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John, der Businessman

John ist auch der Prototyp des »Selfmademan«, des erfolgreichen Kleinunternehmers, ein Businessman wie aus dem Bilderbuch. John und seine Familie leben von der Autowerkstatt, die er am Rande der Stadt aufgebaut hat. Sie ist nicht viel mehr als eine Lagerhalle in einer Industriegegend, aber John nennt sie sein Eigen und die Werkstatt läuft gut. Er ist spezialisiert darauf, Zusatzfunktionen in Autos einzubauen. Im langen und bitterkalten Winter hier im Norden sind das vor allem Fernstarter, um Autos vorzuheizen. Hochsaison ist für ihn im Herbst, weil, wie er grinsend sagt, den Leuten erst dann wieder einfällt, dass der Winter vor der Tür steht. Häufig baut er auch Alkohol-Wegfahrsperren ein: Ein längerer Führerscheinentzug für Lenker, die alkoholisiert gestoppt werden, wäre im ländlichen North Dakota unverhältnismäßig hart. Ohne Auto ist es fast unmöglich, seiner Arbeit nachzukommen oder auch nur die Familie zu versorgen. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es kaum oder gar nicht. Daher erlauben die Behörden oft den Einbau einer Wegfahrsperre statt eines Führerscheinentzugs.

Ich besuche ihn in seiner Werkstatt. Bilder an der Wand im kleinen Büro zeigen John mit Donald Trump, John mit dem republikanischen Senator Ted Cruz, Lydia mit Ben Carson. Ein Bild von Bill und Hillary Clinton gibt es auch, es ist auf die Dart-Zielscheibe geheftet, die an der Wand hängt. Und ziemlich durchlöchert.

Lydia kommt am Nachmittag mit den Kindern vorbei, im kleinen Büro ist eine Spielecke eingerichtet. Es ist leicht zu erkennen, warum Johns Werkstatt gut läuft: Das ist keine Hochglanzwerkstatt, aber John bietet persönlichen Service, freundlich, zuvorkommend, am Telefon und mit Kunden, die ihre Autos abholen. Kundenservice, wie man es nur in einem Kleinbetrieb finden kann. In einer Stunde will ein Kunde seinen Wagen abholen, John legt letzte Hand an, um alles fertigzustellen. Sein dreijähriger Sohn James steht daneben, schaut fasziniert zu, hält das Werkzeug bereit und »hilft«. Auch wenn das »Helfen« ein bisschen bremst, John ist ein geduldiger Vater. Dass er seine Kinder liebt, ist augenscheinlich.

Ganz klein hat John angefangen, erzählt er. Mit sehr, sehr wenig Geld hat er nach der Highschool und während seiner College-Jahre seine Autowerkstatt gegründet. Er war in den ersten Monaten nicht sicher, ob er finanziell überleben wird oder den Traum von der Selbstständigkeit wieder aufgeben und sich einen Job suchen muss. »Aber ich habe hart gearbeitet, habe die richtigen Entscheidungen getroffen – und habe im Lauf der Zeit ein Business aufgebaut, mit dem ich meine Familie erhalten kann.« Er zitiert seine Regeln des Erfolgs, die der Ökonom Walter E. Williams aufgestellt hat: die Highschool abschließen, einen Job annehmen, erst Kinder kriegen, wenn man verheiratet ist, und nicht in die Kriminalität abrutschen. An diese Regeln hat er sich gehalten, sagt John stolz.

Johns konservative Welteinstellung hat sich erst im Erwachsenenalter gefestigt. In seinen Highschool-Jahren war er eher liberal, erzählt er mir, das war die überwiegende Stimmung an den Schulen und Universitäten in den 1980er, 1990er Jahren, er wollte nicht gegen den Strom schwimmen. »Wie die meisten jungen Menschen in meinem Umfeld war ich ein bisschen links.« Aber nach und nach hat er seine Meinung geändert, ganz besonders, als er begonnen hat, für die Republikanische Partei zu arbeiten, anfangs nur des Geldes wegen, aber dann immer mehr auch wegen deren Ideologie. »Da gehöre ich hin, zu dieser Überzeugung bin ich gekommen. Das sind die Ideale, an die ich glaube und die ich eigentlich immer schon hatte.«

Weniger Staat, mehr privat, das ist Johns Credo. »Zu viele erwarten, dass der Staat alles für uns tut, uns alles gibt. In den letzten zehn Jahren haben wir begonnen, vieles als unser Recht zu sehen, was gar nicht in der Verfassung steht, was die Gründerväter der Republik gar nicht so wollten.« Es ist ein klarer Seitenhieb auf die Demokraten und »die Linken« mit ihrer Vorsorgementalität, wie er sagt. Eine Regierung, die den Menschen alles gibt, macht sie abhängig, so seine Philosophie: »Großzügige Unterstützungsprogramme halten viele davon ab, Arbeit zu suchen und Eigeninitiative zu ergreifen. Die Machthabenden schaffen sich damit einen großen Wählerblock, der ihnen den Machterhalt garantiert. Selbstlos ist daran gar nichts, im Gegenteil.«

Hart arbeiten, das ist Johns Motto. Business – das ist für ihn die Essenz des amerikanischen Traums. Er bedauert, dass das protestantische Arbeitsethos verlorengegangen sei. »Die Menschen müssen wieder Initiative zeigen, Ambitionen haben, müssen sich mehr im Job engagieren. Sie müssen den Dollar wieder schätzen lernen, harte Arbeit schätzen lernen. Ich glaube, diese Mentalität existiert nicht mehr in Amerika.«

Es sind republikanische Werte, die John hochhält.

Neben seiner Autowerkstatt betreibt John noch ein kleines Zusatzgeschäft, das mehr Hobby ist als Geldbringer. Es ist ein kleines, aber feines Hobby. Er führt mich in eine Halle hinter der Werkstatt: An die 20 amerikanische Schlitten aus den 1960er und 1970er Jahren stehen da, alle liebevoll restauriert. John ist auf Lincolns spezialisiert. »Das ist ein 1978er Lincoln Continental Mark 5, Diamond Jubilee Edition, in lindgrüner Speziallackierung«, erklärt er mir und hebt die Stoffhülle, die das Auto vor Staub schützt. Manche der Autos tragen die Initialen der Erstbesitzer, es sind Spezialanfertigungen, wunderschön, aber für Reisen durch das Land ungeeignet. »Sie sind Benzinfresser, das geht ins Geld«, muss John eingestehen. Er nützt seine Sammlung für Ausflüge mit gleichgesinnten Freunden. »Cruise nights« nennen sie das. Wenn ein Kunde sich in einen seiner Oldtimer verliebt, dann verkauft John sie auch – zwischen 3000 und 10 000 Dollar kosten die meisten Autos, an einer kleinen Tafel in der Werkstatt sind die Kaufpreise angeschrieben. Aus gutem Grund fast versteckt: Am liebsten behält John die Autos selbst.

Delegierter 1237

Kommen wir noch einmal zurück zu Donald Trump. John ist Republikaner, und nicht nur das: Er ist in der Republikanischen Partei in North Dakota engagiert.

»Haben Sie gewusst, dass ich Mister 1237 bin?«, fragt er mich. Als ich ihn fragend anschaue, lächelt er verschmitzt. »Ich war der Delegierte, der Trump 2016 die Nominierung sichergestellt hat«, sagt er stolz und erzählt mir die Geschichte.

Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) wollte wie viele andere amerikanische Medien die erste sein, die ankündigt, dass Trump die für die Nominierung nötige Zahl der Delegierten hinter sich hat. 1237 Delegiertenstimmen musste Trump erreichen, um in den Vorwahlen von keinem anderen republikanischen Kandidaten mehr übertrumpft werden zu können. Also startete die AP Ende Mai 2016 einen Telefon-Rundruf und landete bei John, der gerade mit einem anderen Delegierten auf dem Weg zu einer Veranstaltung war. »Wie viele Stimmen haben sie schon?, habe ich den Reporter gefragt. 1235 war seine Antwort. Fragen Sie doch zuerst Ben Koppleman, er ist mein Beifahrer«, erzählt John. Der AP-Reporter tut es, Koppleman bestätigt: Er wird für Trump stimmen. »Haben Sie jetzt 1236 Stimmen für Trump? Dann fragen Sie mich nochmal! Now I’m your guy!« Johns Stimme war damit die 1237ste für Donald Trump, die Stimme, die ihm auf dem Parteitag die Kür zum Präsidentschaftskandidaten garantiert hat. Für die Medien war John ab diesem Zeitpunkt Mister 1237. Beim Parteikonvent in Cleveland ein paar Monate später, im Sommer 2016, war John dann auch Mitglied der Delegation aus North Dakota – die Delegation aus dem kleinen und eher unwichtigen Bundesstaat hatte einen Ehrenplatz in der Versammlung, weil, wie es im US-Politjargon heißt, »they carried Trump over the top«, sie haben ihm die Nominierung gesichert.

Trump-Fan auch drei Jahre später

John ist ein Trumper der ersten Stunde. Aber hat Trump in seiner Amtszeit gehalten, was er versprochen hat? Im Vorwahlkampf 2020 fliege ich noch einmal nach Fargo. Drei Jahre Trump, drei Jahre Populismus mit erratischer Außenpolitik, mit nicht eingehaltenen Versprechen und einem Image im Ausland, das zwischen Showman auf Ego-Trip und gefährlichem starkem Mann schwankt.

Es ist Jänner und ich erfahre, was Winter im nördlichen Mittleren Westen wirklich heißt. Der Tag ist sonnig und strahlend schön, aber klirrend kalt – minus 29 Grad Celsius zeigt das Thermometer. Der Red River ist zugefroren, im Landeanflug auf Fargo als Fluss nur zu erkennen, weil sich ein weißes Band in Mäandern durch die Stadt schlingt. Schneefahrbahnen gibt es auch im Stadtzentrum. Fußgänger sieht man kaum – wenn, dann gleichen sie dick vermummten Michelin-Männchen. Ihre Autos lassen die Fargoans laufen, wenn sie Besorgungen erledigen – und sie parken möglichst direkt vor der Tür. Jeder Schritt weniger zählt.

In Johns Werkstatt warten mehrere Kunden auf ihre Autos. Winter ist Hochsaison. Zeit für ein Gespräch über Politik hat John Trandem aber immer.

Wenig überraschend fällt die Bilanz nach drei Jahren Trump für John positiv aus. »Trump hat eine Steuerreform durchgesetzt, die hat fast allen etwas gebracht. Und ich bin sehr zufrieden, dass er Obamacare weitgehend entschärft hat«, sagt John und bringt Beispiele, warum Obamacare schlecht war: »Wir hatten eine Krankenversicherung, bevor Obamacare Gesetz wurde, wir haben etwas mehr als 400 Dollar Prämie im Monat gezahlt, der Selbstbehalt lag bei 6000 Dollar. Obama hat versprochen, dass jede Familie 2500 Dollar im Jahr sparen würde, dass wir unsere Ärzte und auch unsere Krankenversicherung behalten könnten. Eine Lüge. Es hat nicht lange gedauert, dann gab es unsere Krankenversicherung nicht mehr. Sie haben uns eine andere angeboten: Die Prämie war dreimal so hoch, der Selbstbehalt war viermal so hoch. Also waren wir acht Jahre lang gar nicht versichert. Wir haben uns dann einer christlichen Selbstversicherungsgruppe angeschlossen. Ich hatte eine Operation, die war gedeckt, die Hebamme für meine Frau ebenfalls. Das funktioniert für uns und unsere Selbstversicherung ist auch staatlich anerkannt. Aber bei Verwandten von mir ist das anders. Sie waren früher versichert. Die Prämien waren mit Obamacare plötzlich sehr viel höher, sie konnten sich die Versicherung nicht mehr leisten. Um einen Zuschuss zu erhalten, haben sie ein bisschen zu viel verdient. Weil sie keine Versicherung hatten und sich keine leisten konnten, mussten sie – weil Obamacare das so vorschrieb – fast 2000 Dollar im Jahr Strafe zahlen. Das ist unfair. Damit hätten sie Arztrechnungen bezahlen können. Das hat viele in meinem Bekanntenkreis getroffen.«

Obamacare hat zwar für Millionen Amerikaner eine Krankenversicherung überhaupt erst möglich gemacht – für Arbeitslose, Menschen mit schlecht bezahlten Jobs oder Menschen mit bereits bestehenden Krankheiten, aber Obamas Gesundheitsreform hat sich eben nicht für alle gleich ausgewirkt. John und seine Bekannten zählen zu den Verlierern.

Johns Lieblingsthema ist aber die Wirtschaft. »Business is great. Alles läuft bestens«, strahlt John. »Mit meiner Werkstatt verdiene ich so gut wie nie zuvor, die Kunden geben mehr Geld aus, sie kaufen neue Autos. Wir besitzen ein paar Wohnungen, die wir vermieten, keine einzige steht frei, wir haben keine Mietausfälle. Und unsere Mieter sind keine Großverdiener, sie kommen aus den unteren Einkommensschichten.« Aber John will fair bleiben und gibt zu, dass nicht alles auf Trumps Wirtschaftspolitik allein zurückzuführen ist.

Wie viele Amerikaner legt John Geld an der Börse an, als Zukunftsvorsorge in einem Land, in dem Pensionsvorsorge in erster Linie der Eigeninitiative überlassen bleibt. Die Märkte sind unter Trump nach oben geklettert. Nicht an Trumps Wahlsieg zu glauben, war ein Fehler, sagt John heute: »Weil ich nicht sicher war, ob Trump oder Hillary die Wahl gewinnen und wie die Märkte reagieren würden, bin ich in sichere Anlageprodukte umgestiegen. Das hätte ich nicht tun sollen. Trump ist gewählt worden und die Aktien sind nach oben geschnellt.« Er lächelt spitzbübisch. Von den sicheren Produkten ist John Trandem längst wieder auf risikoreiche Anlageprodukte umgestiegen.

Und noch etwas, fast hätte John es vergessen. Auch die Richterbestellungen Trumps findet er extrem positiv: die große Anzahl von Bundesrichtern, die Trump in den letzten drei Jahren nominiert hat, und vor allem die zwei konservativen Richter am Obersten Gerichtshof, Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh, wie alle Obersten Richter auf Lebenszeit nominiert und damit für vermutlich die nächsten Jahrzehnte Garanten für eine konservative Auslegung der Gesetze. »Das ist ermutigend«, sagt John, »die Gerichte sollten sich an die Verfassung und die Gesetze halten und nicht gesellschaftspolitische Entscheidungen treffen, wie sie das mit der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare getan haben. Der Begriff Ehe ist ohnehin falsch, eine Ehe kann es nur zwischen Mann und Frau geben, das steht so geschrieben, das ist gottgegeben.«

Auch was Trumps Außenpolitik betrifft, die die Welt als sprunghaft und unberechenbar ansieht, ist John ganz auf der Seite des US-Präsidenten. »Er macht das, was wir seit Jahren und Jahrzehnten verabsäumt haben. China hat er gezeigt, dass wir uns nicht über den Tisch ziehen lassen. Mit Mexiko und Kanada hat Trump ein neues und besseres Freihandelsabkommen verhandelt. Er hat da sogar die Demokraten mit an Bord bekommen. Mit dem Schlag gegen den iranischen General Soleimani im Jänner 2020 hat er gezeigt, dass er gegenüber dem Iran entschieden auftritt. Das ist gut. Das ist man im Ausland nicht mehr gewöhnt. Trumps Nordkoreapolitik kann man kritisieren, aber wenigstens tut er etwas – nicht wie seine Vorgänger, die nichts getan haben. Mit einem Verrückten wie Kim Jong-un umzugehen, ist schwierig. Aber wir zeigen Stärke und sind gleichzeitig bereit zu verhandeln.«

Johns Argumente sind die, die fast täglich in konservativen Medien zu hören und zu lesen sind. »Wir sind das einzige Network, das über die ausgezeichnete Wirtschaftslage berichtet«, höre ich immer wieder auf »Fox and Friends«, dem Frühstücksfernsehen des konservativen Senders Fox, in das sich Trump selbst manchmal gerne per Telefon zuschaltet. Präsident Trump sei ein guter Verhandler, kein klassischer Politiker. Kapitalismus und freie Marktwirtschaft seien die Antwort auf alles, verkünden da Moderatoren und Experten.

Heimunterricht: Leben in der konservativen Blase

Die Trandems laden mich auch drei Jahre nach meinem ersten Besuch wieder zu sich nach Hause ein. Die Kinder, die inzwischen achtjährige Elsie, der sechsjährige James und die vierjährige Marcella freuen sich auf die Fernsehkameras. Alle drei lernen Klavier spielen. Elsie, die älteste, hat extra für uns ein neues Lied einstudiert.

Lydia unterrichtet die Kinder zu Hause. Das sogenannte Homeschooling ist in den ländlichen Bundesstaaten wie North Dakota nicht so selten. Zwei Millionen Kinder, das sind knapp vier Prozent der Schulpflichtigen, werden von den Eltern zu Hause unterrichtet. Nach Lehrplänen, versteht sich, aber nicht an Schulen. Oft sind es die Entfernungen, die Eltern dazu bringen, ihre Kinder zu Hause zu unterrichten. Lydia und John sagen, sie wollen einfach so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern verbringen, die ohnehin zu schnell erwachsen werden. Sehr oft hört man in konservativen Kreisen auch, dass die öffentlichen Schulen zu liberal seien. Das ist auch für die Trandems ein wesentlicher Beweggrund. »Oft sind die Lehrer und Lehrerinnen ideologisch geprägt, wollen keine Diskussionen oder andere Meinungen. Ganz schnell sind Kinder da isoliert, wenn sie eine andere Meinung haben. Das will ich nicht für meine Kinder. Ich will nicht, dass sie mit ihrem christlichen Weltbild Außenseiter sind.«

Bis zum Highschool-Abschluss, bis 18, will Lydia ihre Kinder unterrichten. Meinen Einwand, dass sie vielleicht nicht genug Kontakt mit Gleichaltrigen hätten, wischt Lydia lachend vom Tisch. »Ich lache, weil ich dieses Argument immer wieder höre. Nein, meine Kinder haben sehr viel Kontakt zu anderen, wir treffen uns einmal in der Woche in unserer Homeschooling-Gemeinschaft, da sind die Kinder in Gruppen mit Gleichaltrigen und haben auch andere Mütter als Lehrerinnen. Wenn der Unterrichtsgegenstand zu schwierig wird, dann gibt es Experten in unserer Gruppe, die die Kinder unterrichten. Wann immer ich mich als Lehrerin meiner eigenen Kinder überfordert fühle, habe ich Unterstützung durch andere. Aber ich kenne meine Kinder besser als jede andere, kann viel mehr auf ihre Bedürfnisse eingehen und ihre Begabungen fördern.«

Externe Tests müssen absolviert werden, sie sichern, dass Kinder, die zu Hause unterrichtet werden, auch die vorgeschriebenen Lernziele erreichen. Noch etwas ist Lydia wichtig: »Meine Kinder sollen ihre Meinung offen sagen können, aber auch andere Standpunkte respektieren.«

Den Dialog, das Verständnis für andere, das vermissen Lydia und John im gegenwärtig so gespaltenen Amerika. Auch wenn sie selbst sehr konservativ sind und ihre Haltung eloquent verteidigen, Platz für andere Meinungen muss sein. »Ich habe viele Bekannte und auch Freunde, die ideologisch ganz woanders stehen als ich«, sagt John. »Das ist gut so. Ich kann ein gewisses Verständnis für sie aufbringen, aber ich muss deswegen nicht meine Meinung ändern.«

Und auch zum Homeschooling hat John, der auf Individualismus setzt und zu viele Vorschriften als Einmischung des Staates in private Angelegenheiten sieht, eine dezidierte Meinung: »In North Dakota finanziert die property tax, die Grund- und Vermögensteuer, zu 60 Prozent das öffentliche Schulsystem. Das ist unfair. Ich schicke meine Kinder nicht in öffentliche Schulen und finanziere ihre Ausbildung selbst, warum soll ich dann so viel property tax zahlen? Da liegt gerade ein Gesetzesvorschlag im Kongress unseres Bundesstaates auf dem Tisch, ich hoffe, er geht durch.«

Fast schon im Weggehen frage ich ihn noch kurz, was er vom Impeachment-Prozess gegen Präsident Trump hält. »Ein Scherz«, sagt John, »das wollten die Demokraten von Tag Eins an.«

Unverbrüchliche Treue

Nachdem in den USA im Jahr 2020 eine Krise die andere jagt (und eine dritte Reise nach Fargo wohl doch übertrieben wäre), setzen John und ich unsere Konversation über E-Mails fort, in mehreren Etappen.

Die Corona-Krise hat Spuren hinterlassen. »Stay at home«, zu Hause bleiben, hat es überall geheißen. Auch hier in den USA waren Schulen geschlossen, nur die notwendigsten Geschäfte durften offenhalten, in vielen Bundesstaaten galten die Einschränkungen bis weit in den Juni hinein.

Johns Autowerkstatt hat, wie alle Kleinunternehmen in diesem Land, Einbußen hinnehmen müssen. Doch es geht wieder aufwärts. Zu seinem Präsidenten steht er nach wie vor, auch zu dessen Krisenmanagement, das auf viele dilettantisch gewirkt hat und von der Bevölkerung mehrheitlich als unzulänglich empfunden wurde. »Trumps frühzeitiges Einreiseverbot aus China wurde als rassistisch und xenophob kritisiert, im Nachhinein haben die, die zuerst kritisierten, gesagt, er habe nicht genug getan. Ich bin überzeugt, Präsident Trump hat das Bestmögliche getan in einer sich ständig ändernden Situation. Er hat nicht unbedingt alles richtig gemacht, aber er hat nicht gezögert, die Führungsrolle zu übernehmen, in Situationen, in denen andere zuerst das politische Fahrwasser ausgelotet hätten. Er ist ein Macher.«

Und: »Die Corona-Krise hat meine Haltung zum Präsidenten nicht verändert, aber sie hat gezeigt, wie opportunistisch seine Gegner sind: nur darauf aus, den Präsidenten zu Fall zu bringen. Sie denken nicht an die Amerikaner, die unter der Krise leiden, oder daran, was die Wirtschaft braucht. Sie sind nur darauf aus, ihre eigenen Ziele zu verfolgen – das sollte objektiv denkenden Menschen wirklich die Augen öffnen.«

Dass Trump auf dem Höhepunkt der Pandemie oft Wissenschaftlern widersprochen hat oder Hydroxychloroquin aus reinem Bauchgefühl heraus und ohne wissenschaftliche Grundlage als Medikament empfohlen hat, darüber sieht John hinweg. »Wenn der Präsident etwas besser gemacht haben könnte, dann: nicht so viel Vorsicht walten lassen.«

Die Wirtschafts-Ankurbelungsprogramme – 1200 Dollar per Scheck oder Prepaid Card für jeden Steuerzahler, Überbrückungshilfe für Kleinunternehmen – waren für John Trandems Geschmack zu viel des Guten. »Ich wette, wäre das nicht ein Wahljahr, wären die Geldgeschenke magerer ausgefallen.«

Die Corona-Pandemie war noch nicht vorbei, da brach die nächste Krise über das Land herein. Ein brutaler Mord, man kann es nicht anders nennen, begangen durch einen Polizisten an dem Afroamerikaner George Floyd in Minneapolis. Massenproteste gegen den in den USA systemimmanenten Rassismus und gegen Polizeigewalt waren die Folge. Der Präsident meldete sich zu Wort, aber nicht, um an Einigkeit und Zusammengehörigkeit zu appellieren, sondern um sich für Law and Order, Recht und Ordnung, stark zu machen und um mit dem Einsatz von Truppen gegen Demonstranten zu drohen.

Der Präsident habe sich bei den Protesten in seiner Rhetorik zurückgehalten – »oddly«, ungewöhnlich für ihn, findet John, doch es sei richtig gewesen: »Proteste sind Sache der lokalen Behörden. Hier in Fargo hat die Polizei gute Arbeit geleistet und versucht, einen Dialog mit den Demonstranten aufzubauen.« Dass die Medien Trump kritisieren, überrascht John nicht, »die Mainstream-Medien sind seine Gegner«.

Könnte die Wiederwahl Trumps nach diesem turbulenten ersten Halbjahr 2020 gefährdet sein? »Es fällt mir schwer zu glauben, dass die Demokraten angesichts einer fehlenden Vision, eines schwachen Kandidaten und einer schwächelnden Wirtschaft gegen Trump bestehen können. Unter Trump hatten wir ein noch nie dagewesenes Wirtschaftswachstum und eine extrem niedrige Arbeitslosigkeit. Dank ihm sind wir halbwegs gut aus der Corona-Krise herauskommen. Die Börsen steigen wieder. Gegen Trump zu sein ist keine Plattform, mit der die Demokraten gewinnen können.«

Was hält John Trandem von Joe Biden, will ich wissen, dem auch durchaus wohlmeinende Beobachter vorwerfen, ständig ins Fettnäpfchen zu treten und des Öfteren seine eigenen Statements geraderücken zu müssen? »Ein schrecklicher Kandidat, der genau das verkörpert, was die Linke Präsident Trump vorhält: Er ist ein Lügner. Biden ist ein Rezept für Peinlichkeit und Versagen – die Linken werden das erst erkennen, wenn es zu spät ist.«

Es ist mehr oder weniger pro forma, dass ich John Trandem noch einmal die Frage stelle: Wen wird er wählen?

»Mit gutem Gewissen Donald Trump«, sagt John.

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