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Читать книгу: ««1906». Der Zusammenbruch der alten Welt», страница 5

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Nach einer Viertelstunde herrschte wieder tiefe Stille auf dieser Stätte der Vernichtung. Das englische Geschwader hatte zwei Kreuzer „Pelorus“ und „Diadem“ verloren, die fast augenblicklich gesunken waren. Der englische Panzerkreuzer „Cressy“, von einem Torpedo an der Stelle an Steuerbord getroffen, wo der Panzergürtel dicht hinter dem zweiten Mast aufhört, war mit schwerer Havarie zurückgekehrt, um im heimatlichen Dock zu reparieren. Außerdem waren zwei englische Torpedoboote, die sich gegenseitig in dem pêle-mêle angerannt hatten, gesunken. Von den deutschen Booten war nur „S. 115“ fast unbeschädigt durch die englische Linie durchgebrochen, „S. 114“ gelang es in der Dunkelheit nach Wilhelmshaven zu entkommen. Alle anderen Boote hatten den Angriff mit ihrer eigenen Vernichtung bezahlt. Im allgemeinen konnte man mit dem Ergebnis zufrieden sein.

Die beiden Panzerkreuzer „Prinz Adalbert“ und „Friedrich Carl“ hatten von fern aus das Gefecht beobachtet. Außer stande bei einem so ungleichen Kampfe einzugreifen, hatten sie sich zurückziehen müssen. Sie erschienen, Fühlung mit dem Feinde behaltend, gegen 7 Uhr morgens in der Nähe von Helgoland, die durch die kleinen Kreuzer gebildete Postenkette langsam mit sich zurücknehmend. Da die elektrischen Wellen der Funksprüche sich fortwährend störten und eine Verständigung zwischen den Kreuzern und der Station in Helgoland unmöglich machten, erfuhr man erst gegen 8 Uhr in Helgoland Genaueres von dem Gefecht.

Gleichzeitig meldete der im Nordosten der Insel, auf der Höhe von Westerland stationierte Kreuzer „Kaiserin Augusta“ das Herannahen des zweiten feindlichen Geschwaders und um 9 Uhr meldete ein Funkspruch, daß das Torpedoboot „S. 115“ bei Sylt eingetroffen sei. Das Boot habe nach dem Nachtgefecht beim Passieren der englischen Flotte deren ungefähre Stärke feststellen können, sie bestände aus ca. 20 Schiffen und habe eine ganze Reihe von Kohlendampfern bei sich. Der Feind nahte also heran.

Das Bombardement von Cuxhaven

Am 21. März morgens 9 Uhr war für die Besatzung von Cuxhaven – der Tag war bekanntlich ein allgemeiner Buß- und Bettag – Kirchgang angesagt. Die Garnisonkirche war bis auf den letzten Platz gedrängt voll. Der Prediger hatte kaum begonnen, da tönten plötzlich von draußen her schmetternde Signalhörner und rasselnde Trommelwirbel. Auf den Straßen wurde Generalmarsch geschlagen, und während der Prediger eine Pause machte und nach den ungewohnten Tönen hinhorchte, wurde die Tür aufgerissen und jemand schrie ins Gotteshaus hinein: „Die Engländer kommen“. Keiner hörte mehr auf die Friedensworte von der Kanzel, scharfe Kommandoworte und hinaus strömten Mannschaften und Offiziere aus den Kirchtüren. Draußen wurde schnell angetreten und während die Signale aus den Straßen des Städtchens herübertönten und drüben an der Ecke ein blasender Hornist erschien, eilten schon einzelne Abteilungen der Matrosenartillerie im Laufschritt in der Richtung nach den beiden Batterien Kugelbaake und Grimmerhörn.

Aus allen Häusern traten die Bewohner mit angsterfüllten Blicken auf die Straße, anscheinend noch die Bedeutung dieses plötzlichen Alarms nicht erfassend, aber schon verbreitete sich mit Windeseile das Gerücht vom Herannahen des Feindes. Und in fliegender Hast stürzte man wieder in die Wohnungen, dort die wenigen Kostbarkeiten zusammenraffend und in der lähmenden Aufregung Dinge rettend und bergend, die des Aufhebens nicht wert waren. Noch konnte es ja Stunden dauern, vielleicht war auch der Feind schon in nächster Nähe, aber bereits begann die Einwohnerschaft von Cuxhaven die Stadt zu verlassen. Vom Hafen her dröhnten heulende Dampfpfeifen und die Sirenen der Schleppdampfer, die die Fischerboote, breite Ewer und schlankere Kutter, auf denen die Fischerbevölkerung ihre Habseligkeiten schon am Tage vorher in Sicherheit gebracht hatte, nunmehr in langen Reihen stromaufwärts zogen. Polizisten gingen von Haus zu Haus, um die Bewohner im Hinblick auf ein mögliches Bombardement zum Verlassen ihrer Wohnungen aufzufordern. Auf dem Bahnhofe wurden Züge rangiert und hastendes, nervöses Leben herrschte plötzlich in der kleinen Stadt. Allerlei Hausrat lud man auf Wagen, andere schrien sich heiser nach Karren und sonstigen Beförderungsmitteln und rangen verzweifelt die Hände, ihr Eigentum im Stich lassen zu müssen. Der Bahnhof war bald von dichten Scharen umlagert, die immer neuen Zufluß aus allen Straßen erhielten. Obgleich eine Abteilung der Hamburger Polizei alles aufbot, Ordnung in das Chaos zu bringen, entspannen sich wüste Szenen als man erfuhr, daß jede umfangreichere Gepäckbeförderung mit den schon seit dem Tage vorher bereitstehenden Bahnzügen ausgeschlossen sei. Und immer von neuem schmetterten die Signalhörner.

Eine Schar von Hamburger Herren hatte sich auf der „alten Liebe“ gesammelt, von dort aus mit Ferngläsern die Reede beobachtend und die Vorgänge in den Batterien verfolgend.

Gegen 11 Uhr war der Hafen und der Strand völlig verödet. Die Straßen lagen still und menschenleer und nur vom Bahnhof herüber dröhnte das Pfeifen der Lokomotiven und Rangieren der Züge.

Aller Augen richteten sich jetzt nach dem Meere, von wo ferner Kanonendonner bereits herüber tönte. Am Horizont sah man eine Reihe von Schiffen langsam herandampfen. Zunächst kamen die beiden Küstenverteidiger „Odin“ und „Hagen“, die an Cuxhaven schnell vorüberfuhren. Dann erschienen vier kleine Kreuzer draußen zwischen den Sänden, wo sonst die roten Feuerschiffe das Fahrwasser bezeichnet hatten, und dann kam die Linie der sechs Panzerschiffe langsam in die Elbmündung herein. Unter den dicken braunen Rauchfahnen, die ihren Schloten entquollen, konnte man deutlich die gelben Flammenblitze der Geschütze erkennen. Vom Feind war noch nichts zu sehen, doch zeigten die spritzenden Fontänen zwischen und diesseits der deutschen Schiffe, daß ein ernster Kampf im Gange war. Langsam zogen sich die deutschen Schiffe in die breite Elbmündung zurück, und immer lauter erscholl der Donner der schweren Geschütze. Gegen 11 Uhr erschien ganz weit draußen, noch weiter hinaus als da, wo ein grauer Schatten die Lage des plumpen viereckigen Leuchtturms von Neuwerk andeutete, eine Reihe feuersprühender Linien, über denen ein leichter blauer Rauchschleier hing: die englische Flotte. Die sechs deutschen Panzer lagen ungefähr auf der Höhe von Kugelbaake. Hinter ihnen, Cuxhaven rasch passierend, barg sich ein Schwarm von Torpedobooten. Die vier kleinen Kreuzer und die „Kaiserin Augusta“, sowie die beiden schweren Panzerkreuzer waren bereits aus dem Gefechte ausgeschieden und dampften elbaufwärts. Auf dem „Friedrich Karl“ war der vordere Schornstein zerschossen, der mächtige Schlot lag, nach vornüber gebrochen, neben der Kommandobrücke. Die „Gazelle“ hatte zwei große Schußlöcher dicht über der Wasserlinie. Auf der „Kaiserin Augusta“ war ein Backbordgeschütz aus seiner Lafette geworfen und ragte steil in die Luft. Im übrigen waren an den Schiffen keine schweren Beschädigungen zu erkennen. Jedes einlaufende Schiff wurde von der „Alten Liebe“ aus, die jetzt durch Militärposten von Neugierigen langsam geräumt wurde, mit lautem Hurra begrüßt.

Noch immer schwiegen die Geschütze der Küstenbatterien, da die Entfernung bis zum Feind noch zu groß war, auch seine Geschosse die Batterien noch nicht erreichten. Aber immer zahlreicher wurden die englischen Schiffe. Anscheinend gingen sie jetzt zum Angriff vor. Gleichzeitig steuerten die sechs deutschen Linienschiffe, in Kiellinie einander folgend, vorsichtig – offenbar durch eine Lücke in der Minensperre fahrend – an Cuxhaven vorüber und legten sich etwas stromaufwärts des neuen Hafens vor Anker.

Da flammte es in der Batterie im Fort Kugelbaake auf. Die schweren 30,5 cm-Geschütze griffen in den Kampf ein, und heulend sandte die Batterie ihren ersten Gruß dem Feinde entgegen. Der nachhallende Donner des Schusses ließ alle Fensterscheiben in der Stadt erklirren. Nur in langen Pausen fielen die Schüsse von deutscher Seite. Eine Viertelstunde später blitzte es auch zwischen den grünen Erdtraversen des Forts Grimmerhörn auf. Das Gefecht wurde diesseits nur von den Küstenbatterien geführt, während das Geschwader, dessen stärkstes Kaliber von 24 cm den Feind nicht mehr erreichte, auf diese Schußweite gezwungen war, untätig dem Artilleriekampfe zuzusehen. Der Feind war dagegen im stande, vermittels seiner zahlreichen 30,5 cm (dem gleichen Kaliber wie in den deutschen Küstenbatterien) und da seine Linienschiffe eine größere Maschinenkraft besaßen, die Einhaltung dieser Feuerdistanz zu erzwingen. Ein Vordringen unserer Linienschiffe auf die Schußweite ihrer 24 cm-Geschütze hätte sie, wenn überhaupt die englischen Panzer dann nicht zurückwichen, gezwungen, zunächst eine Strecke zurückzulegen, auf der sie der feindlichen schweren Artillerie schutzlos preisgegeben waren, zumal die Engländer, im Besitze genauer Seekarten, bei jedem Vorstoß der deutschen Schiffe die immerhin schmale Fahrrinne mit dem stärksten Kaliber energisch unter Feuer nahmen. Daher gab der Geschwaderchef den Befehl zum vorläufigen Rückzuge und ging, wie erwähnt, etwas stromaufwärts, außerhalb des feindlichen Schußbereiches vor Anker.

Inzwischen tobte der Geschützkampf mit voller Wut weiter. Alle kleineren Kaliber schwiegen, da nur das Feuer der schwersten Geschütze auf solche Entfernungen wirksam war. Immerhin folgten sich die Schüsse nur in langen Pausen, da man beiderseits bestrebt war, in Rücksicht auf die beschränkte Leistungsfähigkeit der schweren 30,5 cm-Rohre, das Material zu schonen. Sobald die „Kaiserin Augusta“ die „Alte Liebe“ passiert hatte, ging ihre Dampfpinasse zu Wasser, und steuerte in den Hafen hinein. Ein Offizier stieg an Land und begab sich alsbald zu dem Kommandoführer der Küstenbatterien, um ihm seine genaueren Beobachtungen über die Stärke und Zusammensetzung der feindlichen Flotte mitzuteilen. Diese stimmten im großen und ganzen überein mit der letzten Meldung, die man von der Beobachtungsstation auf dem Neuwerker Leuchtturm erhalten hatte, bevor eine feindliche Granate dessen Laterne und den Signalapparat zerstörte. Nur waren von Neuwerk aus noch vier schwere Panzer gemeldet worden, mit merkwürdig hohen Aufbauten, also Schiffe, die nicht zu der charakteristischen niedrigen Form englischer Linienschiffe paßten. Demnach befand sich bereits eine französische Panzerdivision bei der englischen Flotte. Sie umfaßte, wie sich später herausstellte, die französischen Linienschiffe „Charlemagne“, „Gaulois“, „St. Louis“ und „Bouvet“.

Während das Fort Kugelbaake weniger zu leiden hatte, fiel die erste auf Fort Grimmerhörn gerichtete feindliche Granate mitten in die Batterie, und mit mathematischer Genauigkeit gezielt, folgten mehr als ein Dutzend weiterer Geschosse. Reihenweise sanken die Kanoniere dahin, und zwischen den nur durch Erdtraversen, aber durch keine Panzerung geschützten Kanonen räumten die feindlichen Granatsplitter in grauenvoller Weise auf. Immer neue Mannschaften ersetzten die Gefallenen, die zu blutigen Fleischklumpen zerhackt, ein entsetzliches Ende gefunden hatten. Die Podeste hinter den Geschützen waren von Blut und Fleischfetzen schlüpfrig, auf ihnen handhabten die dem Verderben schutzlos preisgegebenen Artilleristen maschinenmäßig mit sehnigen Armen die Ladevorrichtungen und schoben ein Geschoß nach dem anderen in die heißen Rohre. Schuß um Schuß erschütterte die Luft und in dem Höllenspektakel des eigenen und des fremden Feuers konnte man sich nur pantomimisch verständigen.

Um 2 Uhr war die Hälfte der Geschütze in Grimmerhörn außer Gefecht gesetzt. Bei zwei Rohren waren die Liderungen durch hineinspritzenden Sand und Steinstücke undicht geworden. Ein anderes Geschütz war durch einen seitlichen Volltreffer auf die Lafette aus seiner Stellung geworfen worden, und hatte einige Artilleristen mit seiner schweren Masse unter sich zerquetscht. Das Innere der Batterie bot ein scheußliches Bild der Verwüstung. Blutige Fleischmassen in verbrannte und zerrissene Uniformfetzen gehüllt und rauchende Blutlachen da, wo eben noch lebende Menschen gestanden. Eine Sanitätsabteilung schleppte unter dem feindlichen Feuer von Granatsplittern umsaust, einige Schwerverwundete in die bombensicher eingedeckten Räume. Aber ohne Zaudern traten neue Ersatzmannschaften aus dem Innern des Forts auf die Ladepodeste, unablässig brüllten und donnerten die Geschütze zwischen den Erdtraversen hervor, die allmählich, von krepierenden Geschossen zerwühlt, ihre regelmäßigen Formen verloren und zu grauen Erdhaufen wurden.

Draußen auf der Reede schoben sich die dunklen Silhouetten der englischen Panzer immer enger zusammen. Der Feind feuerte nur aus den vorderen Türmen mit dem schwersten Kaliber und drängte langsam in einem Halbrund immer näher gegen die Elbmündung vor, den deutschen Verteidigern so seine bestgeschützte Stirnseite zukehrend. Aus den grauen Schiffskörpern, deren Signalmasten und hohen Schornsteine (teilweise paarweise nebeneinander gestellt, daran die „Majestic“ – Klasse erkennen lassend) jetzt deutlich zu unterscheiden waren, zuckten und sprühten unaufhörlich die gelben Blitze, Tod und Verderben in die deutschen Küstenbatterien schleudernd. Mit dem Glase konnte man jetzt auch aufspritzende Wassersäulen erkennen, wenn deutsche Granaten zwischen den feindlichen Schiffen einschlugen. Aber nicht alle Projektile versanken so nutzlos in den Wogen der See. Man hatte auf dem Vorderdeck mehrerer englischer Schiffe deutlich die Explosion deutscher Geschosse feststellen können. An Bord eines der Schiffe der „Majestic“ – Klasse sah man eine schwarze Rauchwolke aufsteigen, worauf der vordere Signalmast seitwärts über Bord stürzte. Ein anderes Schiff schor plötzlich nach Backbord aus, so den deutschen Kanonieren die ganze Steuerbordseite zeigend, worauf ein anderer Engländer herandampfte, um das inzwischen noch mehrmals in der Wasserlinie getroffene und schwer überliegende Linienschiff aus der Gefechtslinie zu schleppen.

Alles dies zeichnete sich für das bloße Auge nur silhouettenhaft am Horizonte ab. Vom Leuchtturm in Cuxhaven konnte man jedoch mit guten Ferngläsern die Treffer genauer beobachten. Es war von dort festzustellen, daß mehrere englische Schiffe drehten und nunmehr mit den hinteren Turmgeschützen das Gefecht weiterführten.

Sehr viel mehr als die Engländer litten die Franzosen, die mit ihren hohen, leicht verletzlichen und nur ganz schwach gepanzerten Aufbauten den deutschen Kanonieren bessere Zielpunkte boten als die niedrig gehaltenen englischen Panzer. Zwei der französischen Linienschiffe (eins von ihnen war anscheinend in Brand geraten), mußten schon, nachdem das Gefecht zwei Stunden gedauert hatte, aus dem Kampfe ausscheiden und dampften seewärts. Ein drittes französisches Schiff, der „Bouvet“, hatte das Feuer eingestellt. Es trieb schwerfällig schlingernd auf den Wogen hin und her.

Es hatte sich wie man später erfuhr folgendes ereignet: Eine deutsche Granate hatte, zwischen dem vorderen Geschützturm und dem etwas höher liegenden Kommandoturm durchschlagend, nicht nur viele Telegraphensignalleitungen durchschlagen, sondern war, schräg den vorderen Schornstein durchbohrend, zwischen beiden Schloten durch das Panzerdeck gefahren und hatte, im Maschinenraum krepierend, die ganze Backbordmaschine mit fast sämtlichen Kesseln zerstört. Da der englische Admiral kein Linienschiff aus der Feuerlinie herausnehmen wollte, um den „Bouvet“ abzuschleppen, ließ man ihn einfach liegen, in der Hoffnung, das Rettungswerk beim Dunkelwerden ausführen zu können. Gegen 5 Uhr nachmittags war der „Bouvet“, von drei weiteren deutschen Granaten getroffen, vollständig manöverierunfähig. Zwar nahmen die schweren Turmgeschütze hin und wieder das Feuer wieder auf, doch wurde gegen 5 Uhr die Decke des vorderen Turmes von einer Granate durchschlagen, die, im Innern des Turmes explodierend, die Geschützbedienung einfach zu Brei zerquetschte. Da gleichzeitig eine Menge bereitliegender Kartuschen in die Luft flog, entstand eine Panik an Bord. Hierauf geriet der „Bouvet“, nur noch mit seiner Steuerbordmaschine arbeitend, durch Versagen des Rudermechanismus ins Treiben, lag etwa 10 Minuten quer zu der Richtung der deutschen Geschütze, wurde noch mehrmals getroffen und strandete dann auf einer Sandbank, nunmehr ein hilfloses Wrack.

Es mußte auffallen, daß der Feind, während er dem Fort Kugelbaake nur wenig anhaben konnte und dort kein Geschütz dauernd außer Gefecht setzte, bereits mit dem ersten Schuß in die Batterie von Grimmerhörn getroffen hatte. Das Rätsel löste sich leicht. An Bord der englischen Flotte befanden sich als Lotsen für die deutschen Gewässer und insbesondere für die Elbe- und Wesermündung englische Dampferkapitäne und Steuerleute, die auf ihren regelmäßigen Fahrten nach Hamburg und Bremen die Fahrrinne so genau kennen gelernt hatten, daß sie auch nach Entfernung der Seezeichen hinreichend Bescheid wußten, um die englische Flotte sicher zwischen den Sänden und Untiefen der Wattenküste zu geleiten. Diese englischen Kapitäne kannten selbstverständlich auch die Lage der deutschen Küstenbatterien und für ein einigermaßen geschultes Auge war es ohne weiteres klar, daß der Kanonier, der sein Geschütz auf Grimmerhörn richten wollte, nichts weiter zu tun brauchte, als den spitzen Turm der dicht dahinter liegenden Garnisonskirche als Richtpunkt zu nehmen. Bei dem überraschenden Ausbruch des Krieges hatte man diesen, der deutschen Marine natürlich gut bekannten Umstand übersehen und hatte es beim Herannahen der feindlichen Flotte versäumt, hier die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Das wurde durch Sprengung des Turmes jetzt im feindlichen Feuer nachgeholt. Gegen 2 Uhr mittags war der Kirchturm plötzlich von einer Staubwolke umhüllt, worauf er und die Mauern der Kirche unter lautem Krachen in sich zusammen sanken. Dem Feind war dadurch ein bequemer Zielpunkt geraubt, womit sich dann auch die Zahl der Treffer in Fort Grimmerhörn sehr schnell verminderte. Leider hatte kurz vorher noch ein feindliches Geschoß die bombensichere Decke einer Munitionskammer durchschlagen, worauf dieses Magazin mit seinem Inhalt in die Luft flog. Die niederfallenden Geschoßtrümmer und der Steinschutt richteten unter den Häusern von Cuxhaven gewaltige Zerstörungen an.

Um 4 Uhr nachmittags brannte Cuxhaven an mehreren Stellen. Da die Stadt von den Einwohnern geräumt war, hatte das wenig zu bedeuten. Man beschränkte, um nicht nutzlos Menschenleben aufzuopfern, die Löscharbeiten auf das Notwendigste, und ließ brennen, was brennen wollte, in der richtigen Erkenntnis, daß durch die Feuersbrunst die Engländer vielleicht übertriebene Vorstellungen von der Wirkung des Bombardements erhalten würden. In derselben Erwägung ließ man ½6 Uhr abends in den Forts langsam ein Geschütz nach dem anderen bis auf zwei Rohre verstummen. Und es schien wirklich, daß der Feind glaube, daß er nicht nur die Batterien niedergekämpft habe, sondern auch die Küstenstadt mit ihren Hafenanlagen in einen Trümmerhaufen verwandelt habe, zumal die Lagerhäuser und das Depot der Hamburg-Amerika-Linie am Hafen lichterloh brannten.

Plötzlich kam Bewegung in die feindlichen Linien, Signale wurden gewechselt, aus allen Schloten quollen dicke Rauchwolken, nur der havarierte „Bouvet“ blieb regungslos liegen. Die feindlichen Geschwader bewegten sich vorwärts, das Feuer aus den schweren Geschützen verringernd und es bald darauf ganz einstellend. Eine Pause entstand auch in dem diesseitigen Feuer.

Mit rauchgeschwärzten Gesichtern standen die deutschen Kanoniere an ihren Geschützen. Die letzte Ladung saß im Rohre und mit atemloser Spannung verfolgte man das Herannahen der feindlichen Flotte, des Kommandowortes harrend, das den Riesengeschützen von neuem den Mund öffnen sollte. Schon mit bloßem Auge konnte man am Bug der vorderen feindlichen Schiffe den sprudelnden Schaum erkennen, der durch die rasche Fahrt, mit der die stählernen Kolosse durch Tausende von Pferdekräften vorwärts getrieben wurden, aufgewirbelt wurde. Es war ein majestätischer und zugleich herzbeklemmender Anblick, diese Reihe feindlicher Panzer heranrauschen zu sehen.

Die plötzlich eintretende Stille wirkte so eigenartig; das Tosen des so schnell verstummten Geschützkampfes klang im Ohre noch so intensiv nach, daß jedes kleinste Geräusch sofort die Vorstellung von dem Wiederkehren des eben verhallten Donnergebrülls erweckte. Es war charakteristisch, daß, als man in der ungewohnten Stille nun das Knattern und Prasseln der Feuersbrunst in dem hinter den Batterien liegenden Städtchen hörte, sich viele Artilleristen umwandten, in dem bestimmten Gefühl, von rückwärts Maschinengeschützfeuer zu erhalten.

Über Cuxhaven lag eine qualmende Rauchwolke, von unten durch die aufleckenden Feuerzungen brandrot gefärbt, oben von den Strahlen der scheidenden Abendsonne mit gelben Lichtern umrandet. Leise schäumten und brandeten die Wogen am Strande empor. Noch war der Feind etwa eine Seemeile von der ersten Minensperre entfernt. Die nächsten Minuten mußten bereits die unterseeischen Minen mit den ersten englischen Schiffen in Berührung bringen, da tönte der bellende Schrei einer Dampfsirene vom englischen Admiralsschiffe und fast im selben Augenblick erhob sich, während die Panzerschiffe ihre Fahrt verlangsamten, mitten im Fahrwasser, einer Riesenfontäne gleich, ein weißer, schäumender Wasserberg, und neben ihm noch einer und noch einer, und zwischen diesen aufschießenden Strudeln erschienen an der Oberfläche zwei schwarze Körper, wie treibende Wrackstücke hin und her geworfen zwischen den wütend aufgepeitschten Wogen. Und immer neue Fontänen und weiße Gischtsäulen stiegen empor. Die Zeugen dieses wunderbar schrecklichen Schauspieles auf dem Wasser vermochten sich die Vorgänge in den ersten Sekunden nicht zu erklären. Dann aber, als eine gewaltige Woge an den Strand prallte, bis auf den steinernen Uferdamm Schaummassen spritzend und dann wieder in unwiderstehlichem Sog zurücksinkend, und eine neue schaumgepeitschte Welle einen jener schwarzen Gegenstände hoch hinauf auf den flachen Strand schleuderte, wo er wie ein umgekipptes Boot liegen blieb, da ward es klar, daß die Engländer mit ihren Unterseebooten, die sie der Flotte vorangeschickt hatten, Kontreminen ausgelegt hatten und diese in der Nähe der deutschen Minen zur Explosion gebracht und so die äußere Minensperre vernichtet hatten. Die Mannschaft der vier englischen Unterseeboote war hierbei dem sicheren Untergang geweiht. Keiner von der Besatzung entkam und was dort unter der Wasserfläche vorgegangen, blieb ein stummes Geheimnis.

In demselben Moment, als der erste Wasserberg aufschäumte, verwandelten sich die bleigrauen, schweigenden Panzerschiffe wieder in feuerspeiende Vulkane. Aus allen Geschützöffnungen lohten die gelben Flammen. Aus allen Winkeln und Ecken, aus allen Stockwerken der Decksaufbauten, aus allen Turmöffnungen und Geschützpforten sprühte und zuckte der Tod. Wie Schloßenhagel fuhren die Geschosse aus allen feindlichen Kalibern heran, warfen ganze Lagen von Sand und aufgewirbelten Steinen über die Batterien, überall zersprangen feindliche Granaten und die dichten Salven aus den Schnellfeuergeschützen zerfetzten die Geschützbedienungen. Lautlos oder gräßliche Schreie ausstoßend, sanken die deutschen Artilleristen dahin, durch keine Panzerwand gegen das feindliche Feuer geschützt. Das Donnern und Gebrüll aller Geschütze vereinigte sich zu einem Höllensabbat, als öffne sich die Erde und als schössen aus ihr die lodernden Gluten hervor. Hier vor der brennenden Stadt die feuerspeienden Sandhaufen der deutschen Forts, drüben die flammenumzuckten, stählernen Berge auf der wogenden Meeresflut.

Jetzt wo der Feind so nahe, jetzt war der Moment gekommen, wo die deutschen Mörserbatterien mit ihrem Steilfeuer eingreifen konnten. Gedeckt durch die dicken Stahlwände der Panzerungen, begannen sie ihr Feuer. Wohin man blickte, nichts als flammende Blitze, tanzende, zuckende, sprühende Flammen.

Und drüben schlug’s jetzt ein. Noch waren die feindlichen Staffeln wohlgeordnet, aber jetzt gerieten sie in Verwirrung. Auf dem Linienschiffe „Ocean“ schoß plötzlich eine weiße Dampfwolke zwischen den Schloten empor, den einen von ihnen über Bord werfend. Eine Mörsergranate hatte das Panzerdeck durchschlagen und hatte, im Maschinenraum berstend, verschiedene Kessel zur Explosion gebracht. Auf dem Panzer „Glory“ explodierte ein Geschoß im hinteren Turm, die zwei langen Geschützrohre nach vorwärts über das Deck werfend. Der Panzer verlangsamte seine Fahrt, bog nach Steuerbord aus, stieß mit dem ihm seitwärts folgenden „Albion“ zusammen und beide Schiffe wurden jetzt das Zielobjekt für die Küstenbatterien. Auf dem Admiralsschiffe stürzte der hintere Gefechtsmast zerschmettert über Bord, mit seinen Drahtseilen anscheinend die eine Schraube unklar machend, denn das Schiff stoppte und beschrieb plötzlich einen Kreis. Es herrschte durch diese plötzliche Wirkung des deutschen Steilfeuers, dem die englischen Panzerdecks nicht gewachsen waren, Verwirrung in den Reihen des Feindes. In dem verhältnismäßig schmalen Fahrwasser ließ sich die ursprüngliche Formation nicht mehr innehalten, mehrere Schiffe berührten sich gegenseitig. Das Linienschiff „Ocean“ war leck geschossen und durch eine Maschinenhavarie gefechtsunfähig. Dicke Wasserstrahlen der Lenzpumpen quollen nach der dem Leck abgekehrten Seite aus dem Schiffsrumpfe hervor. Dann wurde der Panzer von einem Kameraden zurückgeschleppt, wo er jedoch unweit der Stelle, wo der „Bouvet“ gestrandet war, ebenfalls auf den Sand geriet.

Das war der Augenblick für die deutschen Linienschiffe, in den Kampf einzugreifen. Vorsichtig die zweite Minensperre in Kiellinie passierend, ging es jetzt mit Volldampf auf den Feind los. Aber schneller, als man erwartet, hatte sich dieser wieder rangiert, Kehrt gemacht und ging unter voller Maschinenkraft wieder seewärts. Als die deutschen Panzer das Feuer der Küstenbatterien maskierten, brach dieses plötzlich ab, die Verfolgung des mit seinem Angriff abgeschlagenen Feindes dem Geschwader überlassend.

Das Gefecht auf der Reede, welches von unserer Seite gegen den mehrfach überlegenen Feind nicht weiter fortgeführt werden konnte, entzog sich in dem Abenddunkel der Beobachtung vom Lande. Vermöge seiner größeren Schnelligkeit vermochte sich der Feind mit seinen stärkeren Kalibern die sechs deutschen Linienschiffe sehr bald vom Leibe zu halten. Um 8 Uhr kehrte das deutsche Geschwader wieder in die Elbmündung zurück, die Sicherung gegen feindliche Angriffe einer Postenkette von schnellen Kreuzern überlassend, deren Zahl durch die am Nachmittag von Brunsbüttel eingetroffenen Schiffe „Lübeck“, „Berlin“, „München“ wesentlich vermehrt worden war.

Die deutschen Panzerschiffe waren vom Kampfe hart mitgenommen. Namentlich die hohen Decksaufbauten waren arg zusammengeschossen und durch die Splitterwirkung waren die Mannschaftsverluste recht hoch. Doch sahen die Beschädigungen für das Laienauge schlimmer aus, als sie in Wirklichkeit waren. Vitale Teile waren kaum verletzt und alle deutschen Panzer waren gefechtsfähig geblieben. Der 21. März hatte jedoch das bestätigt, was in den letzten Jahren von verschiedenen Marineschriftstellern immer wieder hervorgehoben worden war, daß nämlich die überlegene, niedrigere Bauart der englischen Panzerschiffe praktischer für den Kampf sei, als die der deutschen mit ihren hohen, zwar martialisch aussehenden, dem Feinde aber ein gutes Zielobjekt liefernden Aufbauten über Deck. Und nun erst die Franzosen, die Geschützstände und Brückendecks etagenweise übereinander stapeln bis zur Grenze der Seefähigkeit dieser wuchtigen, hoch aufragenden schwimmenden Festen! Während die niedrigen englischen Linienschiffe schwer zu treffende Ziele waren, hatten die Franzosen ihre Liebhaberei für groteske Schiffsformen mit großen Mannschaftsverlusten und furchtbaren Zerfetzungen des Schiffskörpers über Wasser zu büßen. Das deutsche Geschwader nahm wieder seinen Ankerplatz innerhalb der zweiten Minensperre ein. Zwei weitere Torpedo-Divisionen rückten noch spät am Abend in die äußere Vorpostenlinie vor. Der Standpunkt der feindlichen Flotte, die sich anscheinend mit ihrem Gros auf Helgoland zurückgezogen hatte, war um 9 Uhr abends noch in dieser Richtung an den zwischen den Schiffen gewechselten Scheinwerfersignalen erkennbar. Während der Nacht liefen durch Funksprüche Meldungen ein, denen zufolge die feindliche Flotte sich durch eine mehrfache Postenkette von Kreuzern und Hochseebooten gegen einen Torpedoangriff von deutscher Seite geschützt hatte.

Nach dem Rückzuge des Feindes begannen beim Scheine elektrischer Bogenlampen Pionierabteilungen die Verwüstungen in den Küstenforts mit möglichster Beschleunigung auszubessern, damit am nächsten Tage der Feind auch hier wieder alles gefechtsbereit fände. Abends trafen noch mit der Küstenbahn zwei Züge der Hamburger Feuerwehr in Cuxhaven ein, die mit ihren Dampfspritzen und von Spritzendampfern unterstützt das Löschen des Feuers in der Stadt energisch in Angriff nahmen, aber noch bis in die frühe Morgenstunde lag eine brandrote Wolke über der unglücklichen Stadt, ein Feuermal über dem Grabe von Hunderten deutscher Männer. Der erste Vorstoß des Gegners war, allerdings unter schweren Opfern, abgeschlagen worden. Während der ganzen Nacht wurden durch Sanitätstransporte die Schwerverwundeten aus den Küstenforts nach dem Bahnhofe überführt, um von dort nach den Hamburger Lazaretten evakuiert zu werden.

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
01 ноября 2017
Объем:
310 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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