Читать книгу: «Die gesellige Hausfrau 1892», страница 2

Шрифт:

Wohltätigkeitsfeste (Bazare etc.).

Gräfin X. ist sehr glücklich im Weiterspinnen und Weben dieses ihres neuesten Opus. Durch und durch eine moderne Frau, ist sie bestrebt, ihren Festen auch den Reiz des modernen Lebens zu verleihen; das Stilvolle und das Individuelle zum Ausdruck zu bringen. Zur Erfüllung ihrer geselligen Pflichten zählt auch das Unternehmen von Bazaren und ähnlichen Wohltätigkeitsfesten; und in der Tat gehören diese in unserer Zeit so wesentlich zu dem Bilde unseres modernen öffentlichen Lebens, daß es für eine wirklich gesellige Hausfrau unerläßlich ist, einige Erfahrung darinnen erworben, einige Kenntnisse darüber gesammelt zu haben.

Bazare werden vielfach verurteilt. Meines Glaubens mit Unrecht. Nicht in der Idee, in der Ausführung, in der mehr oder weniger edlen Ausführung liegt das Verwerfliche. Wann aber wäre je eine Idee – auch die erhabenste – durch die Menschheit geschritten, ohne von ihr beschmutzt, entstellt zu werden!

Bazare sind für unsere Zeit eine Notwendigkeit geworden. Die Bedürfnisse, die Not sind überall tausendfach größer, als die dafür vorhandenen, gesetzlichen Mittel,. Freiwillig aber seinen Zehnten, nein, nur seinen Tausendsten dem Wohl der Allgemeinheit, der Armut, dem Elend zu geben, fällt den wenigsten ein. So muß denn die Selbstsucht gedungen werden, um der Selbstlosigkeit zu dienen.

Bazare haben mancherlei, durchaus nicht unedle Reize. Sie haben den großer, öffentlicher Feste, den des Zusammenströmens, der Vermischung der Gesellschaftsklassen, den eines nach allen Seiten Blüten und Ranken treibenden Spieles des Geistes, der Phantasie, der Erfindung, sie haben den Reiz einer allgemeinen, fröhlich gehobenen Stimmung, hervorgerufen durch das mehr oder weniger berechtigte Bewußtsein, etwas für das Allgemeine zu tun, „gut“ zu sein.

Sie haben auch außerdem noch für viele den Reiz, das Geld, das man dabei zu eigner Freude ausgibt, zugleich für das Allgemeine zu opfern und zwar auf eine wohlsichtbare Weise.

Aber gerade das wird ja den Bazaren vorgeworfen, daß sie auf die Genußsucht der Menschen spekulieren. Auch dies ist an sich nicht unsittlich. Es kommt nur darauf an, auf welche Genußsucht. Der Trieb nach Freude, auch nach festlich gehobener Freude, ist dem Menschen angeboren und ist für ihn nur natürlich, keineswegs etwas Schlimmes – im Gegenteil.

So möge er diesen Trieb befriedigen und einen Lohn dafür zahlen, der auch anderen Freudlosen zur Freude verhelfen kann. Kein Raub, ein Tausch seien solche Feste. (Es leite wieder der Grundsatz: auch geben wollen, nicht nur nehmen.)

Sehr unbedacht sind Bazare, welche immer wieder von Geschäftsleuten fordern, diese moralisch zu einer Wohltätigkeitssteuer zwingen, welche nicht im Verhältnis zu der der übrigen Gebenden ist.

Auf die reichgefüllten und oft gerade deshalb so fest verschlossenen Börsen der Reichen dieser Welt bei solchen Unternehmungen zu „spekulieren“, ist berechtigt und nur „Schlangenklugheit“.

Auch das Mitleid mit solchen, die sich auf Bazaren zu größeren, als ihnen erlaubten Ausgabe hinreißen lassen oder behaupten, sich dazu verpflichtet und gezwungen zu fühlen, ist falsch. Jeder gebe sein Scherflein nach seinen Verhältnissen, gebe so viel aus, als ihm gestattet ist. Er habe eben den Wahrheitsmut seines Geldbeutels, der doch wahrlich nicht den wahren Wert eines Menschen bestimmt. Hierfür ist die Eitelkeit der Menschen, sind nicht Bazare verantwortlich zu machen.

Bazare können, richtig erfaßt und bis ins einzelne richtig durchgeführt, nicht nur sehr nutzbringend, sondern zugleich auch eine lautere Quelle gemeinsamer Freude werden. Auch für das Volk. Und statt daß manche ernst gesinnte, edle und auf ihre Weise frommer, stiller Liebestätigkeit zugeneigte Frauen sich von solchen nicht mehr zu entbehrenden und darum auch nicht mehr zu unterdrückenden Unternehmungen abseits, ja ihnen gegenüberstellen, würden sie tausendmal segensreicher wirken, wenn sie dieselben mit einem edlen Geiste (mit dem Geiste, welchen wir am Anfange dieses Büchleins besprachen) zu durchdringen suchten.

Derlei Bazare brauchten auch, sofern sie überhaupt auf ein großes Publikum berechnet sind, durchaus keine – ihnen so oft vorgeworfene – „Verführung für’s Volk“ sein. Sie könnten im Gegenteil als Volksfeste edleren Stils, das vorhin besprochene Verlangen nach Festesfreude untadelig befriedigend, für Nehmen und Geben gleich nutzbringend sein. Denn wie viele sind es denn, die sie überhaupt um dies Festfreude-Bedürfnis des Volkes annehmen? Meist nur Spekulanten, welche daraus Gewinn für sich suchen, Gewinn um jeden Preiss, auch um den der Verrohung, Verführung, Verderbnis.

Ein Rechnungsfehler bei solcher Berücksichtigung der Volksfreude in bezug auf die zu erzielende Einnahme könnte sich eventuell freilich ergeben und das ganze Unternehmen ziemlich ziellos erscheinen lassen. Dem wäre eben durch eine geschickte Anlage der Sache überhaupt vorzubeugen und durch die Einrichtung, daß nur ein letzter Tag auf „Volkspreise“ gesetzt wäre.

Es ist gewiß dem größten, oder wenigstens dem besten Teil der bei solchen Spielen Mitwirkenden eine Befriedigung, mit ihren persönlichen Talenten und Leistungen nicht nur jedem Zahlenkönnenden, sondern auch dem pekuniär Beschränkten Freude zu machen.

Aber schon höre ich wieder die Tatsächliches-Fordernde meiner Leserinnen ungeduldig werden! Schnell also zurück zu unserem

Chinesischen Bazarfest.

Der ganze Aufbau wird derselbe wie bei dem chinesischen Tee der Gräfin X. Hause sein, nur den größeren Verhältnissen des offiziellen Lokales angepaßt.

Zudem wird eine fachmännische Autorität erschmeichelt werden, um einen kulturhistorischen Vortrag über China mit Lichtbildern zu halten. Ein belletristisch erprobte Persönlichkeit, vielleicht Reporter von Ruf, der die China-Expedition begleitete, soll frische, lebendige Geschichten und Geschichtchen erzählen, vorplaudern. Der Zauberer soll noch intensiver und breiter auftreten, das chinesiche Schauspiel – zu möglichster Vollendung entwickelt – der Glanzpunkt des Abends werden. Buden mit allen nur möglichen chinesischen Lebensspezialitäten werden in üppigster Fülle aufgeschlagen sein. Chinesische Gerichte, vor allem Reis, sind bei bezopften Köchen zu haben, Tee wird in reizenden „Teehäusern“, echt, die Untertasse auf der Obertasse liegend, genommen.

Chinesische Literatur wird, in Übersetzung, von den Buchhändlern besorgt. Ein eigenes, kurzes, originell verfaßtes Büchlein erscheint speziell dafür. Verschiedene chinesische Weisheits-Sprüche 5) werden auf Postkarten verfielfältigt, während das Hauptkorps dieser ewig jungen Modekinder die chinesische Mauer, ihre ruhmreichen Erstürmer und andere chinesische Motive zeigt.*)

Zwei Tage des Festes sollen mit hohen Eintrittspreisen gute Einnahmen erzielen, der dritte soll dem Volke gehören d. h. sehr niederer Eintritt soll allen die Teilnahme ermöglichen, wobei eventuell auch trotzdem die Menge gutes Resultat für den Zweck des Unternehmens bringen kann.

In der ersten Komiteesitzung, welche über diese chinesische Idee zu beraten hatte, zeigte es sich, wie sehr sich mit der allgemeinen Ausdehnung unserer nationalen Gesichtskreises durch Kolonieen und Flotte auch der Horizont der Bazare zu einem überseeischen erweitert hat. Mußte auch der Vorschlag einer begeisterten Flottenvereinlerin, ein Schiff darzustellen, als zu kostspielig verworfen werden, so erwiesen sich doch Dinge wie italienische Nacht ec. als vollkommen verblühte Blumen. Jetzt blühen nur mehr exotische.

In der Tat wurde sehr über einen Kolonial-Bazar, in ähnlicher Ausführung wie der chinesische, debattiert. Ebenso auch über einen den ganzen Erdkreis umfassenden Aller Welt- oder Von-Nord-nach-Süd-Bazar.

Ja dieser letzte hatte sogar Aussicht gehabt, die chinesische Idee zu besiegen, hauptsächlich ein paar mutwilliger, junger Frauen wegen, welche es sich reizend dachten, als Eskimo-Weibchen in einer Eskimohütte Tran (Tee) zu schenken, Eis- und Eisbärfelle zu verkaufen.

Nicht weniger dankbar als Bazare auf solch ethnographischer Grundlage sind solche auf

historischer und kulturhistorischer.

Für einen solchen plädierte sehr überzeugend der Schriftführer des Vereins, ein selbst sehr „historischer“ Fachmann: Vergangene, namentlich in der Städte-Blütezeit des 15. und 16. Jahrhunderts gefeierte Volksfeste, festliche Äußerungen aus Anlaß eines bedeutsamen, geschichtlichen Ereignisses aus der Stadt, in welcher der Bazar stattfinden soll, seien äußerlich ebenso anziehend, als innerlich erfreulich. Würden auch im allgemeinen größere Momente, wie Kaisereinzüge, Tourniere ec. als zu kostspielig wegbleiben müssen, so bliebe doch noch ein großer Schatz verwendbarer, kulturhistorischer Lebensäußerungen z. B. auch Aufführungen der Werke zeitgenössischen Dichter (wie es etwa in Nürnberg mit Werken von Hans Sachs der Fall wäre).

Am besten eignet sich für einen historischen Bazar die Rokokozeit, in einer zeitlich etwas weiten Ausdehnung. Zeitgemäße theatralische Aufführungen (siehe auch das „Schäferspiel in Rokoko“ im zweiten Teil), ein Mozartsches Quartett, von Rokokoherren in einem Mozart-Zimmer gespielt; ein, vom Spinett begleitetes, von Rokokopaaren getanztes Menuett, vielleicht auch eine von guten Dilettanten aufgeführte Glucksche Oper, oder ein Singspiel, Stammbuchblätter in Form der unentbehrlichen Postkarte, ein Stammbuch, Original und reproduziert, (mit Autographen, Moment-Photographien in Silhouetten-Art) – all dies und dergleichen mehr ist ebenso gefällig, als leicht durchführbar.

Dieser anmutige Vorschlag unseres verehrten Geheimrats bringt mich auf einen der reizendsten Bazare, bei welchen ich mich je beteiligte. Derselbe wurde von einem Verein junger Mädchen – ein Verein zugunsten von Teeabenden für Ladnerinnen – abgehalten als

Blumen-Lauben-Bazar.

Die zugrunde liegende Idee war: den ganzen, nicht sehr großen Saal in einen Blumengarten mit Lauben zu wandeln, in welchen man Kaffee, Tee oder Schokolade – der Bazar wurde nur nachmittags von 2 – 8 abgehalten – trinken konnte.

Jede der jungen Damen hatte es unternommen, ihre Laube je mit einer andern Blume auszustatten. Die des Blumenmachens Kundigen fertigten selbst das ihnen Nötige; andere zogen arme Blumenmacherinnen zur Hilfe heran. Außerdem vermischten sich in den Zweigen der künstlichen Blumen auch lebende, um des Duftes willen, der übrigens auch den künstlichen beigebracht war.

Der Anblick dieses Saales war entzückend. Die Wände waren bis zur halben Höhe mit hellgrünem Stoff behangen. Davon hoben sich unendlich freundlich und freudig alle die Lauben – Rosen in jeder Art und Schattierung, Flieder, Clemathis, Goldregen, Schneeballen, Geißblatt, Kapuziner, Pfirsichblüte ec. – ab. In den Zwischenräumen standen grüne Sträucher, hingen blühende Gewinde.

Vor jeder Laube war je ein Gärtchen eingerichtet. Zierliche Gartenmöbel – meist aus der jungen Damen Häuser selbst geliehen – luden zum Genuß der Erfrischungen, welche jede Laubeninhaberin verkaufte. Die Laube hatte seitlich je eine Fensteröffnung mit Fensterbrett, bestanden mit blühenden Blumenstöcken und Sträußen zum Verkauf. In einzelnen dieser reizenden Fenster, doppelt reizend, wenn die Inhaberin anmutig die Speisen herausreichte, hingen niedliche Käfige mit Kanarienvögeln, welche fröhlich und stimmungsvoll in die lustige Welt hinauszwitscherten und sangen.

Die jungen Damen gingen alle in der Landestracht – holländisch – was ganz besonders anmutig zum allgemeinen Charakter stimmte.6)

Hellklingende, freundliche Weisen spielende Streichmusik erhöhte noch die fröhliche, sonnige Stimmung.

Der Blumengarten war drei Nachmittage geöffnet. Am dritten, Sonntags, zu Volkspreisen. An diesem wurden in letzter Stunde die künstlichen Blütenzweige der Lauben verkauft. Um Geringes, ohne den Reichen Schranken zu setzen, um Pfennige. Manche Arbeitersfrau, der solch ein Schmuck für ihr Heim sehr herrlich dünkte, ging glückselig damit nach Hause.

Für Unternehmungen mehr exklusiven Charakters und vornehmeren Stiles sind seit einiger Zeit

Kunst-Ausstellungen,

Ausstellungen von Kunstgegenständen, die in Privatbesitz sind, in Aufnahme gekommen. Es ist dies ein Gebiet, welches sich je nach der Ausführung, auch in Spezialitäten: nur Gold- und Silberarbeiten, nur Gemälde, nur Porzellan, nur Handarbeiten, sehr erfolgreich bebauen läßt. Am besten und feinsten eignet sich hierzu das Privathaus. Je vornehmer das Haus, das sich hierzu leiht, je besser der Zuspruch und pekuniäre Erfolg, welche noch gesteigert werden können, wenn sich die betreffende Hausfrau entschließt, in ihrem Haus, sei dies auch ein Palais, auch, wenigstens zu einer bestimmten Stunde, selbst zu empfangen.

In gleichem Charakter können auch die bekannten

Tee-Abende,

wie sie in Großstädten in christlichen Vereinen, Hospizen ec. der Brauch sind, nutzbar gemacht werden.

In X. hielt ein Wohltätigkeits-Verein unter dem Vorsitz der Fürstin A. H. in diesem Sinne einen Gesangs-Abend, welcher reiche Ernte trug. Die Grundlage dieses Unternehmens waren die aus Gefälligkeit gegebenen Lieder einer Konzertsängerin erster Klasse, der Schauplatz war der große Saal eines Klubhauses.

Jede der zwölf Komitee-Damen hatte je einen Raum im Saale als persönlichen Empfangswinkel übernommen. Sie richtete sich dort mit eigenem Hausrat – Paravents, Sofas, Puffs, Teetischen, traulich behaglichen, familienhaften, hohen Stehlampen, Blumenvasen – möglichst hübsch und intim ein. Die Bewirtung übernahm sie ebenfalls persönlich mit eigenem Geschirr, Diener ec. als Bewirtungseinheit war – das Fest war vor dem Theater von 6 – 9, hätte aber ebensogut nach demselben von 9 – 12 sein können – festgesetzt worden: Tee, Gebäck, belegte Brötchen, Eis, Obst, Wein, Likör, Glühwein, Grog, Punsch, Bier in kleinen Gläsern.

Jede der Damen lud sich ihre Gäste ein, Einladungen, die größtenteils als Ehre und Glück empfunden wurden. Die Karte lautete:

„Am ….. wird Frau S … (Name der Sängerin) die Güte haben, in einem Gesangs-Abend, veranstaltet vom ….. Verein, zu dessen Gunsten Lieder vorzutragen. Sollten Ew. Hochwohlgeb. gesonnen sein, diesen Abend zu besuchen, – Eintrittskarten à 10 Mark sind im Klubhause X. gegen Vorzeigung und Umtausch dieser Karte zu lösen – so bittet Fürstin A ….. hiermit, Herrn Kommerzienrat M. mit Frau und Fräulein Töchtern um das Vergnügen, sie an ihrem Teetisch im großen Saale des Klubhauses empfangen zu dürfen.

Antwort erbeten.“

Die unentbehrliche Postkarte fehlte, als einziger Verkaufsgegenstand, selbstverständlich auch nicht und trug neben dem künstlerisch ausgeführten Datum und Zweck des Unternehmens je das Wappen – die Damen gehörten sämtlich der hohen Aristokratie Österreichs an – der Gastgeberin.

Der Ertrag dieses Festes war glänzend.

Nicht unerwähnt darf ich in diesem Kapitel einen neuen Zweig solcher Bazare, als

Kinderfest

lassen. Solche Bazare können, besonders so lange sie den Reiz der Neuheit haben, ebenfalls ganz einträglich werden. Ganz im Stile eines Jahrmarkts angelegt, am besten auf einer Festwiese oder wegen der Unbestimmtheit des Wetters in Saal oder Halle, lassen sie sich unendlich reichhaltig entwickeln. Alles was Kinderherzen auf Jahrmärkten entzückt, kann diesen hier in verfeinerter, veredelter Weise geboten werden. Dazu kommen dann noch theatralische Aufführungen, teils von Kindern, teils von Erwachsenen dargestellt.

Um den Eintritt auch armen Kindern zu ermöglichen, wird derselbe, für einen der drei Tage (für die Kinder, nicht für Erwachsene) nur auf wenig Pfennige festgesetzt. Kinderfreunde können sich dann noch das Vergnügen machen, Billets in großer Anzahl an die Volksschulen zur Verteilung an arme Kinder zu schenken.

Ich kenne eine edle, warmherzige Frau, die es liebt, auch

Familienfeste

weiter auszudehnen, und die zum 7. Geburtstag ihres einzigen Sohnes den Kindern der Orte, in welchen ihre Besitzungen liegen, solch ein Fest gibt.7)

Es ist dieser seltenen Frau geradezu ein Leid, daß bedeutsame Familienfeste nirgend mehr zum Band von Mensch zu Mensch benützt und festliche Freuden, welche man sich hierbei selber schafft, auch in ihren dafür geeigneten Momenten, nicht mit anderen geteilt werden. Den Einwand, daß die Verhältnisse ganz andere geworden seien und nirgend mehr soviel Reichtum und zugleich Stellung und Ansehen in einer Hand lägen, wie einst, läßt sie nur mit Beschränkung gelten. Sie behauptet, – und wohl mit Recht! – daß auch im Mittelstande sehr oft Feste gegeben werden, welche geteilt werden könnten. Statt dessen aber seien die meisten solcher Familienfeste und Aufführungen geradezu hermetisch für ein paar Menschen abgeschlossen und nicht einmal der Dienerschaft, den Arbeiterinnen, die sich für die Kostüme mühten, werde freundlicher Zutritt ermöglicht.

Sie beklagt bei jeder Hochzeit eines gekrönten Paares oder ähnlichen Festen, welche sie veranlassen, ihre Hofschleppen hervorzunehmen, wieder neu das Verschwinden des mittelalterlichen Brauches, der die Hochzeiten regierender und anderer hoher Häuser zugleich zu Volksfesten gestaltete. Heutzutage aber habe nur mehr die Hofgesellschaft etwas von all solchen Festlichkeiten, während sich alle übrigen Landeskinder mit nur zufällig erhaschten Momenten begnügen müssen. Sie träumt schon jetzt davon, einst die Hochzeit ihres kleinen Töchterchens in diesem alten, verlorengegangenen Sinne zu feiern und hat sich schon jetzt ausgemalt, wie sie dereinst auf ihrer großen, dann jedermann zugänglichen Parkwiese vor dem Brautpaar allerlei Spiele, Gaben-Überreichung ec. aufführen lassen wolle.

Wiewohl derlei Hochzeiten im großen Stil innerhalb der Aristokratie der Geburt und des Geldes nicht in den Rahmen dieses Büchleins gehören, welches dem gleichen Leserkreise wie mein kleines Werkchen, die „Elegante Hausfrau“, gewidmet ist, so möchte ich sie doch, da wir nur einmal bei dem Abschnitt

Verlobung, Polterabend, Hochzeit

angelangt sind, flüchtig streifen.

Mehrere von den Festspielen des II. Teils eigenen sich übrigens, ja nach der Ausführung, gleich gut für größeren Stil, als auch für den bescheidenen Rahmen.

Ein speziell aber auf aristokratischen Standpunkt erwachsener Gedanke (ohne daß derselbe übrigens nicht auch für alte, stolze Bürgerhäuser variiert werden könnte) ist der:

Einen Stammbaum

zu illustrieren. Das Stammbaumblatt selbst soll in wandhoher Ausführung, welche den „Baum“ besonders schön betont darstellt, in den Farben der neu sich vereinenden Häuser gehalten sein. Ein Herold deutet den Stammbaum bis hinauf zur Gipfelung; in der Vereinigung der letzten Zweige hängt das Wappen der Braut. Er verkündet dazu von den am Stammbaum leuchtenden Namen allerlei „Alte Mären“, Familiengeschichten, die durch „lebende Bilder“ illustriert werden.

Sehr bekannt und immer wirkungsvoll ist die Ausführung der Idee der lebendig werdenden

Ahnenbilder,

oder wenigstens einiger hervorragender, aus alten Familienbildern heraustredender und in der jeweiligen Zeitsprache glückwünschenden Gestalten.

Noch reicher läßt sich ein

Tournier

gestalten, ebenfalls sich an irgend eine gewisse Familientradition anlehnend, oder an ein für die Familie bedeutsames altes Hochzeitsfest. (Im kleinen Stil kann hier auch „Als der Großvater die Großmutter nahm“ – etwa im Empiregeschmack – dargestellt werden.)

Sehr anregend, den Kostümen nach sehr prunkvoll ist es, ein

Kartenspiel

mit lebenden Karten zu spielen, wobei im Tanzschritt, mit Musik, natürlich Coeur-Dame den letzen entscheidenden Stich tut. In gleicher Weise kann auch ein

Schachspiel

mit der Königin als Siegerin gegeben werden. Sehr dankbar ließe sich der

Ring des Frangipani

nach dem reizvollen Werke Henry Thodes8) verwenden. Und zwar ebensogut bei einer glänzenden Feier der Verlobung, als der des Trauring-Wechsels. Ein Gelehrter, etwa im Faust-Kostüm, sitzt unter Büchern; ein italienischer Arbeiter bringt den Ring; nachdem der Arbeiter sich entfernt hat, träumt der Gelehrte sich in die Geschichte des Ringes weiter. Es erscheinen ihm dazu, gleichsam als lebhafte Gedankenbilder, im Hintergrunde die betreffenden Gestalten im lebenden Bild, oder als Pantomime.

Selbstverständlich muß der Gelehrte ein ausgezeichneter Deklamator sein, welcher die aus der tiefpoetischen und geschichtlichen Darstellung Thodes herauszuhebenden und nur noch ganz wenig mit eigener Zutat zu verbindenden Stellen nicht als Schauspieler, sondern wirklich wie ein von seinen Gedanken nach rückwärts getragener Gelehrter und Dichter zugleich, zum Ausdruck bringt.

Festspiele, welche, je nach den Verhältnissen, einfacher oder prunkender dargestellt werden können, sind im II. Teil: „Liebe und Heimat“, „die Hausgeister“, „Übergabe einer Bibel“. Für ausschließlich heitere Belebung des Polterabends eignet sich der kleine Scherz: „Die Speisekammer“.9)

Sehr dankbar ist auch das Auftreten der Gestalt des Hochzeitbitters, wie sie in Oberbayern gebräuchlich ist: Gebirgstracht, Strauß im Knopfloch, Hut und Stab reich mit flatternden Bändern behangen (siehe das bekannte Bild von Kaufmann). Der Hochzeitbitter kündet in Verschen altbayrischer Mundart 10) allerlei Gäste an, welche er geladen habe: die Frömmigkeit, Fröhlichkeit, Freigibigkeit, Verträglichkeit ec. Er schildert diese „Gäste“ entweder nur in Worten, oder es werden seine Worte auch lebendig durch das tatsächliche Erscheinen „der Geladenen“, welche Geschenke überbringen. Am besten erscheinen sie auch in Gebirgstracht nur mit Kennzeichen ausgestattet; so die Fröhlichkeit mit einem bunten Kranz und Zither oder der Humor mit fröhlichen „Burschen“ am Hut und Stock, die Stielerschen oder ähnliche Gedichte, Fritz Reuter ec., überreichend.

Ebenso heiter belebend kann der Hausierer wirken, wenn er von einer wirklich witzigen und redegewandten Persönlichkeit übernommen wird. Derselbe trägt in seinem allbekannten, über den Nacken hängenden Schaukasten allerlei, einem jungen Paar nützliche Dinge, als da sind: Der Geduldsfaden, der nie abreißt, die rosa Brille, die alles im besten Lichte sieht, eine neue „Suppenwürze“: gute Laune, ein großer, roter Regenschirm gegen eheliche Donnerwetter, ein Lichtlein, welches einem aufgesteckt wird, ein Laternchen, mit dem die Frau dem Manne heimleuchtet, ein Deckelchen zum Töpfchen, wenn’s überkocht, Hemdknöpfchen, die nie abreißen u. dgl. m.

Ein im Stoff durchaus nicht neuer, aber doch immer gefälliger Scherz ist das Erscheinen eines Schusterjungen (kann ganz dezent von einem ganz jungen Mädchen gegeben werden), welcher in Dialekt, – am geeignetsten (wenn nicht den lokalen) – ist bekanntlich hierfür der Berliner, da ja auch der Berliner Schusterjunge sich durch besondere „Findigkeit“ auszeichnet.

Neu ist die zeitgemäße Pagode. Sie wird dargestellt von einer in vollständig chinesischem Pagodenkostüm gekleideten Persönlichkeit, eine Larve von möglichst porzellanenem Aussehen vor dem Gesicht. Zukunfts- und Vergangenheitsfragen, welche eine Freundin der Braut stellt, werden von der Pagode mit nickender oder verneinender Kopfbewegung beantwortet. Bei

Бесплатный фрагмент закончился.

399
573,60 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
162 стр. 5 иллюстраций
ISBN:
9783867778039
Художник:
Издатель:
Правообладатель:
Автор
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают