Читать книгу: «Hausgemeinschaft mit dem Tod», страница 4

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»Wann sollte denn das Treffen stattfinden?«, setzte Sven dennoch nach.

»Es war ja ein Papa-Wochenende. Da bringt er sie immer pünktlich zu ihrer Mutter zurück. Ich glaube, sie wollte nur rasch reingehen und behaupten, wir beide seien verabredet, und zu Onkel Ingeleif verschwinden. Sie hat es nicht gesagt, aber ich habe gespürt, wie sehr sie sich darauf gefreut hat.«

»Er ist Simones Freund, ja?«

Ullas Augen wurden rund vor Staunen.

»Von dem wisst ihr auch schon?«

Sven nickte wortlos.

»Ingeleif war nicht ihr Freund! Der heißt Bodo. Arbeitet bei Ordning & Reda unten an der Ecke. Sie kaufte dort manchmal ihre Hefte – weil die eben besonders sind. Bezahlte ihr Vater. So sind sie sich wohl begegnet.«

»Und Bodo wusste von der Verabredung mit Onkel Ingeleif?«

»Nein, das glaube ich nicht. Wenn sie nicht einmal mich einweihen wollte … Und Bodo musste gestern arbeiten, wegen des Straßenfestes!«

»Ein Straßenfest? Na, da war ja sicher richtig was los!«, schaltete sich Lars plötzlich ein.

»Klar. Die Geschäfte hatten alle geöffnet. Und jeder hat irgendetwas zu essen oder zu trinken angeboten. Die Bürgersteige waren voll wie vor Weihnachten!«, erklärte sie mit leuchtenden Augen, hatte den Mord an ihrer Freundin für einen Augenblick vergessen.

Doch dann senkte sie schuldbewusst den Kopf. »Weihnachten wird total öde werden ohne Simone! Bei uns passiert nie etwas Interessantes.«

»Hatte Simone Schwierigkeiten in der Schule? Du weißt schon, so richtig Ärger mit jemandem aus der Klasse?«

»Mobbing? Wirklich nicht! Simone war jetzt nicht der Star – aber wenn sie manchmal zickig wurde, haben die anderen sie einfach in Ruhe gelassen. Sie freundete sich nicht leicht mit jemandem an, vertraute nur wenigen. Aber Zoff gab es mit ihr nie.«

Knyst nickte dem Mädchen verständnisvoll zu.

Sven zog eine Visitenkarte aus der Brusttasche. »Ulla, hier stehen unsere Telefonnummern drauf. Wenn dir noch etwas einfällt, solltest du uns sofort anrufen. Auch dann, wenn du denkst, es sei doch nicht so wichtig. Manchmal stellt sich erst im Lauf der Ermittlungen heraus, welche Beobachtungen von Bedeutung sind und welche nicht. Der Mörder von Simone ist vielleicht auch für andere Mädchen gefährlich. Je schneller wir ihn fassen, desto besser!«

Ulla sah ihn ernst an.

»Naja, weißt du … also«, ihre Stimme klang kläglich, als seien die Worte zu sperrig für ihren dünnen Hals, »ich glaube nicht, dass Onkel Ingeleif wirklich Simones Onkel war«, räumte sie tonlos ein.

»Warum? Gab es Andeutungen von ihr in diese Richtung?«

»Nein. Aber sie hat in all den Jahren, die wir uns nun kennen, noch nie von diesem Onkel erzählt. Kein Wort. Und mal ehrlich: Wessen Onkel heißt schon Ingeleif?«

»Hm, du meinst, sie hat sich den Namen ausgedacht.«

»Möglich.«

»Wir werden nach ihm suchen – und vielleicht hat er ja mit dem Tod Simones gar nichts zu tun«, wiegelte Sven ab. »Du hast alles richtig gemacht, Ulla. Erst geschwiegen und dann die Polizei informiert. Simone wäre stolz auf dich.«

»Wenn du meinst«, wisperte das Mädchen unsicher und schluchzte trocken auf.

»Seid ihr nun endlich fertig!« Die Mutter war unbemerkt eingetreten. Ihr Blick giftete durchs Zimmer. Bohrte sich in Lundquists Gesicht.

»Fürs Erste sind wir wohl fertig«, gab Sven höflich zurück und verabschiedete sich von seiner Zeugin.

»Unfreundlich wäre ein Euphemismus!«, polterte Lars, als sie wieder auf der Straße standen.

»Sei nicht ungerecht. Vielleicht wächst ihr gerade alles über den Kopf. Außerdem ist sie besorgt. In unmittelbarer Nachbarschaft wurde ein Kind ermordet.«

Knyst grunzte unwillig. »Wir sind die, die ihr diese Angst nehmen könnten! Unsere Arbeit sollte man unterstützen, nicht torpedieren.«

»Theoretisch sicher richtig, aber zu idealistisch gedacht. Weißt du, Mütter ticken anders. Erstens sind sie davon überzeugt, die besten Beschützer ihrer Kinder zu sein und zweitens ist ihnen die Tatsache, dass wir ermitteln müssen, Beweis genug dafür, dass unsere Arbeit im Vorfeld schlecht war.« Lundquist atmete tief durch, dachte an seine eigene, charakterlich schwierige Mutter und setzte hinzu: »Manche versuchen, dich ein ganzes Leben lang zu betreuen.«

Lars grinste. Er wusste um die besonderen Probleme im Lundquistschen Haushalt. Nach dem Tod von Anna, Svens erster Frau, hatte seine tatkräftige, energische Mutter die Versorgung des Witwers und der Enkelin übernommen. Als der Sohn sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen wollte, war sie nicht bereit gewesen, dies zu gestatten, hatte sich mit allen Mitteln gegen die neue Schwiegertochter gewehrt.

»Und wenn Onkel Ingeleif nun ein Hirngespinst ist? So etwas wie eine Fata Morgana?«

»Wir hatten früher eine Katze. Wenn irgendetwas verschwand, haben wir immer gesagt ›Mathilde muss das gewesen sein‹. So könnte es sich auch mit Onkel Ingeleif verhalten. Der Name ist nur Synonym für etwas Verbotenes. Damit man überhaupt darüber reden kann, verwendet man einen Fantasienamen. Ulla hat recht. Wessen Onkel heißt schon Ingeleif.«

»Meiner zum Beispiel«, empörte sich Lars. »Er lebt glücklich an einem kleinen norwegischen Fjord. Seine Frau Chin Li ist eine wunderbare Köchin. Inzwischen beherrscht sie sogar die traditionelle Küche. Du solltest mal ihr Dillfleisch probieren. Mit frischem Lamm – ein Traum.«

»Lamm? Magda nimmt Kalb dafür. Ist bei uns ein gern gegessenes Sonntagsgericht. Lisa mag es am liebsten mit Nudeln. Aber natürlich gehören traditionell Bratkartoffeln dazu. Und deine chinesiche Tante kann das wirklich so kochen, dass es am Ende schwedisch und nicht asiatisch schmeckt?« Sven war skeptisch.

»Sicher! Sie mischt nicht unter alles Fischsoße!«, gab Lars zurück und klang beinahe beleidigt.

Lundquist tastete, während er sprach, eine Nummer in sein Handy.

»Britta, könntet ihr bitte alle herkommen? Gestern gab es hier ein Straßenfest. Wenn Gottwald wirklich mit seinem Cayenne irgendwo gehalten hat, muss er jemandem aufgefallen sein. Und wir suchen nach einem Ingeleif, oder Onkel Ingeleif. Vielleicht kennt den einer der Nachbarn. Bringt ein paar Kollegen zur Verstärkung mit. Lars und ich besuchen in der Zwischenzeit Simones Freund.«

Er lauschte auf die Antwort, die offensichtlich länger ausfiel.

»Gut. Wir treffen uns in etwa zwei Stunden im Büro.«

Das Mobiltelefon verschwand wieder in der Jacke. »Bernt hat zwei der Zeugen von gestern Abend besucht. Bei Tageslicht konnten sie sich nicht mehr daran erinnern, gesagt zu haben, dass Gottwald besonders brutal sei. Nur der eine, der von diesen Randaletreffen erzählt hat, blieb bei seiner Aussage, und auch der Bruder der jungen Frau, die bei einem Vorstellungsgespräch verletzt wurde. Bernt fährt gerade zu einem Hans, der die Aussage zu den Prügeleien bestätigen kann.«

»Bleibt trotzdem nur eine vage Vermutung, Gottwald neige zur Gewalttätigkeit. Keine Beweise.«

»Wir besuchen jetzt erstmal Bodo. Danach fragen wir Agneta nach diesem ominösen Onkel. Komm!« Lundquist bog an der Hauptstraße nach links ab und stand wenige hundert Meter später vor dem Eingang des Schreibwarenladens.

»Ordning & Reda. Da kauft Gitte auch gern. Schöne Farben, extravagante Hefte und Ordner – Luxus pur.«

»Ja. Magda mag diese Läden auch. Na, vielleicht ist Bodo zufällig hier und wir können wenigstens ein paar unserer Fragen beantworten lassen.«

Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht.

»Bodo hat heute frei. Wegen des Straßenfestes gestern.« Der ältere Herr hob entschuldigend die Hände auf Brusthöhe. »Tut mir leid.« Seine wirren weißen Haare verliehen seinem Gesicht etwas vergeistigtes, die bunten Flecken auf der grünen Schürze zeugten davon, dass er ausprobierte und benutzte, was er im Sortiment hatte.

»Wir bräuchten seine Adresse. Es ist wichtig.«

Der Ladenbesitzer nickte und schrieb sie ordentlich auf eine kleine weiße Karteikarte. »Ihr kommt wegen Simone, nicht wahr?«

»Ja.«

»Schreckliche Sache. Das arme Kind. Sie hatte Probleme genug – und nun das!«

»Probleme?«

»Ihr wisst sicher, wie das ist. In dem Alter wissen sie nicht so richtig, was sie wollen. Und Agneta war mit dem Kind vollkommen überfordert. Als ich ihr vorschlug sich Hilfe zu holen, wurde sie direkt ausfallend, dabei war ja nicht zu übersehen, dass sie mit ihrer Tochter nicht klarkam«, ließ er sie mit gesenkter Stimme wissen. »Der Sex kommt heute viel zu früh, wisst ihr? Noch bevor sie ihren eigenen Körper richtig kennen, fallen sie schon übereinander her. Na ja. Ist wohl nicht zu ändern. Moderne Zeiten eben. Früher baute man sich erst eine eigene Existenz auf, danach suchte man nach der Frau, die dazu passt. Tja, tja.«

»Wie alt ist Bodo denn?«, schaltete sich Lars ein.

»Bodo?« Der Weißhaarige drehte sich um und rief laut nach hinten: »Sag mal, wie alt ist der Bodo gleich?«

Von weit her hallte eine Frauenstimme zurück: »17!«

»Dieses Straßenfest gestern war ein voller Erfolg?«, wechselte Lundquist überraschend das Thema.

Der alte Mann blinzelte verwirrt, lächelte dann aber zufrieden. »Oh, ja. Das kann man so sagen. Wir hatten natürlich geöffnet, wie die anderen Läden auch. Vor der Tür haben wir Waffeln gebacken, dazu gab es Sahne und Erdbeermarmelade. War ein schönes Fest.«

»Ist dir ein besonderes Auto aufgefallen? Ein weißer Cayenne? Der drüben am Straßenrand kurz gehalten hat?«

»Nein. Du meinst das Auto von Gottwald, nicht wahr? Ist der Einzige, den ich kenne, der so einen Wagen fährt.« Bedauernd setzte er hinzu: »Nein, nein. Gestern nicht.«

6

Gottwald sah seinen Kopf in der Schlinge.

Er würde einen guten Anwalt brauchen. Einen Strafverteidiger, der seinen Job mit Engagement und Witz beherrschte. Ansonsten käme er wohl hinter Gitter!

Er seufzte tief.

»Scheiße! Ich wusste, dass Agneta irgendwann etwas finden würde, um mich in die Pfanne zu hauen!«

Ingelore setzte sich neben ihn und schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. »Ach Gottwald, rede nicht so. Natürlich kann dir niemand einen Mord anhängen.«

»Sieh dir die Sache doch mal nüchtern an. Simone war ein rechter Klotz am Bein. Es wird nicht lang dauern, bis die beiden Polizisten das herausgefunden haben. Und sie werden sich an mir festbeißen.«

»Aber Gottwald, sei doch nicht so pessimistisch! Sie haben keinen Grund, dich zu verdächtigen. Außerdem hast du ein Alibi! Bestimmt finden sie den wahren Mörder ziemlich schnell und es kehrt wieder Ruhe ein.« Ingelore zog die Füße an den Po. Ihr war kalt, trotz der Wollsocken.

»Du bist mein Alibi! Was glaubst du wohl, ist das in den Augen der Polizei schon wert?«, bellte er wütend.

»Nun, immerhin ist es ein Alibi. Im Nachhinein muss man zugeben, dass der romantische Vorteil eines fast leeren Kinos nun eher zu einem Nachteil mutiert ist. Aber man kann dir doch nicht im Ernst vorwerfen, dass der Film so schlecht besucht war. Der neue Scorsese! Unbegreiflich. Egal, bleibt also meine Aussage!«, stellte Ingelore trotzig klar.

Er küsste sie flüchtig auf die Wange. »Ja, ja. Stimmt schon. Und noch sind wir ja nicht verheiratet.« Sie drückte sich von ihm ab und sah ihm prüfend ins Gesicht. »Willst du die Hochzeit etwa verschieben?«, fragte sie, Hysterie in der Stimme.

Der Bräutigam schloss die Augen, lehnte den Kopf zurück, bis er auf der Sofalehne lag und schwieg.

»Gottwald!«

»Stell dir vor, wie du dich fühlen wirst, wenn man deinen Mann kurz nach der Hochzeit unter Mordverdacht ins Gefängnis wirft.«

»Rede keinen solchen Unsinn. Wir haben den Abend gemeinsam verbracht! Und mal ganz abgesehen von deinem Alibi – du hattest auch nicht das geringste Motiv, Simone umzubringen! Ich begreife gar nicht, wie man einem so herzensguten Vater wie dir solch ein grausiges Verbrechen unterstellen sollte!«

Paulsson beschloss, seiner zukünftigen Frau die Gründe dafür nicht im Einzelnen zu erläutern. Es war schlimm genug, dass die Polizei sie sich würde zusammenreimen können.

Nun gut, versuchte er sich zu beruhigen, vielleicht fanden die Ermittler ja bald so ein armes Schwein, das nicht intelligent genug war, sich glaubhaft zu verteidigen, sich keinen guten Anwalt leisten konnte und in naher Zukunft in den Knast wanderte. Möglicherweise verhafteten sie einen Schwächling, der unter gnadenloser Dauerbefragung nur allzu bereit war, den Mord zu gestehen, den er nicht begangen hatte. Am Ende fand der den geregelten Tagesablauf hinter Gittern sogar angenehm. Beheizte Zelle, eine warme Mahlzeit am Tag, leichte körperliche Arbeit. Gottwald grunzte wohlig. Ja, das wäre natürlich die beste Lösung. Er konnte dann in aller Ruhe wieder seinen Geschäften nachgehen – und seine Ingelore heiraten.

Auf der anderen Seite bestand natürlich das Risiko, dass die Beamten nicht lockerließen.

Es wäre sicher kein Fehler zu versuchen, einen Betroffenheitsbonus bei ihnen herauszuschinden. Rücksichtnahme dem untröstlichen Vater gegenüber, der sein einziges Kind durch ein Gewaltverbrechen verloren hat! Ihm war durchaus bewusst, dass sein Agieren am frühen Morgen nicht von Geschick und Klugheit geprägt gewesen war. Vielleicht konnte er das bei der nächsten Gelegenheit mit seinem Schock begründen.

Undeutlich spürte er, wie Ingelore damit begann, seinen Oberkörper zu streicheln. Ihre kühlen Finger schoben sein Hemd hoch, krochen über seine heiße Haut.

Er hatte das alles so unglaublich satt gehabt!

Simone hatte sich zu einer echten Belastung entwickelt, zickig und anmaßend.

Ständig versuchte sie, Geld bei ihm locker zu machen. Für dies, für das, für jenes. Die neue Hose, die sie gesehen hatte, ihre alte war nicht mehr angesagt, ein neues Fahrrad – unter einem schnittigen Spitzenbike war nichts verhandelbar, Geld für die Party bei Tom, den super Kino-Abend mit Freunden, den sie ausgeben wollte.

Gottwald entspannte sich unter Ingelores erfahrenen Händen, die sich bereits am Gürtel zu schaffen machten. Er stöhnte verhalten.

Und dann Simones ständiges Beleidigtsein.

Egal wie sehr er sich auch mühte, am Ende gab es für sie immer eine Veranlassung, patzig und übellaunig zu sein. Als er das erste Mal tastend von Plänen erzählte, eine neue Ehe einzugehen, sein Leben wieder mit einer Frau teilen zu wollen, war sie komplett ausgetickt, hatte rumgekreischt und angefangen, systematisch mit dem Geschirr aus dem Vitrinenschrank nach ihm zu werfen. Mehrere tausend Kronen Schaden.

Zum Aufräumen war sie natürlich nicht geblieben.

Hatte ihm vorgeschlagen, er könnte doch sein ›Flittchen‹ kommen lassen und bei der Gelegenheit auch gleich ihre Fähigkeiten im Haushalt überprüfen. An jenem Tag war ihm zum ersten Mal aufgefallen, wie sehr Simone nach Agneta klang. Er konnte ihr Bild deutlich vor sich sehen – Simone in zehn Jahren: schlampig, ungepflegt, zu fett und vollkommen verblödet. Es war höchste Zeit, diese Verbindung zu kappen.

Um die Wogen zu glätten, war er mit ihr in ein Outlet gefahren und hatte ihr vorgeschlagen, sich eine neue Jacke auszusuchen. Am Abend, nach dem üblichen Gezeter Agnetas bei der ›Übergabe‹ Simones, hatte er die Spuren des Wutausbruchs seiner Tochter beseitigt. Das Gefühl, die Angelegenheit gründlich leid zu sein, war geblieben, selbst als alle Scherben entsorgt waren.

»Aaaah, Ingelore«, seufzte er tief, stemmte sein enormes Gewicht aus dem Polster und gurrte an ihrem Ohr, als er ihr erlaubte, ihm die Hose an den Beinen hinabzustreifen.

Agneta Paulsson öffnete die Wohnungstür nur zögernd.

Rotgeränderte, verquollene Augen spähten misstrauisch durch den Spalt ins Treppenhaus.

»Ihr schon wieder?«

»Tut uns leid. Wir haben noch ein paar Fragen«, entschuldigte sich Sven leise.

Sie drehte sich kommentarlos um und verschwand im Flur. Mit schleppenden Schritten erreichte sie das von Zigarettenrauch verhangene Wohnzimmer und fiel dort erschöpft auf die Couch zurück.

Lundquist beobachtete, wie ihre Hand automatisch nach einem abgeliebten Plüschbären griff und ihn an die Brust presste.

Agneta bemerkte seinen Blick und schluchzte: »Das ist Meister Immel. Simone bekam ihn zur Geburt von einer Bekannten aus Deutschland geschenkt. Er hat sie überallhin begleitet. Ich werde ihn ihr mit ins Grab legen.«

»Unser Kind hat auch einen«, murmelte Lars mit belegter Stimme.

»Agneta, wir haben uns inzwischen ein bisschen umgehört. Simone wollte gestern am späteren Abend noch zu einem Treffen …«

»Davon hat sie kein Wort gesagt«, fiel die Mutter Sven ins Wort. »Und ich hätte es auch nicht erlaubt.«

»Hat Simone einen Onkel namens Ingeleif?«

Agneta sprang auf, als sei die Couch plötzlich unerträglich heiß geworden. »Hat ER das behauptet? Ja? Gottwald war noch nie um irgendeine Ausrede verlegen! Er hat euch eingeflüstert, meine Tochter sei noch verabredet gewesen, dabei weiß er ganz genau, dass ich ihr das an Tagen, die sie mit ihm verbracht hat, nie erlaube. Und überhaupt: Es gibt keinen Onkel, der Ingeleif heißt!«

Sven bemerkte, wie Agnetas gesamter Körper vor unterdrückter Wut zitterte. Fest presste sie das Gesicht gegen den Kopf des Bären, schniefte erneut. »Was für ein Quatsch!«

»Diese Information haben wir nicht von Gottwald. Simone hat es einer Freundin erzählt«, sagte Lundquist sanft.

»Dann muss diese Freundin etwas gründlich missverstanden haben!«, gab Simones Mutter heftig zurück.

»Agneta, du hast uns nicht die Wahrheit gesagt. Der Anwalt Gottwalds bestätigt dessen Aussage, dass er die Scheidung eingereicht habe, nicht du.« Sven setzte sich in einen der Sessel, vermittelte den Eindruck, länger bleiben zu wollen.

»Macht das denn einen Unterschied?«, patzte Agneta ungnädig. »Ich hatte mich emotional schon lange vorher von ihm losgesagt.«

»Aber eine rechtliche Trennung hast du nicht angestrebt. Dieser Schritt ging von ihm aus.«

»Ja. Schön! Er hat sich einen Anwalt genommen – so einen schleimigen Widerling. Der hat sich in allen Punkten durchgesetzt – ich war die Verliererin in der Sache«, knurrte sie.

»Das Sorgerecht für Simone hast du bekommen.«

»Ha! Gottwald wollte es so. Er war mit einer Besuchsregelung vollkommen einverstanden! Bloß keine Verantwortung übernehmen müssen!«, polterte die wütende Frau unbeherrscht.

»Es gab also keinen Deal.« Lars trat einen Schritt auf Agneta zu.

Sie wich zurück, sah sich nervös in ihrem Wohnzimmer um, als suche sie nach einem Versteck.

»N-Nein!«, räumte sie zögernd ein. »Nicht direkt. Aber ich wollte nicht, dass er über Simones Leben mitentscheiden konnte – es war genau die Lösung, die ich wollte.«

»Wir wissen, dass du wegen psychischer Probleme in Therapie warst. Willst du uns etwas darüber erzählen?«, schnitt Sven in freundlichem Ton ein neues Thema an.

»Das hat Gottwald euch erzählt! Psychische Probleme! Klar! Die bekommt man zwangsläufig, wenn man mit einem wie ihm verheiratet ist! Das alles war allein seine Schuld! Er hätte in Therapie gehört. So einen schließt man am besten für immer weg! Gottwald ist gemeingefährlich!«

»Wir würden gern mit deinem Therapeuten sprechen.«

»Nur zu!« Außer sich vor Zorn griff sie nach dem Telefon, wählte eine Nummer. »Hier sitzt die Mordkommission. Sie möchten sich mit dir über meine Therapie unterhalten. Erzähl ihnen ruhig, was dieses Schwein mir angetan hat!«

Sven nahm ihr den Hörer ab, vereinbarte einen Termin und legte auf.

»Er braucht das schriftlich. Formlos reicht.«

In krakeligen Buchstaben lag das Schreiben Minuten später auf dem Couchtisch.

»Agneta, du hast uns erklärt, Gottwald sei Simones Mörder.«

»Das stimmt auch.«

»Wir versuchen herauszufinden, was gestern Abend passiert ist. Bist du sicher, dass du den ganzen Abend über zu Hause warst – nicht doch zum Straßenfest hinuntergegangen bist?«

»Was soll das? Ich war hier. Wollte später mit Simone zusammen hinuntergehen.« Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. »Eine Mutter bringt doch nicht ihre eigene Tochter um!«

»Nun, Gottwald hält das in deinem Fall durchaus für möglich.«

Agneta starrte Sven entsetzt an, sank auf die Couch zurück und schwieg beharrlich auf alle weiteren Fragen.

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