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66 Hervorhebungen hier und in den weiteren Lehmann-Zitaten sind original.

67 Nach Pröpper kann Pannenberg sein Anliegen nicht einlösen: „Was aber seine weitergehende Absicht, eben den Aufweis religiöser Implikationen der anthropologischen Befunde betrifft, so handelt es sich, streng geurteilt, um Interpretationen: um Interpretationen eben ‚in theologischer Perspektive‘, um Deutungen also, die zwar grundsätzlich möglich sind, aber Alternativen nicht argumentativ ausschließen und deshalb für einen strengen Aufweis der Gottverwiesenheit des Menschen auch nicht ausreichen können. […] Ich bezweifle, daß der Aufgabe, die uns von der historischen und gesellschaftlichen Situation auferlegt ist, primär dadurch gedient wird, daß man ‚dem öffentlichen Bewußtsein von der Natur des Menschen sein religiöse Dimension zurückzugeben‘ und ihm die Bezogenheit auf die Wirklichkeit Gottes als ‚Konstante des Menschseins von seinen Anfängen an‘ vor Augen zu führen versucht (A 7f.469). Derart wird sich dem säkularen Bewußtsein seine unausweichliche Religiosität kaum noch andemonstrieren lassen“ (Pröpper 2011, S. 436).

68 Hervorhebung im Original.

69 „An entscheidender Stelle im vorangegangen Traktat haben wir schon das, was jetzt als »Theologische Anthropologie« zu entfalten oder auch nur zu skizzieren ist, in einem einzigen Satz zusammengefasst: »Der Mensch ist Schwester und Bruder Jesu Christi.« In der Tat ist für eine Anthropologie mit der theologischen Besinnung auf Jesus Christus im Grunde alles gesagt. Denn Gott zeigt sich ja gerade in Jesus Christus, erweist in ihm seine Gegenwart, um sich dadurch den Menschen zu zeigen und sich an ihnen als ihr Gott zu erweisen. […] Wie Gott sich aber in Jesus Christus in seinem Verhältnis zu den Menschen und zu allen Geschöpfen zeigt und erweist, so entspricht es offenkundig seinem Wesen, das heißt: So ist er überhaupt.“ (Pesch 2008, S. 3)

70 Hervorhebung im Original.

71 Vgl. dazu auch die Überlegungen von Max Seckler, der einen klassischen theologischen Begriff von Religion – „ordo hominis ad Deum“ – erläutert (vgl. Seckler 1985, S. 182) und anthropologisch vermittelt sieht im Interesse für das eigene Leben im Ganzen: „Es geht in der Religion um die menschliche Existenz selbst, in letzter Hinsicht und im ganzen, insofern diese sich selbst als Aufgabe erkennt und erfährt. Es geht bei diesem Ansatz noch gar nicht unmittelbar um die philosophische Sicht des Menschen als Wesen der Transzendenz, zu dessen Struktur es gehört, ein seine Endlichkeit übersteigendes Geheimnis der Wirklichkeit vorauszusetzen bzw. im Vorgriff und Ausgriff auf es zu leben und sich auf dieses als Erfüllung seines eigenen Seins zu beziehen, wie z. B. Karl Rahner dies beschrieben hat. Es geht vielmehr grundlegend darum, daß der Mensch auf Grund seiner Exzentrizität [vgl. H. Plessner] ein Verhältnis zu sich und zur Ganzheit seines Daseins entwickeln kann und muß, das unter der Devise mea res agitur steht. Es liegt in der Logik eines solchen Daseins, daß hier der anthropologische Ort für bedingungsloses Interesse und totales Engagement ist. Wenn irgendwo, dann sind an diesem Ort auch die Inhalte des intentionalen Gegenstandes der Religion einzuschreiben.“ (ebd., S. 190)

72 Heinz Streib und Ralph W. Hood meinen deshalb mit Bezug auf James, dass sich alle sogenannten „spirituellen“ Erfahrungen im Bereich des Religionsbegriffs einordnen ließen, da dieser Spiritualität umgreife (vgl. Streib u. Hood 2011, S. 446). Vgl. dazu ausführlicher unten S. 66).

73 Hervorhebungen im Original.

74 Vgl. zu seiner Sicht auch einen späteren umfassenden Beitrag (Belzen 2004, S. 302–313).

75 So plädiert auch Bernhard Grom für eine substanzielle Definition: „Religiöses Erleben hat hingegen immer eine spezifische kognitive Komponente, der nur eine ‚substanzielle‘ Definition gerecht wird. Tatsächlich hat die Religionspsychologie in einer langen Forschungstradition gute Erfahrungen mit einem substanziellen Religionsbegriff gemacht, der rein forschungspragmatisch religiöse Phänomene von nichtreligiösen abgrenzt, um sich nicht im Uferlosen zu verlieren. In dieser Sicht kann man sich darauf verständigen, dass als ‚religiös‘ jenes Erleben, Erkennen und Verhalten zu bezeichnen und zu erforschen ist, das in seiner kognitiven Komponente ausdrücklich etwas Übermenschliches und Überweltliches annimmt, gleich, ob dieses poly-, mono- oder pantheistisch oder anders aufgefasst wird.“ (Grom 2009, S. 16) „Als organisierte Glaubensüberzeugung und -praxis wird das Religiöse traditionell als ‚Religion‘ bezeichnet, im Unterschied zu ‚Religiosität‘ als individueller Gestalt des Religiösen.“ (ebd.)

76 Ähnlich warnen Hill, Pargament, Hood et al. (2000) in einem wichtigen Grundlagenartikel Forscher ebenso vor zu restriktiven und engen wie übermäßig weiten Definitionen, die Studien ihrer unterscheidenden Kennzeichen berauben könnten. Wenn jede Annahme oder Aktivität, die einem Menschen ein Gefühl von Identität oder Sinn/Bedeutung gebe (z. B. Zugehörigkeit zu einem Verein), als halb des Bereichs dessen, was religiös bzw. spirituell sei (vgl. ebd., S. 71).

77 „The term sacred is used inclusively here to refer not only to concepts of God and higher powers but also to other aspects of life that are perceived to be manifestations of the divine or imbued with divinelike qualities, such as transcendence, immanence, boundlessness, and ultimacy (Pargament & Mahoney, 2005). Virtually any part of life, positive or negative – including beliefs, practices, experiences, relationships, motivations, art, nature, and war – can be endowed with sacred status“ (Pargament et al. 2013a, S. 14).

78 H. Streib und R.W. Hood kommentieren im Blick auf individuelle Symbolisierungen: „When, furthermore, the term sacred is defined as referring to ‚a divine being, divine object, Ultimate Reality, or Ultimate Truth as perceived by the individual, ‘both religion and spirituality are conceptualized rather in the tradition of a substantive definition of religion, but very open in the variety of individual symbolizations. And in regard to these symbolic characteristics, the authors do not propose any difference between religion and spirituality.“ (Streib u. Hood 2011, S. 445)

79 Zu den Begriffen von Gesundheit und Krankheit generell vgl. den Überblick bei Eberhard Schockenhoff im Abschnitt „Definitorische Grenzziehungen“ (Schockenhoff 2009, S. 300–313).

80 So sagt die WHO in ihrer Definition von Palliativversorgung bei lebensbedrohlichen Krankheiten: „Palliative care is an approach that improves the quality of life of patients and their families facing the problem associated with life-threatening illness, through the prevention and relief of suffering by means of early identification and impeccable assessment and treatment of pain and other problems, physical, psychosocial and spiritual. Palliative care […] integrates the psychological and spiritual aspects of patient care“ (WHO 2002, S. 1)

Vgl. auch das US-amerikanische Grundlagenpapier zu Spiritual Care in der Palliative Care von Puchalski et al. (2009), sowie den Task Force-Bericht der European Association for Palliative Care von Nolan et al. (2011) mit einer Definition für den europäischen Kontext: „Spirituality is the dynamic dimension of human life that relates to the way persons (individual and community) experience, express and/or seek meaning, purpose and transcendence, and the way they connect to the moment, to self, to others, to nature, to the significant and/or the sacred.“ (ebd., S. 88)

Entsprechend sagt die deutsche S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung: „Der Ansatz der Palliativversorgung ist ganzheitlich, wobei der Patient in seinen vier personalen Dimensionen Beachtung findet: physisch, psychisch, sozial und spirituell. […] Die vier Dimensionen sind interrelational.“ (Leitlinienprogramm Onkologie 2015, S. 29)

Die spirituelle Dimension wird beschrieben als „dynamische Dimension menschlichen Lebens, die sich darauf bezieht, wie Personen (individuell und in Gemeinschaft) Sinn, Bedeutung und Transzendenz erfahren, ausdrücken und/oder suchen, und wie sie in Verbindung stehen mit dem Moment, dem eigenen Selbst, mit Anderen/m, mit der Natur, mit dem Signifikanten und/oder dem Heiligen […]. Der spirituelle Bereich umfasst dabei: • Existentielle Fragestellungen (z. B. Identität, Bedeutung, Leid und Tod, Schuld und Scham, Versöhnung und Vergebung, Freiheit und Verantwortung, Hoffnung und Verzweiflung, Liebe und Freude betreffend) • Werte und Werthaltungen (d. h. das, was für eine Person am wichtigsten ist, beispielsweise das Verhältnis zur eigenen Person, Familie, Freunden, Beruf, Materielles, Natur, Kunst und Kultur, Ethik und Moral, zum Leben als solchem) • Religiöse Aspekte und Grundlagen (Glaube, religiöse Inhalte und Praktiken, die Beziehung zu Gott oder dem Transzendenten)“ (ebd.).

Der Ressourcenaspekt wird ausdrücklich benannt: „Die emotionale und spirituelle Dimension können für den Patienten wichtige Ressourcen sein. Lassen der Arzt und die weiteren an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen dem emotionalen und spirituellen Erleben des Patienten – sei es verbal oder nonverbal geäußert – Raum, unterstützen sie ihn wirksam beim Wiedergewinn von Selbstwert und Kontrolle sowie in der Suche nach neuer Orientierung […]. Auch hier geht es um einen Prozess, dessen Inhalte und Zeitablauf vom Patienten zu bestimmen sind.“ (ebd., S. 137)

81 „Religiosität und Spiritualität können im Kontext einer Krebserkrankung sowohl protektiven als auch belastenden Charakter haben. Zu den spirituellen und religiösen Problemen zählen der Verlust des Glaubens, Zweifel, Hoffnungslosigkeit und Sinnverlust sowie ausgeprägte Schuldgefühle, Ängste vor Verurteilung oder Bestrafung aufgrund religiöser Werte, Probleme der Krankheitsverarbeitung, Todesängste sowie ethische Konflikte im Krankenhaus“ (Leitlinienprogramm Onkologie 2014, S. 36)

82 Aus epistemologischer Sicht z. B. N. McLaren (1998). Hinsichtlich psychiatrischer Krankheitsmodelle und der Gefahr reduktionistischer Konzeptionen meint T. Fuchs: „Das in den letzten Jahrzehnten häufig vertretene ‚biopsychosoziale Modell‘ stellte noch eine Art Kompromisslösung dar, die allerdings oft zu einem bloßen Eklektizismus ursächlicher Faktoren führte“ (Fuchs 2010, S. 237).

83 Vgl. die Zusammenfassung bei Egger (2015, S. 80), textgleich bereits 2005 (Egger 2005, S. 5).

84 „Das erweiterte biopsychosoziale Modell basiert auf der Theorie der Materie-Geist-Einheit und macht sich u. a. die Metatheorien der Allgemeinen Systemtheorie sowie der Leib-Seele-Identitätstheorie zunutze. Es sagt bezüglich geistiger Phänomene einerseits und körperlicher Phänomene andererseits, dass mentale Phänomene (bspw. Gedanken) relativ zum Nervensystem emergent sind. Mit anderen Worten: Seelische Ereignisse sind zwar bestimmt durch und auch energetisch erzeugt von physiologischen bzw. physiko-chemischen Ereignissen, sie sind aber charakterisiert durch emergente Eigenschaften, welche unterscheidbar sind von neurobiologischen Eigenschaften und welche auch nicht reduzierbar sind auf neurophysiologische Tatbestände. Daher ist kein seelisches Phänomen vorstellbar, das nicht zugleich auch ein physiko-chemisches Ereignis ist. Der zentrale Begriff ist hier die Emergenz, also das Hervorbringen von Phänomenen, die auf der jeweils darunter liegenden Systemebene nicht vorhanden sind und deswegen dort auch nicht als Erklärungsgrundlagen zur Verfügung stehen. Das Phänomen der Emergenz wird als ein unverzichtbares Grundprinzip von Naturerscheinungen verstanden.“ (Egger 2015, S. 92)

85 Egger erscheint generell sehr religionskritisch, z. B. auch mit der Ansicht, dass die evolutionäre Erkenntnistheorie „die religiöse Schöpfungslehre atomisierte und Gott „in Raumnot“ versetzte.“ (vgl. ebd., S. 41) f.) Dies dürfte theologisch nicht ganz up to date zu sein, da für die aktuelle Theologie weder Urknallnoch Evolutionstheorie ein Problem sind, wenngleich es mit dem „Kreationismus“ v. a. in den USA eine sehr kritikable andere Position gibt. – Vgl. dazu etwa Medard Kehl (2006), Hans Kessler (2012) oder von ev. Seite Friedrich Schweitzer (2012).

86 „Der Arzt ist daher nicht als Experte aufgerufen, der im Besitz allgemeinverbindlicher medizinischer oder philosophischer Wahrheiten ist, sondern als Mitmensch, der zuhören und sich in die Wirklichkeit eines anderen versetzen kann, der weiß, daß es Antworten gibt, die nur der Betroffene für sich finden kann, der dafür aber die einfühlende Gegenwart eines anderen braucht.“ (Uexküll 1989, Sp. 858)

87 Auch neuere Autoren aus den Bereichen Psychiatrie bzw. Psychotherapie plädieren mit unterschiedlichen Nuancen für ein erweitertes Modell (z. B. Cox u. Gray 2009, S. 589; Verhagen 2009, S. 205; Hefti 2013).

88 Er zieht natürlich auch die Möglichkeit in Betracht, dass man sich gegen jedwede Transzendenz entscheiden kann: „even the person who has chosen to believe that there is no such thing as transcendence has made his or her choice in relationship to that question, which is put before each person.“ (Sulmasy 2002, S. 26)

89 Ähnlich auch Katia Garcia Reinert und H. G. Koenig (2013): „The authors propose defining spirituality in the context of religious involvement when conducting research, while using a broader definition of spirituality when providing spiritual care.“ (Reinert u. Koenig 2013, S. 2622)

90 „[Religion] Involves beliefs, practices, and rituals related to the transcendent, where the transcendent is God, Allah, HaShem, or a Higher Power in Western religious traditions, or to Brahman, manifestations of Brahman, Buddha, Dao, or ultimate truth/reality in Eastern traditions. This often involves the mystical or supernatural. Religions usually have specific beliefs about life after death and rules about conduct within a social group. Religion is a multidimensional construct that includes beliefs, behaviors, rituals, and ceremonies that may be held or practiced in private or public settings, but are in some way derived from established traditions that developed over time within a community. Religion is also an organized system of beliefs, practices, and symbols designed (a) to facilitate closeness to the transcendent, and (b) to foster an understanding of one’s relationship and responsibility to others in living together in a community.“ (H. G. Koenig, D. E. King, and V. B. Carson, Handbook of Religion and Health, Oxford University Press, New York, 2nd edition, 20 12; zit. nach Koenig 2012a, S. 2) f.).

„Spirituality is distinguished from all other things – humanism, values, morals, and mental health – by its connection to that which is sacred, the transcendent. The transcendent is that which is outside of the self, and yet also within the self – and in Western traditions is called God, Allah, HaShem, or a Higher Power, and in Eastern traditions may be called Brahman, manifestations of Brahman, Buddha, Dao, or ultimate truth/reality. Spirituality is intimately connected to the supernatural, the mystical, and to organized religion, although also extends beyond organized religion (and begins before it). Spirituality includes both a search for the transcendent and the discovery of the transcendent and so involves traveling along the path that leads from nonconsideration to questioning to either staunch nonbelief or belief, and if belief, then ultimately to devotion and finally, surrender. Thus, our definition of spirituality is very similar to religion and there is clearly overlap.“ (H. G. Koenig, D. E. King, and V. B. Carson, Handbook of Religion and Health, Oxford University Press, New York, 2nd edition, 2012; zit. nach Koenig 2012a, S. 3).

91 Diese Unterscheidung von Religiosität und Spiritualität sei besonders wichtig in eher säkular geprägten Ländern, wo eine wachsende Zahl von Menschen sich als „spirituell, aber nicht religiös“ betrachte (vgl. Zwingmann et al. 2011, S. 353).

92 Peter Bräunig (Prof. Dr. med., geb. 1953, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Vivantes Humboldt-Klinikum Berlin) sieht hier auch eine ärztliche Aufgabe: „Es ist keine Frage, dass Spiritualität und Religiosität psychisch kranken Menschen dabei helfen können, ihre Krankheit besser zu bewältigen und Erfüllung und Sinn im Leben zu finden. Religiöse und spirituelle Bedürfnisse unserer Patienten wahrzunehmen und darauf einzugehen ist eine genuine ärztliche Aufgabe, deren konstruktive »Bewältigung« positive Auswirkungen auf die Lebensqualität und auf die individuelle Zufriedenheit unserer Patienten haben dürfte.“ (Bräunig 2007, S. 33)

93 In Kapitel 25 Behandlungsbasis erscheint im Rahmen der „Basistherapie im Krankenhaus“ ein weiterer ausdrücklicher Bezug: „Seelsorge. An der religiösen Einstellung des Patienten will die heutige Psychiatrie nicht mehr vorbeigehen, sondern sie ernst nehmen, da sie zum Leben des Menschen gehört. Dabei sind die Grenzen zwischen Psychotherapie und Seelsorge zu wahren, das eine kann das andere nicht ersetzen.“ (Tölle u. Windgassen 2014, S. 328) Wie könnte ihre Verbindung aussehen?

94 Oder Postmoderne oder jüngste Vergangenheit der letzten Jahrzehnte oder wie immer man es nennen möchte.

95 Erstmals: The Invisible Religion (New York: 1967); die verschiedenen Transzendenzen erst 1991 im „Nachtrag“.

96 Luckmann meint, Religion verschwinde nicht in der Moderne, aber die Transzendenzspanne schrumpfe: In der beobachtbaren Privatisierung von Religion gebe es eine Bewegung von großer jenseitiger Transzendenz zu mittleren (polit.) und kleinen Transzendenzen, das Individuum bekomme mit modernen religiösen Themen wie „Selbstverwirklichung“ und persönlicher Autonomie einen „heiligen Status“ (vgl. Luckmann 1990, S. 127–129, 138). Religion sei eine „anthropologische Universalie“ (vgl. Luckmann 2002).

97 Ähnliche Einwände zu Selbsteinschätzungen werden öfters erhoben. Vgl. etwa die Beobachtung von R. W. Hood, dass Menschen auf Fragen nach ihrer religiösen Identifikation zunehmend antworteten, es komme darauf an, was der Interviewer mit Religion meine (vgl. Hood 2012, S. 107). Oder die Bemerkung von S. Dein (2013b), dass Grundkonzepte wie Religion, Spiritualität, Glaube, Krankheit etc. kulturell geprägt seien und die anthropologische Feldforschung eher die allgemeine Verwendung solcher Begriffe erheben statt professionelle Definitionen vorgeben solle.

98 „Baumeister (1991) proposed a reasonable definition of meaning as a ‚mental representation of possible relationships among things, events, and relationships. Thus, meaning connects things‘ (p. 15).“ (Park 2010, S. 257) Der Überblicksartikel von Park ((2010) sei ebenfalls empfohlen, hier findet sich auch die hilfreiche Unterscheidung von globalem Sinn (Global Meaning) und situativem Sinn (Situational Meaning), die in Lebenssituationen wie Krankheit beide herausgefordert sind (vgl. auch Meaning-based Coping in 4.5.1).

99 Unter Rückgriff auf R. F. Baumeister (1991): Meanings of life (New York: Guilford Press) beschreiben die Autoren die Suche nach einem sinnvollen Leben in Form von vier Hauptbedürfnissen: • Bedürfnis nach einem Ziel (need for purpose): „present events draw meaning from their connection with future events“ • Bedürfnis nach orientierenden Werten: „need for values, which can lend a sense of goodness or positivity to life and can justify certain courses of action“ • Bedürfnis nach Wirksamkeit (needfor efficacy): „a belief that one can make a difference“ • Bedürfnis nach Selbstwert (a basis for self-worth): „Most people seek reasons for believing that they are good, worthy persons.“ (vgl. Baumeister u. Vohs 2005, S. 610)

Sinnkonstruktion wird auch hier als aktiver Vorgang betrachtet: „The term meaning-making refers to an active process through which people revise or reappraise an event or series of events.“ (ebd., S. 613)

100 Er fügt einen anschaulichen Vergleich an: „Als Verständnishilfe für eine solche Situation denke man an einen Tennisclub, in dem es mehrere bislang ungeschlagene Spieler gibt: Solange es nie zu einem Turnier »aller gegen alle« gekommen ist, ist die Frage nach dem besten Spieler nicht beantwortbar.“ (Löffler 2011, S. 1995)

101 So z. B. W. Schaupp: „Krankenhäuser sind Orte existenzieller Grenzerfahrungen, man erlebt Ohnmacht, Kontrollverlust über das eigene Leben und die plötzliche Zerstörung bisheriger Lebenshoffnungen. All dies provoziert Fragen nach dem ‚wahren‘ Sinn des Lebens, nach dem Warum von Krankheit und Tod, nach dem Wert des bisher gelebten Lebens, nach dem Umgang mit Lebensschuld, sowie danach, ob es etwas gibt, das den Tod überdauert.“ (Schaupp 2014, S. 23) Und E. Frick: „Krisensituationen sind deshalb so wichtig, weil spirituelle Hintergrundfragen aufbrechen, die im Prinzip auch ohne die Krise gegeben sind.“ (Frick 2014b, S. 56)f)

102 „Reker (2000) fasst die Themen zusammen, die in der Literatur am häufigsten genannt werden […]. Er nennt persönliche Beziehungen, Altruismus, religiöse Aktivitäten, kreative Aktivitäten, persönliches Wachstum, Erfüllung von Grundbedürfnissen, finanzielle Sicherheit, Freizeitaktivitäten, persönliche Leistungen, ein Vermächtnis hinterlassen, Werte oder Ideale, Tradition und Kultur, soziale/politische Themen, humanistische Beschäftigungen, hedonistische Aktivitäten, materieller Besitz sowie Beziehung zur Natur.“ (Schnell 2009, S. 108) Nach G. T. Reker (2000): Theoretical Perspective, Dimensions, and Measurement of Existential Meaning. In: G. T. Reker & K. Chamberlain (Hg.), Exploring Existential Meaning (S. 39–55), Thousand Oaks: Sage (vgl. ebd., S. 315).

103 N = 603; 281 Männer / 322 Frauen, Alter 16 – 85 J., M = 45,3± 16,6 J. (Schnell 2008).

104 „(1) Selftranscendence: Commitment to objectives beyond one’s immediate needs. For further, practically relevant, differentiation between vertical and horizontal orientations (cf. Goodenough, 2001; Schnell, 2003, 2009a) and supported by factor-analysis of its items, this dimension is divided into two sub-dimensions: (1a) Vertical selftranscendence: Orientation towards an immaterial, supernatural power (sample item: My religion gives me strength.) (1b) Horizontal selftranscendence: Taking responsibility for (worldly) affairs beyond one’s immediate concerns (sample item: I strive to do something for future generations.)“ (Schnell 2011a, S. 668).

105 Vgl. auch Schnell 2016, S. 69–72. Natürlich können auch Atheisten, Agnostiker und Indifferente Sinnerfüllung erfahren (vgl. ebd., S. 72–74).

106 Hervorhebung im Original.

107 Peter J. Verhagen dagegen beschreibt es so: „What do we mean when we say that life is meaningful? Meaning giving is not just a matter of value. When we say life is meaningful we mean that our acts and experiences cohere with other acts and experiences, with life as a whole, that acts are performed in the light of an intended purpose that makes it worthwhile in terms of values“ (Verhagen 2012, S. 357).

108 Yalom, Irvin D. (1980): Existential Psychotherapy. New York: Basic Books.

109 Siehe dazu oben S. 63) die Erkenntnisse von T. Schnell zum Anteil von existentiell Indifferenten in der deutschen Allgemeinbevölkerung.

Bei Menschen in Krankheit oder mit anderen Belastungen könnte es jedoch anders aussehen.

110 Sie empfehlen, nicht „unter dem Label ‚Spiritualität‘ das Rad neu zu erfinden.“ (Streib u. Keller 2015, S. 26)

111 Vgl. dazu unten am Ende von Abschn. 2.6.2 (Streib u. Keller 2015).

112 Hervorhebung im Original.

113 Im Einzelnen: „We interpret the components as follows: 1. Spirituality as a Christian way of life, clearly visible in all dimensions; 2. Spirituality as responsibility towards others and nature; 3. Spirituality as striving for mental health: well-being, contentment and balance; vitality, energy and inspiration and the practices that are meant to produce such feelings; 4. Spirituality as a life attitude of inwardness; 5. Spirituality as the paranormal, expressed in beliefs and practices; 6. Spirituality as experiencing the transcendent and the non-perceptible; 7. Spirituality as experiencing the immanent God; and 8. Spirituality as the transcendent God.“ (Berghuijs et al. 2013, S. 386)

114 Zu Methoden und Ergebnissen vgl. die Homepage (www.uni-bielefeld.de/spirituality-research).

115 Vgl. Tab. 2.1: „Spiritualität ist … 1 … (All-)Verbundenheit und Harmonie mit dem Universum, der Natur und dem Ganzen 2 … Teil von Religion, von christlichem Glauben 3 … innere Suche nach einem (höheren) Selbst, nach Sinn, Frieden und Erleuchtung 4 … Festhalten an und Einhalten von Werten und Moral in Bezug zur Menschheit [Ethik] 5 … Glaube an eine höhere Macht, höhere Mächte, höhere Wesen (Gottheiten, Götter) 6 … Intuition von Sphären/Wesen, die zwar unspezifiziert, aber höher und jenseits sind 7 … Erfahrung von existenzieller Wahrheit, Ziel und Weisheit jenseits rationalen Verstehens 8 … Bewusstsein für eine nicht-materielle, unsichtbare Welt, übernatürliche Energien und Wesen (z. B. Geister) [Esoterik] 9 … Opposition zu Religion, dogmatischen Regeln und Traditionen 10 … individuelle religiöse Praxis, Meditation, Gebet, Gottesdienst“ (Streib u. Keller 2015, S. 41).

116 Auch bei Werten findet sich ein Definitionsproblem, wie Giovanni Maio in einem anschaulichen Vergleich aufzeigt: „Werte sind also das, was um seiner selbst willen geschätzt wird, es sind Größen, die sich uns zeigen, ohne dass wir sie immer genau definieren könnten. Denken wir in Analogie dazu an den Versuch, die Farbe Gelb zu definieren: Obwohl eine solche Definition nicht möglich sein wird, wissen wir alle, was Gelb ist, wenn wir etwas als Gelb wahrnehmen, weil es sich uns als Gelb zeigt.“ (Maio 2012, S. 18) – Was für jemanden noch richtig gelb ist, was Richtung weiß oder auch orange oder grün geht … das mag subjektiv verschieden wahrgenommen werden. Vielleicht ist es bei Definitionen von Religiosität bzw. Spiritualität ähnlich?

117 Übernatürliche Erklärungen braucht es wirklich nicht: Siehe unten die verschiedenen Theorien zu gesundheitsgünstigen Wirkungen von Religiosität bzw. Spiritualität (vgl. Abschn. 4.5).

118 „The naturalistic perspective also overestimates the capacity of science to deal with questions of meaning and morality. Science and spirituality explain different but integrated domains of human experience. […] while science ‚works‘ in certain domains, it is not clear how a naturalistic/scientific perspective enables one to make and test claims around meaning and morality.“ (Pesut 2010, S. 19) Hussey antwortet darauf, dass „ science“ auch die Humanwissenschaften umfasse, und moralische Fragen sehr wohl einen Platz hätten (vgl. Hussey 2011, S. 46) f.).

119 Auch das Wort Gott ist in diesem Sinne ein Grenzbegriff: „The word God functions in a similar manner. It is not unintelligible or unimportant, but it denotes an area where positive assertion of characteristics or ideas may be limited or inappropriate because of the subject matter concerned.“ (Swinton u. Pattison 2010, S. 231)

120 Vgl. das Konzept „dichte Beschreibung“ (Geertz 1983).

121 Dem stimmt z. B. auch Eckhard Frick zu: Salander „hat Recht, dass der Containerbegriff ‚Spiritualität‘ ein ‚conceptual stretching‘ ist. Der weite Container-Begriff hat allerdings auch Vorteile. Ein sehr weiter Begriff ermöglicht es uns, die verschiedensten Phänomene innerhalb der Religionsgemeinschaft, aber auch außerhalb, aufzugreifen und auch zu beleuchten.“ (Frick 2014b, S. 63)

122 Idiographisch: den Einzelfall beschreibend; auf das Einzelne, Einmalige in seinem Kontext zielend.

123 Nomothetisch: auf die Auffindung von Gesetzmäßigkeiten zielend.

124 Die Arbeitsgruppe der World Psychiatric Association für die International Guidelines for Diagnostic Assessment (IGDA) betrachtet es als fundamental, ein Assessment des psychiatrischen Patienten als ganzer Person und nicht nur als Krankheitsträger vorzunehmen (vgl. IGDA Workgroup 2003e, S. s37). Eine nomothetische/standardisierte sollte mit einer idiographischen (personalisierten) diagnostischen Formulierung verbunden werden (vgl. IGDA Workgroup 2003a, S. s41). In Kap. 8 Idiographic (personalised) diagnostic formulation findet sich auch ausdrücklich Spiritualität (s. u. S. 92).

125 Am Beispiel Brustkrebs: „The relational/spiritual experiences that such women describe are not a ‚by-the-way‘; they are fundamental to a proper understanding of what breast cancer is. Breast cancer, like all illnesses, is a communal entity that is always owned by some form of community. It is not simply a biological malfunction. It is a radical change in the world of the patient within which a whole new identity has to be constructed as the ways in which the world they perceived and responded to are challenged, reframed and worked out. If we miss this then we miss the heart of the issue.“ (Swinton 2014, S. 172)

126 Vgl. unten die Hinweise zur „Geistlichen Unterscheidung“ (S. 155).

127 Allerdings ist Bedürfnis auch hier kein ganz scharf abzugrenzender Begriff. Dorschs Psychologisches Wörterbuch definiert in der 15. Auflage: „Bedürfnis ( = B.) [engl. need], der Zustand eines Mangels, des Fehlens von etwas, dessen Behebung verlangt wird. B. ist der Ausdruck dessen, was ein Lebewesen zu seiner Erhaltung und Entfaltung notwendig braucht. Ps. ist B. das mit dem Erlebnis eines Mangels und mit dem Streben nach der Beseitigung dieses Mangels (der Befriedigung) verbundene Gefühl. Je nach Einteilungsgesichtspunkten hat man unterschieden: primäre (physiologische) und sekundäre (gelernte, erworbene) B., Trieb- (vitale) B. und geistige (intellektuelle) B., bzw. primitive und kulturelle oder natürliche und künstliche oder, nach verschiedenen Lebensgebieten klassifiziert, z. B. soziale, künstlerische, religiöse usw. B. Die Abgrenzung von B., Trieb und Motiv ist unscharf.“ (Bergius 2009, S. 114)

Aus psychoanalytischer Sicht unterscheidet Salman Akhtar (1999) Bedürfnisse (needs) als universal von Wünschen (wishes), die individuell und erfahrungsgebunden seien. Er schlägt sechs Grundbedürfnisse vor: „(1) the need for one’s physical needs to be deemed legitimate; (2) the need for identity, recognition, and affirmation; (3) the need for interpersonal and intrapsychic boundaries; (4) the need for understanding the causes of events; (5) the need for optimal emotional availability of a love object (in the clinical situation, the analyst); and (6) the need for a resilient responsiveness by one’s love objects (in the clinical situation, the analyst) under special circumstances.“ (ebd., S. 131) Es könnte interessant sein, die hier postulierten Grundbedürfnisse auch im Blick auf Religiosität bzw. Spiritualität durchzubuchstabieren! In diesem Sinne schlägt etwa Neal Krause (2011) vor, die empirischen Zusammenhänge von Religion und Gesundheit basierend auf der Erfüllung grundlegender Bedürfnisse (need for meaning, control, sociality and self-transcendence) einzuordnen.

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