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Читать книгу: «LUME - Wo das Licht den Schnee berührt», страница 3

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5. Kapitel

Lukas Ich stehe an der Bushaltestelle und warte auf den Stadtbus. Ich weiß noch nicht, ob ich jetzt nach Hause oder direkt in die Buchhandlung fahren soll. Sie waren so von mir überzeugt, dass ich am gleichen Tag meines Probetags sofort den Vertrag unterzeichnen darf.

Bringt es mir überhaupt noch was, weiterhin diese Schule zu besuchen? Doch ich entscheide mich für ja. Schließlich ist es noch gar nicht sicher, dass mir der Job auch wirklich gefällt.

Als ich aus dem Augenwinkel jemanden auf mich zukommen sehe, erstarre ich vor Schreck. Es ist sie.

Melissa Ich gehe zur Bushaltestelle. Dieses Mal warte ich jedoch auf den Stadtbus. Ich möchte mir ja schließlich neue Bücher kaufen, Taschengeld dafür habe ich noch genug. Allerdings erstarre ich, als ich ihn sehe. Lukas. Er steht ganz alleine am äußeren Rand des Haltestellenhäuschens und sieht zu mir herüber.

Ich setze mich auf die Sitzflächen im Wartehäuschen. Eva Maria und Helena überqueren gerade die Straße weiter vorne und winken mir zum Abschied zu. Ich erwidere die Geste.

Lukas Da sitzt sie. Schräg hinter mir. Und sie verabschiedet sich von ihren Freundinnen. Soll ich etwas zu ihr sagen? Ja! Nein. Ich weiß nicht, was. Vielleicht „Hallo“?

Ich halte den Atem an und wäge in meinem Kopf alle Vor- und Nachteile meiner potentiellen Handlungen ab. Schließlich überwiegt die positive Seite fürs Ansprechen und sonst bin ich doch auch nicht so schüchtern. Ich nehme all meinen Mut zusammen und drehe mich zu ihr um. „Hallo.“

Melissa Ich erstarre vor Schreck. Hat er mich gerade angesprochen? JA! Ich öffne schon meinen Mund, um zu antworten, als plötzlich mein Handy klingelt. Sofort gehe ich ran.

„Hallo?“

Vor lauter Aufregung habe ich beim Annehmen gar nicht aufs Display geschaut. Die Hand, die mein Handy hält, zittert wie verrückt.

„Hallo Schatz, hier ist Mama!“

Lukas „Oh hey, Mama! Was gibt’s?“, statt mir zu antworten, redet sie nun mit ihrer Mutter.

Ich lasse den Kopf hängen. Es hätte funktionieren können. Wir hätten jetzt zum ersten Mal miteinander reden können, aber leider hat sich das Smartphone gerade eher als Fluch erwiesen, als das Gegenteil zu beweisen. Dafür höre ich jetzt zum ersten Mal ihre Stimme. Klar und deutlich, als würde sie mit mir sprechen. Nur die Geräusche der vorbeifahrenden Autos übertönen ab und zu ihren Klang. Es ist eine Stimme, die ich immer hören könnte. Sie wirkt so beruhigend auf mich, als würde sie ein Lied singen, das mich fröhlich sein lässt. Sollte ich je eine Band gründen, müsste sie die Frontsängerin werden. Ich würde sie gerne mal singen hören. Wenn ihre Stimme beim Sprechen schon so klingt, wie wäre das dann erst singend auf einer Bühne?

„Okay, mache ich.“ Pause. „Ja, ist kein Problem. Dann gehe ich eben morgen in den Buchladen.“

Hat sie etwa gerade „Buchladen“ gesagt?

Melissa Ein wenig traurig lege ich auf. Ich hatte mich schon so auf das Bücher-Shopping gefreut. Aber Mama muss länger arbeiten und jemand muss meine kleine Schwester vom Kindergarten abholen. Mein Vater ist auf Geschäftsreise. Also ist es für heute meine Aufgabe. Unsicher sehe ich zu Lukas hinüber. Er sieht auf die Straße und wirkt abwesend.

Ich höre das vertraute Geräusch eines Busses. Es sind sogar beide. Erst mein Linienbus nach Eisenthal, dann der Stadtbus in Richtung Stadtmitte Flussbergs. Lukas hat sie auch bemerkt.

Ich stehe auf und gehe wackelig Richtung Bürgersteigkante. Dadurch stehe ich direkt neben dem süßen Jungen. Er sieht mich an. Mein Bus kommt direkt mit quietschenden Reifen vor mir zum Stehen, der Stadtbus steht noch hinter der roten Ampel.

Die Bustür öffnet sich ratternd, doch vor dem Einsteigen zögere ich und sehe nochmal zu Lukas. „Hallo“, sage ich direkt zu ihm und lächle. Dann steige ich ein.


6. Kapitel

Lukas Es ist Dienstag und ich bin gestern ein tolles Stück vorangekommen. Sie hat mit mir geredet! Zwar nur ein Wort, aber immerhin. „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!“

Ich blicke auf die Uhr. Nur noch zwei Stunden, dann ist der Unterricht für heute zu Ende. Dann fahre ich in die Stadt und beginne mit meinem Probetag. Aber jetzt ist erstmal Französisch dran. Meine erste Stunde mit der neuen Sprache.

Melissa Heute kann ich endlich Bücher einkaufen! Meine Mutter hat es mir versprochen, dafür, dass ich gestern wegen Clara ausgeholfen habe.

Voller Aufregung stehe ich wieder an der Bushaltestelle, doch von Lukas fehlt jede Spur. Dafür sind Eva Maria und Helena da. Sie begleiten mich in die Stadt.

„Ich freue mich schon aufs Wochenende“, sagt Helena aufgeregt.

„Warum das?“, fragt Eva Maria.

„Da feiere ich meine Geburtstagsparty!“

„Coool!“, Eva Maria und ich freuen uns für unsere neue Freundin.

„Ja, hihi. Was haltet ihr am Samstag von einer Übernachtungsparty bei mir? Nur wir drei?“

Mein Herz hüpft vor Begeisterung. Eva Maria und ich sagen aber erstmal zögernd zu. Ich muss zunächst noch meine Eltern fragen. Schließlich war ich noch nie über Nacht von zu Hause weg. Helena stellt das als Antwort auf ihre überraschende Einladung vollkommen zufrieden.

Lukas „Jetzt müssen wir die neuen Bücher auspacken. Magst du mir dabei helfen, Lukas?“

„Natürlich!“, juble ich fast, nehme meiner Kollegin Jessica, die mich anlernt, den Karton aus der Hand und trage ihn selbst nach oben.

„Schön, dass wir jetzt einen so starken Mann an unserer Seite haben.“ Offenbar sind ihr meine Armmuskeln aufgefallen, die ich mir jahrelang im Fitnessstudio antrainiert habe.

Ich grinse vergnügt. „Ich helfe, wo ich kann.“

Melissa Ich betrete den Buchladen und sauge sofort die Luft in mich ein. Ich liebe den Geruch von Büchern!

In der Abteilung für Jugendbücher schaue ich mir die Covers an, die nach einem Liebespaar aussehen. Es gibt sogar eine ganze Menge davon. Schnell habe ich einen Stapel von fünf unterschiedlichen Büchern in meinen Armen, jedes mit einer anderen Liebesgeschichte.

Voller Stolz über meine Ausbeute, schlendere ich zur Kasse, dabei weiche ich auch einigen Kunden aus, die in die ausgelegten Bücher vertieft sind. An der Kasse angekommen, lasse ich vor Überraschung fast meine Bücher fallen. Lukas steht hinter dem Tresen!

Lukas „Wenn du die Bücher abgescannt hast, werden die Preise sofort angezeigt. Du musst dann zunächst dem Kunden nur den Endpreis laut vorlesen und ihm unseren aktuellen Katalog anbieten. Verstanden?“

Ich nicke, als Jessica ihre Erklärung beendet. Sie zeigt auf den Stapel mit den dicken Heftchen. Unsere Neuerscheinungen, zusammengefasst in einem Bildband. „Oh, perfekt! Da ist ja schon die erste Kundin, bei der du jetzt üben kannst!“, ruft meine junge Einweiserin entzückt.

Ich schaue auf.

Melissa Er läuft rot an, als er mich erkennt. Rot wie die Ampel vor unserer Haltestelle. Jedoch bin ich mir ziemlich sicher, dass meine Gesichtsfarbe auch nicht aus anderen Farben besteht.

„Hi“, bringe ich nur heraus.

Lukas „Hi“, antworte ich.

Sie legt die Bücher auf den Tresen und sieht mich erwartungsvoll an.

„So, Lukas. Jetzt scannst du jedes einzelne Buch ab.“

Ich befolge Jessicas Befehl mit zitternden Händen. Es ärgert mich, dass mich das Mädchen so sieht. Ich hätte gern noch mehr Übung gehabt, bevor sie bei uns einkauft. Trotz meiner hart trainierten Muskeln komme ich mir nun wie ein schwacher Jüngling vor.

Melissa Er scannt problemlos jedes meiner neuen Bücher ab und verhaspelt sich bei der Aussprache des Preises, was er durch ein Lächeln, Räuspern und erneutes Aussprechen wieder wettmacht. Ich lächle ihn schüchtern an und strecke ihm die genannten 60,45 € in Scheinen und Münzen entgegen. Er lächelt verlegen zurück und gibt mir das Wechselgeld raus, stets unter Anweisungen der Dame neben ihm.

„Danke für deinen Einkauf“, sagt er schließlich.

Mein Lächeln wird breiter. „Gerne.“

Lukas Als sie gegangen ist, ergattere ich gleich eine Standpauke von Jessica. Ich habe den Katalog vergessen und ich solle die Kundschaft gefälligst siezen.

„Ich kenne sie“, sage ich nur und rechtfertige damit meine Tat.

Jessica lächelt. „Ja? Das habe ich mir schon fast gedacht.“


7. Kapitel

Melissa Heute ist Mittwoch und wir haben Nachmittagsunterricht mit Leichtathletik. Ich bin erleichtert. Ein weiteres Mal. Ich frage mich nur, wie lange noch. Eva Maria, Helena und ich bilden bei der Aufwärmübung ein Team. Ich schiele immer wieder zum Fenster, wo letzte Woche die Jungs waren. Doch heute ist alles still.

Lukas Herr Hofer wiederholt gerade die Buchungssätze. Meine Noten waren bei diesem Thema nie schlecht, daher habe ich kein schlechtes Gewissen, als ich ihn und den Unterricht fast vollständig ausblende.

Ich sehe runter zum Sportplatz und beobachte jede ihrer Bewegungen. Langsam habe ich wirklich das Gefühl, als wäre ich besessen von ihr.

„Lukas! Wenn der Kunde unsere Rechnung begleicht, wie lautet dann der Buchungssatz?“

Prompt werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Herr Hofer kennt mich, er weiß leider ganz genau, wann ich abwesend bin.

Ich schaue meinen Lehrer kurz verwirrt an, bin aber schnell wieder bei der Sache. „Bank an Forderungen. Bank wird im Soll mehr, Forderung wird im Haben weniger. Beide sind Aktivkonten.“

Mein Lehrer ist sichtlich zufrieden. „Sehr gut, Lukas.“

Er schreibt meinen eben gesagten Buchungssatz an die Tafel. Als er fertig ist, dreht er sich erneut um. „Ihr habt euch jetzt eine Pause verdient. Ich muss schnell etwas erledigen.“

Ehe ich begreife, was er gesagt hat, ist er aus dem Klassenzimmer verschwunden und die anderen Jungs reißen wieder die Fenster auf.

Melissa Ich laufe los, zähle meine Schritte mit, springe genau vor der Linie ab und schwebe kurzzeitig in der Luft.

Als ich lande, kommt sofort meine Lehrerin auf mich zu und misst die Stelle, auf der ich angekommen bin. „2,40 Meter, ganz okay“, sagt sie nur.

Ich glaube, sie hat schon bemerkt, dass Schulsport nicht wirklich zu meinen Talenten gehört. Ich lache in mich hinein. Schließlich ist das eine Erkenntnis, die ich selbst schon vor Jahren gemacht habe.

Plötzlich höre ich Pfeiftöne aus Richtung der Fenster. Es sind schon wieder die lästigen Jungs aus der 13.

Lukas Ich verstecke mich hinter Markus.

„Warum willst du eigentlich nicht, dass sie dich sieht?“

Ich schlucke. „Ich will nicht mit den Idioten da neben mir gleichgestellt werden“, flüsterte ich Markus zu.

Doch ich bereue mein anscheinend doch nicht so leises Flüstern sofort.

„Wen nennst du hier einen Idioten?“, fragt plötzlich eine Stimme von weiter vorne. Sie gehört Leon, der sich wie ein stolzer Gockel vor mir aufstellt und die Brust rausdrückt, als müsse er mit mir einen Revierkampf veranstalten.

Er hat dunkelbraunes volles Haar, dicke Augenbrauen und einen Dreitagebart. Der Ohrring an seinem linken Ohr rundet sein Aussehen perfekt ab. Perfekt, um der Frauenschwarm der gesamten FOS zu sein. Die Mädchenherzen fliegen gerade so nach ihm.

„Niemanden“, sage ich nur, unbeeindruckt von seiner Aufführung.

„Niemand legt sich mit Leon an, klar? Das bereust du noch!“

Ich balle meine Hände zu Fäusten, reiße mich aber dann zusammen.

„Och, hat da wer Schiss?“, fragt Markus plötzlich gereizt zurück.

„Ja, du, Fuchsfresse“, antwortet Leon und beweist damit sein Niveau. Er ist vielleicht von außen top, aber von innen eher ein Flopp.

Ich schaue wieder runter zu den Mädels und halte Markus am Arm fest, um ihn davon abzuhalten, etwas Unüberlegtes zu tun. Wir wissen beide, dass ich der Einzige bin, der meinen besten Freund beleidigen darf.

Leon streicht sich über seine Haare und dreht kurz an seinem Ohrring herum. „Wisst ihr, was ich mache, Jungs?“ Seine Kumpels jubeln ihm entgegen. „Ich werde eine Kleine von da unten klarmachen. Am besten die, die unserem BWR-Streber so viel bedeutet. Oder warum willst du nicht gesehen werden?“

Er grinst mich an, im Glauben, der Überlegene von uns beiden zu sein. Und das nur, wegen seines Aussehens und weil sein Vater Polizist ist.

Meine Zehennägel rollen sich bei dem Gedanken daran auf, dass er meinem Mädchen etwas antun könnte. Ich muss sie jetzt wohl – besonders in seiner Anwesenheit – ignorieren, wenn ich sie beschützen will.

Melissa Die Fenster der Jungs sind geschlossen, der Sportunterricht zu Ende. Wir gehen in die Umkleidekabinen und haben dann für den Rest des Tages frei.

Es dauert nicht lange, bis ich mit meinen beiden Freundinnen an der Haltestelle stehe. Ich stehe zwischen ihnen und flechte mir meine Haare gerade zu einem neuen Zopf zusammen, da der vorherige beim Sport wieder aufgegangen war. Ich warte auf meinen Bus nach Hause.

Plötzlich schleichen Lukas und sein Freund an uns vorbei, aber er würdigt mich keines Blickes. Hinter ihnen trottet ein hübscher junger Mann her. Er gehört zu den Jungs, die ständig aus dem Fenster brüllen. Und trotz seines attraktiven Aussehens, ist er mir sofort unsympathisch.

Meine Freundinnen wissen ganz genau, was ich gerade denke. Eva Maria hat Helena schon längst über mich und Lukas eingeweiht und ich habe ihnen bereits von unserem Treffen beim Buchladen erzählt und dass ich seinen Namen jetzt sicher kenne.

Der unbekannte Mann quatscht Lukas von der Seite an und wir Drei lauschen gespannt.

„Na, wer ist sie denn? Das Mädchen, das du ständig anstarrst? Meinst du, ich merke das nicht?“

Lukas ignoriert ihn, doch das schüchtert den provokativen Mann nicht ein, ganz im Gegenteil.

Lukas „Na sag schon, Romeo! Wer ist deine Julia? Ist sie aus der Elf? Oder der Zwölf?“

Diese Bemerkung kann ich irgendwie nicht auf mir sitzen lassen und ich antworte ihm schließlich doch. „Oh, hat da etwa jemand Shakespeare gelesen?“

Markus neben mir unterstreicht meinen Satz mit einem breiten Grinsen in seine Richtung. Warum fragt er mich das überhaupt? Nachdem er mich so beobachtet, dachte ich, er kennt meine Angebetete bereits oder will er mich nur aus der Reserve locken? Vor ihr? Doch diesen Triumph gönne ich ihm nicht.

„Lesen? Das ist doch so ein schreckliches Hobby von dir, habe ich recht?“, er fletscht seine makellosen Zähne.

Jetzt schaltet sich Markus ein. „Du bist einfach nur neidisch.“

Leon wendet sich an ihn. „Neidisch? Auf den?“ Er zeigt mit dem Finger auf mich.

Ich zucke nur mit den Schultern und schaue heimlich im Augenwinkel zu dem Mädchen und ihren Freundinnen rüber. Sie schweigen und starren auf die Straße. Ich vermute, dass sie unser Gespräch belauschen.

„Ja, auf den“, antwortet Markus dem von sich selbst eingenommenen Leon.

„Pah! Das ich nicht lache! Ich soll auf den eifersüchtig sein? Den, der seit seiner Geburt solo ist?“ Er schnaubt belustigt.

„Ja. Das zeigt nämlich von Größe im Gegensatz zu einem Kerl, der seit seiner Geburt schon das zehnte Mal wieder Single ist!“, Markus‘ Konter kam ihm schwungvoll über die Lippen und lässt Leon kurzzeitig verstummen.

„Tja, ich bekomme sie eben alle“, antwortet er.

„Und du lässt sie danach fallen wie eine heiße Kartoffel“, mische ich mich schließlich wieder ein.

Jetzt kommt Leon erneut auf mich zu. Er plustert sich vor mir auf, als wäre er kurz davor mich anzuspringen. „Ich habe eben einen guten Geschmack.“

„Der zu wünschen übriglässt“, sage ich.

„Er wechselt halt andauernd! Neuer Geschmack, neue Frau“, er sieht mich eindringlich an. „Nur bei deinerKleinen wird es anders.“

Dann dreht er sich um und geht, als hätte er mir nur ein schönes Wochenende gewünscht.

Melissa Je mehr Zeit in diesem Gespräch vergeht, desto tiefer lehne ich mich an die Innenwand des Haltestellenhäuschens. Als Leon schließlich abhaut, bin ich erleichtert.

Wahnsinn! Lukas hatte noch nie eine Freundin und damit also null Erfahrung mit Beziehungen! Genau wie ich! Aber wen meinte Leon mit „deiner Kleinen“?

„Hey Melli, ist das nicht dein Bus?“, reißt mich Helena plötzlich aus meinen Gedanken.

Ich stehe vor Schreck auf und sehe nur noch, wie meine Mitfahrgelegenheit in voller Geschwindigkeit an mir vorbeifährt, ohne die Absicht noch anzuhalten.

Mist! Und jetzt?

Der Stadtbus ist kurz vor ihm abgefahren. Mit Lukas und seinem Kumpel an Bord.

„Der nächste Stadtbus geht in 10 Minuten“, sagt Eva Maria.

„Und der nächste Linienbus nach Eisenthal in zwei Stunden“, ergänze ich und seufze.

„Wir begleiten dich in die Stadt und gehen ein Eis essen. Da fährt dein Bus doch auch vorbei, oder?“, schlägt Helena vor.

Ich nicke.

Gesagt, getan. 10 Minuten später sind wir, mit Rädern unter den Füßen, auf dem Weg zur Eisdiele.

Dort angekommen, bestelle ich mir erstmal ein großes Eis mit drei Kugeln: meine Lieblingssorten Schokolade, Vanille und Haselnuss. Meiner Mutter habe ich telefonisch Bescheid gegeben, dass ich mich nach der Schule noch mit meinen Freundinnen treffe. Ich habe schwören müssen, dass ich den nächsten Bus nach Eisenthal nehme. Das hätte ich so oder so gemacht. Natürlich habe ich verschwiegen, dass ich wegen meines Schwarms den Bus verpasst habe.

„Also wenn ihr mich fragt, steht Lukas definitiv auf dich, Melli“, Helena schleckt an ihrer Eiskugel, nachdem sie ihre Meinung kundgetan hat.

Eva Maria nickt. „Das sehe ich ganz genauso. Ihr beide wirkt jedes Mal wie hypnotisiert, wenn ihr auch nur ansatzweise in der Nähe des anderen seid.“

„Ja, kann schon sein“, antworte ich nur. „Aber hey, wie ist das denn eigentlich bei euch? Seid ihr auch verliebt?“, ich versuche unauffällig, das Thema zu wechseln.

Helena grinst mich an. „Also doch! Du gibst es also zu!“

„Was?“

„Na, dass du verliebt bist!“, sagt Helena lachend.

„Ja, bis über beide Ohren“, antworte ich und lache.

Helena und Eva Maria lachen mit. Es ist ein ehrliches und liebevolles Lachen. Ich kann es immer noch kaum glauben, endlich Freundinnen gefunden zu haben.

„Ich hatte mal einen Freund, aber es ist aus zwischen uns“, sagt Helena plötzlich.

„Echt? Wen? Und warum?“, fragt Eva Maria neugierig nach.

„Na ja, nicht so wichtig. Er ist mir fremdgegangen und er ist es nicht wert, auch nur noch ein Wort über ihn zu wechseln.“

Helena war deutlich.

Eva Maria erzählt uns, dass sie einen Freund habe. Er heißt Fabian, studiert bereits und er sei ihre große Liebe. Mehr bekommen wir zunächst nicht aus ihr heraus. Insgeheim bin ich ein wenig eifersüchtig, aber ich freue mich natürlich für sie. Ich kann es kaum erwarten, selber einen Freund zu haben.

„Anderes Thema, seid ihr schon gespannt auf eure Praktikumsstelle?“, sagt Eva Maria plötzlich, nachdem sie uns ein Pärchenfoto gezeigt hat.

Kaum das Thema „Liebe“ abgehakt, ist sie wieder voll und ganz im Leben eines Strebers versunken. Helena und ich haben schon bemerkt, dass Eva Maria unglaublich gerne lernt und fleißig ist. Davon könnten wir uns definitiv eine Scheibe abschneiden. Aber ihr Freund ist wirklich niedlich und sie sehen auf dem Bild sehr glücklich zusammen aus.

„Ja, ich bin schon sehr gespannt“, antworte ich auf die Frage zum Praktikum. Meinen Freundinnen ergeht es nicht anders.

Nach einer Stunde und 30 Minuten Quatschen, machen sich beide auf den Heimweg und lassen mich an der Haltestelle neben der Eisdiele zurück.


8. Kapitel

Lukas Ich verlasse den Buchladen, beflügelt von der Überzeugung, meinen Traumjob definitiv gefunden zu haben. Das Einzige, was mich gedanklich noch an diese Schule bindet, ist sie.

Kaum bin ich um die Ecke gebogen, sehe ich einige Passanten mit einem Eis an mir vorbeilaufen. Ich lasse meinen Blick zur Quelle der „Eisesser“ wandern. Ein Eis wäre wirklich mal wieder schön. Ich könnte sie doch mal auf ein Eis einladen. Jedoch fällt mir schlagartig Leon wieder ein. Nein. Ich kann sie jetzt nicht danach fragen. Ich muss sie beschützen. Und das geht momentan nur durch Ignorieren.

Plötzlich spüre ich ein Augenpaar auf mir ruhen, ein ganz bestimmtes Augenpaar. Ich sehe auf und entdecke jemanden an der Haltestelle unmittelbar neben der Eisdiele.

Es ist sie. Verfolgt sie mich etwa?

Ich muss direkt an ihr vorbei gehen, um nach Hause zu kommen. Es gäbe auch einen Umweg, aber um diesen einzuschlagen, bewege ich mich bereits zu schnell vorwärts. Also steuere ich schnurstracks auf sie zu und setze meine Sonnenbrille auf.

Melissa Ich halte die Luft an. Es ist Lukas! Er kommt direkt auf mich zu! Doch je näher er kommt, desto mehr beschleunigt er sein Tempo. Er muss sich direkt an mir auf dem Bürgersteig vorbeidrücken, wenn er nicht auf die Straße treten will.

Er trägt seinen blauen Rucksack auf dem Rücken, die Hände in die Taschen seiner Lederjacke gesteckt. Als er direkt an mir vorbei geht, dreht er seinen Kopf von mir weg und schaut auf die Straße. Vielleicht sieht er mich durch seine Sonnenbrille nicht?

Mein Herz flattert vor Aufregung. Ich wollte ihn schon begrüßen, doch etwas hindert mich daran.

Als wir in unmittelbarer Nähe zueinander sind, fühlt es sich an, als könne ich seinen Herzschlag spüren. Und auf mich wirkt es als würde es ihm genauso gehen. Doch er schleicht nur an mir vorbei, als wäre ich nichts anderes als eine Fremde, die an einer Bushaltestelle steht.

Lukas Ich sitze an meinem Schlagzeug. Ich muss über meine Gefühle sprechen, aber nicht mit Worten, nur mit Noten. Ich benutze die Becken, die Trommeln, dann alles zusammen und gleichzeitig. Erst nach Lust und Laune, dann nach einer durch Noten vorgegebenen Melodie.

Ich denke an sie und an ihre wunderschönen blauen Augen.

Ich denke an ihren Blick, als ich an ihr vorbei gegangen bin.

Ich spüre den Atem von Leon in meinem Nacken.

Ich spiele weiter, singe heute sogar dazu. Dabei ist es mir vollkommen egal, ob ich den Ton treffe oder nicht. Ich singe einfach das, was gerade aus mir herauskommt. Mit voller Leidenschaft. Als wäre ich auf einer Bühne mit einer jubelnden Menge. Ich lasse alles raus: Meine Wut, meinen Hass, meine Liebe. Ich spiele so lange, bis meine Arme schmerzen.

732,15 ₽
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293 стр. 6 иллюстраций
ISBN:
9783753188744
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
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