Читать книгу: «Der Politiker», страница 9

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«Darauf stossen wir an!», Franz hebt das Glas, gefüllt mit einer Flasche Wein, welche noch aus seiner Schmugglerzeit stammt, «ich bin stolz auf dich!»

Nach dem Willi viel zu viel gegessen hatte, zieht er sich in sein Zimmer zurück. Die Reise war lang und anstrengend. Trotz der Müdigkeit, findet er keinen Schlaf. Seine Gedanken bewegen sich im Kreis. Die Gespräche, vor allem das mit seiner Mutter geben ihm zu denken. Plötzlich wird ihm bewusst, dass er keine eigene Meinung mehr hat. Er stumpft in der Wehrmacht ab. Der ganze Drill, die dauernd auf ihn einwirkenden Befehle verhindern, dass er selber denkt. Seit zwei Monaten wird ihm jede Entscheidung abgenommen, wenn es heisst rennen, dann rennt er. Heisst es warten, dann wartet er, bis der nächste Befehl kommt. So läuft das in der Wehrmacht.

Das Diskutieren hat man sich gänzlich abgewöhnt, viel zu gefährlich. Jede Form von persönlicher Meinung könnte falsch ausgelegt werden. Da hält man lieber die Schnauze. Die Aufgabe eines Soldaten ist nicht zu denken, sondern Befehle ausführen. Wo käme man hin, wenn jeder Soldat selber denken würde. Das erledigen die Offiziere. Schliesslich muss er doch eingeschlafen sein. Er erwacht erst, als Mutter an die Tür klopft und ihm sagt, dass unten Gabi auf ihn wartet, damit sie einen Spaziergang machen können.

«Ich komme sofort», ruft Willi und zieht sich an.

Gabi sieht bezaubernd aus. Sie trägt ein buntes Sommerkleid, für den Spaziergang im herbstlichen Worms nicht unbedingt geeignet. Willi wird sie dauernd wärmen müssen, aber diese Aufgabe übernimmt er gern. Rosa besteht darauf, dass er zuerst Frühstücken muss. Gabi setzt sich zu ihnen an den Küchentisch und muss mitessen.

«Soll ich euch mit dem Motorrad bis in den Rebbergen fahren?»

«Nein nicht nötig, für eine Fahrt mit dem Motorrad ist Gabi falsch angezogen, wir begnügen uns mit einem Spaziergang in den Auen», bedankt sich Wilhelm für das Angebot seines Vaters.

Kaum sind sie ausser Sichtweite, bleiben sie stehen und küssen sich leidenschaftlich. Ohne zu reden, steuern sie den Beobachtungsposten in den Auen an. Hier können sie andere Spaziergänger von weitem bemerken. Sie geniessen den Nachmittag.

Montagmorgen muss Willi allein zum Bahnhof. Sein Zug fährt erst um acht Uhr, sowohl seine Mutter, als auch Gabi müssen um sieben Uhr mit der Arbeit beginnen. Sein Vater ist schon seit sechs Uhr unterwegs.

Der Zug hält an jedem Bahnhof und so dauert es lange, bis er Mannheim erreicht. Er ist angespannt, morgen werden die ehemaligen Rekruten in ihre neuen Einheiten aufgeteilt. Er hat sich bei der Luftwaffe beworben, morgen wird er wissen, ob er aufgenommen wird.

Abends findet nochmals ein Antreten der ehemaligen Rekruten statt. Der Schulkommandant lässt sie nochmals mit einem zackigen Füsse zusammenschlagen die Achtungsstellung vorführen, es klappt hervorragend. Mit einer kurzen Ansprache entlässt er die Rekruten als ausgebildete Wehrmänner, welche dem deutschen Volk Ruhm und Ehre bringen sollen.

Anschliessend verteilt der Feldwebel den Soldaten einen Brief, darin steht, wie ihre Militärkariere weiter geht. Jeder ist gespannt, ob sein Wunsch in Erfüllung geht. Da und dort hört man ein Jubelschrei. Da die Briefe nach Alphabet verteilt werden, kommt Willi sehr spät dran.

Er reisst den Brief auf. Da steht es, Luftwaffe! Auch er kann jubeln. Er muss morgen nach Rostock reisen, dort geht die Ausbildung weiter.

Olympiade in Garmisch /1936

Die Freunde über die Zuteilung zur Luftwaffe macht schnell Ernüchterung Platz. Am ersten Tag in Rostock werden sie in tolle Uniformen der Luftwaffe eingekleidet. Doch einige Tage später stellen sie fest, dass die Einheit über keine Flugzeuge verfügt. Selbst der Flugplatz muss noch gebaut werden.

Mangels Bauarbeiter müssen die Arbeiten durch die Soldaten ausgeführt werden. Willi und seine Kollegen sind also mehr mit Schaufel und Pickel, als mit dem Steuerknüppel beschäftigt. Nebst der harten Bauarbeit, gibt es immerhin, mindestens fünf Theoriestunden pro Woche. Die Männer sollen vorbereitet sein, wenn dann die Flugzeuge geliefert werden.

Im Dezember 1935 sind der Hangar und eine achthundert Meter lange Startbahn fertig. Jetzt muss man nur noch auf die Flugzeuge warten. Es gibt eine kleine Einweihungsfeier. Vor, in Paradeuniformen angetretener Kompanie, landeten vier Flugzeuge. Die Piloten werden wie Helden empfangen und eine Nacht lang gefeiert. Am nächsten Morgen fliegen sie weiter. Lediglich die Offiziere durften bei einem Rundflug über die Stadt Rostock und entlang der Küste mitfliegen. Am Nachmittag werden die vier Flugzeuge wieder mit militärischen Ehren verabschiedet. Das war‘s vorerst, an Flugbetrieb auf dem neuen Flugplatz.

Da die Bauarbeiten inzwischen als abgeschlossen gelten, werden die Soldaten mit intensivieren Theorie, bei Laune gehalten. Zumindest ist man im Theorieraum vor dem kalten Wind geschützt. Der Kommandant kann Filme über die Ausbildung von Piloten vorführen, das musste vorerst reichen. Jetzt im beginnenden Winter sind Flugstunden eh zu gefährlich.

Nach dem kurzen Weihnachtsurlaub, muss die Kompanie nicht mehr in Rostock einrücken. Sie wurden nach Garmisch Partenkirchen aufgeboten. Ihre neue Aufgabe, sie müssen die Sportstätten für die anstehende Olympiade herrichten.

Zu diesem Zweck erhält die Kompanie neue Uniformen, welche eher wie winterfeste Arbeitskleidung aussieht. Nun werden sie in die neue Aufgaben eingewiesen. Zuerst müssen die Strassen gesäubert werden. Die aufwendig gestalteten Plakate: Juden raus! Müssen wieder entfernt werden. Deutschland soll sich als friedliebendes Volk der Sportwelt präsentieren.

Nach dem säubern der Strassen, müssen die Sportstätten hergerichtet werden. Die Luftwaffe wird zum präparieren der Sprungschanze eingesetzt. Das sind nicht die Flüge, welche sich Willi erhoffte, aber zumindest hat es etwas mit Luftfahrt zu tun. Wie sie von Kameraden aus anderen Einheiten erfahren, haben sie noch Glück. Die Sprungschanze ist windgeschützt. Das präparieren der Abfahrtsstrecke ist bedeutend schwerer. Sie liegt viel höher und der Wind bläst den Soldaten um die Ohren. Ein richtiger Härtetest.

Am vierten Februar meldet das Radio, das in Davos in der Schweiz, der Leiter der Landesgruppe Wilhelm Gustloff ermordet wurde. Die Kompanie von Willi wird sofort von der Schanze abgezogen und an strategisch wichtigen Punkten in Garmisch postiert. Man befürchtet Unruhen. In ganz Deutschland ist die Empörung gross. Die Regierung schürte die Entrüstung der Bevölkerung, nur, der Zeitpunkt, drei Tage vor der Eröffnung der Olympischen Spiele ist sehr ungünstig.

Zumindest in Garmisch und deren Umgebung musste man für Ruhe sorgen. Die Welt schaut auf Deutschland. Die Schlägertrupps müssen unter Kontrolle bleiben.

Inzwischen sind bereits viele Athleten in Garmisch eingetroffen. Alles fiebert der Eröffnungsfeier entgegen. Wird Hitler persönlich erscheinen? Das ist die Frage welche die Deutschen beschäftigt.

Nun, er erscheint und die Kompanie von Willi muss für seine Sicherheit sorgen. Mit Gewehren müssen sie die Menge zurückdrängen, damit der Führer nicht belästigt wird. Die Begeisterung der Masse kennt keine Grenzen. Nachdem der Führer sicher auf der Tribüne angekommen ist, kann die Einheit von Willi abgezogen werden und sicherte die Umgebung des Stadions. Von der Zeremonie, wie auch an den folgenden Tagen, von den Wettkämpfen, bekommt er nichts mit. Einzig den Sieg von Ruud auf der Schanze kann er hautnah verfolgen, weil sie nach jedem Springer die Piste kurz präparieren müssen.

Ende Februar geht der Einsatz in Garmisch zu Ende. Die Kompanie muss zurück nach Rostock und wird dort als Wachmannschaft zur Sicherung einer Flugzeugfabrik eingesetzt. Endlich geht es mit dem Bau von Flugzeugen vorwärts.

Die Fabrikhalle steht bereits, nur ist sie noch leer. Erst nach und nach treffen Maschinen ein. Der leitende Ingenieur hiess Herr Bauer. Auf einem Plan ist eingezeichnet, wo die angelieferten Maschinen aufzustellen sind. Nach einigen Tagen hat der Ingenieur bemerkt, dass Willi eine Ahnung hatte, wie und wo die Maschinen aufgestellt werden müssen. In seinem letzten Praktikum bevor er zur Wehrmacht einberufen wurde, arbeitete er in einer Flugzeugfabrik bei München. Deshalb fragt Herr Bauer den Kompaniekommantanten, ob er nicht Soldat Wolf als seinem Assistenten abkommandieren kann? Anfänglich ist der dagegen, er dulde keine Ausnahme. Doch als die angelieferten Maschinen immer komplizierter werden, willigt er ein. Schliesslich sollen in der Fabrik so schnell wie möglich Flugzeuge gebaut werden, denn auch der Kommandant will nur eines, nämlich Flugzeuge. Auch er kam zur Luftwaffe, weil er fliegen wollte. Auch für ihn ist die Situation nicht zumutbar. Seine angehenden Piloten sind eher Bauarbeiter, mit fliegen hatte das nichts zu tun.

Als es in der Halle langsam heiss wird, weil es Sommer wurde, sieht man, was Deutsche zu leisten imstande sind. Die Halle ist zu zwei Drittel gefüllt. Die Produktion der ersten Flugzeugteile für die Do111, wird aufgenommen. Diese werden jetzt von einem weiteren Ingenieur betreut. Herr Bauer ist für die Infrastruktur zuständig, Herr Günther für das zu bauende Flugzeug. Ein zu einem Bomber umkonstruiertes Zivielflugzeug.

Die beiden Ingenieure verstehen sich gut und Willi arbeitet für beide. Es geht vorwärts, endlich kann Willi mit Plänen eines Flugzeugs durch die Halle laufen. An einigen Stellen kann man bereits Teile erkennen, aus denen später ein Flugzeug entsteht. Der Prototyp der Do111 wurde in einem anderen Werk gebaut und befindet sich bereits in der Erprobung. Herr Günther steht permanent in Verbindung mit den Piloten. Nach den Telefonanrufen ist er üblicherweise verärgert, da meistens Änderungen notwendig werden.

«So werden wir nie fertig», schimpft er vor sich hin, «ich habe ihnen gesagt, aus einem Passagierflugzeug lässt sich nicht so einfach ein Bomber konstruieren, das ist doch was ganz anderes.»

Trotzt aller Probleme geht es vorwärts. Inzwischen arbeiten bereits hundert Leute in der Halle. Leider können nicht alle Arbeiter auf dem Arbeitsmarkt rekrutiert werden. Politische Gefangene werden zum Arbeitseinsatz gezwungen. Die Kompanie der Luftwaffe muss vermehrt für Ordnung bei den Gefangenen sorgen. Keine erfreulichen Aufgaben! Die politischen Häftlinge sind nur schwer zur Mitarbeit zu bewegen, was Zwangsmassnahmen erfordert. Für solche Aufgaben sind die angehenden Piloten nicht geeignet. Für Willi ist es unangenehm, er hat mit der Bestrafung nicht direkt zu tun, muss aber Verstössen melden. Schon zwei Mal musste er beobachten, wie einer der Arbeiter an seinem Arbeitsplatz abgeholt wurde. Noch in der Fabrikhalle bekommt einer harte Schläge mit einem Knüppel, das Blut schiesst in Strömen aus der Nase des Unglücklichen. Dieses Erlebnis schraubt die Limite für das Melden eines Verstosses nach oben. Wenn jedoch die Sicherheit des Flugzeugs durch den Verstoss beeinträchtigt wird, muss er es melden.

Doch mit der Zeit gewöhnt er sich an die Bestrafung, die Leute sind schliesslich selber schuld an ihrer Situation. Doch es gibt einige die das sabotieren der Arbeit absichtlich begehen, denn für sie ist es ein Teil des passiven Widerstands gegen das Naziregime. Für Willi ist es nur schwer zu verstehen, dass es Leute gibt, welche das neue Deutschland nicht akzeptieren. Endlich geht es mit Deutschland voran. Die herumlungernden und bettelnden Arbeitslosen sind aus den Strassen der deutschen Städte verschwunden, das ist doch ein echter Fortschritt.

Noch gibt es ein Problem mit den Lebensmitteln. Es kommt zu Engpässen, doch auch da schaut die Regierung, dass nicht die einen mit Geld satt werden, während die Armen hungern müssen. Dank den Lebensmittelkarten kriegt jeder genug zu essen, wenn es auch manchmal etwas mehr sein dürfte.

Im September kann Willi einen längeren Urlaub beziehen. Er darf eine ganze Woche nach Worms. Endlich wieder Spaziergänge mit Gabi, die hatte er vermisst. In Rostock kann er ab und zu abends in den Ausgang. Es hätte in den Kneipen auch einige hübsche Mädels, welche nichts gegen eine engere Freundschaft hätten. Gabi ist immer noch seine Freundin, er ist treu. Er schreibt ihr mindestens einen Brief pro Woche. So hat er keine Probleme damit, wenn er die Mädels seinen Kollegen überlässt.

In Worms hat sich nicht viel verändert. Seit die Lederfabrik auf Hochtouren läuft, funktioniert auch das Leben in der Stadt. Die Leute haben Geld genug, davon profitiert auch das lokale Gewerbe. In den Strassen herrscht wieder Ruhe und Ordnung. Sein Vater erzählt ihm allerdings von einigen ehemaligen Kollegen, welche verhaftet wurden. Aus der Zeit in der goldenen Gans kannte er einige Kommunisten. Wenn die sich nicht ruhig verhalten, ist die SA sofort zur Stelle und dann verschwinde sie aus Worms, auf seiner Tour zu den Bauern hat er erfahren, dass sie in einem Arbeitslager umgeschult werden, wie die Nazis das nennen.

Dass es im Verborgenen brodelt, merkt man nicht. Die immer noch sehr zahlreichen Juden in der Stadt, sind den Nazis ein Dorn im Auge. Doch die Juden verhalten sich geschickt. Sie machen ihre Geschäfte heimlich. So intensiv die SA auch kontrolliert, den Juden kann nichts nachgewiesen werden. Es gibt viele die mit einer härtere Gangart gegen den Klassenfeind vorgehen möchten, aber, zum einen sorgt das defensive Verhalten der Juden dafür, dass sie keinen Anlass zu Beanstandungen geben. Zudem haben sie nach wie vor einige Geschäfte in ihrer Hand und man müsste Engpässe befürchten, wenn man den Juden diese Geschäfte verbieten würde. So gesehen ist die Situation, wie sie momentan ist, akzeptabel.

Als Willi wieder in Rostock zurück ist, staunt er. In der Halle steht ein fertiges Flugzeug. Noch werden die letzten Teile montiert und einige Teile überprüft. Doch das Flugzeug wird in den nächsten Tagen die Halle verlassen. Zum Glück ist er noch rechtzeitig zurück, den Moment möchte er nicht verpassen.

Bereits drei Tage später ist es soweit. Die Arbeiter schieben die erste in Rostock hergestellte Do111 auf das Rollfeld. Zum grossen Moment erscheinen einig Parteigrössen, insgeheim hat man gehofft, dass Hitler persönlich kommt, doch er lässt sich vertreten. Man verliert keine Zeit, nach der kurzen Ansprache, werden die Motoren gestartet. Der Testpilot ist mit dem Ingenieur bereits an Bord.

Man lässt die Motoren zehn Minuten warm laufen, dann gibt der Pilot Gas und rollt Richtung Startbahn. Ohne anzuhalten, erhöht er die Drehzahl auf maximale Leistung und löst die Bremse. Das Flugzeug schiesst nach vorne.

Mit dem Fernglas verfolgen die Parteigrössen den Start. Das Flugzeug hebt ab, es ist geschafft, das Ding fliegt! Alle jubeln, sogar die politischen Gefangenen zeigen, dass sie stolz sind, dass ihr Werk gelungen ist. Obwohl einige versucht haben, genau dies zu verhindern. Im Innern sind sie doch stolz, dass das Werk gelungen ist.

Der erste Flug dauert gut zwei Stunden. Dann schwebt die Maschine wieder auf den Flugplatz zu und legt eine perfekte Landung hin. Die nächsten Tage, ist die Maschine jeden Tag in der Luft. Die ersten Piloten werden ausgebildete. Nach einer Woche darf Willi einmal mitfliegen. Allerdings nur als Passagier, im Sitz des MG-Schützen. Die Pilotenausbildung hatte er, durch seine Funktion in der Produktion verpasst. Er konnte nicht noch am Theorieunterricht teilnehmen, was ihn jetzt ärgert.

Das Einsteigen in den MG-Stand ist nicht einfach, es ist sehr eng. Dafür hat er im Flug die beste Aussicht. Mit dem Kopfhörer und einem Mikrofon hat er Verbindung zum Piloten. Der Flug hatte lediglich den Zweck, die Piloten auszubilden. Willi ist nur als Passagier dabei. Er verfolgt die Gespräche in der Pilotenkanzel gespannt, verhält sich selber aber ruhig.

«Steigen auf 9000 Meter.»

«Bestätige, 9000.»

Die Maschine zieht steil nach oben. Willi sieht die Küste, dann dreht der Pilot aufs Meer hinaus und die Besatzung muss die Sauerstoffmaske aufsetzen.

«9000 erreicht», meldet der auszubildende Pilot.

«Höhe halten, Kurs Nordost», befiehlt der Instruktor.

Eine halbe Stunde fliegen sie über der geschlossenen Wolkendecke. Das ist ganz was anderes, als der Flug mit dem Zeppelin, das Flugzeug vibriert und die Motoren dröhnen extrem laut. Damit er die Gespräche im Cockpit mithören kann, muss er die Lautstärke auf dem Kopfhörer voll aufdrehen. Die Sonne blendet Willi stark, er muss die Sonnenblende herunterziehen.

«Jäger im Anflug, von Richtung 14 Uhr», befiehlt der Instruktor, «Ausweichmanöver einleiten.»

Willi schaut in die angegebene Richtung. Er kann keine Jäger erkennen, es ist nur eine Übung. Das Flugzeug macht eine steile Kurve nach links und geht in den Sinkflug. Der Magen von Willi spielt verrückt.

«Gut so», kommentiert der Instruktor, «jetzt die Maschine auffangen und hochziehen.»

Die nächsten Minuten geht es so weiter. Mal steil nach oben, dann wieder in einer harten Kurve nach unter. Willi ist schon ganz weiss. Er muss kämpfen, er kann hier nicht Erbrechen, dazu müsste er seine Maske ausziehen und dann droht er zu ersticken.

Nach zehn Minuten ist der Instruktor zufrieden, der Flug wird wieder ruhiger. Willi kann sich erholen. Nur geniessen kann er den Flug nicht mehr, vermutlich ist er doch nicht zum Pilot geboren.

Die Erleichterung ist gross, als sie nach vier Stunden endlich auf die Landebahn einschwenken. Noch einmal rüttelt es gewaltig und der Magen meldet sich erneut. Endlich steht das Flugzeug und Willi beginnt sich aus dem Sitz zu befreien. Er drängt zur Tür und öffnet sie. Noch muss er warten, bis die Bodenmannschaft die Treppe heranschiebt. Endlich ist die Treppe da und Willi eilt unter dem Gelächter der Kameraden die Treppe runter und muss sich im Gras am Rande des Rollfelds übergeben. Gespannt beobachtet der Instruktor die Aktion von Willi, er geht zu ihm und klopft im auf die Schulter: «Du bist wohl nicht zum Piloten geeignet, was!»

«Sieht so aus», gibt Willi zu, «ich hab wohl etwas Schlechtes gegessen.»

«Ja vielleicht, aber ich würde mir doch Überlegungen, ob Pilot der richtige Job für dich ist.»

Sein Traum platzt wie eine Seifenblase. Was nun? Der Kommandant hat damit kein Problem, er sieht Soldat Wolf sowieso lieber auf seiner Position in der Fabrik, da nutzt er der Luftwaffe mehr. Pilotenanwärter hat er genug.

Am 25. Oktober, an Willis zweiundzwanzigsten Geburtstag, gibt es Grund zum feiern. Die zweite Maschine ist fertig und wird aufs Rollfeld geschoben. Es ist Grund genug, um abends im Ausgang tüchtig zu feiern. Die Sperrstunde ist aufgehoben. Er trifft sich mit einigen Kameraden in ihrer Stammkneipe. Der Bierkonsum ist enorm, die Stimmung ist ausgelassen. Die meisten Kollegen sind jetzt mit der Pilotenausbildung beinahe fertig.

«Ich habe gehört», spricht ihn Georg an, «dass dir beim Fliegen schlecht wird.»

«Ja, das stimmt leider», bestätigt Willi, «ich musste mich beim letzten Flug übergeben, den Traum, Pilot zu werden, kann ich vergessen.»

«Aber das kann man doch trainieren, ich zeige dir morgen einige Übungen, wie du das das Problem in den Griff bekommst. Aber erst morgen, heute wollen wir feiern.»

Georg macht ihm Hoffnungen, vielleicht muss er seinen Traum doch noch nicht abschreiben. Er zahlt ihm noch ein Bier, das ist es ihm Wert.

«Auf Spanien», prosten sich die Piloten zu.

«Warum Spanien?»

«Der Instruktor hat uns erklärt, sobald wir genügend Flugzeuge besitzen, dürfen wir nach Spanien und General Franco bei der Bekämpfung der Kommunisten unterstützen.»

«Du bist für uns sehr wichtig, je schneller wir genug Flugzeuge haben, umso schneller geht es an die Wärme. Hier in Rostock ist es einfach saukalt», meint Georg.

Für Willi ist klar, so schnell werden sie ihn nicht aus der Fabrik abziehen und ihn zum Piloten ausbilden. Zuerst muss die Fabrik laufen. Wenn sein Traum nur aufgeschoben ist, hat er damit kein Problem.

Als der Wirt sie bittet, das Lokal zu verlassen, weil bereits Sperrstunde sei, machen sie sich singend auf den Weg zur Unterkunft.

Bis Ende des Jahres 1936 konnten noch vier Maschinen fertiggestellt werden. Nach dem Weihnachtsurlaub schafft man bereits eine Maschine pro Woche. Die Planung sieht vor, dass sie sich auf drei Maschinen pro Woche steigern müssen. Weil noch immer Änderungswünsche eintreffen, ist man von diesem Ziel noch weit entfernt.

Für Willi bedeutet das viel Arbeit. Er ist stark belastet, Georg hat ihm ein Trainingsprogramm zusammengestellt, welches ihn jeden Tag mindestens für eine Stunde beschäftigt. Die Übungen sollen seinen Gleichgewichtssinn stärken. Seinen Traum, Pilot zu werden, lebt wieder auf.

Von seinen ehemaligen Kameraden sind die meisten abgezogen worden. Wohin genau sie abberufen wurden, ist ein gut gehütetes Geheimnis, sicher sind sie jetzt in einer regulären Einheit der Luftwaffe stationiert und üben sich in Kampfeinsätzen. Für Willi hat es den Vorteil, dass der Instruktor ebenfalls abgezogen wurde. Bei einem neuen Ausbilder erhält er vielleicht nochmals eine Chance, seinen Traum zu verwirklichen. Im Moment ist allerdings nicht damit zu rechnen, den er wird in der Fabrik benötigt.

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