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Das Recht auf soziale Freiheit
Oftmals liest man, wir müssten Sozialgesetze verschärfen, weil der organisierte Sozialmissbrauch überhandnehme. Weil sich neu angekommene Proponenten samt der von ihnen vertretenen Methode in unsere Gesellschaft eingeschlichen haben, wonach nicht jene die Leistungen unserer Solidargesellschaft bekommen, die sie brauchen, sondern vor allem jene, die sie nur wollen. Überhaupt ist das Recht auf Freiheit in sozialer Sicherheit wie alle anderen wesentlichen Grundfreiheiten ebenso in Gefahr, zu wanken. Denn schon allein die gezielte ideologische Förderung des demografischen Umbruches macht die soziale Sicherheit, wie wir sie kennen, dauerhaft unfinanzierbar. Das wissen wir seit Jahren. Niemand erhebt Einspruch. Im Ergebnis würde der Einwand bedeuten, den Mut zu haben, als Staatsziel endlich festzulegen: Wir sind kein Einwanderungsstaat. Und das hat nichts mit Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit zu tun, sondern schlicht mit logischem Hausverstand.
Der Sozialstaat ist nur dann dauerhaft finanzierbar und sicher, bietet größtmögliche Freiheit, wenn ihm mathematisch eine Vollbeschäftigung und die daraus resultierenden moderaten Steuer- und Abgabenleistungen gegenüberstehen. Stattdessen bietet die Politik keinerlei Rahmenbedingungen für eine Vollbeschäftigung, sondern importiert die Arbeitslosigkeit und die soziale Ungerechtigkeit mitten hinein in das fragile System. Die Arbeitslosigkeit und damit die Inanspruchnahme des Sozialsystems ist eben bei Zuwanderern am größten. Zahlen lügen nicht!
Die Finanzkrise von 2008 erschütterte erstmals den Sozialstaat, das Corona-Debakel und die damit einhergehende Wirtschaftskrise samt einer Arbeitslosigkeit und darauf einsetzender Inflation ungeahnten Ausmaßes lassen das System endgültig kippen. Betriebspleiten vermindern die Abgabenleistung in das System, eine höhere Arbeitslosigkeit vergrößert die Sozialausgaben, verstärkt die Armut, und diese wiederum belastet das Sozialhilfesystem. Nicht zu vergessen ist die „Generation Corona“, also jene Jugendlichen, denen seitens der Regierungen mit der als „alternativlos“ dargestellten Lockdown-Politik mindestens ein Jahr der Schulbildung geraubt wurde, die damit ein Jahr später in den Arbeitsprozess einsteigen, den Sozialstaat mit ihren Steuer- und Abgabenleistungen erst ein Jahr später erhalten und finanzieren können.
Zudem hat sich der von mir in seinen Grundzügen nie infrage gestellte Sozialstaat mit Hunderten auf allen Ebenen etablierten Leistungen, Zulagen, Beihilfen, Fonds und dergleichen zu einem Betreuungsstaat entwickelt, in dessen undurchschaubarem Dickicht der Missbrauch aufblüht, der vielmehr noch zu Missbrauch einlädt und im Übrigen das Hauptargument für den jede Dimension sprengenden Zuzug darstellt.
Es ist zweifelsohne der Sozialdemokratie längst vergangener Zeiten zu verdanken, dass Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Knechtschaft der Industrialisierung befreit wurden, dass sich über das letzte Jahrhundert hinweg in vielen Staaten tragfähige Sozialsysteme – gespeist durch die Wirtschafts-, Abgaben- und Steuerleistung der leistungsbereiten Allgemeinheit – gebildet haben, um jene zu schützen, die temporär oder dauerhaft die Unterstützung der Solidargemeinschaft brauchen. Das Ziel eines funktionierenden Sozialstaates ist es, auch jenen Menschen ihren Anteil an der Freiheit zu ermöglichen, die aus eigener Konstitution heraus dazu nicht imstande wären. Es ist ein Irrtum, dass Sozialleistungen Almosen wären. Es handelt sich bei ihnen um einen rechtlich jeweilig verbrieften Anspruch, um eben Menschen in ihrem von Natur aus gegebenen Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit – selbst in schwierigen Situationen – zu helfen.
Wo wären Deutschland oder Österreich heute ohne das Gesundheitssystem, das eng gesponnene Sozialsystem, die Behindertenhilfe, die Familienbeihilfe? Wo wären Deutschland oder Österreich ohne die sozialen Errungenschaften der Politik eines Willy Brandt oder eines Bruno Kreisky? Nicht zu vergessen ist beispielsweise das sogenannte Kindergeld als letzter sozialer Meilenstein der jüngeren Geschichte Österreichs, erzwungen vom damaligen Sozialminister Herbert Haupt. Das Kinderbetreuungsgeld diente seinem Wesen nach dazu, die Leistbarkeit von Kindern und die Kosten ihrer Erziehung mit den individuellen Wünschen junger Familien in Einklang zu bringen. Das Kindergeld sollte es jungen Männern und Frauen ermöglichen, ihren Kinderwunsch ohne finanzielle Einbußen zu erfüllen, sollte aber nicht dazu dienen, dass manche aus dem Empfang dieser Sozialleistung eine Art von organisiertem Gewerbe machen. Mit der Methode „Wir bekommen zehn Kinder und finanzieren unser gesamtes Leben ausschließlich durch die Sozialleistung“ pervertiert man diese Systeme, stellt sie gleichzeitig zum Nachteil jener, die sie wie einen Bissen Brot brauchen, infrage. Daraus entsteht ebenjener Missbrauch, der systematisierte Sozialbetrug, der sich gegen die Basis unserer sozialen Freiheit stellt. Und wegen einiger weniger, aber gleichzeitig immer zahlreicher werdender sogenannter schwarzer Schafe wird die Leistung für viele eingeschränkt. Wegen wenigen, die die durch den Sozialstaat ermöglichte Freiheit und Unabhängigkeit ausnutzen, vermindert sich folgerichtig zur Hintanhaltung des Missbrauches die Freiheit für alle. Um aufgedeckten Missbrauch zu verhindern, führte beispielsweise Deutschland im Jahr 2003 mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz die Lichtbildpflicht auf der Gesundheitskarte ein, in Österreich ziert das Bild des Versicherten die e-card, die aber nur in Verbindung mit einem Ausweis gültig ist. Weit haben wir es gebracht! In den 1990er-Jahren war es zumindest noch nicht notwendig, den Krankenschein so aufwendig und mit einem andauernden datenschutzrechtlichen Risiko abzusichern.
Unser Sozialstaat, der Freiheit und Unabhängigkeit garantieren soll, präsentiert sich am Silbertablett, wird sogar in entsprechenden Foren von Schleppern in den entlegensten Winkeln des Globus regelrecht beworben. Dafür fehlen uns andererseits die finanziellen Mittel, das Gesundheitssystem auszubauen. Jahrelang wurde aus Gründen der Sparsamkeit und Effizienz – jene Schlagwörter, die für einen Abbau des Gesundheitsnetzes und der Spitalslandschaft stehen – die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zurückgefahren. In einem Satz zusammengefasst: Jedes Dorf hat zwar Kreisverkehre bekommen, dafür haben wir in den Städten die Krankenhäuser geschlossen. Weil deren Erhaltung ineffizient sei, weil sich deren Erhaltung nicht rentiere. Mit der gleichen fahrlässigen Argumentation könnten wir auch die Versicherungspflicht kippen oder die Feuerlöscher in Gebäuden versilbern. Die Corona-Krise hat uns gezeigt, dass unser Gesundheitssystem stückweise endoptimiert wurde, für Eventualitäten nicht mehr vorbereitet ist, immer am Anschlag fährt. Daraus ergibt sich eben, dass wir längst eine Zweiklassenmedizin haben, unterteilt in jene Bürger, die sich durch ihre ökonomischen Möglichkeiten eine Zusatzversicherung und damit die Versorgung im privaten Spitalsbereich leisten können, und jene Bürger, denen man die Gesundheitsversorgung aus Sparsamkeitsgründen, sprich Betten- und Ärztemangel, verwehrt. „Freiheit in sozialer Sicherheit“ verkommt so zu einer leeren Plattitüde, mit der sich Sozialpolitiker aller Farben schmücken, die aber mit unserer Realität sehr wenig zu tun hat.
Anders ergeht es dem Verwaltungsbereich des Gesundheitssystems, den Sozialversicherungsträgern, die nach wie vor aus dem Vollen schöpfen. Proporzmäßig zwischen den Parteien aufgeteilt, wird hier ein krankes, nicht mehr zeitgemäßes, aufgeblähtes Funktionärssystem verwaltet, während andererseits die Gelder für zusätzliche Gesundheitsleistungen oder die Finanzierung der Spitäler fehlen. In Österreich wurden zwar in den letzten Jahren die einzelnen Sozialversicherungsträger großzügig zusammengelegt, übrigens eine der vielen aufsehenerregenden Forderungen von Jörg Haider aus den 1990er-Jahren. Der Pferdefuß ist nur, dass man aus ehemals 21 Organisationsmolochen nun fünf Monster geschaffen hat. Der Personal- und Verwaltungsrucksack blieb gleich. Und die demografische Entwicklung macht es nicht besser, sondern zunehmend schlechter.
Immer mehr Menschen bekommen zwar Leistungen aus dem Sozialsystem, zahlen aber nicht ein. Und übrigens werden auch immer mehr Menschen immer älter, eine Tatsache, die uns alle mit Freude erfüllt, aber das Solidarsystem an seine Grenzen bringt. Und die Reaktion der Politik auf die Aushöhlung des Gesundheitswesens, den Sozialmissbrauch und die drohende Unfinanzierbarkeit des Sozial- und Pensionssystems? Keine! Alle Maßnahmen sind Stückwerk, man verharrt in den ausgetretenen Pfaden, traut sich nicht zu reformieren. Freiheit in sozialer Sicherheit bedeutet eben, dass sich für all jene, die aufgrund ihrer eigenen Leistung in das Versicherungssystem einzahlen, auch ein garantierter Leistungsanspruch ergibt, der sowohl im Erkrankungsfall als auch nach dem Erwerbsleben größtmöglichen Wohlstand und damit finanzielle Freiheit garantiert. Mindestpensionen für Frauen, die zeitlebens hart gearbeitet haben, aber am Ende ihres aktiven Erwerbslebens gerade einmal „überleben“ können – derart zu Bittstellern degradiert zu werden, entspricht dem genauen Gegenteil dessen, was sich Menschen von diesem Sozialsystem erwarten. Auf der anderen Seite muss man dann regelmäßig in Zeitungen lesen, dass sich mittlerweile eine ganze Industrie entwickelt hat, die durch ihre kulturell bedingt lendenstarke Familiengestaltung darauf abzielt, sich zeitlebens nur im Wege der Sozialmittel zu versorgen. Freiheit bedeutet nicht Egoismus und schon gar nicht die Ausnützung eines Systems, das leistungsbereite Menschen durch ihre Arbeit bzw. durch deren Abgaben täglich finanzieren. Übrigens müßig zu erwähnen, dass dieser Missbrauch hauptsächlich im migrantischen Milieu stattfindet. Auch eine der vielen Tatsachen, bei deren Benennung man umgehend in seiner Meinung neutralisiert, als Rassist schubladisiert wird. Aber Zahlen lügen nicht, und das Gesundheits-, Pensions- und Versicherungssystem ist pure Mathematik.
Die Freiheit der eigenen Identität
Wir leben in Europa, einem gewachsenen, von Kriegen entstellten und aus diesen auch friedlich zusammengekommenen Kontinent. Die wechselhafte Geschichte der Länder Europas machte uns zu einer Schicksalsgemeinschaft, aber doch nicht zu einer neuen Nation, zu einem Superstaat einheitlicher Sprachen, Kulturen oder Ethnien, oder, wie manche politische Gruppierungen sogar fordern, zu den Vereinigten Staaten von Europa. Wir sind und bleiben in erster Linie Österreicher, Deutsche, Italiener, Franzosen, Slowenen, Kroaten, Briten oder Spanier, die sich aus der dramatischen Erkenntnis zweier Vernichtungskriege in einer friedlichen Einheit voller Freiheit gefunden haben, mit dem stolzen Erbe ihrer Kulturen und ihrer Geschichte, friedlich nebeneinander, um im Miteinander zu leben. Und wir können trotz der dunklen Stunden und auch wegen der Überwindung selbiger stolz sein auf die vielfältige Geschichte, auf die herausragende Kultur, die wirtschaftliche und soziale Schaffenskraft der einzelnen Nationen auf diesem Kontinent. Denn nicht weniger als der historisch einzigartige Geist der Aufklärung gab den Bewohnern der einzelnen Staaten ihre Freiheit.
Diese Freiheit war für einige Länder dieses Europa noch mehr oder minder gegenwärtig nicht immer selbstverständlich. Erst 1989 wurden die ehemaligen Staaten des Ostblockes von der mörderischen Diktatur des Kommunismus befreit. Michael Gorbatschow, das letzte Oberhaupt der Sowjetunion, der als Sowjet-Führer scheiterte und aus diesem Führungsdebakel heraus für Freiheit sorgte, erkannte nach eigenen Angaben: „Die Menschen brauchen Freiheit. Ohne sie kann sich eine Person nicht entfalten.“ Tragisch, dass ausgerechnet seine Heimat Russland, wie ein Großteil der Nachfolgestaaten des Sowjet-Regimes, die Fesseln der kommunistischen Diktatur abgestreift hat, um sich anschließend unter eine Diktatur der Korruption zu begeben. Am Beginn der 1990er-Jahre zerbrach der kommunistische Zwangsvielvölkerstaat Jugoslawien in seine Einzelteile. Die Kräfte der nationalen Selbstbestimmung, der Drang nach Souveränität und damit nach Freiheit setzten sich, wenngleich wiederum um einen hohen Blutzoll, ein weiteres Mal durch. Man hätte es wissen müssen, denn bereits der Zerfall der Donaumonarchie manifestierte den nach wie vor geltenden Lehrsatz, dass die Zentrifugalkräfte der Eigenständigkeit eben stärker sind als ein von oben herab verordneter Zwang.
Trotz dieser Erfahrung sehen wir uns heute wieder damit konfrontiert, dass sich politische Kräfte im Wege einer künstlich als eine Art von eigener Nation kreierten Europäischen Union samt Hymne, Regierung, Parlament und Währung über den einzelnen Bürger erheben, die Identität der Bürger als Angehörige einzelner Nationalstaaten tilgen und durch die neue Herkunftsbezeichnung „Europäer“ ersetzen wollen. Wider besseres Wissen und trotz der Tatsache, dass derartige Entwicklungen in den letzten Jahrhunderten immer in einer Katastrophe mündeten, wird beharrlich am Projekt des neuen „Vielvölkerstaates Europa“ weitergearbeitet, zulasten der Souveränität der einzelnen Länder und gegen das Selbstverständnis der Bürger einzelner Staaten. Entgegen dem Grundsatz, dass nur die Anbindung an die historischen und kulturellen Lebensfäden eines Landes den Menschen ihre Identität und somit ihre Freiheit gibt. Dieselben, die beispielsweise den Kroaten oder Slowenen die Freiheit und Eigenständigkeit weit weg von Titos Belgrad zugestanden, unterjochen uns nun unter der Autokratie eines belgischen Städtchens namens Brüssel. Ein Treppenwitz der Geschichte und der Beweis, dass man aus dieser lernen kann, aber nicht unbedingt muss. Kritiker dieser Entwicklung werden als „üble Nationalisten“ diffamiert, der Wert des Patriotismus, die Liebe zum eigenen Land bei gleichzeitigem Respekt der anderen Nationen, als etwas Verbrecherisches, als etwas Böses verkauft. Der Nationalismus sei das Verbrechen des 20. Jahrhunderts, wird getönt, dabei waren es doch expansive Diktaturen, die die Eigenständigkeit von Nationen zerstörten – welche sich ja aus der Notwendigkeit des Zerfalles der europäischen Monarchien entwickeln mussten – und die Herkunft im Rassenwahn tilgten, die für die größten menschlichen Katastrophen sorgten. Dennoch wird die Legende vom bösen Nationalstaat schon mit der Milchflasche in der Volksschule verabreicht.
Auch eine Form der Umerziehung, die langsam ihre Früchte trägt. Jüngstes Beispiel ist Großbritannien mit seinem „Brexit“. Der freie Volksentscheid der Briten als beeindruckender Beweis für die Demokratiefähigkeit des Vereinigten Königreiches, sich wegen chronischer Erfolglosigkeit Brüssels von der Europäischen Union zu entfernen, wurde von Politikern wie Medien als rückwärtsgewandt und furchtbar nationalistisch verteufelt. Also die Selbstbestimmung, die Souveränität, die Freiheit, die Unabhängigkeit eines friedlichen Volkes öffentlich als Ausbund des Bösen dargestellt. Wir erleben die verordnete Umkehr unserer Werte: Freiheit ist schlecht, Unabhängigkeit ist böse, Souveränität ist hässlich. Autokratie, wenngleich sie auch ständig scheitert, ist gut, zusammengepresste Vielvölker sind gut. Das Ziel der Umerziehung ist klar: Man muss sich gegenseitig unter Weglassung seiner Identität, seiner Kultur, seiner Sprache inhalieren, um ein guter Europäer zu sein. Man muss sich der Gleichmacherei unterwerfen, um ein moderner, progressiver Bürger zu sein. Geflissentlich wird heute verschwiegen, dass der Grund für den Ersten Weltkrieg nicht ein überbordender Nationalismus war, sondern sich diese menschliche Tragödie aus dem Drang zur Freiheit eingepferchter und unterdrückter Völker ergab. Und ebenso wird verschwiegen, dass der Zweite Weltkrieg einzig aus jenem Grund seine bekannte Entwicklung nahm, weil rechtschaffene Menschen der Diktatur, der Besetzung und Zerstörung die Freiheit entgegensetzen wollten. Die Franzosen oder die Briten oder alle anderen Länder, die in den Zweiten Weltkrieg involviert waren, wollten sich eben von der Diktatur eines sich nach Westen und Osten kriegerisch ausbreitenden nationalsozialistischen Superstaates befreien, sie verteidigten ihre Souveränität, ihre Unabhängigkeit, ja sie wollten ihren Frieden. Und für diesen Triumph der Freiheit werden sie bis heute als Helden verehrt.
Das Rezept ist eben nicht die Hegemonie, wie sie heute die EU verfolgt, sondern die Vielfalt und Selbstbestimmung von Nationen und Regionen in gemeinsamer friedlicher Zusammenarbeit. Europa war und ist keine absolute Vereinigung, sondern das Dach einer freiwilligen Zusammenarbeit. Zumindest entsprach dies der Gründungsidee. De Gaulle, Churchill, Schuman, Adenauer – vier Vertreter einer geschundenen Kriegsgeneration, Gründerväter des europäischen Gedankens, sahen den einzigen Ausweg aus den Wirren der Vernichtung in der Zusammenarbeit auf rein wirtschaftlicher Basis, nicht in der zwangsweisen Vereinigung zu einer neuen, gewaltigen Supernation. Niemals wäre Churchill selbst nach den ihm zugeschriebenen drei täglichen Flaschen Champagner auf die wahnwitzige Idee gekommen, einen Briten zu einem Deutschen mutieren zu lassen, der sich dann Europäer nennt und von Frau Von der Leyen geführt wird. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für Konrad Adenauer, der mit Merkel und der EU-Kommissionspräsidentin zwar post mortem die Parteizugehörigkeit teilen muss, aber dessen Agenda als erster deutscher Kanzler demokratischer Herkunft nach dem Zweiten Weltkrieg jener der beiden Damen doch konträr gegenübersteht. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass Merkels erste Schritte unter dem Eindruck ihrer DDR-Erziehung erfolgten und man halt nur schwerlich die Prägungen der Jugend abstreift. Anders ausgedrückt: Aus einem willfährigen Tanzbären wird auch dann kein freiheitsliebendes Pferd, wenn er in einem Pferdestall steht. In Wahrheit sind heute die als üble, rückwärtsgewandte Nationalisten verfemten Gruppierungen dem Gründungsgedanken Europas näher als jene Parteien, die die Europäische Union wie eine heilige Monstranz vor sich hertragen.
Und wie zum Beweis scheitert auch dieses Konstrukt regelmäßig. Die Finanzkrise von 2008 hat gezeigt, dass diese EU zwar Banken retten kann, aber nicht den Wohlstand der Bürger. Das Jahr 2015 wirkt durch die Fehlentscheidung der sich zu einer geheimen Führerin der EU aufschwingenden Angela Merkel bis heute nach. Der selbst ernannte Superstaat, der mutig und entschlossen nach innen wirkt, kann seine Außengrenzen nicht einmal im Ansatz schützen. Selbst in der Außenpolitik, eigentlich ein politisches Terrain, das kaum zu Verwerfungen zwischen ähnlich gesinnten Staaten führen sollte, scheitert diese EU bzw. stellt sich zielsicher immer auf die falsche Seite, zum wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Nachteil des Kontinentes.
Die Europäer sind von einem höheren und NATO-hörigen Brüsseler Wesen offenbar dazu verdammt worden, eine amerikanische Missionierungspolitik Seite an Seite mit den USA über den gesamten Globus hinweg zu exekutieren. Der Arabische Frühling und der von der EU für all ihre Mitgliedstaaten vorgegebene Umgang damit war ein gutes Beispiel hierfür. Auf Befehl der USA, um in erster Linie deren und nicht unseren politischen wie wirtschaftlichen Einfluss im Nahen Osten und damit den Zugriff auf die Ölreserven zu stärken, mussten wir im Chor der Falken mitheulen. „Gaddafi muss weg, Mubarak muss weg, Assad muss weg“, waren die unverhohlenen Direktiven aus Washington. Dass zumindest in Syrien ein Klima der Freiheit aller Religionen herrschte, natürlich unter dem autokratischen Dach der übermächtigen Familie Assad, wurde verschwiegen. Assad, der blutige Diktator, Syrien, der terroristische Schurkenstaat, lautete das Urteil des Westens, um seine Intervention zu rechtfertigen. Im Jahr 2004 besuchte ich mit Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider, Sozialminister Haupt und einer großen Wirtschaftsdelegation Damaskus. Es zeigte sich ein aufstrebender, weltoffener, ja fast säkularer Staat, in dem Muslime, Juden und Christen friedlich nebeneinander lebten. Ich erinnere mich heute nur allzu gut an eine Debatte im österreichischen Nationalrat: Meine in einer Rede zum Ausdruck gebrachte Warnung, dass eine Unterstützung der Destabilisierung des Nahen Ostens gerade uns in Europa auf den Kopf fallen werde, dass wir mit unseren Entwicklungshilfegeldern in der Endkonsequenz islamistische Terroristen unterstützten, wurde seitens der Regierungsabgeordneten mit dummem Gelächter quittiert. Ich wolle nur das Öl von Gaddafi, lautete der Zwischenruf eines besonders kurzsichtigen Abgeordnetenkollegen, der die globale Dramatik der damals am Beginn stehenden Aufstände nicht verstand. Wie auch, wenn man sich den alten Spruch vergegenwärtigt, dass ein Großteil der Parlamentarier ihr Hirn beim Portier des Parlamentes abgibt und nur dazu dient, als Abstimmungsvieh die Parlamentsmehrheit zu sichern?
Heute, 17 Jahre später, hat sich dank unserer Außenpolitik das Bild des Nahen Ostens dramatisch verändert. Und was hat die EU getan? Im Wissen darum, dass eine Destabilisierung dieser geopolitisch wichtigen Region im Vorhof Europas massive Nachteile auch für uns bedeutet, applaudierte sie dem Vorgehen der USA. Also wurde der sogenannte Arabische Frühling unterstützt, in Wahrheit durch die USA initiiert und durch Steuermittel der Europäischen Union mitfinanziert. Das Ergebnis war trotz der gigantischen Medienunterstützung, die jede Kritik an diesen „Freiheitsbewegungen“ negierte, verheerend. Berechenbare Diktatoren wurden gestürzt, unberechenbare, aber dafür korrumpierbare Terroristen eingesetzt. Man hat, volkstümlich gesagt, mit dem Bettler Stecken getauscht. Die Folge dieser europäischen Außenpolitik für Europas Staaten war, dass zum Beispiel Österreich seinen seit Bruno Kreisky, Jörg Haider und UN-Generalsekretär a. D. Kurt Waldheim aufgebauten diplomatischen Respekt in dieser wichtigen Region restlos verloren hat. Der zweite Effekt ist, dass wir seit 2015 mit den Auswirkungen der „friedlichen Intervention“ der USA zu kämpfen haben. Die nennen sich „Flüchtlingskrise“. Und der dritte Effekt ist, dass wir Despoten wie Erdoğan mit Millionen von Flüchtlingen ein Faustpfand in die Hände gaben, um Europa und damit alle in diesem Boot des Unterganges sitzenden Mitgliedstaaten nach Lust und Laune zu erpressen.
Das Gleiche spielt sich auch im Umgang der EU mit Russland ab. Natürlich entspricht es unserem Naturell, Freiheit und Demokratie überall dort, wo es möglich ist, durchzusetzen – auch mit allen Mitteln. Freiheit, auch wenn sie teils nur vorgeblich ist, soll kein Privileg des Westens sein. Faktum ist aber auch, dass gerade Russland – auch wenn die dort ersehnte Freiheit nach der Finsternis des Kommunismus ein Höchstmaß an Korruption brachte – zumindest auf einem besseren Weg als in den letzten Jahrzehnten der erloschenen Sowjetunion ist. Aus wirtschaftlichen Gründen und nicht auf Basis eines moralisch hehren Ansatzes verfügten die USA Sanktionen gegen Russland. Sinnigerweise, weil sich Russland eben gegen die Ausdehnung der amerikanischen Militärhemisphäre auf die Ukraine wehrte. Und Europa? Statt eine eigenständige Außenpolitik einzunehmen, sich endlich selbst auf dem diplomatischen Parkett als selbstbewusster Kontinent zu beweisen, vollzog man getreu der Weisung der USA die Sanktionspolitik. Die übrigens wiederum unsere eigene Wirtschaft schädigt, unseren Wohlstand einschränkt, unsere Arbeitsplätze vernichtet und uns somit ein weiteres Stück Freiheit und Eigenständigkeit kostet. Gerade dieses Konglomerat scheitert selbst in wirtschaftlichen Fragen, opfert seine Eigenständigkeit, um ja nicht vom großen Bruder jenseits des Großen Teiches abgestraft zu werden. Von den Tageslaunen eines Herrn Obama, eines Herrn Trump und nun eines senilen Herrn Biden machen wir uns abhängig. Wie einst schon in den 1970er-Jahren, als auf Befehl der USA in Persien der an sich westlich gesinnte Schah seinen Platz räumen musste, damit man ein Mullah-Regime installieren konnte. Sämtliche Versuche, diesem Iran ein weltoffenes Antlitz zu verpassen, sind gescheitert. Ich erinnere diesbezüglich an den Reformer Chatami, dem ich in Teheran im Zuge eines Auslandsbesuches von Bundespräsident Thomas Klestil und Sozialminister Herbert Haupt begegnen durfte. Mithilfe der aufgeklärten Studenten wollte er sein Land aus den Untiefen religiöser Verblendung, sprich einer Diktatur der Hardliner, in das 21. Jahrhundert katapultieren. Er stand allein auf weiter Flur, von europäischer oder amerikanischer Hilfe keine Spur. Ich schrieb es bereits: Mit Zielsicherheit stehen wir zum eigenen Nachteil immer auf der falschen Seite, stehen uns selbst im Weg. Statt Freiheit bringen wir Chaos und scheitern regelmäßig an den Folgen der eigenen Politik.
Und 2020 zeigte sich mit der Corona-Krise, dass diese EU nicht einmal in der Lage ist, den freien Waren- und Personenverkehr aufrechtzuerhalten. Dieser Litanei des Scheiterns stehen aber zumindest eine eigene Währung, eine Hymne, ein Parlament, ein Billionenbudget, Tausende Beamte und deren sinnentleerte Verordnungen sowie eine nicht gewählte Regierung gegenüber. Welch eigenartiger Trost. Wahre Freiheit ohne Wenn und Aber kann auf unserem Kontinent nur aus der Bewahrung und Stärkung eigenständiger Verantwortung der Nationalstaaten und ihrer Regionen in friedlicher Koexistenz miteinander stattfinden. Wie oft hören wir doch in den Sonntagsreden der Gemeinden, dass Zentralismus schlecht sei, dass der Bürgermeister vor Ort die Sorgen und Nöte der Menschen schneller löse als eine Zentralregierung in der jeweiligen Bundeshauptstadt. Und jene, die das Lied des bürgerfreundlichen Volksvertreters vor Ort singen, sind auch jene, die das in alle Lebensbelange eingreifende Regime Brüssels verteidigen. Die Euro-Krise zulasten der Bürger und nur zum Lohn der Banker gelöst, die 2015er-Krise ungelöst, der tägliche Einzelfall lässt grüßen, und bei „Corona“ überhaupt den Super-GAU hingelegt. Dazwischen Großbritannien verloren, regelmäßig vor Recep Erdoğan und seinen Erpressungsversuchen in die Knie gegangen, aber dennoch ist offensichtlich Kraft genug da, um eine Pommes-Frites-Verordnung auf die Reise zu bringen, das natürliche Wachstum von Gurken mit der Gurkenkrümmungsverordnung zu beeinflussen und – wie als Metapher für die geistige Dunkelheit des EU-Establishments – mit der Glühbirnenverordnung die Lichtquellen jedes Haushaltes zu organisieren. Die Liste dieses Karussells des Wahnsinns, das sich europäische Kommission oder Parlament schimpft, ließe sich beliebig fortsetzen. Es schwingen sich undemokratische Konstrukte auf, Probleme zu lösen, die sie selbst erst geschaffen haben. Ein Unterfangen der pragmatisierten Erfolglosigkeit.
Ein weiterer entscheidender Baumangel dieser Europäischen Union ist die Wertelosigkeit. Sie lesen richtig! Die Nationen dieses alten Kontinentes schöpfen aus einem schier unermesslichen Reservoir an Werten, aufbauend auf unserer Geschichte, unserer Kultur, unseren Traditionen, unseren Sprachen. Italien mit der Geschichte und dem Wissen des alten Roms, Griechenland mit der Philosophie der Antike, Frankreich mit seiner Aufklärung, Österreich mit Sigmund Freud und Mozart, Deutschland mit Friedrich dem Großen, Wagner, Bach oder Händel, Großbritannien mit seinem ersten demokratischen Parlament. Nicht zu vergessen ist der alle Länder durchdringende Glaube des Christentums mit seinen jüdischen Wurzeln. Und was macht das Konstrukt der Europäischen Union? Es ersetzt diese unbezahlbaren Werte, diese Inhalte unseres Daseins durch ein Diktat der substanzlosen Gleichmacherei. Als hätten wir in unseren Ländern keine Basis, als wären wir ohne Grundstein gebaut, importieren wir ausgerechnet mühsam kreierte, neuzeitliche Weltanschauungen, nicht Werte, sondern relativierbare, plumpe Weltanschauungen aus einem Land, das gegen die als Enge empfundene Kultur und Identität europäischer Nationen wie Großbritannien oder Frankreich erfolgreich revoltierte. Wir stehen auf den Säulen einer jahrtausendealten Geschichte, wurden inspiriert durch Griechenland und Rom, haben das Mittelalter durchschritten, sind in der Renaissance zu neuer Blüte gelangt, wurden mit der Aufklärung gereinigt – und kopieren allen Ernstes die USA, die sich gerade einmal 300 Jahre lang auf der Weltkarte befinden, tauschen Platon gegen Mickey Mouse, tauschen das Kolosseum gegen Disneyland und die Kulinarik Italiens oder Frankreichs gegen McDonald’s. Hinter diesen bildhaften Vergleichen verbirgt sich die wahre Tragik Europas. Wir, der alte, große Kontinent der gewachsenen Freiheit, begeben uns in eine Scheinwelt, die uns zwar Freiheit vorgaukelt, aber befreiende Identität nimmt. Und dennoch hängen die unseren Kontinent prägenden Eliten dieser Fata Morgana nach, statt vom geistigen Reichtum ihrer Nationen zu profitieren. Aber Nationen sind eben verpönt, nicht en vogue. Diesem Geist entspringt der Gedanke der Vereinigten Staaten von Europa, ein politischer Fetisch, der wiederum in einer Katastrophe und in einem Zeitalter der Unfreiheit münden wird. Fatalistisch? Nein, nur realistisch. Denn nur aus der Geschichte lernt man für die Zukunft.
Dieser ewige Drang danach, alles ebenmäßig und gleich zu machen, jeden Widerspruch niederzuwalzen, setzt sich auch gesellschaftspolitisch durch. Die vielfältigen, ja einzigartigen und befruchtenden Unterschiede zwischen den Menschen sollen getilgt werden. Alle sind wir gleich in der Unfreiheit der Schablone, beraubt unseres unterschiedlichen Denkens, unserer Bildung, unserer Talente, unserer Herkunft, unseres Geistes, unseres Charakters, durch den Genderismus unseres Geschlechtes – und am Ende unserer Zukunft. Gleichheit ist die neue Gerechtigkeit, eine das Individuum kenntlich machende Identität gibt es nicht mehr. Das enthumanisierte Es soll die neue Welt darstellen, ist das Material, aus dem die Träume gleichmacherischer Technokraten bestehen. Dieses Modell ist aus der dunklen Geschichte entliehen. Das Es gab es schon einmal im Kommunismus, im Nationalsozialismus, in der Unterdrückung, in der Sklaverei. Denn mit dem gleichgeschalteten, nur mehr nummerierten Es lässt es sich leichter regieren. In Fortsetzung dieser Strategie setzen auch die Bildungssysteme auf Gleichmacherei. In den meisten Ländern wurden die bildungspolitischen Unterscheidungen, die dazu dienen sollten, um eben jeden Menschen nach seinem eigenen Talent fördern zu können, eingeebnet. Die undifferenzierte Einheitsschule für Einheitsschüler lässt eine auf den jeweiligen Schüler abgestimmte Förderung seiner erkennbaren Talente nicht zu. Die Motivation zur Höchstleistung wird durch ein neues System erstickt, das Genie stirbt aus, der freie Geist wird nicht mehr gefordert, er verkümmert. Dies sind die nach wie vor vorherrschenden Bildungsideologien der ’68er. Jener Generation, die vorgeblich die persönliche Freiheit erkämpfte, um sie gegen die Diktatur des Relativismus einzutauschen. Am Ende bleibt nur mehr das gesichtslose Es.
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