Читать книгу: «Stalag XI C 311», страница 3

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>>Gürtel, Schnürsenkel ausziehen! <<, gab der SS Mann mir herrisch den Befehl.

Mir war bewusst: Dies war eine Vorsichtsmaßnahme wegen der Selbstmordgefahr eines Gefangenen in der vorläufigen Untersuchungshaft.

>>Es wird gleich jemand kommen und mit dir zum Sanitäter gehen <<, lies der Gestapo-Beamte mich wissen.

Jetzt sagte er plötzlich zu meiner Überraschung, Du zu mir.

>>Wo kommen die Verletzungen her? hast Du noch mehr? <<, wollte er wissen.

Darauf hin ließ ich meine Hose etwas herunter. Zog mein Hemd etwas hoch, so dass er deutlich meine mir zugefügten Verletzungen sehen konnte. Jetzt sah er, dass meine ganze linke Seite von der Hüfte aufwärts am Körper stark angeschwollen und blau durch einen Bluterguss unterlaufen war.

>>Die Verletzungen wurden mir nach der Festnahme zugefügt<<, sagte ich zögernd vorwurfsvoll.

Ohne auf meine Beschwerde einzugehen, lies er mich stehen und ging aus der Zelle. Als er die Tür hinter sich verschlossen hatte, atmete ich auf. Denn ich war froh endlich alleine zu sein. Wehmütig sah ich mich in der Gefängniszelle um.

Nur eine klapprige, harte Holzpritsche, auf der eine zerschlissene Kommissdecke lag, stand in der Arrestzelle. Was mir auffiel, der Raum war extrem hoch. In einer Höhe von etwa drei Metern befand sich ein kleines rechteckiges Fenster, das von außen vergittert war. Dies war die einzige Belüftung für die muffig riechende Arrestzelle. Völlig erschöpft zog ich meine Schuhe aus und legte mich auf die Holzpritsche. Mir war plötzlich alles gleichgültig.

Eine Flucht aus dieser Zelle kommt für mich nicht mehr in Frage. Alles werde ich bei dem Verhör erzählen, wie es war. Nur die eigenmächtige Kampfhandlung am feindlichen Bunker werde ich verschweigen, denn die werden sie mir nicht glauben und als hinterlistige Lüge auslegen, dachte ich.

Plötzlich wurde die Tür aufgeschlossen und ruckartig geöffnet. Ein junger Gefreiter der Sanitäts-Abteilung stand in der Tür.

Griffbereit trug er eine militärische Pistole der Marke 08 an seinem schwarzen Koppel. Mit der Hand klopfte er hinweisend fest auf den Lederholster und sagte drohend:

>>Komm mit! Wir müssen zur Sanitäts-Abteilung. Wenn du Dummheiten machst, muss ich von der Waffe gebrauch machen. Du gehst jetzt drei Schritt mir voraus! <<

Er hatte wohl Angst ich könnte ihm entfliehen, dachte ich.

Als ich aufstand, bemerkte ich, da ich keinen Hosengürtel mehr besaß, der meine viel zu große französische Uniformhose, die ich mir in dem feindlichen Bunker angezogen hatte, an meinem Unterkörper herunterfiel. Sie war drei Kleidernummern zu groß für mich. So musste ich sie mit beiden Händen festhalten.

Selbst ängstlich, drei Schritte hinter mir hergehend führte mich der Gefreite ab, in einen Sanitätsraum.

Es war ein kleiner Behandlungsraum im düsteren Kellergeschoss des vierstöckigen Gebäudes, in den er mich hinein dirigierte.

Ein junger Militärarzt stand schon wartend bereit. Wie es zu den Verletzungen kam interessierte ihn nicht. Nach Säuberung der Wunde mit einem desinfizierenden Mittel, nähte er mir die verletzte Augenbraue unter örtlicher Betäubung zu. Die Schürfwunde an der Nase wurde gereinigt und mit einem Pflaster verklebt. Auf meinen mit blauen Striemen gezeichneten verletzten Rücken bekam ich eine heilende kühlende Salbe aufgetragen. Danach brachte mich der Sanitäter wieder in die Haftzelle zurück.

Kaum hatte ich mich etwas auf die Holz-Pritsche gelegt um mich etwas zu erholen, hörte ich wiederum das heftige Öffnen des Schlosses der Zellentür.

>>Mitkommen! <<, kam der kurze Befehl als die Tür heftig aufgestoßen wurde.

Der herrische Ankömmling war ein Untersturmführer der Waffen-SS. Er führte mich ein paar Türen weiter in einen mir unbekannten Raum. Dann zog er hinter mir heftig die Tür zu und sperrte von draußen ab.

Jetzt stand ich alleine in dem Zimmer, das keine Fenster besaß. Eine kleine Schirmlampe an der hohen Decke brachte spärlich Helligkeit in den Raum. Ich erkannte sofort an der Einrichtung der Möbel, dass es ein Raum sein musste, in dem Verhöre durchgeführt wurden. Denn in der Mitte des Raums stand ein großer Eichentisch, an dem zwei Holzstühle gegenüberstanden. Neben dem Tisch erkannte ich eine in der Höhe und Seite verstellbare Stehlampe. Nicht weit davon befand sich nochmals ein kleiner viereckiger Holztisch, auf dem eine Schreibmaschine neben einem Telefon stand. Der klapprige Holzstuhl dahinter ließ ahnen, dass es der Platz für einen Schreiber sein musste, der das Vernehmungsprotokoll aufnahm.

Wartend was geschah, lief ich unruhig und aufgeregt in dem kleinen abgedunkelten Raum, der einer Gefängniszelle gleich kam hin und her bis schließlich nach einer Stunde des zermürbenden Wartens die Tür geöffnet wurde.

Das ist die Verhörstrategie der Gestapo. Sie wollen dich zermürben, noch bevor die Vernehmung beginnt, dachte ich, als mehrere uniformierte Männer in das Zimmer kamen. Einer von ihnen, war in Zivilkleidung. Er schloss die Tür hinter sich wieder ab und steckte den Schlüssel ein.

Der Untersturmführer der Waffen-SS, der mich aus der Zelle geholt hatte, war auch dabei. Ein weiterer uniformierter Soldat war ein mir noch unbekannter Sturmmann, der Waffen-SS. Er nahm sofort Platz an dem kleinen Tisch auf dem die Schreibmaschine stand.

>>Setz dich an den langen Tisch! <<, befahl der Sturmführer herrisch, bestimmend.

Er selbst ging in eine Ecke des Raumes, von der aus er mich gut beobachten konnte.

Der kleine mürrisch daher schauende Mann in Zivilkleidung rückte den noch freien Stuhl an den langen Tisch und setzte sich, die Beine übereinandergeschlagen. mir gegenüber.

>>Mayer, Gestapo! <<, sagte er nur.

Dabei sah er mir anhaltend fest in die Augen. Seinen Dienstgrad verschwieg er. Zu einer Frage von mir kam es erst gar nicht.

>>Und wer bist du? Man sagt Du bist ein Deserteur. Wie man sieht an deiner französischen Uniform, bist Du zum Feind übergelaufen. <<

Jetzt machte er eine kleine Sprechpause bevor er weitersprach. Sein Blick war gefährlich und ließ ahnen, welch ein Hass er mir gegenüber in sich spürte.

>>Merke dir gut! An der Front kann man sterben und als Deserteur muss man sterben. Hast du das nicht gewusst!!!

Wer bist du wirklich!? Ein Spion? Oder nur ein feiger widerlicher fieser Vaterlandsverräter!

Was ist wirklich geschehen an der Front in Frankreich? <<, wollte er mit zunehmend lauter Stimme wissen.

Ich wusste! Jetzt musste ich präzise glaubwürdig antworten, um von dem schlimmsten verschont zu bleiben.

So antwortete ich selbstsicher, ruhig in der Hoffnung, dass alle Anschuldigungen zu meiner Person zurückgenommen würden.

>>Ich bin der Hauptgefreite Josef Altmann. 1938 wurde ich zum Arbeitsdienst eingezogen. Bei Kriegsausbruch kam ich sofort zum Militär. Danach war ich im Kampfeinsatz in Frankreich, unter ständigem Vormarsch ins feindliche Gebiet. <<

Jetzt bemerkte ich, dass er überlegte.

>>Ich bin kein Deserteur, Herr...?

>>Hauptsturmführer Mayer! <<, beendete er belehrend meinen Satz.

Der Schreiber an dem kleinen Tisch hatte aufmerksam zugehört und alles mitgeschrieben.

>>Untersturmführer, Sie übernehmen! Kein weiteres Verhör vorerst. Nur Aufnahme der Person und den genauen Dienstweg in der Wehrmacht. Von 1938 bis heute.

In zwei Stunden liegt der Bericht auf meinem Schreibtisch, verstanden! <<, kommandierte der Hauptsturmführer befehlend unmissverständlich seinem Untergebenen.

Dann stand der er auf, ging in Richtung Tür, drehte sich davor noch einmal um, sah zu mir, und sagte:

>>Bis morgen früh werden wir Klarheit in den Vorfall bringen. Sollten sich Ihre Aussagen nicht bestätigen, werden Sie sehr schlechte Karten haben. Heil Hitler! <<

Dann verließ er das Zimmer.

Der Untersturmführer nahm jetzt gemütlich den Platz auf dem Stuhl vor mir ein. Seine bösartige Haltung war plötzlich gewichen. Versöhnlich sagte er: >>Geben Sie alle Zeitabschnitte, Dienststellen und Kampfeinheiten in denen Sie bis heute waren in Reihenfolge genau an. <<

Jetzt sagte er Sie zu mir, dachte ich erfreut und doch verwundert über seine plötzliche Sinneswandlung.

Das Aufnahmeprotokoll dauerte eine Ewigkeit. Unendlich viele belanglose Fragen wurden mir gestellt. Auch hatte ich mich während der Befragung entschlossen den Angriff auf den feindlichen Bunker anzugeben. Der Schreiber vom Dienst hatte alle Angaben genau dokumentiert. Nach einer geschlagenen Stunde der Anhörung brachte der Untersturmführer mich wieder in die Zelle zurück. Als die Zellentür hinter mir geschlossen wurde, fiel ich völlig erschöpft auf die Pritsche zurück.

Mit geöffneten Augen lag ich da und suchte nach dem Sinn des Lebens. Das schrecklich Geschehene der letzten Wochen, ja Monate, lief unwillkürlich noch einmal wie ein Film in meinen Gedanken ab. Wie eine dramatische Szene in einem Horrorfilm sah ich die Vergangenheit der letzten Jahre beim Militär.

Der grausame Tod und das Elend tausender kriegsgefangener Soldaten hielt mich gefangen in meinen düsteren Gedanken.

Ich kam mir plötzlich vor wie ein nutzloser Erdenbürger, der an der Erdkruste nagt, wie der Rost an einem Eisen und alles irdische Leben nicht in Frage stellt.

Ich hasste die Menschheit, denn sie waren in diesem Augenblick für mich die größten Parasitten dieser Erde. Schlimmer wie jedes Tier, das unbewusst, das andere Lebewesen auffrisst.

Denn die Menschen fressen die Lebewesen, ganz gleich ob Tier oder Pflanzen in vollem Bewusstsein in sich hinein. Ja sie zerstückeln ihre Beute, zerlegen sie und bereiten sie genüsslich zu, für ihre Mahlzeit.

Das ganze Leben ist ein Theater, dachte ich. Man spielt seine Rolle auf der Bühne des Lebens, vom Tag der Geburt an, bis in den Tod. So stellte ich mir die Frage: Bestimmt den Abgang auf dieser hoch dramatischen Lebensbühne ein Regisseur, den man Gott nennt, oder ist es das Schicksal, das gnadenlos zuschlägt und die Zeit von Geburt an bis zum Tod bestimmt? Kann man die ganze menschliche Grausamkeiten, die in den letzten Jahren meines Lebens geschehen sind unter dem Deckmantel des Krieges verstecken. Menschen bestimmen über Leben und Tod ihrer eigenen Art. Die Juden, das gehasste Volk der NSDAP wurde zu Hunderttausenden zunächst geächtet, dann verfolgt, anschließend misshandelt und gedemütigt und schließlich ermordet. War denn nicht alles Schreckliche von menschlichem Geist konzipiert? überlegte ich von seelischem Schmerz erfüllt, in der Sehnsucht nach Frieden in aller Welt.

Mein Leben kam mir jetzt vor wie ein winziger Stich einer Mücke in einem Misthaufen. Hätte ich eine Flasche Wein gehabt, würde sie in einem Zug aussaufen, um meine düsteren Gedanken aus dem verwirrten Geist zu verdrängen.

Dabei knirschte ich mit den Zähnen so fest aufeinander, dass man es laut hören konnte.

Durch das kleine vergitterte Fenster in der Gefängnis-Zelle bemerkte ich jetzt erst, dass es draußen dunkel war. Ich war unbemerkt in eine tiefe Depression gefallen. Der eiskalte Schweiß stand mir auf der Stirn. Plötzlich ging das Licht in der Zelle an. Es musste von draußen angeschaltet worden sein, denn im Raum gab es keinen Lichtschalter. Nur ein kleiner Knopf war neben der Zellentür. „Bei Notfall drücken“, stand auf dem kleinen Schild darüber. Draußen an der Tür machte sich jetzt jemand bemerkbar. Als die Tür aufging, sah ich, dass es ein Soldat war, der mir etwas zu Essen brachte. Ich erkannte, dass er auf einem dünnen Holzbrett, das er mitgebracht hatte, ein kleiner Blechteller mit einer Feldflasche stand.

>>Sollst auch nicht leben wie ein Hund! <<, versuchte er mit ernstem Gesichtsausdruck zu scherzen, als er mich völlig erschöpft und niedergeschlagen vor sich sah.

Da ich ihm keine Antwort gab, stellte er das Essen vor mir auf dem Boden ab und redete weiter:

>>Ich komme später noch einmal vorbei und hole den Teller ab. Wenn du etwas brauchst oder auf den Topf musst, drückst du auf den Knopf neben der Tür<<, ließ er mich mitleidig wissen.

>>Danke Kamerad! <<, erwiderte ich freundlich während er die Gefängniszelle verlies.

Dann schloss er hinter sich die Tür ab und ging eilig davon.

Vorsichtig setzte ich mich unter sehr starken Schmerzen am ganzen Oberkörper von der harten Holzpritsche auf.

Als ich den Deckel vom Teller nahm, bemerkte ich, dass das Essen warm war. Er brachte mir eine wohlriechende Bohnensuppe, in der ein wenig Speck eingelegt war. In der Feldflasche befand sich heißer Tee. Ja, es war eine Mahlzeit mit der ich in meiner aussichtslosen Lage nicht gerechnet hatte. Ein hoffnungsvolles dankbares Lächeln huschte über mein Gesicht. Sofort fing ich an die Speise zu verzehren. Während des Essens kam endlich wieder ein Gefühl der Lebensfreude in mir auf. Eine innerliche Stimme sagte mir, Du schaffst es! Kämpf weiter! Es geht alles nicht Ewig. Auch der verdammte Krieg geht zu Ende.

War es die Stimme von Gott? von dem ich nichts mehr wissen wollte, seit den schrecklichen Erlebnissen, die ich im Krieg täglich ertragen musste. Oh, man wird mich bald aus der Zelle holen. Als ein Versehen wird sich alles aufklären. Schließlich war ich ein guter Soldat, der jeden Befehl ausführte und auch nicht negativ aufgefallen war. Bis auf die dramatische Geschichte bei dem Angriff auf die Höhe 311, dachte ich hoffnungsvoll.

Der einzige Makel, von dem niemand wusste beim Militär war mein Alkoholproblem. Durch das Kriegsgeschehen hatte ich es geschickt verdeckt. Dass ich im Frankreichfeldzug an vorderster Front in einem Munitionskasten, der für den MG-Einsatz bestimmt war, auch Rotwein mitgeführt hatte, wurde niemals bemerkt. Der Alkohol war für mich eine Droge um die furchtbaren Einsätze mit meinem Flammwerfer auszuführen.

Erschöpft von den Strapazen des Verhörs schloss ich jetzt meine Augen, um etwas Ruhe zu finden. Nein es ging nicht! Die vergangenen grausamen Geschehnisse des Krieges hatten mich wieder fest in geistiger Gewalt. Ich sah in meinen Gedanken die feindlichen Soldaten des britischen Heeres, die im Raum Dünkirchen in der Falle saßen. Ja, Hitler gab den eingeschlossenen Truppen des Feindes Zeit zur Evakuierung nach England.

Wir trafen auf schwachen feindlichen Widerstand. Die britischen Soldaten hatten dies wahrgenommen und zogen sich über den Kanal nach England zurück ehe wir den Kessel zuzogen.

So kamen wir in den Besitz von Waffen und Gerät des Feindes ohne großen Widerstand.

Die Seine erreichten wir kurz darauf. Ein paar Tage später fiel Paris kampflos. Dies brachte uns deutsche Soldaten in einen Siegesrausch. Der einzige Sieg der Franzosen war die Abwehr der Italiener an der Alpenfront. Man sprach von 92000 Toten auf der französischen Seite. Bei den Briten gab es Verluste von 68000 Mann. Wir Deutsche hatten ca. 27000 Gefallene zu beklagen. 18000 wurden vermisst und 120 000 deutsche Soldaten wurden verwundet.

Durch ein lautes Geräusch auf dem Flur wurde ich aus meiner düsteren Vergangenheit aufgeschreckt. Ich musste in ein depressives Wachkoma gefallen sein, dachte ich.

Das Licht in der Zelle war gelöscht. Nur ein heller Lichtschein fiel von der Laterne, die im Hof brannte, durch das kleine Fenster in die Gefängniszelle.

Jetzt hörte ich laute Schritte. Sie kamen immer näher. Die Zelle wurde aufgeschlossen.

>>Aufstehen! Mitkommen! Hopp hopp! <<, kommandierte eine männliche uniformierte Gestalt, die ich nur schemenhaft durch das Licht, das im Flur brannte, erkennen konnte.

Mitten in der Nacht holen sie mich zum Verhör. Die sind ja verrückt, dachte ich.

Der Ankömmling war ein Scharführer, der mich in ein in der Nähe liegendes Zimmer führte.

Oh Gott nicht schon wieder, dachte ich ängstlich, als ich den Untersturmführer sah, der mich erst vor wenigen Stunden intensiv befragt hatte.

Auf einer runden Uhr, die an der Wand hing, konnte ich erkennen, dass es mittlerweile 2:30 Uhr war.

>>Setz Dich hin! Du Ratte! <<, schrie der Scharführer mich an.

Dann gab er mir einen gewaltigen Stoß mit der flachen Hand vor die Brust, so dass ich neben den Stuhl fiel, der vor dem Schreibtisch stand. Schnell stand ich auf und nahm Platz auf dem Stuhl. Ohne ein klärendes Wort zu sagen, schob der Untersturmführer mir ein Schreiben über den Schreibtisch.

Es war eine Eilmeldung direkt aus dem Fernschreiber des Gestapo Hauptquartiers.

>>Ließ! <<, fauchte er mich bösartig an.

Zögernd nahm ich das Schreiben an mich, und fing an zu lesen.

Sicherheitsdienst Oberabschnitt West

Frankfurt, den 28.01..., Uhrzeit 2:25 Uhr

Geheimer Meldedienst

Betreff Auskunft:

Hauptgefreiter Josef Altmann

2. Infanterie Bataillon, 1. Kompanie, 2. Zug, Flammwerfer Abteilung. Träger des EK 2.

Geboren am 30.12.1915 in Oppenheim a. Rhein.

Der oben Genannte wurde während des feindlichen Angriffs auf die Höhe 311 im Westen Frankreichs zwischen den Ortschaften Sally und Villy bei einem Rückzug aus feindlichem Gebiet mit dem Unteroffizier Rainer Wiedemann das letzte Mal von seinen Kameraden gesehen. Wenig später wurde sein Gruppenführer, Unteroffizier Wiedemann, in der Feldpostenstellung von dem Hauptgefreiten Josef Altmann tödlich aufgefunden.

Wiedemann wurde laut Truppenarzt Dr. Haberkorn durch einen gezielten Genickschuss getötet.

Seit diesem Zeitpunkt ist der Hauptgefreite Josef Altmann nicht mehr gesehen worden. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist er nach dem grausamen hinterhältigen Mord an seinem Kameraden übergelaufen zum Feind. Vereinzelte deutsche Soldaten sahen, wie er sich heimlich von der Truppe eigenmächtig entfernte.

Unterschrift:

Oberstleutnant Peter Naumann.

MAD Frankfurt am Main.“

Völlig sprachlos von der stark belastenden Anschuldigung legte ich das Fernschreiben geschockt auf den Tisch zurück.

>>Hast Du mir nichts zu sagen, du fieser erbärmlicher Mörder! <<, schrie der Untersturmführer erzürnt heraus.

In seinen Augen sah man den Hass und den Drang nach Vergeltung. Unerwartet sprang er auf. In der Hand hielt er plötzlich krampfhaft einen kurzen spanischen Rohrstock.

Erzürnt ging er um den Schreibtisch auf mich zu. Dabei schlug er heftig auf den Holztisch. Plötzlich und unerwartet schlug er wahllos auf mich ein. Mit meinen Händen versuchte ich in letzter Sekunde instinktiv mein Gesicht und den Kopf zu schützen. Doch es gelang mir nur noch zum Teil. Fünf, sechs, sieben, achtmal, ich weiß es nicht mehr, wie oft er auf mich einprügelte. Vom stechenden qualvollen Schmerz durchbohrt schrie ich auf.

Nachdem er seine hasserfüllte Wut herausgeprügelt hatte, schaute ich zögernd auf. Was ich sah machte mir Angst.

Er stand vor mir wie eine vom Zorn erfüllte menschliche Bestie. Sein Kopf war hochrot vor Erregung und aus seinem rechten Mundwinkel lief der schmierige Speichel des Zornes.

>>Wie kommst Du Schwein dazu einen ehrenhaften tapferen Soldaten, der für sein Vaterland das Letzte gab, hinterhältig zu ermorden? Sag es mir! Du bist ein Spion, oder ein Partisan? Wo sitzen Deine Hintermänner? Wer hat Dich beauftragt! <<, wollte er in drohender kampfbereiter Haltung wissen.

Jetzt lief er aufgeregt hinter mir hin und her.

>>So ein verdammter Hurensohn! <<, schimpfte er total außer sich und schlug wiederum heftig mit seinem Rohrstock auf den blanken Tisch.

Eilig nahm er aus der Schublade seines Schreibtisches einen roten Schein, den er mit der Hand vor mir auf den Schreibtisch schlug, mit den Worten.

>>Unterschreiben! << befahl er drohend und mit hasserfülltem Blick.

Mit Schreck und großer Angst las ich den Text.

Am Kopf des A4-Blattes, stand ganz groß mit schwarzer Schrift gedruckt: Schutzhaftbefehl DN II Nr. 9517.

Die Fragen darunter waren noch nicht ausgefüllt. Name, Adresse, Staatsangehörigkeit und so weiter. Eine A4-Seite lang Fragen über Fragen.

Alle Spalten waren leer. Man hatte mir ein Blankoschreiben vorgelegt.

Unerwartet packte mich der SS-Mann plötzlich fest von hinten am Kopf und schlug mich mit der Stirn auf die harte Schreibtischplatte.

>>Unterschreibe ihn, Du hinterlistiger Meuchelmörder! Sonst mach ich dich alle! <<, schrie er total nach Vergeltung süchtig.

Mit zitternden Händen unterschrieb ich ängstlich den Schutzhaftbefehl. Ich hatte keine andere Wahl. Hätte ich es verweigert, hätte er mich totgeprügelt.

Nachdem ich den Blanko-Schutzhaftbefehl unterschrieben hatte setzte ich mich aufrecht auf den Stuhl und sagte mit fester Stimme laut:

>>Ich bin kein Mörder, kein Spion und auch kein Deserteur. Das Ganze ist ein großer Irrtum. <<

>>Scharführer, abführen! <<, gab der Untersturmführer den Befehl ohne auf meine Verteidigung einzugehen.

Dann kam er bis auf einen Schritt noch einmal auf mich zu. Blitzschnell packte er mich an meinem Hemdenkragen und zog mich hoch vom Stuhl.

Bis auf zehn Zentimeter Abstand kam er jetzt mit seinem Gesicht an mich heran.

>>In einer Stunde hole ich Dich wieder. Bis dahin weißt Du wer deine Auftraggeber sind! <<, ließ er mich wissen.

Danach stieß er mich mit aller Kraft, die er besaß auf den Stuhl zurück und verließ eilig den Raum.

Dann brachte mich der Scharführer wieder in die Zelle zurück.

Als ich auf der Holzpritsche lag zeigten die festen Stockhiebe ihre zermürbende Wirkung. Mein Rücken schmerzte fast unerträglich. Vom Hals bis zu meinen Backenknochen im Gesicht zeigten sich lange blaue blutunterlaufene Striemen von den gewaltigen Stockhieben.

Langsam konnte ich mich jetzt nur noch bewegen. Oh Gott, was ist geschehen? Wie könnte ich beweisen, dass ich ihn nicht getötet hatte. Einen Blanko-Haftschein hatte ich unterschrieben. War das mein Todesurteil? schoss es mir durch den Kopf.

Was hatten sie vor mit mir? Was heißt D EE auf dem Haftschein? Komme ich vielleicht nach Dachau?

Alle diese Fragen quälten meine geschundene Seele.

In einer Stunde werden sie mich wieder aus der Zelle holen und so lange prügeln bis das Geständnis zu ihren Unterlagen passt, dachte ich voller Wehmut. Denn die Methoden der Gestapo und der Waffen-SS kannte ich zur Genüge von den Erzählungen gefolterter Soldaten.

Sollte das nur der Anfang gewesen sein, fragte ich mich.

Angespannt lag ich auf meiner Pritsche und wartete auf das nächste Verhör.

Eine Stunde musste vergangen sein, keine Schritte auf dem Flur, keine Geräusche, es war Totenstille.

Zwei, drei Stunden lag ich noch hell wach, doch es kam keiner, der mich zum Verhör abholte. Dann musste ich eingeschlafen sein. Der kleine Tod wie ich den Schlaf nannte in aussichtsloser Lage, hatte mich geschützt

Durch das Aufschließen der Arrestzelle wurde ich aufgeweckt. Ich musste fest eingeschlafen sein, denn die Müdigkeit war stärker als die Angst, dachte ich. Zu weiterem Nachdenken kam es erst gar nicht mehr, denn jetzt stand ein mir noch unbekannter Unterscharführer breitbeinig im Türrahmen. Seine beiden Hände hatte er demonstrativ in die Seiten seiner Hüfte gestützt.

Am Kragen seiner Uniformjacke erkannte ich sofort das SS-Zeichen und den Totenkopf. Grinsend kam er mit Sturmschritt an meine Pritsche. Dann zog er mit einem kurzen Ruck mir die Kommissdecke weg und sagte: >>Aufstehen, Du verlogenes hinterhältiges Kameradenschwein!

>>Mitkommen! <<, war der nächste laute Befehl.

Sofort sprang ich von der Pritsche auf und folgte ihm. Direkt neben der Arrestzelle befand sich eine Tür. Er öffnete sie und stieß mich mit aller Wucht in den Raum.

>>Waschen, duschen, scheißen! In zehn Minuten bist du fertig, du widerlicher Bastard! <<, befahl er bösartig. Dann schloss er hinter mir die Tür von draußen ab.

Der muffige Raum, in dem ich mich befand, war ca. sechs Quadratmeter groß. Er war rundum bis zur Decke mit weisen verschmutzten Kacheln gefliest. Ein kleines vergittertes Fenster unter der Decke brachte etwas Helligkeit in den Raum.

Waschbecken, Plumpsklo und Dusche waren auf engstem Raum in der Nasszelle untergebracht. In einer verdreckten Ecke hinter der Tür stand ein alter heruntergekommener Holzschemel.

In mir stieg plötzlich ein Gefühl des Hasses auf. Nur dieses nach Vergeltung rachsüchtige Gefühl, das in mir brodelte gab mir die Kraft all diese Demütigungen zu ertragen.

Schnell zog ich mich aus und öffnete den Duschhahn. Das wohltuende Wasser war lauwarm und richtig angenehm. Zeit müsste man jetzt haben, eine halbe Stunde würde ich duschen. Nur das Wasser über den Körper laufen lassen, nichts denken, keine Angst mehr spüren, einfach frei sein, Mensch sein.

Diese sehnsüchtigen Gedanken der Freiheit wurden durch das heftige Aufstoßen der Tür unterbrochen.

Provozierend zynisch lachend, stand der Unterscharführer vor der ganz geöffneten Tür auf dem Flur. Die zehn Minuten konnten noch nicht vorbei gewesen sein, dachte ich.

>>Auf, auf! Du Lahmarsch! <<, schrie er mich an.

Flüchtig trocknete ich mich mit dem schmutzigen Handtuch, das an der Wand hing, ab.

So schnell wie es nur möglich war zog ich mich an. Oh Gott! auf die Toilette musste ich noch.

Der Unterscharführer beobachtete mich durch die offenstehende Tür. Absichtlich wartete er provokativ während ich auf der Toilette saß.

>>Genug geschissen! Du Vaterlandsverräter. Mitkommen! <<, befahl er mit festem lautem und herrischem Ton.

Ja, er zwang mich meine menschlichen Bedürfnisse einzustellen, indem er mich von der Toilette hochzog.

Während er mich mit aller Kraft, die er besaß auf den Flur zerrte, zog ich meine Hosen schnell hoch.

>>Vorwärts, Du Kameradenschwein! Hast Deinen Vorgesetzten erschossen, weil Du zum Feind überlaufen wolltest! <<, schimpfte er zornig.

Dann trat er mir mit seinen schweren Kommissstiefeln wuchtig in meinen Hintern.

So schlecht wurde kein bissiger Hund behandelt, dachte ich, als ich den schmerzhaften Tritt verspürte.

Anstatt mich zu einem erneuten Verhör zu führen, warf er mich in die Zelle zurück.

Spöttisch lachend schloss er hinter mir die Zellentür ab und verschwand.

Einige Zeit später kam ein SS-Mann in die Zelle. Er hatte etwas zu Essen und zu Trinken mitgebracht. An seiner Paspelierung konnte ich erkennen, dass es ein SS- Sturmmann war.

Obersoldat wäre er in meiner Einheit gewesen. Durch ihn kannst du etwas erfahren, dachte ich sofort und sagte vorsichtig:

>>Ich bin Hauptgefreiter beim Heer. Sie glauben mir nicht. Da liegt ein Irrtum vor. Sie beschuldigen mich des Mordes an meinem besten Kameraden und des Vaterlandverrats. Diese Anschuldigungen sind falsch. Sie stimmen nicht! <<

Der Obersoldat hatte mir interessiert zugehört ohne mich zu unterbrechen. Jetzt sah er zur Zellentür, dann wieder zu mir.

>>Bleibe bei Deiner Aussage. Sie sind sich nicht mehr sicher ob Du den Unteroffizier an der Front hinterhältig ermordet hast <<, flüsterte er ängstlich und sah wiederum zur Tür. Dann redete er weiter.

>>Vor ein paar Minuten kam ein zweites Fernschreiben vom SD-Oberabschnitt in Berlin. Das Fernschreiben bestätigt die Angaben Deiner Person. Der Unterschied zu dem ersten Fernschreiben ist der, dass Du bei denen nur als Deserteur gemeldet bist. Mehr weiß ich nicht. Du weißt was mir passiert, wenn man von unserem Gespräch erfährt. Wir haben nie zusammen gesprochen, verstehst Du!

>>Niemand wird von unserem Gespräch erfahren. Du hast mir sehr geholfen, danke! <<, ließ ich ihn wissen.

>>Ich habe Dir noch eine Scheibe Brot mehr draufgelegt. Viel Glück, Kamerad <<, erwiderte der SS-Sturmmann und ging eilends davon.

Freudig sah ich auf das Essen, das er mir mitgebracht hatte. Es war ein kleiner Blechteller, auf dem zwei Stücke Brot, Marmelade und eine kleine Käseecke lagen. In eine Feldflasche hatte er mir heißen Kamillentee gefüllt. Normalerweise gab es eine dünne Kaffeebrühe. Für meinen gereizten Magen war der Kamillentee genau das richtige. Auch seine gutmütigen Worte der Information waren ein Zeichen, dass mich wieder hoffen ließ. Mir war bewusst, es war eine Mahlzeit, die ich jemandem zu verdanken hatte, der die menschliche Nächstenliebe noch besaß.

Ja, er war ein Mensch, dessen Geist noch nicht von seinen Tyrannen umerzogen war. Ein unbeflecktes Schaf unter den bösartigen Wölfen. Doch sie werden ihn auffressen oder zum Wolf machen in seiner Militärzeit, dachte ich traurig.

Mit der erneuten Hoffnung bald in die Freiheit zu gelangen, konnte ich das Frühstück genießen. Der Tee, die Marmelade, den Käse. Für einen Augenblick vergaß ich all das Leid, das ich in den letzten Monaten ertragen musste.

Fast einen halben Tag harrte ich jetzt schon aus in der Gefängniszelle ohne, dass etwas geschehen war. Nervös ging ich in der kleinen Zelle hin und her. Plötzlich hörte ich Stimmen. Die Zellentür wurde von draußen geöffnet. Zu meiner Verwunderung waren es zwei Feldpolizisten, die hereinkamen. Ein Unteroffizier und ein Obersoldat.

>>Packen Sie Ihre Sachen und kommen Sie mit! <<, kommandierte der Unteroffizier.

>>Wohin? <<, fragte ich hoffnungsvoll.

>>Das werden Sie schon noch sehen <<, erwiderte der Obersoldat recht freundlich.

Vielleicht hatte ich es tatsächlich geschafft und der Irrtum hatte sich aufgeklärt, dachte ich. Auch Handfesseln legten sie mir keine mehr an. Dies war schon ein gutes Zeichen.

Eilig brachten sie mich aus dem Gebäude auf den Innenhof des großen viereckigen Bautrakts. Was ich sah, lies mich wiederum nichts gutes ahnen. Drei Lkw standen fahrbereit in der Mitte des Hofes. Zwei der Lastwagen waren schon voll besetzt mit Menschen. Irgendwie kam mir dies alles ganz merkwürdig vor.

Kein Verhör mehr. Keine Fragen. Nichts. Was hatten sie vor mit mir?

Vor dem ersten Lkw erkannte ich ein Motorrad mit Beiwagen, in dem drei Feldpolizisten saßen. Kettenhunde, ein Gefangenentransport, schoss es mir durch den Kopf.

Gegenüber des Hofes kamen plötzlich mehrere Personen im Laufschritt aus einem Gebäude.

Alle Fenster des Gebäudes, aus dem sie kamen, waren vergittert. Es musste ein Gefängnis sein, dachte ich sofort. Mehrere Feldpolizisten trieben jetzt die hilflosen Menschen in Richtung der bereitstehenden Lkws.

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