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Читать книгу: «Meine Seele will endlich fliegen», страница 3

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Nach Angaben der Stiftung Deutsche Depressionshilfe erkranken jedes Jahr in Deutschland insgesamt etwa 5,3 Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression. Die Mehrheit der Deutschen ist im Lauf des Lebens entweder direkt aufgrund eigener Erkrankung (23 %) oder indirekt als Angehöriger eines Erkrankten (37 %) von einer Depression betroffen. Ist Depression überhaupt eine Krankheit? – Dies mit Ihnen hier zu diskutieren habe ich an dieser Stelle nicht vor. Ich folge mit diesem Buch meinem Gefühl, dass es allerhöchste Zeit wird, dass wir uns gesamtgesellschaftlich gesehen mit den Ursachen und Folgen eines mitunter so krank machenden gesellschaftlichen Systems und den tragischen Folgen dieser Diagnose „Depression“ einmal intensiver auseinandersetzen. Dass wir lernen, offen, verständnisvoll und mitfühlend über dieses „Krankheitsbild“ zu reden, ohne vor der Diagnose die Augen zu verschließen und davon zu laufen, als wäre sie ein Gespenst. Schließlich könnten Sie oder Ihr Kind, Ihr Partner, ein Familienmitglied morgen gegebenenfalls selbst Leidtragender/Leidtragende einer solchen Diagnose sein. Oder als Familienangehöriger, Partner/in, Freund/in davon in Mitleidenschaft gezogen sein.

Was mich sehr ärgerlich macht, ist, die Betroffenen ganz einfach und ganz schnell mal in die Schublade „krank, weil depressiv“ zu stecken und sie insgeheim wegen ihrer Diagnose und der daraus entstehenden Kosten im Gesundheitswesen letztendlich sogar noch zu „verurteilen“. Glauben Sie mir: Die Depression sucht sich keiner aus. Sie passiert mit uns. Und meiner Meinung nach liegen viele ihrer Ursachen in unserer Leistungsgesellschaft, in einer „überreizten“ Wettbewerbsgesellschaft, im gnadenlosen Konkurrenzdenken, das uns Menschen so sehr voneinander entfernt. – Kein Wunder, wenn eine Gesellschaft, die fast nur noch auf Leistungssteigerung, Profitdenken und Gewinnmaximierung setzt, irgendwann, weil allzu sehr „entmenschlicht“, am Zusammenbrechen ist. Doch auch diese Diskussion werde ich an dieser Stelle nicht mit Ihnen führen. Dafür muss ein anderer Rahmen her.

Was mir am Herzen liegt, sind vor allem die betroffenen Menschen, egal ob Jung oder Alt.

Daher mache ich es mir heute zur Aufgabe, mit diesem gesellschaftlichen „Tabu-Thema“ zu brechen, indem ich offen und ehrlich über meine eigene Geschichte spreche. Die Geschichte „meiner“ Depression. Heute kann ich dies tun, denn inzwischen habe ich gelernt: „Ich bin nicht diese Geschichte. Ich bin nicht diese Diagnose. Ich bin so viel mehr!“ – Doch es hat seine Zeit gedauert, bis ich wieder so denken konnte und bis ich es vermochte, aus einem anderen Fokus heraus auf die „Geschichte (m-)einer Depression“ zu schauen.

Heute danke ich dieser Depression. Heute weiß ich: Die Depression war bzw. ist meine Lehrerin. Im Grunde genommen will sie nur das Beste für mich. Sie will mich aufrütteln und mich etwas Wichtiges lehren. Das Problem war nur, dass ich dafür erst einmal wieder selbst „die Schulbank drücken“ musste, um das sogenannte „Alphabet“ dieser Art des „Nicht-mehr-in-der-Welt-sein-Wollens“ zu verstehen. Ich musste erst durch die einzelnen Stationen dieser Krise, dieser gesamten Symptomatik und Problematik gehen, um meinen „Grundwortschatz“ fürs Leben zu erweitern. Ob mir dies gelungen ist? – Urteilen Sie selbst. Die Motivation meines Handelns ist, Sie anhand meines Beispiels vertraut zu machen mit den einzelnen Stufen dieses Phänomens der Depression. Auf die mir mitgegebenen Diagnosen Burnout und Posttraumatische Belastungsstörung (= PTBS) werde ich nicht ganz so intensiv eingehen wie auf die Depression. Dennoch erscheint es mir wichtig, sie nicht ganz auszublenden, denn für mich sind sie beide wesentliche Bestandteile, Begleitfaktoren der Depression. Das „Schwergewicht Burnout, Depression und PTBS“ kommt meist nicht allein in unser Leben. Oft hat es noch unzählig viele andere Symptom-Anteile mit im Gepäck. Welche das bei mir im Einzelnen waren, die mich letztlich „dienstunfähig“ werden ließen, davon erzähle ich Ihnen später mehr. Doch soviel sei schon einmal gesagt: Sie sind alle ein unverzichtbarer Teil meiner Geschichte, verweisen inhaltlich noch auf so viel mehr. Sie sind ihrerseits eine eigene Entdeckungsreise wert. Was ich für mich inzwischen begriffen habe, lässt sich mit diesen Worten wiedergeben:

„Ich muss etwas selbst erleben,

um es weitergeben zu können.“

Clemens Kuby

Lassen Sie mich dieses Zitat von Herrn Kuby dahingehend noch ergänzen: „Ich muss etwas selbst erleben, um es begreifen und weitergeben zu können.“ – „Ich muss u. U. etwas durchlitten haben, um es besser verstehen und nachvollziehen zu können.“ – Will damit sagen: Ja, ich muss selbst erst durch das „Tal der Dunkelheit“ gewandert sein, muss selbst dort meinen Schatten begegnet sein, muss selbst dort geweint und getrauert haben, um letztlich andere Betroffene in Gänze um so vieles besser zu verstehen. Und wenn es mir irgendwie möglich sein sollte, das Schicksal vieler von dieser Thematik betroffenen Kinder & Jugendlichen oder auch Ihr Schicksal mit meinen Ausführungen in diesem Buch auch nur ein wenig zu wenden, so bin ich dankbar und froh für diesen Impuls, der mir sagte: „Schreib dieses Buch!“ Denn wer könnte besser nachvollziehen und verstehen, wie Ihnen unter Umständen gerade geschieht, als eine Betroffene, die selbst vor die Aufgabe gestellt war, sich ihrer gänzlichen Lebenssituation – beruflich wie privat – voll und ganz NEU bewusst zu werden. Und der es zum Glück gelungen ist, sich aus der Dunkelheit ihres Lebens wieder in ein lichtvolleres Dasein hinzubewegen.

Menschen zu begleiten war bereits als Lehrerin und Schulleiterin der Motor meines Handelns. Und da es mir eine Herzensangelegenheit ist, von der Depression Betroffene – so gut ich es vermag – wieder in ein selbstverantwortlich mitgestaltetes Leben zu begleiten, deshalb gibt es dieses Buch, das zum einen in den mir dafür wichtigen Teilbereichen meine eigene Situation beschreibt, das Sie zum anderen aber auch auf eine Reise ganz anderer Art mitnehmen will. Auf eine Reise, die sich nicht in Kilometern bemessen lässt, sondern auf eine Reise, auf der nach und nach immer mehr an Verstehen tieferer Zusammenhänge, Erkenntnis und Heilung geschieht. – Auf eine Reise in ein friedvolleres, sinnerfüllteres und glücklicheres Leben. Es geht mir dabei nicht darum, Sie mit meiner Geschichte mehr oder weniger gut zu „unterhalten“. Es geht mir darum, …

 Ihnen anhand einiger Beispiele aus meiner persönlichen Situation aufzuzeigen, wie höchst intelligent unser Körper mit unserem Geist und unserer Seele kommuniziert.

 Sie darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, die Zusammenhänge und diese Sprache unseres Systems „Körper-Geist-Seele“ immer besser zu verstehen.

 Sie daran zu erinnern und zu sensibilisieren, was für ein einzigartiges „Wunderwerk der Schöpfung“ wir sind.

 im Nachdenken über die Ursachen von Erkrankung tradierte Standpunkte zu verlassen, vermehrt Neues zu wagen und den Blickwinkel auf die Diagnose zu verändern.

 einmal auf ungewohnte Art und Weise über die Ursache einer Erkrankung nachzudenken und dabei den eigenen Horizont zu erweitern.

 neugierig zu sein und „neue“ Sichtweisen zuzulassen.

 unter Umständen auch so etwas wie Reformen im Verständnis und Umgang mit bestimmten Tabu-Themen anzustoßen.

 …

Wer mir dabei wichtig ist und am Herzen liegt, ist allein der Mensch. Wohlergehen, Gesundheit, Heilung, Glück, das wünsche ich für Sie! – Das wünsche ich für mich, denn auch ich bin nach wie vor auf dem Weg. Was ich dabei nicht vermag, ist, ein wissenschaftliches Buch zu schreiben. Dazu fühle ich mich nicht imstande. Dafür fehlt mir die Qualifikation. – Ich folge einzig und allein meiner Intuition.

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Was hat mich in diese Situation gebracht?

Mehr oder weniger un-bewusste Weg-Gefährten

Da ist sie wieder, diese Stimme, die sich immer wieder meldet. Diese innere Kritikerin. Dabei habe ich ihr schon so oft gesagt, dass ich bestens auf ihren Kommentar verzichten kann. Doch anscheinend glaubt sie mir das noch immer nicht. – Mein Unterbewusstsein scheint wieder mal klüger und vor allem schneller zu sein als mein bewusstes Ich. Schließlich habe ich ersteres über Jahrzehnte hinweg internalisiert. Somit konnten sich Glaubenssätze wie „Du bist nicht gut genug!“ – „Du kannst das nicht!“ – „Du verdienst weder Wertschätzung, noch Erfolg!“ bestens einnisten in meinem System. – Das Entscheidende ist jetzt nur:

Wie diese falschen Muster wieder loswerden, wenn „Frau“ ihr halbes Leben damit zugebracht hat, diesen Botschaften immer wieder Glauben zu schenken? – Woher rührt dieses Problem? – Wann hat das angefangen? – Woher kommen diese Selbstzweifel? – Warum immer wieder diese das Selbst sabotierenden Gedanken? – Wer hat sie verursacht? – Wem dienen sie? … Diese und noch viele weitere Fragen lassen sich hier stellen.

Viele Fragen – viele Antworten. Im Grunde genommen ist ihnen allen eine Botschaft wichtig: „Hör endlich auf, dir mit all diesen alten Mustern und Glaubenssätzen ständig den Boden unter den Füßen wegzuziehen! – Hör endlich auf, dich mit Sätzen wie „…“ fertig zu machen. Du verdienst etwas Besseres. Du verdienst anderes. Du verdienst es glücklich zu sein. Es ist dein Geburtsrecht glücklich zu sein. Und du bist gut, ganz so wie du bist!“ Wenn es doch nur so einfach wäre, meinen Geist umzulenken auf diese letztgesagten Worte. Wenn dies doch nur so einfach wäre. Gott, wäre ich froh! – Froh, dankbar, glücklich und zufrieden zugleich.

Inzwischen gibt es auf dem Literaturmarkt eine Flut von Lebensratgebern, und im Internet reiht sich ein Blog an den anderen. Vielen von ihnen liegt das Thema „Selbstwert, Selbstakzeptanz und Selbstliebe“ am Herzen. Jeder Autor, jeder Seminarleiter, jeder Blogger geht dabei mehr oder weniger auf der Grundlage seiner beruflichen wie privaten Erfahrungen an die Themen heran. Immer mehr von ihnen teilen ihre Erfahrungen und Lernprozesse mit, was diese Berichterstattungen für den Leser dann umso ehrlicher und authentischer erscheinen lassen. Denn im Grunde genommen trifft das übergeordnete Thema „Selbstwert und Selbstliebe“ auf jeden Einzelnen von uns zu. – Ganz egal ob Frau oder Mann.

Wenn wir ehrlich sind, hat jeder von uns früher oder später sein Thema damit. Ausnahme vielleicht die Kinder und Erwachsenen, die Eltern haben, die Eltern hatten, die wiederum Eltern hatten, die Eltern hatten, die … ihre Kinder im Hinblick auf ihr Selbstbild bereits so gesund und bewusst erziehen konnten, dass sich überwiegend lebensbejahende und optimistisch denkende junge Seelen daraus entwickeln konnten. Wenn dem nicht so war, dann haben die Eltern in der Erziehung ihrer Kinder zwar dennoch stets das Beste gegeben. Doch können Eltern auch nur geben, was sie selbst an positiver Lebenseinstellung, gesundem Selbstwert und Selbstliebe zu geben haben. Mangelte es ihnen selbst aufgrund ihrer eigenen Erziehung, die sie erfahren haben, daran, wie sollen sie es dann ihren Kindern geben? Doch wer ist nun schuld daran, dass viele von uns sich selbst ein Leben lang mehr kritisieren als lieben?

Eine interessante Frage. Lassen Sie mich fürs Erste zwei wichtige „Erziehungsideale“ unserer Zeit gegenüberstellen, ohne dass ich Ihnen eine weitere Erläuterung dazu gebe.

Achten Sie einfach auf die Worte. Hören Sie auf die jeweilige Botschaft. – Spüren Sie die Energie, die hinter diesen Aussagen steht?

Variante I

Was ein Kind gesagt bekommt

„Der liebe Gott sieht alles.

Man spart für den Fall des Falles.

Die werden nichts, die nichts taugen.

Schmökern ist schlecht für die Augen.

Kohlentragen stärkt die Glieder.

Die schöne Kinderzeit, die kommt nicht wieder.

Man lacht nicht über ein Gebrechen.

Du sollst Erwachsenen nicht widersprechen.

Man greift nicht zuerst in die Schüssel bei Tisch.

Sonntagsspaziergang macht frisch.

Zum Alter ist man ehrerbötig.

Süßigkeiten sind für den Körper nicht nötig.

Kartoffeln sind gesund.

Ein Kind hält den Mund.“

Nach diesem „Erziehungsideal“ von Bertolt Brecht wurden wohl die meisten unserer Eltern erzogen, weil ihre Eltern selbst nach diesem Muster erzogen worden waren. – Sie kannten es folglich nicht anders und haben von daher diesen Erziehungsstil mehr oder weniger ebenfalls übernommen. Entsprach er doch einem ganz bestimmten Zeitgeist, auf den ich später noch zu sprechen komme.

Eine andere Art ein Kind zu erziehen, zeigt Variante II. Lassen Sie sich von diesen Worten inspirieren. Spüren Sie auch hier in die entsprechende Botschaft der Worte hinein. Wie fühlen sich diese Aussagen an? – Was schwingt für Sie in diesen Ratschlägen mit? – Was ist das Besondere an dieser Art zu erziehen?

Variante II

Was ein Kind lernt

„Ein Kind, das wir ermutigen, lernt Selbstvertrauen.

Ein Kind, dem wir mit Toleranz begegnen, lernt Offenheit.

Ein Kind, das Aufrichtigkeit erlebt, lernt Achtung.

Ein Kind, dem wir Zuneigung schenken, lernt Freundschaft.

Ein Kind, dem wir Geborgenheit geben, lernt Vertrauen.

Ein Kind, das geliebt und umarmt wird,

lernt zu lieben und zu umarmen

und die Liebe dieser Welt zu empfangen.“

(Verfasser unbekannt)

Was sagen Sie dazu? – Lassen Sie beide Erziehungsstile einfach auf sich wirken. Nehmen Sie ihre Botschaft mit. Ganz besonders die Energie, die sich „unausgesprochen“ zwischen den Worten verbirgt. – Wie sehr sich der graduelle Unterschied in unser aller Leben auswirken kann, das werden wir an geeigneter Stelle noch sehen. Wunderschön finde ich, was bereits Johann Wolfgang von Goethe zur Erziehung von Kindern zu sagen wusste. Seine Kernbotschaft zum Wesen einer idealen Erziehung lautet: „Zwei Dinge sollten Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“

Doch nach diesem kurzen Exkurs in die Welt der Erziehung wieder zurück zum Thema des Buches. Sie werden hier und da selbst immer mehr merken, unbewusst schwingen diese Erziehungsvarianten mit. – In welcher Art, das werden Sie noch sehen.

Und in der Lebensmitte senkte sich eine dunkle Wolke herab

Wenn ich es genau betrachte, war es nicht nur „eine dunkle Wolke“, die sich herabsenkte, für mich fühlte es sich so an, als hätte sich der ganze Himmel gegen mich verschworen. Immer mehr, immer unnachgiebiger, immer kompromissloser wurde ich in ein tiefes „Schwarz“ gehüllt. Schwere Wolken, beängstigende Wolken, Unwetterwolken, Gewitterwolken … – sie alle umgaben mich. Hüllten mich immer mehr ein. Nach und nach bemächtigten sie sich meiner Sinne und raubten mir die Luft zum Atmen. Schließlich und endlich nahmen sie mir die Sicht auf das, was ich noch „Leben“ nennen konnte, und wie so oft schon hatte ich wiederholt diesen „Traum“. Nun, eigentlich ist es kein Traum, sondern ein äußerst beängstigendes „Erleben“. – Bin jedes Mal völlig verstört und verschreckt daraus aufgewacht. Schweißgebadet und am ganzen Körper zitternd. Wenn ich „fiel“, war da immer dieses Gefühl einer grenzenlosen Ohnmacht. Jetzt war es wieder da, nur mit einer gravierenden Ausnahme: Es war kein Traum-Erleben. Es war Realität. – Brutale Realität. – Bittere Realität. Und ich habe es irgendwie selbst zu meiner Realität gemacht. – Eine Realität, in die ich mich im Verlauf der letzten Jahre immer mehr verloren hatte. Nur bemerkt hatte ich dies leider nicht.

Wann das Ganze begann? – Ich kann es nicht genau sagen. – Hätte es mir auffallen müssen? Und warum zeigt sich mir dies alles so gnadenlos? – Was war passiert? – Was habe ich falsch gemacht? – Was ist falsch mit mir, sodass ich immer wieder in dieses „schwarze Loch“ fallen musste? – Hätte ich zu gegebener Zeit dieses Schicksal abwenden können?

Fragen über Fragen kamen mir in den Sinn. Doch all dies half nichts. Das, was passieren sollte, konnte nicht gestoppt werden. Ich war dem Ganzen einfach ausgeliefert. Und all die Dinge, sie ergaben sich. – Immer mehr. Immer tiefer. Immer unaufhaltsamer. Immer radikaler. – Ich hatte keine Kraft mehr um gegenzusteuern. Ich konnte den Verlauf weder stoppen, noch kontrollieren. Ich konnte nichts mehr beeinflussen. Ich konnte mich nur noch fallenlassen. Mich hingeben und dem ergeben, was da mit mir passieren sollte.

Mein ganzes System schrie, brüllte. Brüllte unaufhörlich. Brüllte ohne Unterlass. Brüllte Tag und Nacht. – Mein ganzer Körper rebellierte. Zeigte eine Vielzahl von Symptomen. Doch nicht nur er meldete sich. – Die Stressrezeptoren in meinem Gehirn waren auf Dauerbetrieb geschaltet. – Und was das Schlimmste für mich war: Sie ließen sich mit nichts mehr beruhigen. – Was mir blieb, war nur noch der freie Fall und dieses Nicht-Wissen, wo und wann ich aufschlagen werde. Als ich wieder zu mir kam, stand die Diagnose fest:

Burnout – Depression – Posttraumatische Belastungsstörung (= PTBS).

Mehr oder weniger bewusste Weg-Gefährten

Vielleicht ist die Summe der Teile wichtig, um die Diagnose und den Zusammenbruch besser zu verstehen. Vielleicht ist es aber auch nur mein Hang zum Perfektionismus und zur Vollständigkeit, der mich auflisten lässt, was die „Lernthemen“ der letzten Jahre für mich waren. Egal.

Im Januar 2016 starb mein Zwillingsbruder nach einer schweren Herz-OP. – Als Familie hatten wir natürlich gehofft, dass er diese schwere Operation überstehen möge. Doch aufgrund diverser Vorerkrankungen war sein Körper bereits so geschwächt, dass er entschied, bereits im Alter von 54 Jahren von uns zu gehen. Und obwohl ich mich in den Wochen zuvor durchaus mit der Möglichkeit seines Sterbens vertraut gemacht hatte, fiel es mir unwahrscheinlich schwer, ihn letztlich gehen zu lassen. Da war dieser tiefe, dieser unendlich tiefe Schmerz. – Doch neben all der Trauer und dem Schmerz war noch so viel mehr. Mir war, als wäre mit seinem Tod auch ein ganz wesentlicher Teil von mir selbst mit ihm gestorben. Da war urplötzlich auch so viel von meinem Leben weg. – Jetzt gab es nur noch die Erinnerung an ihn und einen unaussprechlich tiefen Seelenschmerz. Jetzt gab es kein Gespräch mehr, keinen Austausch mehr an Worten, an Gedanken. Es gab keines seiner Konzerte mehr. Es gab seine Musik nicht mehr. – Wie konnte Gott ihn einfach gehen lassen? – Wie konnte er ihn so früh schon wieder zu sich holen? – Hatte mein Bruder sein Lebenswerk hier auf Erden tatsächlich schon zu einem Ende geführt? – Sollte er nicht noch etwas länger sein Leben hier auf Erden genießen können? – Wieder einmal Fragen über Fragen.

Doch der Tod hat seine eigene Zeit. Hat seine eigenen Gesetze. Er nimmt nicht Rücksicht auf unsere menschlichen Bedürfnisse und Belange. Heißt es nicht, wenn die Seele ihre Lebensaufgabe erfüllt und gelebt hat, dann will sie wieder heim zu unserem himmlischen Vater? Dass dies für meinen Bruder so gelten sollte, das hatte ich zu akzeptieren. Auch wenn meine Trauer und der Schmerz um den Verlust sehr groß waren. Ich selbst hatte – nach all den Vorkommnissen der letzten Jahre und nach dieser erneuten Auseinandersetzung mit dem Thema „Tod“ – noch genau genommen für drei Monate die Kraft, meinen eigenen Aufgaben zu entsprechen, ihnen nachzukommen. Doch dann war auch für mich eine Art von „Ende“ gekommen. Um Schmerz und Trauer nicht allzu sehr an mich heranzulassen, entschied ich mich für den mir altbekannten und vertrauten Weg, mich auch weiterhin hinter meiner Arbeit zu verstecken. Dass ich mir selbst damit mehr geschadet als genützt habe, das sollte ich alles erst viel später erfahren. Zu dieser Zeit war es einfach meine Überlebensstrategie, mich hinter möglichst viel an Arbeit und Übernahme diverser Pflichten zu verkriechen. Nach dem Motto: Arbeit befreit. Arbeit heilt die Wunden. Arbeit macht frei. – Ein Glaubenssatz, wie ich ihn wohl unbewusst im Elternhaus gelernt hatte. Zumindest habe ich es für mich so in Erinnerung, dass meine Eltern viele ihrer Sorgen und Probleme mit der Strategie „Arbeit“ irgendwie „weg-gearbeitet“ haben.

Ob diese Art des Umgangs mit Problemen, Trauer und Schmerz gut war oder nicht, das entzog sich sowohl als Kind als auch als erwachsene Frau meinem Wissen. Ich hatte nur die kindliche Lernerfahrung gemacht, dass „Arbeit (anscheinend!) befreit“. Erst durch meine Therapie und das Lesen zahlreicher psychologischer Fachbücher erkannte ich, dass diese Einstellung bestenfalls als Ersatzhandlung zu bezeichnen ist. Sozusagen als eine Art Überlebensstrategie, die uns letztlich als ein Ablenkungsmanöver dient. Genau genommen ist es ein Abwehrmechanismus, um sich mit all den traurigen und belastenden Gefühlen bzw. mit der Thematik „Tod“ (in meinem Fall!) an sich nicht auseinandersetzen zu müssen. Wir spalten dann mehr oder weniger bewusst das uns Unangenehme ab, packen es ein und stellen es weg. Doch all der Schmerz und all die betäubenden Gefühle bleiben so lange bestehen und kehren – ausgelöst durch andere vergleichbare Situationen – so lange immer wieder zurück, bis wir es gelernt haben, den Schmerz, die Trauer, all die Gefühle von Verzweiflung, Angst, Wut etc. anzunehmen. Sie wahrzunehmen, sie zuzulassen, sie genau genommen zu „durch-leben“. So lange, bis wir diese Lebenserfahrung bewusst angenommen und integriert haben. Doch es war nicht nur diese Konfrontation mit dem Tod als einem „Weg-Gefährten“ von uns Menschen, der mein Leben so nachhaltig und so sehr auf den Kopf stellte. Der Tod meines Bruders war für mich letztlich so etwas wie das letzte Mosaiksteinchen, dessen es noch bedurfte, um in der Mitte meines Lebens meine bisherige Existenz einer radikalen „Prüfung und Neuausrichtung“ zu unterziehen. Ob ich wollte oder nicht, es hieß: Schau dir dein Leben einmal an. Schau es dir genau an. Achte dabei auf all die Vorzeichen, unter die du dein Leben und deine Beziehungen bisher gestellt hast. Werde dir dessen bewusst, was gut daran ist. Doch werde dir vor allem auch all der Anteile bewusst, die der Veränderung bedürfen, wenn du wirklich gesund und wahrhaftig glücklich werden willst. Vielleicht sollten Sie Folgendes über mich wissen, um mich und meine Geschichte letztendlich besser zu verstehen:

Durch die Art und Weise wie ich lebte und arbeitete, sowie durch ein mir bis dato ziemlich „unbewusstes“ Handeln und eine extreme Harmoniesucht im zwischenmenschlichen Bereich war ich so etwas wie eine Meisterin in der Verdrängung unangenehmer Situationen und Dinge geworden. – Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. – Unsere „Lebensthemen“, die wir uns als Seele selbst erwählt haben, begleiten uns unaufhörlich. Sie zeigen sich uns immer wieder in neuem Gewand so lange, bis wir ihnen unsere ganze Aufmerksamkeit schenken und uns der Tatsache stellen, dass es bedeutend besser wäre zukünftig bewusster zu handeln. Sie sind so etwas wie unser „individueller Lehrplan“ für dieses Leben. Doch da ich mich lange Zeit von den Herausforderungen des Alltags nur allzu gut ablenken ließ, habe ich im Verlauf meines bisherigen Lebens (bis ins Jahr 2016) bildhaft gesprochen so manche „Rote Ampel“ überfahren, die sich mir im Grunde genommen schon früh genug gezeigt hatte. Ich war nur zu blind dafür. – Nachfolgend erzähle ich Ihnen in Auszügen davon, sofern diese Themen mit meinem Zusammenbruch und der Diagnose im Zusammenhang stehen, und sie für ein Gesamtverständnis meiner Situation meiner Meinung nach wichtig sind.

Doch bevor ich mit dem Thema der „Roten Ampeln“ beginne, lade ich Sie ein, die ersten zwanzig Jahre meines Lebens etwas mit mir zu erkunden. Keine Angst! Ich gehe dabei nicht allzu tief in die Details, sondern zeige im Wesentlichen die Kernbereiche auf, die MICH, meine Person ausmachen. Als Pädagogin war mir bewusst, dass vor allem die ersten zehn Lebensjahre prägend dafür sind, dass wir werden, was wir sind. Und auch die Zeit der Pubertät spricht Bände und hilft zu verstehen, warum wir genau die Person sind, die wir aufgrund unserer Herkunft, Erziehung und Lebensumstände geworden sind. Und so möchte ich Sie zunächst vertraut machen mit mir als Neugeborenem, als Kindergarten-Kind, als Jugendliche im Alter zwischen dem vierzehnten und achtzehnten Lebensjahr. Diese Zeit hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin, und erklärt Ihnen mitunter auch, warum ich so viele Jahre lang eine wahre „Meisterin“ darin war, „Rote Ampeln“ nahezu magisch in mein Leben zu ziehen und sie dann auch noch mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu überfahren. Doch lesen Sie selbst. – Das, was Sie dabei vielleicht ein wenig irritieren wird, ist, dass ich mit Ihnen hierbei auf eine Reise gehe, die immer und immer wieder die Stimme meiner Seele zu Ihnen sprechen lässt. Vor allem wenn es darum geht, überhaupt erst einmal Mensch zu werden. Vielleicht ist das sehr ungewöhnlich für Sie. Für mich auch ein Experiment, das ich so zum ersten Mal wage, doch es ist auch interessant, die Dinge mal aus einer anderen Warte zu sehen. Und weckt vielleicht auch bei Ihnen bestimmte Erinnerungen.

Wie alles begann

(Einmal aus einer ganz anderen Perspektive heraus betrachtet! J)

Sie sind es. – „JA!“ – Diese Frau und dieser Mann. Sie beide. Ich erkenne sie wieder. Sie habe ich mir ausgesucht. Sind sie nicht genial? Genau die Eltern, um als Seele hier auf der Erde zu inkarnieren und in einem menschlichen Körper geboren zu werden. Sie sind perfekt. Bei ihnen bekomme ich alles, was ich brauche, um ein Menschenkind zu werden. Um mich sicher und geborgen zu fühlen, um heranzuwachsen und um all das zu lernen, was ich als Seele lernen will.

Und schon geht die Reise los. – Grandios! – Da ist sie auch schon, die perfekte Eizelle meiner Mutter. Wunderschön. Sie wird ganz und gar ihrer Aufgabe gerecht. Sie bietet mir alles, was ich brauche, um heranzureifen. Ist kräftig und gesund. Eingebettet in ein wunderschönes Klima. Beste Startbedingungen. Schwimmt in einem Milieu, das mich auf das Beste ernährt. Besser hätte ich es mir gar nicht aussuchen können. Dieser Ort gefällt mir. Hier geht’s mir gut. Hier fühle ich mich wohl. – Und tausende von Samenzellen um sie herum. Bin gespannt, welche von ihnen den Treffer landet. – Und schon hat’s „PENG“ gemacht. Der Sieger steht fest. Und sobald er die Eizelle besamt hat, verdickt sich die Zellwand der Eizelle meiner Mutter, um all die anderen Samenzellen abzuwehren, die nicht mehr gebraucht werden, denn die Befruchtung ist bereits geglückt. Jetzt beginnt das Wunder meines Lebens.

Doch im Grunde genommen hat das Wunder Leben schon damit begonnen, dass sich meine Eltern genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der richtigen Stimmung für dieses lebensspendende Abenteuer zusammengefunden haben. Ei- und Samenzelle haben zueinander gefunden. Haben sich in Harmonie vereint und beginnen nun gemeinsam den bunten Reigen der Zellteilung, der „Wachstum Leben“ heißt und mich nach neun Monaten als ein wunderbares kleines Menschenkind in den Tanz des Lebens entlässt. Doch ich bleibe nicht allein. Bereits nach kurzer Zeit stelle ich fest: Da hat es sich ja noch jemand gemütlich gemacht und ist als Sieger der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle in dieses Abenteuer Leben gestartet.

Wir sind zu zweit! – Hurra! – Wir sind zu zweit! – Ich bin nicht allein! – Wir sind zu zweit! Gemeinsam schlagen wir Purzelbäume, reichen uns die Hand. Lutschen an unseren Daumen. Freuen uns über die Anwesenheit des anderen. Führen Gespräche, lernen uns kennen, tauschen uns aus. Und immer wieder kuscheln wir ganz nah zusammen in der Gebärmutter in Mutters Bauch. Und dann kommt es, wie es kommen soll. Nach neun Monaten ist es bereits viel zu eng für uns. Doch irgendwie will keiner von uns so richtig auf die Reise gehen. Wir haben es uns viel zu gemütlich eingerichtet. – Und da keiner von uns den Anfang machen will, werden wir, weil vom eigentlichen Geburtstermin her bereits über der Zeit, eines schönen Tages von einem Ärzte- und Schwestern-Team mit einem Skalpell zur Welt gebracht. Sie nennen diesen nicht natürlichen Geburtsvorgang Kaiserschnitt. – Und schon sind wir da! Ich zuerst. …

Doch schon nach zwei Tagen war für mich der Spaß vorbei. Ich wurde in ein anderes Krankenhaus verlegt und somit von meiner Mutter und meinem Bruder getrennt. Eine schwere Darmentzündung – eventuell als Folge einer Fruchtwasser-Vergiftung bzw. einer Unverträglichkeit der Ersatzmilch, mit der ich in der Geburtsklinik ernährt wurde, machte es erforderlich, dass ich für einen längeren Zeitraum in ein anderes Krankenhaus verlegt werden musste, wo man mir zwar half wieder zu gesunden, aber ich war in diesen zwei Monaten entsetzlich allein. Und für mich war dies gleich ein doppelter Schock, denn: bruderlos und mutterlos. Da gab es kein Kuscheln, kein Vertraut-Sein mehr mit meinem Bruder und meiner Mutter. Weder konnte ich ihre vertraute Stimme hören, noch gab es Liebkosungen und Streicheleinheiten für mich. Was mir entschieden fehlte, war das geherzt, umsorgt und geliebt werden durch meine Mutter, nach der ich mich so sehr sehnte. Ein verdammt herber Verlust für mich. Eine bittere Enttäuschung, eine frühkindliche Wunde, die mich mehr oder weniger durch mein Leben begleiten wird. – Was für ein Herz-Schmerz. – Habe ich mir das so ausgesucht? – Habe ich mir das tatsächlich so ausgesucht? – Wenn ja, dann geht das ja schon ziemlich interessant los. Da kann ich ja gespannt darauf sein, was da noch so alles kommt. Meine ersten Tage und Wochen in dieser Welt waren somit alles andere als schön für mich. Ich habe es zwar überlebt, und man könnte sagen: Was hat die bloß? Es gibt bedeutend schlimmere Schicksale als dies. – Stimmt! – Und dennoch hat jeder im Verbund mit seiner ganz eigenen Geschichte, die ihn prägt, seine Art mit derartigen Situationen klar zu kommen. Wie sich dieser nachgeburtliche Schmerz in meinem Leben immer wieder mal zeigen wird, darüber später dann mehr. In der anderen Klinik kämpfte ich um mein Leben und schrie mir nach Mutter und Bruder die Seele aus dem Leib. Ärzte und Schwestern taten das Ihre für mich. So hab ich’s mit deren Hilfe dann ja auch geschafft. Was für eine Erleichterung, doch was bleibt sind unbeantwortete Fragen für mich: Scheute ich damals vor dem Leben zurück? … Wie geht es weiter? – Wo geht es weiter? – Wann geht es weiter? – Und wenn ja, wie? – Gute zwei Monate blieb ich gänzlich unfreiwillig von denen getrennt, die ich liebte und nach denen ich mich unwahrscheinlich sehnte. Die Personen, mit denen ich bis dahin in tiefer Harmonie und Liebe verbunden war. Meiner Gefühlswelt und Erinnerung nach kämpfte ich meinem Gefühl nach „mutterseelenallein“ um mein Ankommen in dieser Welt. Kein ganz so glücklicher und liebevoller Start. Doch als Seele wollte ich anscheinend unbedingt und bereits so kurz nach meiner Ankunft auf Erden diese sehr bittere und tief nachwirkende Erfahrung eines Verlust- und Trennungsschmerzes machen, mit all der Angst, Panik und Traurigkeit darüber, mit dem Gefühl von „Ich fühle mich soooo entsetzlich allein!“. Und da waren sie auch schon, die ersten Fragen: „Warum bin ich so mutterseelenallein?“ – „Warum sollte meine Reise ins Leben gleich so hart beginnen?“ – Dieses Erleben zieht sich mehr oder weniger stark wie ein roter Faden durch mein Leben. Ich werde dieser Angst, dieser Panik, diesem Gefühl des Alleinseins und der Ohnmacht im Verlauf meines Lebens noch in den verschiedensten „Gewändern“ begegnen. Dass es sich so früh und so vehement zeigt, damit hatte ich nicht gerechnet. Oder doch?

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9783991076704
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