Читать книгу: «Die Krieger der Théluan», страница 3

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Als Dennis am nächsten Morgen aufwachte, lag Polia noch in seinen Armen. Kkhiso war fort. Dennis fühlte sich etwas beschämt. Was hatte er da bloß gemacht?

Nach einer Weile kam Kkhiso herein und stellte für die beiden ein Frühstück aus Fisch, Obst und frischem Wasser hin. Dann zog sie sich wieder zurück.

Polia war inzwischen erwacht. Sie lachte, nahm von den Früchten und gab auch Dennis davon.

Als Dennis sie auf die vergangene Nacht ansprach, nickte sie.

Es sei nicht gut, wenn Mann und Frau alleine sind. Ihr Vater habe ihr erlaubt, sich zu Dennis zu legen. Kkhiso wusste selbstverständlich Bescheid. Dennis dachte bei sich „Mann und Frau…, sie waren doch noch Kinder.“ Doch dann erinnerte er sich, dass die Mädchen bei den Péruan ihre ersten Kinder bereits kurz nach der Geschlechtsreife bekommen. Es gab hier einige sehr junge und schwangere Mädchen. Es gab hier sehr junge Mütter. Das war wohl normal.

Polia sah Dennis in seine blauen Augen und schlug die Arme um seinen Hals. Dann führte sie Dennis wieder an ihre geheimsten Stellen. Sie liebten sich erneut.

Als Dennis später vor die Hütte trat, war alles wie sonst auch.

Man lächelte ihm zu. Die Frauen lachten und schwatzten. Die Männer gingen ihrer Arbeit nach. Offenbar wusste jeder im Dorf Bescheid. Sie freuten sich für Dennis und Polia.

5.

Dennis war nun schon über einen Monat bei den Péruan. Er lernte ihre Sprache immer besser. Das Zusammenleben mit Polia war eine Hilfe. Dennis hatte inzwischen einen großen Wortschatz. Tagsüber war Dennis mit den Péruan zusammen, nachts schlief er mit Polia.

Kkhiso wohnte immer noch in Dennis Hütte. Sie war wie ein Schatten.

Dennis ging manchmal mit den Männern jagen, manchmal begleitete er die Frauen beim sammeln von Früchten und Beeren. Er lernte die verschiedenen Früchte zu unterscheiden.

Es gab essbare und giftige. Es gab welche, die als Medizin oder für die Zubereitung von aromatischen Tees oder Säften verwendet wurden. Es gab Baumrinden, die man gegen Schlangenbisse nutzte, und Blätter, aus denen ein Brei hergestellt wurde, für Umschläge.

Dennis lernte auch die verschiedenen Tierarten zu unterscheiden. Es gab winzige bunte Kolibris, und ganze Horden von Affen, die weit oben in den Bäumen herumturnten. Es gab Schlangen, vor denen man sich in acht nehmen musste.

Es gab kleine, mittelgroße und riesige Schmetterlinge und Falter. Einer davon, den die Péruan den „Baraun“ nannten, war äußerst gefährlich. Man durfte ihm nicht zu nah kommen.

Um sich vor Feinden zu schützen, warf der Schmetterling seinen Angreifern ein Heer von kleinen giftigen Härchen entgegen, die mit Widerhaken versehen waren, und schwere Entzündungen hervorriefen.

Sehr beliebt war das Fleisch der Mara Mara. Diese Mischung aus Antilope und Reh trat immer in Rudeln auf und hatte ein besonders zartes Fleisch, das man gut zu Pemikan verarbeiten konnte (Trockenfleisch).

In den Flüssen gab es Krokodile, vor denen man sich in acht nehmen musste. Sie waren nur etwa einen Meter lang, aber sie hatten messerscharfe Zähne. Das war einer der Gründe, warum die Péruan nie ohne Wachen zum Baden oder zum Fischen ins Wasser gingen. Im Wasser waren die Kaimane blitzschnell. Sie warteten geduldig und fast unsichtbar in Ufernähe, zwischen träge dahingleitenden Blättern und geschützt durch das Wurzelwerk der großen Bäume, um dann urplötzlich anzugreifen. An Land waren sie vergleichsweise träge, dann konnte man sie fangen und töten. Das Fleisch war rosa und sehr zart. Die Panzer zogen die Péruan ab. Das gab wunderbares Leder. Auch die Eier der an Land legenden Echsen galten als sehr schmackhaft.

Mehrere Male am Tag regnete es. Es gab heftige Schauer, Blitze und Donner. Dann gab es wilde Konzerte von Fröschen und Unken. Einige davon galten als Heilmittel. Sie sonderten Sekrete ab, die gut waren gegen Milben und Fadenwürmer. Es gab Spinnen, die handtellergroß waren und Falter jagten, die noch größer waren als sie selbst.

Dennis lernte, wie man Kolibris und Papageien in Netzen fängt. Aus den bunten Federn wurde Kopfschmuck hergestellt, der in der großen Stadt sehr beliebt war, und gegen Pfeilspitzen und Tonkrüge eingetauscht wurde.

Manchmal kämen Händlerkarawanen in das Dorf, die alle erdenklichen Waren mit sich führten: Krüge, Pfeilspitzen, Messer und Schmuck aus Kupfer. Sie tauschten diese Dinge ein, gegen Kopfschmuck, Trockenfleisch, Arznei und Pfeilgift.

Sehr beliebt bei den Händlern waren die Panzer der Krokodile und Häute und Schädel der Affen. Die Felle der Panther galten als sehr wertvoll.

Gingen die Männer auf die Jagd, kamen sie mit Affen, Echsen und Mara Maras zurück.

Wenn die Männer am frühen Morgen mit ihren Speeren die großen Flussfische fingen, die bei den Péruan zum Frühstück gegessen wurden, bauten die Frauen aus dünnen Stöcken und Lederbändern Reusen, in denen sie die kleinen hellblauen Fische fingen, die wegen ihres hohen Trangehaltes für die Anfertigung der Hemden genutzt wurden. Die Fische waren sehr scheu. Man brauchte viele der Reusen. Nur mit dem Fett dieser Fische konnten die Indios die Fasern der Bäume weich und geschmeidig klopfen. Es gab weiter entfernt vom Dorf viele Stellen, wo diese Reusen aufgestellt wurden. Waren die Fische erst einmal drin, gab es kein Entrinnen.

Dennis lernte auch, dass das Leben im Dorf nicht so friedlich war, wie er gedacht hatte. Es gab weitere Dörfer am Fluss. Man war im Frieden miteinander. Aber der Fluss war lang und hatte viele Nebenflüsse. Es gab weit entfernt Völker, mit denen es ständig Krieg gab.

Als ein Volksstamm der Théluan mussten die Pèruan regelmäßig Steuern an die Sonnengöttin zahlen. Diese Tributzahlungen erfolgten durch die Abgabe von Kriegern, jungen Mädchen, Kopfschmuck, Fellen und Trockenfleisch.

Manchmal würden Abordnungen der Théluan ins Dorf kommen. Sie hatten eine Arbeitskolonne bei sich und würden dann von den Péruan verpflegt. Auch das Dorf musste von Zeit zu Zeit Männer in diese Arbeitskolonnen schicken. Sie kamen stets nach etwa zehn bis vierzehn Tagen zurück.

Es gab einen halben Tag entfernt eine Straße der Théluan, die immer wieder von dem dichten Dschungel zuwuchs und dann mit langen Messern wieder gangbar gemacht werden musste.

Dennis hörte aufmerksam zu. Wo es eine Strasse gab, da konnten ja wohl auch Autos fahren. Aber diesen Begriff kannten die Péruan nicht. Die Benutzung der Strasse sei nur den Théluan erlaubt.

Die Händlerkarawanen hätten viele Lamas dabei, um die Waren zu tragen. Außerdem gäbe es Boten, um Nachrichten in die heilige Stadt zu bringen. Die Boten würden zu Fuß laufen. Dennis schüttelte erstaunt den Kopf. Keine Busse? Keine Lastwagen? Aber das kannten die Péruan nicht. Dafür erzählten die Péruan, dass es andere Völker gab, die bauten Früchte, Mais und Baumwolle an. Sie wohnten in festen Häusern, und sie mussten Tribut in Form von Nahrungsmitteln und Baumwollfasern leisten, die auf den Rücken von vielen Lamas in die Stadt der Sonnengöttin gebracht wurden.

Als Dennis den Takilada auf die Abgaben ansprach, wurde geantwortet, dass Abordnungen der Théluan in regelmäßigen Abständen ins Dorf kommen, um die Steuern einzufordern.

Als Dennis fragte, ob es vorkäme, dass die Péruan sich weigerten, schüttelte der Takilada den Kopf. Das würde den Péruan schlecht bekommen. Ja. Es sei schon vorgekommen. Einmal hätten die Krieger der Théluan alle Männer des Dorfes getötet, weil der Häuptling seine Tochter nicht hergeben wollte. Die Köpfe der Männer seien abgeschlagen worden. Alle Frauen und Kinder seien verschleppt worden.

Die Frauen mussten zunächst die Körper ihrer getöteten Männer und Brüder den Krokodilen im Fluss vorwerfen, dann mussten sie die Köpfe ihrer getöteten Männer auf langen Stöcken vor sich hertragen, bis in die heilige Stadt. Sie wurden auf ihrem Weg durch die verschiedenen Dörfer der Péruan geführt, um allen zu zeigen, was passiert, wenn man sich gegen die Krieger der Sonnenkönigin auflehnt. Er habe das selbst gesehen, als er noch sehr jung gewesen sei. Was dann in der großen Stadt mit ihnen passiert sei, das wusste der Takilada nicht.

Dennis war von der Grausamkeit geschockt. Er begriff, dass die große Stadt der Sonnenkönigin ganz anders sein musste, als er sich das bisher vorgestellt hatte. Vielleicht würde er in der Hauptstadt nicht das finden, was er sich erhoffte: den Weg nach Hause. Wenn er dort hin ging, dann musste er sehr vorsichtig sein.

Kapitel 3. Die Reise in die heilige Stadt. und die Abordnung der Théluan

1.

Nach acht Wochen bei den Péruan wurde im Dorf eine Abordnung der Théluan angekündigt. Die Botschafter waren erfolgreich bis in die Vororte der großen Stadt vorgedrungen und hatten ihre Nachricht weitergegeben. Nun näherte sich ein Tross von Kriegern und zwei hochgestellten Priestern der Théluan.

Als sie am nächsten Abend im Dorf eintrafen, war Dennis klar, dass die Erzählung des Takilada nicht übertrieben sein konnte. Das hier waren nicht die freundlichen Bewohner am großen Fluss, die Dennis in den Péruan kennengelernt hatte.

Die Fremden waren genauso dunkelhäutig, aber sie waren größer als die Péruan. Sie waren athletisch gebaut, und sie hatten die Haare nach hinten gebunden zu einem Knoten. Sie waren geschmückt mit bunten Hemden, und in den Knoten war ein Mix aus Federn und Perlen eingeflochten. Sie waren bewaffnet mit langen Messern, Bögen und Schilden aus einer Art dicht zusammengebundenem Schilfgeflecht. Um den Hals trugen sie eine Kette aus Leder, mit einem dünnen Goldblech, das eine Sonne darstellte.

Die beiden Priester waren deutlich an der langen Kutte zu erkennen, die mit einem Band um die Taille festgebunden war. Sie trugen Goldverzierungen im Haar und Ringe an den Fingern, die mit farbigen Steinen besetzt waren. Um den Hals trugen sie etwas, das aussah wie ein flacher Kragen aus Goldblech, mit gestanzten und gedrückten Symbolen und Sonnen.

Es war eine Art eisiger Wind, der mit der Ankunft der Krieger auf dem Dorfplatz einzog und vom Dorf Besitz ergriff. Dennis schauderte. Er stand auf und ballte unwillkürlich seine Hände zu Fäusten, wie um sich zu wehren. Und nun sahen die Krieger und die Priester der Théluan, dass sie wirklich einen Gott vor sich hatten. Die Boten der Péruan hatten nicht übertrieben.

Dennis war zwar in das einfache Kleid eines Stammesfürsten gekleidet, aber er war weiß, er hatte weißes Haar (die Indios hielten Dennis blondes Haar für weiß) und um diesen Fremden zeigte sich urplötzlich eine Art Feuerschein.

Ähnlich wie damals die Péruan hatten die Krieger sofort ihre Speere zum Wurf erhoben, wurden aber von ihren Priestern zurückgerufen, denn der Feuerschein entfachte sich zu einem gewaltigen Lichtschein aus Blitzen, der Dennis und die gesamte Gruppe der Péruan schützend umhüllte, wie ein Panzer. Das war für die Théluan zu viel.

Dennis hörte Schreckensrufe. Die Krieger ließen ihre Waffen fallen und warfen sich zu Boden. Selbst die Priester fielen auf die Knie und baten um Gnade.

Dennis war fast zum Lachen zu Mute.

Er ging durch seine Freunde hindurch zu den beiden Priestern, immer noch eingehüllt in diese Wolke aus zuckenden Blitzen und befahl ihnen, in der Sprache der Péruan, aufzustehen.

„Das hier“, sagte Dennis, „sind meine Freunde. Ihnen wird nichts geschehen. Sie stehen unter meinem Schutz.“ Er trat noch näher an die Priester heran, bis das elektrische Feld die Priester fast berührte. Dennis sah, wie sich die Haare der Priester aufluden, und sie begannen, wie rohe ungekochte Spaghetti vom Kopf zu stehen. Es knisterte im Haar. Die Priester waren bleich vor Angst.

Dennis befahl den Théluan sich hinzusetzen und ihre Waffen nicht anzurühren. Dann zog er sich in die Gruppe der Freunde zurück, und setzte sich auch auf den Boden.

Der Feuerschein um Dennis erlosch, und Dennis wandte sich an die Priester: „Mein Name ist Thénnis (er sprach das so aus, wie die Péruan ihn aussprachen). Ihr seid von weit hergekommen. Was wünscht ihr?“

Es dauerte eine Weile, bis einer der Priester antwortete. Sie standen immer noch unter Schock.

Es war eine eindrucksvolle Demonstration von Macht, die der Fremde ihnen da gezeigt hatte. Sie waren nun vollständig überzeugt, dass es sich hier um einen Gott handelte, vielleicht sogar um den großen mächtigen Sonnengott selbst. Der Name bewies das. Der Fremde sprach mit einem Akzent, der ihnen völlig unbekannt war. Er musste von weit her gekommen sein.

Die Priester schwiegen lange.

Dann begannen sie.

Die Péruan hätten eine Nachricht geschickt. Die Sonnenkönigin Quokalil habe Anweisung erteilt, den Fremden zu ihr zu bringen. Aber nachdem sie nun selbst gesehen hätten, dass Dennis ein Gott sei, würden sie in bitten, mit ihnen in die heilige Stadt Quedsa zu reisen.

Dennis fühlte Jubel in sich und zugleich Ungewissheit in die Zukunft, und Trauer. Nun musste er seine Freunde verlassen, und es waren wirklich gute Freunde geworden.

Dennis nickte den Priestern zu. Ja. Sie könnten am nächsten Tag abreisen, wenn die Priester dazu bereit seien.

Die Priester hörten das gern.

Dann lud Dennis sie, im Namen der Dorfbewohner, zum Abendessen ein. Die Fremden waren nun freundlich, ja achtungsvoll. Sie ließen es sich nicht nehmen, ordentlich zuzulangen.

Sie reisten erst am übernächsten Tag ab. Die Dorfbewohner bauten eine Art Sänfte, die für Dennis bestimmt war. Der Takilada bestand darauf, dass die Sänfte mit dem Pantherfell ausgekleidet wurde. Außerdem gab es Verhandlungen zwischen den Priestern und dem Takilada. Sie führten dazu, dass am übernächsten Tag drei Mädchen und fünf junge Männer die Reise mit ihm gemeinsam antraten. Unter den Begleitern waren auch Faroa und Polia. Sie trugen Beutel mit Trockenfleisch und Früchten für unterwegs.

Dennis freute sich darüber, wusste er doch zu diesem Zeitpunkt den wahren Grund nicht, warum die acht Freunde mit ihm kommen mussten.

2.

Als sie am übernächsten Tag die Reise antraten, nahm Dennis in der Sänfte platz, die abwechselnd von jeweils vier der Krieger getragen wurde. Alle andern marschierten. Sie liefen erstaunlich schnell.

Dennis hatte am Anfang den Gedanken, die Sänfte im Dorf zu lassen und ebenso zu laufen, aber er hatte überlegt, dass das bei den Priestern Zweifel auslösen könnte. Als Gott, als der er angesehen wurde, musste Dennis dieses Spiel mitmachen.

Er sah schnell ein, dass er das mörderische Tempo keine zwei Stunden durchgehalten hätte, das die Théluan und die Péruan durch den feuchten und heißen Regenwald vorhielten.

Nach einigen schmalen Pfaden war die Gruppe auf einem breiten Weg durch den Dschungel gekommen, der ganz offenbar, wie eine Strasse angelegt war, um größeren Gruppen eine schnelle Fortbewegung zu ermöglichen.

Dennis Gruppe wurde sogar zweimal von Läufern überholt, die nur mit einem Lendenschurz bekleidet waren, aber einen ganz eigenartigen Haarschmuck trugen. Sie hatten Büschel von Kolibrifedern in den Pferdeschwanz gebunden, und trugen dort auch ein goldenes Emblem der Sonne.

Später erfuhr Dennis, dass dies die Boten der Théluan sind, die Nachrichten von den verschiedenen Teilen des Reiches zur Hauptstadt bringen. Es waren eigens ausgebildete Läufer, die ohne eine jede Pause den ganzen Tag durchliefen, und auf diese Weise bis zu 150 Kilometer an einem Tag zurücklegten.

Niemand sonst hatte ein so schnelles Informationssystem wie die Théluan. Das machte sie fast unangreifbar. Dennis sollte später erfahren, dass die Krieger der Thé (was übersetzt heißt, die Krieger der Sonne) im Kriegsfall auf dieselbe Weise vorwärts kommen und als ein Heer aus mehreren tausend Menschen immerhin bis zu 80 Kilometer am Tag zurücklegen konnten.

Am Abend rasteten sie an einem Fluss. Hängematten wurden in die Bäume gehängt. Die Gruppe schlief nach einem kurzen Mahl aus getrocknetem Fleisch und Früchten schnell ein.

Am nächsten Tag ging es im selben Tempo weiter. Da die Gruppe mit der Sänfte nicht so schnell vorwärts kam, schafften sie ungefähr 50 oder 60 Kilometer am Tag, aber selbst das war eine gewaltige Leistung.

Am zweiten Abend kamen sie in ein Dorf, das dem der Péruan ähnelte. Alle schliefen in Hängematten, aber Dennis konnte in dieser Nacht nicht mit Polia zusammensein. Er sprach mit ihr.

Sie versicherte ihm ihre Liebe. Aber sie sagte, sie könne nicht zu ihm kommen. Einen Grund gab sie nicht an.

Am nächsten Tag wurden zwei von Dennis Freunden zurückgeschickt. Dafür stießen acht neue Leute aus dem Dorf zu ihrer Reisegruppe. Auch jetzt waren es drei Mädchen und fünf junge Männer.

Sie kamen in ein weiteres Dorf. Dennis winkte Polia zu sich, aber Polia traute sich nicht. Das machte Dennis stutzig. Er ging zu ihr und sah, dass sie Striemen von Schlägen auf dem Rücken hatte. Das ging zu weit. Er winkte die Priester zu sich und stellte sie zur Rede.

Dennis erfuhr, dass Polia seit der Abreise Eigentum der Sonnengöttin sei und dass es ihr nicht mehr gestattet war, mit Dennis zu sprechen. Sie hatte das Verbot missachtet und war deshalb gezüchtigt worden. Dennis wurde ernstlich böse.

Polia - sagte Dennis - gehöre zu ihm. Er verlange, dass Polia anständig behandelt wird. Er verbrämte das mit einer unverhüllten Drohung. Dennis übertrieb maßlos. Was hätte er wirklich gegen diese Übermacht tun können? Aber er ahnte seine neue Position als Gott und er spielte diesen Trumpf geschickt aus, und wieder erhielt Dennis die Hilfe seines Bruders Patrick. Der Lichtschein, der sich um Dennis hüllte war diesmal anders. Als er die Priester berührte, stöhnten die heiligen Männer auf. Es war wie Stiche von tausend Nadeln. Überall. An den Händen, an den Beinen, unter der Kleidung, am Kopf, ja selbst an den Augäpfeln, was besonders schmerzhaft war. Sie fielen schließlich vor Dennis auf die Knie und baten um Gnade.

In dieser Nacht durfte Polia in seiner Hängematte schlafen und sie erzählte ihm in leisen Worten, dass sie und die anderen Mädchen und jungen Männer, Teil der Tributzahlung waren, welche die Sonnengöttin von den Péruan verlangt hatte. Manche jungen Männer würden Diener oder Krieger werden, viele würden in die Minen geschickt. Die Mädchen würden den Kriegern als Belohnung zur Sklavin gegeben oder sie wurden für heilige Zeremonien aufbewahrt. Als Tochter des Häuptlings sei sie für die Teilnahme an Riten ausgesucht worden.

Als Dennis nachfragte, schüttelte Polia den Kopf. So genau wusste sie nicht, was in der großen Stadt mit ihr passieren würde, aber sie fragte Dennis, ob er damals sehr überrascht war, als sie sich zu ihm legte. Als Dennis nickte, erzählte Polia, dass es ihr verboten war zu heiraten. Schon als kleines Mädchen sei sie ausgewählt worden für die heiligen Zeremonien. „Viele Mädchen in meinem Alter sind bereits verheiratet“. Sie durfte zwar mit Dennis zusammen sein, weil ihr Vater das erlaubt hatte, aber als Auserwählte hätte sie eigentlich Jungfrau bleiben müssen. Polias Vater hatte sich über dieses Gebot nur hinweggesetzt, weil Dennis etwas besonderes sei. Sie hoffte jetzt, dass der Vater, oder das Dorf, nicht dafür bestraft würden, wenn das herauskäme.

Dennis war wieder geschockt. Hoffentlich hatte er da nicht etwas Unbedachtes getan. Er überlegte lange, dann erklärte er Polia, er würde versuchen, sie und ihr Dorf zu schützen.

„Ich weiß noch nicht wie“ sagte Dennis offen, „ich kenne die Gebräche und Sitten der Théluan noch nicht. Aber ich werde einen Weg finden.“

Polia hatte schon bemerkt, dass Dennis nicht allmächtig war. Er war in Menschengestalt zu ihnen gekommen, er wusste vieles nicht, was er von den Péruan erst lernen musste, aber er hatte göttliche Fähigkeiten, die nur er hatte. Sie vertraute Dennis.

3.

Am nächsten Morgen gab es in dem Dorf dasselbe Prozedere. Fünf junge Männer wurden ausgewählt und vier der Mädchen mussten mitkommen. Eine der beiden Häuptlingstöchter nahm jetzt Polias Platz ein.

Das Gelände stieg nun langsam an. Sie kamen nicht mehr so schnell vorwärts. Immer wieder gab es reißende Flüsse, die überquert werden mussten.

Sie kamen in weitere Dörfer. An den Hängen gab es Felder, die von Bauern mit einfachen Pflügen per Hand bearbeitet wurden. Auf anderen Feldern stand die Frucht in Blüte. Die Menschen lebten hier in niederen Lehmhütten mit Schilfbedeckungen. Sie waren nicht mehr nackt, so wie die Péruan, sondern sie trugen einfache Kittel, die vier Öffnungen hatten - wie Dennis eigenes Hemd auch - und einfach über den Kopf gezogen wurden. Manchmal waren sie mit einem Riemen um die Taille gebunden. Auch diese Menschen liefen alle barfuss.

Ab jetzt wurden keine lebenden Tribute mehr bezahlt. Die Gruppe wurde um Karawanen aus Lamas vergrößert, welche Säcke mit Mais, Hirse und Kartoffeln trugen. Es gab Treiber, welche mit langen dünnen Stecken hinter den Tieren herliefen, und ihnen durch leichte Schläge auf das Hinterteil mitteilten, ob sie links oder rechts laufen sollten.

Die Gesellschaft wurde immer größer und sie kamen nicht mehr so schnell voran.

Das Gelände stieg immer weiter an. Es waren erste große Berge zu sehen. Als Berliner Junge kannte Dennis Berge nur aus dem Fernsehen oder von seinem Flug über die Alpen.

Diese Berge ähnelten in der Höhe den großen Mittelgebirgen, wie etwa dem Schwarzwald und den Voralpen in Europa. Es gab schmale Täler mit reißenden Flüssen und gigantischen Wasserfällen, es gab Terrassen an den Steilhängen, wo Kartoffeln, Hirse und Mais angebaut wurden, und es gab Hochebenen mit einzelnen Kegelbergen, die daraus hervorragten. Auf den Kuppen gab es keinen Baumbewuchs mehr. Wenn das hier so weiterging, dann musste das irgendwann mächtig steil werden.

Auf den Hochebenen gab es weitere Dörfer aus flachen Adobehäusern. Überall war die Gesellschaft am nächsten Tag um etliche Lamas und Treiber größer geworden. Dennis verstand langsam, warum die Abordnung so lange gebraucht hatte.

Zugleich war es eine unvergleichliche Landschaft. Der Regenwald war längst übergegangen in einen leichten Baumbewuchs, der in den Tälern und Hochebenen immer wieder durch Felder abgelöst wurde. Oben auf den Kuppen hatte sich anfangs noch dichter Baumbestand gezeigt, doch je höher die Berge wurden, desto mehr wurden die Bäume durch niederes Gebüsch und schließlich durch Gräser abgelöst.

Dennis hatte zu seiner Kleidung ein langes Hemd bekommen und eine Decke, denn je höher sie kamen, desto kälter wurde es nachts. Dennis war froh, dass er sein Pantherfell, sein Sweatshirt und seine Winterjacke hatte und dass Polia abends zu ihm in die Hängematte schlüpfte.

Dann hörten die Bäume ganz auf, so dass sie auf dem Boden schlafen mussten.

Sie waren nun seit vier Wochen unterwegs, als die Priester abends zu Dennis kamen, und ihm mitteilten, dass sie in drei Tagen in die heilige Stadt kommen würden. Polia dürfe diese Nacht noch bei Dennis verbringen, dann müsse sie alleine schlafen. Das Ritual verlange das.

Dennis nickte. Das war ein triftiger Grund.

In den letzten Tagen hatte er seine Uhr viel besser auf die Sonnenzeit einstellen können, so dass sie jetzt die Tageszeit ziemlich genau anzeigte.

Dennis und Polia waren in dieser Nacht das letzte Mal auf ihrer Reise zusammen. Dennis fragte sie nochmals nach der großen Stadt aus, aber Polia wusste nichts. Sie war nie dort gewesen. Die Boten hatten immer nur von sehr vielen Häusern und unermesslichem Reichtum erzählt.

Am nächsten Morgen hatte Dennis einen Plan. Er rief die Priester zu sich. „Die Sonnengöttin habe nach ihm verlangt,“ begann Dennis. Er selbst könne sehr gut für sich alleine sprechen, aber wie sähe das denn aus, wenn Dennis der Sonnenkönigin ohne Diener gegenüberträte. Wenigstens Faroa und Polia müsse man ihm lassen. Dennis verstehe den Ritus. Er wolle nicht gegen die Traditionen der Théluan verstoßen, aber es sei respektlos, wenn er ohne Gefolge vor der Königin steht, selbst wenn das Gefolge nur aus zwei Dienern bestand.

Die Priester besprachen sich lange. Dennis Vorschlag war angemessen. Sie nickten. Sie würden auch dafür sorgen, dass Dennis bei seiner Gegenüberstellung über eine Schar ausgewählter Krieger verfügt, die ihn begleiten würden. Man würde das arrangieren. Vorerst solle das in den letzten drei Tagen der Reise so bleiben, wie die Tradition das verlangt.

Eine Leibwache also. Dennis war zufrieden. Nun war zu hoffen, dass die Priester nach ihrer Ankunft ihr Versprechen auch einhalten würden. Aber Dennis war zuversichtlich, dass er dann einen Weg finden würde. Im Stillen betete er zu Patrick um Hilfe.

In den nächsten zwei Tagen kamen sie immer wieder durch Dörfer aus Lehm. Doch nun waren die Dörfer befestigt. Es gab Mauern, es gab bewachte Tore, es gab Schießscharten und sogar richtige Strassen aus großen viereckigen Pflastersteinen, die mitten durch die Dörfer führten. Es gab Seitengassen, in denen reges Treiben herrschte. Es gab verschiedene Handwerker.

Es wurde geklopft und gehämmert. In den Gassen hingen Tücher und Felle zum trocknen. Dennis hörte Schleifgeräusche.

Alle waren in solche Sackkleider gehüllt, wie Dennis sie bereits kannte. Es gab Brunnen, aus denen die Menschen ihr Wasser schöpften und in großen braunen Tonkrügen nach Hause trugen und es gab Hunde. Viele Hunde, die scheinbar herrenlos in den Gassen umherliefen. Sie waren abgemagert und scheu.

Nachts blieben sie in Herbergen aus doppelstöckigen Gebäuden, die von Mauern umfasst waren und große Innenhöfe und Stallungen für Tiere hatten. Dort wurden auch die Lamas von Helfern versorgt. Als Lichter wurden tönerne Gefäße mit einem Docht verwendet, die Öl enthielten. Es gab Toiletten, aber das waren einfache Löcher im Boden. Man verrichtete die Notdurft im Stehen. Papier gab es nicht. Es gab getrennte Waschräume für Priester, Soldaten und die Begleitmannschaft mit Steinböden aus Ton. Auch fließendes Wasser gab es nicht. Nirgendwo. Es gab tönerne Krüge und breite Schüsseln für das Waschwasser. Wenn man wollte, dann wurde ein Knecht herbeigerufen, der das kalte Wasser aus den Krügen über dich ausschüttete wie eine lebende Duschbrause.

Autos gab es nicht. Dennis sah keine Sattelitenschüsseln. Es gab keine Glühbirnen und kein Radio. Es gab nicht einmal Fahrräder.

Dennis wurde klar, das diese große Stadt absolut nichts von dem haben würde, was er an Zivilisation kannte. Er war nicht nur auf einem anderen Kontinent gelandet, sondern er war ganz offensichtlich in einem Jahrhundert gelandet, das weit vor der ersten Erfindung der Eisenbahn lag. Autos, einen Fernbus, eine Botschaft, eine Mission oder gar einen Flughafen würde er hier nicht finden. Auch das Nahrungsangebot war völlig anders, als er das aus Europa kannte.

Obwohl Dennis das zuletzt schon geahnt hatte, es verwirrte und es bestürzte ihn. Um so mehr beschloss Dennis, das Beste aus der Situation zu machen. Wie gut, dass die Théluan ihn als Gott betrachteten. Er würde seinen Vorteil daraus ziehen. Zugleich war sich Dennis der Gefahr bewusst, wenn der Schwindel aufgedeckt werden würde. Das musste er verhindern. Er dachte erneut an Patrick und hoffte, dass er in jeder Situation vorausschauend, weise und angemessen reagieren würde.

Dennis verstand jetzt, wie wichtig es gewesen war, dass er sich des Beistandes der beiden Freunde aus dem Dorf versichert hatte, und in der heiligen Stadt eine eigene Leibgarde erhalten sollte. Das konnte ihm einmal das Leben retten.

Dennis hatte auf der langen Reise erlebt, dass die Krieger den Befehlen der Priester bedingungslos gehorchten. Auch in all den Dörfern taten die Péruan und die Théluan genau das, was die Priester von ihnen verlangten. Widerspruch gab es nicht. Sie spielten in dieser Welt offenbar eine sehr wichtige Rolle. Es würde gut sein, sich langfristig der Freundschaft der Priester zu versichern.

4.

In den zwei letzten Tagen hatte sich die Landschaft etwas abgesenkt. Die Berge blieben, waren nun aber nicht mehr so hoch. Das Gebüsch wurde durch lichten Wald abgelöst, immer wieder unterbrochen durch Terrassen, die landwirtschaftlich genutzt wurden. Der Wald war anders als der Regenwald. Nicht so hoch. Es waren andere Baumsorten als die Urwaldriesen. Immer wieder sah Dennis Befestigungsmauern mit Türmen. Es gab jetzt sogar offene Wasserleitungen aus Tonsteinen, die von den Flüssen in die niedergelegenen Vorstädte führten.

Dann überquerten sie eine Bergkuppe. Unter ihnen lag ein breites Tal in dem ein Fluss lief, mit vielen Schleifen und kleinen Seitenarmen. Er war begrenzt von flachen Bergkämmen.

Weit in der Ferne erkannte Dennis eine Bergkuppe, die vollständig mit Häusern bebaut war. Quer durch das Tal lief ein großes Bauwerk. Dennis konnte auf die Entfernung nicht einschätzen, was es war.

Die Gruppe hielt an. Alle fielen auf die Knie. Sie hoben die Hände zur Sonne und verneigten sich dreimal. Dennis hütete sich, an diesem Ritus teilzunehmen. Als Gott durfte er sich keine Blöße geben. Er war der einzige, der sich nicht verneigte. Als die Träger die Sänfte hingestellt hatten, um sich zu verbeugen, erhob sich Dennis. Anders als alle anderen breitete er seine Arme aus. Er blickte hinauf zur Sonne, dann streckte er ihr seine Hände theatralisch entgegen und bat Patrick, ihm wenigstens ein kleines elektrisches Feld zu schicken.

Dennis hatte Glück. Wieder zeigten sich die blauen Verästelungen des elektrischen Feldes. Wieder begann dieser zauberhafte Schein um Dennis zu leuchten, und nun waren alle in der Gruppe endgültig überzeugt, dass sie in der Begleitung und im Schutz eines mächtigen Gottes gereist waren. Sie beobachteten dieses Schauspiel andächtig und voller Respekt. Einige berührten den Boden mit ihren Gesichtern.

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Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
270 стр.
ISBN:
9783942652469
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