Читать книгу: «Tschefuren raus!», страница 2

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3. Warum wir wegen Radovan im Kübel gelandet sind

Die Bullen sind wegen Radovan gekommen. Davon bin ich überzeugt. Schon als ich noch zu Hause war, war er fertig, plus dass bei uns noch Rile und Krstić waren. Meiner Schätzung nach haben sie sich Miroslav Ilić oder Šaban Šaulić oder einen von den anderen alten Säcken reingezogen, die Radovan auf Originalkassetten hat und die er jedes Mal rausholt, wenn er abgefüllt ist. Und dann brüllen sie „Komm, wir werden gemeinsam alt“. Wir haben noch zusammen angestoßen, ich mit Holundersaft und sie mit Scharfgebranntem, den sie ich weiß nicht wann aus Bosnien mitgebracht und für besondere Gelegenheiten gebunkert hatten. Allerdings ist bei ihm jedes Mal, wenn er sich einen Schluck genehmigt, eine besondere Gelegenheit. Nicht, dass er so oft abgefüllt wäre, aber wenn er mal zulangt, ist das jenseits von Gut und Böse. Ich kann mir richtig vorstellen, wie er im Flur auf die Blauen zuschwankt, mit dem Pokal unterm Arm, und ihnen erklärt, dass sein Sohn Marko gewonnen hat und dass sie ein bisschen feiern und lustig sind, weil Marko in der letzten Sekunde einen Korb gemacht und den Pokal als bester Werfer des Turniers gekriegt hat. Dann hat er ihnen wahrscheinlich versprochen, dass er die Musik leiser dreht und schlafen geht, und die Cops sind wieder gegangen, aber dann hat er gebrüllt, sie sollen die Musik voll aufdrehen, und hat gegen die Tür der dicken Maršička getreten, was sie die Polizei zu rufen hat und dass er ihr jedes Kilo zu viel extra fickt und dass er nicht schuld ist, wenn ihr Sohn ein Fixer ist. Obwohl Pero kein Fixer, sondern Kiffer ist, nur was weiß Radovan, dass nicht jeder Kiffer automatisch an der Nadel hängt und dass er möglicherweise nur Blätter raucht. Das ist für ihn alles ein und dasselbe. Er würde sie alle auf die Baustelle jagen, damit sie ein oder zwei Jahre malochen. Die Bullen hatten ihn sicher gehört, aber sie hatten keinen Bock, noch mal zurückzugehen. Sie waren ja nur gekommen, um eine Ermahnung auszusprechen. Von Gesetzes wegen sind sie dazu verpflichtet. Aber dann sind sie uns im Parterre entgegengekommen. Ach, Radovan, da hast du uns was eingebrockt.

Wir hatten uns mit dem Schnaps niedergekübelt, den Dejan bei seinem Vater hatte mitgehen lassen. Der alte Mirtić kriegt das gar nicht mit, der hat genug andere Flaschen, und dem ist das sowieso egal, was für’n Schnaps er trinkt. Jedenfalls hatten wir uns voll die Ölung gegeben. Dann ist einer von uns vier Genies, also Dejan, Aco, Adi und ich, auf die Idee gekommen, wir singen für den ganzen Block We Are the Champions. Und haben bei allen Sprechanlagen gedrückt und uns alle vier umarmt und angefangen zu brüllen, was sich aber mehr nach Kotzen als nach Singen angehört hat. In dem Moment kamen die Bullen vorbei, die Radovan erklärt hatten, dass sein Šaban zu laut sei. Sie waren schon an uns vorbei und verdrehten nur die Augen, aber dann fing Adi, der den meisten Schnaps intus hatte, damit an, auf die Sprechanlage einzuschlagen.

„Uns kann keiner was, wir sind stärker als das Schicksal!“

Der verfickte Mitar Mirić machte die ganze Situation noch schlimmer, die Bullen verloren die Geduld, und noch vor dem Ende des Refrains der inoffiziellen Hymne der Republika Srpska waren wir alle vier im Kübel. Ich weiß nicht, wie ich plötzlich da drin war, ich weiß nur, dass Adi unter mir lag und Dejan auf mir. Und dass die Tür zuknallte und der beschissene Kübel losfuhr und wir im Dunkeln durchgeschüttelt wurden.

Mir war klar, worum es ging. Das ist der Klassiker. Gewöhnlich stecken die Bullen die, die an der Ljubljanica ein bisschen die Angel ausgeworfen haben, in den Kübel. Die fahren sie dann ein bisschen spazieren und werfen sie irgendwo in der Pampa wieder raus, mitten im Wald. Auch Adi haben sie einmal hopsgenommen. Da ist er herumgeirrt und auf ein anderes Polizeiauto gestoßen. Er machte ihnen weis, er komme von der Tanzstunde und habe sich verquatscht, und ob sie ihn nach Hause fahren könnten. Und das taten sie auch, die Spackos. Damals haben sie ihn nicht so durchgeschüttelt wie uns jetzt. Am Anfang war noch alles cool, und Dejan hat rumgebrüllt wie ein Wahnsinniger.

„Wir sind von Fužine, wir wissen, wo wir sind. Ihr werdet uns nicht verarschen, denn wir haben den Konpas!“

„Was für ein Konpas! Kompass, du Pfosten!“

Dejan drehte auf und wir grinsten bis über beide Ohren und Adi machte weiter mit dem Song von Mitar Mirić.

„Uns kann nur hassen, wer uns nicht liebt!“

„Fährt Miško nach Belgrad!“

„Das kann Miško auch mit geschlossenen Augen!“

Aber dann war Schluss mit lustig. Wir wurden in dem Kübel hin und her geschleudert, einer fiel über den anderen, und die Idioten machten die Sirene an, fuhren wie die Wilden und legten sich wie die Verrückten in die Kurve. Keiner von uns brachte mehr einen Ton heraus. Du hörtest nur das Poltern und das Jammern, wir prallten gegeneinander, und ich wusste nicht, ob ich mit den Armen lieber das Gleichgewicht halten oder meinen Kopf schützen sollte. Ich tat irgendwas dazwischen, und plötzlich flog in einer Kurve jemand gegen mich, dass ich mit dem Kopf gegen die Wand knallte, zu Boden ging und wieder hochgeschleudert wurde. Es drehte sich mir im Kopf, und ständig flogen die anderen drei auf mich drauf. Ich versuchte meinen Kopf mit den Händen zu schützen und wartete, dass dieser Wahnsinn ein Ende hatte. Das hier war kein Spaß mehr. Ich hab mich angeschissen hundert die Stunde und gedacht, mit uns ist es aus. Der Kübel legte sich immer mehr in die Kurve, wir lagen auf dem Boden und hielten uns aneinander fest. Und dann trat der Idiot mit einem Mal auf die Bremse und schleuderte uns mit den Köpfen direkt gegen die Wand. Der Kübel hielt. Dann ging die Tür auf und jemand zog mich am Bein raus und ich flog auf die Erde. Direkt in den Dreck. Und Aco auf mich drauf. Und der Kübel raste davon. Ich lag auf der Erde, und Aco wälzte sich langsam von mir runter. Ich hörte Adi, wie er am Kotzen war. Dejan weinte, wie mir schien. Wir waren mitten in einem tiefen Wald. Am Arsch der Welt. Und dazu regnete es noch. Wir lagen im stinkenden Dreck, und mindestens fünf Minuten rührte sich keiner.

Hundert Jahre liefen wir in diesem verfickten Wald herum. Was für eine ausgemachte Sauerei, dass sie dich hier rausschmeißen, und du dann sehen kannst, wo du bleibst. Adi war wieder am Reihern. Dejan ging es auch schlecht. Wir fuckten uns an, weil wir uns nicht einigen konnten, in welche Richtung wir gehen sollten. Wir schrien uns an und Aco setzte sich auf den Boden und sagte, er gehe nirgends hin. Wir sollten uns verpissen. Dejan fauchte ihn an, und Aco wollte ihn sich schon vorknöpfen, um ihn zu vermöbeln. Aber dann sprintete er einfach los, ab durch den Wald. Und wir hinterher. Ich weiß nicht, ob ich jemals im Leben so wütend war. Ich hätte ihn umbringen können. Drecksäcke, verfluchte! Ich reiß ihnen die Tuntenärsche auf! Dejan und Adi stritten sich um etwas.

„Soweit ich weiß, ist das Šiška.“

„Was für Šiška. Šiška ist da, wo Dravlje ist.“

„Dann ist das Črnuče.“

„Im Leben warst du nicht in Črnuče.“

„Und wo sind wir dann?“

„Was weiß ich? Šmarna gora.“

„Ja, bestimmt. Šmarna gora ist ein Berg, du Pfeife!“

Mir wurde ganz anders. Mir wurde tatsächlich schlecht. Richtig trübe wurde mir vor Augen. Ich zitterte, mir kamen die Tränen, fuck, in den Zähnen hatte ich so ein komisches Gefühl. Ich biss mit aller Kraft ins Leere. Ich ballte die Fäuste und bohrte die Fingernägel in die Haut. Wenn ich in dem Moment einen Polizisten gesehen hätte, hätte ich ihn kaltgemacht. Worauf du einen lassen kannst. Ich war verrückt. Ich war richtig verrückt. Für die Anstalt. Die ganze Angst, die mich in diesem beschissenen Kübel hin und her geworfen hatte, alles das hatte mich so fertiggemacht, dass ich dachte, ich kriege einen Herzkasper.

„Für mich sieht das nach Golovec aus. Nur von der anderen Seite.“

„Auf der anderen Seite vom Golovec ist die Autobahn.“

„Komm, ruf’ne Taxe, Alter!“

„Und was willst du ihm sagen? Er soll hintern Golovec, unter die Šmarna gora nach Črnuče kommen?“

„Und, hast du ’ne bessere Idee?“

Als ich dann diese abgefuckte Jagdhütte sah, oder was für eine Schickimickibude der alte Holzkasten sein sollte, riss bei mir der Film. Ich fing an, mit allem zu werfen, was ich in die Hände kriegte. Steine, Erde, Äste, was mir unterkam. Ich trat mit aller Gewalt mit dem Fuß gegen die Tür.

„Diese verfluchten Wichser! Was haben wir ihnen getan, verfickte Arschlöcher! Was haben wir ihnen getan!“

Die anderen schlossen sich mir an. Wir zerschlugen alle Fenster, die Tür rissen wir heraus, den Zaun zerlegten wir komplett. Totales Blackout!

4. Warum ich sonntags nicht aus dem Bett komm

Am beschissensten ist es, wenn ich Radovan und Ranka höre, wie sie sich sonntagmorgens beharken. Der einzige Tag, wo beide morgens zu Hause sind und in Ruhe zusammen Kaffee trinken und Wiederholungen mexikanischer Serien schauen könnten und alles schön und gut wäre, aber nein, die beiden müssen sich natürlich aus irgendwelchen debilen Gründen streiten. Und dabei flüstern sie dann auch noch, wie um mich nicht zu wecken, und dann höre ich nur etwas, wenn Radovan sich nicht mehr zurückhalten kann und voll losbrüllt.

„Ich kann krepieren, aber es läuft so, wie du es dir ausgedacht hast! Stimmt’s? Gib es zu! Gib es zu, verdammt noch mal!“

Und dann wieder so ein Flüstern, und du wartest, wann es wieder einschlägt.

„Es ist nicht sooo! Hööörst duuu?“

Radovan zieht den letzten Teil seiner Sätze in die Länge, weil sonst schon Ranka mit ihren Finten hineinstößt. Und Ranka lässt nicht locker. Sie macht ihr Ding. Ruhig wartet sie, dass Radovan langatmig absondert, was er abzusondern hat, und macht dann weiter. Ranka kannst du nicht verarschen. Sie hat Radovan schon durchschaut, und ich weiß nicht, warum er immer noch herumschreit, wenn er keine Chance hat, irgendwas zu erreichen.

„Hast du gesagt, dass du den Topf auf den Balkon gestellt hast? Hast du das gesaaagt?“

Und so. Wieder die debilsten Gründe. Der Topf auf dem Balkon. Radovan regt sich auf, weil die Sarma nicht im Kühlschrank steht, sondern auf dem Balkon. Zwar ist es ziemlich blöd, dass sie auf dem Balkon steht, aber dass du dich deshalb so aufregst, ist nun auch wieder für die Anstalt. Der Witz besteht aber darin, dass ihm der Kopf wehtut und dass er einen Kater hat und jetzt zum Frühstück Sarma will. Sarma zum Frühstück, das ist seine fixe Idee. Wenn das nicht das Bosnische in Reinkultur ist.

„Ist es irgendwann mal so gewesen, wie ich gesagt habe? Ist es das? Irgendwann? Sag. Los, sag! Saaag!“

Zisch ab dahin, wo der Pfeffer wächst. Jetzt rollen sie die Geschichte auf. Sie zerlegen ihre Ehe in die Urbestandteile, dass kein Schwein sie bis zum nächsten Sonntag wieder zusammensetzt. Wenn sie sie aufs Neue zerlegen. Also, deshalb steh ich sonntagmorgens nicht auf. Ich nehme die Sportske von unterm Bett und lese die Ergebnisse der NBA, und wer wie viele Punkte gemacht und wer wie viele Sprungwürfe gehabt hat. Statistik eben. Hier zum Beispiel, Gilbert Arenas aka Agent Zero hat 36 Punkte gemacht, mit einem schwachen Prozentsatz Würfe aus dem Spiel, aber er hatte noch sieben Assists. Vince Carter aka Half Man Half Amazing hat Sacramento 45 reingedrückt, nur dass sie’s trotzdem vergeigt haben. Bei Sacramento haben Bibby und Artest jeder 22 Punkte gemacht. Ron Artest ist der größte Idiot, der ist sogar mal die Tribüne hochgeklettert, um Zuschauer zu verprügeln. Aber ich kann nicht in Ruhe lesen, weil im Wohnzimmer wieder Stille herrscht und ich darauf laure, wann es wieder einschlägt. Stille ist der größte Shit. Da könnte ich mich umbringen. Da, jetzt geht’s los.

„Fick dich ins Knie, du Vollkoffer.“

Töpfe fliegen. Türen knallen. Dann herrscht eine Zeit lang Ruhe. Zum Verrecken ruhig. Beide sind beleidigt und lassen Dampf ab. Radovan wird ständig schnaufen, Ranka wird so tun, als sei sie zu Tode gekränkt. Ein bisschen ist sie es auch, nur bei ihr ist es nicht schlimm. Sie scheißt Radovan auf diese Weise gern ins Hirn. Das Schlimmste aber ist, dass Radovan jetzt keine Ruhe geben kann, sondern anfängt, durch die Wohnung zu tigern. Deshalb lege ich die Sportske weg und tu so, als würde ich schlafen. Er öffnet die Tür und glotzt eine Zeit lang auf mich runter, dann macht er die Tür zu und geht zurück. Soll er sich doch ins Hirn ficken. Wenn ich keinen Hunger hätte, würde ich so den ganzen Tag liegen bleiben, denn jetzt zwischen sie zu gehen ist das totale Desaster. Aber ich muss, zum Teufel. Das ist so im Leben.

Am schlimmsten sind die dummen Fragen, die Radovan mit seiner finsteren beleidigten Stimme stellt. Mir geht sowieso alles auf den Sack, und ich hab keine Lust, auf sie zu antworten. Und unausgeschlafen bin ich auch noch. Und alles tut mir weh. Aber Radovan muss was fragen.

„Gehst du heute irgendwohin?“

Ich nicke.

„Wann?“

„Weiß ich nicht.“

„Wieso weißt du das nicht? Gehst du oder gehst du nicht?“

Jetzt bin also ich dran. Ranka hat ihren Teil zu hören gekriegt, jetzt muss ich herhalten. Aber ich habe keine Lust, die Situation zu befrieden. Ich hab heute keine Kraft dazu. Ich sage nichts. Ich sitze da wie ein Idiot. Radovan dampft ab und zappt sich wütend durch die Programme. Ranka platzt herein.

„Wo wart ihr gestern?“

„Hier.“

„War es gut?“

Ich hab keine Lust zu antworten und nicke nur. Das bringt bei Radovan das Fass zum Überlaufen. Es hat nicht viel gebraucht.

„Was ist los mit dir?“

„Nichts, wieso?“

„Eben, nichts. Deine Mutter hat dich wirklich schön erzogen. Weck ihn nicht, lass ihn schlafen bis zwölf. Er muss nicht reden, wenn er nicht will.“

Ich hab ja gewusst, dass sie sich über mich in die Haare kriegen. Blitzartig raffe ich meine Sachen zusammen und will aus dem Zimmer.

„Wo willst du hin?“

„Ich gehe …“

„Wann kommst du zurück?“

„Weiß ich nicht.“

Als ich an der Tür bin, springt Radovan auf und kommt mir nach.

„Mutter macht Essen.“

Ich verschwinde nach draußen. Vor den Block. Diese ewige Fragerei macht einen wirklich fertig. Totale Scheiße.

5. Warum wir nicht wie sonst vor dem Block sitzen

Vor-dem-Block-Sitzen ist in Fužine Nationalsport. Wahrscheinlich ist es in jeder Wohnsiedlung so, aber in Fužine ist diese Disziplin aufs Perfekteste entwickelt. Ist ja logo, kleine Wohnungen, große Familien, angespannte Beziehungen, niedriger Standard. Jede große Familie hat wegen des niedrigen Standards in der kleinen Wohnung nur einen Fernseher, und klarerweise sind dann die Beziehungen angespannt, weil du dich ständig darum streitest, wer fernsehen darf. Und dann macht sich ein Glücklicher auf der Couch lang und zappt durch die Kanäle, und die anderen können sehen, wo sie bleiben. Wenn Mama ihre mexikanische Limonade schaut, geht Vater in die Kneipe, und wenn Vater sie mit Pink oder mit 24sati oder mit Trenja anödet, geht Mama auf einen Kaffee zur Nachbarin. In jedem Fall ziehen die Kinder den Kürzeren, und wenn sie dann noch keinen Computer haben, sitzen sie vor dem Block. Die Tschefuren sind nicht für Computer zu haben. Playstation, das geht noch irgendwie, aber Programmieren und Hacken, das ist nichts für uns Tschefuren. Und dann hat die Mehrzahl der Tschefureneltern irgendwo mal von wem gehört, dass Computer für Kinder gefährlich sind, und wollen dir deshalb natürlich keinen guten Rechner kaufen. Da sitzt du dann eben vor dem Block und drehst die Bässe auf. Du starrst Löcher in die Luft, mit anderen Worten. Drei Tage debattierst du darüber, ob der MerĐo besser ist, der von deutschen Maschinen gemacht wird, oder der Ferrari, der von Hand gemacht wird. Maschine gegen Mensch. Ein großes Thema. Dann bringst du den Terminator ins Spiel, und RoboCop, und Schumacher, und Adis Onkel Emir, der in Deutschland MerĐos schraubt, und den Kollegen von Dejan, der in Italien Ferraris testet, und Juventus, und Bayern, und den Pullover von Acos Oma Stojadinka, und den Pullover aus dem Emporium, und so drei Tage und drei Nächte lang. Und zwischendurch siehst du die abgelutschten Väter, die von der Arbeit kommen, brave kleine Nachbarn, die aus der Schule kommen, die Moderatorin aus dem achten Stock mit den hohen Absätzen, deren Arschbacken so tanzen, dass mir immer der Hals wehtut, wenn ich sie sehe, Božos sexy Mama, von der wir immer noch nicht wissen, ob sie vierzig oder fünfzig ist, den Alki Šuškić aus dem elften Stock, der einmal so abgefüllt war, dass er den Block verwechselt hat und beinahe beim Achter-Block eingebrochen wäre, weil er die Tür nicht aufkriegte, und Hausmeister Vlado, der ständig am Rumstinken ist, der Arsch. Und am Ende weißt du immer noch nicht, ob der MerĐo besser ist oder der Ferrari, weil der MerĐo ist ein Švabo und schon deshalb super und ihn fahren alle Gastarbeiter und Mafiosi, und Ferrari ist eben Ferrari, und das ist es dann.

Du sitzt vor dem Block und setzt Schimmel an. Aber das ist wenigstens cool. Besser als Radovan und Ranka hören zu müssen.

Und jedes Mal ist es dasselbe. Dejan behauptet etwas, und Adi zieht ihn auf und beweist ihm, dass das, was er behauptet, Blödsinn ist.

„Wirst schon sehen, dass wir in Črnuče waren.“

„Einen Scheiß waren wir in Črnuče. Was für ein Črnuče! Črnuče ist da, wo der Sechser hinfährt. Du bist echt ein Spacko.“

„Kauf doch ’ne Zeitung und sieh nach, wo diese Jagdhütte ist. Sicher schreiben sie im Lokalteil, dass wir sie verwüstet haben.“

Das sind so diese genialen Ideen von vor dem Block. Dass du, wenn du mal Rambazamba machst, gleich in die Zeitung kommst.

Aco fällt natürlich auf diesen blöden Schmäh rein und geht zur Trafik. Und kommt zurück mit dem Dnevnik. Ich hab nicht mal gewusst, dass dieses Käseblatt überhaupt existiert.

„Sieh dir den Debilen an, was der gekauft hat. Willst du was über Kultur lesen? Ich hab dir doch gesagt, du sollst die Novice kaufen.“

„Hier ist doch auch ein Lokalteil drin!“

„Jetzt wirst du sehen, wo wir waren. Črnuče. Wirst sehen, dass wir in Vič waren.“

Sowieso.

„Das sind wir! Wir sind drin!“

„Gib her! Lass mich, du kannst sowieso nicht lesen.“

„Einen Scheiß kann ich nicht!“

Es ist nicht zu glauben! Diese Jagdhütte ist ein total angesagter Partyschuppen, und jetzt schreiben sie über uns in der Zeitung. Gut, das ist nicht wer weiß was, aber irgendwo muss man ja anfangen.

„Van…da…len … Was ist das denn?“

„Das sind Blödmänner. Lies weiter.“

„Vandalen haben gestern Abend eine Hütte in Dolgi Most verwüstet … Siehst du, Dolgi Most.“

„Aber das ist doch da, wo Črnuče ist. Der Sechser fährt doch nach Dolgi Most.“

„Einen Scheiß ist das da, wo Črnuče ist. Weißt du, wo Dolgi Most ist?“

„Na wo?“

„Das ist … wenn du nach Vič fährst und dann …“

„Das ist nicht Vič, wenn es Dolgi Most ist. Wenn es Vič wäre, hätten sie Vič geschrieben.“

„Hör doch auf, wenn du keine Ahnung hast. Erinnerst du dich, wo er nicht gewusst hat, wo Tromostovje ist.“

„Das hab ich gewusst, ich hab nur nicht gewusst, dass das der Prešeren-Platz ist.“

Wer weiß, ob diese Debatte im Leben einmal zu Ende gegangen wäre, wenn es nicht Samira gegeben hätte, Adis Mutter.

„Adi, da kommt deine Mutter.“

„Oh, verdammt!“

Jetzt kommt Samira auf uns losgestiefelt, sie ist nicht aufzuhalten. Adis Vater, Mirsad, arbeitet in Österreich. Adi sagt, dass er Chauffeur ist, und wir, dass er Müllfahrer ist. Und dann schleicht Samira ständig hinter Adi her und will ihn nach Hause holen. Aber Adi hat keinen Bock drauf und verdünnisiert sich, und dann sagt sie das Mirsad, und Adi kriegt eins auf die Nuss. Und dann fährt Mirsad zurück nach Klagenfurt, und Adi entwischt Samira wieder und sie läuft wieder durch Fužine und sucht ihn.

„Adi, komm, wir gehen nach Hause.“

„Aber ich geh nicht nach Hause. Ich bleib hier.“

„Heute kommt Papa.“

Der Schmäh ist, dass Mirsad nie dann einfliegt, wenn er einfliegen müsste, und Samira wartet ständig auf ihn mit dem fertigen Mittagessen und sammelt die Kinder in Fužine ein, damit sie so etwas hätten wie ein gemeinsames Familienessen, wenn Mirsad nach Hause kommt. Adi fängt sie vielleicht noch ein, aber Sanel, Adis älteren Bruder, nie, der ist total abgetaucht.

„Und was, wenn er kommt? Wenn er wirklich kommt, dann komm ich auch.“

„Komm nach Hause, es gibt Mittagessen.“

„Ich komme nicht. Mach ’ne Fliege!“

Immer dasselbe. Verdammte Kacke, aber wieso ihr das nicht über wird, weiß ich auch nicht.

„Nun komm schon …“

„Mach ’ne Fliege! Wo wir doch zusammen essen gehen. Marko lädt ein, weil er gestern gewonnen hat.“

Scheiße ist das, weil mir Samira am Ende immer leidtut. Noch nie ist Adi mit ihr nach Hause gegangen, aber sie steht immer da und sieht uns an und bettelt, und Adi nimmt sie nicht für voll, und wir stehen daneben wie die Idioten und sehen zu Boden. Manchmal ist mir das so zu blöd, dass ich am liebsten mit ihr zu diesem Mittagessen gehen würde.

„Geh nach Hause und lass mich. Kommt, wir gehen, wenn sie nicht weggeht.“

Und dann gehen wir gewöhnlich hinter Adi her und lassen sie stehen wie einen Haufen Unglück. Mirsad baggert inzwischen Österreicherinnen an. Mirsad ist mir überhaupt suspekt, es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn er in Kranj arbeitete und er Samira das mit Klagenfurt nur vormachte. Was weiß Mirsad, wo Klagenfurt ist.

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