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Читать книгу: «Die Verschwörung des Fiesco zu Genua», страница 3

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Zwölfter Auftritt

Bourgognino. Vorige.

Bourgognino (erhitzt). Springe hoch, Mädchen! Eine Freudenpost! – Edler Verrina, ich komme, meinen Himmel auf Ihre Zunge zu setzen. Schon längst liebte ich Ihre Tochter, und nie durft' ich es wagen, um ihre Hand zu bitten, weil mein ganzes Vermögen auf falschen Brettern von Coromandel schwamm. Eben jetzt fliegt meine Fortuna wohlbehalten in die Rhede und führt, wie sie sagen, unermeßliche Schätze mit. Ich bin ein reicher Mann. Schenken Sie mir Bertha, ich mache sie glücklich. (Bertha verhüllt sich, große Pause.)

Verrina (bedächtlich zu Bourgognino). Haben Sie Lust, junger Mensch, Ihr Herz in eine Pfütze zu werfen?

Bourgognino (greift nach dem Schwert, zieht aber plötzlich die Hand zurück). Das sprach der Vater-Verrina. Das spricht jeder Schurk' in Italien. Nehmen Sie mit dem Abtrag von anderer Leute Gastung vorlieb?

Bourgognino. Mach mich nicht wahnwitzig, Graukopf!

Calcagno. Bourgognino, wahr spricht der Graukopf.

Bourgognino (auffahrend, gegen Bertha stürzend). Wahr spricht er?

Mich hätte eine Dirne genarrt?

Calcagno. Bourgognino, nicht da hinaus. Das Mädchen ist engelrein.

Bourgognino (steht erstaunt still). Nun! so wahr ich selig werden will. Rein und entehrt. Ich habe keinen Sinn für das. – Sie sehen sich an und sind stumm. Irgend ein Unhold von Missethat zuckt auf ihren bebenden Zungen. Ich beschwöre euch! Schiebt meine Vernunft nicht im Kurzweil herum. Rein wäre sie? Wer sagte rein?

Verrina. Mein Kind ist nicht schuldig.

Bourgognino. Also Gewalt! (Faßt das Schwert von dem Boden.)

Genueser! bei allen Sünden unter dem Mond! Wo – wo find' ich den Räuber?

Verrina. Eben dort, wo du den Dieb Genuas findest. – (Bourgognino erstarrt. Verrina geht gedankenvoll auf und nieder, dann steht er still.)

Verrina. Wenn ich deinen Wink verstehe, ewige Vorsicht, so willst du Genua durch meine Bertha erlösen! (Er tritt zu ihr, indem er den Trauerflor langsam von seinem Arme wickelt, darauf feierlich.) Eh das Herzblut eines Doria diesen häßlichen Flecken aus deiner Ehre wäscht, soll kein Strahl des Tages auf diese Wangen fallen. Bis dahin – (er wirft den Flor über sie) verblinde! (Pause. Die Übrigen sehen ihn schweigend, betreten an.)

Verrina (feierlicher, seine Hand auf Berthas Haupt gelegt). Verflucht sei die Luft, die dich fächelt! Verflucht der Schlaf, der dich erquickt! Verflucht jede menschliche Spur, die deinem Elend willkommen ist! Geh hinab in das unterste Gewölb meines Hauses. Winsle, heule, lähme die Zeit mit deinem Gram. (Unterbrochen von Schauern fährt er fort.) Dein Leben sei das gichterische Wälzen des sterbenden Wurms – der hartnäckige, zermalmende Kampf zwischen Sein und Vergehen. – Dieser Fluch hafte auf dir, bis Gianettino den letzten Odem verröchelt hat. – Wo nicht, so magst du ihn nachschleppen längs der Ewigkeit, bis man ausfindig macht, wo die zwei Enden ihres Rings in einander greifen.

(Großes Schweigen. Auf allen Gesichtern Entsetzen. Verrina blickt

Jeden fest und durchdringend an.)

Bourgognino. Rabenvater! was hast du gemacht? Diesen ungeheuren, gräßlichen Fluch deiner armen, schuldlosen Tochter?

Verrina. Nicht wahr – das ist schrecklich, mein zärtlicher Bräutigam? – (Höchst bedeutend.) Wer von euch wird nun auftreten und jetzt noch von kaltem Blut und Aufschube schwatzen? Genuas Loos ist auf meine Bertha geworfen, mein Vaterherz meiner Bürgerpflicht überantwortet. Wer von uns ist nun Memme genug, Genuas Erlösung zu verzögern, wenn er weiß, daß dieses schuldlose Lamm seine Feigheit mit unendlichem Gram bezahlt? – Bei Gott! das war nicht das Gewäsch eines Narren – Ich hab' einen Eid gethan und werde mich meines Kindes nicht erbarmen, bis ein Doria am Boden zuckt, und sollt' ich auf Martern raffinieren, wie ein Henkersknecht, und sollt' ich dieses unschuldige Lamm auf kannibalischer Folterbank zerknirschen – Sie zittern – Blaß wie Geister schwindeln sie mich an. – Noch einmal, Scipio! Ich verwahre sie zum Geisel deines Tyrannenmords. An diesem theuren Faden halt' ich deine, meine, eure Pflichten fest. Genuas Despot muß fallen, oder das Mädchen verzweifelt. Ich widerrufe nicht.

Bourgognino (wirft sich der Bertha zu Füßen). Und fallen soll er – fallen für Genua, wie ein Opferstier. So gewiß ich dies Schwert im Herzen Dorias umkehre, so gewiß will ich den Bräutigamskuß auf deine Lippen drücken. (Steht auf.)

Verrina. Das erste Paar, das die Furien einsegnen. Gebt euch die Hände. In Dorias Herzen wirst du dein Schwert umkehren? – Nimm sie, sie ist dein!

Calcagno (kniet nieder). Hier kniet noch ein Genueser und legt seinen furchtbaren Stahl zu den Füßen der Unschuld. So gewiß möge Calcagno den Weg zum Himmel ausfindig machen, als dieses sein Schwert die Straße zu Dorias Leben. (Steht auf.)

Sacco. Zuletzt, doch nicht minder entschlossen, kniet Raphael Sacco. Wenn dies mein blankes Eisen Berthas Gefängniß nicht aufschließt, so schließe sich das Ohr des Erhörers meinem letzten Gebet zu. (Steht auf.)

Verrina (erheitert). Genua dankt euch in mir, meine Freunde. Gehe nun, Tochter. Freue dich, des Vaterlands großes Opfer zu sein.

Bourgognino (umarmt sie im Abgehen). Geh! Traue auf Gott und Bourgognino. An einem und eben dem Tag werden Bertha und Genua frei sein. (Bertha entfernt sich.)

Dreizehnter Auftritt

Vorige ohne Bertha.

Calcagno. Eh wir weiter gehn, noch ein Wort, Genueser!

Verrina. Ich errath' es.

Calcagno. Werden vier Patrioten genug sein, Tyrannei, die mächtige Hyder, zu stürzen? Werden wir nicht den Pöbel aufrühren, nicht den Adel zu unsrer Partei ziehen müssen?

Verrina. Ich verstehe. Höret also, ich habe längst einen Maler im Solde, der seine ganze Kunst verschwendet, den Sturz des Appius Claudius fresco zu malen. Fiesco ist ein Anbeter der Kunst, erhitzt sich gern an erhabenen Scenen. Wir werden die Malerei nach seinem Palast bringen und zugegen sein, wenn er sie betrachtet. Vielleicht, daß der Anblick seinen Genius wieder aufweckt – Vielleicht-Bourgognino. Weg mit ihm! Verdopple die Gefahr, spricht der Held, nicht die Helfer. Ich habe schon längst ein Etwas in meiner Brust gefühlt, das sich von nichts wollte ersättigen lassen – Was es war, weiß ich jetzt plötzlich (indem er heroisch aufspringt). Ich hab' einen Tyrannen!

(Der Vorhang fällt.)

Zweiter Aufzug

Vorzimmer in Fiescos Palast.

Erster Auftritt

Leonore. Arabella.

Arabella. Nein, sag' ich. Sie sahen falsch. Die Eifersucht lieh Ihnen die häßlichen Augen.

Leonore. Es war Julia lebendig. Rede mir nichts ein. Meine Silhouette hing an einem himmelblauen Band, dies war feuerfarb und geflammt. Mein Loos ist entschieden.

Zweiter Auftritt

Vorige. Julia.

Julia (affectiert hereintretend). Der Graf bot mir sein Palais an, den Zug nach dem Rathhaus zu sehen. Die Zeit wird mir lang werden. Eh die Chocolade gemacht ist, Madame, unterhalten Sie mich. (Bella entfernt sich, kommt sogleich wieder.)

Leonore. Befehlen Sie, daß ich Gesellschaft hieher bitte?

Julia. Abgeschmackt. Als wenn ich die hier suchen müßte? Sie werden mich zerstreuen, Madame. (Auf und ab, sich den Hof machend.) Wenn Sie das können, Madame – denn ich habe nichts zu versäumen.

Arabella (boshaft). Desto mehr dieser kostbare Mohr, Signora. Wie grausam, bedenken Sie! die Perspectivchen der jungen Stutzer um diese schöne Prise zu bringen? Ah! und das blitzende Spiel der Perlen, das Einem die Augen bald wund brennt. – Beim großmächtigen Gott! haben Sie nicht das ganze Meer ausgeplündert?

Julia (vor einem Spiegel). Das ist Ihr wohl eine Seltenheit, Mamsell? Aber höre Sie, Mamsell, hat Sie Ihrer Herrschaft auch die Zunge verdingt? Scharmant, Madame! Ihre Gäste durch Domestiken becomplimentieren zu lassen.

Leonore. Es ist mein Unglück, Signora, daß meine Laune mir das Vergnügen Ihrer Gegenwart schmälert.

Julia. Eine gräßliche Unart ist das, die Sie schwerfällig und albern macht. Rasch! lebhaft und witzig! Das ist der Weg nicht, Ihren Mann anzufesseln.

Leonore. Ich weiß nur einen, Gräfin. Lassen Sie den Ihrigen immer ein sympathetisches Mittel bleiben.

Julia (ohne darauf achten zu wollen). Und, wie Sie sich tragen, Madame! Pfui doch! Auch auf Ihren Körper wenden Sie mehr. Nehmen Sie zur Kunst Ihre Zuflucht, wo die Natur an Ihnen Stiefmutter war. Einen Firniß auf diese Wangen, woraus die mißfärbige Leidenschaft kränkelt. Armes Geschöpf! So wird Ihr Gesichtchen nie einen Käufer finden.

Leonore (munter zu Bella). Wünsche mir Glück, Mädchen. Unmöglich hab' ich meinen Fiesco verloren, oder ich habe nichts an ihm verloren. (Man bringt Chocolade, Bella gießt ein.)

Julia. Von Verlieren murmeln Sie etwas? Aber mein Gott! wie kam Ihnen auch der tragische Einfall, den Fiesco zu nehmen? – Warum auf diese Höhe, mein Kind, wo Sie nothwendig gesehen werden müssen? verglichen werden müssen? – Auf Ehre, mein Schatz, das war ein Schelm oder ein Dummkopf, der Sie dem Fiesco kuppelte. (Mitleidig ihre Hand ergreifend.) Gutes Thierchen, der Mann, der in den Assembleen des guten Tons gelitten wird, konnte nie deine Partie sein. (Sie nimmt eine Tasse.)

Leonore (lächelnd auf Arabellen). Oder er würde in diesen Häusern des guten Tons nicht gelitten sein wollen.

Julia. Der Graf hat Person – Welt – Geschmack. Der Graf war so glücklich, Connaissancen von Rang zu machen. Der Graf hat Temperament, Feuer. Nun reißt er sich warm aus dem delicatesten Zirkel. Er kommt nach Hause. Die Ehfrau bewillkommt ihn mit einer Werkeltagszärtlichkeit, löscht seine Gluth in einem feuchten, frostigen Kuß, schneidet ihm ihre Caressen wirthschaftlich, wie einem Kostgänger, vor. Der arme Ehmann! Dort lacht ihm ein blühendes Ideal – hier ekelt ihn eine grämliche Empfindsamkeit an. Signora, um Gotteswillen! wird er nicht den Verstand verlieren, oder was wird er wählen?

Leonore (bringt ihr eine Tasse). Sie, Madame, wenn er ihn verloren hat.

Julia. Gut. Dieser Biß sei in dein eigenes Herz gegangen. Zittre um diesen Spott, aber eh du zitterst, erröthe.

Leonore. Kennen Sie das Ding auch, Signora? Doch warum nicht? Es ist ja ein Toilettenpfiff.

Julia. Man sehe doch! Erzürnen muß man das Würmchen, will man ihm ein Fünkchen Mutterwitz abjagen. Gut für jetzt. Es war Scherz, Madame. Geben Sie mir Ihre Hand zur Versöhnung.

Leonore (gibt ihr die Hand mit vielsagendem Blick). Imperiali! – vor meinem Zorn haben Sie Ruhe.

Julia. Großmüthig, allerdings! Doch sollt' ich's nicht auch sein können, Gräfin? (Langsam und lauernd.) Wenn ich den Schatten einer Person bei mir führe, muß es nicht folgen, daß das Original mir werth ist? Oder was meinen Sie?

Leonore (roth und verwirrt). Was sagen Sie? Ich hoffe, dieser Schluß ist zu rasch.

Julia. Das denk' ich selbst. Das Herz ruft nie die Sinne zu Hilfe.

Wahre Empfindung wird sich nie hinter Schmuckwerk verschanzen.

Leonore. Großer Gott! Wie kommen Sie zu dieser Wahrheit?

Julia. Mitleid, bloßes Mitleid – Denn sehen Sie, so ist es auch umgekehrt wahr – und Sie haben Ihren Fiesco noch. (Sie gibt ihr ihre Silhouette und lacht boshaft auf.)

Leonore (mit auffahrender Erbitterung). Mein Schattenriß? Ihnen?

(Wirft sich schmerzvoll in einen Sessel.) O der heillose Mann!

Julia (frohlockend). Hab' ich vergolten? hab' ich? Nun, Madame, keinen Nadelstich mehr in Bereitschaft? (Laut in die Scene.) Den Wagen vor! Mein Gewerb ist bestellt. (Zu Leonoren, der sie das Kinn streicht.) Trösten Sie sich, mein Kind. Er gab mir die Silhouette im Wahnwitz. (Ab.)

Dritter Auftritt

Calcagno kommt.

Calcagno. So erhitzt ging die Imperiali weg, und Sie in Wallung, Madonna?

Leonore (mit durchdringendem Schmerz). Nein! das war nie erhört!

Calcagno. Himmel und Erde! Sie weinen doch wohl nicht?

Leonore. Ein Freund vom Unmenschlichen – Mir aus den Augen!

Calcagno. Welchem Unmenschlichen? Sie erschrecken mich.

Leonore. Von meinem Mann – Nicht so! von dem Fiesco.

Calcagno. Was muß ich hören?

Leonore. O, nur ein Bubenstück, das bei euch gangbar ist, Männer.

Calcagno (faßt ihre Hand mit Heftigkeit). Gnädige Frau, ich habe ein Herz für die weinende Tugend.

Leonore (ernst). Sie sind ein Mann – es ist nicht für mich.

Calcagno. Ganz für Sie – voll von Ihnen – daß Sie wüßten, wie sehr – wie unendlich sehr-Leonore. Mann, du lügst – du versicherst, eh du handelst.

Calcagno. Ich schwöre Ihnen-Leonore. Einen Meineid. Hör' auf! Ihr ermüdet den Griffel Gottes, der sie niederschreibt. Männer! Männer! wenn eure Eide zu so viel Teufeln würden, sie könnten Sturm gegen den Himmel laufen und die Engel des Lichts als Gefangene wegführen.

Calcagno. Sie schwärmen, Gräfin. Ihre Erbitterung macht Sie ungerecht. Soll das Geschlecht für den Frevel des Einzelnen Rede stehn?

Leonore (sieht ihn groß an). Mensch! ich betete das Geschlecht in dem Einzelnen an, soll ich es nicht in ihm verabscheuen dürfen?

Calcagno. Versuchen Sie, Gräfin – Sie gaben Ihr Herz das erstemal fehl – ich wüßte ihnen den Ort, wo es aufgehoben sein sollte.

Leonore. Ihr könntet den Schöpfer aus seiner Welt hinauslügen – Ich will nichts von dir hören.

Calcagno. Diesen Verdammungsspruch sollten Sie noch heute in meinen Armen zurückrufen.

Leonore (aufmerksam). Rede ganz aus. In deinen – ?

Calcagno. In meinen Armen, die sich öffnen, eine Verlassene aufzunehmen und für verlorene Liebe zu entschädigen.

Leonore (sieht ihn fein an). Liebe?

Calcagno (vor ihr nieder mit Feuer). Ja! es ist hingesagt. Liebe, Madonna. Leben und Tod liegt auf Ihrer Zunge. Wenn meine Leidenschaft Sünde ist, so mögen die Enden von Tugend und Laster in einander fließen und Himmel und Hölle in eine Verdammniß gerinnen.

Leonore (tritt mit Unwillen und Hoheit zurück). Da hinaus zielte deine Theilnehmung, Schleicher? – In einer Kniebeugung verräthst du Freundschaft und Liebe? Ewig aus meinem Aug! Abscheuliches Geschlecht! Bis jetzt glaubte ich, du betrügest nur Weiber; das hab' ich nie gewußt! daß du auch an dir selbst zum Verräther wirst.

Calcagno (steht betroffen auf). Gnädige Frau-Leonore. Nicht genug, daß er das heilige Siegel des Vertrauens erbrach, auch an den reinen Spiegel der Tugend haucht dieser Heuchler die Pest und will meine Unschuld im Eidbrechen unterweisen.

Calcagno (rasch). Das Eidbrechen ist nur Ihr Fall nicht, Madonna.

Leonore. Ich verstehe, und meine Empfindlichkeit sollte dir meine Empfindung bestechen? Das wußtest du nicht, (sehr groß) daß schon allein das erhabene Unglück, um den Fiesco zu brechen, ein Weiberherz adelt. Geh! Fiescos Schande macht keinen Calcagno bei mir steigen, aber – die Menschheit sinken. (Schnell ab.)

Calcagno (sieht ihr betäubt nach, dann ab, mit einem Schlag vor die Stirne). Dummkopf!

Vierter Auftritt

Der Mohr. Fiesco.

Fiesco. Wer war's, der da wegging?

Mohr. Marchese Calcagno.

Fiesco. Auf dem Sopha blieb dieses Schnupftuch liegen. Meine Frau war hier.

Mohr. Begegnete mir so eben in einer starken Erhitzung.

Fiesco. Dieses Schnupftuch ist feucht. (Steckt es zu sich.)

Calcagno hier? Leonore in starker Erhitzung? (Nach einigem Nachdenken zum Mohren.) Auf den Abend will ich dich fragen, was hier geschehen ist.

Mohr. Mamsell Bella hört es gern, daß sie blond sei. Will es beantworten.

Fiesco. Und nun sind dreißig Stunden vorbei. Hast du meinen Auftrag vollzogen?

Mohr. Auf ein Jota, mein Gebieter.

Fiesco (setzt sich). Sag denn, wie pfeift man von Doria und der gegenwärtigen Regierung?

Mohr. O pfui; nach abscheulichen Weisen. Schon das Wort: Doria, schüttelt sie wie ein Fieberfrost. Gianettino ist gehaßt bis in den Tod. Alles murrt. Die Franzosen, sagen sie, seien Genuas Ratten gewesen, Kater Doria habe sie aufgefressen und lasse sich nun die Mäuse belieben.

Fiesco. Das könnte wahr sein – und wußten sie keinen Hund für den Kater?

Mohr (leichtfertig). Die Stadt murmelte Langes und Breites von einem gewissen – einem gewissen – Holla! Hätt' ich denn gar den Namen vergessen?

Fiesco (steht auf). Dummkopf! Er ist so leicht zu behalten, als schwer er zu machen war. Hat Genua mehr als einen Einzigen?

Mohr. So wenig als zween Grafen von Lavagna.

Fiesco (setzt sich). Das ist Etwas. Und was flüstert man denn über mein lustiges Leben?

Mohr (mißt ihn mit großen Augen). Höret, Graf von Lavagna! Genua muß groß von Euch denken. Man kann's nicht verdauen, daß ein Cavalier vom ersten Hause – voll Talenten und Kopf – in vollem Feuer und Einfluß – Herr von vier Millionen Pfund – Fürstenblut in den Adern – ein Cavalier wie Fiesco, dem auf den ersten Wink alle Herzen zufliegen würden-Fiesco (wendet sich mit Verachtung ab). Von einem Schurken das anzuhören-Mohr. Daß Genuas großer Mann Genuas großen Fall verschlafe. Viele bedauern, sehr Viele verspotten, die Meisten verdammen Euch. Alle beklagen den Staat, der Euch verlor. Ein Jesuit wollte gerochen haben, daß ein Fuchs im Schlafrock stecke.

Fiesco. Ein Fuchs riecht den andern. – Was spricht man zu meinem Roman mit der Gräfin Imperiali?

Mohr. Was ich zu wiederholen hübsch unterlassen werde.

Fiesco. Frei heraus! Je frecher, desto willkommener. Was murmelt man?

Mohr. Nichts murmelt man. Auf allen Kaffeehäusern, Billardtischen, Gasthöfen, Promenaden – auf dem Markt – auf der Börse schreit man laut-Fiesco. Was? Ich befehl' es dir!

Mohr (sich zurückziehend). Daß Ihr ein Narr seid.

Fiesco. Gut. Hier nimm die Zechine für diese Zeitung. Die Schellenkappe hab' und nun aufgesetzt, daß diese Genueser über mich lachen; bald will ich mir eine Glatze scheeren, daß sie den Hanswurst von mir spielen. Wie nahmen sich die Seidenhändler bei meinen Geschenken?

Mohr (drollig). Narr, sie stellten sich wie die armen Sünder-Fiesco.

Narr? Bist du toll, Bursche?

Mohr. Verzeiht! Ich hätte Lust zu noch mehr Zechinen.

Fiesco (lacht, gibt ihm eine). Nun, wie die armen Sünder – ?

Mohr. Die auf dem Block liegen und jetzt Pardon über sich hören.

Euer sind sie Seel und Leib.

Fiesco. Das freut mich. Sie geben den Ausschlag bei dem Pöbel zu Genua.

Mohr. Was das ein Auftritt war! Wenig fehlte, der Teufel hole mich! daß ich nicht Geschmack an der Großmuth gefunden hätte. Sie wälzten sich mir wie unsinnig um den Hals, die Mädel schienen sich bald in meines Vaters Farbe vergafft zu haben, so hitzig fielen sie über meine Mondsfinsterniß her. Allmächtig ist doch das Gold, war da mein Gedanke; auch Mohren kann's bleichen.

Fiesco. Dein Gedanke war besser, als das Mistbeet, worin er wuchs – Die Worte, die du mir hinterbracht hast, sind gut, lassen sich Thaten daraus schließen?

Mohr. Wie aus des Himmels Räuspern der ausbrechende Sturm. Man steckt die Köpfe zusammen, rottiert sich zu Hauf, ruft Hum! spukt ein Fremder vorbei. Durch ganz Genua herrscht eine dumpfe Schwüle – Dieser Mißmuth hängt wie ein schweres Wetter über der Republik – nur einen Wind, so fallen Schlossen und Blitze.

Fiesco. Stille! horch! Was ist das für ein verworrenes Gesumse?

Mohr (aus dem Fenster fliegend). Es ist das Geschrei vieler Menschen, die vom Rathhaus herabkommen.

Fiesco. Heute ist Procuratorwahl. Laß meine Carriole vorfahren.

Unmöglich kann die Sitzung schon aus sein. Ich will hinauf.

Unmöglich kann sie rechtmäßig sein – Schwert und Mantel her. Wo ist mein Orden?

Mohr. Herr, ich hab' ihn gestohlen und versetzt.

Fiesco. Das freut mich.

Mohr. Nun, wie? wird mein Präsent bald herausrücken?

Fiesco. Weil du nicht auch den Mantel nahmst?

Mohr. Weil ich den Dieb ausfindig machte.

Fiesco. Der Tumult wälzt sich hierher. Horch! Das ist nicht das Gejauchze des Beifalls. (Rasch.) Geschwind, riegle die Hofpforten auf. Ich hab' eine Ahnung. Doria ist tollkühn. Der Staat gaukelt auf einer Nadelspitze. Ich wette, auf der Signoria ist Lärm worden.

Mohr (am Fenster, schreit). Was ist das? Die Straße Balbi herunter – Troß vieler Tausende – Hellebarden blitzen – Schwerter – Holla! Senatoren – fliegen hieher-Fiesco. Es ist ein Aufruhr! Spring unter sie. Nenn meinen Namen. Sieh zu, daß sie hieher sich werfen. (Mohr eilt hinunter.) Was die Ameise Vernunft mühsam zu Haufen schleppt, jagt in einem Hui der Wind des Zufalls zusammen.

Fünfter Auftritt

Fiesco. Zenturione, Zibo, Asserato stürzen stürmisch ins Zimmer.

Zibo. Graf, Sie verzeihen unserm Zorn, daß wir unangemeldet hereintreten.

Zenturione. Ich bin beschimpft, tödlich beschimpft vom Neffen des Herzogs, im Angesicht der ganzen Signoria.

Asserato. Doria hat das goldene Buch besudelt, davon jeder genuesische Edelmann ein Blatt ist.

Zenturione. Darum sind wir da. Der ganze Adel ist in mir aufgefordert. Der ganze Adel muß meine Rache theilen. Meine Ehre zu rächen, dazu würde ich schwerlich Gehilfen fordern.

Zibo. Der ganze Adel ist in ihm aufgereizt. Der ganze Adel muß Feuer und Flamme speien.

Asserato. Die Rechte der Nation sind zertrümmert. Die republikanische Freiheit hat einen Todesstoß.

Fiesco. Sie spannen meine ganze Erwartung.

Zibo. Er war der neunundzwanzigste unter den Wahlherrn, hatte zur Procuratorwahl eine goldene Kugel gezogen. Achtundzwanzig Stimmen waren gesammelt. Vierzehn sprachen für mich, eben so viele für Lomellino! Dorias und die seinige standen noch aus.

Zenturione (rasch ins Wort fallend). Standen noch aus. Ich votierte für Zibo. Doria – fühlen Sie die Wunde meiner Ehre – Doria-Asserato (fällt ihm wieder ins Wort). So was erlebte man nicht, so lang der Ocean um Genua fluthet-Zenturione (hitziger fort). Doria zog ein Schwert, das er unter dem Scharlach verborgen gehalten, spießte mein Votum daran, rief in die Versammlung:

Zibo. »Senatoren, es gilt nicht! Es ist durchlöchert! Lomellin ist Procurator.«

Zenturione. »Lomellin ist Procurator,« und warf sein Schwert auf die Tafel.

Asserato. Und rief: »Es gilt nicht!« und warf sein Schwert auf die Tafel.

Fiesco (nach einigem Stillschweigen). Wozu sind Sie entschlossen?

Zenturione. Die Republik ist ins Herz gestoßen. Wozu wir entschlossen sind?

Fiesco. Zenturione, Binsen mögen vom Athem knicken. Eichen wollen den Sturm. Ich frage, was Sie beschließen?

Zibo. Ich dächte, man fragte, was Genua beschließe?

Fiesco. Genua? Genua? Weg damit; es ist mürb, bricht, wo Sie es anfassen. Sie rechnen auf die Patrizier? Vielleicht weil sie saure Gesichter schneiden, die Achsel zucken, wenn von Staatssachen Rede wird? Weg damit! Ihr Heldenfeuer klemmt sich in Ballen levantischer Waaren, ihre Seelen flattern ängstlich um ihre ostindische Flotte.

Zenturione. Lernen Sie unsere Patrizier besser schätzen. Kaum war Dorias trotzige That gethan, flohen ihrer einige Hundert mit zerrissenen Kleidern auf den Markt. Die Signoria fuhr auseinander.

Fiesco (spöttisch). Wie Tauben auseinander flattern, wenn in den Schlag sich ein Geier wirft?

Zenturione (stürmisch). Nein! wie Pulvertonnen, wenn eine Lunte hineinfällt.

Zibo. Das Volk wüthet auch, was vermag nicht ein angeschossener Eber?

Fiesco (lacht). Der blinde, unbeholfene Koloß, der mit plumpen Knochen Anfangs Gepolter macht, Hohes und Niederes, Nahes und Fernes mit gähnendem Rachen zu verschlingen droht und zuletzt – über Zwirnsfäden stolpert? Genueser, vergebens! Die Epoche der Meerbeherrscher ist vorbei. Genua ist unter seinen Namen gestürzt. Genua ist doch, wo das unüberwindliche Rom wie ein Federball in die Rakete eines zärtlichen Knaben Octavius sprang. Genua kann nicht mehr frei sein. Genua muß von einem Monarchen erwärmt werden. Genua braucht einen Souverain, also huldigen Sie dem Schwindelkopf Gianettino.

Zenturione (aufbrausend). Wenn sich die grollenden Elemente versöhnen und der Nordpol dem Südpol nachspringt – Kommt, Kameraden!

Fiesco. Bleiben Sie, bleiben Sie! Worüber brüten Sie, Zibo?

Zibo. Über nichts oder einem Possenspiel, das das Erdbeben heißen soll.

Fiesco (führt sie zu einer Statue). Schauen Sie doch diese Figur an.

Zenturione. Es ist die Venus von Florenz. Was soll sie uns hier?

Fiesco. Sie gefällt Ihnen aber?

Zibo. Ich sollte denken, oder wir wären schlechte Italiener. Wie Sie das jetzt fragen mögen?

Fiesco. Nun, reisen Sie durch alle Welttheile und suchen unter allen lebendigen Abrücken des weiblichen Modells den glücklichsten aus, in welchem sich alle Reize dieser geträumten Venus umarmen.

Zibo. Und tragen dann für unsre Mühe davon?

Fiesco. Dann werden Sie die Phantasie der Marktschreierei überwiesen haben-Zenturione (ungeduldig). Und was gewonnen haben?

Fiesco. Gewonnen haben den verjährten Proceß der Natur mit den Künstlern.

Zenturione (hitzig). Und dann?

Fiesco. Dann? dann? (Fängt zu lachen an). Dann haben Sie vergessen zu sehen, daß Genuas Freiheit zu Trümmern geht! (Zenturione, Zibo, Asserato gehen ab.)

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
01 ноября 2017
Объем:
130 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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