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(Großer Saal im Schloß der Nachtfee. Eine blaue Kuppelhalle, in die von oben die Sterne hereinsehen. Rechts und links weite Eingänge vor schwarzem Hintergrunde. Der Boden der Halle ist silbergrau. In der Mitte des Raumes steht eine silberne Treppenpyramide mit einem Thron. Der Thron leuchtet von innen. Rechts und links von dem Thron zwei Tafeln aus blassem Marmor, auf denen silberne Tassen und silberne Teller stehen. Bei jedem Gedeck steht ein silberner Stuhl. Auf dem Thron sitzt die Nachtfee, in einem tiefblauen Mantel, der mit Sternen bestickt ist. Sie hat ein blasses, edles Antlitz. In ihrem tiefschwarzen Haar trägt sie eine silberne Mondsichel als Krone. In der Halle herrscht bläuliche Dämmerung. Aus der Höhe ertönt eine süße Harfenmusik, zu deren Melodie an dem Fries der Halle entlang eine Kette reigentanzender Sternenmädchen ununterbrochen hinzieht. Es sieht aus, als kämen die Mädchen vom Himmel herein, zögen durch den Raum und wieder in die Tiefe der Nacht hinaus. Eine Glocke schlägt aus der Höhe mit zwölf tiefen Schlägen.)
Nachtfee
Mitternacht! – Die Welt schlief ein;
Frieden, Frieden soll über ihr sein!
(Ein ferner Chor nimmt den Ruf auf und singt immer leiser, immer ferner.)
Frieden, Frieden soll über ihr sein,
(Der Chor verklingt.)
Nachtfee
Nun kommen wohl bald meine Gäste an,
Ich höre schon den Donnermann.
(Man hört fernen Donner, stärker und stärker. Plötzlich gibt es einen gewaltigen Krach, und auf einer großen Pauke kommt von rechts der Donnermann hereingeritten. Er hält vor dem Thron der Fee und steigt ab. Eine riesige Gestalt, dick und ungeschlacht, mit rotem, borstigem Bart und roten Haaren. Er hat ein schwarzledernes Wams an und hohe Kanonenstiefel.)
Donnermann
(macht vor der Nachtfee eine Verbeugung.)
Zum Donnerwetter, da bin ich gekommen;
Habe mir keine Zeit genommen;
Bin gleich, weil du mich geladen hast,
Auf meiner Pauke hierher gerast.
Mein Weib, die Blitzhexe, läßt dir sagen,
Sie hätte noch schnell mal wo einzuschlagen
Und käme dann hinterher geritten;
Derweil zu grüßen läßt sie bitten!
Potz – Himmel – Bomben – Donnerwetter,
Unterwegs überholt’ ich meinen Vetter,
Den Hagelhans, er muß gleich kommen,
Hat ein graues Wolkenschiff genommen,
Hat ein Loch an der Mondsichel ins Segel geschnitten,
Läßt derweil durch mich um Entschuldigung bitten.
Potz – Krach – Blitz – Donner – Bombenschlag –
Ich bin hier und sage dir guten Tag!
(Es donnert, und er verneigt sich.)
Nachtfee
Ich danke dir für deinen Gruß, mein Lieber;
Setz’ dich nur dort an die Ecke herüber,
Und ich bitte dich, mach’ ein freundlich Gesicht
Und erschreck’ mir meine Sternenkinder nicht!
Donnermann
(nimmt Platz)
Potz Bomben, ich will’s versuchen, schöne Frau;
Doch entwischt mir ein Donner, nimm’s nicht so genau.
Nachtfee
(verbindlich)
Bitte, bitte, ich lege darauf kein Gewicht,
So ein klein wenig schadet ja nicht. –
Ah, die Windliese kommt, sie ist sehr schnell
Und immer mit den Ersten zur Stell’.
(Ein Windsausen geht durch die Luft, und die Windliese kommt von rechts auf einem Besen hereingeritten. Sie hat ein rotbäckiges, dickes Gesicht; blondes, wirr um den Kopf stehendes Haar und ein graublaues Schleierkleid. Während sie spricht, säuselt ein leiser Wind; wenn möglich flattern ihre Schleier.)
Windliese
(macht einen Knicks)
Hui – hui – Sumsiselsei!
Komm’ schnell auf meinem Besen herbei,
Hab’ tausend Meilen zurückgelegt,
Bin über Wiesen und Wälder gefegt,
Hab’ an allen Türen und Fenstern gerüttelt,
Hunderttausend Kirschen von den Bäumen geschüttelt.
Haha – hoho – huhu – sieh sieh –
Die Windliese ist hie, die Windliese ist hie!
(Sie knickst noch einmal.)
Nachtfee
(begrüßt sie)
Freut mich sehr, daß Sie zu meinem Kaffee kamen
Und sich die Zeit bei ihren Geschäften nahmen.
Ich habe noch eine Reihe von Gästen geladen,
Es gibt Kaffee, Schokolade und Mondscheinfladen.
Der Donnermann ist auch gekommen
Und hat zur Linken Platz genommen.
(Sie begrüßen sich.)
Donnermann
Potz Knatter, freut mich, Base Wind,
Daß Sie so schnell gekommen sind.
Wo ist denn aber mein Freund, Ihr Mann,
Der Sturmriese? Kommt er noch hinterdran?
Windliese
(knickst und säuselt)
Mein Mann hat noch auf dem Meere zu tun,
Wirft noch ein paar große Mastbäume um;
Es dauert nicht lange, bald ist er hier.
Eh’ ich abgereist bin, sagte er mir:
»Bügele mir auch die Windhose gut
Und meinen neuen Wirbelwetterhut!«
Er brüllte dann noch etwas von Grüßen
An seinen Freund, den Donnerriesen …
Donnermann
(verneigt sich)
Danke, danke, war mir immer ein großes Vergnügen,
Mit dem Sturmriesen über die Erde zu fliegen.
Windliese
(knickst und kreiselt unter fortwährendem Säuseln zu ihrem Platz.)
Nachtfee
Ich merke schon, die Luft wird grau;
Jetzt kommt wohl die dicke Wolkenfrau.
(Es kommt von rechts eine dicke, grauhaarige, pausbäckige Frau herein, in eine mächtige, graue Krinoline und eine dunkelblaue Bluse mit großen Ballonärmeln gekleidet. An Ärmelenden, Hals und Rocksaum sehen weiße Kanten hervor. Sie hat gemütliche, langsame Bewegungen und eine weiche, tiefe Stimme.)
Wolkenfrau
(mit Verneigung)
Guten Tag, Frau Nachtfee,
Wie geht’s auf dem Mond?
Ich finde, daß es sich immer noch lohnt,
Sie zum Kaffee in ihrem Schloß zu besuchen;
Sie haben ausgezeichneten Fladenkuchen.
Nachtfee
Liebe Wolkenbase, ich freue mich sehr,
Setzen Sie sich nur hierher!
Sie finden schon Freunde, (mit Handbewegung)
den Donnermann
Und die Windliese …
(Die beiden erheben sich und begrüßen die Angekommene.)
Wolkenfrau
(knickst)
Ah, das nehm’ ich mir an!
Zwei so angenehme, sympathische Leute;
Es ist mir eine besondere Freude!
Ich hoffe nur, daß die Sonne, das Biest,
Nicht etwa auch geladen ist;
Hat mir neulich wieder durch’s Kleid gebrochen
Und mich mit ihren Strahlen zerstochen.
Nachtfee
Die Sonne kommt auch, es war an der Zeit;
Das verlangt die Sitte und Höflichkeit.
Ich habe sie aber so gesetzt,
Daß sie die Base nicht weiter verletzt;
Mir ist ja die alte Feindschaft bekannt.
Wolkenfrau
(verneigt sich)
Sehr liebenswürdig, sehr charmant!
Nachtfee
Bitte, nehmen sie Platz beim Donnermann!
Wolkenfrau
(setzt sich dort)
Nicht angenehmer man sitzen kann!
(Es wetterleuchtet im Raum.)
Nachtfee
Die Blitzhexe kommt, man merkt sie schon …
(Der Donnermann springt auf und donnert.)
Nachtfee
Oh bitte, bitte, mehr Distinktion!
Sie dürfen Ihre Liebe hier nicht so zeigen;
Hübsch sittsam sein, abwarten und schweigen!
(Der Donnermann setzt sich verlegen.)
Donnermann
Potz Donner, Verzeihung, es ist mir entwischt!
Wenn ich merke, daß mein Blitzweib irgendwo zischt,
Dann kriege ich immer den Donnerdrang …
(Ein greller Blitz zuckt auf, die Blitzhexe saust von rechts auf einem toten Baumast herein. Sie hat ein schwefelgelbes Kleid an, ein gelbes, spitzes Hexengesicht, lange, gelbe Krallenfinger und eine starr nach hinten in die Luft stehende, lohrote Haarfahne. Als sie hereinspringt, fährt der Donnermann von seinem Sitz und begrüßt sie mit einem schmetternden Donnerschlag.)
Donnermann
(brüllt und umarmt die Blitzhexe)
Mein Weib, mein geliebter Schwefelgestank!
Blitzhexe
(schrill)
Bin hie – grüß di! – Sirrrr – sirrrr – krakecks!
(Sie wendet sich zur Nachtfee.)
Sirrrr – sirrrr – liebe Base – da ist der Blitz!
Zerschlug nur noch schnell eine Kirchturmspitz’,
Hatte Auftrag, mußt’ ihn erledigen schnell;
Sirrrr – sirrrr – krakacks, – bin zur Stell’!
(Wenn sie »Sirr – Sirr« sagt, blitzt es.)
Nachtfee
Liebe Blitzhexe, es ist mir sehr angenehm,
Ich hoffe, Sie machen es sich bequem;
Doch bitte ich, etwas weniger Schwefelduft.
(Sie hält sich die Nase zu. Der Donnermann brüllt vor Lachen.)
Sie verderben mir sonst die gute Luft.
Blitzhexe
(knickst)
Gewiß, gewiß, weiß auch, was sich schickt,
Wird eben der Schwefelfaden abgezwickt.
Sirrr – will mich beherrschen, hoffe, es glückt;
Wenn’s mich auch drängt und zwackt und jückt,
Den köstlichen Feuerduft zu verbreiten;
Sirrr – sirrr – das sind ja nur Kleinigkeiten!
Nachtfee
Bitte, bitte, (mit Wendung zu den anderen)
Windliese und Wolkenfrau
Nehmen’s damit wohl nicht genau;
Aber es kommen noch andere Gäste
Zu meinem heutigen, schönen Feste:
Das Taumariechen, der Milchstraßenmann,
Die man nicht gut beschwefeln kann.
Verzeihen Sie also meine Bitte,
Und nehmen Sie Platz, liebe Base Blitz,
Ich glaube, es kommt schon der Regenfritz.
(Die Blitzhexe knickst und springt in Zickzacklinien zu ihrem Platz. Man hört Regenrauschen und auf einem großen Regenschirm kommt von rechts der Regenfritz herein. Eine fadendünne, lange Gestalt in schlechtsitzendem, grauem Überrock, zu kurz geratenen, grauen Hosen, grauem Zylinder und ausgetretenen Zugstiefeln. Langes, strähnig hängendes, verwaschen blondes Haar; eine rote, spitze Schnupfennase und Triefaugen. Er hat eine ölig flötende, melancholische Greinstimme. Er trieft von Wasser. Wo er steht, bilden sich sofort Pfützen.)
Regenfritz
Drüppelü – tüp – tüp – liebe Fee der Nacht,
Sie haben mir gütige Einladung gemacht.
(Er verbeugt sich.)
Ich bin gerne gekommen – tüp – top – tü – ti,
War ein weiter Ritt auf dem Parapluie.
Hab’ zwar im Mai meist wenig zu tun,
Hin und wider mal drüppeln, meist muß ich ruh’n;
Hab’s aber eben noch gerade erreicht
Und fünfzig neue Kleider milde durchgeweicht,
An siebzehn Stellen sanft durch die Decke geregnet,
Tische, Stühle und Betten mit Pfützen gesegnet,
Zwölf Landpartien freundlich berieselt,
Zweihundert Kinderchen haben’s mit Schnupfen benieselt,
Dreizehn Handwerksburschen, bis aufs Hemd,
Habe ich liebevoll durchgeschwemmt. –
Nun ja, man muß eben zufrieden sein,
Der Mai ist trocken, die Arbeit nur klein.
Nachtfee
Es freut mich, mein Herr Regenfritz.
Hier linker Hand ist jetzt Sein Sitz;
Aber sage Er nur, was fängt Er an,
Hat Er gar nichts Gutes auf Erden getan?
Treibt er da unten denn nur noch Possen?
Regenfritz
O nein, Frau Nachtfee, ich hab’ auch begossen
Einige Felder und einige Wiesen
Und einige Gärten mit Obst und Gemüsen.
Jedoch nach dem lieben Monat April
Ist im Mai die Zeit langweilig und still.
Da nehm’ ich dann tüp – tüp – die Regenspritze
Und mache meine unschuldigen Witze.
Ich gehe dabei nicht so stürmisch zu Werke
Wie die anderen, die ich hier bemerke;
Ich mache das sanft und lasse mir Zeit,
Bei vieler Milde und Gründlichkeit.
Nachtfee
Gewiß, ich weiß, ohne Donnern und Blitzen –
Nur riesele Er, bitte, hier keine Pfützen!
(Die bereits Angekommenen machen ein Freudengetöse.)
Regenfritz
(indem er sich zu ihnen setzt)
Sie brauchen gar nicht so grob zu lachen
Und sich über mich lustig zu machen;
Heute ist der und morgen ist jener in Mode,
Und ein jeder von uns hat seine Methode.
Nachtfee
Der Sturmriese kommt, ich höre ihn heulen.
(Lautes Brausen ertönt. Der Sturmriese springt herein; eine gewaltige Gestalt, die größte von allen. Der Sturmriese trägt keinerlei Gewandung, sondern ist mit schwarzem, zottigem Fell behaart, hat einen mächtigen, schwarzen Bart, ebensolches Haar und trägt ein paar gewaltige, schwarze Flügel an den Schultern. In der Faust hält er einen abgerissenen Eichenast.)
Sturmriese
Puh! – Da bin ich! – Komme vom Ozean,
Schnallte meine schnellsten Flügel an!
Bin wie der Teufel durch die Luft gesaust,
Durch Gebirg und Urwald herangebraust!
Ließ auf dem Flug mir keine Zeit,
Weil Ihre Einladung mich furchtbar freut!
Habe nicht Wind- noch Wasserhose angezogen,
Sie müssen verzeihen, bin so geflogen! (Er verneigt sich.)
Nachtfee
Lieber Sturmriese, es ist mir ein großes Vergnügen,
Daß Sie meinetwegen so eilig fliegen;
Doch muß ich sagen, es wäre schön,
Sie etwas mehr bekleidet zu seh’n.
Bitte, setzen Sie sich hinter die Wolkenfrau,
Die nimmt es damit nicht so genau.
Sturmriese
Danke, danke! (setzt sich dort.)
Wolkenfrau
(ängstlich)
Nicht zu nahe setzen,
Und mir nicht wieder das Kleid zerfetzen,
Wie neulich, das war sehr ungezogen!
Sturmriese
Hu – hu – das war nur ein harmloses Spielen!
Wolkenfrau
Ich liebe es nicht, das Kleiderzerwühlen!
Nachtfee
Es wird kühl, die Eisgeschwister kommen an,
Draußen trommelt der Hagelmann.
(Man hört ferne Trommelwirbel, die sich schnell nähern. Der Hagelhans kommt herein, ein großer Mann, mit glattem, blau geschminktem Gesicht, in enganliegender Uniform von silbergrauer Farbe mit blauer Stickerei. Silbergraue Gamaschen und blaue Bärenmütze. An den Stiefeln trägt er große Radsporen und eine große, silberne Trommel am Gürtel, auf der er Wirbel schlägt.)
Hagelhans
(schlägt die Hacken zusammen)
Klirrrrr – der Hagelhans ist zur Stelle;
Hat viel zu tun in der Mittagshelle;
Muß in den heißen Frühlingstagen
Die Ehre des Winters zu Ansehn tragen;
Tut’s gern, ist ihm eine dienstliche Pflicht,
Kennt Mitleid mit Blumen und Saaten nicht,
Zerschmettert all’ den albernen Kram,
Wo er ihm in die Marschroute kam;
Schießt mit tausend Flinten zu gleicher Zeit, (schlägt einen Wirbel.)
Trifft sicher, ist gegen alles gefeit;
Kennt kein sanft säuselndes Betragen,
Hat immer alles kurz und klein geschlagen;
Ist gründlich in seinem Dienstrevier,
Nachts hat er Urlaub – jetzt ist er hier!
(grüßt militärisch.)
Nachtfee
Es freut mich der Besuch des gestrengen Herrn.
Ich habe zwar seine Arbeit nicht gern;
Doch ist sie wohl zu manchem gut,
Vornehmlich gegen den Übermut.
Bitte, nehmen Sie Platz, dort ist Ihr Sitz,
Neben dem Donnermann und der Base Blitz.
Ich glaube, zu unserer großen Freude
Ist Ihre liebe Schwester schon nah,
Frau Holle …
(Frau Holle kommt in einem Wirbel von Flocken herein. Sie sieht aus wie ein großes, weißes Bett; hat ein gutmütiges, gerötetes Gesicht unter schlohweißem Haar und unter jedem Arm ein Bettkissen, aus dem, wenn sie darauf drückt, Flockenkaskaden aufsprühen.)
Frau Holle
(verneigt sich)
Frau Holle ist da! Frau Holle ist da!
Hab’s beinah’ verschlafen, ja ja, ja ja!
Halte schon meine Sommerruhe
Im hohen Norden. Meine Bettentruhe
Ist sorgsam vor der Sonne verschlossen;
Sie hat impertinent mit Strahlen geschossen;
Ich mußte tief ins Eisschloß fliehen,
Um mich nicht zu verbrühen, ja ja, zu verbrühen.
Hab’ geschlafen, wie sieben Murmeltiere, –
Weckt ein Sternchen mich und brachte mir Ihre
Einladung zu dem großen Empfang; –
Besten Dank, liebe Base, besten Dank, besten Dank!
Nachtfee
Liebe Base Holle, es freut mich sehr.
Ich hoffe, es ward ihnen nicht zu schwer
Das Aufsteh’n, und denke Sie zu entschädigen. –
Bitte, bitte, lassen Sie sich nicht nötigen!
Schlagsahne wird es in Menge geben,
Ich weiß, Sie essen sie gern für ihr Leben.
Frau Holle
O köstlich, köstlich, Schlagsahne auf Eis;
Es gibt nichts Besseres, ich weiß, ich weiß! –
Ein schönes Fest, das muß man sagen;
Da kann man nicht klagen, gewiß nicht klagen.
Als Dank spendier’ ich deinem Feste zum Glanz
Nachher meinen neuen Flockenwirbeltanz.
Nachtfee
Sehr liebenswürdig; ist mir eine Freude!
Bitte, setzen Sie sich an jener Seite!
(Frau Holle setzt sich. Durch die Tür tritt der Eismax. Große, schlanke Gestalt mit spiegelblanker Glatze und grünem, starr aufgebürstetem Schnauzbart. Er trägt ein Monokel. Seine glasgrüne Uniform ist mit silbernen Eisblumen bestickt. Er trägt weiße Lackstiefel mit silbernen Klingsporen. Sein Benehmen ist militärisch. Er schlägt die Sporen zusammen und grüßt.)
Eismax
Jnädigste Nachtfee, melde jehorsamst zur Stelle!
Jereist mit jletscherhafter Schnelle.
Zwar für mich unjewöhnliche Zeit;
Aber doch eisbärenmäßig jefreut!
Wo alle sich zum Empfang einstellen,
Darf Eismax selbstverständlich nich fehlen.
Bitte erjebenst, eines nur:
Etwas jekühlte Temperatur!
Und die Sonne, das jreuliche Weib,
Mir nich so nahe uff ’n Leib.
Kann die Person durchaus nich vertragen,
Krieje Triefaugen und weichen Kragen,
Janzer Anzug schlägt Jammerfalten,
Kann Monokel nich mehr halten.
Sonst vor Frauen stets jute Fijur,
Nur vor Sonne nich ’ne Spur;
Verdirbt mir Laune und jeden Spaß,
Weiß auch jarnich, bin ejal naß.
Unausstehlich! Na, überhaupt,
Denke, daß mir das jeder jlaubt!
Nachtfee
Bitte, Herr Eismax, ich weiß Sie zu schätzen
Und werde Sie kühl und luftig setzen.
Eismax
Danke erjebenst, bin sehr bejlückt,
Habe Eisblumensträußchen jepflückt,
Um anjemessen zu bejrüßen;
Lege jehorsamst zu Ihren Füßen.
(legt den Strauß auf die Thronstufen.)
Nachtfee
Danke sehr, danke, Herr Leutnant,
Sehr liebenswürdig, sehr galant. –
Bitte dort drüben am linken Tisch,
Jene Seite ist kühl und frisch.
(Der Eismax klirrt mit den Sporen und setzt sich. Herein kommt der Wassermann. Eine fette Gestalt, pausbackig, mit Schilfhaar, Froschmaul und – augen, Floßfingern und – zehen und grasgrüner Haut. Er trägt einen grünweiß gesprenkelten Badeanzug und in jeder Hand einen großen Schwamm.)
Wassermann
Putsch – patsch – blubber – quax! – Putsch – patsch!
blubber – quax!
Guten Tax allerseits – guten Tax – guten Tax!
War ’ne weite, beschwerliche Fahrt – noaaaaaa!
Bin aber blubber – blubber – trotzdem da.
(verneigt sich.)
Bin gefahren – uax – auf dem Muschelschiff,
Vom Grunde des Meeres – uax – wo ich schlief.
Meine Seejungfern tanzten am Ufer Reigen,
Spielten Schlickversteckens und Blasensteigen;
Haben mir in einer großen Blase
Die Einladung gebracht, Frau Base.
War mir – blubber – blubber – sehr schmeichelhaft,
Hab’ mir neue – uax – Wasserhosen angeschafft;
Aber ich bitte, (drückt sich über dem Kopf einen Schwamm aus)
vor allen Dingen,
Mich – uax – uax – wässerig unterzubringen.
In der Luft – uax – ist es unangenehm. (drückt sich den andern Schwamm über dem Kopf aus.)
Nachtfee
Machen Sie sich’s nur recht bequem,
Bitte, ich habe auch daran gedacht
Und es Ihnen so schön als möglich gemacht.
Dort steht Ihre silberne Badewanne,
Ein Sternenmädchen soll mit der Kanne
Begießen.
Wassermann
Uax – das ist angenehm!
(steigt in die Badewanne.)
Ist mir – uax – ein lieber Platz!
(Ein Sternenmädchen kommt mit einer Gießkanne.)
Fang’ nur gleich an, du kleiner Fratz!
(Das Sternenmädchen begießt ihn, und er stößt ein wohliges Grunzen aus.)
Nachtfee
Die Sonne naht sich, ich fühle ihr Licht.
Meine lieben Gäste, kränken Sie nicht
Die Königin, sie ist mir an Würde gleich
Und ehrt mit ihrem Besuch mein Reich.
Sie kommt mit ihren Töchtern und Söhnen,
Wir müssen uns an sie gewöhnen
Für einige Stunden, bei Kaffee und Kuchen;
Es bleibt ja bei Höflichkeitsbesuchen.
(Man hört eine ferne, rauschende Melodie. Goldiges Licht fließt in den Raum. Von links tritt die Sonne ein; ihr zur Rechten und Linken ihre beiden Töchter, Morgen- und Abendröte, hinter ihr die beiden Söhne, der Morgen- und der Abendstern. Die Sonne trägt ein goldenes Kleid und eine silberne Strahlenkrone. Sie hat ein edles Gesicht und weißes Lockenhaar. Ihre Töchter tragen rosige Schleier und purpurrote Kränze auf goldenen Locken; die Söhne gehen in silbernen Rüstungen. Beim Eintritt der Sonne erhebt sich die Nachtfee und mit ihr alle bereits Angekommenen. Der Eismax, die Wolkenfrau und Frau Holle drücken sich mit abwehrenden Gesten möglichst weit. Der Eismax sucht sich mit komischer Steifheit hinter die Wolkenfrau zu verstecken. Donnermann, Hagelhans, Windliese, Sturmriese, Blitzhexe und der Wassermann verneigen sich. Die Nachtfee steigt vom Thron und geht der Sonne entgegen.)
Nachtfee
Ich grüße die Hohe, die den Tag regiert,
Und, da Ihr Weg Sie zu mir geführt,
Soll Sie wissen, daß ich glücklich bin; –
Willkommen mir, Schwester, Königin!
(Sie umarmen sich. Während der Umarmung wird es abwechselnd hell und dunkel im Raum.)
Auch deine Kinder an deiner Seite
Sehe ich mit herzinniger Freude;
Morgen- und Abendröte, die Süßen,
Säumen den Himmel zu meinen Füßen.
(Sie küßt die beiden.)
Und deiner Söhne strahlendes Paar,
Morgen- und Abendstern, schmückt mir das Haar,
Wenn ich der Erde nahe und scheide; –
Ich dank’ ihnen innig,
(schüttelt die Hände der beiden.)
ich liebe sie beide.
Sonne
Du schöne Schwester, du stille Nacht,
Der Gruß meiner Liebe sei dir gebracht.
Sind unsere Reiche auch ewig geschieden;
Mein ist die Arbeit – dein ist der Frieden;
Schlingen wir doch um die Guten und Bösen
Den einen Reigen und segnen die Wesen,
Die auf der wundertiefen Welt
Liebe in prunkendes Leben gestellt.
Gern kam ich, Schwester, zu deinem Feste;
(mit einer Neigung zu den anderen.)
Grüße auch deine anderen Gäste,
Stand in Verbindung mit manchem von ihnen,
Mußte mich oft ihrer Kräfte bedienen
In der müh’reichen Monde Flucht;
Freue mich, daß sie dich auch besucht.
(Die Sonne nimmt mit ihren Kindern an der Tafel zur Rechten der Nachtfee Platz. Die Nachtfee kehrt auf ihren Thron zurück. Das Taumariechen tritt von links ein. Ein süßes, blasses, dunkelhaariges Mädchen in mattsilbernem, kurzem Gazekleid über nachtblauem Grund. Auf ihrer Stirn ein silbernes Krönchen, an ihren nackten Armen und Füßen klingen silberne Reifen, von ihrem Gürtel hängen blasse Perlenschnüre. Sie trägt eine kleine, silberne Trinkschale. Bei ihrem Eintritt klingen leise Harfentöne in der Luft, wie fallende Tropfen. Sie tritt vor den Thron und kniet dort.)
Das Taumariechen
Liebe Mutter, ich habe für diese Nacht
Deinem Willen gehorsam mein Werk vollbracht;
Alle dürstenden Gräser und Blüten erquickt,
Alle schlafenden Wälder mit Perlen geschmückt;
Hing in Gärten viel Kettlein an Zweig und Baum,
Gab den grünen Büschen den Tropfensaum;
Füllte mit segnender Frische die Luft,
Strich auf Blätter und Früchte den silbernen Duft;
Hab’ alle bunten Wiesen leise gekühlt,
Mit den Nebeln über dem See gespielt,
Hab’ der Morgenröte das Land geschmückt
Und alle Wesen im Traum erquickt. –
Küss’ mich nun, Mutter, mein Werk ward schön,
Und laß mich in deine Augen seh’n.
Nachtfee
(breitet ihre Arme aus)
Mein holdes, mein silberfüßiges Kind!
(Sie schließt ihre Tochter, die zu ihr hinaufeilt, in die Arme und küßt ihren Scheitel.)
Wo deine segnenden Hände sind,
Du reine Weihe der stillen Nächte,
Ich weiß es, wird allem Dürsten Glück,
Da atmet alle Schönheit leise,
Lieblicher noch durch deine Weise;
Und kehrst du in meine Tiefe zurück
Nach so viel holdem Liebesregen,
Segne ich dich zu neuem Segen,
Du Friedensüße, du leises Glück.
(Das Taumariechen setzt sich auf den Stufen des Thrones zu den Füßen der Nachtfee. Von links kommt der Milchstraßenmann herein. Er hat eine hellblaue Bluse an, weiße, weite Hosen, die in niederen Schaftstiefeln stecken und eine blaue Ballonmütze auf dem Kopf. Mütze, Bluse und Stiefel sind über und über mit Silbersternchen besät. Eine große Säuglingsflasche und eine Milchklingel hat er unter dem Arm. Er ist sehr erregt und tritt, ohne die Anwesenden zu beachten, vor den Thron.)