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Omsriaurobindomira
Alles
Leben
ist
Yoga
“All life is Yoga.” – Sri Aurobindo
Bhagavadgita
Sri Aurobindo | Die Mutter
SRI AUROBINDO
DIGITAL EDITION
Copyright 2021
AURO MEDIA
Verlag und Fachbuchhandel
Wilfried Schuh
Deutschland
www.sriaurobindo.center
www.auro.media
eBook Design
SRI AUROBINDO DIGITAL EDITION
Deutschland, Berchtesgaden
ALLES LEBEN IST YOGA
Bhagavadgita Auszüge aus den Werken von Sri Aurobindo und der Mutter 2. Ausgabe 2021 ISBN 978-3-96387-039-2
© Fotos und Textauszüge Sri Aurobindos und der Mutter:
Sri Aurobindo Ashram Trust
Puducherry, Indien
Blume auf dem Cover:
Hydrangea. Verschiedene Farben. Die von der Mutter gegebene spirituelle Bedeutung: Kollektive Harmonie Kollektive Harmonie ist die Arbeit, die das göttliche Bewusstsein unternimmt; es allein hat die Macht, sie zu verwirklichen.
Anmerkung des Herausgebers
Einfache Auszüge aus den Werken Sri Aurobindos und der Mutter sollen für die Sadhana eine praktische Orientierung zu bestimmten Themen geben. Die Themen behandeln das gesamte Feld menschlicher Aktivitäten, denn wahre Spiritualität ist nicht eine Abkehr vom Leben, sondern die Kunst, das Leben zu vervollkommnen.
Die Übersetzung der Textstellen von Sri Aurobindo erfolgte aus dem ursprünglichen Englisch, während die meisten Passagen der Mutter bereits Übersetzungen aus dem Französischen waren. Fast alle Texte der Mutter wurden ihren Gesprächen, die sie mit Kindern und Erwachsenen führte, entnommen, einige ihren Schriften. Wir müssen außerdem berücksichtigen, dass die Auszüge ihrem ursprünglichen Zusammenhang entnommen wurden und dass jede Zusammenstellung ihrer Natur nach möglicherweise einen persönlichen und subjektiven Charakter hat. Es wurde jedoch der aufrichtige Versuch unternommen, der Vision Sri Aurobindos und der Mutter treu zu bleiben.
Die Textauszüge sind vom Verlag zum Teil mit Kapiteln und Überschriften versehen worden, um ihre Themen hervorzuheben. Sofern es möglich war, wurden sie in Anlehnung eines Satzes aus dem Text selbst gewählt.
Sri Aurobindo und die Mutter machen von der in der englischen Sprache gegebenen Möglichkeit, Wörter groß zu schreiben, um ihre Bedeutung hervorzuheben, häufig Gebrauch. Mit dieser Großschreibung bezeichnen sie meist Begriffe aus übergeordneten Daseinsbereichen, doch auch allgemeine wie Licht, Friede, Kraft usw., wenn sie ihnen einen vom üblichen Gebrauch abweichenden Sinn zuordnen. Diese Begriffe wurden in diesem Buch kursiv hervorgehoben, um dem Leser zu einer leichteren Einfühlung in diese subtilen Unterscheidungen zu verhelfen.
Eckige Klammern bezeichnen Einfügungen des Übersetzers, die um des besseren Verständnisses willen angebracht erschienen. Einige wenige Sanskritwörter wie Sadhana, Sadhaka, Yoga usw. wurden eingedeutscht, da sie durch ihren häufigen Gebrauch bereits als Bestandteil der deutschen Sprache angesehen werden können. Alle anderen Sanskritwörter sind kursiv hervorgehoben, wobei auf diakritische Transkriptionszeichen verzichtet wurde.
Die kursiv geschriebenen Textpassagen vor den Worten Sri Aurobindos und der Mutter sind Fragen bzw. Antworten von Schülern oder sonstige erläuternde Texte.
„Wahre Spiritualität bedeutet nicht, dem Leben zu entsagen, sondern das Leben mit einer Göttlichen Vollkommenheit zu vollenden.“ – Die Mutter
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InhaltTitelseiteCopyrightAnmerkung des HerausgebersI. DIE BOTSCHAFT DER GITAZitat1. Die Botschaft der GitaII. DAS GEHEIMNIS DER GITAZitat1. Um die Lehre der Gita zu verwirklichen, muss man den Knoten des Handelns lösen2. Das große Geheimnis der Gita: Das Opfer an das Göttliche3. Dies wird von uns gefordert4. Lies die Gita und betrachte Krishna als Symbol des immanenten GottesIII. DIE BHAGAVADGITAAnmerkung1. Der Yoga der Niedergeschlagenheit Arjunas2. Sankhya Yoga3. Der Yoga der Werke (Karma Yoga)4. Der Yoga des Wissens (Jnana Yoga)5. Der Yoga der Entsagung der Werke6. Der Yoga der Kontemplation (Dhyana Yoga)7. Der Yoga des Wissens und der Weisheit8. Der Yoga des unzerstörbaren Brahman9. Der Yoga des Königs-Wissens und des Königs-Geheimnisses10. Vibhuti Yoga11. Der Yoga der Schau der All-Gestalt12. Der Yoga der Hingabe (Bhakti Yoga)13. Der Yoga der Unterscheidung von Feld und Kenner des Feldes14. Der Yoga der Dreiteilung der Gunas15. Der Yoga der erhabenen Person (Purushottama Yoga)16. Der Yoga der Unterscheidung zwischen der Art der Götter und Asuras17. Der Yoga des dreifachen Glaubens18. Der Yoga der BefreiungANHANGQuellenangabenGuideCoverInhaltStart
Teil I
Sri Aurobindo
Es gibt vier sehr bedeutsame historische Ereignisse: Die Belagerung von Troja, das Leben und die Kreuzigung von Christus, die Verbannung Krishnas in Brindavan und das Gespräch mit Arjuna auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra. Die Belagerung von Troja schuf Hellas, die Verbannung in Brindavan schuf die hingebungsvolle Religion (denn vorher gab es nur Meditation und Verehrung), Christus humanisierte von seinem Kreuz aus Europa, das Gespräch auf Kurukshetra wird die Menschheit noch befreien. Und dennoch wird behauptet, keines dieser vier Ereignisse habe je stattgefunden. — Sri Aurobindo
* * *
Kapitel 1
Die Botschaft der Gita
Worte Sri Aurobindos
Die Botschaft der Gita, das Wort ihres göttlichen Lehrers, können wir so zusammenfassen: „Das Geheimnis des Handelns ist eines mit dem Geheimnis allen Lebens und Daseins. Sein ist nicht nur ein Mechanismus der Natur, das Rad eines Gesetzes, in das die Seele für einen Augenblick oder für lange Zeiten verwickelt ist. Es ist eine ständige Manifestation des Geistes. Leben ist nicht nur da um des Lebens willen, sondern für Gott; und die lebendige Seele des Menschen ist ein ewiger Bestandteil der Gottheit. Handeln geschieht um der Selbst-Findung, um der Selbst-Erfüllung willen, wegen der Selbst-Verwirklichung und nicht nur wegen seiner äußeren oder sichtbaren Früchte des Augenblicks oder der Zukunft. Es gibt ein inneres Gesetz und einen inneren Zweck aller Dinge, abhängig von der höchsten Natur des Selbsts wie auch von seiner manifestierten Natur. Dort liegt die wahre Wahrheit des Wirkens. In den äußeren Erscheinungen des Mentals und seines Wirkens kann sie nur beiläufig, unvollkommen und durch die Unwissenheit verkleidet dargestellt werden. Darum ist es höchstes, fehlerloses und umfassendstes Gesetz des Handelns, die Wahrheit unseres eigenen höchsten und innersten Daseins herauszufinden und in ihr zu leben. Es gilt nicht, irgendeiner äußeren Norm oder einem solchen Dharma zu folgen. Solange wir das tun, muss alles Leben und Handeln etwas Unvollkommenes und Schwieriges, ein Ringen und ein Problem sein. Nur wenn du dein wahres Selbst entdeckst und im Einklang mit seiner wirklichen Wahrheit, seiner wahren Wirklichkeit lebst, kann das Problem endgültig gelöst, die Schwierigkeit und das Ringen überwunden werden, kann alles, was du tust, vervollkommnet werden und sich in der Sicherheit des entdeckten Selbstes und Geistes in ein verbürgtes göttliches Wirken verwandeln. Erkenne also dein Selbst! Erkenne, dass dein wahres Selbst Gott ist und eins ist mit dem Selbst aller Menschen! Erkenne, dass deine Seele ein Wesensteil Gottes ist! Lebe in dem, was du weißt! Lebe im Selbst! Lebe in deiner höchsten spirituellen Art! Sei mit Gott geeint und Gott gleich! Bringe zuerst dein ganzes Wirken dem Erhabenen und dem Einen in dir und dem Erhabenen und dem Einen in der Welt als ein Opfer dar! Überantworte schließlich alles, was du bist und tust, in seine Hand, damit der höchste und universale Geist durch dich seinen Willen und sein Wirken in der Welt vollziehen kann! Das ist die Lösung, die Ich dir anbiete. Am Ende wirst du finden, dass es keine andere gibt.“
Hier ist es notwendig, dass wir den Standpunkt der Gita zu dem fundamentalen Gegensatz darstellen, zu dem sie, wie jede indische Lehre, Stellung nimmt. Es ist nicht leicht, das wahre Selbst und die Erkenntnis zu gewinnen, dass die Gottheit in unserem Inneren und in allen Wesen ist. Es ist ebensowenig leicht, diese Erkenntnis dann, wenn sie vom Mental gewonnen wird, in den Stoff unseres Bewusstseins und zur einzigen Grundlage unseres Handelns zu verwandeln. Alles Wirken wird durch den tatsächlichen Zustand unseres Wesens bestimmt; und dieser tatsächliche Zustand unseres Wesens wird durch den Zustand unseres ständig das Selbst schauenden Willens und aktiven Bewusstseins bestimmt und dessen Grundlage für die dynamische Bewegung. Das, was wir sehen, von dem wir mit unserer ganzen aktiven Natur glauben, dass wir es sind und dass unsere Beziehungen zur Welt dieses bedeuten, das ist unser Glaube, unser sraddha; das macht uns zu dem, was wir sind. Das Bewusstsein des Menschen ist aber von doppelter Art und entspricht einer doppelten Wahrheit des Seins. Denn es gibt eine Wahrheit der inneren Wirklichkeit und eine Wahrheit der äußeren Erscheinung. Je nachdem der Mensch in der einen oder der anderen lebt, wird er ein mentales Wesen, das in menschlicher Unwissenheit lebt, oder eine Seele sein, die im göttlichen Wissen gegründet ist.
In ihrer äußeren Erscheinung ist die Wahrheit des Seins lediglich das, was wir Natur oder Prakriti nennen: eine Kraft, die sich als Gesetz und Mechanismus des Seienden auswirkt, die Welt erschafft, Gegenstand des Mentals und der Sinne ist und auch Mental und Sinne erschafft als Mittel der Beziehung zwischen Geschöpf und objektiver Welt, in der es lebt. In dieser äußeren Erscheinung erscheint der Mensch in seiner Seele, seinem Mental, seinem Leben und seinem Körper als Geschöpf der Natur, das sich von anderen Geschöpfen durch Sonderung seines Körpers, Lebens und Mentals, besonders aber durch seinen Ego-Sinn unterscheidet –, jenen subtilen Mechanismus, der für ihn konstruiert wurde, damit er sein Bewusstsein dieser starken Sonderung und Verschiedenheit absichern und zentralisieren kann. Alles in ihm, die Seele seines Mentals und dessen Wirkens ebenso gut wie das Wirken seines Lebens und seines Körpers, wird offensichtlich durch das Gesetz seiner Natur bestimmt. Es kann nicht aus diesem heraustreten, kann sich nicht auf andere Weise betätigen. Gewiss schreibt er seinem persönlichen Willen, dem Willen seines Ego, eine bestimmte Freiheit zu. Das hat aber in Wirklichkeit keine Bedeutung, da sein Ego nur ein Sinn ist, mittels dessen er sich mit der Schöpfungsform identifizieren kann, die die Natur aus ihm gemacht hat: mit dem von anderen verschiedenen Mental, Leben und Körper, die sie gebildet hat. Sein Ego ist aber selbst ein Produkt ihres Wirkens. So wie die Art seines Ego ist, so wird die Art seines Willens sein. Und im Einklang mit diesem muss er handeln, er kann nicht anders.
Dies also ist des Menschen gewöhnliches Bewusstsein von sich selbst. Dies ist sein Glaube an sein eigenes Wesen, dass er ein Geschöpf der Natur ist, ein gesondertes Ego, das Beziehungen zu anderen Wesen und zur Welt herstellt, das irgendeine Entwicklung seiner selbst zustande bringt, das jedes Wollen und Begehren, jede Idee seines Mentals befriedigt, die im Ablauf der Natur zulässig ist und mit ihrer Absicht oder ihrem Gesetz in seinem Sein übereinstimmt.
Es gibt jedoch etwas im Bewusstsein des Menschen, das mit dieser starren Formel nicht übereinstimmt. Er hat einen Glauben an eine andere und innere Wirklichkeit des Seins, der in seiner Seele größer wird, je mehr diese sich entfaltet. In dieser inneren Wirklichkeit ist die Wahrheit des Seins nicht mehr Natur, sondern Seele und Geist, viel mehr Purusha als Prakriti. Natur selbst ist nur eine Macht des Geistes, Prakriti die Kraft des Purusha. Ein Geist, ein Selbst, ein Wesen, eins in allem: das ist der Meister dieser Welt, die nur seine Teil-Manifestation ist. Dieser Geist ist der Erhalter der Natur und ihres Wirkens. Er erteilt die Zustimmung, durch die allein ihr Gesetz unumgänglich und ihre Kraft und ihr Arbeiten praktisch wirksam werden. Dieser Geist in ihr ist der Wissende, der sie erleuchtet und in uns bewusst macht. Ihm eigen ist der immanente und überbewusste Wille, der ihre Wirkensweisen inspiriert und motiviert. Die Seele des Menschen, ein Wesensteil dieser Gottheit, nimmt an ihrer Art teil. Unser Wesen ist die Manifestation unserer Seele; sie führt alles durch ihre Zustimmung aus, sie verkörpert ihr geheimes Selbst-Wissen, ihr Selbst-Bewusstsein und ihren Seins-Willen in den Regungen, Formen und Veränderungen unseres Wesens.
Die wirkliche Seele und unser Selbst sind verborgen vor unserer Intelligenz durch deren Unwissenheit hinsichtlich der inneren Dinge, durch falsche Identifikation mit unserem äußeren Mechanismus von Mental, Leben und Körper und durch das Ausgeliefert-sein an sie. Sobald sich aber die aktive Seele des Menschen von dieser Identifikation mit den Instrumenten ihrer Art zurückziehen kann, ihre innere Wirklichkeit sieht, im vollen Glauben daran leben kann, ist für sie alles verändert: Leben und Sein nehmen ein anderes Aussehen an, das Wirken bekommt einen anderen Sinn und Charakter. Unser Wesen ist dann nicht mehr dieses kleine egoistische Geschöpf der Natur; vielmehr wird es zur umfassenden Weite einer göttlichen, unsterblichen und spirituellen Macht. Unser Bewusstsein ist nicht mehr das Bewusstsein dieses beschränkten und ringenden mentalen und vitalen Geschöpfes; vielmehr wird es zu einem unendlichen, göttlichen und spirituellen Bewusstsein. Und unser Wille und Wirken sind nicht mehr Wille und Wirken dieser begrenzten Persönlichkeit und ihres Ego; vielmehr werden sie zum göttlichen und spirituellen Willen und Wirken, zum Willen und zur Macht des Universalen, des Erhabenen, des All-Selbstes und Geistes, die in freier Weise mittels der menschlichen Gestalt wirken.
„Dies ist die große Wandlung und Umgestaltung“, lautet die Botschaft der Gottheit im Menschen, des Avatars, des göttlichen Lehrers, „zu der Ich die Auserwählten berufe. Auserwählt sind alle, die ihren Willen von der Unwissenheit der Instrumente ihrer Natur ab- und hinwenden können zur tiefen Erfahrung der Seele, zu ihrer Erkenntnis des inneren Selbstes und Geistes, zu ihrem Kontakt mit der Gottheit, zu ihrer Macht, in das Göttliche einzugehen. Erwählt sind alle, die diesen Glauben und dieses höhere Gesetz annehmen können. Dies anzuerkennen, ist allerdings schwer für den Intellekt des Menschen, der stets an seinen alten Wolkengebilden und Halblichtern der Unwissenheit und an den noch finstereren Gewohnheiten der mentalen, nervlichen und physischen Seiten festhält. Hat er aber dies Gesetz einmal empfangen, ist es ein großer, sicherer, rettender Weg, da es identisch ist mit der wahren Wahrheit des Wesens des Menschen und die verbürgte Bewegung der innersten und höchsten Natur.
Die Wandlung ist aber eine große, gewaltige Transformation. Sie kann nicht getan werden, ohne dass du dein ganzes Wesen und deine Art wandelst und umkehrst. Es ist notwendig, dass du dein Selbst, deine Natur und dein Leben vollständig dem Erhabenen weihst, nichts anderem als dem Erhabenen. Denn nun muss alles nur um des Erhabenen willen unternommen werden. Nichts darf man annehmen, es sei denn in Gott und eine Gestaltung Gottes und um des Göttlichen willen. Es wird nötig, eine neue Wahrheit anzuerkennen, dein Mental völlig hinzuwenden und hinzugeben an eine neue Erkenntnis des Selbstes, der anderen Menschen, der Welt und Gottes, der Seele und der Natur, an ein Wissen um das Einssein; ein Wissen der universalen Göttlichkeit. Zuerst wirst du das nur mit dem Verstand annehmen; schließlich muss es aber zu einer Schau werden, zu einem Bewusstsein, zu einem Dauerzustand deiner Seele und zu einem Rahmen für ihre Maßnahmen.
Notwendig wird dazu ein Wille sein, der dieses neue Wissen, Schauen und Bewusstsein zu einem Motiv des Handelns macht, zu seinem einzigen Motiv. Das darf aber kein Motiv für ein Handeln sein, das du widerstrebend nur auf die notwendigen Maßnahmen der Natur oder auf die wenigen Dinge begrenzt und einschränkst, die für eine formelle Vollkommenheit hilfreich erscheinen, etwa einer religiösen Bekehrung oder individuellen Erlösung förderlich sind. Vielmehr soll alles Wirken des menschlichen Lebens in Gleichmut unternommen und um Gottes willen und für das Wohl aller Geschöpfe geleistet werden. Notwendig wird sein, dass das Herz in einem einzigen Streben zum Erhabenen emporgehoben wird, in einer einzigen Liebe zum Göttlichen Wesen, in einer einzigen Gottes-Verehrung. Auch das still gewordene und erleuchtete Herz soll so weit geworden sein, dass es Gott in allen Wesen umarmt. Es wird eine Umwandlung der gewohnheitsmäßigen und gewöhnlichen Art des Menschen, wie sie jetzt ist, in eine höchste und göttliche spirituelle Art nötig. Mit einem Wort: Erforderlich ist ein Yoga, der zugleich ein Yoga integralen Wissens, ein Yoga des integralen Willens und seines Wirkens, ein Yoga der integralen Liebe, Anbetung und innigen Hingabe und ein Yoga integraler spiritueller Vervollkommnung des ganzen Wesens und all seiner Seiten, Zustände, Mächte und Regungen ist.
Was ist nun das für ein Wissen, das vom Verstand anerkannt, vom Glauben der Seele gefördert und zu etwas Wirklichem und Lebendigem für Mental, Herz und Leben gemacht werden soll? Es ist das Wissen von der erhabenen Seele und vom erhabenen Geist in seinem Einssein und Ganzsein. Es ist das Wissen von dem Einen, der immer und ewig ist, jenseits von Zeit und Raum, von Namen und Form und Welt, weit jenseits seiner eigenen personalen und apersonalen Bereiche, und aus dem dennoch dies alles hervorgeht, der Eine, den alles in der vielfältigen Natur und der Menge ihrer Gestaltungen offenbart. Es ist die Erkenntnis von ihm, der ein apersonaler ewiger und unwandelbarer Geist ist, das stille und grenzenlose Ding, das wir Selbst nennen, das unendlich, gelassen und immer dasselbe ist, nicht beeinträchtigt, verändert und verwandelt inmitten des ständigen Wechsels und der Mannigfaltigkeit von Personalitäten, Seelen- und Natur-Mächten, von den Gestaltungen, Kräften und Zufälligkeiten dieses vergänglichen sichtbaren Daseins. Zugleich ist dieses Wissen auch die Erkenntnis von ihm als dem Geist und der Macht, die in der Natur stets veränderlich zu sein scheint; dem Innewohnenden, der sich zu jeder Form gestaltet, der sich zu jeder Stufe und zu jedem Grad und zu jeder Aktivität seiner Macht verändert; dem Geist, der zu allem wird, was ist, während er immer unendlich mehr ist als alles, was ist, der im Menschen, im Tier und im Ding wohnt, der Subjekt und Objekt ist, Seele und Mental, Leben und Materie, der jedes Seiende, jede Kraft und jede Kreatur ist.
Diesen Yoga kannst du nicht dadurch praktizieren, dass du dich nur auf diese oder jene Seite der Wahrheit festlegst. Das Göttliche, das du suchen sollst, das Selbst, das du zu entdecken hast, die erhabene Seele, deren ewiger Bestandteil deine Seele ist, all diese Dinge ist Er zugleich. Du sollst sie alle zusammen in höchstem Einssein erkennen, zugleich in sie alle eingehen, in allen ihren Zustandsformen und in allen Dingen Ihn allein wahrnehmen. Wäre er nur der in der Natur veränderliche Geist, dann gäbe es nur ein ewiges und universales Werden. Beschränkst du deinen Glauben und deine Erkenntnis nur auf diesen einen Aspekt, wirst du niemals über deine Persönlichkeit und ihre ständig wechselvollen Gestaltungen hinauskommen. Auf solcher Grundlage wärst du ganz und gar in den Umwälzungen der Natur gebunden. Du bist aber nicht nur eine Aufeinanderfolge von Seelen-Augenblicken in der Zeit. Es gibt in dir ein apersonales Selbst, das den Strom deiner Persönlichkeit trägt und eins ist mit Gottes unermesslichem und apersonalem Geist. Und unberechenbar jenseits dieser Persönlichkeit und Apersonalität bist du, beide ständigen Pole dessen, was du hier bist, beherrschend, ewig und erhaben in der Ewigen Transzendenz.
Gäbe es wiederum nur die Wahrheit eines ewigen apersonalen Selbsts, das weder handelt noch erschafft, dann wären die Welt und deine Seele Illusionen ohne jede wirkliche Grundlage. Beschränkst du deinen Glauben und deine Erkenntnis nur auf diesen alleinigen Aspekt, dann bleibt dir als einzige Hilfe nur, Leben und Handeln zu entsagen. Gott in der Welt und du in der Welt sind jedoch Wirklichkeiten. Die Welt und du sind wahre und wirkliche Mächte und Offenbarungen des Erhabenen. Nimm deshalb Leben und Handeln an und weise sie nicht zurück! Eins geworden mit Gott in deinem apersonalen Selbst und Wesen, ewiger Wesensteil der Gottheit, ihm zugewandt durch die Liebe und Anbetung deiner spirituellen Persönlichkeit um ihres eigenen Unendlichen willen, sollst du dein natürliches Wesen zu dem machen, wozu es bestimmt ist: zu einem Instrument für das Wirken Gottes, zu einem Vermittler und einer Macht des Göttlichen. Das ist es immer in seiner Wahrheit, aber hier und jetzt nur unbewusst und unvollkommen, durch die niedere Natur zu einer Entstellung der Gottheit durch dein Ego verurteilt. Mache also deine spirituelle Persönlichkeit bewusst und vollkommen und ohne alle Entstellung durch dein Ego zu einer Macht des Göttlichen in seiner erhabenen spirituellen Art und zum Träger seines Willens und seines Wirkens! Auf diese Weise wirst du in der integralen Wahrheit deines eigenen Wesens leben und die integrale Einheit mit Gott besitzen, den ganzen und makellosen Yoga.
Der Erhabene ist der Purushottama, ewig jenseits aller Manifestation, unendlich erhaben über alle Begrenzung durch Zeit, Raum und Kausalität oder irgendeine seiner zahllosen Eigenschaften und Eigenarten. Das bedeutet aber nicht, dass er in seiner erhabenen Ewigkeit ohne Verbindung wäre zu allem, was hier vorgeht, abgeschnitten von der Welt und der Natur, hoch erhaben über all diesen Wesen. Er ist das höchste, erhabene Brahman, er ist apersonales Selbst; er ist alle persönliche Daseinsformen. Der Geist hier, Leben und Materie, Seele und Natur und die Werke der Natur sind Aspekte und Bewegungen seines unendlichen und ewigen Seins. Er ist der erhabene transzendente Geist. Alles tritt aus ihm in die Manifestation hervor. Alle Wesen sind seine Gestaltungen und Selbst-Mächte. Als das eine Selbst durchdringt er hier alles. Er ist gleich und apersonal in Mensch, Tier und Ding, im Gegenstand und in jeglicher Kräfte der Natur. Er ist die erhabene Seele; alle anderen Seelen sind die nie-erlöschenden Flammen dieser einen Seele. In ihrer spirituellen Persönlichkeit sind alle lebenden Wesen unsterbliche Wesensteile der einen Person oder des Purusha. Er ist der ewige Meister des ganzen manifestierten Seins, Herr der Welten und ihrer Geschöpfe. Er ist der allmächtige Urheber jeglichen Handelns, durch seine Taten nicht gebunden. Zu ihm geht alles Handeln, Mühen und Opfern. Er ist in allem, und alle sind in ihm. Er ist zu allen geworden, und doch steht er auch über allen und ist durch seine Schöpfungen nicht begrenzt. Er ist das transzendente Göttliche. Er kommt hernieder als der Avatar. Er ist durch seine Macht in dem Vibhuti offenbar. Er ist die geheime Gottheit in jedem menschlichen Wesen. Alle Götter, die die Menschen verehren, sind nur Persönlichkeiten und Gestaltungen, Namen und mentale Verkörperungen des einen Göttlichen Seins.
Der Erhabene hat die Welt aus seiner spirituellen Wesenheit und innerhalb seines eigenen unendlichen Seins geoffenbart. Er hat auch sich verschiedenartig in der Welt manifestiert. Alle Dinge sind seine Mächte und Gestaltungen. Seiner Mächte und Gestaltungen gibt es kein Ende, denn er selbst ist unendlich. Diese ganze unendliche Manifestation in der Zeit und im Universum durchformt er als ein sie durchdringendes und sie in sich enthaltendes apersonales Selbst-Sein ausgeglichen und ohne jede Parteilichkeit, Bevorzugung oder Gebundenheit an eine Person, eine Sache, ein Geschehnis oder eine besondere Gestaltung. Dies reine, ausgeglichene Selbst handelt nicht; vielmehr trägt es unparteiisch alle Aktivitäten der Dinge. Dennoch ist es der Erhabene, der als der kosmische Geist und als der Zeit-Geist das Wirken der Welt durch seine vielfältige Macht-zum-Sein lenkt und bestimmt – durch jene Macht des Geistes, die wir Natur nennen. Er erschafft, erhält und zerstört, was er erschafft. Er hat auch seinen Sitz im Herzen jedes lebenden Geschöpfes. Von dort aus bringt er als geheime Macht im Einzelnen nicht weniger als von seiner universalen Gegenwart im Kosmos her durch die Kraft der Natur hervor, offenbart er einen besonderen Zug seines Mysteriums als Eigenschaft der Natur und als ausführende Kraft in ihr, gestaltet er jedes Ding und Wesen gesondert im Einklang mit seiner Art, gibt er Anstoß und Unterstützung zu jeder Aktion. So macht diese erhabene Ur-Schöpfung vom Höchsten her und Dessen ständige allumfassende und individuelle Offenbarung in den Dingen und Wesen den komplexen Charakter des Kosmos aus.
Immer gibt es diese drei ewigen Zustandsformen des Göttlichen Seins: Immer und ewig gibt es dieses eine ewige, unwandelbare Selbst-Sein, das Grundlage und Stütze der vorhandenen Dinge ist. Immer und ewig gibt es den veränderlichen Geist in der Natur, der durch sie manifestiert wird als alle Daseinsformen. Immer und ewig gibt es das transzendente Göttliche, das beides zugleich sein kann: reiner schweigender Geist und auch aktive Seele und Leben der Zyklen des Weltalls. Denn er ist noch mehr und etwas anderes als diese beiden, ob getrennt genommen oder zusammengefasst. In uns ist der Jiva, ein Geist seines Geistes, eine bewusste Macht des Erhabenen. Er ist der eine, der in seinem tiefsten Selbst das Ganze des immanenten Göttlichen trägt und in der Natur lebt, im universalen Göttlichen – keine zeitlich vergängliche Schöpfung, sondern eine ewige Seele, die im ewigen Selbst, im ewigen Unendlichen wirkt und sich bewegt.
Diese bewusste Seele in uns kann jede dieser drei Zustandsformen des Geistes annehmen. Der Mensch kann hier in der Veränderlichkeit der Natur, und allein in ihr, leben. Unwissend hinsichtlich seines wirklichen Selbstes, unwissend bezüglich der Gottheit in seinem Inneren, kennt er nur die Natur. Er sieht sie als eine mechanisch vollziehende und schöpferische Kraft und betrachtet sich und die anderen als deren Schöpfungen –, als Egos, gesonderte Existenzen in ihrem Universum. Derart oberflächlich lebt er jetzt. Solange das so ist und er nicht über das äußere Bewusstsein hinauskommt und weiß, was in ihm ist, kann all sein Denken und seine Wissenschaft nur ein Schatten des Lichtes sein, das auf Bildschirme und Wandflächen projiziert wird. Die Unwissenheit ist möglich, ist ihm sogar auferlegt, weil die Gottheit in seinem Inneren durch den Schleier ihrer eigenen Macht verborgen ist. Ihre größere Wirklichkeit ist unserem Blick nur dadurch verlorengegangen, dass Gott sich so vollständig mit seinen Geschöpfen und Abbildern in einer partiellen Erscheinung identifiziert und das erschaffene Mental im täuschenden Wirken seiner eigenen Natur so ganz hat aufgehen lassen. Und es ist auch deshalb möglich, weil die wirkliche, die ewige, die spirituelle Natur, die in den Dingen als deren Geheimnis ist, nicht in deren äußeren Erscheinungsformen manifest hervortritt. Die Natur, die wir hier sehen, wenn wir nach außen blicken, die Natur, die in unserem Mental, in Körper und Sinnen wirkt, ist eine niedere Kraft, etwas Abgeleitetes, ein Zauberer, der Formen des Geistes erschafft, aber den Geist in dessen Gestalten verbirgt, die Wahrheit verheimlicht und die Menschen dazu bringt, auf Masken zu schauen. Sie ist eine Kraft, die nur eine Anzahl sekundärer und herabgeminderter Werte zustande bringen kann, aber nicht imstande ist, die Macht, Herrlichkeit, Ekstase und Lieblichkeit des Göttlichen zu manifestieren. Diese Natur in uns ist eine Maya des Ego, ein Gewirr von Gegensätzlichkeiten, ein Gewebe aus Unwissenheit und den drei Gunas. Solange die Seele des Menschen in der oberflächlichen Tatsachenwelt von Mental, Leben und Körper lebt, kann er Gott, sich selbst und die Welt nicht so erkennen, wie sie wirklich sind, kann er diese Maya nicht überwinden, muss er vielmehr das tun, was er mit deren Begriffen und Formen fertigbringen kann.
Wenn sich ein Mensch aus der niederen Tendenz seiner Art, in der er jetzt lebt, zurückzieht, kann er aus diesem Licht, das eine Finsternis ist, erwachen und in der leuchtenden Wahrheit des ewigen unwandelbaren Selbst-Seins leben. Dann ist er nicht mehr in das enge Gefängnis seiner Persönlichkeit eingeschlossen, sieht er sich selbst nicht mehr als das kleine „Ich“, das für einen geringen Lohn denkt und handelt, fühlt und ringt und sich abmüht. Er ist in der unermesslichen, freien Apersonalität reinen Geistes aufgegangen. Er wird zum Brahman. Er weiß sich eins mit dem einen Selbst in allen Dingen. Er ist sich seines Ego nicht mehr bewusst, wird nicht mehr durch die Seinsweisen beeinträchtigt, empfindet nicht mehr die Pein der Sorge, die Beunruhigung durch Freude, wird nicht mehr von Begehren geschüttelt, nicht mehr durch Sünde behelligt oder durch Tugend eingeengt. Falls die Schatten dieser Dinge noch bleiben, sieht und erkennt er sie als bloße Natur, die ihren Gunas gemäß wirkt. Er empfindet sie nicht als die Wahrheit seiner selbst, in der er lebt. Die Natur allein handelt und arbeitet mechanisch ihre Gestaltungen aus, der reine Geist dagegen ist still, inaktiv und frei. Ruhig und unberührt durch ihre Wirksamkeiten betrachtet er sie völlig gelassen. Er weiß, dass er etwas anderes ist als diese Dinge. Solch spiritueller Zustand bringt stillen Frieden und Freiheit mit sich, aber nicht jene dynamische Göttlichkeit, jene integrale Vollkommenheit. Er bedeutet einen großen Schritt vorwärts, doch nicht vollständige Gott-Erkenntnis und Selbst-Erkenntnis.
Die vollendete Vollkommenheit tritt erst ein, wenn wir in dem erhabenen ganzen Göttlichen leben. Dann ist die Seele des Menschen mit der Gottheit geeint, deren Wesensteil sie ist. Dann ist sie eins mit allen Wesen im Selbst und im Geist, eins mit ihnen sowohl in Gott als auch in der Natur. Sie ist dann nicht nur frei sondern vollendet, versunken in die höchste Glückseligkeit, zubereitet für ihre letzte Vollkommenheit. Noch betrachtet der Mensch das Selbst als den ewigen und unwandelbaren Geist, der schweigend alle Dinge trägt. Aber er sieht auch die Natur nicht mehr als eine rein mechanische Kraft, die die Dinge im Einklang mit dem Mechanismus der Gunas ausarbeitet, sondern als eine Macht des Geistes und als die Kraft Gottes in Manifestation. Er erkennt, dass die niedere Natur nicht die innerste Wahrheit des Wirkens des Geistes ist. Er gewahrt eine höchste spirituelle Natur des Göttlichen, die sowohl den Ursprung wie die noch zu verwirklichende größere Wahrheit all dessen enthält, was jetzt in Mental, Leben und Körper unvollkommen dargestellt ist. Hat er sich aus dem niederen Mental zu dieser höchsten spirituellen Natur emporgeschwungen, ist er dort von allem Ego befreit. Er erkennt sich als ein spirituelles Wesen, das in seinem wesenhaften Sein eins ist mit allem, was existiert, in seiner aktiven Natur eine Macht der einen Gottheit und eine ewige Seele des transzendenten Unendlichen. Er erkennt alles in Gott und Gott in allem. Er betrachtet alle Dinge als Vasudeva. Er ist von den Gegensätzen befreit – von Freude und Kummer, Erfreulichem und Unerfreulichem, Begehren und Enttäuschung, Sünde und Tugend. Für sein bewusstes Schauen und Fühlen ist hinfort alles der Wille und das Wirken des Göttlichen. Er lebt und handelt als Seele und Wesensteil des universalen Bewusstseins und der universalen Macht. Er ist erfüllt von transzendenter göttlicher Seligkeit, dem spirituellen Ananda. Sein Handeln wird zum göttlichen Handeln und sein Zustand zum höchsten spirituellen Status.“