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Nur an zwei Formen und Gesichtspunkte über die allgemeine Überzeugung, dass Vernunft in der Welt und ebenso in der Weltgeschichte geherrscht habe und herrsche, will ich erinnern, weil sie uns zugleich Veranlassung geben, den Hauptpunkt, der die Schwierigkeit ausmacht, näher zu berühren und auf das hindeuten, was wir weiter zu erwähnen haben.

Das eine ist das Geschichtliche, dass der Grieche


Anaxagoras zuerst gesagt hat, der νοῦς, der Verstand überhaupt, oder die Vernunft, regiere die Welt, – nicht eine Intelligenz als selbstbewusste Vernunft, – nicht ein Geist als solcher –, beides müssen wir sehr wohl voneinander unterscheiden. Die Bewegung des Sonnensystems erfolgt nach unveränderlichen Gesetzen: diese Gesetze sind die Vernunft desselben, aber weder die Sonne noch die Planeten, die in diesen Gesetzen um sie kreisen, haben ein Bewusstsein darüber. So ein Gedanke, dass Vernunft in der Natur ist, dass sie von allgemeinen Gesetzen unabänderlich regiert wird, frappiert uns nicht, wir sind dergleichen gewohnt und machen nicht viel daraus: ich habe auch darum jenes geschichtlichen Umstandes erwähnt, um bemerklich zu machen, dass die Geschichte lehrt, dass dergleichen, was uns trivial scheinen kann, nicht immer in der Welt gewesen, dass solcher Gedanke vielmehr Epoche in der Geschichte des menschlichen Geistes macht.


Aristoteles sagt von Anaxagoras als vom Urheber jenes Gedankens, er sei wie ein Nüchterner unter Trunkenen erschienen. Von Anaxagoras hat Sokrates diesen Gedanken aufgenommen, und er ist zunächst in der Philosophie mit Ausnahme Epikurs, der dem Zufall alle Ereignisse zuschrieb, der herrschende geworden. „Ich freute mich desselben“, lässt Plato ihn sagen, „und hoffte einen Lehrer gefunden zu haben, der mir die Natur nach der Vernunft auslegen, in dem Besonderen seinen besonderen Zweck, in dem Ganzen den allgemeinen Zweck aufzeigen würde, ich hätte diese Hoffnung um vieles nicht aufgegeben. Aber wie sehr wurde ich getäuscht, als ich nun die Schriften des Anaxagoras selbst eifrig vornahm und fand, dass er nur äußerliche Ursachen, als Luft, Äther, Wasser und dergleichen, statt der Vernunft aufführt.“ Man sieht, das Ungenügende, welches Sokrates an dem Prinzip des Anaxagoras fand, betrifft nicht das Prinzip selbst, sondern den Mangel an Anwendung desselben auf die konkrete Natur, dass diese nicht aus jenem Prinzip verstanden, begriffen ist, dass überhaupt jenes Prinzip abstrakt gehalten blieb, dass die Natur nicht als eine Entwicklung desselben, nicht als eine aus der Vernunft hervorgebrachte Organisation gefasst ist. Ich mache auf diesen Unterschied hier gleich von Anfang an aufmerksam, ob eine Bestimmung, ein Grundsatz, eine Wahrheit nur abstrakt festgehalten oder aber zur näheren Determination und zur konkreten Entwicklung fortgegangen wird. Dieser Unterschied ist durchgreifend, und unter anderem werden wir vornehmlich auf diesen Umstand am Schlusse unsrer Weltgeschichte in dem Erfassen des neuesten politischen Zustandes zurückkommen.

Das Weitere ist, dass diese Erscheinung des Gedankens, dass die Vernunft die Welt regiere, mit einer weiteren Anwendung zusammenhängt, die uns wohl bekannt ist, – in der Form der religiösen Wahrheit nämlich, dass die Welt nicht dem Zufall und äußerlichen zufälligen Ursachen preisgegeben sei, sondern eine Vorsehung die Welt regiere. Ich erklärte vorhin, dass ich nicht auf Ihren Glauben an das angegebene Prinzip Anspruch machen wolle, jedoch an den Glauben daran, in dieser religiösen Form, dürfte ich appellieren, wenn überhaupt die Eigentümlichkeit der Wissenschaft der Philosophie es zuließe, dass Voraussetzungen gelten, oder von einer andern Seite gesprochen, weil die Wissenschaft, welche wir abhandeln wollen, selbst erst den Beweis, obzwar nicht der Wahrheit, aber der Richtigkeit jenes Grundsatzes geben soll. Die Wahrheit nun, dass eine, und zwar die göttliche Vorsehung den Begebenheiten der Welt vorstehe, entspricht dem angegebenen Prinzipe, denn die göttliche Vorsehung ist die Weisheit nach unendlicher Macht, welche ihre Zwecke, das ist, den absoluten, vernünftigen Endzweck der Welt verwirklicht: die Vernunft ist das ganz frei sich selbst bestimmende Denken. Aber weiterhin tut sich nun auch die Verschiedenheit, ja der Gegensatz dieses Glaubens und unsres Prinzips gerade auf dieselbe Weise hervor wie die Forderung des Sokrates bei dem Grundsatze des Anaxagoras. Jener Glaube ist nämlich gleichfalls unbestimmt, ist, was man Glaube an die Vorsehung überhaupt nennt, und geht nicht zum Bestimmten, zur Anwendung auf das Ganze, auf den umfassenden Verlauf der Weltgeschichte fort. Die Geschichte erklären aber heißt, die Leidenschaften des Menschen, ihr Genie, ihre wirkenden Kräfte enthüllen, und diese Bestimmtheit der Vorsehung nennt man gewöhnlich ihren Plan. Dieser Plan aber ist es, welcher vor unsern Augen verborgen sein soll, ja welchen es Vermessenheit sein soll, erkennen zu wollen. Die Unwissenheit des Anaxagoras darüber, wie der Verstand sich in der Wirklichkeit offenbare, war unbefangen; das Bewusstsein des Gedankens war in ihm, und überhaupt in Griechenland, noch nicht weiter gekommen; er vermochte noch nicht sein allgemeines Prinzip auf das Konkrete anzuwenden, dieses aus jenem zu erkennen, denn Sokrates hat erst einen Schritt darin, die Vereinigung des Konkreten mit dem Allgemeinen zu erfassen, getan. Anaxagoras war somit nicht polemisch gegen solche Anwendung; jener Glaube an die Vorsehung aber ist es wenigstens gegen die Anwendung im Großen oder gegen die Erkenntnis des Plans der Vorsehung. Denn im Besondern lässt man es hie und da wohl gelten, wenn fromme Gemüter in einzelnen Vorfallenheiten nicht bloß Zufälliges, sondern Gottes Schickungen erkennen, wenn z. B. einem Individuum in großer Verlegenheit und Not unerwartet eine Hilfe gekommen ist, aber diese Zwecke selbst sind beschränkter Art, sind nur die besonderen Zwecke dieses Individuums. Wir haben es aber in der Weltgeschichte mit Individuen zu tun, welche Völker, mit Ganzen, welche Staaten sind, wir können also nicht bei jener, sozusagen, Kleinkrämerei des Glaubens an die Vorsehung stehen bleiben und ebenso wenig bei dem bloß abstrakten, unbestimmten Glauben, der nur zu dem Allgemeinen, dass es eine Vorsehung gebe, fortgehen will, aber nicht zu den bestimmteren Taten derselben. Wir haben vielmehr Ernst damit zu machen, die Wege der Vorsehung, die Mittel und Erscheinungen in der Geschichte zu erkennen, und wir haben diese auf jenes allgemeine Prinzip zu beziehen. Aber ich habe mit der Erwähnung der Erkenntnis des Plans der göttlichen Vorsehung überhaupt an eine in unsern Zeiten an Wichtigkeit obenan stehende Frage erinnert, an die nämlich, über die Möglichkeit Gott zu erkennen, oder vielmehr, indem es aufgehört hat eine Frage zu sein, an die zum Vorurteil gewordene Lehre, dass es unmöglich sei, Gott zu erkennen. Dem geradezu entgegengesetzt, was in der Heiligen Schrift als höchste Pflicht geboten wird, nicht bloß Gott zu lieben, sondern auch zu erkennen, herrscht jetzt das Geleugne dessen vor, was ebendaselbst gesagt ist, dass der Geist es sei, der in die Wahrheit einführe, dass er alle Dinge erkenne, selbst die Tiefen der Gottheit durchdringe. Indem man das göttliche Wesen jenseits unsrer Erkenntnis und der menschlichen Dinge überhaupt stellt, so erlangt man damit die Bequemlichkeit, sich in seinen eignen Vorstellungen zu ergehen. Man ist davon befreit, seiner Erkenntnis eine Beziehung auf das Göttliche und Wahre zu geben; im Gegenteil hat dann die Eitelkeit derselben und das subjektive Gefühl für sich vollkommene Berechtigung; und die fromme Demut, indem sie sich die Erkenntnis Gottes vom Leibe hält, weiß sehr wohl, was sie für ihre Willkür und eitles Treiben damit gewinnt. Ich habe deshalb die Erwähnung, dass unser Satz, die Vernunft regiere die Welt und habe sie regiert, mit der Frage von der Möglichkeit der Erkenntnis Gottes zusammenhängt, nicht unterlassen wollen, um nicht den Verdacht zu vermeiden, als ob die Philosophie sich scheue oder zu scheuen habe, an die religiösen Wahrheiten zu erinnern, und denselben aus dem Wege ginge, und zwar, weil sie gegen dieselben, sozusagen, kein gutes Gewissen habe. Vielmehr ist es in neueren Zeiten so weit gekommen, dass die Philosophie sich des religiösen Inhalts gegen manche Art von Theologie anzunehmen hat. In der christlichen Religion hat Gott sich geoffenbart, das heißt, er hat dem Menschen zu erkennen gegeben, was er ist, so dass er nicht mehr ein Verschlossenes, Geheimes ist; es ist uns mit dieser Möglichkeit, Gott zu erkennen, die Pflicht dazu auferlegt. Gott will nicht engherzige Gemüter und leere Köpfe zu seinen Kindern, sondern solche, deren Geist von sich selbst arm, aber reich an Erkenntnis seiner ist, und die in diese Erkenntnis Gottes allein allen Wert setzen. Die Entwicklung des denkenden Geistes, welche aus dieser Grundlage der Offenbarung des göttlichen Wesens ausgegangen ist, muss dazu endlich gedeihen, das, was dem fühlenden und vorstellenden Geiste zunächst vorgelegt worden, auch mit dem Gedanken zu erfassen; es muss endlich an der Zeit sein, auch diese reiche Produktion der schöpferischen Vernunft zu begreifen, welche die Weltgeschichte ist. Es war eine Zeitlang Mode, Gottes Weisheit in Tieren, Pflanzen, einzelnen Schicksalen zu bewundern. Wenn zugegeben wird, dass die Vorsehung sich in solchen Gegenständen und Stoffen offenbare, warum nicht auch in der Weltgeschichte? Dieser Stoff scheint zu groß. Aber die göttliche Weisheit, d. i. die Vernunft, ist eine und dieselbe im Großen wie im Kleinen, und wir müssen Gott nicht für zu schwach halten, seine Weisheit aufs große anzuwenden. Unsre Erkenntnis geht darauf, die Einsicht zu gewinnen, dass das von der ewigen Weisheit Bezweckte, wie auf dem Boden der Natur, so auf dem Boden des in der Welt wirklichen und tätigen Geistes, herausgekommen ist. Unsre Betrachtung ist insofern eine Theodizee, eine Rechtfertigung Gottes, welche


Leibniz metaphysisch auf seine Weise in noch unbestimmten, abstrakten Kategorien versucht hat, so dass das Übel in der Welt begriffen, der denkende Geist mit dem Bösen versöhnt werden sollte. In der Tat liegt nirgend eine größere Aufforderung zu solcher versöhnenden Erkenntnis als in der Weltgeschichte. Diese Aussöhnung kann nur durch die Erkenntnis des Affirmativen erreicht werden, in welchem jenes Negative zu einem Untergeordneten und Überwundenen verschwindet, durch das Bewusstsein, teils was in Wahrheit der Endzweck der Welt sei, teils dass derselbe in ihr verwirklicht worden sei, und nicht das Böse neben ihm sich letztlich geltend gemacht habe. Hierfür aber genügt der bloße Glaube an den νοῦς und die Vorsehung noch keineswegs. Die Vernunft, von der gesagt worden, dass sie in der Welt regiere, ist ein ebenso unbestimmtes Wort als die Vorsehung, – man spricht immer von der Vernunft, ohne eben angeben zu können, was denn ihre Bestimmung, ihr Inhalt ist, wonach wir beurteilen können, ob etwas vernünftig ist, ob unvernünftig. Die Vernunft in ihrer Bestimmung gefasst, dies ist erst die Sache; das andere, wenn man ebenso bei der Vernunft überhaupt stehen bleibt, das sind nur Worte. Mit diesen Angaben gehen wir zu dem zweiten Gesichtspunkte über, den wir in dieser Einleitung betrachten wollen.

II. Die Frage, was die Bestimmung der Vernunft an ihr selbst sei, fällt, insofern die Vernunft in Beziehung auf die Welt genommen wird, mit der Frage zusammen, was der Endzweck der Welt sei; näher liegt in diesem Ausdruck, dass derselbe realisiert, verwirklicht werden soll. Es ist daran zweierlei zu erwägen, der Inhalt dieses Endzwecks, die Bestimmung selbst als solche, und die Verwirklichung derselben.

Zuerst müssen wir beachten, dass unser Gegenstand, die Weltgeschichte, auf dem geistigen Boden vorgeht. Welt begreift die physische und psychische Natur in sich; die physische Natur greift gleichfalls in die Weltgeschichte ein, und wir werden schon im Anfange auf diese Grundverhältnisse der Naturbestimmung aufmerksam machen. Aber der Geist und der Verlauf seiner Entwicklung ist das Substantielle. Die Natur haben wir hier nicht zu betrachten, wie sie an ihr selbst gleichfalls ein System der Vernunft ist, in einem besonderen, eigentümlichen Elemente, sondern nur relativ auf den Geist. Der Geist ist aber auf dem Theater, auf dem wir ihn betrachten, in der Weltgeschichte, in seiner konkretesten Wirklichkeit; dessen ungeachtet aber, oder vielmehr um von dieser Weise seiner konkreten Wirklichkeit auch das Allgemeine zu fassen, müssen wir von der Natur des Geistes zuvörderst einige abstrakte Bestimmungen vorausschicken. Doch kann dies hier mehr nur behauptungsweise geschehen, und ist hier nicht der Ort, die Idee des Geistes spekulativ zu entwickeln, denn was in einer Einleitung gesagt werden kann, ist überhaupt als historisch, wie schon bemerkt, als eine Voraussetzung zu nehmen, die entweder anderwärts ihre Ausführung und ihren Erweis erhalten hat oder in der Folge der Abhandlung der Wissenschaft der Geschichte erst ihre Beglaubigung empfangen soll.

Wir haben also hier anzugeben:

a) die abstrakten Bestimmungen der Natur des Geistes;

b) welche Mittel der Geist braucht, um seine Idee zu realisieren;

c) endlich ist die Gestalt zu betrachten, welche die vollständige Realisierung des Geistes im Dasein ist, – der Staat.

a) Die Natur des Geistes lässt sich durch den vollkommenen Gegensatz desselben erkennen. Wie die Substanz der Materie die Schwere ist, so, müssen wir sagen, ist die Substanz, das Wesen des Geistes die Freiheit. Jedem ist es unmittelbar glaublich, dass der Geist auch unter andern Eigenschaften die Freiheit besitze; die Philosophie aber lehrt uns, dass alle Eigenschaften des Geistes nur durch die Freiheit bestehen, alle nur Mittel für die Freiheit sind, alle nur diese suchen und hervorbringen; es ist dies eine Erkenntnis der spekulativen Philosophie, dass die Freiheit das einzige Wahrhafte des Geistes sei. Die Materie ist insofern schwer, als sie nach einem Mittelpunkte treibt: sie ist wesentlich zusammengesetzt, sie besteht außer einander, sie sucht ihre Einheit und sucht also sich selbst aufzuheben, sucht ihr Gegenteil; wenn sie dieses erreichte, so wäre sie keine Materie mehr, sondern sie wäre untergegangen: sie strebt nach Idealität, denn in der Einheit ist sie ideell. Der Geist im Gegenteil ist eben das, in sich den Mittelpunkt zu haben, er hat nicht die Einheit außer sich, sondern er hat sie gefunden; er ist in sich selbst und bei sich selbst. Die Materie hat ihre Substanz außer ihr; der Geist ist das Bei-sich-selbst-sein. Dies eben ist die Freiheit, denn wenn ich abhängig bin, so beziehe ich mich auf ein anderes, das ich nicht bin; ich kann nicht sein ohne ein Äußeres; frei bin ich, wenn ich bei mir selbst bin. Dieses Beisichselbstsein des Geistes ist Selbstbewusstsein, das Bewusstsein von sich selbst. Zweierlei ist zu unterscheiden im Bewusstsein, erstens, dass ich weiß, und zweitens, was ich weiß. Beim Selbstbewusstsein fällt beides zusammen, denn der Geist weiß sich selbst, er ist das Beurteilen seiner eignen Natur, und er ist zugleich die Tätigkeit, zu sich zu kommen und so sich hervorzubringen, sich zu dem zu machen, was er an sich ist. Nach dieser abstrakten Bestimmung kann von der Weltgeschichte gesagt werden, dass sie die Darstellung des Geistes sei, wie er sich das Wissen dessen, was er an sich ist, erarbeitet, und wie der Keim die ganze Natur des Baumes, den Geschmack, die Form der Früchte in sich trägt, so enthalten auch schon die ersten Spuren des Geistes virtualiter die ganze Geschichte. Die Orientalen wissen es noch nicht, dass der Geist oder der Mensch als solcher an sich frei ist; weil sie es nicht wissen, sind sie es nicht; sie wissen nur, dass Einer frei ist, aber ebendarum ist solche Freiheit nur Willkür, Wildheit, Dumpfheit der Leidenschaft oder auch eine Milde, Zahmheit derselben, die selbst nur ein Naturzufall oder eine Willkür ist. Dieser Eine ist darum nur ein Despot, nicht ein freier Mann. – In den Griechen ist erst das Bewusstsein der Freiheit aufgegangen, und darum sind sie frei gewesen, aber sie, wie auch die Römer, wussten nur, dass einige frei sind, nicht der Mensch, als solcher. Dies wusste selbst Plato und Aristoteles nicht. Darum haben die Griechen nicht nur Sklaven gehabt, und ist ihr Leben und der Bestand ihrer schönen Freiheit daran gebunden gewesen, sondern auch ihre Freiheit war selbst teils nur eine zufällige, vergängliche und beschränkte Blume, teils zugleich eine harte Knechtschaft des Menschlichen, des Humanen. – Erst die germanischen Nationen sind im Christentum zum Bewusstsein gekommen, dass der Mensch als Mensch frei, die Freiheit des Geistes seine eigenste Natur ausmacht; dies Bewusstsein ist zuerst in der Religion, in der innersten Region des Geistes aufgegangen; aber dieses Prinzip auch in das weltliche Wesen einzubilden, das war eine weitere Aufgabe, welche zu lösen und auszuführen eine schwere lange Arbeit der Bildung erfordert. Mit der Annahme der christlichen Religion hat z. B. nicht unmittelbar die Sklaverei aufgehört, noch weniger ist damit sogleich in den Staaten die Freiheit herrschend, sind die Regierungen und Verfassungen auf eine vernünftige Weise organisiert oder gar auf das Prinzip der Freiheit gegründet worden. Diese Anwendung des Prinzips auf die Weltlichkeit, die Durchbildung und Durchdringung des weltlichen Zustandes durch dasselbe ist der lange Verlauf, welcher die Geschichte selbst ausmacht. Auf diesen Unterschied des Prinzips als eines solchen und seiner Anwendung, das ist, Einführung und Durchführung in der Wirklichkeit des Geistes und Lebens, habe ich schon aufmerksam gemacht; er ist eine Grundbestimmung in unsrer Wissenschaft und wesentlich im Gedanken festzuhalten. Wie nun dieser Unterschied in Ansehung des christlichen Prinzips des Selbstbewusstseins, der Freiheit, hier vorläufig herausgehoben worden, so findet er auch wesentlich statt in Ansehung des Prinzips der Freiheit überhaupt. Die Weltgeschichte ist der Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit, – ein Fortschritt, den wir in seiner Notwendigkeit zu erkennen haben.

Mit dem, was ich im allgemeinen über den Unterschied des Wissens von der Freiheit gesagt habe, und zwar zunächst in der Form, dass die Orientalen nur gewusst haben, dass Einer frei, die griechische und römische Welt aber, dass einige frei sind, dass wir aber wissen, alle Menschen an sich, das heißt der Mensch als Mensch sei frei, ist auch zugleich die Einteilung der Weltgeschichte und die Art, in der wir sie abhandeln werden, angegeben. Dies ist jedoch nur im Vorbeigehen vorläufig bemerkt; wir haben vorher noch einige Begriffe zu explizieren.

Es ist also, als die Bestimmung der geistigen Welt, und indem diese die substantielle Welt ist und die physische ihr untergeordnet bleibt, oder im spekulativen Ausdruck, keine Wahrheit gegen die erste hat, – als der Endzweck der Welt, das Bewusstsein des Geistes von seiner Freiheit und eben damit die Wirklichkeit seiner Freiheit überhaupt angegeben worden. Dass aber diese Freiheit, wie sie angegeben wurde, selbst noch unbestimmt und ein unendlich vieldeutiges Wort ist, dass sie, indem sie das Höchste ist, unendlich viele Missverständnisse, Verwirrungen und Irrtümer mit sich führt und alle möglichen Ausschweifungen in sich begreift, dies ist etwas, was man nie besser gewusst und erfahren hat als in jetziger Zeit; aber wir lassen es hier zunächst bei jener allgemeinen Bestimmung bewenden. Ferner wurde auf die Wichtigkeit des unendlichen Unterschieds zwischen dem Prinzip, zwischen dem, was nur erst an sich, und zwischen dem, was wirklich ist, aufmerksam gemacht. Zugleich ist es die Freiheit in ihr selbst, welche die unendliche Notwendigkeit in sich schließt, eben sich zum Bewusstsein, – denn sie ist, ihrem Begriff nach, Wissen von sich, – und damit zur Wirklichkeit zu bringen: Sie ist sich der Zweck, den sie ausführt, und der einzige Zweck des Geistes. Dieser Endzweck ist das, worauf in der Weltgeschichte hingearbeitet worden, dem alle Opfer auf dem weiten Altar der Erde und in dem Verlauf der langen Zeit gebracht worden. Dieser ist es allein, der sich durchführt und vollbringt, das allein Ständige in dem Wechsel aller Begebenheiten und Zustände, so wie das wahrhaft Wirksame in ihnen. Dieser Endzweck ist das, was Gott mit der Welt will, Gott aber ist das Vollkommenste und kann darum nichts als sich selbst, seinen eignen Willen wollen. Was aber die Natur seines Willens, d. h. seine Natur überhaupt ist, dies ist es, was wir, indem wir die religiöse Vorstellung in Gedanken fassen, hier die Idee der Freiheit nennen. Die jetzt aufzuwerfende unmittelbare Frage kann nur die sein: Welche Mittel gebraucht sie zu ihrer Realisation? Dies ist das zweite, was hier zu betrachten ist.

b) Diese Frage nach den Mitteln, wodurch sich die Freiheit zu einer Welt hervorbringt, führt uns in die Erscheinung der Geschichte selbst. Wenn die Freiheit als solche zunächst der innere Begriff ist, so sind die Mittel dagegen ein Äußerliches, das Erscheinende, das in der Geschichte unmittelbar vor die Augen tritt und sich darstellt. Die nächste Ansicht der Geschichte überzeugt uns, dass die Handlungen der Menschen von ihren Bedürfnissen, ihren Leidenschaften, ihren Interessen, ihren Charakteren und Talenten ausgehen, und zwar so, dass es in diesem Schauspiel der Tätigkeit nur die Bedürfnisse, Leidenschaften, Interessen sind, welche als die Triebfedern erscheinen und als das Hauptwirksame vorkommen. Wohl liegen darin auch allgemeine Zwecke, ein Guteswollen, edle Vaterlandsliebe; aber diese Tugenden und dieses Allgemeine stehen in einem unbedeutenden Verhältnisse zur Welt und zu dem, was sie erschafft. Wir können wohl die Vernunftbestimmung in diesen Subjekten selbst und in den Kreisen ihrer Wirksamkeit realisiert sehen, aber sie sind in einem geringen Verhältnis zu der Masse des Menschengeschlechts; ebenso ist der Umfang des Daseins, den ihre Tugenden haben, relativ von geringer Ausdehnung. Die Leidenschaften dagegen, die Zwecke des partikularen Interesses, die Befriedigung der Selbstsucht, sind das Gewaltigste; sie haben ihre Macht darin, dass sie keine der Schranken achten, welche das Recht und die Moralität ihnen setzen wollen, und dass diese Naturgewalten dem Menschen unmittelbar näher liegen als die künstliche und langwierige Zucht zur Ordnung und Mäßigung, zum Rechte und zur Moralität. Wenn wir dieses Schauspiel der Leidenschaften betrachten und die Folgen ihrer Gewalttätigkeit, des Unverstandes erblicken, der sich nicht nur zu ihnen, sondern selbst auch und sogar vornehmlich zu dem, was gute Absichten, rechtliche Zwecke sind, gesellt, wenn wir daraus das Übel, das Böse, den Untergang der blühendsten Reiche, die der Menschengeist hervorgebracht hat, sehen, so können wir nur mit Trauer über diese Vergänglichkeit überhaupt erfüllt werden, und indem dieses Untergehen nicht nur ein Werk der Natur, sondern des Willens der Menschen ist, mit einer moralischen Betrübnis, mit einer Empörung des guten Geistes, wenn ein solcher in uns ist, über solches Schauspiel enden. Man kann jene Erfolge ohne rednerische Übertreibung, bloß mit richtiger Zusammenstellung des Unglücks, das das Herrlichste an Völkern und Staatengestaltungen wie an Privattugenden erlitten hat, zu dem furchtbarsten Gemälde erheben und ebenso damit die Empfindung zur tiefsten, ratlosesten Trauer steigern, welcher kein versöhnendes Resultat das Gegengewicht hält, und gegen die wir uns etwa nur dadurch befestigen, oder dadurch aus ihr heraustreten, indem wir denken: es ist nun einmal so gewesen; es ist ein Schicksal; es ist nichts daran zu ändern; und dann, dass wir aus der Langenweile, welche uns jene Reflexion der Trauer machen könnte, zurück in unser Lebensgefühl, in die Gegenwart unsrer Zwecke und Interessen, kurz in die Selbstsucht zurücktreten, welche am ruhigen Ufer steht und von da aus sicher des fernen Anblicks der verworrenen Trümmermasse genießt. Aber auch indem wir die Geschichte als diese Schlachtbank betrachten, auf welcher das Glück der Völker, die Weisheit der Staaten und die Tugend der Individuen zum Opfer gebracht worden, so entsteht dem Gedanken notwendig auch die Frage, wem, welchem Endzwecke diese ungeheuersten Opfer gebracht worden sind. Von hier aus geht gewöhnlich die Frage nach dem, was wir zum allgemeinen Anfange unsrer Betrachtung gemacht; von demselben aus haben wir die Begebenheiten, die uns jenes Gemälde für die trübe Empfindung und für die darüber sinnende Reflexion darbieten, sogleich als das Feld bestimmt, in welchem wir nur die Mittel sehen wollen für das, was wir behaupten, dass es die substantielle Bestimmung, der absolute Endzweck, oder was dasselbe ist, dass es das wahrhafte Resultat der Weltgeschichte sei. Wir haben es von Anfang an überhaupt verschmäht, den Weg der Reflexionen einzuschlagen, von jenem Bilde des Besonderen zum allgemeinen aufzusteigen; ohnehin ist es auch nicht das Interesse jener gefühlvollen Reflexionen selbst, sich wahrhaft über diese Empfindungen zu erheben und die Rätsel der Vorsehung, welche in jenen Betrachtungen aufgegeben worden sind, zu lösen. Es ist vielmehr das Wesen derselben, sich in den leeren, unfruchtbaren Erhabenheiten jenes negativen Resultats trübselig zu gefallen. Wir kehren also zum Standpunkte, den wir genommen, zurück, und die Momente, die wir darüber anführen wollen, werden auch die wesentlichen Bestimmungen für die Beantwortung der Fragen, die aus jenem Gemälde hervorgehen können, enthalten.

Das erste, was wir bemerken, ist das, was wir schon oft gesagt haben, was aber, sobald es auf die Sache ankommt, nicht oft genug wiederholt werden kann, dass das, was wir Prinzip, Endzweck, Bestimmung, oder die Natur und den Begriff des Geistes genannt haben, nur ein Allgemeines, Abstraktes ist. Prinzip, so auch Grundsatz, Gesetz ist ein Inneres, das als solches, so wahr es auch in ihm ist, nicht vollständig wirklich ist. Zwecke, Grundsätze usf. sind in unsern Gedanken, erst in unsrer inneren Absicht, aber noch nicht in der Wirklichkeit. Was an sich ist, ist eine Möglichkeit, ein Vermögen, aber noch nicht aus seinem Inneren zur Existenz gekommen. Es muss ein zweites Moment für die Wirklichkeit hinzukommen, und dies ist die Betätigung, Verwirklichung, und deren Prinzip ist der Wille, die Tätigkeit des Menschen überhaupt. Es ist nur durch diese Tätigkeit, dass jener Begriff sowie die an sich seienden Bestimmungen realisiert, verwirklicht werden, denn sie gelten nicht unmittelbar durch sich selbst. Die Tätigkeit, welche sie ins Werk und Dasein setzt, ist des Menschen Bedürfnis, Trieb, Neigung und Leidenschaft. Daran, dass ich etwas zur Tat und zum Dasein bringe, ist mir viel gelegen, ich muss dabei sein, ich will durch die Vollführung befriedigt werden. Ein Zweck, für welchen ich tätig sein soll, muss auf irgendeine Weise auch mein Zweck sein; ich muss meinen Zweck zugleich dabei befriedigen, wenn der Zweck, für welchen ich tätig bin, auch noch viele andere Seiten hat, nach denen er mich nichts angeht. Dies ist das unendliche Recht des Subjekts, dass es sich selbst in seiner Tätigkeit und Arbeit befriedigt findet. Wenn die Menschen sich für etwas interessieren sollen, so müssen sie sich selbst darin haben und ihr eignes Selbstgefühl darin befriedigt finden. Man muss einen Missverstand hierbei vermeiden: man tadelt es und sagt in einem üblen Sinne mit Recht von einem Individuum, es sei überhaupt interessiert, das heißt, es suche nur seinen Privatvorteil. Wenn wir dieses tadeln, so meinen wir, es suche diesen Privatvorteil ohne Gesinnung für den allgemeinen Zweck, bei dessen Gelegenheit es sich um jenen abmüht, oder gar, indem es das Allgemeine aufopfert; aber wer tätig für eine Sache ist, der ist nicht nur interessiert überhaupt, sondern interessiert dabei. Die Sprache drückt diesen Unterschied richtig aus. Es geschieht daher nichts, wird nichts vollbracht, ohne dass die Individuen, die dabei tätig sind, auch sich befriedigen; sie sind partikulare Menschen, das heißt, sie haben besondere, ihnen eigentümliche Bedürfnisse, Triebe, Interessen überhaupt: unter diesen Bedürfnissen ist nicht nur das des eignen Bedürfnisses und Willens, sondern auch der eignen Einsicht, Überzeugung, oder wenigstens des Dafürhaltens der Meinung, wenn anders schon das Bedürfnis des Räsonnements, des Verstandes, der Vernunft erwacht ist. Dann verlangen die Menschen auch, wenn sie für eine Sache tätig sein sollen, dass die Sache ihnen überhaupt zusage, dass sie mit ihrer Meinung, es sei von der Güte derselben, ihrem Rechte, Vorteil, ihrer Nützlichkeit, dabei sein können. Dies ist besonders ein wesentliches Moment unsrer Zeit, wo die Menschen wenig mehr durch Zutrauen und Autorität zu etwas herbeigezogen werden, sondern mit ihrem eignen Verstande, selbständiger Überzeugung und Dafürhalten den Anteil ihrer Tätigkeit einer Sache widmen wollen.

So sagen wir also, dass überhaupt nichts ohne das Interesse derer, welche durch ihre Tätigkeit mitwirkten, zustande gekommen ist, und indem wir ein Interesse eine Leidenschaft nennen, insofern die ganze Individualität mit Hintenansetzung aller andern Interessen und Zwecke, die man auch hat und haben kann, mit allen ihr innewohnenden Adern von Wollen sich in einen Gegenstand legt, in diesen Zweck alle ihre Bedürfnisse und Kräfte konzentriert, so müssen wir überhaupt sagen, dass nichts Großes in der Welt ohne Leidenschaft vollbracht worden ist. Es sind zwei Momente, die in unsern Gegenstand eintreten; das eine ist die Idee, das andere sind die menschlichen Leidenschaften; das eine ist der Zettel, das andere der Einschlag des großen Teppichs der vor uns ausgebreiteten Weltgeschichte. Die konkrete Mitte und Vereinigung beider ist die sittliche Freiheit im Staate. Von der Idee der Freiheit als der Natur des Geistes und dem absoluten Endzweck der Geschichte ist die Rede gewesen. Leidenschaft wird als etwas angesehen, das nicht recht ist, das mehr oder weniger schlecht ist: Der Mensch soll keine Leidenschaften haben. Leidenschaft ist auch nicht ganz das passende Wort für das, was ich hier ausdrücken will. Ich verstehe hier nämlich überhaupt die Tätigkeit des Menschen aus partikularen Interessen, aus speziellen Zwecken, oder wenn man will, selbstsüchtigen Absichten, und zwar so, dass sie in diese Zwecke die ganze Energie ihres Wollens und Charakters legen, ihnen anderes, das auch Zweck sein kann, oder vielmehr alles andere aufopfern. Dieser partikulare Inhalt ist so eins mit dem Willen des Menschen, dass er die ganze Bestimmtheit desselben ausmacht und untrennbar von ihm ist; er ist dadurch das, was er ist. Denn das Individuum ist ein solches, das da ist, nicht Mensch überhaupt, denn der existiert nicht, sondern ein bestimmter. Charakter drückt gleichfalls diese Bestimmtheit des Willens und der Intelligenz aus. Aber Charakter begreift überhaupt alle Partikularitäten in sich, die Weise des Benehmens in Privatverhältnissen usf., und ist nicht diese Bestimmtheit als in Wirksamkeit und Tätigkeit gesetzt. Ich werde also Leidenschaft sagen und somit die partikulare Bestimmtheit des Charakters verstehen, insofern diese Bestimmtheiten des Wollens nicht einen privaten Inhalt nur haben, sondern das Treibende und Wirkende allgemeiner Taten sind. Leidenschaft ist zunächst die subjektive, insofern formelle Seite der Energie, des Willens und der Tätigkeit, wobei der Inhalt oder Zweck noch unbestimmt bleibt; ebenso ist es bei dem eignen Überzeugtsein, bei der eignen Einsicht und bei dem eignen Gewissen. Es kommt immer darauf an, welchen Inhalt meine Überzeugung hat, welchen Zweck meine Leidenschaft, ob der eine oder der andere wahrhafter Natur ist. Aber umgekehrt, wenn er dies ist, so gehört dazu, dass er in die Existenz trete, wirklich sei.

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9783753192512
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