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Betrachten wir ein anderes Beispiel. Der Oxforder Zoologe John Krebs hat den bemerkenswerten Fall eines Verhaltens untersucht, das wir scheinbare Vernunft bei Vögeln nennen könnten (Krebs, Kacelnik und Taylor 1978). Er und seine Kollegen bringen Kohlmeisen (Parus Major) nacheinander in eine experimentelle Situation, die als zweiarmiger Bandit bekannt ist. Ein paar Meter voneinander entfernt sind zwei Stangen, die die Vögel drükken können, um Futter nach dem Zufallsprinzip, aber nach verschiedenen Gewichtstabellen zu erhalten. Da man davon ausgehen kann, daß die Vögel ein Interesse daran haben, sich so wirkungsvoll wie möglich Futter zu beschaffen, besteht ihre „Aufgabe“ darin, durch verschiedene Drückversuche herauszufinden, welche Stange für ihr Streben das bessere Durchschnittsergebnis erbringt (und deshalb, sobald sie ausgemacht ist, ausschließlich gedrückt werden sollte). Sie maximieren ihre Futteraufnahme während ihres festgelegten Aufenthalts in der Apparatur, wenn sie das bestmögliche Gleichgewicht zwischen „erkundschaften“ und „ausbeuten“ finden. Auf der einen Seite sollten die Vögel vermeiden, sich zu früh auf die weniger ertragreiche Stange zu setzen, während sie auf der anderen Seite langes, ineffizientes Auskundschaften vermeiden sollten. Optimale Lösungen für diese Gruppe von Problemen können mit einem komplizierten dynamischen Programmalgorithmus berechnet werden. Mit anderen Worten: Die Vernunft schreibt eine gewisse Handlungsfolge vor (unter plausiblen Voraussetzungen bezüglich der Interessen und Gelegenheiten der Vögel). Es ist schön zu hören, daß die Vögel dieser optimalen Lösung sehr nahe kommen – sie tun wirklich, was die Vernunft vorschreibt – aber es gibt, wie Krebs sogleich betont, keinen Grund anzunehmen, daß die Ätiologie ihres Verhaltens irgendeine intelligente Berechnung enthält, ganz zu schweigen von irgendeiner Anerkennung der Prinzipien, die die optimale Lösung diktieren (z. B. Pontryagins Maximum-Prinzip).

Ein Mathematiker, der mit einem ähnlichen Problem zu tun hat, ist vielleicht wirklich in der Lage, die optimale Lösung zu erarbeiten, und wegen seiner vollständigen Anerkennung der Lösung (seines Erfassens der Bedeutung seiner eigenen Berechnungen) könnte er sie als Grundlage für sein Handeln ansehen. Dies wäre ein Fall, in dem durch die Vernunft motiviert wird, wenn es überhaupt so etwas gibt. Wie aber kann die Kluft zwischen dem Vogelgehirn und dem Mathematiker überbrückt werden? Wie könnten weiter entwickelte Wesen wie wir in der Lage sein, direkt empfänglich für Gründe zu sein? Wie, um eine Frage von Kant zu paraphrasieren, ist ein wahrhaft vernünftiger Wille möglich?

2. Semantische Maschinen, das Perpetuum Mobile und eine defekte Intuitionenpumpe

Es erschien vielen so, daß es keine stufenweise gebaute Brücke geben kann zwischen dem „blinden“, „mechanischen“, nur scheinbar klugen Verhalten von Vögeln und Bienen und dem menschlichen Vermögen, zu betrachten und durch Gründe motiviert zu werden, Bedeutungen zu „erfassen“ und sich echter „Intentionalität“ zu erfreuen. Wenn Bedeutung nicht eine physikalische Eigenschaft von Dingen in der Welt ist, wie könnte es dann physikalische oder mechanische Bedeutungs-Überträger, Bedeutungs-Entdecker, Bedeutungs-Erkenner geben? Das untergründige (selten explizit gemachte) Argument ist sehr simpel: Physikalische Unterscheidungsmechanismen können nur physikalische Eigenschaften differenzieren; sie können Orangen nach Gewicht, Farbe oder Gestalt aussortieren – aber nicht danach, ob sie schön sind oder einmal einem Witwer gehörten. Ereignisse können physikalisch gemäß ihrer Dauer oder ihrer Stellung differenziert werden – oder, sagen wir, durch die An- oder Abwesenheit von Licht einer bestimmten Wellenlänge oder von Tönen einer bestimmten Höhe und Lautstärke. Aber Ereignisse können nicht gemäß ihrer Bedeutungshaftigkeit oder des Nicht-Vorhandenseins von Bedeutung physikalisch differenziert werden. Wir allerdings können Bedeutungen unterscheiden; wir können direkt auf die Wichtigkeit, den Sinn oder die Relevanz von Dingen, die uns begegnen, reagieren. Deshalb sind wir nicht (bloß) physikalische Unterscheidungsmechanismen.

Ein etwas anderes untergründiges Argument, das zu derselben Schlußfolgerung führt, ist folgendes. Etwas zu tun, weil die Vernunft es vorschreibt, bedeutet, durch einen Grund (durch die Anerkennung eines Grundes) veranlaßt zu werden, so zu handeln. Aber Gründe sind keine physikalischen Bedingungen in der Welt. Daher ist irgendeine meiner Handlungen, wenn sie durch physikalische Bedingungen verursacht wird, ipso facto nicht durch einen Grund (die Anerkennung eines Grundes) verursacht. Die einzige Hoffnung also, einen vernünftigen Willen haben zu können, schließt ein, daß unser Bewußtsein von dem physikalischen Kausalzusammenhang ausgenommen ist.

Die Unterscheidung zwischen Gründen und Ursachen wurde oft bis zu einer vollständigen Trennung von Gründen und Ursachen verschärft, so daß sie als antagonistisch angesehen wurde. Betrachten wir z. B. diese Beobachtung Wittgensteins:

„Die Ursachen, warum wir einen Satz glauben, sind für die Frage, was es denn ist, das wir glauben, allerdings irrelevant; aber nicht die Gründe, die ja mit dem Satz grammatisch verwandt sind und uns sagen, wer er ist.“ (Wittgenstein 1967, §437)

Diese Passage ist bedenklich in der Schwebe gelassen; es ist leicht, sie so zu lesen, als würde behauptet, die Argumente oder Gründe dafür, eine Überzeugung zu haben, könnten nicht die Ursachen dafür sein, diese Überzeugung zu haben; und sie ist so zu lesen, als würde damit impliziert, daß, wenn eine Überzeugung verursacht wird (Ursachen hat), sie nicht aus Gründen geglaubt werden kann – was einfach falsch ist. Ich bezweifle, daß Wittgenstein diese Behauptung so gelesen haben wollte, aber sie lädt zu dieser Lesart sicherlich ein, und viele Philosophen haben diese Einladung mit Freude angenommen.

Kant schwärmte anscheinend für irgendeine Version dieses Argumentes. Er vermochte nicht zu sehen, wie eine menschliche Handlung beides sein konnte: die Wirkung physikalischer Ursachen und auch die Ausführung einer Entscheidung des vernünftigen Willens. Ein Kant-Kommentator drückt es so aus: Kant behauptet, daß „einen freien Willen zu haben, einfach bedeute, in der Lage zu sein, eher durch die Vernunft motiviert zu werden als durch natürliche Ursachen.“ (Hervorhebung hinzugefügt; Wolff 1973, S. 216). So wurde seine Sicht des Bewußtseins durch seine Sicht des Willens als eines seiner Teile in eine dualistische Sackgasse gezwungen.

Dualismus, die Vorstellung, daß das Bewußtsein (anders als das Gehirn) aus einem Stoff zusammengesetzt ist, der von den Gesetzen physikalischer Natur ausgenommen ist, ist eine verzweifelte Sichtweise, die ihre gegenwärtige Geringschätzung reichlich verdient. Aber wenn wir heute recht zuversichtlich sind, daß wir auf die eine oder andere Weise die Fähigkeiten des Bewußtseins in Begriffen der rein physikalischen Fähigkeiten des Gehirns erklären können, müssen wir anerkennen, daß, wenn wir das tun wollen, wir auf irgendeine Weise das Rückgrat dieser untergründigen Argumente brechen müssen. Wozu sind Gehirne da? Sie sind, wie Aristoteles angeblich dachte, nicht bloß dazu da, das Blut zu kühlen; sie sind dazu da, die Körper, in denen sie sich befinden, zu kontrollieren, indem sie die Bedeutungen der Einwirkungen oder Reizungen, die auf diese Körper treffen, differenzieren. Kurz gesagt, Gehirne sind Bedeutungs-Manipulatoren, informationsverarbeitende Systeme oder, wie ich sagen werde, semantische Maschinen (Dennett 1981a)8.

Aber gleichzeitig sind Gehirne bloß sehr komplizierte physikalische Organe; worauf sie auch immer reagieren, es muß irgendeine physikalische Änderung oder Differenz in den Stimuli sein, die sie treffen. Kurz gesagt, als physikalische Mechanismen können sie nur syntaktische Maschinen sein, die nur auf strukturelle oder formale Eigenschaften reagieren9. Nach der traditionellen Unterscheidung in der Linguistik ist die Form oder Syntax eines Satzes eine Sache und seine Bedeutung oder Semantik eine andere. Nun, wie gelingt es dem Gehirn, aus Syntax Semantik zu erhalten? Überhaupt nicht.

Die Syntax, ganz für sich genommen, bestimmt die Semantik nicht. Es ist eine relativ einfache Aufgabe, Maschinen zu entwerfen und zu bauen, die den Säuregehalt oder Temperaturen unter 5° Celsius oder Punkt-Punkt-Punkt-Strich-Strich-Strich-Punkt-Punkt-Punkt überprüfen. Aber man denke etwa daran, eine Maschine zu entwerfen, die die Anwesenheit von Feindseligkeit oder Liebe oder Gefahr oder Skepsis nachprüft. Wir finden es nicht unmöglich, auf diese Eigenschaften zu reagieren, sie zu erkennen oder zu verstehen. Aber es erscheint in der Tat unwahrscheinlich, daß irgendeine Kombination von strukturellen (und deshalb direkt mechanisch nachweisbaren) Eigenschaften äquivalent mit Feindseligkeit, Liebe, Skepsis oder Gefahr ist. Da Bedeutung nicht, wie irgendein seltenes Erz, in physikalischen Merkmalen von Reizungen enthalten ist, könnte kein alchimistischer Extraktionsprozeß Bedeutung destillieren und darauf reagieren. Aber dann ist der Begriff einer semantischen Maschine anscheinend wie der Begriff eines Perpetuum Mobile: Semantische Maschinen sind streng genommen unmögliche Maschinen!

Aber wofür sind dann Gehirne da, wenn es keine semantischen Maschinen sind? Die Antwort muß sein: Gehirne verhalten sich nur näherungsweise wie (ideale, reine) semantische Maschinen. Die vollkommene semantische Maschine, der vollkommene Kantische vernünftige Wille ist in der Tat reibungsfrei, unendlich wachsam in bezug auf Bedeutungsnuancen, ganz unanfällig für Sphexhaftigkeit – und physikalisch unmöglich. Unsere Gehirne sind allerdings ein sehr guter Ersatz. Sie sind auf ausgefeilte Weise dazu in der Lage, nicht unendlich, aber doch unbestimmt sensibel gegenüber bedeutungsvollen Veränderungen zu sein, nicht vollkommen, aber praktisch unanfällig für Sphexhaftigkeit10.

Wie schafft es ein Gehirn, sich der Kompetenz einer vollkommenen semantischen Maschine anzunähern? Wir haben bereits bei der Sphex gesehen, wie ein wenig klug entworfene, bloße physikalische Reaktionsfähigkeit einige der richtigen Wirkungen unter normalen Umständen erzeugen und die Sphex veranlassen kann, sich so zu verhalten, als ob sie direkt auf etwas reagierte, an dem sie Interesse nimmt, auf einen Grund, den sie hat. Wieviel mehr kann durch Kombination und Aneinanderreihung solcher im Grunde sphexhafter Mechanismen erreicht werden? Die Entwicklung von immer weiter verfeinerten und sensibleren Mustererkennungsmechanismen kann hinsichtlich der Phylogenese zurückverfolgt werden, und die Fortschritte in der Künstlichen-Intelligenz-Forschung beginnen die Stärken und Grenzen solch indirekter, unvollkommener Bedeutungs-Entdecker offenzulegen. Aber, wie Hofstadter zeigt, entsteht der wirklich explosive Fortschritt auf dem Weg aus der rohen Sphexhaftigkeit erst, wenn die Fähigkeit für Mustererkennung auf sich selbst angewandt wird. Das Wesen, das nicht nur gegenüber Mustern in seiner Umgebung empfindlich ist, sondern auch gegenüber Mustern seiner eigenen Reaktionen auf Muster in seiner Umgebung, hat einen großen Schritt gemacht11. Anders als die Sphex kann es feststellen, daß es in einer unnützen Schlinge oder Spur gefangen ist und sich davon befreien.

Man beschreibt die Muster in einer Sprache – sowohl syntaktisch als auch semantisch – durch Aussagen in einer Metasprache. Allgemeiner: Man „geht auf die Metaebene“, wenn man seine eigenen Repräsentationen repräsentiert, über die eigenen Reflexionen reflektiert, auf die eigenen Reaktionen reagiert. Das Vermögen, seine eigenen Vermögen auf diese Weise zu iterieren, alle Tricks, die man nur hat, auf seine schon vorhandenen Tricks anzuwenden, ist ein wohlbekannter Durchbruch in vielen Bereichen: eine Kaskade von Prozessen, die von beschränkter zu intelligenter Aktivität führt. (Die detaillierteste Untersuchung der Macht dieses Iterationsprozesses findet sich in Hofstadter 1979.)

Es schafft also (1) die blinde Versuch-und-Irrtum-Methode der Darwinschen Selektion (2) Organismen, deren blindes Verhalten nach Versuch-und-Irrtum der Selektion durch Verstärkung ausgesetzt ist und (3) „gelerntes“ Verhalten schafft, das reichlich (4) Gelegenheiten bietet zu lernen, von denen (5) die wirkungsvollsten „blind“, aber zuverlässig selektiert werden können, die (6) eine besser konzentrierte Fähigkeit auch (7) weitere Kandidaten für eine nicht so blinde „Betrachtung“ schafft und (8) die schließlich Selektion oder Wahl oder Entscheidung einer Handlungsfolge, die auf solchen Erwägungen basiert, schafft. Zum Schluß wird die überwältigende „Illusion“ erzeugt, das System reagiere wirklich direkt auf Bedeutungen. Es wird ein immer verläßlicherer Imitator der vollkommenen semantischen Maschine (der Entität, die die Stimme der Vernunft direkt hört), weil es dazu bestimmt wurde, fähig zu sein, sich selbst in dieser Hinsicht zu verbessern; es wurde entworfen, um sich unbegrenzt selbst neu entwerfen zu können.

Wie die Möglichkeit vielfacher Iteration nahelegt, gibt es verschiedene Arten von Reflexivität mit verschiedenen Vermögen. Am einfachsten Ende des Spektrums gibt es einfache Reaktionen auf bestimmte eigene Reaktionen. Ein automatischer Türöffner, der „zählt, wie viele Male er funktioniert“, und sich nach einer bestimmten Anzahl von Arbeitsgängen ausschaltet, ist etwa so einfach, wie ein solches System sein kann. Etwas Ähnliches wie diese Mechanismen, bloße Verhinderer von „exzessiver“ Wiederholung, scheint sich in nicht-menschlichen Lebewesen zu manifestieren, aber manchmal produzieren sie wenig beeindruckende Resultate. Ich hatte einmal einen Hund, der gerne Tennisbälle apportierte, aber wenn er es mit zwei Bällen auf dem Feld zu tun hatte und sie nicht beide auf einmal in seinem Maul behalten konnte, rannte er schnell vor und zurück, schnappte den einen und ließ den anderen liegen, fasziniert durch seine Vorliebe des Fangens vor dem Behalten – vielleicht ein paar Runden lang – bis irgendetwas einrastete und das Verhalten einstellte.

Viel höher im Spektrum der verschiedenen Arten von Reflexivität ist die Repräsentation von manchen der eigenen Reaktionen, sei es durch Ausdrücke in einer öffentlichen Sprache oder durch andere öffentliche Repräsentationssysteme oder auch durch innere Zustände, sofern sie genügend funktionale Eigenschaften besitzen, die auch die Vehikel öffentlicher Repräsentationen haben, um diesen Namen zu verdienen.12 (Wie ein System mit dem Vermögen expliziter Selbst-Repräsentation mancher seiner Zustände genau entstehen könnte, wird im nächsten Abschnitt untersucht.)

Ein System, das über seine eigenen Aktivitäten auf diese Weise zu reflektieren vermag, kann nicht über alle seine Aktivitäten gleichzeitig reflektieren. Es mag in der Lage sein, über Reflexionen über Reflexionen zu reflektieren, aber früher oder später müssen ihm die Schritte oder der Raum oder die Zeit ausgehen. Könnte es einen vollkommenen Selbst-Betrachter geben? Keinen endlichen und nichtmagischen. Das wird durch den Beweis in der Theorie der Berechenbarkeit gezeigt, indem bewiesen wird, daß das „Halteproblem“ keine Lösung hat: Es gibt kein Programm, das jedes Programm untersuchen und bestimmen kann, ob es unendliche Schleifen enthält oder nicht (Hofstadter 1982b, S. 27 f.). Ist nun irgendetwas, das nicht vollkommen ist, für uns gut genug? Wenn wir nicht vollkommen sind, dann sind wir in der Tat ein bißchen sphexhaft. Das würde bedeuten, daß wir im Prinzip in eine absurde Situation gebracht werden könnten, in der wir unsere marginale, sonst unsichtbare Irrationalität offenbaren (oder, noch besser, unsere A-Rationalität oder Syntaktizität – ein Begriff, den Hofstadter mir vorgeschlagen hat). Aber das sollte kaum als Schock oder Enttäuschung aufgefaßt werden. Wer von uns verlangt denn ein Argument aus der physikalischen Endlichkeit und der Theorie der Berechenbarkeit, um uns davon zu überzeugen, daß wir keine vollkommenen Bedeutungs-Ermittler sind?

Solange man sich in der Vorstellung auf Fälle unvollkommener Rationalität und auf Nichtbegreifen, das so dramatisch ist wie bei der Sphex, konzentriert, ist es leicht genug, sich selbst davon zu überzeugen, daß menschliche Wesen qualitativ radikal verschiedene Arten von Wesen sind. Und natürlich führt die vollkommen vernünftige Neigung der Philosophen für einfache, leicht zu verfolgende Beispiele sie immer wieder dazu, bei der Gegenüberstellung von Kausal-veranlaßt-Werden-etwas-zu-tun mit Etwas-aus-einem-Grund-Tun sich gerade auf solche einfachen Fälle zu beschränken. Die ganze philosophische Literatur über „Ursachen und Gründe“ ist überschwemmt von dieser Art falsch kontrastierender Beispiele.

Betrachten wir z. B. die subtile Wirkung, die von MacIntyre erzielt wird: „Wenn das Verhalten eines Menschen rational ist, kann es nicht durch den Zustand seiner Drüsen oder irgendeines anderen vorhergehenden kausalen Faktors bestimmt werden“ (MacIntyre 1957, S. 35)13. Warum seiner Drüsen? Zweifellos wäre die Art von Verursachung, die von jemandes Drüsen stammt, ein rohes Signal einer bestimmten Art, ein Stoß in eine Richtung, ein „blinder“ Wechsel in den unzähligen schaltenden Mustern, nicht eine beinahe unbeschreibbar subtile und feine Auswahl eines nachfolgenden Zustands. Es gibt einen allgemein verwendeten Ausdruck, so habe ich herausgefunden, für diese Art von roher Verursachung im Gehirn; sie wird oft „psychologisch“ genannt! Man betrachte etwa folgende Bemerkung aus einem Interview über Willensfreiheit mit einem Universitätsprofessor (keinem Philosophen):

„Es gehört zu der Verantwortlichkeit eines Menschen, sich dessen bewußt zu sein, was er tut und warum er es tut. Das ist tatsächlich seine einzige Chance, einen gewissen Grad von freiem Willen auszuüben, in der Lage zu sein, eine wirkliche Entschei­dung zu treffen, anstatt von psychologischen Determinanten getrieben zu werden.“ (Hervorhebung hinzugefügt; Doan & MacNamara, im Erscheinen)

Durch erschöpfendes Abwägen des Für und Wider zu einer Entscheidung geleitet zu werden, ist offenbar nicht dasselbe wie durch „psychologische“ Determinanten „getrieben“ zu werden. Der so gebrauchte Begriff „psychologisch“ ist offenkundig ein Vetter des Wortes „mental“ bei amerikanischen Kindern – wie in „That kid’s so stupid, he’s mental!“ [„Das Kind ist so dumm, es ist geistig (behindert)!“] Dieser Gebrauch ist natürlich eine Verstümmelung von „mentally retarded“ oder „mentally ill“. Der parallele Gebrauch von „psychologisch“ ist vermutlich der Sonderstellung der klinischen Psychologie in der allgemeinen Vorstellung zu verdanken; das Wort bedeutet in diesem Zusammenhang offenbar „psychologisch pathologisch“.14

Gelegentlich machen Philosophen von folgendem Gebrauch: Aus der Tatsache, daß eine Handlung oder Entscheidung verursacht wird, folgt nicht, daß sie nicht auch aus (guten) Gründen getan wird. So bemerkt Nagel, daß man hoffen kann, daß selbst wenn unsere Handlungen durch Ursachen bestimmt werden, sie „nicht durch Ursachen auf eine solche Weise bestimmt werden, die impliziert, daß sie nicht durch Gründe gerechtfertigt sind.“ (Nagel 1981). Dies ist keineswegs eine aus logischen Gründen verzweifelte Hoffnung, aber sie wird von Philosophen leicht übersehen. Es gibt sogar einen berühmten Aphorismus, der nahelegt, daß die Hoffnung verzweifelt ist: „Tout comprendre c’est tout pardonner. » Warum sollte irgendjemand glauben, das sei wahr?15

Ein Grund könnte sein, daß Menschen darüber reflektieren, indem sie sich selbst vorstellen, sie hätten ein vollständiges Verständnis der Ätiologie einer bestimmten Handlung, und dabei stellen sie sich etwas (skizzenhaft) vor, das eine kausale Herkunft hat, die viel zu simpel und viel zu direkt für eine verantwortliche Handlung ist. Da die einzigen kausalen Prozesse, die wir auf einen flüchtigen Blick vollkommen verstehen können (die Art von flüchtigem Blick, die man solchen Dingen in imaginären Fällen gibt), recht einfache kausale Prozesse sind, gelangen wir zu der Intuition, daß kausales Verstehen rationale Bewertung und Zuschreibung von Verantwortlichkeit ausschließt. Das ist ein klarer Fall einer mißbrauchten Intuitionenpumpe, bei der die Einfachheit die ganze Arbeit tut.

Wenn wir an Verursachung denken, neigen wir dazu, an sorgfältig isolierte Laborfälle von Verursachung zu denken, wo eine einfache, wiederholbare, auffallende Wirkung unter kontrollierten Umständen erreicht wird. Oder wir denken an besonders klare Fälle alltäglicher Verursachung: Humes Billardkugeln; Funken, die Explosionen verursachen; ein großes, auffälliges Ding, das mit einem anderen großen, auffälligen Ding zusammenstößt. Wir wissen, daß wir bei genauerer Untersuchung sehen könnten, daß es in jeder Ecke unserer Welt von komplizierten, nicht entzifferbaren, miteinander verflochtenen Netzen der Verursachung nur so wimmelt, aber wir tendieren dazu, diese Tatsache zu ignorieren. Wenn wir uns jemanden vorstellen, der veranlaßt wird, dies oder jenes zu glauben, neigen wir dazu, ihn uns so vorzustellen, als ob er in diesen Zustand wohl oder übel gedrängt worden wäre. Die Person, die auf diese Weise veranlaßt wird zu glauben, wird analog gesehen zur Billardkugel, die veranlaßt wird, nach Norden zu rollen oder analog zu der Flüssigkeit, die veranlaßt wird, in dem Teströhrchen zu kochen.

Aber indem wir uns auf diese Analogien verlassen, ignorieren wir leicht einen gewichtigen Unterschied: Teströhrchen und Billardkugeln sind taub und blind. In Anwesenheit eines Teströhrchens muß man nicht flüstern oder sicherstellen, daß die Billardkugel nicht sieht, daß man sie beobachtet. Menschen und höhere Tiere sind auf der anderen Seite so beschaffen, daß sie äußerst empfindsam gegenüber fast allem sind, was um sie herum geschieht. Es ist in der Tat ganz und gar unmöglich, ein waches, normales, menschliches Wesen in denselben „kognitiven Zustand“ (geschweige denn in denselben mikrophysischen Zustand) zu zwei verschiedenen Gelegenheiten zu bringen, einfach deshalb, weil die Zeit vergeht und – außer man ist im Koma oder in irgendeinem anderen Rip-Van-Winkle-Zustand – man wahrnimmt und sich folglich laufend ändert16.

Betrachten wir z. B. die Kräfte, die an Ayers Vorstellungsvermögen zerren, wenn er folgende Science-Fiction-Intuitionenpumpe heraufbeschwört:

„Nehmen wir an, daß die erforderlichen physiologischen oder psycho-physiologischen Theorien entwickelt wurden und wir sie im alltäglichen Leben benutzen könnten, um in der Regel zutreffende Voraussagen zu machen. Oder, wenn das für zu phantastisch gehalten wird, wollen wir annehmen, daß die Theorie der Konditionierung bis zu einem Punkt hin entwickelt wäre, an dem es möglich wäre, Wünsche und Überzeugungen und Charakterzüge in menschliche Wesen einzupflanzen, bis zu einem solchen Grad, daß deduziert werden könnte, wenigstens in ziemlich allgemeinen Begriffen, wie jede Person, die auf diese Weise behandelt worden wäre, sich in einer anderen gegebenen Situation wahrscheinlich verhalten würde, und daß wir unter einem Regime lebten, in dem die Kräfte auf uns ausgeübt wurden, sagen wir, von früher Kindheit an.“ (Ayer 1980, S. 9)

Eine abschreckende Vision natürlich, und Ayer erwartet von ihr, daß sie aus uns die Intuition herauspumpt, daß „unsere zwischenmenschlichen Einstellungen“, unser Gefühl für uns selber und füreinander als verantwortliche, tadelnswerte, liebenswerte Handelnde, dem Wissen, das wir dann davon hätten, wie Handelnde sich verhalten, nicht im Wege stehen würde. In der Tat würde es das nicht, wage ich zu sagen, unter den vorgestellten Umständen. Aber das sind Umstände, in denen (um „zu phantastisch“ zu vermeiden) die tatsächliche Verursachung von Überzeugungen und Wünschen drastisch vergröbert wurde; in denen Handelnde an ihre angeblichen „Überzeugungen, Wünsche und Charakterzüge“ durch einen Konditionierungsprozeß angebunden werden, der wahrscheinlich stark genug ist, um ihre subtilen, Informations-erwerbenden, Informations-bewertenden, normalen Weisen, mit denen sie in den Besitz von Überzeugungen und Wünschen gelangen, zu übergehen.

Wie wäre es, in einer solchen Welt zu leben? „Es wäre so, als ob wir Zuschauer eines Spiels wären, an dem wir auch teilnehmen, ohne eine andere Option zu haben, als in den Rollen zu spielen, die uns zugeteilt sind.“ (Ayer 1980, S. 10). Aber einen Moment noch: angenommen, wir fingen an zu kichern und zu flüstern und unterbrächen das Spiel vollständig, indem wir einander erklärten, wie witzlos die Geschichte ist. Das ist unfair gegenüber Ayers Beispiel! Wir sollten uns nicht so verstehen, daß wir fähig sind, das zu tun. Aber warum nicht? Legte Ayer fest, daß in dieser Phantasiewelt die Menschen nicht länger Dinge bemerken und entsprechend auf sie reagieren können? Die böswilligen Wissenschaftler, die diese Welt leiten, können uns anscheinend durch Panzerglas betrachten, ohne fürchten zu müssen, daß wir unerwartet unsere Fäuste gegen sie erheben und revoltieren. Es muß daran liegen, weil Ayer, ohne es zu sagen, uns in viel simplere Wesen verwandelt hat. (Man vergleiche die Wirkungsmethode von Ayers Intuitionenpumpe mit der von Robbins Märchen über das kleine Tiroler Dorf, das in Kapitel eins behandelt wurde.)

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