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Exkurs: Konsum als systemrelevant

Übermäßiger sozialer Vergleich ist ungesund, treibt aber den Konsum an und fördert den Wohlstand im systemischen Sinne. Konsum stabilisiert unseren Staat, in dem er in besonderer Weise der Wirtschaft ermöglicht zu wachsen. Konsum ist also in unserer Wirtschaftsweise im Grunde eine staatsbürgerliche Pflicht. Dies galt bisher meist, ohne dass dies so benannt wurde. Jetzt in der Corona-Krise drehte es sich nach dem Lockdown aber alles darum, den Konsum wieder anzukurbeln, um ein wirtschaftliches Zusammenbrechen bzw. eine schwere Rezession zu vermeiden. Dies wurde jetzt auch so ausgesprochen. Damit wurde offensichtlich, dass unser Wirtschaftssystem auf gefährliche Art und Weise verletzlich ist und Konsum systemrelevant. Ohne Konsum können wir diese Wachstumswirtschaft nicht retten, wie ungesund!

Wir kommen als Bürger hier in ein Dilemma: Zum einen haben wir die ethische Verpflichtung, besonnen zu konsumieren, um Ressourcen zu schonen und klimafreundlich zu handeln, zum anderen haben wir die moralische, offensichtlich staatsbürgerliche Pflicht zu konsumieren, damit unser Wirtschaftssystem nicht zusammenbricht.

Weiterhin werden wir implizit „gezwungen“, die Missachtung unseres Grundgesetzes durch unsere Wirtschaftsweise zu ignorieren mit der Folge, dass wir uns meist unbewusst aber doch im Hintergrund mitschuldig fühlen an den vom Staat zugelassenen massiven Rechtsbrüchen,

im Besonderen an GG § 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, § 2, Abs. 2. „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ und § 14, Abs 2 „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Wieso die Staatsmacht darin keine krasse Divergenz sieht, darüber mehr in Kapitel 4 bei der Erörterung des sogenannten „freien“ Marktes.

Gleichzeitig wissen wir, dass ausufernder Konsum uns als Menschen nicht glücklich macht, müssen aber auch dieses ignorieren, um „den Wohlstand“ zu erhalten, der uns versprochen ist, und dürfen hier keine Gefährdung zulassen.

Das alles bedeutet eine innere Zerr-Spannung, sie setzt uns ungeheuer unter Druck, weil wir es nicht richtig machen können. Mit jeder Positionierung verstoßen wir gegen eine Pflicht. Das ist quasi wie ein unbewusstes, aber loderndes Feuer für unser Stress-System und fördert Gefühle der Ohnmacht.

So ein verletzliches System stützen zu müssen ist also an sich unerträglich. Aus der Sicht mündiger Bürger müssen wir dagegen sozialen Widerstand leisten, aber in der Form, dass wir an einer Umwandlung des Wirtschaftssystems arbeiten mit dem Ziel, dass es funktioniert, auch wenn wir nicht mehr sinnlos ausufernd konsumieren. Ein solches Wirtschaftssystem ist die Gemeinwohl-Ökonomie, in der die genannten Dilemmata aufgehoben sind. Wohlstand bedeutet hier genug zu haben, uns aber auch aus den inneren Zerr-Spannungen befreien zu können und gemeinsam mit unseren Mitmenschen zu kooperieren. Der soziale Vergleich ist vermutlich nicht gleich völlig aufgehoben, wird aber mäßiger und hat nicht mehr die Getriebenheit zum Konsum.

Die Gemeinwohl-Ökonomie und wie der Prozess der Umwandlung dorthin gelingen kann, beschreibe ich in Kapitel 5.

Exkurs Soziale Ungleichheit

Wir müssen dabei noch einen Blick auf die soziale Ungleichheit werfen, die noch stärker als der soziale Vergleich für die nachteilig Betroffenen eine Verletzung ihres Daseins bedeutet, besonders was Würde und Gesundheit angeht. Die Lebenserwartung sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen in Deutschland (definiert durch ein Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 60 % des gesellschaftlichen Mittelwertes) ist im Vergleich zu Beziehern hoher Einkommen um bis zu elf Jahre verringert, das Risiko für chronische Erkrankungen nach Daten des Robert-Koch-Instituts um das 2-3-fache erhöht (siehe auch Kapitel 5, S. 493).6

Starke soziale Ungleichheit korreliert zudem mit hohem sozialem Misstrauen der Bürger untereinander und hohen sozialen Problemen (z. B. bei der Anzahl von Insassen in Gefängnissen, höhere Zahlen von Gewalttaten, mehr Teenager-Schwangerschaften, schlechtere Leistungen in der Schule, z. B. in der Lese-Schreib-Kompetenz, Zunahme der Fettleibigkeit usw.). Erfasst wird dies wissenschaftlich im sogenannten Gini-Koeffizienten (von dem italienischen Statistiker Corrado Gini entwickelt), der bei bester sozialer Gleichheit gegen Null tendiert, bei starker sozialer Ungleichheit gegen Eins. Deutschland ist hier noch recht häufig nur im Mittelfeld der Länderskalen zu finden. Eine interessante Bearbeitung des Themas der sozialen Ungleichheit weltweit haben Wilkinson und Pickett in ihrem Buch „Gleichheit – warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind“ vorgelegt. Ein schöner Untertitel!

Die sozialen Themen werden uns im Weiteren noch häufiger beschäftigen. Eltern, die möchten, dass es ihren Kindern einmal besser geht oder heutzutage zumindest hoffen, dass sie noch in einer lebenswerten Welt leben können, können ihre Kinder am besten vorbereiten, wie in Kapitel 1 zur gesunden Hirnentwicklung beschrieben, damit sie in eine gute Selbststeuerung, guten Selbstwert und soziale Widerstandskraft kommen. Dann sind sie weniger anfällig auf die Verführung durch Konsum und kraftvoller in ihrem Beitrag, die aktuelle Wirtschaftsweise in eine Gemeinwohl-Ökonomie umzuwandeln mit der Chance, die Erde als guten Lebensraum zu erhalten.

2.2 Lebensstil, Mediennutzung und gesundheitliche Verfassung der Eltern
2.2.1 Bedeutung für die Zeit vor und bei der Empfängnis
Vor der Empfängnis

Die Eltern haben je nach gewähltem oder entstandenem Lebensstil einen bestimmten Gesundheitszustand, Stress- und Angst-Level, Stoffwechsel- bzw. Hormon- und Immunstatus mit entsprechendem epigenetischem Muster aktiver und passiver Gene incl. einer dazu passenden Telomer-Länge als Endkappen der Chromosomen.

Nicht nur die chromosomalen Anlagen, sondern auch diese epigenetische Situation wird nun bei einer Befruchtung weitgehend an das Kind weitergegeben, und auf dieser Grundlage macht der Embryo im Uterus nun seine physiologischen, kommunikativen und damit verbundenen emotionalen Erfahrungen.

Eine alte chinesische Tradition (wohl eher bei der privilegierten Bevölkerung angesiedelt), empfiehlt, dass Eltern, die ein Kind haben wollen, sich 100 Tage darauf vorbereiten sollen durch Enthaltsamkeit bei Alkohol und Völlerei, gesundem, in der Menge eben reduziertem Essen, guter Bewegung (QiGong) und Meditation sowie viel Schlaf. Außerdem soll die Vorfreude auf das Kind Raum bekommen. Das Paar kommt sich in seiner Liebe und Feinfühligkeit näher, sexuelle Enthaltsamkeit bzw. reduzierte sexuelle Aktivität unter Vermeidung einer Befruchtung ermöglichen die 100 Tage ohne Empfängnis.

Ein solcher Zeitraum von einem guten Vierteljahr der Lebenspflege ist zur Vitalisierung der Eltern wissenschaftlich gesehen äußerst sinnvoll. Es kommt zur Normalisierung von Körpergewicht und Bauchfett, die Leber wird entfettet und kann wieder die Gefäße und das Herz schützen, Gewebe, insbesondere Stützgewebe, Sehnen und Bänder werden geschmeidig, Muskeln erhalten genug Energie. Der Hormonhaushalt wird balanciert und die Sexualorgane vitalisiert, die Fruchtbarkeit von Mann und Frau gestärkt. In den Zellkernen der Zellen der Eltern, auch der Geschlechtszellen, die an das Kind weitergegeben werden, schaltet das epigenetische Muster in dieser Zeit auf ein lebensförderliches Muster.

Empfängnis

Kommt es nach dieser Zeit zur Empfängnis, was aufgrund der meist guten Fruchtbarkeit und nach sexueller Enthaltung bzw. Zurückhaltung großer sexueller Lust beider zukünftiger Eltern sehr wahrscheinlich ist, hat das Kind beste Einnistungs-Bedingungen und erhält ein bestmögliches, stressarmes epigenetisches Muster mit aktiver Telomerase und verlängerten Telomeren vererbt, von dem es lebenslang profitieren kann.

Klingt das nicht schön, eine solche liebevolle Vorbereitungszeit auf und für das Kind? Mancher mag einwenden, dass das heute nicht mehr gehen kann. Aber warum denn nicht? Wir werden uns das in Kapitel 5 bei den Gestaltungsräumen, die wir haben, genau anschauen.

Bedeutung für die Zeit der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft ist es jetzt wichtig, dass die schwangere Frau möglichst sorgen- und stressfrei leben kann, damit sich das Kind im Uterus möglichst ungestört in guter innerer Kommunikation mit der Mutter entwickeln und gute Erfahrungen machen kann.

Das Mutterschutzgesetz in Deutschland schützt die Schwangere und ihr Kind im Bauch vor Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit. Das erstreckt sich aber bisher nicht explizit auf den wichtigen Sachverhalt von weitgehender Stressfreiheit der Mutter im Sinne bestmöglicher Kindesentwicklung mit den Telomeren des Kindes im Fokus.

Daher wiederhole ich die Zitate aus Kapitel 1:

„Die starke seelische Belastung einer Schwangeren wirkt offenbar in der nächsten Generation nach und beeinflusst die Entwicklung der Telomer-Länge des Kindes auf Jahrzehnte hinaus.“

„Die Telomere des Babys lauschen dem Stress der Mutter.“

(Prof. Dr. Elisabeth Blackburn)

Viele schwangere Frauen arbeiten gerne in der Schwangerschaft weiter und fühlen sich gut, sofern die Arbeit Freude macht, nicht sehr erschöpft und sie Pausen bekommen, wie sie es brauchen.

Wenn die Arbeit aber stresst, sehr erschöpft oder vielleicht sogar Mobbing stattfindet, dann ist eine Stress-Wirkung auf das Kind sehr wahrscheinlich, selbst wenn die Schwangere selbst keine offensichtlichen Symptome hat. Aber auch eine empfundene Stressbelastung ohne aktuell nachweisbare Symptome trotz Einhaltung der Vorschriften des Mutterschutzgesetzes seitens des Arbeitgebers sollte im Interesse des Kindes ernst genommen werden.

Dies ist natürlich der Wahrnehmung und der Entscheidung der Schwangeren überlassen, aber es macht Sinn, dies ggf. mit dem Arzt des Vertrauens zu besprechen und zu klären, ob, aus Gründen der Vermeidung von Stressfolgen auch für das Kind, ein Beschäftigungsverbot geboten ist.

Aber das gilt natürlich genauso für Stress in der Partnerschaft oder andere Bereiche, wo möglichst Klärung erzielt werden sollte.

Stressfolgen in der Schwangerschaft für das Kind müssen zukünftig also viel ernster genommen werden, weil hier schon Weichen für die Zukunft gestellt werden. Dies war in der Vergangenheit in dieser Weise nie wirklich im Fokus, aber wir können mit diesem Wissen den Kinderschutz auf das Ungeborene nunmehr ausweiten, vorerst individuell, aber mit der Forderung nach weiteren praktikablen Kriterien im Mutterschutzgesetz.

Dies ist auch deshalb wichtig, weil so auch soziale Ungleichheit weiter vermindert werden kann, denn mit ausreichenden finanziellen Verhältnissen kann eine Schwangere diese Zeit natürlich auch stressärmer gestalten als bei der Notwendigkeit der Lohnarbeit der Schwangeren für den Lebensunterhalt der Familie bzw. im Single- oder alleinerziehenden Haushalt.

Hier müsste die Möglichkeit des Beschäftigungsverbotes klarer geregelt und sich auch explizit auf absehbare Stressfolgen für das Kind erstrecken, da im Beschäftigungsverbot die Lohn- oder Gehaltszahlung ja weiterläuft wie im üblichen Mutterschutz in den Wochen um die Geburt. Und Ärzte müssten sich hier unbedingt in epigenetischen Fragen weiterbilden, da dies in der bisherigen Ausbildung noch zu wenig Raum bekommt. So kann ein Faktor sozialer Ungleichheit etwas ausgeglichen werden, bevor allgemeinere gesellschaftliche Gestaltungen greifen.

Gute Begleitung in der Schwangerschaft

Es ist sehr sinnvoll, dass sich das Paar, sofern es sich nicht um eine zufällige oder nicht gewollte Schwangerschaft handelt, für die gemeinsamen Aufgaben gut abstimmt und gerade beim ersten Kind Ängste und Unsicherheiten empathisch ernst genommen und besprochen werden, die in Phasen kommen und normal sind.

Dies erfordert gute Begleitung von Hebammen und Ärzten, optimalerweise solchen, für die eine Schwangerschaft nicht eine Krankheit ist, sondern ein normaler, freudvoller Lebensabschnitt. Die Mehrzahl der Schwangerschaften ist nicht als Risiko einzuschätzen, sondern als natürlicher, lebensspendender Entwicklungsprozess mit eigener Kompetenz der Mutter zum Gebären. Generell gelingt eine Schwangerschaft umso besser, indem die Schwangere in dieser Kompetenz unterstützt wird und Ängste vor Komplikationen gut besprochen und bewältigt werden können, wenn keine Hinweise für Komplikationen da sind. Das gilt auch für Ängste des werdenden Vaters.

Bei Risikoschwangerschaften ist die entängstigende und lebensbejahende Betreuung umso wichtiger und die Kompetenzen von Hebamme, Arzt und Krankenhaus zu betonen, die Sicherheit gibt, ohne die Kompetenz der Schwangeren zur Frage des Tragens und Gebärens ihres Kindes infrage zu stellen. Ihre Wünsche und Gedanken dazu und der Rahmen ihrer Selbstbestimmung in dieser besonderen Situation brauchen großen empathischen Raum. Ein solches Vorgehen negiert nicht das Risiko, sondern minimiert es, indem die Schwangere und damit auch ihr Kind im Bauch eine bestmögliche Ausgangslage bekommt.

Die Frage der Indikation zum Kaiserschnitt möchte ich ausführlich in Kapitel 5, Gestaltungsräume, besprechen, ebenfalls dort das Thema Hausgeburten ansprechen.

Bedeutung für die ersten Lebensjahre

Lebensstil, Mediennutzung und gesundheitliche Verfassung der Eltern sind sehr wichtig für das Gedeihen und die Hirnentwicklung des Babys.

Im Kapitel Stress und Digitalisierungs-Stress habe ich beschrieben, wie die reale Lebenssituation vieler Erwachsener Dysbalancen auf vielen Ebenen ergibt und sicherlich die Mehrheit der Menschen sich im Alltag dauerhaft überfordert fühlt angesichts des permanenten und beschleunigten Wandels. Wer hier nicht mit günstigen Voraussetzungen, Kompetenzen und Ressourcen im Ring steht, geht leicht k.o., also kommt z. B. ins Burn-out. Die Zahl der Menschen mit Stress-Folge-Erkrankungen wie Burn-out, Depression, Diabetes Typ 2, Tinnitus u. a. gehen, wie schon gesagt, in die Millionen (jeweils ca. jeder 5. Mensch in Deutschland), beim Bluthochdruck und nicht erholsamem Schlaf ist es fast die Mehrheit der Menschen hierzulande.

Der Schlaf der Eltern aber ist in der Regel mit einem Baby nicht ungestört, sie können insofern meist auf die regenerative Wirkung guten Schlafes nicht umfassend zurückgreifen.

Wenn jetzt ein Kind zu einem gestressten Paar kommt und diese zukünftigen Eltern keine Lebenspflege, wie vorher beschrieben, vor der Empfängnis gemacht haben oder machen konnten bzw. das Kind unerwartet kommt, wird das Kind in eine Belastungssituation hinein empfangen und auch geboren. Für Eltern in bereits bestehender Überforderung wird die Belastung dann in der Schwangerschaft stärker und nach der Geburt ebenfalls. In dieser Belastung können Eltern dem Kind eine verlässliche Umhüllung oft nicht geben, zusätzlich waren bei Empfängnis und in der Schwangerschaft die physiologischen und epigenetischen Voraussetzungen für das Kind nicht optimal und auf dieser Lebensgrundlage läuft die Hirnentwicklung des Kindes noch nicht in der bestmöglichen Bahn.

Es ist für die Eltern und die Entwicklung des Kindes insofern hochbedeutsam, dass die Eltern spätestens jetzt dafür sorgen, dass es ihnen ausreichend gut geht und sie in eine bessere vegetative Balance kommen. Und sie müssen jetzt auch unter diesen ggf. schwierigen Umständen klare Entscheidungen treffen bzw. sich Unterstützung holen. Wie sie dahin gelangen können, bespreche ich in Kapitel 5. Dies muss in der Gesellschaft aber umfangreich kommuniziert werden und zu jeder Geburtsvorbereitung dazugehören. Wer hier Unterstützung braucht, muss diese auch bekommen, unabhängig von der persönlichen finanziellen Lage.

Wenn die Eltern aber auch noch biografische Belastungen mit sich tragen wie eigene oder familiäre Traumata, eigene Krankheiten, psychische Störungen, Suchtentwicklungen oder Dauer-Streit und Trennungen mit ihren Partnern, können die aktuellen Lebensanforderungen noch schwerer zu bewältigen sein mit Vernachlässigung oder emotionalem Mangelerleben der Kinder bis hin zur Gewalterfahrung. Hier kommt dann die Entwicklung der Kinder in ganz schwierige Bahnen, die unsere ganze Aufmerksamkeit und Unterstützung brauchen (Kapitel 3 und 4).

Ursachen und Folgen in biografisch belasteten Familien

Belastete Eltern, die bereits für sich schwer kämpfen müssen, um mit dem Leben klarzukommen bzw. nach Lösungswegen für ihr eigenes Dilemma suchen und nicht finden, können natürlich dem Kind keine wirklich tragfähige Grundlage für das Leben mitgeben. Diese Belastungen wirken auf die Kinder und die Verhaltensweisen bzw. Beziehungsformen, die aus den schwierigen Erfahrungen der Eltern im eigenen Leben resultieren, gehen vielfach auf die Kinder über.

Mütter können als Ergebnis eigener schwieriger Entwicklung auf unterschiedliche Weise problematisch für das Kind sein, z. B.:

sie können das Kind ablehnen, abwerten, bestrafen

sie können das Kind völlig für ihre Zwecke vereinnahmen

sie haben z. B. keine Liebesfähigkeit oder keine Zeit für das Kind

sie füllen mit dem Kind ihren eigenen Mangel an Selbstwert auf.

Diese Mütter können ihr Kind im Lebensbeginn nicht liebevoll umhüllen und überdies bewirken sie schwere Probleme beim Kind mit existenzieller Bedrohung, Identitätsstörungen, emotionalem Missbrauchserleben, starken Minderwertigkeitsgefühlen bzw. völliger Abhängigkeit.

Ähnliche Einflüsse können vom Vater ausgehen.

Diese Zusammenhänge hat z. B. der Psychiater Hans-Joachim Maaz in seinem Buch „Das falsche Leben“ ausführlich dargestellt.

(Auswege aus diesen größtenteils für das Kind schädlich wirkenden Familiendynamiken siehe Kapitel 4 und 5)

2.3 Genderthemen
2.3.1 Muttersein

Die Bedeutung der Mutter in ihrer umhüllenden Funktion und physiologischer Stillfähigkeit, die den besten Boden für die Entwicklung sicherer Bindung ermöglicht, ist heutzutage gerne umstritten, da dieses zeitlich umfängliche Sein, oft auch nur als Rolle benannt, mit Gelderwerb, Karriere und Selbstbestimmungsrechten der Frau in Konkurrenz gesetzt wird bzw. in Konkurrenz erscheint.

In Abhängigkeit vom individuellen Ranking von Muttermilch mit Ersatz-Milchprodukten wird diese Rolle bestätigt oder abgestritten. Die Mutterfunktion scheint dann im letzteren Falle, so die Annahme, bereits kurz nach der Geburt ohne Qualitätsverlust von Hirnentwicklung und Bindungsfähigkeit ersetzbar zu sein durch Väter, Partner/Partnerin bei gleichgeschlechtlichen Paaren oder eben einer Betreuungsperson der Frühbetreuung.

Wo die Mutter fehlt, für die Mutterrolle nicht zur Verfügung steht z. B. durch Krankheit, Persönlichkeit oder biografische Themen ist eine empathische Ersatzperson natürlich ein Segen.

Und wenn eine Frau in ihrer Selbstbestimmung die Mutterrolle nicht übernehmen will, steht sie dafür auch nicht zur Verfügung. Das ist ihre Entscheidung. Das erzählte Begründungsnetz ist in sich oft stimmig, allerdings sind die Emotionen in diesem Bereich nicht immer gut integriert, sodass es in der Reflexion der Biografie später oft zu einem Bedauern über diese nicht gemachte Erfahrung kommt. Auch über Schuldempfinden gegenüber dem Kind wird häufig berichtet. Über mögliche Auswirkungen früher, insbesondere externer Betreuung auf das Kind dabei, schreibe ich ausführlich in Kapitel 3.

Mutter und Vater gleichzusetzen in der Funktion der ersten Umhüllung erscheint zeitgemäß, erfasst aber aus meiner Sicht nicht die ganze Bandbreite des Themas.

Zwar findet man bei Männern mit gewollter Vaterschaft während der Schwangerschaft ihrer Frauen und nach der Geburt auch öfter eigene hormonelle und physiologische Veränderungen (dieses Phänomen nennt man u. a. Couvade „Männerwochenbett“). Und in einer Schwangerschaft, in der das Paar viel zusammen ist, hört das Kind im Bauch natürlich auch die Stimme des Vaters, wenn auch anders als die Stimme der Mutter. Insofern wird auch die Stimme des Vaters dann vertraut sein nach der Geburt.

Aber die Schwangerschaft und die Geburt als Seinserfahrung der Frau geht in die dyadische Kommunikation mit dem Säugling ein, ihr Herzschlag ist ihm vertraut und ihre Immunstoffe stehen ihm in der Muttermilch zum Schutz und zur Einverleibung zur Verfügung. Über Weiteres von mütterlicher Seinserfahrung kann ein Mann ja aus eigener Erfahrung nicht berichten. Als Arzt wurden mir allerdings von vielen Frauen ihre Biografien und Anamnesen lebendig anvertraut.

Insofern ist die Gleich“gültig“keit von Frauen und Männern im gesellschaftspolitischen Kontext heutzutage unbedingt zu betonen und dies unbedingt einzufordern. Die Gleichheit im Sinne einer Unisex-Bewegung ist allerdings nicht gegeben. Und das ist aus meiner Sicht gut so.

Die Unterschiede von Männern und Frauen machen uns sicherlich reich, sie sind dabei komplementär, durch ihre Polarität sehr anziehend und ermöglichen wunderbare Tänze, aber komplementär heißt in der Quantenphysik eben interessanterweise auch: „maximal unvereinbar“! Das ist die Spannung, in der wir hier auf Erden unsere Erfahrungen und unsere Liebe einstellen und erfassen müssen. Insofern ist es auch eine therapeutische Erfahrung, insbesondere bei Familienaufstellungen, dass Männer im Alltag die inneren Probleme des Frauseins nicht lösen können und Frauen nicht die inneren Probleme des Mannseins.

Da allerdings, wie aus der Traditionellen Chinesischen Medizin bekannt, ein jedes Yang ein kleines Yin enthält und jedes Yin ein kleines Yang, so hat auch jede Frau ein männliches Element und jeder Mann ein weibliches Element, aus der beide eine Ahnung des anderen Daseins ziehen können und in Resonanz weiter bilden können.

Auf der anderen Seite haben wir eben auch genug Gemeinsames aus der Evolution als Spezies durch gemeinsame archaische, kollektive und weitergegebene Erfahrung und unsere Entwicklungserfahrung als Mensch, die auf Kommunikation beruht, und insofern auch in der Folge das Leben in der Gruppe, sodass das „maximal Unvereinbare“ eben auch relativiert wird, seinen guten Platz im Leben erhält und das Interesse aneinander.

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9783949217111
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