Читать книгу: «Star Trek - The Next Generation: Kollateralschaden», страница 3

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Brüllendes Gelächter erfüllt die Messe. Ich lasse den Blick schweifen. Kradech, der geborene Selbstdarsteller, hat die Bühne übernommen, und er hält Hof.

»Und dann tritt Kinogar die Tür ein«, bellt er den Jünglingen entgegen, als hätten sie die Geschichte heute Nacht nicht schon zweimal gehört. »Und er fackelt! Sie! Ab!« Er tut so, als würde er mit einem Disruptorgewehr auf Autopuls feuern, wobei er die Garbe über die Gruppe aus Jünglingen zieht, die voller Begeisterung lachen, während sie wanken und in einem wilden Durcheinander zu Boden fallen, das fröhliche Pantomimenspiel eines gewaltsamen Todes.

Ich schaue ihnen zu und frage mich unwillkürlich, ob irgendjemand irgendwo schon mal eine ähnliche Darbietung über das Ende von Nausikaa gegeben hat. Ob er genauso viel Jubel dafür bekam, die Toten zu verhöhnen. Dann dränge ich mein Selbstmitleid zurück. Gebe dem Alkohol die Schuld dafür, mich gefühlsduselig gemacht zu haben. In dieser Nacht soll gefeiert werden! Wir sind Sieger und mit Beute reich gesegnet.

In der Zwischenzeit kreist Kradech um die Jünglinge. Seine Geschichte ist noch nicht vorbei. »Und dann haben wir diesen Männsch durch die Straßen gejagt! Durch die Gassen! Treppen hinauf und runter in die Kanalisation! Und die ganze Zeit hat er geheult und gejammert und sich aufgeführt, als sei er ein verängstigtes kleines Yefu! Und warum?«

Die Jünglinge schreien wie aus einem Mund: »Weil er ein MÄNNSCH ist!«

Ich schnappe mir eine frische Flasche Wein und öffne sie, indem ich den oberen Teil des Halses gegen die Zarge des Eingangs schlage. Die Hälfte des Inhalts spritzt auf die Vorderseite meines Hemds und meiner Weste, während ich nach hinten marschiere und mir dabei den scharlachroten Fusel in einem langen Zug in den Rachen schütte. Ich lasse meine bestiefelten Füße aufs Deck knallen, meine Schritte wie Donnerschläge, die meine Anwesenheit verkünden, während ich nach hinten stapfe und dann in den Frachtraum hinuntersteige.

Dort unten sichten unser Chefarzt, Doktor Veekhour, und mein zweiter Offizier, Zenber, alles, was wir den Orionern abgenommen haben.

Ich halte meine beinahe leere Flasche über den Kopf. »Zählt ihr wieder Zeug? Wisst ihr zwei nicht, dass oben in der Messe eine Feier läuft?«

Veekhour blickt zu mir auf. Seine Mandibeln zucken in mildem Unwillen. »Wir sind gleich da.« Er fängt einen Blick von Zenber auf. »Aber wo du schon hier bist«, fügt er hinzu, »schau dir das mal an.«

Die zwei sind solche Detailfanatiker. Sorgfältige Logbücher. Präzise Zählungen. Ich mache gern Witze über ihre Liebe für Papierkram, aber in Wahrheit wären wir ohne sie schon vor langer Zeit verhungert, irgendwo ohne Treibstoff im All hängen geblieben oder schlimmer. Ich begebe mich an ihre Seite und zu der Frachtkapsel, die wir aus Kimas Versteck mitgenommen haben. »Was ist wichtiger, als mit dem Rest von uns zu feiern?«

Zenber reicht mir eine Datentafel mit seiner aktualisierten Inventarliste. »Es war ein guter Raubzug heute Nacht. Latinum. Waffen. Seltene Drogen, die auf dem Schwarzmarkt gut nachgefragt werden. Aber das hier …« Er blickt hinab in die offene Kiste. »… ist zu heiß für uns.«

»Wovon redest du?« Ich folge seinem Blick. Und dann bin ich verwirrt. Ich spüre, wie sich die Falten auf meiner Stirn vertiefen, als ich finster auf das fremdartige Gerät im Inneren der grauen Polymerkiste schaue. »Was ist das?«

»Artillerie«, sagt Zenber.

»Was für welche? Das Ding stammt nicht aus der Föderation. Oder von den Klingonen. Oder Romulanern. Oder Breen.«

Ich sehe den besorgten Blick, den Zenber und Veekhour wechseln, dann überbringt mir Zenber die schlechten Nachrichten: »Husnock.«

Aus meinem Gesicht weicht alles Blut, und meine Blase scheint auf einmal zum Platzen gefüllt mit Pisse. Wir sitzen hier auf einem Vermögen – und haben uns gleichzeitig eine Zielmarkierung auf den Rücken gemalt. »Der Hehler sagte, wir würden was Besonderes dort finden. Er hat nichts von Husnock gesagt.«

Ich marschiere um die Kiste herum auf die andere Seite, nicht, weil ich einen guten Grund dafür gehabt hätte, sondern bloß, um meiner Nervosität ein Ventil zu geben. Meine Gedanken überschlagen sich. Das Ding könnte der Schlüssel zu unserer lange verzögerten Rache sein. Wenn es uns nicht alle umbringt.

Zenber starrt die Waffe an, als erwarte er von ihr, dass sie zu ihm sprechen würde. Dann schüttelt er den Kopf. »Das ist übel. Erinnerst du dich an Slokar und die Patrioten des Windes?«

»Slokar war ein Narr«, erwiderte ich, die Stimme gesenkt zu einem Knurren. »Nachlässig. Keine Disziplin.«

Veekhour bleibt skeptisch. »Er hat nicht unrecht, Kinogar. Gefährliche Leute wollen dieses Ding. Die Sternenflotte, Klingonen, Romulaner, Breen – ganz zu schweigen vom Orion-Syndikat und jetzt auch die Dashkari-Barone. Jeder von denen würde uns dafür umbringen.«

»Wir können das nicht mal verkaufen«, sagt Zenber. »In dem Augenblick, in dem wir zugeben, dass wir es haben, werden wir zu den meistgesuchten Flüchtlingen der Galaxis werden. Jeder von uns wird zum Abschuss freigegeben sein.«

Mit einer Geste, als würde ich Fliegen verscheuchen, wehre ich ihre kleinliche Furcht ab. »Genug! Schluss mit dieser Panikmache! Wenn ihr euren Guramba verloren habt, schert euch von meinem Schiff!« Ich stütze mich auf die Seiten der Kiste und betrachte die todbringende Beute, die mir in die Hände gefallen ist. »Du hast recht, Zenber: Wir können das Ding nicht verkaufen. Aber ich kann es auch nicht wegwerfen. Wir haben es gewaltsam erobert. Deshalb gehört es jetzt uns. Und ich beabsichtige, es zu nutzen.«

Die Augen des Doktors weiten sich. »Es zu nutzen

»Ohne zu zögern oder Mitleid zu haben.« Ich strecke die Hand aus und streichle die Kanone. »Wir haben schon viel zu lang am Rand der Galaxis gelebt, haben leichte Ziele bestohlen und die Schwachen ausgeraubt. Jetzt haben uns die Vier Winde die Stärke geschenkt, um unseren Kampf mit den Feinden aufzunehmen, die unseren Zorn am meisten verdienen. Für Nausikaa und sein ganzes Volk werden wir die Föderation für ihre Arroganz und ihre Gleichgültigkeit bezahlen lassen. Nach all diesen Jahren … werden wir uns nehmen, was man uns schuldet.«

KAPITEL 3


Es gab wenige Missionen innerhalb der Sternenflotte, die dermaßen Routine bedeuteten wie eine Patrouille in den Kernsystemen. Dabei handelte es sich um eine annähernd elliptische Reise, die ein Schiff in mittlere Sensorreichweite der fünf bewohnten Sternensysteme führte, die der Föderationshauptstadt im Sol-System am nächsten lagen. Es war einer der am stärksten verteidigten Raumsektoren im gesamten Alpha- und Beta-Quadranten. Hier erlebte man keine Überraschungen.

Aus diesem Grund waren Kernsystempatrouillen der perfekte Job für Sternenflottenschiffe, die, aus welchem Grund auch immer, als nicht voll einsatztauglich galten. Bestand die Besatzung vielleicht komplett aus Raumkadetten? Mussten noch die Mängel eines Jungfernflugs beseitigt werden? Galt es, eine Reihe unerprobter Umbauten auf den Prüfstand zu stellen? Herzlichen Glückwunsch – schon hatte man sich für eine Runde des langweiligsten Routineflugs der Galaxis qualifiziert!

Commander Worf gab sich Mühe, solche Gedanken aus seinem Kopf zu verdrängen, während er den dritten Treibstoffverbrauchsbericht des Tages studierte. Die Enterprise wurde für mehr als das geschaffen.

Von jedem vernünftigen Standpunkt aus betrachtet, war mit der Enterprise und ihrer Besatzung alles in Ordnung, mal davon abgesehen, dass Captain Picard fehlte. Und während seines letzten Gesprächs mit Worf vor seiner Abreise hatte Picard sein Bestes gegeben, den aktuellen Befehlen der Enterprise etwas Positives abzugewinnen. »Das ist ein gutes Zeichen, Mister Worf«, hatte er gesagt. »Wenn diejenigen, die das Sagen haben, wirklich der Ansicht wären, dass meine Zeit als Kommandant vorüber ist, hätten sie Ihnen mittlerweile ein weiteres Abzeichen an den Kragen geheftet. Aber so, wie es aussieht, wollen sie lediglich, dass Sie das Schiff in Bereitschaft halten, bis ich zurückkehre.«

»Ich hoffe es«, hatte Worf geantwortet. Und das war es gewesen.

Jetzt hüllten Worf die Feedbackgeräusche und das Umgebungssummen der Brücke ein. Er hatte bereits nach kurzer Zeit erfreut festgestellt, wie absolut perfekt der Kommandosessel in der Mitte der Brücke auf all das, was ringsum geschah, ausgerichtet war. Jeder Konsolenalarm, jedes Flackern unerwarteter Aktivität erregte Worfs Aufmerksamkeit.

Commander Geordi La Forge befand sich im hinteren Teil der Brücke, in der Nähe der Hauptsystemanzeige, und sichtete gemeinsam mit Lieutenant Dina Elfiki, der Chefwissenschaftlerin des Schiffs, einige Sensorlogbücher. Obwohl La Forge lieber vom Hauptmaschinenraum aus arbeitete, wann immer das möglich war – eine Bitte, der Captain Picard grundsätzlich stattgab, denn La Forge war schon Chefingenieur gewesen, lange bevor er die zusätzliche Rolle des zweiten Offiziers an Bord übernommen hatte –, hatte ihm Worf klargemacht, dass er ihn auf der Brücke brauchte. Da Worf nun als amtierender Kommandant des Schiffs fungierte, war auch La Forge zeitweilig befördert worden, und zwar zum amtierenden Ersten Offizier. Was bedeutete, dass er, ob es ihm gefiel oder nicht, hier auf Deck eins seinen Arbeitsplatz hatte.

Auf dem Hauptschirm strömten vom Warp lang gezogene Sterne auf die Enterprise zu und verschwanden dann aus dem Bildausschnitt. Routine-Funkkommunikation war von der Sicherheitskonsole zu hören, die von Lieutenant Aneta Šmrhová besetzt war. Die Frau mit dunklen Haaren und ebensolchen Augen, die ihren Job stets todernst nahm, schien die Einzige auf der Brücke zu sein, die Worfs Abneigung gegenüber ihrer Mission teilte, die schlichtweg banal war, ganz gleich, wie man es drehte und wendete.

An den vorderen Stationen beugte sich Chefpilotin Lieutenant Johanna Faur zum Ops-Offizier Glinn Ravel Dygan hinüber. »Hatten Sie bereits Gelegenheit, in den Holoroman hineinzuschauen, den ich Ihnen empfohlen habe?«, fragte sie den cardassianischen Austauschoffizier mit vertraulich gesenkter Stimme.

Dygan bedachte Faur mit einem verstohlenen Seitenblick. »Den mit sich unterschiedlich entwickelnden Erzählsträngen?«

»Genau.«

Er verzog das Gesicht. »Ich ertrage ihn kaum noch. Nichts als glückliche Enden.«

»Na ja, was haben Sie erwartet? Es ist eine romantische Komödie.«

Er zuckte mit den Schultern. »Viele Romanzen enden mit Mord und Selbstmord. Liebende werden durch Kriege getrennt. Katastrophen. Schicksalsschläge.«

»Dann wäre es keine Komödie.«

»Da bin ich anderer Meinung. Ich denke, es ist alles eine Frage davon, wie man es spielt.«

Ihre Diskussion weckte die Aufmerksamkeit von Lieutenant T’Ryssa Chen, der halb vulkanischen, halb menschlichen Erstkontaktspezialistin des Schiffs. »Sie hat recht, Dygan. In der westlichen Literatur der Erde gibt es eine klassische Trennung zwischen Komödie und Drama – oder Komödie und Tragödie, wie man es damals definierte.«

Lieutenant Rennan Konya blickte von seiner taktischen Konsole auf. Der Betazoide wirkte sichtlich fasziniert. »Kann eine Geschichte nicht Elemente von beidem haben?«

»Natürlich«, sagte Chen, die zwischen dem stellvertretenden Sicherheitschef und Dygan an der Ops hin und her blickte. »Aber den alten Griechen zufolge lag das Ziel einer Geschichte entweder darin, Lachen zu erzeugen oder Tränen.«

Faur an der Flugkontrolle blickte über die Schulter und schüttelte den Kopf. »Ich bevorzuge den elisabethanischen Standard: Tragödien enden mit dem Tod, Komödien mit Hochzeiten.«

Dygan runzelte die Stirn. »Das erscheint mir unnötig beschränkend.«

Chen reagierte auf seinen Protest gespielt schockiert. »Und das von einem Mann, dessen Kultur Das ewige Opfer für die größte aller literarischen Errungenschaften hält. Beinahe zwei Millionen Worte gewichtiger Prosa über sieben Generationen einer Familie, die sich alle ihr Leben lang abplagen und dann sterben.«

»Wenn auch nur eine Ihrer Kulturen etwas hervorbringt, das in Form oder Subtext nur annähernd so tiefgründig ist wie das repetitive Epos, dann mag ich mich dazu herablassen, diese Debatte mit Ihnen zu führen – aber vorher nicht.«

Aus dem Augenwinkel sah Worf, wie La Forge und Elfiki von dieser Diskussion angezogen wurden wie Motten von der sprichwörtlichen Flamme. Bitte lass sie sich nicht in diese Sache einmischen.

»Wissen Sie«, machte La Forge Worfs Hoffnung direkt zunichte, »ich habe nicht viel cardassianische Literatur gelesen, aber in den Werken, die ich kenne, sind mir ein paar wiederkehrende Themen aufgefallen, die hier relevant sein könnten. Als Erstes …«

Worf musste all seine Selbstbeherrschung aufbringen, um zu verhindern, dass sich seine Hand zur Faust ballte. Fek’lhr, töte mich bitte.

An Šmrhovás Konsole schrillte ein Alarm, und plötzlich drang wildes Geplapper aus dem Komm-Kanal.

»Alle auf Posten!«, sagte Worf und richtete sich auf seinem Platz auf. Endlich passierte etwas.

Die Brückenbesatzung wurde sofort wieder ernst, und jeder Small Talk endete umgehend.

Šmrhová brachte das Lärmen ihrer Konsole zum Verstummen. »Captain, wir empfangen einen Notruf. Von der Kamhawy-Minenkolonie auf Celes II.« Sie aktivierte einen kleinen Sendeempfänger an ihrem Ohr und lauschte der Botschaft. »Sie sagen, dass sie von nausikaanischen Plünderern überfallen worden sind und schwere Schäden an den Schilden ihrer Siedlung erlitten haben.«

Ein weiterer Alarm erklang, diesmal von Konyas Konsole. Er brachte ihn zum Schweigen und überprüfte seine Anzeigen. Dann blickte er auf und Worf an. »Captain, neue Befehle vom Sternenflottenhauptquartier. ›Begeben Sie sich so schnell wie möglich nach Celes II und untersuchen Sie den Angriff auf die Kamhawy-Kolonie. Bieten Sie Unterstützung an und ergreifen Sie alle weiteren Maßnahmen, die Sie für richtig und notwendig erachten.‹ Unterzeichnet von Admiral Kernova, Sir.«

»Navigation, setzen Sie einen Kurs nach Celes II, Warp neun, und ausführen. Lieutenant Konya, stellen Sie einen Bericht aller jüngsten Piratenaktivitäten in diesem Sektor zusammen. Markieren Sie alle Fälle, in die Nausikaaner verwickelt waren.« Worf drehte seinen Sessel gerade weit genug, um La Forge anzublicken. »Nummer eins, finden Sie heraus, welche Schiffe in diesem und benachbarten Sektoren unterwegs sind. Vielleicht benötigen wir Hilfe bei der Verfolgung der Angreifer.«

La Forge bedachte ihn mit einem knappen Nicken. »Ich kümmere mich darum.«

»Lieutenant Šmrhová. Setzen Sie noch für diese Stunde eine Gefechtsübung an.«

»Aye, Sir.«

Die künstliche Schwerkraft des Schiffs fluktuierte kurz, als die Enterprise auf hohe Warpgeschwindigkeit beschleunigte und sich die Streifen aus Sternenlicht auf dem Bildschirm in verwaschene Schlieren aus wirbelndem Licht verwandelten. Durch den Rumpf und die Deckplatten des Sovereign-Klasse-Schiffs spürte Worf die Vibrationen des Warpantriebs, der an seine Grenzen ging, und das bisherige leise Plaudern einer Brückenbesatzung auf Routineflug war dem angespannten Gemurmel von Männern und Frauen gewichen, die der Gefahr entgegenflogen.

Manche der Offiziere mochten sich darüber ärgern, dass sich ihr entspannter Rundflug durch die Kernsysteme in eine ernsthafte Mission verwandelt hatte, aber für Worf, dessen klingonisches Herz sich allein bei der Erwähnung von Freizeit sträubte, war es genau das, wonach er sich gesehnt hatte: eine Gelegenheit, etwas zu tun, das Bedeutung hatte.

Seiner Meinung nach gab es nichts Besseres.

Nachdem er jahrelang auf das Zirpen von Türglocken an Bord von Raumschiffen reagiert hatte, klang das Geräusch eines einfachen Klopfens gegen einen hölzernen Türpfosten in Picards Ohren eigenartig atavistisch.

Er legte sein Padd auf den Tisch neben dem Sofa im Wohnzimmer und stand auf. Picard, der mittlerweile in die einfachen Kleider und schlichten Schuhe eines ländlichen Winzers gekleidet war, begab sich zum Vordereingang des Hauses. Die innere Tür stand offen und gestattete es ihm, seinen Besucher durch die vergitterte Außentür zu sehen. Wie ein Matrose, der nach Monaten auf See Land erspähte, oder ein durstiger Pilger, der nach endlosen Tagen in der Wüste endlich eine Oase erblickte, lächelte Picard beim Anblick seines alten Freundes William Riker. Der graubärtige Mann trug ebenfalls Zivil.

»Will!« Picard öffnete die Tür und trat auf die Veranda hinaus. Riker erwiderte das Lächeln. »Jean-Luc. Es ist viel zu lang her.« Als Picard in einem herzlichen Willkommen die Arme ausbreitete, trat Will näher, und sie umarmten sich. Picard freute sich sehr über Rikers Besuch. Nach all den Jahren, die sie gemeinsam gedient hatten, nach allem, was sie Seite an Seite erlebt hatten, war Riker für Picard fast so etwas wie ein Sohn geworden. Selbst nach der Geburt von René, seinem leiblichen Nachkommen, hatte sich Picard seine beinahe väterliche Zuneigung für Will Riker bewahrt. Obwohl er es niemals laut ausgesprochen hatte, liebte er ihn wirklich.

»Es ist so schön, dich zu sehen, Will. Oder sollte ich Admiral sagen?«

Riker antwortete ihm mit einem lächelnden Kopfschütteln. »Zwischen uns gibt es keine Ränge.«

»Das ist wahr.« Picard trat einen Schritt zurück. »Was führt dich hierher?«

»Ich habe gehört, dass du nach Hause berufen wurdest.«

»Ich war so lange fort, wie ich konnte.«

»Und jetzt bin ich derjenige, der gehen muss. Aber ich wollte die Erde nicht verlassen, ohne dich zu besuchen.« Riker deutete auf die benachbarten Weinberge. »Gehen wir ein Stück?«

»Gern.«

Die zwei stiegen die Stufen der Veranda hinunter, überquerten den Feldweg, der das Haus von den Reihen der Weinreben trennte, und gingen dann weiter, hinein in die Reihen kahler Zweige. Es war Winter, und die Reben ruhten. Bald würde der Frühling wiederkehren, und die Reben würden grüne Blätter bekommen, bevor sie neue Früchte trugen, die ersten Schritte eines neuen Jahrgangs an Château-Picard-Weinen.

Der Boden unter ihren Füßen war felsig und trocken, und mit jedem Schritt, den Riker und Picard machten, wirbelten sie kleine, kurzlebige Staubwolken auf. Der Himmel über ihren Köpfen wurde dunkel, wandelte sich von Violett zu Schwarz, während das letzte Licht des Tages jenseits der nahen Hügel verblasste.

Nachdem sie sich ein paar Dutzend Schritte vom Haus entfernt hatten, fühlte sich Picard sicher genug, auch heikle Themen anzusprechen. »Dich beschäftigt etwas, oder, Will?«

»Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich mir keine Sorgen um dich mache.« Mit zusammengekniffenen Augen blickte er zum Horizont. »Sie haben mich vor ein paar Monaten ziemlich in die Mangel genommen. Haben mir eine Menge Fragen über dich gestellt. Was ich so darüber weiß, was du gewusst hast, solche Dinge.«

Es bedrückte Picard, sich vorzustellen, dass irgendeine seiner Taten Riker in Schwierigkeiten gebracht haben könnte. »Sie haben nicht versucht, dir etwas anzuhängen, oder?«

Riker schüttelte den Kopf. »Nicht direkt. Der Großteil ihrer Fragen betraf das Ende der Tezwa-Krise. Und in dieser Zeit war ich größtenteils ein Kriegsgefangener.«

Ein plötzlicher Anfall von schlechtem Gewissen überkam Picard. »Will, sollten wir überhaupt darüber sprechen?«

»Schon in Ordnung, Jean-Luc. Ich habe mit meinen Anwälten geredet, bevor ich herkam. Es ist absolut legal, dass wir uns treffen und darüber sprechen, was wir gemeinsam auf Tezwa durchgemacht haben.«

»Ich schätze, das sollte mich beruhigen.«

Riker ließ seine Fingerspitzen über die trockenen, kahlen Reben streichen, während sie weiterspazierten. »Ich will ehrlich sein, Jean-Luc. Ich bin besorgt.«

»Weswegen?«

»Ich dachte schon immer, dass an der Art, wie Min Zife von seinem Amt zurückgetreten ist, irgendetwas seltsam war. Aber ich habe nie ernsthaft über die Möglichkeit nachgedacht, dass du etwas damit zu tun haben könntest, bis mich die Juristische Abteilung der Sternenflotte plötzlich darüber befragt hat.« Er warf Picard einen Blick zu, und in seinen Augen lag Furcht – nicht um sich selbst, sondern um Picard. »Dann habe ich Ozla Granivs Enthüllungsbericht im Seeker gelesen. Und ihren Anschlussartikel über alles, was auf Tezwa passiert ist.« Er holte scharf Luft und seufzte dann. »Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich denken soll.«

Es war nicht nötig für Picard, dass Riker seine Sorgen aussprach. Er teilte sie. »Will, ich weiß, was du mich fragen willst. Und ich …«

»Jean-Luc, halt!« Der Augenblick bekam eine unangenehme Note, schwer beladen von Misstrauen und Anspannung. »Erzähl mir nichts, worüber ich unter Eid lügen müsste.«

Picard bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck, obwohl es ihn verletzte, dass Riker ihn zu einer solchen Nachlässigkeit fähig hielt. »Ich würde dich niemals in so eine Lage bringen. Will, ich gebe dir mein Wort – als dein ehemaliger Captain, als dein Kampfgefährte, als dein Freund –, dass ich niemals auch nur den leisesten Verdacht hatte, dass Min Zife ermordet worden sein könnte. Als ich Granivs Artikel las, war ich erschüttert. Ich fühlte mich verraten. Das habe ich nie gewollt. Das musst du mir glauben.«

Riker blieb stehen, und Picard kam neben ihm zum Halten. Sie blickten sich an. Riker sah Picard tief in die Augen … und dann umfasste er seine Schultern. »Ich glaube dir.«

Es war nur ein kleiner Akt der Bestätigung, eine persönliche Geste, die vor Gericht keinerlei Bedeutung haben würde, aber für Picard bedeutete sie alles. »Danke, Will.«

»Also … was geschieht jetzt?«

»Ich weiß es nicht.«

Riker ging weiter, und Picard schritt an seiner Seite. »Wenn meine Erfahrung mit der Juristischen Abteilung der Sternenflotte irgendein Indikator ist«, sagte Riker, »dann wird das, was folgen wird, nicht schön sein. Sie suchen nach einem Sündenbock, Jean-Luc. Sie brauchen einen.«

»Und du glaubst, dass sie mich auf ihrem Alter zu opfern gedenken?«

»Womöglich. Berücksichtigt man deinen Ruf, sind sie vielleicht der Ansicht, dass du die richtige Art von Märtyrer wärst, um sie von diesem Schlamassel reinzuwaschen.« Seine Schultern sackten herab, als belaste ihn plötzlich ein unerträgliches Gewicht. »Das Einzige, was ich dir mit aller Sicherheit sagen kann, ist, dass du einen echten Verteidiger brauchen wirst. Keinen von der Juristischen Abteilung gestellten Pflichtverteidiger, dessen nächste Beförderung davon abhängen mag, ob er dich am Spieß braten lässt oder nicht. Du brauchst jemanden, der mit harten Bandagen kämpft, Jean-Luc – einen professionellen Verteidiger, der weiß, wie man sich innerhalb des Rechtssystems der Sternenflotte bewegt.«

»Meine Untersuchung kann jederzeit beginnen. Ich habe kaum die Zeit für eine sorgfältige Überprüfung von Anwälten, Will.«

»Dann ist es ja gut, dass ich das für dich bereits erledigt habe.« Riker blieb stehen, griff in seine Jackentasche und zog eine kleine Visitenkarte aus durchsichtigem Plastik hervor, in die ein isolinearer Chip eingebettet war. »Diesem Mann vertraue ich.« Er reichte Picard die Karte. Auf der Oberseite war mit Laser ein Schriftzug eingraviert:

JONATHAN EZOR, RA – STRAFVERTEIDIGER

»Du brauchst einen Experten«, sagte Riker. »Ich habe ihm gesagt, dass du ihn anrufen wirst.«

Picard lächelte und steckte die Karte ein. »Nach all der Zeit passt du immer noch auf mich auf.«

»Und das werde ich auch immer tun«, erwiderte Riker. »Denn ich weiß, dass du im Gegenzug auf mich aufpasst.«

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