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Das Hole-in-one

Wenn Sie aus diesem Sachbuch etwas lernen müssen, dann das, dass es eine geradezu hirnrissige Idiotie ist, absichtlich ein Hole-in-one zu schießen. Vor allem bei einem offiziellen Wettspiel wird ein Ass zum Supergau, weil es doch die Etikette verlangt, im Anschluss an die Runde nicht nur den eigenen Flight zum Champagner-Umtrunk einzuladen, sondern gleich das ganze Teilnehmerfeld.

Gehen wir also von 72 Spielern aus, von denen sechzig Nasen je einen Deziliter eines ordentlichen Champagners trinken (zum Beispiel jenes rund zweihundert Jahre alten Veuve Clicquot, von dem Forscher 2010 vor der finnischen Küste auf dem Grund der Ostsee 145 Flaschen aus den Zwanzigerjahren des vorletzten Jahrhunderts fanden), dann benötigt man rund zehn Flaschen à 15 000 Euro. Vorausgesetzt, es sind nicht auch noch die Partner der Teilnehmenden mit dabei!

Nein, wenn Sie einigermaßen schlau sind, dann lassen Sie den Quatsch mit dem Hole-in-one. Es sei denn, Sie sind Nordkoreaner oder Diktator oder reich. Und gut versichert. Oder alles auf einmal, was in der Regel nur auf nordkoreanische Machthaber zutrifft. Anyway, erfahrungsgemäß macht es sich enorm gut, wenn Sie bereits am ersten Abschlag verkünden, dass Sie, für den Worst Case eines Hole-in-one, gut versichert sind und einer größeren Party im Klubhaus somit nichts mehr entgegenstünde. Das entspannt die Runde ungemein.

In Deutschland wurde 2007 laut Informationen des Deutschen Golf Verbandes insgesamt 473-mal ein Hole-in-one erzielt, was bei rund 4,8 Millionen gespielten Par-3-Löchern einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 10 150 entspricht. Leider hängt ein derartiger Glücksfall aber nicht vom Schwung ab – wenns dumm läuft, kann es also auch Sie treffen.


Der richtige Schwung

Wenn Ihnen Ihre Beziehung am Herzen liegt, wenn Sie nicht schon bald als Single auf der Straße stehen möchten, weil Sie nur noch ans Golfen denken, dann hören Sie nicht auf esoterischen Schwachsinn wie »slow down your backswing, slow down your life«. Das Leben ist zu kurz, um langsam zu schwingen.

Ganz tragisch sind ja jene Kollegen, die den Schwung-Rhythmus mit einer Eselsbrücke zu verlangsamen versuchen. Die, die beim Rückschwung »Co-ca« und beim Schlag »Co-la« murmeln. »Sprite« heißt das Zauberwort. Zack! Michael Douglas soll sich sogar in die Aussage verstiegen haben, dass er sein Handicap mit dem simplen Trick verbesserte, bei jedem Schlag »Cin-dy Craw-ford« zu denken. Dann heiratete er die hübsche Catherine Zeta-Jones, und der Schwung war voll im Eimer.

Also hauen Sie einfach drauf. Hau ruck! Rock’n’Roll! Volles Rohr! Krawummm! Ihr Ball wird ästhetische Bananen beschreiben, die sich gewaschen haben. Wenn Sie sich nicht dreinquatschen lassen, werden Sie diese Technik ohne großen zeitlichen Aufwand im Nu perfektioniert haben, und Ihre Freunde werden vor lauter Staunen den Mund nicht mehr zukriegen.

Die Länge des Schlages und die Breite der Streuung ergeben die auf dem Golfplatz genutzte Fläche. Nur für den Pseudoprofi besteht Golf zu 75 Prozent aus »kurzem Spiel« und davon wiederum zu 40 Prozent aus Putten. Das wuchtige Spiel mit den Hölzern und langen Eisen kommt bei den trainingsfleißigen Aficionados viel zu kurz. Am Ende des Tages fehlen denen locker die siebzig Schläge, die Sie mehr machen dürfen. Was doch eigentlich sauschade ist. Genau genommen besteht Golf für die Streber nämlich zu einem großen Teil aus dem, womit kein Golfer in Verbindung gebracht werden möchte: aus Minigolf.


Auf dem Grün

Streng wissenschaftlich betrachtet, handelt es sich beim Golf ja um eine Verbindung zweier grundverschiedener Sportarten, die miteinander nicht die Bohne zu tun haben. Die eine findet auf dem Golfplatz statt, die andere auf dem Green. Die eine wird mit Vorliebe von jenen ausgeübt, die gern draufhauen und die weiße Kugel über die Fairways fliegen sehen. Die zweite richtet sich an Frauen und Weicheier. An Ingenieure, Neurochirurgen oder andere Haarspalter, die im Tausendstel-Millimeter-Bereich herumzirkeln wie unsereiner in einem dieser affig engen Parkhäuser, die vermutlich von fahrradelnden Lehrlingen gezeichnet wurden, bestimmt aber nicht von SUV-Besitzerinnen.

Okay, jetzt sind wir ein bisschen abgeschweift. Der langen Rede kurzer Sinn: Es gibt Golfer – und es gibt Bastler. Pingelige Pingelsingles, die es kaum erwarten können, auf dem grünen Grün anzukommen und den Ball über den Teppich rollen zu lassen, zu hören, wie er ins Loch fällt. Aber Achtung: Golf findet draußen statt. Bei jeder Witterung. Und nicht in der Stube.

Dorthin gehören die Erbsenzähler, die jeden Krümel vom kurzgeschorenen Teppich pusten und jedes noch so kleine Einschlagloch akribisch reparieren wie ein Schönheitschirurg die Orangenhaut an Frau Direktors Allerwertestem. Das sind die Schlimmsten, diese Grünspechte mit einstelligem Handicap! Schleichen ums Loch herum wie der Nebelparder um den Nasenaffen im Mangrovenwald auf Borneo. Studieren stundenlang Graswuchs und Neigung – und das von allen Seiten. Kalkulieren jede Eventualität ein, jede noch so kleine Unebenheit, die einen Einfluss haben könnte. Und dann »werden« sie zuerst zum Ball – und dann zum Loch. Verschmelzen mit den Umständen. Und dann schieben sie, darauf können Sie wetten, den Putt grannenhaarscharf vorbei. Schade für den ganzen Aufwand.

Einer der größten Fehler beim Putten ist es, den Schlag nicht zu kurz zu lassen, ihn also so stark zu dosieren, dass der Ball – für den Fall, dass er nicht fallen sollte – zehn Zentimeter hinter dem Loch zu liegen kommt. Entgegen allen Unkenrufen kommt es im Leben nämlich doch auf die Länge an. Nur ein zu kurzer Putt gibt Ihnen die hundertprozentige Sicherheit, einen zweiten Versuch hinterherschieben zu können. Wenn Sie sich aber angewöhnen, Ihre Putts »zu lang zu lassen«, dann laufen Sie automatisch Gefahr, dass der Ball nicht vor dem Loch zum Stillstand kommt und eventuell per Zufall fällt. Wenn Sie den Zufall explizit aus Ihrem Spiel ausklammern wollen, dann denken Sie einfach an die Faustregel »In der Kürze liegt die Würze«. Und meiden Sie das Loch wie der Teufel das Weihwasser!

Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, einigermaßen vernünftig sind, dann machen Sie es anders. Dann putten Sie ganz einfach entspannt drauflos. Wenn der Ball fällt, Pech gehabt, denn Sie wollen ja möglichst oft putten und auf keinen Fall ein Single-Handicap. Also beim Putten immer die Nerven behalten und jetzt bloß keinen Fehler machen. Zielen Sie nicht, sondern schieben Sie seelenruhig ein-, zweimal am Loch vorbei. Da braucht es kein Training, keine Handbücher, keine Schulungsvideos und keine neunmalschlauen Pros. Das Einzige, was Sie haben müssen, ist ein wasserfestes Konzept. Und sooo ein Rückgrat!

Aber Achtung: Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Und so muss auch der Golfer nur zu oft feststellen, dass ihm die Löcher ausgehen. Wehmut stellt sich ein: Warum habe ich den Ball am neunten Loch schon mit dem vierten Schlag aus dem Sandbunker gebracht und nicht erst mit dem siebten oder achten? Warum habe ich den langen Putt auf der Zwölf eingelocht, wo ich doch spielend noch drei, vier weitere hätte anhängen können …

Womit wir bei einer der bedeutungsvolleren Grunderkenntnisse dieses faszinierenden Spiels wären: Ist der Ball erst einmal in Fahnennähe, gibts kein Zurück mehr. Das Loch hat geradezu magische Anziehungskräfte. Vor diesem philosophischen Hintergrund ist es denn auch nur zu verständlich, dass sich so mancher Golfer dem Drang zum Üben nicht entziehen kann. Viele von diesen Hyperaktiven haben einen Pettingteppich zu Hause, einige lassen sich sogar ein regelrechtes Putting-Grün im Garten einbauen.

Ein Ansatz, den man an dieser Stelle nur als lächerlich abtun kann. Denn wer jeden Tag ein paar hundert Putts übt, wird irgendwann automatisch ein Gefühl für Richtung, Länge und Tempo entwickeln und letztlich auf dem Golfplatz mit wesentlich weniger Schlägen vom Grün gehen, als dies der Fall wäre, wenn er einfach so draufloshaudern würde. Er wird im Nullkommanix um Welten besser scoren und schon bald unter neunzig oder gar achtzig spielen. Wollen Sie das? Eben. Beim Putten können Sie Ihr Ziel, Spaß am Spiel zu haben und beziehungstechnisch kein Risiko einzugehen, auf jeden Fall voll vergeigen!

Merke: Ist V ein Vektorraum über R oder C und L eine Teilmenge von V, so ist L eine Strecke genau dann, wenn L als L = {u + tv | t € [0,1]} parametrisiert werden kann, wobei u, v € V zwei Vektoren sind und v ≠ 0 gelten muss. Dabei sind die Vektoren u und u + v die Endpunkte der Strecke L.

* Ja, ich weiß, € ist falsch, es sollte eigentlich dieses ∈ sein, doch das haben wir nicht.


Das Carbonara-Prinzip

Der Putt ist die versuchte Verbindung zweier Punkte, wobei einer dieser Punkte ein viel zu kleines Loch von gerade mal 10,79 Zentimetern Durchmesser ist.

Vor diesem Hintergrund könnte man natürlich auf die Idee verfallen, den Ball entweder a) mit dem ersten Versuch einzulochen oder b) mit Gefühl in einen imaginären Spaghetti-Teller zu putten. Und ihn dann emotionslos mit dem zweiten Putt zu versenken. Par.

Der Nachteil dieses Carbonara-Prinzips ist allerdings, dass man deutlich weniger oft zum Putten kommt, was vor allem dann schade ist, wenn man sich gerade erst ein affig teures Werkzeug gekauft hat, das man auf den Grüns fleißig benutzen möchte. Es ist dann ein bisschen so, als hätte man einen Ferrari in der Garage stehen und würde ihn lediglich zum Brötchenholen rausfahren. Allora, verabschieden Sie sich von der Idee des Spaghetti-Tellers, und putten Sie ungehemmt und mit viel Schwung drauflos. Richten Sie sich nicht aufs Loch aus. Lassen Sie das. Versuchen Sie gar nicht erst, ein Gefühl für die Distanz zu gewinnen, vergessen Sie die Ondulierung und den Break auf dem Green; wer zielt, ist feige!

Falls Sie zur großen Gruppe jener Golfer gehören, die bei einem netten kleinen Privat-Zock gerne gewinnen, sollten Sie in Erwägung ziehen, dass der Sieg womöglich gar nicht erstrebenswert ist. Denken Sie mal scharf nach: Die »Möglichst viele Schläge«-Strategie verlängert doch nicht nur die Freude und die Golfrunde, sondern ist auch fürs Klima innerhalb des Flights Gold wert. Denn der Verlierer oder die Verliererin bezahlt schließlich das Bier oder den Aperitif nach der Runde.

PS: Sehe gerade, dass sich im vorherigen Kapitel ein Schreibfehler eingeschlichen hat. Es heißt natürlich Petting-Teppich. Mit Bindestrich. Und nicht mit ohne.


Das Zocken

Colin Montgomerie soll einmal gesagt haben, dass er sich nicht erinnern könne, jemals nicht um Geld Golf gespielt zu haben. Er ist kein Einzelfall. Viele der Tour-Profis zocken während des Turniers und veranstalten hemmungslos allerlei Sidegames.

Beim Skin-Game zum Beispiel werden zu Beginn der Runde pro Spieler achtzehnmal x Euro, Franken, Dollar oder was auch immer in den Pott gelegt. Ob Sie in Einheiten von 1, 100, 1000 oder 10 000 operieren, hängt in der Regel davon ab, an welcher Stelle der Money-List Sie sich befinden beziehungsweise wie viel Geld nach der Scheidung noch zur freien Verfügung steht. Das Skin-Game ist simpel: Gespielt wird Loch für Loch, und derjenige mit dem alleinigen niedrigsten Score gewinnt den Pott. Dann beginnt man wieder von vorn.

Sehr heiter, wenn auch für Turniere weniger gut geeignet, ist »Robin Hood«, eine fiese, kleine Figine, die pro Runde dreimal angewandt werden darf. Nach einem wunderbaren Schlag kann der Gegner eine Wiederholung verlangen. Der Anfänger wird seinen Mitspieler bei einem besonders langen Drive darum bitten. Der erfahrene Zocker wartet geduldig, bis der Ball nach dem langen Pitch dreißig Zentimeter neben der Fahne sitzen bleibt. Oder, auch sehr beliebt, wenn der Fünf-Meter-Putt fällt, dann sagt man anerkennend: »Du, das hast du jetzt aber wirklich großartig gemacht. Respekt. Ein Wahnsinnsputt. Weeeltklasse!«

Und dann sieht man, wie sich beim Gegner die Pupillen weiten, denn er ahnt schon, was kommt. »Du, darf ich den noch einmal sehen?« Und je länger man zuwartet, desto toller ist dieses kleine, aber feine Spielchen.

Man weiß von Menschen, die daraufhin in psychiatrische Behandlung mussten. Für immer.


Der Sandmann

Wenn Sie den Ball erfolgreich in den Sand vor dem Grün gehauen haben, wenn Sie also am Strand liegen, wird alles gut. Jetzt gibt es unzählige heitere Möglichkeiten, die Golfrunde zu verlängern. Eine davon ist es, planlos draufzudreschen. Vielleicht toppen Sie den Ball bei dieser Gelegenheit, und er pfeift mit hundert Sachen Ihren Mitspielenden um die Ohren. Wenn Sie Glück haben, tauchen Sie den Schlägerkopf zehn, zwanzig Zentimeter hinter dem Ball in den Sand; mit Sicherheit wird er wie eine mit rezentem Valser Bergkäse überbackene Tomate dort liegen bleiben, wo er ist.

Eine andere, auch originelle Variante ist es, den Schläger kurz, spitz hinter dem Ball in den Sand zu hacken. Mit dieser Technik schaffen Sie es bestimmt bis knapp zur Bunkerkante. Nach drei, vier Versuchen, Ihre Schuhe werden voll Sand und die Handgelenke geschwollen sein, schmeißen Sie den Ball am besten unauffällig von Hand raus. Das ist für alle Seiten das Beste.

Dringend würde ich Ihnen davon abraten, sich in den Sand zu setzen. Bildlich gesprochen, bloß bildlich! Eine Variante, die immer wieder von besonderen Spaßvögeln ausprobiert wird. Die stehen dann breitbeinig da, das Gewicht leicht auf die Fersen verlagert, und stellen sich vor, sie säßen auf einem Stuhl und vor ihnen läge ein Erdbeertörtchen. (Ich persönlich mag zwar lieber Toni Gartmanns absolut legendäre Heidelbeer-Teile aus Zerfreila, aber das spielt jetzt keine Rolle.)

So, und nun schneidet der schlaue Sandmann mit seinem Wedge eben nicht nur den Rahm oben ab, sondern gleich das ganze Törtchen aus dem Sand. Mit lockerem Griff und einem vollen, elastischen und entschlossenen Schwung. Ball draußen. Voilà. Ende der Vorstellung. Fun-Faktor gleich null. Selber schuld.


Am Sandstrand

By the way: Falls Sie den Bunker jemals verlassen sollten und für gute Stimmung bei den nachkommenden Sandmännern und -frauen sorgen wollen, brauchen Sie ihn nicht unbedingt sorgfältig zu rechen. Und wenn Sie wollen, dass der nächste Spieler einen Nervenzusammenbruch kriegt, dann schmeißen Sie das Werkzeug möglichst nahe an die Bunkerkante. Je näher, desto besser. Das hat den netten Nebeneffekt, dass ein in den Bunker rollender Ball am Rechen hängen bleiben wird – und zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so saublöd, dass man ihn kaum anständig von dort wegspielen kann. Besonders lustig ists immer dann, wenn der Ball zusätzlich in einer Fußspur zu liegen kommt. Großes Kino! Dem »Rechen von Fußabdrücken« wird im Golfsport generell viel zu viel Bedeutung beigemessen – da haben einige ja einen richtigen Knall.

Je niedriger das Handicap, desto pingeliger pflegen die Wichtigtuer ihren Spielplatz – und umso hysterischer überreagieren sie, wenn ihnen Trampeltiere eben diesen durcheinanderbringen. Nach einem Bunkerschlag liebkosen sie entrückt den Sand wie ein buddhistischer Mönch den Zen-Garten des Tenryu-ji-Klosters im Nordwesten von Kioto. Dabei müsste man doch meinen, dass die neunmalschlauen Single-Handicapper gar nicht erst in den Bunker spielen würden. Falsch. Irren ist männlich.

Weil die Scherzkekse immer wie die Professionals die Fahne angreifen und sich nicht mit einem »Green in Regulation« plus zwei Putts zufriedengeben, ist es nicht verwunderlich, dass sie praktisch immer ein viel zu hohes Risiko eingehen.

Wenn die Fahne in der Sonntagsposition steht, also ganz knapp am Bunker, ist der Strandbesuch dann eben programmiert. Und schon knirscht es zwischen den Zehen. Und den Zähnen.


Der Stromboli-Effekt

Frieda Muggli, 93 Kilogramm Lebendgewicht (relativ mittig auf 161 Zentimeter Körperlänge verteilt), klebt am Lochrand, hält die Fahnenstange und wartet freudig darauf, dass ihr Mann den Drei-Meter-Putt zum Bogey einlocht. Wäre sie eine Ballerina aus der Ballettkompanie der Dresdener Semperoper, wäre alles kein Problem. Frau Muggli hat andere Qualitäten: Sie verantwortet mit ihrer stämmigen Fahnenbedienung den Stromboli-Effekt, der wesentlich dazu beiträgt, dass wir die Zahl der Dreiputts lockerflockig nach oben schrauben können.

Menschen wie die Mugglis sind es, die dafür verantwortlich sind, dass sich um die Löcher auf den Grüns Krater bilden, die jeden langsamen Putt kurz vor dem Fallen ausbrechen lassen. Klar erkennt der Profi bei genauer Inspektion, dass das Loch wie ein Vulkan aussieht – puttet er aber zu positiv und verzieht den Schlag nur um ein µ (physikalisch: das Müh, eine im Golf vergleichsweise verbreitete Einheit), dann isser halt weg. Und wenn er zu vorsichtig ans Werk geht, dann gerät der Ball an den Stromboli-Kraterrand und geniert sich erst recht am Loch vorbei.

Vermutlich ganz unbewusst macht Frau Muggli das einzig Richtige, um all jenen zu helfen, die ihr Handicap auf keinen Fall spielen können möchten. Jenen also, die die Fairways nur vom Hörensagen her kennen, weil sie dauernd irgendwo im Kakao rumturnen. Golfer, die sich Schlag um Schlag aus dem Semi-Rough, aus Wasserhindernissen und absurden Bunkern heraus aufs Grün arbeiteten, werden vor Freude ausflippen, wenn die Putts nach dem ganzen heiteren Scrambeln kurz vor dem Loch wegstrombolieren. Trampeltieren Sie also bitte weiter übers Grün, stehen Sie gopferteli möglichst nahe am Lochrand, und halten Sie die Fahnenstange dicht am Körper, Frau Muggli – es hilft!


Die Lieblingsdistanz

Welches ist eigentlich Ihre Lieblingsdistanz? Hundertachtzig Meter? Bei welcher Entfernung zur Fahne fühlen Sie sich am sichersten? Bei hundertachtzig Metern? Angeber! Nein, jetzt mal im Ernst: bei hundertzehn oder hundert Metern? Bei sechzig oder vierzig? Das war natürlich eine Fangfrage, denn wer mit Lieblingsdistanzen operiert, versucht den Ball im Spiel zu halten, und wer das anstrebt, will ihn »in regulation« auf dem Grün landen lassen.

Aber exakt das wollen Sie ja vermeiden. Sie wollen vor allem die Natur genießen, die Gegend erkunden, auf benachbarten Fairways freundliche Menschen kennen lernen, Pilze und Beeren sammeln und möglichst viele Schläge machen und den Ausflug im Kreise von Freunden und mit einem Getränk nach Wahl begießen. Und Sie haben recht. Tatsächlich ist es ja eine kolossale Schnapsidee, die wirklich nur aus Schottland kommen kann, unbescholtenen Bürgern die Freizeit mit einem grotesk komplizierten Konzept zu vermiesen, dessen Endziel ein Zustand der Perfektion ist.

Wobei nicht einmal ganz sicher ist, dass das Golfspiel von schottischen Männern in Röcken erfunden wurde. Schon die alten Ägypter, die Römer und die Japaner, ja sogar die Koreaner – um 1400, vermutlich Kim Jong Il – sollen mit Ball und Schlägern rumhantiert haben. Die Chinesen gar schon ab 1000 – damals hieß das Spiel noch Gorf (!), aber weil das kein Schinese aussplechen konnte, wurde aus dem R der Einfachheit halber ein L.

Erst im 15. Jahrhundert tauchte Golf in Schottland auf und sorgte auf Anhieb für ziemlich viel Diskussionsstoff im Parlament. Dokumentiert ist, dass König James II. (ein Nichtgolfer) im Jahre 1457 das Spiel verbieten ließ, weil es ihn wahnsinnig nervte, dass seine Soldaten, statt mit Pfeil und Bogen zu üben, ein weißes Bäläli durch die Gegend schossen.

Knapp fünfzig Jahre später kam erfreulicherweise die Wende, als Schottland und England beschlossen, sich nicht mehr auf die Mütze zu geben. Das Säbelrasseln war gegessen, dem Golfspiel stand nichts mehr im Wege – und siehe da, auf dem Latrinenweg sickerte durch, dass der regierende King James IV. (nicht der II.) himself ein leidenschaftlicher Golfer war! Eine Rechnung über für ihn angefertigte Golfschläger tauchte im offiziellen Etat des Hofes auf und wurde prompt von einem Whistleblower an die Medien gewhistleblowt. Dumm gelaufen.

Der erste bürgerliche Golfer soll übrigens 1527 ein gewisser Sir Robert Maule gewesen sein. In St. Andrews begann man offiziell 1552 die Schläger zu schwingen, und ein Jahr später erließ der Erzbischof sogar ein Dekret, das der lokalen Bevölkerung das Spiel auf den Links gestattete. Maria Stuart, die Königin von Schottland (und zufolge der Heirat mit Franz II. auch Königin von Frankreich), exportierte den Sport zu den Franzosen.

Aus dem Jahre 1567 wird überliefert, dass die Single-Handicapperin unmittelbar nach der Ermordung ihres zweiten Gatten durch (ihr wohl nicht ganz unbekannte) Komplottisten munter auf den Golfplatz ging, wofür sie vor allem von den Nichtgolfern massiv kritisiert worden sein soll – was kein Golfer verstehen kann.

Historisch unklar ist, wo die Wohlfühldistanz von Maria Stuart lag, ja ob sie überhaupt eine solche hatte. Tatsache ist, dass Sie sich auf das Konzept der Lieblingslänge nicht einlassen sollten. Schon deshalb nicht, weil Sie Ihr Vorhaben, möglichst viele Schläge zu machen, gehörig vermasseln würden. Das können Sie gut überprüfen, wenn Sie sich die Übertragungen von den Profiturnieren der PGA Tour anschauen.

Für Kaymer und Co. ist die Wohlfühldistanz ein wichtiger Teil ihrer Strategie. Nicht so weit, sondern so präzise wie möglich zu spielen, lautet ihre Devise. Darum reizen die Kollegen eher selten ihre ganze Schlaggewalt aus, sondern spielen den Ball auch einmal mit einem kleineren Eisen ein Stückchen kürzer. Und zwar auf eine Distanz, die ihnen gut liegt. Von wo aus sie den Ball mit dem nächsten Schlag dicht an die Fahne ran kriegen können.

Die Wohlfühldistanzen der einzelnen Pros sind übrigens ganz unterschiedlich. Und selbstverständlich haben sie nicht nur eine, sondern mehrere. Die meisten guten Klubspieler schießen sich zum Beispiel auf eine Pitching-Distanz von hundert Metern ein, versuchen also, wenn immer möglich in der Nähe des Hunderterpfostens zu landen. Darum üben sie auf der Driving Range auch immer und immer und immer wieder diese Schläge. Und obendrauf noch die Annäherungen von sechzig, vierzig oder zwanzig Metern. Öde. Ermüdend. Lassen Sie sich niemals auf solche Späßchen ein. Sie haben ja einen anständigen Beruf und eine intakte Beziehung und wollen sich nicht mit einer Strategie über den Platz tigerwoodsen, die all diese Dinge aufs Spiel setzt.

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9783037635377
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