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Das Praktikum im Krankenhaus

Selbst dieses Krankenhaus wurde fernab von unserer Großstadt ausgewählt. Ein einfacheres Kreiskrankenhaus in einer kleinen Kreisstadt war mein Ziel. Thomas schickte er ebenso in ein anderes kleines Krankenhaus am Rande der Stadt.

Mein erster Tag verlief nicht gerade spektakulär. Man steckte mich zuerst in eine „Innere Abteilung“ und das hieß für mich: Patienten waschen, den Schieber unter den Po legen und anschließend die verbleibenden Körperausscheidungen zu beseitigen.

Blasenkatheterbeutel und die Ente (Urinflasche) waren mein ständiger Begleiter. All dies hielt mich im Alltag des Hauses ausgezeichnet in Schwung.

Meine „Lieblingspatientin“ war eine übergewichtige Frau, die an die 130 Kilogramm wog.

Sie war nicht wirklich mein Liebling. Aber irgendwie wollte sie meist von mir versorgt werden. Wenn der Schieber gebraucht wurde, hatte ich das Gefühl, dass sie extra auf mich gewartet hatte. Bei meiner ersten „Morgenrunde“ zum Blutdruckmessen mochte sie auch sofort von mir die Bettpfanne unter ihrem gut geformten Schinken wissen. Also brachte ich ihr diese dann immer gleich mit. Da sie sich nicht alleine auf die Seite wenden konnte, musste ich die beleibte Frau im Alleingang und mit voller Kraft auf die Flanke drehen, um den Tiegel unter sie zu befördern.

Mit Einsatz meines Lebens zog und schob ich sie auf ihre Hüften. Falls aber die Gnädige über die Bettkante gerollt wäre, hätte sie mich unter sich begraben. Dies wäre dann wohl mein Aus als angehender Rettungssani gewesen.

Meist standen die Zimmertüren der Patienten offen.

Immer wenn ich am Zimmer meiner „Lieblingspatientin“ vorbeischlich, so rief sie mich mit den Worten „Juuunger Maaann“. Sie hatte immer irgendetwas für mich zu tun. Ob es der fehlende Tee war oder ich die Bettdecke wenden sollte. Sie konnte mich eben gut leiden.

Ich glaube, die Schwestern grinsten bereits über so viel „Liebe“ zwischen der beleibten Frau und mir.

In nur kurzer Zeit gewöhnte ich mich an die Abläufe im Krankenhaus und schlich mich immer gekonnter im Eiltempo an der geöffneten Zimmertür der molligen Weiblichkeit vorbei.

Ein neuer Praktikant trat seinen Dienst an und wurde alsbald zum „Liebling“ der Rubensfrau erkoren.

Anschließend kam ich noch in andere Abteilungen, um die Hergänge der einzelnen Stationen kennenzulernen.

Ein bisschen freute ich mich schon auf die Notaufnahme. Ganze drei Tage sollte ich dort verharren.

Endlich war es soweit. Pünktlich zum Schichtbeginn und in ordentlicher Notaufnahme-Kleidung wartete ich aufgeregt auf meinen ersten Notfall. Doch er wollte und wollte einfach nicht kommen. Die dortige Stationsschwester schickte mich nach einer Weile in die „Innere Abteilung“ zurück, um da erneut auszuhelfen. Ihre Worte waren etwa so: „Herr Jürgens, wenn heute noch ein Notfall hereinkommt, lasse ich sie schnellstmöglich heranrufen.“

Dies hatte allerdings nur zweimal an diesem Tag geklappt. Die anderen Tage vergingen ähnlich, doch die Stationsschwester der Notaufnahme kam am letzten Tag auf mich zu und bedauerte, dass es für mich zu wenig Notfalleinsätze gab. Deshalb arrangierte sie für mich einen Tag im Operationssaal, um da bei einer OP zuzusehen.

Vorerst durfte ich in die Anästhesie und auch im Beisein der dort beschäftigten Ärztin einen intravenösen Zugang legen. Dieses gefiel mir viel besser, als immer nur die Bettpfannen und Enten zu jonglieren. Der OP-Tag war sehr aufregend. Was ich da alles sah und miterlebte, will ich hier lieber nicht beschreiben. Nur eines kann ich sagen: in den ersten Stunden hatte ich große Mühe, die OP bis zum Ende mitzuverfolgen.

Das Krankenhauspraktikum neigte sich dem Ende zu und ich war, so oft es ging, in der Anästhesie angemeldet, um da die Fähigkeiten eines venösen Zuganges und anderes zu erlernen. Dort nahmen sich die Ärzte und Schwestern für den Praktikanten Jürgens ausgiebig Zeit und lehrten Zahlreiches für seine berufliche Zukunft als Rettungssanitäter.

Mein Praktikum in der Rettungswache

Herr Kobold suchte mir ja eine Rettungswache in Sachsen-Anhalt aus. In einer kleinen Stadt sollte ich meine Ausbildung im praktischen Teil erfahren. Die Jungs und Mädels in dieser Wache kamen locker rüber. Ich wurde im Dienstplan mit eingeteilt, so dass ich 160 praxisbezogene Stunden in allen Schichtbereichen durchlaufen konnte.

Die erste Nachtschicht begann allerdings etwas merkwürdig. Die Schicht startete um 19 Uhr und bis etwa 23 Uhr ergab sich immer noch kein Einsatz. Plötzlich verschwand wortlos meine mir zugeteilte Mannschaft aus dem Aufenthaltsraum und ich saß alleingelassen vor dem Fernseher und zog mir irgendwelche Reportagen rein.

Wo befanden sich denn eigentlich die Jungs?

Ungefähr eine Stunde später ging ich auf die Suche und tat so, als ob ich auf die Toilette gehen wollte. Der Weg führte mich durch einen Hausflur, von dem mehrere Türen abgingen.

Aus einem Nebenraum vernahm ich ein leichtes Schnarchen. Die werden doch nicht etwa pennen? Vorsichtig öffnete ich die Tür, aus dem das Geräusch kam, lugte in das Zimmer und sah, wie die Sanis in voller Bekleidung im Bett lagen und tief und fest schliefen. Einer der beiden Jungs hatte beim Schnarchen gurgelnde, grunzende Geräusche von sich gegeben.

Wie erstarrt stand ich in der Tür und beobachtete die beiden, wie sie abwechselnd und in verschiedenen Tonarten schnarchten.

Und ich? An mich hatte niemand gedacht? Mit Schmollmund lief ich zurück in den Aufenthaltsraum und machte es mir auf dem Sessel gemütlich, soweit man davon reden konnte.

Gegen 6:30 Uhr morgens klappte die Eingangstür und der erste Kollege der Frühschicht kam herein. Nach wie vor auf dem Polstersessel zusammengerollt, schreckte ich auf. Den Mann kannte ich bereits aus einer gemeinsamen Schicht, die wir zusammen im Krankenwagen verbracht hatten. Er kam zu mir herüber, begrüßte mich und sagte: „Hans, warum bist Du eigentlich noch hier?“ Ich verstand nicht, was er da meinte. Deshalb hakte ich nach: „Was meinst du?“ „Na unsere Praktikanten hauen doch jeweils am Abend ab, weil da meist null Einsätze kommen.“ „Abhauen?“, fragte ich. „Wohin denn?“ „Hans, hast du keine Koje zu Hause?“, murmelte er zurück und verschwand in der Umkleide.

Die anschließenden zwei Nachtschichten hatte ich mich dann immer in mein Auto gesetzt und bin in die Heimat gefahren, wo mein eigenes Bett auf mich wartete.

Eines Tages an einem Samstag teilte man mich von 8 bis 20 Uhr auf einem Rettungswagen als Sani-Lehrling ein. Als ich das Hoftor passierte, sah ich viele Leute auf dem Hof herumwuseln, die irgendwelche Dinge hin- und herschleppten.

Ich wunderte mich sehr, was da an so einem Morgen für ein Treiben war. Langsam begab ich mich in Richtung Umkleidezimmer, welches durch den Aufenthaltsraum führte. Ich begrüßte meine Kollegen und wollte gerade weiter gehen, da kam der Geschäftsführer in die Wachstube und sprach zu den Mitarbeitern der Frühschicht: „Heute ist Tag der offenen Tür und dafür wird jede Hand gebraucht“. Er bat alle Angestellten, sich an den Vorbereitungen zu beteiligen.

Ich hörte mir das an und ging anschließend mit meinen Mitstreitern zum Umziehen der Sachen.

Kaum war ich fertig mit dem Klamottentausch, rief mich auch schon mein Kollege, dass ich ihm in den Keller folgen solle. Wir wuchteten aus einem Kellerloch Biertischgarnituren ans Tageslicht.

Während einer kleinen Pause kam das Oberhaupt abermals bei uns vorbei und schien jetzt bekümmert: „Der Feldküchenkoch ist ausgefallen und kann heute nicht kommen.“

Er bat uns, schnellstmöglich herumzuhören, ob jemand einen solchen Koch kenne, der an diesem riesigen Schnellkochtopf arbeiten könne.

Zögerlich meldete ich mich zu Wort: „Ich könnte es machen, ich stand bei der Armee 18 Monate an so einem Gerät.“

„Was?“, rief der Boss laut. „Herr Fritzo, sie schickt uns der Himmel. Würden sie die Gulaschkanone übernehmen?“

„Selbstverständlich mache ich das, allerdings hätte ich Rettungswagendienst bis 19 Uhr.“

„Das ist kein Problem“, erwiderte er gelassen, „das bekommen wir schon hin, dass Sie dennoch auf Ihre Stunden kommen.“

Ab sofort verlief mein Morgen grandios. Eine Frau brachte mir ein paar übergroße Kochklamotten und ich kümmerte mich nur noch um meine Feldküche. Außerdem stellte man mir einen Zivi (Zivildienstleistenden) zur Seite. Er hatte den Auftrag, dem Feldküchengerät ordentlich mit Holz und Kohle einzuheizen.

Eiligst platzierten mir einige „Hilfswillige“ verschiedene Utensilien, wie einen Papiersack mit Trockenerbsen, Plastikteller, Besteck, in Folie verpackte Würstchen usw., in meinen Kochbereich.

Die Feldküche dampfte bald auf Hochtouren und in weniger als einer Stunde waren die Hülsenfrüchte darin verrührt und abgeschmeckt. Pünktlich 12 Uhr saß ich neben meinem fantastischen Suppentopf und wartete auf den bevorstehenden Ansturm.

Der ließ auch nicht lange auf sich warten. Eine kleine Menschenschlange bildete sich alsbald an meinem Kochstand. Eine Menge Leute hielten mir nach und nach ihren Plastikteller zum Füllen unter die Nase.

Offensichtlich schmeckte es, denn von den 150 Litern gekochter Suppe, war bald nichts mehr übrig. Inzwischen bemerkte ich, wie sich meine Kelle über den Bodengrund des Topfes schürfte.

Immerhin standen noch unzählige hungrige Mäuler in der Warteschlange. Jetzt sagte ich zu meinem Zivi, dass die Portionen für höchstens 8-10 Leute reichen würden und er solle den Rest der anstehenden Hungrigen aus der Reihe auflösen.

Es dauerte nicht lange und man vernahm die Unzufriedenheit der aussortierten Geschöpfe. Jetzt ging es ans Saubermachen der Gerätschaften.

Gegen 18 Uhr war alles wieder gereinigt und zusammengeräumt.

Als ich mich gerade auf dem Weg zur Umkleide begab, kam der große Boss mir entgegen. Er lobte mich in höchsten Tönen für die eben getane Arbeit. Ich bedankte mich höflich für die nette Ansprache. Nach einer Weile der wohlklingenden Worte verabschiedete mich von ihm und wollte mich umkleiden gehen, um den Nachhauseweg anzutreten.

Er stoppte meinen Fortgang: „Wo wollen Sie denn hin?“

„Ich würde jetzt gern meinen Dienst beenden“, entgegnete ich.

„Sie können doch nicht nach Hause gehen, sie haben doch bis 20 Uhr Spätschicht“, offerierte mir der Chef. Sofort dirigierte er mich in die Umkleide, um mir dort die Rettungsklamotten anzuziehen. Den ganzen Tag an der Gulaschkanone und am Abend der Sani-Lehrling, so toll brachte der Chef es hin.

Die Prüfung zum Rettungssanitäter

Sonntagabend ging es wiederholt in Richtung Erfurt zum stinkenden Bruchbudenquartier. Dort angekommen, packten wir die von uns mitgebrachten Essenvorräte auf dem alten Holztisch aus, um sie in Ruhe zu genießen.

Da klopfte es an die Tür und der Vermietertyp trat mit einer Pulle Wodka den Raum.

„Lasst uns einen nehmen“, begann er seine Ansprache an uns.

Thomas lud ihn an den gedeckten Tisch zur Schmauserei ein. Am Blick meinem Mitstreiter konnte ich erkennen, dass es ihm gefiel, dass der Vermieter eine Flasche Feuerwasser in der Hand hielt. Nun saß der schmierige Kerl mit seinem „Feinrippunterhemd“ an unserem gedeckten Tisch und langte kräftig mit zu.

Gleich holte mein Mitbewohner ein paar Gläser aus dem maroden Küchenteil und stellte diese auf den Tisch. Die Trinkgefäße waren ursprünglich als Biergläser gedacht und nun wurden sie zum Wodkaglas umfunktioniert.

Mit der Aufforderung, diese randvoll zu füllen, begann mein Berufskollege seine Ansprache an den Mann.

„Für mich nicht“, rief ich laut in den Raum, „ich mag das Gesöff nicht!“

Nach diesen Worten entbrannte bei den anderen Beiden eine Diskussion. Mit den Ausdrücken Feigling und Spaßbremse wollten sie mich zum Schlucken dieses Trankes bewegen und gossen mir mein bereit gestelltes Glas bis zur Hälfte mit diesem Fusel voll.

Doch ich weigerte mich immens, das Getränk einzunehmen.

Meine beiden Mitinsassen einigten sich allerdings flink und kippten sich das Zeug ungebremst in den Hals.

Nach einer Stunde beendeten wir das Abendbrot und den Trinkgenuss. Jedenfalls dachte ich es. Ich begann, das Geschirr vom Tisch abzuräumen und hoffte, dass der Vermieter endlich aus dem Raum verschwinden würde.

Ich forderte meinen Kollegen auf, mit mir gemeinsam in die Lehrbücher zu schauen, um uns für die Prüfung vorzubereiten, statt das Hochprozentige zu schlucken. Es war bereits zu spät dafür, denn die beiden vertieften sich in irgendwelche sinnlosen Geschichten.

Also setzte ich mich auf mein Bett und begann zu lernen.

Spätabends gingen die Sätze allmählich in die „Insektensprache“ über. Teilweise konnte ich kaum noch ein Wort verstehen, was die zwei Schluckbrüder da sabbelten.

Ich wunderte mich, dass sie sich gegenseitig überhaupt noch verstanden. Ich jedenfalls verstand davon kein Wort mehr.

Jetzt wollte ich schlafen gehen, öffnete die Fenster der verqualmten Bude und begab mich in die Dusche, die sich außerhalb des Zimmers im Flur befand.

Als ich von da zurückkam, war das Fenster bereits wieder verschlossen und der Qualm stieg mir immens in den Rüssel. Unter Protest riss ich wiederholt das Glasfenster auf und verkroch mich in meine Koje.

Ewig hörte ich noch den unverständlichen Gesprächen der beiden Männer zu, bis mir die Augen zufielen.

Am nächsten Morgen bekam ich meinen Mitstreiter kaum aus dem Bett. Seine Schnapsfahne stieg mir tief in meine Nase. Meckernd bemerkte ich, dass es nicht unbedingt glücklich sei, mit so einer Alkoholfahne zur Vorprüfung zu erscheinen.

All meine Worte störten ihn ja sowieso nicht. Frisch geduscht frühstückte ich bereits und Thomas schob sich nach und nach langsam aus seiner Miefkiste.

An Waschen und Zähneputzen konnte er nicht mehr denken, da bereits die Zeit zum Schulbeginn sehr knapp wurde. Demnach setzte sich mein Kollege ungewaschen und mit glasigen Augen auf den Beifahrersitz vom Auto und ab ging es in die Ausbildungsstelle.

Dort erwartete uns bereits der Ausbilder, da wir beide als erstes Team einen Notfall nachspielen sollten.

In dem Klassenraum angekommen, wartete auf uns die gesamte Ausbildungscrew. Ich sah eine Puppe in Größe eines Menschen auf dem Boden liegen und das ganze Rettungsequipment wie das EKG, Beatmungsgerät, Absaugung und Notfallkoffer im Schulzimmer verstreut herumstehen.

Jetzt mussten wir uns anhören, was der Chefausbilder uns für einen Notfall zugedacht hatte.

Es war ein klassischer Verkehrsunfall.

Eiligst gingen wir ans Werk, um diesem „Menschen“ in Gestalt der liegenden Puppe das Leben zu retten. Trotz des Alkoholspiegels im Körper meines Kollegen lösten wir diese Aufgabe aus meiner Sicht gut. Was uns nach dem Ablauf des Fallbeispiels dann auch vom Chef bestätigt wurde.

Jetzt war ich froh, dass es alles gut gelaufen war und keiner die Alkoholfahne meines Kollegen roch.

Dann kam der schriftliche Test dran.

Dieser lief gut ab, denn ich konnte alle Fragen ausreichend beantworten. Die Veranstalter verrieten allerdings bis zur praktischen Prüfung das Ergebnis nicht.

Einige unruhige Nächte hatte ich dennoch, ob es ausreichen würde, um diese Prüfung zu bestehen.

Dann kam die mündliche Prüfung dran.

Eine meiner Prüfungsfragen war zum Thema Verdauungssystem. Nur gut, dass ich die gezogen hatte, denn damit kannte ich mich gut aus.

Nach dem Test wurde mir eröffnet, dass ich die schriftliche sowie mündliche Prüfung bestanden hatte. Ein wohliges Glücksgefühl stieg in mir hoch. Nur noch das handwerkliche Wissen testen lassen und die Prüfung dazu bestehen und fertig wäre ich als frischgebackener Rettungssanitäter.

Mein Kollege bestand ebenfalls und stand mir dadurch bei der praxisbezogenen Teamarbeit als Partner zur Seite.

Ich war sehr froh, mit Thomas in die praxisbezogene Prüfung zu gehen, da wir gemeinsam in der Unterkunft ausreichend die Handgriffe und Handlungsweisen miteinander übten und durchspielten.

Endlich war es so weit, unser handwerkliches Geschick unter Beweis stellen zu dürfen.

Aufgeregt standen wir auf dem Schulflur und warteten auf den kommenden Notfalleinsatz. Wir übten auf dem Flur noch gemeinsam einige Fälle durch, die eventuell in der Prüfung hätten drankommen können.

Dann rief man unsere Namen auf und bat uns in das Klassenzimmer. Wie bereits in der Vorprüfung geschehen, erläuterte man uns kurz, zu welcher Notlage wir jetzt gerufen wurden.

In diesem Fall ging es um einen psychiatrischen Notfall.

Alles, was wir vorher übten, war bei diesem Sachverhalt nicht zu gebrauchen.

Einer der Coachs gab vor, ein psychiatrisch Erkrankter zu sein. Plötzlich rannte er wie von Sinnen im Zimmer umher und beschimpfte uns fürchterlich. Er fühlte sich von der Staatssicherheit (Stasi) der DDR verfolgt und zeigte uns an jeder Ecke im Raum, wo Wanzen und Kameras versteckt sein sollten.

Laut brüllte er, dass er von den „Schweinen“ verstrahlt wird und hielt sich dabei mit seinen Händen den Kopf zu. Anschließend warf er sich auf den Boden und schrie bitterlich, dass die Russen kommen, um ihn zu holen. Damit meinte er offensichtlich uns.

Das machte er so toll, dass man dachte, dass er die Rolle nicht nur spielte. Allerdings bemerkte ich schon während der theoretischen Ausbildung bei ihm, dass der Typ einen an der Mütze haben musste.

Er benahm sich während seiner Unterrichtsstunden bereits sehr sonderlich, indem er uns immer wieder merkwürdige und unglaubliche Geschichten aus dem Rettungsdienst erzählte. Ich denke, er nahm auch Medikamente. Denn einmal hatte ich gesehen, wie er am Lehrertisch heimlich eine Dose mit Pillen öffnete und sich davon einige einwarf.

Nun weiter zum Fall:

Die Bemerkung, dass die Russen kommen, irritierte uns. Sahen wir etwa aus wie die Iwans? Ich merkte, wie mir ein kleines Schmunzeln bei diesem Spiel über das Gesicht kroch.

Nun begann der eigentliche Einsatz.

Der Gestörte musste von uns beruhigt werden und unsere Aufgabe bestand darin, ihn so weit zu bringen, dass er mit uns ins Krankenhaus fahren möchte.

Dieses stellte sich allerdings als schwieriger Akt dar, denn er sah uns jetzt als russische Feinde an, die ihn in den Stasiknast abliefern wollten. Er spielte es beileibe gut und war widerspenstig. Wir hatten große Mühe, den Typen zu besänftigen.

Nach einer ganzen Weile des Spiels brach der Chefausbilder die Szenerie ab. Sofort schickte er uns heraus und bat uns, am nächsten Tag pünktlich 8 Uhr zur Bekanntgabe der Ergebnisse im Klassenraum zu erscheinen.

Ein unwohles Gefühl stieg in mir auf. Auch mein Kollege zog ein besorgtes Gesicht. Oft stellten wir uns die Frage, ob wir alles gut gemanagt hatten. Zweifel überkamen uns hauptsächlich, weil das Spiel abgebrochen wurde.

Der Tag der Zeugnisausgabe kam. Aufgeregt stand ich in der Reihe meiner Mitschüler und hoffte auf mein Zeugnis. Das fing ja schlecht an, denn bereits die ersten zwei der Aufgerufenen mussten zum Chef der Prüfungskommission vortreten und ihnen wurde klar gemacht, dass sie eine der Prüfungen vergeigt hatten.

Irgendwann wurde ich aufgerufen und mit mulmigem Gefühl schritt ich an den Tisch des Bosses. „Herr Fritzo, Sie haben bestanden!“

Plötzlich durchströmte mich riesige Freude und Erleichterung.

Auch mein Kollege hatte die Prüfungen bestanden.

Die unheimliche Fahrt in die Psychiatrie

Gegen 16 Uhr bekamen mein Kollege Detlef und ich den Auftrag, eine Patientin in die Psychiatrie zu bringen. Vorher sollten wir aber bei der Hausärztin der Patientin noch die Transportpapiere und bestimmte Instruktionen abholen. Also schmiss mein Teampartner den Motor vom Krankenwagen an und los ging es in die besagte Arztpraxis.

Dort angekommen, meldeten wir uns bei der Sprechstundenhilfe, die sich hinter einem Tresen befand. Nach unserer Schilderung, was wir wollten, eilte diese los in das Sprechzimmer, um die Ärztin zu holen.

In wenigen Sekunden stand eine kleine, zierliche Frau vor uns und ohne zu grüßen, begann sie uns zu erläutern, dass die abzuholende Patientin nicht wüsste, dass sie in die psychiatrische Einrichtung kommen sollte.

Wir sollten ihr nur erklären, dass sie im Krankenhaus den dortigen Ärzten vorgestellt wird und eventuell einige Tage da bleiben solle.

Dann verschwand sie auch schon wieder so schnell, wie sie gekommen war, mit den Worten „die Papiere hierfür bekommen sie von Schwester Helga“.

Diese übergab uns gleich die Einweisungspapiere und den dazugehörigen Transportschein. Während wir die Treppen herunterliefen, las ich auf den mitgegebenen Dokumenten das Geburtsjahr der Patientin. Ich stellte fest, dass es sich hierbei um eine sehr junge Frau um die 20 Jahre handelte.

Nun düsten wir los, die Person von zu Hause abzuholen.

An der Wohnung angekommen, öffnete uns die Jungsche die Wohnungstür.

Als sie uns erblickte, schaute sie uns mit großen Augen an und fragte was wir jetzt schon wollten, denn es sollte doch erst am Abend in die Klinik gehen.

Dann bat sie uns in ihre Unterkunft. Wir sahen uns um und erspähten ein unaufgeräumtes Zimmer, das wohl als Wohn- und Schlafzimmer fungierte.

Überall befanden sich beliebige Dinge auf dem Boden. Ein Wäschestapel türmte sich gleich neben der Tür auf. Die Schlafcouch war mit irgendwelchem Müll zugepackt. Gebrauchtes Geschirr lagerte auf dem kleinen Couchtisch und leere Flaschen lagen im Raum verstreut herum.

Jetzt bot sie uns einen Platz an und räumte dabei die beiden Sessel frei. Wir verneinten, uns zu setzen und sagten, dass wir unten am Fahrzeug auf sie warten werden, bis sie sich fertiggemacht habe.

So liefen wir wieder die Treppen abwärts bis zum Ambulanzwagen.

Nach einer ganzen Weile kam die Frau auf uns zu. Über ihrer Schulter trug sie eine größere Handtasche.

Wir nahmen sie in Empfang und postierten sie in unserem Krankenwagen auf dem Tragestuhl. Ich setzte mich auf den Betreuerstuhl und los ging die Fahrt in Richtung Psychiatrie.

Während der Tour fragte sie mich, in welche Klinik es überhaupt gehen würde.

Sofort erinnerte ich mich an das Gespräch mit der Ärztin. „Ach, wir fahren in das Parkkrankenhaus“, offerierte ich ihr. „Parkkrankenhaus? Was ist das für eine Klinikum?“, fragte sie weiter.

Jetzt kam ich ein bisschen ins Stolpern.

„Na die behandeln dort alles, ob Chirurgie oder Inneres, was auch immer die Menschen für eine Krankheit haben, um sie wieder zu heilen“, versuchte ich mich herauszureden.

Etwas misstrauisch schaute sie mich an. Meine Antwort hatte ihr wohl nicht gereicht.

Nun versuchte ich sie, mit anderen Gesprächen von diesem Thema abzulenken. Aber auf irgendeiner Art und Weise begann sie unruhiger zu werden, zappelte vor sich hin und starrte dabei unentwegt aus dem Fahrzeugfenster.

Inzwischen fuhren wir in das Krankenhausgelände.

Jetzt versuchte ich, ihre Blicke auf mich zu wenden, damit sie nicht registriert, dass wir in Richtung der psychiatrischen Station fahren. Ich erinnerte mich, dass wir für Kinder immer irgendein Plüschtier an Bord hatten. Zog nun aus einem Fach im Krankenfahrraum einen kleinen Kuschelteddy heraus.

Einen Augenblick lang gelang es mir auch, die Aufmerksamkeit auf das Plüschknäuel zu lenken. Eifrig packte sie den kleinen Bär aus der Folie aus und legte sich das Tierchen an ihren Hals und sprach mit ihm.

Dabei merkte sie nicht einmal, dass wir bereits vor der psychiatrischen Station hielten.

Jetzt öffnete ich die Seitentür des Patientenraumes und half der Frau samt ihrer Tasche und Teddy aus dem Stuhl. Eifrig und nervös verstaute sie das kleine Plüschtier in ihre Tasche.

Dann schaute sie sich um und stellte fest, dass wir vor der Tür der Abteilung für Psychiatrie standen. Plötzlich begann sie laut zu schreien, nahm ihre Henkeltasche in die Hand und mit einer heftigen Kreisbewegung schwang sie diese um sich.

Das Teil landete mit einem Knall genau an meinem Schädel.

Irgendetwas Hartes in der Tasche traf mich und langsam sank ich zu Boden.

Mit beiden Flossen hielt ich die Einschlagstelle am Kopf zu und ein stürmisches Feuerwerk aus Sternen und Blitzen zog in mir auf.

Detlef kam auf mich zu und hievte mich wieder nach oben.

Aus dem Augenwinkel konnte ich nur noch sehen, wie die „Attentäterin“ mit Volldampf im Krankenhausgelände verschwand.

Ein heftiges Pochen machte sich über meinem Kürbis breit. Es musste mir jetzt wohl eine mächtige Beule am Kopf wachsen.

Mein Kollege half mir in den Saniwagen und ich setzte mich auf den Betreuerstuhl. Detlef untersuchte nebenher meinen Einschlag am Kopf und zerrte aus dem Schubfach einen Eisbeutel heraus und legte ihn mir am Einschlagpunkt auf.

Mit den Worten „Ich suche die Patientin« verschwand er auch gleich im Gelände.

Nach einer Weile kam er ohne die uns Anvertraute zurück.

„Sie ist verschwunden“, meinte er kurz und schaute dabei an den Einschlagspunkt an meinem Kopf. Ich stellte ein leichtes Grinsen in seinem Gesicht fest.

„Mensch grins nicht so“, schmollte ich halblachend zurück.

Das Gewitter aus den glitzernden Sternen und Blitzen hatte mich inzwischen verlassen und ich tastete mich mit meinen Fingern an die Einschlagstelle heran.

Ein mächtiges Horn hatte sich seitlich an meiner Stirn gebildet.

Sofort legte ich mir wieder den Eisbeutel auf und wir gingen zur Station, um dem dortigen Pflegepersonal die Begebenheit zu berichten.

Oben angekommen, trottete ich meinem Kollegen hinterher und ließ dabei den Kühlbeutel langsam in meine Jackentasche gleiten.

Detlef erzählte die Geschichte der diensthabenden Krankenschwester. Diese nahm es gelassen hin, dass die Patientin verschwunden sei.

Sie wolle sich aber gleich um diese Angelegenheit kümmern, versprach sie uns.

Ich merkte, wie sie mir bei ihren Erzählungen immer an meinen Kopf starrte.

Ein Lächeln konnte auch sie sich nun nicht mehr verkneifen.

Jetzt kam es, wie es kommen musste.

„Das sieht aus, als ob du eine mit der Bratpfanne übergezogen bekommen hast“, bemerkte sie schmunzelnd.

Höflich bedankte ich mich für die tröstenden Worte und schlich mich aus der Station hinaus in Richtung unseres Krankenwagens.

Im Rückspiegel vom Fahrzeug betrachtete ich meinen mächtigen Auswuchs.

Es sah gerade so aus, als hätte man mir einen halben Tischtennisball unter die Haut transplantiert. Tagelang konnte ich diese Stelle vor lauter Schmerz kaum berühren und das Ding schillerte später in sämtlichen prächtigen Farben.

Diese Geschichte ist bis zum heutigen Tage bei den Kollegen in aller Munde.

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9783738084832
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