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Читать книгу: «In der Mondnacht», страница 5

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Jetzt wußte die verwirrte Meta endlich, woran sie war, denn ehe sie sich dessen versah, wurde Hochzeit gehalten und sie war die Frau des schönen Kronprinzen.

So wurde die kleine Meta Kronprinzessin und nach einigen Jahren eine große und glückliche Königin. Bleich aber ist sie immer geblieben – das kam daher, weil sie sich als Kind in den Finger geschnitten; hätte sie das nicht gethan, so wäre allerdings nicht geschehen, was ich hier erzählt, aber da dieses nicht alle Tage passirt und es überhaupt noch nicht erwiesen, ob diese Geschichte wahr ist, so nehme man lieber seine Finger in Acht, das ist das Sicherste.

Warum der Storch immer so geht

Auf einem spitzen Felsen im Steyrischen Hochgebirge horstete ein Adler mit seiner Frau und einer einzigen Tochter, die seine größte Freude war.

Das Adlerfräulein war auch schon in dem Alter, daß sie recht gut heirathen konnte, und das hätte sie auch sicherlich gethan, wenn in der ganzen Umgegend noch eine zweite Adlerfamilie gewesen wäre. Aber die war nicht da.

Diesen Umstand benutzten nun der junge Storch, der unten im Bauernhofe ein eignes Nest hatte, und der Sohn einer Eulenfamilie, welche in dem alten verfallenen Kloster ganz in der Nähe wohnte. Beide suchten sich dem Adlerfräulein angenehm zu machen und wollten sie gern heirathen.

Eines Tages also putzte sich der Storch die Federn sehr fein, polirte sich den Schnabel und die Beine, daß sie glänzten wie Karfunkelstein, und flog dann zum Adler hinauf. Der saß gerade mit seiner Tochter und speiste einen Rehbraten zu Abend. Storch mußte an der Mahlzeit Theil nehmen, und als sie gegessen und sich die Schnäbel mit der Serviette gewischt hatten, da meinte der Storch, daß es nun wohl die beste Zeit sei, die Werbung anzubringen. Er faßte sich also ein Herz und hielt bei dem Adlervater um die Hand seiner Tochter an.

Der Vater rollte seine großen Augen sehr und sagte, das komme ihm ganz unerwartet und wie schmeichelhaft ihm auch diese Werbung sei, so müsse er doch den Storch auf Verschiedenes aufmerksam machen, womit seine Tochter gewiß ganz einverstanden sei.

Erstens, meinte er, werde es dem jungen Herrn Storch wohl bekannt sein, daß die Familie der Adler, wie schon der Name andeute, vom ältesten und reinsten Adel sei; die Adler seien alle adlich und ihr Urvater sei bekanntlich noch mehre Tage vor Adam erschaffen worden, wohingegen die Störche nur bürgerlicher Herkunft seien und ja auch stets bei den Bauern wohnten. Indeß, sagte er weiter, er sei nicht stolz und wolle also von diesem Punkte ganz absehen. Aber ein Vater müsse immer auf Anstand halten und deshalb könne er es nicht zugeben, daß seine Tochter einen Mann mit so langen nackten Beinen heirathe, mit denen er sich ja in keiner Gesellschaft von gutem Ton sehen lassen dürfe. Er als Vater müsse sich also gegen diese Heirath erklären und sei überzeugt, daß seine Tochter ihm hierin beipflichte, denn er habe sie stets nach den Grundsätzen des feinsten Anstandes erzogen.

Dabei warf der Vater einen Blick auf seine Tochter; diese machte ein sehr sprödes, zimperliches Gesicht und sagte: »ja, lieber Vater, Du hast ganz Recht!«

Man kann sich denken, wie dem armen Storch zu Muthe war, als er diesen Korb bekam.

Aber der Vater fuhr fort:

– Da hat sich auch schon der Sohn der Frau Eule hier in der Nachbarschaft gemeldet und ich muß sagen, daß mir der junge Herr Eule recht sehr gefällt, denn er hat Geschmack und trägt namentlich seine Beinkleider nach der neuesten Mode bis über die Füße. Aber wie sehr erwünscht es mir auch wäre, meine Tochter mit einem geistlichen Herrn zu vermählen (denn seine Familie wohnt schon seit Menschengedenken in der Abtei hier nebenan) so hat er doch einen großen Fehler: er ist nicht solide genug, er hat zu viel noble Passionen, verschläft den ganzen Tag und schwärmt die ganze Nacht umher. Aus diesem Grunde kann ich auch ihm meine einzige Tochter nicht geben!

Während der Vater noch sprach, kam gerade der junge Herr Eule aus seiner Wohnung, setzte sich auf das Dach des Klosters, gähnte und schaute umher, ob denn die langweilige Sonne noch nicht untergegangen sei. Man sah es dem Nachtschwärmer an, daß er soeben erst aufgestanden war.

Storch musterte prüfend von weitem den Anzug des Herrn Eule, dem die Federn so hübsch bis tief auf die Fußspitzen gewachsen waren, betrachtete dann seine eigenen dünnen Beine und mußte gestehen, daß ihm jener Anzug wohl gefalle. Wenn der also nobel und in der Mode sei, meinte er, so wäre es ihm ein Leichtes, sich auch Beinkleider anzuschaffen.

Der Adlervater sagte, wenn er das könne, so lasse sich über die Sache weiter sprechen, und Storch erklärte, er werde morgen früh pünktlich um 10 Uhr unten auf der Wiese in seinem neuen Anzuge spazieren gehen, der Adler und seine Tochter sollten nur von ihrem Horst aus hinabsehen, so würden sie ihn bemerken.

So weit war man einig und der Storch empfahl sich mit einem tiefen Bückling, wie er ihn gewöhnlich macht.

Noch an demselben Abend traf der Storch den Bauern, als er vom Felde kam. Er ging auf ihn zu und fragte ihn, ob er ihm nicht ein paar Beinkleider borgen könne.

– Hoho!? Was willst Du denn mit Beinkleidern? rief der Bauer und erklärte ihm, für so dünne Beine habe er keine Beinkleider. Indeß ließ er sich doch überreden, ging in das Haus, brachte dem Storch eine weite Pluderhose und sagte ihm, er solle mit derselben ja nicht nach seiner Gewohnheit in den Sumpf gehen, damit sie nicht schmutzig werde, denn sie gehöre seinem Sohn.

Storch flog mit dem Beinkleid in sein Nest, probirte das Ding hier an und meinte, es werde schon gehen, man müsse sich ja an Alles erst gewöhnen.

Am andern Morgen saßen der Adler und seine Tochter auf dem Rande des Felsens und schauten neugierig aus, ob der Storch noch nicht auf der Wiese zu sehen sei. Und richtig, da kam er angewackelt!

Aber, meines Lebens, wie sah der Storch aus! Er hatte so weite Hosen an, als hätte er einen ganzen Sack mit Aepfeln darin stecken, und hob dabei die Beine so hoch und machte so lange Schritte, daß der Adler und seine Tochter sich vor Lachen nicht zu bergen wußten.

Der Storch war aber auch in einer jämmerlichen Lage! Er hatte es sich so schön gedacht, Hosen zu tragen, und was geschah? Kaum kam er auf der Wiese daher spaziert, als sämmtliche Frösche und Kröten laut zu lachen anfingen. Sie hüpften ihm nach und damit er sie nicht kriegen könne, sprangen sie ihm von unten in seine weiten Pluderhosen und in die Taschen hinein, machten sich da über ihn lustig und riefen:

 
»Etsch, etsch, Klappermann,
Quak, quak, hat Hosen an!«
 

So ging es immerfort und um ihn her stimmten alle Frösche auf der Wiese mit ein, daß dem armen Storch ganz übel und schlimm dabei wurde. Aber er sah, daß der Adler und seine Tochter oben saßen, und dachte: »blamiren darfst Du Dich nicht; Du mußt wenigstens Deine Ehre retten!«

Deshalb machte er immer höhere Schritte, um die garstigen Frösche herauszuschütteln. Die aber tanzten um seine nackten Beine und riefen immerfort: »quak, quak, hat Hosen an!« Daher war er denn nur froh, daß er bald die Ecke des Felsens erreichte, hinter welcher ihn der Adler nicht sehen konnte.

Aber ehe er diese noch erreicht hatte, hörte er den Adler und seine Tochter laut auflachen, und als hätte sie sich mit den Fröschen verabredet, rief ihm die Tochter zu:

 
»Klappermann hat Hosen an!«
 

Das war nun allerdings sehr unartig von ihr, aber warum hatte der Storch auch Hosen angezogen!

Dies war dem Storch denn doch zu schimpflich; er ließ alle Liebesgedanken fahren, und kaum war er um die Ecke, als er das Beinkleid den Fröschen preisgab und hinter dem Felsen herumflog, so daß ihn niemand bemerken konnte.

An demselben Abend noch hatte der Storch sein Nest verlassen und war nach dem Süden gezogen, und die Bauern meinten, nun werde es wohl bald Winter werden, denn jetzt habe sich auch der letzte Storch auf die Reise begeben.

Seit jener Zeit aber kann der Storch gar nicht anders als so gehen.

Jeder nach seiner Weise

Draußen in der Abendluft schwärmte ein großer Brummer, der kam an das offene Fenster eines reichen Mannes, flog in das Zimmer und machte hier einen Mordspectakel, wie es die Brummer zu thun pflegen. Bald summte er in der einen, bald in der andern Ecke, bald an dieser, bald an jener Seite und bald wieder stieß er sich den Kopf an den Fensterscheiben, der dumme Brummer, der keine Ahnung davon hatte, daß es Glaser in der Welt gebe.

– Summ, summ, summ! ging es im Zimmer; summ, summ! an den Fenstern; summ, summ! in allen Ecken. Ihm war das Zimmer viel zu eng und hätt' er es sich recht überlegt, so wäre er lieber draußen geblieben.

Plötzlich fing der Theekessel auf dem Tisch an zu singen, denn das Kohlenbecken unter ihm machte ihm das Leben recht heiß, und der Theekessel meinte, der wilde Brummer sei doch ein recht glückliches Thier, der habe Flügel und könne fliegen, wohin er wolle.

– Simm, simm, simm! klagte der arme Theekessel, als die Abendkühle ins Fenster drang, denn er stand wirklich auf Kohlen.

Brummer hörte den Theekessel; er setzte sich oben auf den Rand des Ofens, von wo aus er das Zimmer übersehen konnte, und horchte, wer hier außer ihm im Zimmer noch singen möge.

Da erblickte er den Theekessel und machte sich wieder auf den Weg.

– Summ, summ, summ … supp! Da saß er auf der Tischdecke und glotzte den Theekessel groß an.

– Was machst Du denn da für eine dumme Musik? sagte er zu dem Theekessel, nachdem er sich einige Male unwillig mit den Vorderfüßen über den dicken Kopf gefahren war.

– Simm, simm, simm! sang der Theekessel, denn ihm war ja so heiß.

– Das ist gar nichts gesagt! fuhr der Brummer fort; wenn Du Dir einbildest, Du könntest singen, so thust Du mir wirklich sehr leid.

– Ich muß ja singen, wenn ich heiß werde, antwortete der Theekessel; das ist so meine Gewohnheit… Simm, simm! sang der Theekessel.

– Du mußt singen? Wo liegt denn die Nothwendigkeit, wenn ich hier schon singe? Ich gehöre zu den Singvögeln, sagte der Brummer und spazierte näher, als wäre er ein ganzer Polizeimeister.

– Laß mich in Ruhe! rief der Theekessel.

– Willst Du zugeben, daß ich besser singen kann als Du? fragte der Brummer.

– Jeder nach seiner Weise! antwortete der Theekessel; wenn es darauf ankommt, singe ich doch höher als Du.

– Das ist nicht wahr, Du einfältiger Theekessel! Gieb nur Acht, ich will es Dir beweisen!

Damit flog der Brummer auf, wirthschaftete im Zimmer hin und her und sang so hoch er konnte; aber es war doch immer nur die alte Tonart.

– Nun, was sagst Du jetzt? fragte er, sich wieder auf den Tisch setzend.

– Ich will nicht mit Dir streiten, aber ich kann doch höher singen; das ist so meine Natur… Simm, simm, simm! rief der Theekessel und sang die höchsten Töne, denn je heißer ihm ward, desto höher mußte er singen.

– Oho! So hoch kann ich auch! Was ist wohl die Natur gegen die Kunst! rief der Brummer.

Und abermals flog er auf, aber es ging doch immer nur summ, summ! Der gute Brummer sang einen erschrecklichen Baß. Der Theekessel jedoch stimmte noch höher mit ein und ließ dabei aus dem kleinen Loch in seinem Deckel den Dampf in die Höhe steigen.

Brummer sah wohl ein, daß er nicht so hoch kommen könne, aber er wollte es doch nicht zugestehen.

– Laß uns noch einmal von vorn anfangen, sagte er; ich werde anstimmen!

Und wieder flog er auf und machte summ, summ, und der Theekessel ließ seinen Dampf aufsteigen und machte simm, simm! noch einmal so hoch als vorhin.

Das war dem Brummer doch zu toll; in seinem Aerger umkreiste er den Theekessel.

– Komm mir um Gotteswillen nicht zu nahe, denn ich bin sehr heiß! warnte ihn der Theekessel.

Brummer aber war zu böse; er glaubte nicht anders, als daß der Theekessel aus dem kleinen Loch singe durch welches er den Dampf aufsteigen ließ, und umschwärmte dieses immer enger.

– Bleib mir vom Leibe! rief der Theekessel. Brummer aber besaß einen entsetzlichen Künstlerneid und ließ sich nicht warnen.

– Summ, summ, summ … supp! Da saß er auf dem kleinen Loch, durch welches der heiße Dampf ausströmte, und im nächsten Augenblick lag er todt auf der Tischdecke.

– Simm, simm! Ich kann nicht dafür. Jeder nach seiner Weise! sagte der Theekessel.

Brummer aber lag auf dem Rücken und streckte die Beine von sich. Da liegt er noch.

Lebenslauf der Scheere

Eine kleine Scheere lag am Fenster einer jungen Gräfin und ließ sich von der schönen Morgensonne bescheinen. Sie war sehr hübsch und hatte ein paar Ringe vom feinsten Elfenbein.

– Nein, wie schön ich doch bin! rief sie aus, wenn ein Sonnenstrahl recht hell auf sie schien, daß es durch die ganze Stube blitzte. Man sollte glauben, ich sei von purem Gold!… Aber was sage ich! Stahl ist ja noch viel edler als Gold, denn so wie ich blitzt kein Gold auf der ganzen Welt!… Aber ich bin auch eine sehr vornehme Scheere, und ich kann wohl sagen, daß meine Freundin, die junge Gräfin, recht viel von mir hält!

Während sie so da lag, kam die Stubenmagd herein. Sie sah die schöne Scheere, auf welche sie schon längst ein Auge geworfen hatte, blickte vorsichtig im Zimmer umher, um sich zu überzeugen, ob sie auch allein sei, nahm die Scheere und steckte sie in die Schürzentasche. Weg war sie!

– Willst Du mich wohl wieder hinlegen! rief die Scheere. Ich werde Dir doch nichts nutzen können, denn ich bin es gar nicht gewohnt, mit so groben Händen umzugehen; ich breche sogleich entzwei, wenn mich ein andrer als meine Freundin, die Gräfin, anfaßt.

Aber die Stubenmagd hörte sie nicht und so blieb sie denn in der dunklen Schürzentasche, bis sie oben in der Bodenkammer in einen noch dunkleren Koffer eingeschlossen wurde. Da lag sie bis zum Sonntag, wo sich die Stubenmagd anputzte, die Scheere wieder in die Tasche steckte und ausging.

Eine Stunde darauf befand sie sich in einer ganz andren Gegend der Stadt und in den Händen einer jungen Stickerin.

– Ach, das ist ja eine kleine prächtige Scheere! rief diese, sie betrachtend und fuhr mit den Fingern in die beiden schönen Elfenbeinringe.

– Ja, das will ich meinen! sagte die Scheere; aber viel Nutzen werden Sie nicht von mir haben, denn ich bin nur gewohnt, mit sehr vornehmen Fingern umzugehen, und wenn meine Freundin, die Gräfin, wüßte – – –

– O, das wollen wir doch sehen! sagte die Stickerin und benutzte sie gleich bei ihrer Arbeit. Siehst Du, fuhr sie fort, es geht ganz gut, und wir werden auch schon Freundinnen werden!

– Das glaube ich nicht, antwortete die Scheere, denn wir haben eine zu ungleiche Erziehung; und dann ist auch das Zeug, das Sie hier sticken, lange nicht zart genug; so grobe Arbeit bin ich gar nicht gewohnt!

Aber es ging Alles doch recht gut und die Scheere fügte sich endlich in ihr Schicksal.

– Was Sie für ein niedliches Wesen sind! sagte eines Tages der Stickpfriem, der neben ihr auf dem Tische lag und auch ganz hübsch war, denn er war von ganz blitzblankem Stahl und hatte einen Kopf von rothen Corallen, in welchen ein Gesicht geschnitten war. Auch hatte er Augen, in denen ein paar vergißmeinnichtblaue Perlen saßen.

– Ja, man findet meines Gleichen auch so leicht nicht! antwortete die Scheere stolz.

– Ich bin aber auch nicht übel, fuhr der Stickpfriem fort; sehen Sie nur, wie schlank und blank ich bin, und dann betrachten Sie nur mein Gesicht; es hat recht aristokratische Züge, nicht wahr!

– Es ist mir nur zu roth, antwortete die Scheere; im Uebrigen sind Sie ganz passabel.

– Meinen Sie nicht, daß wir ein recht hübsches Paar geben würden? fragte der Stickpfriem.

– Ein Paar? Wohin denken Sie? rief die Scheere. Nein, wenn ich mich hätte verändern wollen, so hätte ich es schon längst thun können.

– Ei, sind Sie denn so spröde, meine Gnädige? fragte der Stickpfriem.

– Nein, das nicht; aber ich will mich nicht übereilen, denn verheirathen kann ich mich jederzeit; es fehlt mir, Gott sei Dank, nicht an Anträgen!

– Wenn das nur gewiß ist! sagte der Stickpfriem zweifelnd.

– Was Sie sich denken! rief die Scheere sehr vornehm. Ich habe schon so viel Anträge gehabt, daß ich sie gar nicht zählen kann; noch ganz zuletzt bei meiner Freundin, der Gräfin, mußte ich einen solchen ablehnen. Der Vater der Gräfin hatte nämlich sieben ganz feine und noble Rasirmesser, die wohnten alle in einem Hause, das inwendig ganz mit rothem Sammet austapezirt und mit einem großen Trumeau versehen war. Es waren sieben Brüder, alle von sehr guter Herkunft; der Eine hieß Lundi, der Andre Mardi, der Dritte Mecredi u. s. w. Alle wollten sie mich gern haben, und namentlich ist der Jüngste, er heißt Samedi, recht unglücklich um meinetwillen geworden; aber ich wollte keinen Unfrieden zwischen den Brüdern anstiften, sonst hätte ich ihn wohl genommen, denn Platz hätte der junge Samedi in seinem hübschen Häuschen wohl noch für eine Frau gehabt. Der Arme ist nun aus Gram ganz rostig geworden, zu gar nichts mehr zu gebrauchen und wird es wohl nicht mehr lange machen.

Dem armen Stickpfriem that dieser Korb recht weh. Er wiederholte noch einmal seinen Antrag, bekam aber wieder eine abschlägliche Antwort. Das schmerzte ihn so, daß er klare Thränen vergoß und sich seine beiden blauen Vergißmeinnichtsaugen aus dem Kopfe weinte. Jetzt war er also blind, und da sie sehr herzlos war, konnte er nicht einmal erwarten, daß die Scheere ihn jetzt aus Mitleid nehmen werde.

Vierzehn Tage hindurch verschloß er den Gram in seiner Brust, dann aber konnte er es nicht länger aushalten.

– Ich muß meinem Leben ein Ende machen, wenn Sie sich meiner nicht erbarmen wollen, klagte er der Scheere. Blind bin ich nun schon um Ihretwillen geworden, das Leben hat also gar keinen Reiz mehr für mich!

– Das bedaure ich sehr! antwortete die Scheere recht herzlos. Aber wer kann für seine Gefühle!

Der Stickpfriem faßte innerlich den Entschluß, nunmehr vom Leben zu scheiden, und da er gerade am offnen Fenster lag, so sprang er hinaus, um entweder auf dem Steinpflaster das Genick zu brechen oder in den Wellen des Rinnsteins seinen Tod zu finden.

Und richtig geschah das erstere. Er brach den Hals und der schöne Corallenkopf sprang mitten auseinander.

– Da sieht man wieder, wohin eine unglückliche Liebe führen kann! sagte die Scheere, ihm nachblickend. Wer hat ihn auch geheißen, sich in mich zu verlieben! Weiß Gott, ich konnte ihm doch nicht helfen!

Darauf schaute sie in den kleinen Spiegel, der neben dem Nadelkissen angebracht war, und fand sich sehr schön.

– Es ist kein Wunder, wenn sich Alles in mich verliebt! sagte sie; aber umsonst bin ich auch nicht so schön!

Inzwischen ward es Abend. Der Nähtisch wurde zugeklappt, und die Scheere meinte: Nun, da es dunkel ist, kannst Du schlafen! – – – Und sie schlief und dachte mit keinem Gedanken an den unglücklichen Stickpfriem.

Am Morgen aber wartete sie vergebens, daß der Nähtisch geöffnet werden solle. Tage vergingen, der Tisch aber blieb verschlossen, so daß der armen Scheere endlich schon ganz bange wurde. Sie wußte ja nicht, daß ihre Herrin, die Stickerin, in der Nacht gestorben war, daß Leute gekommen, die das Zimmer versiegelten, und acht Tage lang kein Mensch hereinkam.

Endlich am neunten Tage ward der Nähtisch geöffnet. Die Scheere sah zu ihrer Verwunderung wohl zwanzig Menschen im Zimmer und Einer war unter ihnen, der einen Hammer in der Hand hielt; es war der Auctionator, der den kleinen Nachlaß der Stickerin versteigerte.

Alles wurde nun zu Spottpreisen verkauft, und die schöne Scheere fiel – man denke sich! – für zwei Groschen einer armen Nähterin zu.

– Fassen Sie mich nicht an! rief ihr die Scheere zu; ich passe gar nicht für Sie; es war auch schon unter meiner Würde, als ich mich bei einer Stickerin aufhielt. Sie wissen gar nicht, wer ich bin, sonst hätten Sie viel mehr für mich gegeben. Wenn meine Freundin, die Gräfin, hier gewesen wäre, sie hätte hundert Thaler für mich bezahlt!

Um den Händen der Nähterin zu entgehen, machte die Scheere einen Sprung vom Tisch, und – o weh! – sie brach einen von ihren Elfenbeinringen!

– Wie Schade! rief die Nähterin. Aber das läßt sich noch flicken!

Sie nahm die Scheere und das Stück, welches aus dem Ring gebrochen war und ging zu einem Drechsler, der mußte einen andern Ring einsetzen.

So kam die Scheere zu der Nähterin. Schön war sie noch immer, obgleich sie schon geflickt war.

Bei der Nähterin machte sie nun die Bekanntschaft eines Federmessers, das eine recht niedliche Perlemutterschale und auf derselben ein Vergißmeinnicht von Neusilber hatte.

Das Unglück wollte, daß auch das Federmesser sich in die Scheere verliebte und sie fragte, ob sie nicht ein Paar werden wollten.

– Ach, dann hätte ich wohl auf Sie zu warten brauchen! rief die Scheere hochmüthig. Aber ich will Ihnen doch einen guten Rath geben: es sind schon Viele um meinetwillen an gebrochenem Herzen gestorben; sehen Sie sich nur vor, daß es Ihnen nicht auch so geht, es sollte mir Leid um Sie thun!

– So? Na, da wäre ich doch neugierig! rief das Federmesser. Erzählen Sie mir doch!

Und nun erzählte die Scheere von dem jungen Samedi, der um ihretwillen ganz rostig geworden und wenn er noch lebe, es gewiß nicht lange mehr machen werde, und von dem Stickpfriem, der sich um ihretwillen die beiden Vergißmeinnichtaugen ausgeweint und sich endlich aus unglücklicher Liebe zum Fenster hinausgestürzt habe.

– Sie haben also alle Ursache, auf Ihrer Hut zu sein, schloß die Scheere ihre Erzählung, zumal Sie auch ein Vergißmeinnicht tragen, das mich lebhaft an den armen Stickpfriem erinnert. – Ich bin zu schön, als daß sich ein Federmesser auf mich Hoffnung machen könnte! setzte sie stolz hinzu.

– Nun, mit Ihrer Schönheit geht es doch noch an; es giebt noch viel Schönere als Sie. Sehen Sie doch nur, Sie sind ja schon geflickt! sagte das Federmesser auf den einen Ring zeigend.

– Das ist kein Fehler, entgegnete die Scheere; das ist so Mode, es sieht interessant aus… Vergessen Sie mich nur, denn sonst bricht Ihnen am Ende auch noch das Herz; Beispiele sind da!

– Ich werde mich hüten! antwortete das Federmesser verletzt, denn eine zurückgewiesene Liebe ist kein Spaß, die kann die besten Freunde erzürnen; davon sind auch schon Beispiele da.

So redeten die Scheere und das Federmesser von dem Augenblick ab kein Wort mehr mit einander, und wenn die Scheere nach der Ursache dieser Feindschaft gefragt wurde, antwortete sie, das Federmesser sei verwegen genug gewesen, das Auge zu ihr zu erheben, und da sie ihm einen Korb habe geben müssen, so seien sie böse auf einander geworden. Die Scheere hätte über diesen kitzlichen Punkt auch wohl lieber schweigen können, aber sie war ja ein Frauenzimmer.

Als das Quartal zu Ende ging, konnte die Nähterin ihre Miethe nicht bezahlen, mußte über Hals und Kopf ausziehen, und der Hauswirth nahm ihre Sachen in Beschlag, unter diesen auch die kleine Scheere, die nun in die rauhen Hände einer Schlosserfrau wanderte, an welche sie verschenkt wurde. Diese Frau hatte viele Kinder, die immer mit der hübschen Scheere spielten und ihr endlich beide Ringe abbrachen. Der Schlosser wußte indeß zu helfen und machte ihr ein paar Ringe von Draht, so daß sie wenigstens noch zu gebrauchen war.

– Das ist das Loos des Schönen! Jetzt ist mein ganzer Stolz dahin! seufzte die Scheere und weinte; ich glaube nicht, daß ich dies lange überleben werde!

Aber man stirbt doch nicht immer sogleich vom Gram. Die Scheere lebte noch weiter und hatte sie keine Elfenbeinringe mehr, so prahlte sie doch damit, daß sie welche gehabt hatte, und erzählte einer knöchernen Nadelbüchse alle Tage von den vielen Eroberungen, die sie gemacht, von dem unglücklichen jungen Samedi, dem Stickpfriem und dem Federmesser, von welchem letzteren sie der Nadelbüchse vorlog, es habe sich aus unglücklicher Liebe zu ihr vergiftet.

– Man muß nicht Alles glauben, was die Leute prahlen! sagte die Nadelbüchse zum Troste für sich selbst, denn um sie hatte sich noch nie Jemand ein Leid's angethan.

Eines Tages nun hatten die Kinder draußen vor der Hausthür mit der Scheere gespielt und ließen sie auf der Straße liegen. Ein Mädchen kam vorbei, nahm sie mit und brachte sie ihren Eltern. So kam die Scheere in das Haus eines Sattlers.

– Wie ordinär es hier nach Leder riecht! sagte die Scheere, als sie in der Arbeitsstube des Sattlers neben mehren Werkzeugen lag. Diesen Geruch ertrage ich nicht, meine Nerven sind für eine solche Atmosphäre viel zu fein!

– Nur nicht so zimperlich, Fräulein Scheere! rief eine kleine Zange neben ihr; wirst's schon gewohnt werden, und so fein siehst Du mir auch eben nicht aus, daß Du etwas Besseres wärest als wir Andern!

– O ja, ich bin aus sehr vornehmem Hause! Gott, wenn meine Freundin, die Gräfin, wüßte, daß ich hier bin! – – – Uebrigens habe ich gar nicht die Ehre, Sie zu kennen, antwortete die Scheere, sich umdrehend. – – – Das ist gar kein Umgang für eine gebildete Scheere, wie Du bist! sagte sie zu sich selbst; die Zangen haben immer ein so böses Maul!

Da erblickte sie auf ihrer andren Seite eine Sattlerahle, die ein ganz neues Heft hatte. Sie wollte ihren Augen nicht trauen, als sie in derselben den ehemaligen Stickpfriem erkannte.

– Gott, wie ist der Arme heruntergekommen! sagte sie für sich – – – – Aber ist's denn möglich, sind Sie noch am Leben? Sie glauben nicht, wie mich das freut! rief sie dem ehemaligen Stickpfriem zu. So können wir ja jetzt unsere alte Bekanntschaft erneuern!

Aber der ehemalige Stickpfriem erkannte sie nicht mehr oder wollte sie nicht mehr kennen; er war nämlich seit jener unglücklichen Geschichte ganz tiefsinnig geworden und jedesmal wenn er ein Stück Leder vor sich sah, bohrte er sich tief hinein aus reinem Lebensüberdruß. So war er denn dem Leder recht gefährlich.

Die Scheere dachte nun bei sich: im Grunde sieht er doch noch ganz reputirlich aus; vielleicht könnte doch noch ein Paar aus uns werden! – Sie ließ sich dies auch ganz gut merken, er aber haßte Alles, was ihn umgab, und von der Scheere wollte er erst recht nichts wissen. Ja, die Letztere vergaß sich in ihrer Heirathssucht, um nur an den Mann zu kommen, so weit, daß sie ihm ganz unzweideutige Anerbietungen machte, und daß die Zange sich genöthigt sah, ihren Mund aufzuthun und den übrigen Werkzeugen zu erzählen, ein solches Frauenzimmer sei ihr noch gar nicht vorgekommen, man müsse auf seinen Ruf bedacht sein und sich ja nicht mit ihr abgeben, denn sie habe dem ehemaligen Stickpfriem Heirathsanträge gemacht, vor denen jedes sittsame Frauenzimmer erröthen müsse.

So kam es denn, daß Keiner mit ihr umgehen wollte und die Scheere immer allein blieb. Einmal wurde ihr aber doch die Zeit lang, sie mischte sich unter die Andern, wurde von diesen jedoch so gedrängt und gestoßen, daß sie auf die Erde fiel und ihre eine Spitze brach.

– Das ist mein Letztes! rief die Scheere, vor Schmerz laut aufschreiend. Schickt nur schnell nach dem Doctor, sonst bin ich gar nicht mehr zu heilen!

– Bring' das schlechte Ding auf den Boden und wirf es zu dem alten Eisen! sagte die Sattlerfrau, ihrer Tochter die Scheere gebend. Diese trug sie auf den Boden und warf sie in einen Kasten, in welchem lauter alte verrostete eiserne Werkzeuge lagen.

– Die müssen hier alle von recht altem Adel sein, sagte die Scheere, sich in dem großen, offenen Kasten umschauend; sie sehen alle so ehrwürdig verrostet aus!

Mit diesem Gedanken tröstete sich die Scheere und fing alsbald an, ihren Nachbarn, alten verrosteten Nägeln, Feilen und Haken, von ihren früheren Eroberungen zu erzählen. Die aber waren alle sehr mürrisch und sprachen Tage lang kein Wort. Endlich wurde auch die Scheere immer stiller, denn es regnete durch das Dach in den offenen Kasten, und als sie sich eines Morgens besah, war sie über und über voll Rostflecken.

– Ich glaube, ich fange auch schon an, alt zu werden, sagte die Scheere zu sich; es wird wohl Zeit, daß ich mich mit höheren Dingen beschäftige! –

Und da wurde denn die Scheere fromm und sprach den ganzen Tag hindurch von nichts als vom ewigen Himmelreich. –

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
30 июня 2018
Объем:
110 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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