Читать книгу: «Эликсиры Сатаны. Уровень 2 / Die Elixiere des Teufels», страница 2

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Wie ein Strahl des Himmels erleuchteten mich die Worte des ehrwürdigen Leonardus. Ich habe ihn gehasst, aber jetzt durchdrang mich wie ein Schmerz die Liebe. Nicht wenig verwundert war ich, als ich aus den Instruktionen des Priors wahrnahm, dass es mit meiner Sendung nach Rom nun wohl seine Richtigkeit hat. Die Brüder versammelten sich, und der Abschied von ihnen, vorzüglich von dem Vater Leonardus, erfüllte mich mit der tiefsten Wehmut. – Endlich schloß sich die Klosterpforte hinter mir, und ich war im Freien.

Zweiter Abschnitt
Der Eintritt in die Welt

In blauen Duft gehüllt lag das Kloster unter mir im Tal. Schon mehrere Tage war ich durch das Gebirge gewandelt. Ganz entkräftet setzte ich mich auf ein Felsstück und konnte nicht widerstehen, einen Zug aus der Korbflasche zu tun. Ich wollte aber das seltsame Getränk soviel nur möglich aufsparen. Neue Kraft durchglühte meine Adern, und erfrischt und gestärkt schritt ich weiter, um mein Ziel zu erreichen. Immer dichter und dichter wurde der Tannenwald. Dicht, dicht an dem Sturz saß auf einem über die Tiefe hervorragenden Felsenstück ein junger Mann in Uniform, der Hut mit dem hohen Federbusch. Ich wagte mich heran, so wollte ich ihn mit der Hand ergreifen und zurückhalten. Ich schrie laut:

»Um Jesus willen! Herr! – erwacht! – Um Jesus willen!«

Sowie ich ihn berührte, fuhr er aus tiefem Schlafe, aber in demselben Augenblick stürzte er hinab in den Abgrund. Sein schneidendes Jammergeschrei verhallte in der unermeßlichen Tiefe, aus der nur ein dumpfes Gewimmer herauftönte, das endlich auch erstarb8. Leblos vor Schreck und Entsetzen stand ich da, endlich ergriff ich den Hut, den Degen, das Portefeuille und wollte mich schnell von dem Unglücksort entfernen. Da trat mir ein junger Mensch aus dem Tannenwald entgegen.

»Nun, gnädiger Herr Graf«, sprach endlich der junge Mensch, »die Maskerade ist in der Tat vollständig und herrlich, und wäre die gnädige Frau nicht schon vorher davon unterrichtet, wahrhaftig, sie würde den Herzensgeliebten nicht wiederkennen. Wo haben Sie aber die Uniform hingetan, gnädiger Herr?«

»Die schleuderte ich hinab in den Abgrund«, antwortete es aus mir hohl und dumpf.

Da fuhr der junge Mensch fort:

»Nun, gnädiger Herr, reite ich den Fahrweg herab nach dem Städtchen. Sie werden wohl gleich herab nach dem Schloss wandeln, man wird Sie wohl schon erwarten, Hut und Degen nehme ich mit mir.«

Ich reichte ihm beides hin.

»Nun leben Sie wohl, Herr Graf! recht viel Glück im Schloss.«

Ich eröffnete das Portefeuille, welches ich behalten; Briefe, beträchtliche Wechsel fielen mir in die Hand. – Das war der Ort des Abenteuers und ich ging ihm mutig entgegen. In einer dunklen Seitenallee des Gartens sah ich zwei Männer, von denen der eine wie ein Weltgeistlicher gekleidet war. Sie kamen mir näher. Der Weltgeistliche war ein Jüngling, der andere schlicht gekleidet, schien ein schon bejahrter Mann. Sie setzten sich auf eine steinerne Bank, ich konnte jedes Wort verstehen, was sie sprachen.

»Hermogen!« sagte der Alte, »Sie bringen durch Ihr starrsinniges Schweigen Ihre Familie zur Verzweiflung, Ihre düstre Schwermut steigt mit jedem Tag, Ihr Entschluss, den geistlichen Stand zu wählen, zerstört alle Hoffnungen, alle Wünsche Ihres Vaters! – Sie waren sonst ein froher, unbefangener, lebenslustiger Jüngling! – Was konnte Sie denn dem Menschlichen so entfremden, dass Sie daran verzweifeln, in eines Menschen Brust kannTrost für Ihre kranke Seele finden? Sie schweigen? Sie starren vor sich hin? – Sie seufzen?«

Der Alte stand auf und wollte fortgehen, der Jüngling fiel ihm in die Arme.

»Ach, Sie quälen mich, guter Reinhold!« rief er mit matter Stimme, »Sie quälen mich unaussprechlich! – Ach, je mehr Sie sich bemühen, die Saiten in meinem Innern anzuschlagen, desto mehr fühle ich, wie das Schicksal mich ergrifft. Sie sind in einer Stimmung, die nur dem gänzlich zerrütteten Gemüte eigen. Sie sollen nicht fort, Sie dürfen durchaus nicht fort. In diesen Tagen kommt die Baronesse mit Aurelien, die müssen Sie sehen.«

Da lachte der Jüngling wie in furchtbarem Hohn und rief mit einer Stimme, die durch mein Innres dröhnte:

»Muss ich? – muss ich bleiben? – Ja, wahrhaftig, Alter, du hast recht, ich muss bleiben, und meine Buße wird hier schrecklicher sein als in den dumpfen Mauern.«

Damit sprang er fort durch das Gebüsch und ließ den Alten stehen.

Er fuhr auf, er sah mich ganz verwundert an, doch sprach er:

»Ach gewiss sind Sie es, ehrwürdiger Herr! dessen Ankunft uns die Frau Baronesse zum Trost der in Trauer versunkenen Familie schon vor einiger Zeit ankündigte?«

Ich bejahte das, Reinhold ging bald ganz in die Heiterkeit über, wir durchwanderten den schönen Park und kamen endlich in ein Boskett.

»Mein Gott, ehrwürdiger Herr! Alles müsste mich trügen, wenn Sie nicht der Pater Medardus aus dem Kapuzinerkloster in …r – wären, aber wie sollte das möglich sein? – und doch! Sie sind es – Sie sind es gewiss – sprechen Sie doch nur!«

Als hätte ein Blitz aus heitrer Luft mich getroffen, bebte es bei Reinholds Worten mir durch alle Glieder. Ich sah mich entlarvt. Die Verzweiflung Medardus aus dem Kapuzinerkloster in …r – und mit Auftrag und Vollmacht des Klosters auf einer Reise nach Rom begriffen.

»So ist es denn vielleicht nur Zufall«, sagte Reinhold, »dass Sie auf der Reise, vielleicht von der Heerstraße verirrt. Wie kam es, dass die Frau Baronesse mit Ihnen bekannt wurde und Sie herschickte?«

Ich sagte:

»Auf der Reise machte ich die Bekanntschaft des Beichtvaters der Baronesse, und dieser empfahl mich, den Auftrag hier im Haus zu vollbringen.«

»Es ist wahr«, fiel Reinhold ein, »so schrieb es ja die Frau Baronesse. Ich war zufällig vor einigen Jahren in …r. Es ist mir lieb, dass ich Sie traf. Ich will dies dazu benutzen, Sie mit den Verhältnissen der Familie bekannt zu machen.«

Hermogen und Aurelie waren die Frucht der glücklichen Ehe. Mehrenteils brachten wir den Winter in der benachbarten Hauptstadt zu, als aber bald nach Aureliens Geburt die Baronesse zu kränkeln anfing, blieben wir auch den Sommer über in der Stadt.

Sie starb, als eben im Frühling ihre scheinbare Besserung den Baron mit den frohsten Hoffnungen erfüllte. Hermogen wuchs zum herrlichen Jüngling heran, Aurelie wurde immer mehr das Ebenbild ihrer Mutter. Die sorgfältige Erziehung der Kinder war unser Tagewerk und unsere Freude. Hermogen zeigte entschiedenen Hang zum Militär. Dies zwang den Baron, ihn nach der Hauptstadt zu schicken, um dort unter den Augen seines alten Freundes, des Gouverneurs, die Laufbahn zu beginnen.

Auf den Baron hat diese Circe einen wunderbaren Eindruck gemacht.

Gewöhnlich machte ich in jeder Gesellschaft mehr den stillen aufmerksamen Beobachter. So hatte ich auch Euphemien nach ihrer Gewohnheit ein paar freundliche Worte mit mir gewechselt. Ich musste gestehen, dass sie das schönste, herrlichste Weib von allen war. In ihren Augen brannte oft eine ganz eigne Glut. Nächstdem schwebte oft um ihren sonst weich geformten Mund eine gehässige Ironie. Dass sie oft den Hermogen, der sich wenig oder gar nicht um sie bemühte, in dieser Art anblickte, machte es mir gewiss, dass manches hinter der schönen Maske verborgen, was wohl niemand ahne. Ich konnte dem Lob des Barons freilich nichts entgegensetzen als meine physiognomischen Bemerkungen, die er nicht im mindesten gelten ließ. Er vertraute mir, dass Euphemie wahrscheinlich in die Familie treten werde.

Hermogen hörte alles ruhig an, was der Baron darüber und zum Lobe Euphemiens mit dem größten Enthusiasmus sprach. Als die Lobrede endete, antwortete er, wie er sie niemals lieben kann und daher recht herzlich bitte, den Plan jeder näheren Verbindung mit ihr aufzugeben. Euphemie meinte, dass es auch wohl noch darauf angekommen ist, und dass ihr zwar jedes nähere Verhältnis mit dem Baron wünschenswert seid, aber nicht durch Hermogen, der ihr viel zu ernst und launisch war. Kräftiger, lebensvoller Natur, wie er war, fühlte er sich bald von der glühenden Leidenschaft des Jünglings ergriffen.

Vor der Verbindung mit dem Baron war der Graf Viktorin, ein junger, schöner Mann, Major bei der Ehrengarde und nur abwechselnd in der Hauptstadt, einer der eifrigsten Verehrer Euphemiens. Man sprach einmal sogar davon, dass wohl ein näheres Verhältnis zwischen ihm und Euphemien stattfinden kann. Graf Viktorin war eben den Winter wieder in der Hauptstadt und natürlicherweise in Euphemiens Zirkeln. Da streifte Euphemie in voller Schönheit an ihm vorüber; er fasste, so dass es niemand als gerade ich bemerken konnte, mit leidenschaftlicher Heftigkeit ihren Arm. – Sie erbebte sichtlich; ihr ganz unbeschreiblicher Blick. Es war die glutvollste Liebe, die nach Genuss dürstende Wollust selbst fiel auf ihn. Sie lispelten einige Worte, die ich nicht verstand. Euphemie konnte mich erblicken; sie wandte sich schnell um, aber ich vernahm deutlich die Worte:

»Wir werden bemerkt!«

Der Schnee lag noch auf den Bergen, als wir im vergangenen Frühling hier einzogen. Im nächsten Dorf begegne ich einem Bauer, der in Gang und Stellung etwas Fremdartiges hat. Als er den Kopf umwendet, erkenne ich den Grafen Viktorin, aber in demselben Augenblick verschwindet er hinter den Häusern und ist nicht mehr zu finden. – Vor drei Monaten begab es sich, dass der Gouverneur heftig erkrankte und Euphemien zu sehen wünschte. Sie reiste mit Aurelien dahin, und nur eine Unpässlichkeit hielt den Baron ab, sie zu begleiten. Nun brach aber das Unglück und die Trauer ein in unser Haus, denn bald schrieb Euphemie dem Baron, wie Hermogen plötzlich von einer oft in wahnsinnige Wut ausbrechenden Melancholie befallen.

Vor einiger Zeit schrieb die Baronesse, wie sie auf Anraten ihres Beichtvaters einen Ordensgeistlichen senden werde.

»Es freut mich recht innig, dass die Wahl Sie, ehrwürdiger Herr! den ein glücklicher Zufall in die Hauptstadt führte, traf. Sie können einer gebeugten Familie die verlorene Ruhe wiedergeben. Erforschen Sie Hermogens entsetzliches Geheimnis, seine Brust wird erleichtert sein. – Aber treten Sie auch der Baronesse näher. – Sie wissen alles. Ganz meiner Meinung werden Sie sein, wenn Sie Euphemien sehen und kennenlernen. Euphemie ist religiös schon aus Temperament, vielleicht gelingt es Ihrer besonderen Rednergabe, tief in ihr Herz zu dringen, sie zu erschüttern und zu bessern. Auch meinen Herzensfreund, den Baron, empfehle ich, ehrwürdiger Herr! Ihrer geistlichen Sorge.«

Reinhold kennt den Pater Medardus, den Prediger im Kapuzinerkloster in …r, und so bin ich ihm das wirklich, was ich bin! – Aber das Verhältnis mit der Baronesse, welches Viktorin unterhält, kommt auf mein Haupt, denn ich bin selbst Viktorin. Reinhold erzählte, wie er mich schon vor mehreren Jahren im Kapuzinerkloster zur predigen gehört. Der Baron reichte mir die Hand und sprach:

»Ich weiß nicht, lieber Reinhold! wie so sonderbar mich die Gesichtszüge des ehrwürdigen Herrn bei dem ersten Anblick ansprachen.«

»Es ist ja Graf Viktorin«, denn auf wunderbare Weise glaubte ich nun wirklich Viktorin zu sein. Ich fühlte mein Blut heftiger wallen und aufsteigend meine Wangen röter färben.

Nach dem Willen des Barons sollte ich sogleich Hermogens Bekanntschaft machen, er war aber nirgends zu finden. Den ganzen Tag über blieb ich in Reinholds und des Barons Gesellschaft, und nach und nach fasste ich mich so im Innern, dass ich mich am Abend voll Mut und Kraft fühlte. In der einsamen Nacht öffnete ich das Portefeuille und überzeugte mich ganz davon, dass es eben Graf Viktorin war, der zerschmettert im Abgrunde lag. Ohne mich darum weiter zu kümmern, beschloss ich, dem mich ganz zu fügen, wenn die Baronesse angekommen und mich gesehen.

Schon den ändern Morgen traf die Baronesse mit Aurelien ganz unerwartet ein – Die Baronesse trat mir entgegen – ein schönes, herrliches Weib, noch in voller Blüte. – Reinhold sah mich an, ganz froh und zufrieden lächelnd. In dem Augenblick öffnete sich die Tür, und der Baron trat mit Aurelien herein.

Sowie ich Aurelien erblickte, fuhr ein Strahl in meine Brust und entzündete all die geheimsten Regungen, die wonnevollste Sehnsucht. Der schwermütige, kindlich fromme Blick des dunkelblauen Auges, die weichgeformten Lippen, der wie in betender Andacht sanft vorgebeugte Nacken, die hohe, schlanke Gestalt, nicht Aurelie, die heilige Rosalie selbst war es.

»Wünschen Sie sich Glück, Herr Baron!« rief ich, »wünschen Sie sich Glück! – Eine Heilige wandelt unter uns in diesen Mauern. Ich sehe ihr Haupt strahlend in der Glorie himmlischer Verklärung! – Sancta Rosalia, ora pro nobis!«

Ja! Nur Aurelie lebte in mir, mein ganzer Sinn war von ihr erfüllt. Es war mir, als mich ihr frommer Blick heilloser Sünde zeiht. Ebenso konnte ich mich nicht entschließen, die Baronesse gleich nach jenen Momenten wiederzusehen, und alles dieses bestimmte mich in meinem Zimmer zu bleiben.

Mittlerweile war sich Viktorins Jäger, als Bauer verkleidet, am Ende des Parks. Ich versäumte nicht, mit ihm zu sprechen. Der Baron und Reinhold schienen höchlich mit mir zufrieden.

Ich sah Euphemien aus dem Schloss kommen mit Hut und Shawl. Bei ihr nur war Trost und Hilfe zu finden, ich warf mich ihr entgegen, sie erschrak über mein zerstörtes Wesen, sie fragte nach der Ursache, und ich erzählte ihr getreulich den ganzen Auftritt, den ich eben mit dem wahnsinnigen Hermogen gehabt habe, indem ich noch meine Angst, meine Besorgnis, dass Hermogen vielleicht durch einen unerklärlichen Zufall unser Geheimnis verraten, hinzusetzte.

Euphemie schien über alles nicht einmal betroffen, sie lächelte und sagte:

»Gehen wir tiefer in den Park. Es kann auffallen, dass der ehrwürdige Pater Medardus so heftig mit mir spricht.«

Wir waren in ein ganz entlegenes Boskett, da umschlang mich Euphemie mit leidenschaftlicher Heftigkeit. Ihre heißen, glühenden Küsse brannten auf meinen Lippen.

»Ruhig, Viktorin«, sprach Euphemie.

Es ist mir sogar lieb, dass es so mit Hermogen gekommen ist. Denn nun darf und muss ich mit dir über manches sprechen, wovon ich so lange schwieg. Freilich gehört nichts Geringeres dazu, als dass außer jenem unnennbaren, unwiderstehlichen Reiz der äußern Gestalt, den die Natur dem Weib zu spenden vermag, dasjenige höhere Prinzip in ihr wohne, welches eben jenen Reiz mit dem geistigen Vermögen in eins verschmilzt und nun nach Willkür beherrscht9.

Gibt es etwas Höheres, als das Leben im Leben zu beherrschen? – Du, Viktorin, gehörst von jeher zu den wenigen, die mich ganz verstehen. Das Geheimnis erhöhte den Reiz dieses Bundes. Unsere scheinbare Trennung diente nur dazu, unserer phantastischen Laune Raum zu geben. Ist nicht unser jetziges Beisammensein das kühnste Wagestück, das, im höheren Geist gedacht, der Ohnmacht konventioneller Beschränktheit spottet?

Wie herzlich ich nun bei dieser tief aus meinem Wesen entspringenden Ansicht der Dinge alle konventionelle Beschränktheit verachte, indem ich mit ihr spiele, weißt du. – Der Baron ist mir eine bis zum höchsten Überdruss ekelhaft gewordene Maschine, die, zu meinem Zweck verbraucht, tot daliegt. – Reinhold ist zu beschränkt, um von mir beachtet zu werden. Aurelie ein gutes Kind, wir haben es nur mit Hermogen zu tun. – Ich gestand dir schon, dass Hermogen, als ich ihn zum ersten Mal sah, einen wunderbaren Eindruck auf mich machte. – Ich hielt ihn für fähig. – Es war etwas mir Feindliches in ihm. Er blieb kalt, düster verschlossen und reizte meine Lust, den Kampf zu beginnen, in dem er unterliegen sollte. – Diesen Kampf habe ich beschlossen, als der Baron mir sagte, wie er Hermogen eine Verbindung mit mir vorgeschlagen, dieser sie aber unter jeder Bedingung abgelehnt hat. Doch ich habe ja selbst mit dir, Viktorin, oft genug über jene Vermählung gesprochen. Ich widerlegte deine Zweifel mit der Tat. Es gelang mir, den Alten in wenigen Tagen zum albernen zärtlichen Liebhaber zu machen. Aber tief im Hintergrund lag noch in mir der Gedanke der Rache an Hermogen. – Kennte ich weniger dein Inneres, wusste ich nicht, dass du dich zu der Höhe meiner Ansichten erheben kannst.

Ich erschien in der Hauptstadt, düster, in mich gekehrt und bildete so den Kontrast mit Hermogen.

Hermogen kam zu mir, vielleicht nur um die Pflicht der Mutter zu erfüllen. Er fand mich in düstres Nachdenken versunken. Als er, befremdet von meiner auffallenden Änderung, dringend nach der Ursache fragte, gestand ich ihm unter Tränen, wie des Barons mißliche Gesundheitsumstände, mich befürchteten.

Er war erschüttert. Als ich nun mit dem Ausdruck des tiefsten Gefühls das Glück meiner Ehe mit dem Baron schilderte, so dass sein Erstaunen zu steigen. – Er kämpfte sichtlich mit sich selbst, aber die Macht, die jetzt wie mein Ich selbst in sein Inneres gedrungen, siegte über das feindliche Prinzip. Mein Triumph war mir gewiss.

Er fand mich einsam, noch düstrer, noch aufgeregter als gestern. Ich sprach vondem Baron und von meiner unaussprechlichen Sehnsucht, ihn wiederzusehen.

Hermogen war bald nicht mehr derselbe, er hing an meinen Blicken. Wenn meine Hand in der seinigen ruhte, zuckte diese oft krampfhaft, tiefe Seufzer entflohen seiner Brust. Es gelang! – Die Folgen waren entsetzlicher, als ich sie mir gedacht habe. Die Gewalt, mit der ich das feindliche Prinzip bekämpfte, hat seinen Geist gebrochen. Er verfiel in Wahnsinn, wie du weißt, ohne dass du jedoch bis jetzt die eigentliche Ursache kennen solltest. Es mag daher wohl sein, dass, zumal in der eignen Beziehung, in der du, Hermogen und ich stehen, er auf geheimnisvolle Weise dich durchschaut. Bedenke, selbst wenn er mit seiner Feindschaft gegen dich offen ins Feld rückt, wenn er es ausspricht:

»Raut nicht dem verkappten Priester.«

Wer hält das für was anderes, für eine Idee? – Indessen bleibt es gewiss, dass du nicht mehr, wie ich gewollt und gedacht habe, auf Hermogen wirken kannst. Meine Rache ist erfüllt und Hermogen mir nun wie ein weggeworfenes Spielzeug unbrauchbar. Er muss fort, und ich kann dich dazu benutzen, ihn in der Idee, ins Kloster zu gehen, zu bestärken und den Baron sowie den Freund Reinhold zu gleicher Zeit durch die dringendsten Vorstellungen geschmeidiger zu machen. – Hermogen ist mir in der Tat höchst zuwider, sein Anblick erschüttert mich oft. Er muss fort! – Die einzige Person, der er ganz anders erscheint, ist Aurelie, das fromme, kindische Kind.

Nun weißt du alles, Viktorin, handle und bleibe mein. Herrsche mit mir über die läppische Puppenwelt, wie sie sich um uns dreht.

Das Verhältnis mit ihr lebte um so widriger, als Aurelie in meinem Innern. Ich beschloß, von der Macht den vollsten Gebrauch zu machen und so selbst den Zauberstab zu ergreifen. Der Baron und Reinhold wetteiferten miteinander, mir das Leben im Schloss recht angenehm zu machen. Nicht die leiseste Ahnung von meinem Verhältnis mit Euphemien stieg in ihnen auf. Vielmehr äußerte der Baron oft, dass erst durch mich ihm Euphemie ganz wiedergegeben ist. Hermogen sah ich selten, er vermied mich mit sichtlicher Angst und Beklemmung. Auch Aurelie schien sich absichtlich meinem Blick zu entziehen. Sie wich mir aus Aureliens Anblick, ihre Nähe, ja die Berührung ihres Kleides setzte mich in Flammen. Ich bereitete mich auf die sogenannten Lehrstunden bei Aurelien sorgsam vor. Ich wusste den Ausdruck meiner Rede zu steigern. Statt in Aurelien das verderbliche Feuer zu entzünden, wurde nur qualvoller und verzehrender die Glut, die in meinem Innern brannte. Oft kam es mir in den Sinn, durch einen wohlberechneten Gewaltstreich, Aurelie zu töten, meine Qual zu enden. Aber sowie ich Aurelien erblickte, war es mir, als steht ein Engel neben ihr.

Endlich fiel ich darauf, mit ihr zu beten. – Da nahm ich wie im Eifer des Gebets ihre Hände und drückte sie an meine Brust. Ich war ihr so nahe, dass ich die Wärme ihres Körpers fühlte, ihre losgelösten Locken hingen über meine Schulter. Ich war außer mir. Sie entfloh rasch in das Nebenzimmer.

Die Türe öffnete sich, und Hermogen zeigte sich in derselben. Er blieb stehen. Da raffte ich alle meine Kraft zusammen, ich trat auf ihn zu und rief mit trotziger, gebietender Stimme:

»Was willst du hier? Hebe dich weg, Wahnsinniger!«

Euphemie hat einige Minuten geschwiegen.

»Solltest du nicht, Viktorin!« sprach sie endlich, »erraten, welche herrliche Gedanken mich durchströmen? – Ich hasse sie nicht, diese Aurelie, aber ihre Anspruchslosigkeit, ihr stilles Frommtun ärgert mich. Nie konnte ich ihr Zutrauen gewinnen. Sie blieb scheu und verschlossen. Diese stolze Art erregt in mir die widrigsten Gefühle. – Auf Hermogens Haupt soll die Schuld fallen und ihn vernichten!«

Euphemie sprach noch mehr über ihren Plan und wurde mir mit jedem Worte verhasster.

Euphemiens Blick, die ich immer richtig zu deuten wusste, sagten mir, dass irgend etwas vorgegangen ist, wovon sie sich besonders aufgeregt fühlte. Doch war es den ganzen Tag unmöglich, uns unbemerkt zu sprechen.

In tiefer Nacht öffnete sich eine Tapetentür in meinem Zimmer, und Euphemie trat herein.

»Viktorin«, sprach sie, »es droht uns Verrat, Hermogen, der wahnsinnige Hermogen ist es. In allerlei Andeutungen hat er dem Baron einen Verdacht eingeflößt, der, mich doch auf quälende Weise verfolgt. – Wer du bist, dass unter diesem heiligen Kleid Graf Viktorin verborgen hast. – Es kann so nicht bleiben. Ich bin müde, diesen Zwang zu tragen. Du, Viktorin, wirst dich um so williger meinem Begehren fügen, als du auf einmal selbst der Gefahr entgehst!«

»Nein, nimmermehr«, schrie ich heftig, »fort mit dir und dem Frevel, den du mir zumutest!«

Da sprang Euphemie auf:

»Elender Schwächling«, rief sie, »du wagst es in dumpfer Feigheit, dem zu widerstreben, was ich beschloss? Aber du bist in meiner Hand!«

Ich fasste sie und drückte sie durch die Tapetentür den Gang hinab. – Der Gedanke stieg in mir auf, sie zu töten. – Euphemiens Untergang war beschlossen. Ich erstaunte über Euphemiens innere Kraft.

Der Baron schien sehr teilnehmend, Reinholds Blicke waren zweifelhaft und misstrauisch. Aurelie blieb auf ihrem Zimmer. Je weniger es mir gelang, sie zu sehen, desto rasander tobte die Wut in meinem Inneren. Euphemie lud mich ein, wenn alles im Schloss ruhig war. – Mit Entzücken vernahm ich das, denn der Augenblick der Erfüllung ihres bösen Verhängnisses war gekommen. – Ein kleines, spitzes Messer, das ich schon von Jugend auf bei mir trug, verbarg ich in meiner Kutte. Zum Mord entschlossen, ging ich zu ihr.

»Ich glaube«, fing sie an, »wir haben beide gestern schwere ängstliche Träume gehabt.«

Sie gab sich darauf wie gewöhnlich meinen frevelnden Liebkosungen hin, ich war erfüllt von entsetzlichem, teuflischen Hohn. – Euphemie hat italienischen Wein und eingemachte Früchte auf den Tisch stellen lassen. – Ich hatte zwei, drei Gläser von dem Wein aus de Euphemies Glas getrunken. – Nach ihrer Absicht sollte ich auf meinem Zimmer enden! Ich schlich durch die langen, schwach erhellten Korridore. Ich kam bei Aureliens Zimmer vorüber, wie festgebannt blieb ich stehen. – Ich sah sie.

Die Tür wich durch den Druck meiner Hand. Aus dem Kabinett quollen die tiefen angstvollen Seufzer. Ich hörte sie im Schlaf beten! Schon habe ich einen Schritt ins Kabinett getan, da schrie es hinter mir:

»Verruchter, Mordbruder! nun gehörst du mein!«

Ich fühlte mich mit Riesenkraft von hinten festgepacktAls er von neuem über mich herfiel, da zog ich mein Messer. Zwei Stiche, und er sank röchelnd zu Boden. Bis heraus aus dem Zimmer haben wir uns gedrängt im Kampf der Verzweiflung.

Sowie Hermogen gefallen, rannte ich in wilder Wut die Treppe herab, da riefen gellende Stimmen durch das ganze Schloß:

»Mord! Mord!«

»Sie ist tot, gemordet durch das Gift, das sie mir bereitet.«

Aber nun strömte es wieder hell aus Euphemiens Zimmern. Aurelie schrie angstvoll um Hilfe.

»Mord, Mord.«

Vor mir! – vor mir stand Viktorins blutige Gestalt, nicht ich, er hat die Worte gesprochen. – Das Entsetzen sträubte mein Haar, ich stürzte in wahnsinniger Angst heraus, durch den Park! – Bald war ich im Freien. Bald standen die Pferde bei mir. Es war Viktorins Jäger.

»Um Jesus willen, gnädiger Herr«, fing er an, »was ist im Schloss vorgefallen, man schreit Mord! Schon ist das Dorf im Aufruhr.«

8.Sein schneidendes Jammergeschrei verhallte in der unermeßlichen Tiefe, aus der nur ein dumpfes Gewimmer herauftönte, das endlich auch erstarb. – Его пронзительный вопль эхом отдавался в безмерной глубине, из которой доносился только глухой рокот, который, наконец, тоже затих.
9.Freilich gehört nichts Geringeres dazu, als dass außer jenem unnennbaren, unwiderstehlichen Reiz der äußern Gestalt, den die Natur dem Weib zu spenden vermag, dasjenige höhere Prinzip in ihr wohne, welches eben jenen Reiz mit dem geistigen Vermögen in eins verschmilzt und nun nach Willkür beherrscht. – Разумеется, это не что иное, как то, что, помимо той не поддающейся описанию, непреодолимой привлекательности внешнего облика, которую природа способна подарить женщине, в ней живет то высшее начало, которое объединяет эту привлекательность с духовными способностями в одно целое и теперь по своему произволу управляет ею.

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Возрастное ограничение:
16+
Дата выхода на Литрес:
07 сентября 2023
Дата написания:
1815
Объем:
180 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
978-5-17-155957-1
Адаптация:
Правообладатель:
Издательство АСТ
Формат скачивания:
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