die mit Laminat ausgelegt war, brauchte er wenig Gefahr hinsichtlich von zurückgelassenen Spuren zu befürchten, dennoch wischte er beide Räume kurz durch, wobei er sich reichlich Zeit nahm, denn er befürchtete nicht, von anderen Menschen beobachtet zu werden. Nachdem er alles nochmals gründlich betrachtet hatte, schien er mit seinen Werk zufrieden und zog als letztes den getöteten Detlef Schmidt mit dem Stuhl in die Küche und verdunkelte mittels der eingebauten Vorhänge den Raum. In der Zwischenzeit war es bereits dunkel geworden und er verließ das Grundstück. Die Einwohner der Ortschaft hatten sich bereits in ihre Wohnungen zurückgezogen oder waren schon zu Bett gegangen. Er umging die Gaststätte, wo noch zwei Tische mit Männern besetzt waren, und entfernte sich aus Vipperow, um zu seinem geparkten Auto zu gelangen und fuhr Richtung Rechlin davon.

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22 декабря 2023
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9783960081432
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