Читать книгу: «Andor - Reise durch das Weltentor», страница 3

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Unerklärliche Phänomene

Ich blickte in Jennifers entsetzte Miene, als eine kräftige Männerstimme hinter ihr sagte: »Wo wollen sie beide denn so schnell hin?«

Giller, dieser Vollidiot, ging es mir durch den Kopf, kommt im falschen Moment.

»Wir wollten gerade gehen«, sagte ich ernst.

»Sie sind verhaftet, Clayton!«, sagte Giller in einem scharfen Ton.

Mir blieben die Worte im Hals stecken. Was sollte ich darauf antworten?

Jennifer runzelte die Stirn und betrachtete Giller gründlich, dann sagte sie in einem scharfen Ton: »Sie können nicht einfach jemanden verhaften!«

Die beiden Gäste am Tisch sahen schon zu uns herüber. Dieser dämliche Giller hielt wohl nichts von Diskretion.

»Haben Sie einen Haftbefehl?«, fuhr Jennifer den Polizeibeamten an.

Toll! Ganz toll! Das war mir jetzt aber wirklich peinlich. Damit hatten wir auch die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf uns gezogen. Dieser Zwischenfall würde sich im ganzen Hotel herumsprechen. Ich malte mir schon aus, dass wir sicherlich bald von einer Flutwelle hungriger Reporter attackiert würden, die alles über Andor den Außerirdischen erfahren wollten. Ein Fressen für die Geier.

Jennifers stechender Blick, ließ Giller einen langen Augenblick zögern, doch dann sagte er mit fester Stimme zu Jennifer: »Meine Kollegen kommen gleich und bringen den Haftbefehl mit.« Giller wandte sich mir zu und zischte: »Was ist in meinem Büro passiert?«

Ich dachte in diesem Augenblick, dass es keinen Sinn machte, Giller die Wahrheit zu erzählen, denn ich ahnte, dass er mir eh nicht glauben würde, also schwieg ich.

»Sie haben alles demoliert«, fuhr Giller mich an. »Warum?«

Was konnte er schon machen? Er hatte keine Beweise, dass ich damit etwas zu tun hatte. Giller konnte mir nichts anhängen, davon war ich fest überzeugt.

»Sie sind für die Verwüstungen in meinem Büro und«, Giller holte Luft und beugte seinen Kopf vor, »in der Herrentoilette verantwortlich, Clayton.« Giller rümpfte die Nase.

Warum sollte ich die Tat gestehen und allein die Verantwortung für diesen ganzen Mist übernehmen? Schließlich war dieser Horyet an allem Schuld. Wäre er nicht aufgetaucht, wäre auch nichts passiert.

»Sie überlegen sich ein Geständnis«, mutmaßte Giller.

»Wer? Ich?«, stutzte ich und schäumte leicht vor Wut.

Der Typ hatte ja wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank.

»Ich weiß zwar noch nicht, was hier gespielt wird, aber ich werde es herausfinden«, drohte Giller mir mit einem eiskalten Blick.

Hoffentlich nicht, dachte ich und sagte: »Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden.«

Giller schwieg. Dennoch bemerkte ich, dass meine Antwort ihn nicht überzeugt hatte. Giller würde mich und Jennifer abführen lassen. Ich dachte nach. Aber von wem? Giller war allein gekommen. Sollten wir einfach davonlaufen? Ich überlegte kurz. Natürlich, ich konnte vom Stuhl aufspringen, mir Jennifers Hand schnappen, und wir flohen zusammen aus der Bar wie Bonnie und Clyde. Aber was dann?

»Kommen Sie nicht auf dumme Gedanken«, warnte Giller mich eindringlich.

Hatte er etwa meine Gedanken gelesen?

Sein langjähriger Instinkt als Polizeibeamter, dachte ich. Verflucht! Dieser Giller weiß genau, dass ich etwas verschweige.

Ich wandte meinen Blick von Giller ab und Jennifer zu. Sie zuckte nur leicht mit den Schultern und verwickelte Giller rasch in ein Streitgespräch. Sie protestierte und forderte Giller auf, uns in Ruhe zu lassen, weil wir absolut nichts mit der Sache zu tun hatten, die er uns vorwarf.

Giller mein Vertrauen zu schenken, hielt ich für keine gute Idee. Ich könnte ihm sagen: Warten Sie, Giller! Hören Sie mir nur kurz zu. Also, mein Name ist Andor, und vermutlich komme ich von einem anderen Planeten. Natürlich war ich für die Verwüstung in Ihrem Büro mitverantwortlich. Schuld an allem ist aber Horyet. Wer ist Horyet?, würde er mich fragen. Er verfolgt mich schon eine ganze Weile und versucht mich zu töten. Ich habe ihn schon aus dem Flugzeug geworfen. Wie ich das gemacht habe, fragen Sie mich? Horyet ist durch die Flugzeugwand gefallen und hinabgestürzt, auf der Erde aufgeschlagen, hat überlebt und ist mir am Flugplatz auf der Herrentoilette wieder über den Weg gelaufen. Giller alles in Ordnung? Glauben Sie mir etwa nicht?

Also hielt ich es für das Beste den Mund zu halten, wollte ich nicht in der Klapsmühle landen.

Mist, das Brummen in einem Kopf geht wieder los, dachte ich.

Jennifer wandte sich von Giller ab.

»Ist dir nicht gut, Bill?«, fragte Jennifer besorgt, die wohl bemerkt hatte, dass mit mir etwas nicht stimmte.

»Kopfschmerzen«, antwortete ich nur und warf einen Blick auf meine Armbanduhr.

»Haben Sie noch einen wichtigen Termin?«, fauchte Giller mich an.

»Ja«, nickte ich. »Wenn Sie kurz erlauben, würde ich gerne mein Raumschiff umparken. Ich stehe nämlich im Halteverbot.«

»Die dämlichen Bemerkungen werden Ihnen in der Zelle vergehen«, drohte Giller mir mit einem finsteren Blick, der einen Zombie hätte töten können.

»Denken Sie daran, Clayton, bevor Sie den Warp-Antrieb einschalten«, hörte ich eine bekannte und ruhige Stimme hinter mir sagen, »hier gibt es eine Geschwindigkeitsbegrenzung.«

Na, das ist ja super. Schlimmer kann es ja wohl nicht mehr kommen, dachte ich. Berger und Zink kommen mit dem Haftbefehl.

»Wie ich sehe, haben Sie schon mit dem Verhör angefangen, Giller«, sagte Berger missgelaunt.

»Ja«, stotterte Giller. »Ich dachte, dass wäre in Ihrem Interesse.«

Berger zog die Augenbrauen hoch, während Zink vorwurfsvoll sagte: »Natürlich war das in unserem Interesse, Giller.«

Das hörte sich für mich so an: Das hast du wirklich gut gemacht, Giller, du Idiot.

»Sie wollten doch nicht gerade gehen?«, sprach Berger mich an.

Ich überlegte kurz und sagte: »Hatten wir eigentlich vorgehabt.«

»Wir hatten gerade vorgehabt, in ein thailändisches Restaurant zu gehen«, sagte Jennifer.

Berger horchte.

»Das YUM«, sagte ich kurz. »Hat uns der Barkeeper empfohlen«, ergänzte ich.

»Eine sehr gute Wahl«, sagte Berger.

»Daraus wird ja wohl jetzt nichts mehr«, warf Giller ein.

Berger ignorierte die Bemerkung und sagte: »Ich habe noch ein paar Fragen an Sie, Clayton.«

Ich horchte.

»Ich nehme dann mal kurz an Ihrem Tisch Platz«, sagte Berger. »Kannst du bitte mit Giller an die Bar gehen?«, wandte sich Berger seinem Kollegen Zink zu.

»Okay«, sagte Zink.

»Was soll denn das?«, empörte sich Giller.

»Ich habe mit Herrn Clayton etwas zu bereden.«

»Ja, aber ...«, fing Giller an. »Kommen Sie!«, forderte Zink Giller auf.

Natürlich war ich in diesem Augenblick etwas verwirrt. Warum wollte Berger mit mir reden? Warum wollte er mich nicht festnehmen und verhören?

Giller und Zink gingen zur Bar. Ich hätte niemals gedacht, dass Berger in der Position war, Giller Befehle zu erteilen. Wie man sich doch irren konnte. Als der Barkeeper Zink ein Glas Wasser servierte, sah ich, wie die beiden Gäste am Tisch aufstanden, uns noch einen kurzen Blick zuwarfen und die Bar verließen.

»Auch Sie, Frau Parker, darf ich bitten, mich mit Herrn Clayton kurz allein zu lassen«, sagte Berger höflich.

»Das kommt nicht in Frage!«, zischte Jennifer ihn mit festem Blickkontakt an.

»Ich habe nicht vor Herrn Clayton zu verhaften«, erwiderte Berger mit gelassener Stimme.

Jennifer sah mich an. Ich nickte ihr zu.

»Okay«, sagte Jennifer und ging zur Bar.

Ich sah, wie sie zögerte, bevor sie sich neben Zink auf einem Barhocker niederließ.

Berger saß mir gegenüber. Sein Blick verriet mir, dass er neugierig war.

»Gab es in den letzten Tagen außergewöhnliche Vorfälle, über die Sie mir berichten möchten?«, fragte er freundlich.

»Was wollen Sie denn hören?«

»Die Wahrheit.«

»Wahrheit?«

»Soll ich Giller zurück an den Tisch bitten?«

Ich wandte mich kurz der Bar zu.

»Nein«, sagte ich nur.

»Gut«, sagte Berger gelassen, »dann fang ich mal an.« Ich erfuhr von Berger, dass er und sein Kollege Zink für den Militärischen Abschirmdienst arbeiteten.

»Ein Geheimagent?«, fragte ich erstaunt.

»Ja, kann man so sagen. Ich und mein Kollege sind in der Abteilung II: Extremismus-, Terrorismus-, Spionage- und Sabotageabwehr tätig«, erklärte Berger mir und musterte mich dabei.

»Sollten wir uns dann nicht ein geheimeres Örtchen für unsere Unterhaltung suchen?«, scherzte ich.

»Außer dem Barkeeper ist ja niemand mehr hier«, sagte Berger mit ernster Miene. »Und er kann uns von hieraus nicht verstehen.«

Seine Stimme klang ruhig. Wenn ich so darüber nachdachte, machte er auf mich einen ehrlichen Eindruck. Berger erzählte, dass beide Blutanalysen aus Gillers Büro nicht menschlichen Ursprungs waren und eine der Blutanalysen nahezu mit der Blutanalyse von meinem damaligen Krankenhausaufenthalt übereinstimmte. Dann sagte er: »Sie sind nicht von hier.«

Natürlich bin ich nicht von hier, dachte ich. »Ich komme aus London«, sagte ich.

»Das meine ich nicht, Clayton«, sagte Berger und beugte seinen Oberkörper vor. »Sie kommen nicht von der Erde.«

Bums.

Ein Schlag ins Gesicht hätte nicht schlimmer sein können. Ich wusste nicht so recht, was ich auf diese Bemerkung antworten sollte. Berger glaubte also, dass ich ein Außerirdischer war. Waren die Blutanalysen wirklich ein Beweis dafür? Eine der Blutanalysen gehörte zu Horyet, und er war ganz bestimmt ein Außerirdischer. Im Moment fühlte ich mich gar nicht wohl in meiner Haut.

»Sprachlos?«, fragte Berger.

»Tja.«

Meine Träume. Die Begegnungen mit Horyet. Andor. Vielleicht hatte Berger ...

»Sie wissen es nicht?«, unterbrach Berger meine Gedanken.

»Ich hab keine Ahnung, wer ich bin«, sagte ich schließlich.

»Dann erzählen Sie mir, was Sie wissen, Herr Clayton.«

Konnte ich Berger und seinem Kollegen wirklich vertrauen? Was wäre, wenn ich ein Außerirdischer wäre, würden Berger und Zink mich dann ...

»Irgendjemandem müssen Sie vertrauen, Herr Clayton«, sprach Berger mich an. »Wenn ich Sie hätte einsperren wollen, wäre ich hier mit einer Einheit aufgetaucht.«

Okay, das klang irgendwie plausibel, ging es mir durch den Kopf.

»Sie würden mir sowieso nicht glauben. Das können wir uns alles sparen«, erwiderte ich.

»Hat sie Ihnen geglaubt?«, fragte Berger und deutete auf Jennifer.

»Wie kommen Sie darauf, dass ich ihr etwas erzählt haben könnte?«

»Nur so ein Gefühl von mir, als ich Sie beide eben zusammen gesehen hatte.«

Dieser Berger war mir ein wenig unheimlich.

»Ich kann Ihnen etwas über meine seltsamen Träume erzählen.«

Berger hob die Augenbrauen. Dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte.

»Ich meinte über meine ... wie soll ich es sagen ... meine unerklärlichen Träume.« Ich holte Luft, und mir wurde klar, dass ich wieder nicht die richtigen Worte gefunden hatte. »Ich kann Ihnen etwas über Horyet erzählen und berichten, was wirklich in Gillers Büro passiert ist.«

»Okay, das ist doch schon mal ein Anfang«, sagte Berger mit erwartungsvollem Blick.

Da wir immer noch ungestört und keine Gäste nachgekommen waren, erzählte ich Berger alles, was ich eben auch Jennifer berichtet hatte. Berger war ein aufmerksamer Zuhörer. Er unterbrach mich nur selten.

Ich konnte es kaum glauben und schaute Berger verwundert an. Machte Berger mir etwas vor, oder glaubte er mir tatsächlich? Er hatte immerhin meine Verhaftung verhindert. Als ich Berger alles erzählt hatte, was ich wusste, sagte ich: »Ich hoffe, Sie halten Ihr Wort.«

»Ich kann Ihnen versichern, Herr Clayton, dass niemand etwas hierüber erfahren wird.«

Ich warf einen skeptischen Blick zur Bar.

»Meinen Kollegen muss ich einweihen«, gestand Berger mir, »aber Giller erfährt kein einziges Wort von unserem Gespräch.«

Gut! Ich konnte verstehen, dass er seinem Kollegen meine Geschichte nicht verschweigen konnte.

»Es ist klar, dass ich meinen Vorgesetzten auch informieren muss«, sagte Berger.

»Einverstanden«, sagte ich.

»Aber sonst wird niemand von unserem Gespräch etwas erfahren«, bestätigte Berger mir mit einem festen Blick.

Ich nickte.

»Ich denke, wir sollten zusammenarbeiten. Was halten Sie davon?«, fragte Berger und wartete auf meine Antwort.

»Wieso glauben Sie mir?«, fragte ich.

Irgendwie kam mir das seltsam vor.

»Ich habe Ihnen noch nicht alles erzählt.« Er rückte ein Stück näher. »Ich bin kein Wissenschaftler, deswegen versuche ich es mal mit meinen Worten zu erklären. Also, in der Nähe des Saturns haben unsere Wissenschaftler eine ungewöhnliche Erscheinung entdeckt.« Jetzt hörte ich gespannt zu. »Dort wird an einem Punkt im Weltraum Licht angezogen. Man hat mir erklärt, dass sich dort ein Schwarzes Loch oder ein Wurmloch befinden könnte. Dann tauchte aus diesem Punkt ein Lichtstrahl auf, und danach verschwand das Phänomen wieder. Etwas später haben Wissenschaftler eigenartige Messwerte in der oberen Erdatmosphäre erhalten. Nach all diesen seltsamen Ereignissen, glaube ich Ihnen, Herr Clayton. Sonst wäre ich wohl ein überaus großer Dummkopf.«

Mir fiel ein Stein vom Herzen. Mit Berger und Zink an meiner Seite, konnte ich mich glücklich fühlen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Giller das Sagen gehabt hätte.

Berger überreichte mir eine Visitenkarte.

Cool! Eine Visitenkarte vom Geheimdienst, dachte ich. Ob ich sie geheim halten muss?

»Ach, noch etwas Herr Clayton.« Ich hörte ihm wieder aufmerksam zu. »Verdrücken Sie sich nicht! Ich finde Sie, darauf können Sie sich verlassen, und dann behüte Sie Gott.«

Warum sollte ich das tun? Aber irgend so eine oder andere Bemerkung musste ein Geheimagent wohl loswerden.

»Dann werde ich mal gehen«, sagte Berger.

»Äh ... okay.«

Berger stand auf und ging an die Bar. Ich folgte ihm schnell. Jennifer sah erwartungsvoll zu mir herüber. Ich konnte ihr die Aufregung ansehen.

»Herr Clayton wird sich wieder mit uns in Verbindung setzen«, sagte Berger, als er seine Kollegen erreicht hatte.

»Nehmen wir ihn nicht mit aufs Revier?«, fragte Giller und machte einen verstörten Eindruck.

»Nein«, antwortete Berger höflich, »das ist nicht mehr nötig.«

Ich sah Giller an, dass er mit dieser Aussage nicht zufrieden war, dennoch gab er keine Widerworte.

Zink schien weniger überrascht zu sein. Er griff in aller Ruhe nach seinem Glas Wasser und trank es aus. Dann verabschiedeten sich Berger und Zink von mir und Jennifer. Giller schwieg.

Bevor sie die Bar verließen, ermahnte Berger mich nochmals: »Vergessen Sie nicht, mich anzurufen!«

»Wie kommt es, dass Berger dich einfach so gehen lässt?«, fragte Jennifer.

»Wir beide haben ein intensives Gespräch geführt«, antwortete ich.

Jennifer sah verwundert aus.

»Ich werde dir beim Essen alles erzählen«, sagte ich.

Sie nickte einverstanden.

»Übrigens, Berger und Zink arbeiten für den Militärischen Abschirmdienst.«

Jennifer machte große Augen.

»Oh!«, sagte sie erstaunt. »Bin gespannt, was du mir zu berichten hast.«

Rendezvous mit Hindernissen

Hunde, die viel bellen, beißen nicht? So war das auch bei Giller. Dieser dämliche Bulle gab sich besonderes lautstark und hatte doch nichts in der Hand, um mich zu verhaften.

Wir verließen etwas bedrückt das Hotel in Richtung Hochbrückenstraße und stürzten uns in das Abenteuer: Entdeckungsreise neues Restaurant. In exotischen Ländern, abseits der touristischen Metropolen, war die Suche nach einem guten Essen wie ein Glücksspiel, wusste man vorher doch nicht, ob man nachher über der Kloschüssel das Essen wieder hergeben musste. Doch wir waren in Deutschland, und da war ich ziemlich zuversichtlich, dass uns hier so eine Sauerei nicht so leicht passieren konnte – jedoch auszuschließen war es nicht. Aber das YUM wird schon gut sein, schließlich hatte der Barkeeper es empfohlen, und auch Berger fand die Wahl sehr gut.

Der Fußweg bis zum YUM würde ungefähr zehn Minuten dauern, also erzählte ich Jennifer, was ich mit Berger eben besprochen hatte. Sie hakte sich bei mir ein und lauschte neugierig. Ich wurde ein wenig nervös, so nahe war ich ihr noch nie gewesen.

Kopf frei machen und weitererzählen, sagte ich mir streng vor. Wir überquerten eine Straße und gingen dann den Radlsteg entlang.

»Wann willst du Rossellini die Wahrheit sagen?«, fragte Jennifer ganz unerwartet.

»Tja«, fing ich langsam an und kam ins Stottern. Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet. »Ich werde wohl noch etwas damit warten, bis ich genaueres erfahren habe.«

War das jetzt eine korrekte Antwort auf ihre Frage?

»Ich denke, Roberto sollte die Wahrheit erfahren.«

»Da bin ich ganz deiner Meinung, Jennifer«, stimmte ich ihr zu. »Doch ich glaube, es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür.«

»Warum?«

Ich zuckte mit den Schulter.

Wir waren am Ende der Straße angekommen.

»Links oder rechts?«, fragte ich.

»Oh!«, sagte Jennifer. »Auf jeden Fall müssen wir in Richtung Viktualienmarkt gehen«, ergänzte sie.

»Ja«, sagte ich langsam und schaute nach links die Westenriederstraße hinunter.

»Nach rechts«, sagte sie.

»Wie kommst du darauf?«

»Weibliche Intuition.«

Ich lächelte leicht, und wir bogen nach rechts in die Westenriederstraße ein. Sollte ich die Passantin fragen, die uns gerade entgegenkam? Ich ließ sie an uns vorbeigehen und wollte mich auf die weibliche Intuition verlassen.

Ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass es schon 19:00 Uhr war.

»Berger hat verdammt viele Fragen gestellt«, knurrte ich.

»Ein Glück, dass er dir geglaubt hat.«

»Ja, sonst hätten wir unser Abendessen hinter Gittern einnehmen können.«

»Hoffentlich ist das Restaurant nicht ausgebucht«, lenkte Jennifer auf ein anderes Thema ab.

Ups. Das wäre nicht so gut. Mein Magen rebellierte schon. Der Hunger quälte mich.

»Hm«, kam es mir über die Lippen.

»Lassen wir uns mal überraschen«, sagte sie lässig. »Ah, der Viktualienmarkt«, sagte sie fröhlich.

Okay, wir waren also auf dem richtigen Weg.

»Jetzt müssen wir zur Blumenstraße«, sagte ich.

Sie nickte mir stumm zu.

»Tja ...«, rätselte ich und fragte den nächsten Passanten nach dem Weg. So kurz vor dem Ziel wollte ich kein Risiko mehr eingehen. Die Blumenstraße war schnell gefunden. Die Spannung in mir wuchs, als wir nach links in die Utzschneiderstraße einbogen.

»Das hier soll es sein?«, fragte ich nachdenklich, als wir vor dem Restaurant standen.

Normales Haus. Normaler Eingang. Was hatte ich mir vorgestellt? Ich wusste es auch nicht, als ich kurz darüber nachdachte. Ich hob den Blick und schaute mir die Aufschrift an: YUM THAI KITCHEN & Bar.

»Was hast du?«, fragte Jennifer.

»Nichts.«

»Nichts?«

»Na ja«, kam es langsam aus mir heraus, »den Eingang hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Pompöser.«

»Lass uns hineingehen.«

»Okay«, sagte ich leise und hoffte, das Richtige zu tun.

Ich öffnete die Eingangstür und ließ Jennifer den Vortritt. Wir betraten den Gastraum.

Oh! Es war wirklich erstaunlich. Der erste Eindruck überwältigte mich. Mein Blick fiel nach links auf die Bar, an der schon vier Gäste saßen. Auch ansonsten war das Lokal gut besucht, und ich hoffte, dass nicht alle freien Tische reserviert waren.

Ein Kellner kam und fragte, ob wir reserviert hätten. Nachdem Jennifer die Frage verneinte, brachte er uns zu einem freien Tisch. Wir folgten dem Kellner durch einen Durchgang, der sich rechts neben der Eingangstür befand. Der kleine Raum war sehr gemütlich eingerichtet, und die Tische waren grün eingedeckt, dennoch bat ich den Kellner um einen anderen Platz. Die großen Wandspiegel sagten mir im Augenblick nicht zu.

Der Kellner lächelte freundlich und zeigte uns einen Tisch am Fenster mit Blick auf die Bar. Okay, der Platz sagte mir zu. Als Jennifer zufrieden nickte, zogen wir unsere Jacken aus. Ich stellte die Laptoptasche auf den freien Stuhl, dann legten wir die Jacken darüber und nahmen Platz. Ich hatte den Stuhl am Fenster gewählt und Jennifer den neben mir.

Hätte ich ihr aus der Jacke helfen sollen?

»Es ist schön hier«, sagte sie.

»Ja«, antwortete ich.

Der Kellner kam mit zwei Speisekarten zurück.

Ich überlegte, wann mein letztes Date gewesen war. Es war schon solange her, dass ich mich nicht daran erinnern konnte.

»Alles in Ordnung, Bill?«

Als ich Jennifers sanfte Stimme hörte, schrak ich zusammen.

»Natürlich«, stammelte ich verlegen.

Ich wandte mich dem Kellner zu.

»Dankeschön«, sagte Jennifer, als sie die Speisekarte entgegennahm.

Ich bedankte mich ebenfalls, als der Kellner mir die Karte gab. Der Kellner verschwand. Der Mann war mir schon mal sympathisch, da er nicht sofort nach unseren Getränkewünschen fragte und uns in Ruhe aussuchen ließ.

An der Theke führte noch ein Gang vorbei. An dieser Wand standen Tische für zwei Personen, soweit ich das erkennen konnte. Ich vermutete, dass sich im hinteren Teil die Küche und Toilettenräume befanden. Die gemauerte Wand mit Nischen war rabenschwarz. Die Dekoration passte gut zu der dunkelbraunen Holzeinrichtung.

»Hast du keinen Hunger?«, fragte Jennifer.

»'tschuldigung«, sagte ich verlegen. »Habe gerade die Einrichtung bewundert«, erklärte ich.

Ich bemerkte, wie der Kellner einen Blick zu uns herüberwarf. Jetzt hatte ich meine Chance vertan. Er würde gleich kommen und fragen, was wir bestellen wollten. Doch er brachte nur Getränke an den Nachbartisch und ließ uns in Ruhe aussuchen. Die Gerichte klangen alle sehr verlockend. Wofür sollte ich mich entscheiden? Auf jeden Fall nahm ich mir vor, das komplette Programm zu bestellen: Vorspeise, Hauptgericht und Dessert.

Wein oder Bier? Ich warf einen kurzen Blick auf den Getränketeil und entschied mich für einen Weißwein. Als ich Jennifer meine Getränkewahl mitteilte, nickte sie mir zu und suchte sich auch einen Weißwein aus.

Okay. Getränke haben wir ausgesucht. Ja, das nehme ich, dachte ich und sagte: »Satay Gai.«

»Wie bitte?«

»Ich nehme als Vorspeise Satay Gai«, antwortete ich freudig und las noch mal im Stillen den Text dazu: Hähnchenfilet-Streifen auf Holzspieß, in Thai-Kräutern und Kokosmilch mariniert, am Tisch gegrillt, dazu Thai-Pickles und hausgemachte Erdnuss-Sauce.

Ich wandte mich Jennifer zu, die sich wohl auch den Text durchgelesen hatte, denn sie schwärmte: »Hört sich verdammt gut an.« Jennifer schwieg. »Ich nehme die Tom Kha Gai Suppe«, teilte sie mir ihre Wahl mit.

Jennifer hatte sich für eine aromatische Hähnchen-Kokos-Suppe mit Galanga, Pilzen, Zwiebeln, Tomaten, Kaffir-Blättern und Limetten entschieden.

Schweigsam studierten wir die Hauptgerichte. Mir fiel die Auswahl schwer. Jennifer war schneller als ich und sagte deutlich: »Ich nehme die Entenbrust mit schwarzen Bohnen.«

Die Entengerichte waren mir auch schon ins Auge gefallen. Ich kratzte mich am Ohr. Was sollte ich bloß bestellen?

»Und du?«, fragte Jennifer.

»Tja, also ...«, sagte ich und las mir gerade die Empfehlungen des Hauses durch.

»Ich glaube ...«, sagte ich langsam und überlegte noch, »... ich nehme die gebratenen Meeresfrüchte mit Chili-Sauce.« Oh, da ist Knoblauch drin!, stutzte ich.

»Hatte ich mir auch zuerst bestellen wollen«, sagte Jennifer.

Knoblauch war bestimmt in allen Gerichten enthalten. Aber in diesem hier war es extra erwähnt. Hatte sich Jennifer wegen der extra Portion Knoblauch ein anderes Gericht ausgesucht?

»Ich nehme doch die gebratene Hähnchenbrust mit Curry und frischem Chili«, entschied ich schließlich.

»Hört sich auch sehr verlockend an«, nickte Jennifer mir zu.

»Bestellst du dir auch einen Nachtisch?«, fragte sie.

»Ja«, antwortete ich. »Und du?«, fragte ich schnell.

»Später«, sagte sie.

»Dann lassen wir uns später noch einmal die Karte geben«, schlug ich vor.

»Ja.«

»Sollen wir bestellen?«, fragte ich.

»Ja, gerne.«

Ich wandte mich der Bar zu und suchte den Kellner. Er bediente gerade an einem Tisch neben der Theke.

Jennifer lächelte mich an und sagte mit glänzendem Blick: » Es gefällt mir hier.«

Der Kellner kam an unseren Tisch und fragte uns freundlich nach unseren Wünschen. Wir gaben die Bestellung auf.

Soll ich mit einem Gespräch über mich oder diesen Horyet beginnen?, überlegte ich. Jennifer schwieg, und ich tat es ihr nach.

Der Kellner brachte die Getränke, danach sagte Jennifer: »Ich komme gleich wieder.«

»Okay.«

Jennifer stand auf und ging in Richtung Toilette. Ich blickte ihr auffällig hinterher.

Was machst du denn da, Bill?, ermahnte ich mich eindringlich.

Nun blieb mir ein wenig Zeit. Sollte ich ein Gespräch über die Arbeit mit ihr anfangen? Nein, dann würden wir sicherlich wieder auf mich und Horyet zu sprechen kommen. Mit einem Mal regten sich Zweifel in mir. Wäre ich doch allein nach München geflogen. Ich hätte bei Rossellini darauf bestehen sollen. Sollte ich Jennifer verlassen und mich allein auf die Suche nach diesem verflixten Tor machen? Was wäre, wenn ich Horyet begegnen würde und Jennifer dann bei mir wäre? Ihr könnte etwas zustoßen. Das würde ich mir nie verzeihen.

»Ja«, sagte ich und hob den Blick.

Ups.

Ich hätte schwören können, dass jemand etwas zu mir gesagt hatte.

Blödsinn.

Hirngespinst.

Doch da war wieder diese Stimme. Sie war in meinem Kopf. Wurde ich langsam verrückt?

Bill, Bill, du musst dich zusammenreißen, dachte ich, sonst landest du eines Tages in der Klapsmühle.

»Du kannst nicht sterben«, sagte die Stimme zu mir.

»Wie bitte?«, flüsterte ich und hoffte, dass ich nicht zu laut gesprochen hatte. »Wer bist du?«

»Deine Mutter«, sagte die Stimme.

Mutter? Ich habe eine Mutter? Natürlich habe ich eine Mutter. Jeder Mensch hat eine Mutter ... Nur war ich kein Mensch. Was waren das wieder für unsinnige Gedanken?

»Du kannst nicht so sterben, wie andere Lebewesen«, bläute mir meine Mutter wieder ein. »Hundertprozentig, Bill.«

War ich vielleicht wie Horyet? Konnte ich aus einem Flugzeug springen und würde überleben? Wahnsinn, Bill, das war ein wahnsinniges Gefühl.

Stopp! Mutter sagte, ich könnte nicht so sterben wie andere Lebewesen. Aber sie sagte nicht, dass ich ein Unsterblicher wäre. Also konnte der Tod auch bei mir zuschlagen. Aus der Traum vom ewigen Leben. Aus und vorbei, Bill!

Ich stutzte plötzlich. Wo blieb Jennifer? Wo waren die anderen Gäste abgeblieben? Ich saß immer noch auf dem Stuhl – jedoch war ich ganz allein im Restaurant. Niemand war hier, außer mir. Ich wandte mich rasch zur Theke. Wo war das ganze Personal? Verschwunden?

HORYET, schoss es mir durch den Kopf.

Hatte dieser Typ seine Finger im Spiel? Würde er gleich auftauchen und mir wieder einen Kampf aufzwingen. Ich musste an mein Erlebnis mit diesem Scheißkerl im Flugzeug denken und beschloss, ihn ein für allemal loszuwerden.

Ich kratzte mich am Ohr und war total verwirrt.

Oder träumte ich etwa wieder?

»Andor«, sagte eine weibliche Stimme.

Ich wandte mich nach rechts der Stimme zu. Wer war diese Frau und woher kam sie so plötzlich? Ich hatte sie irgendwo schon einmal gesehen.

»Ja«, sagte ich gespannt und stand verwundert auf.

Ja, dachte ich. Sie ist mir schon oft in meinen Träumen begegnet.

Also lag die Vermutung nicht fern, dass ich wieder einmal träumte.

Sie kam auf mich zu und umarmte mich stürmisch. Es fühlte sich total echt an. »Ich habe immer fest daran geglaubt, dass du am Leben bist.«

Sie ließ mich wieder los. Ich war so überrascht, dass ich wie angewurzelt dastand und sie anstarrte.

»Komm mit mir, Andor«, sagte sie sanft. »Ich will dir etwas zeigen.« Sie strahlte ein vertrautes Lächeln aus.

Konnte ich ihr denn wirklich vertrauen? Horyet könnte sie geschickt haben, um mir eine tödliche Falle zu stellen. Trotzdem griff ich nach ihrer Hand, und plötzlich standen wir an einem kleinen See. Es war ein warmer Tag, mit einer kühlen Brise, die durch die Laubbäume am Seeufer wehte.

»Erinnerst du dich an diesen Ort?«, fragte sie leise.

»Er kommt mir bekannt vor«, antwortete ich. »Wie ist dein Name?«, fragte ich.

»Ranja«, sagte sie nur.

»Aha«, sagte ich. »Mein Name ist Bill«, stellte ich mich ihr vor. »Bill Clayton.«

»Bill?«, stutzte Ranja und sah mich verwundert an. »Hast du deinen Namen geändert?«, fragte sie nach.

»Nein«, schüttelte ich den Kopf und wunderte mich über ihre Frage, während sie wieder stutzte.

Sie war eine zierliche, junge Frau, mit kurzen blonden Haaren und grünen Augen. Sie lächelte glücklich und sprühte nur so vor guter Laune. Ich betrachtete mir die vielen Sommersprossen auf ihrer Nase.

»Es hat lange gedauert«, sagte sie und hob einen Stein auf und ließ ihn über das Wasser hüpfen.

»Was?«, fragte ich.

»Bis wir dich gefunden haben«, sagte sie, »und mit dir Kontakt aufnehmen konnten.«

Ich verstand nicht ganz und war verwirrt.

»Du bist sehr weit weg von Zuhause, Bill.« Ihre Fröhlichkeit verschwand. »Wir wissen noch nicht, wie wir dich zurückholen können.«

Ich schwieg.

»Aber wenigstens können wir zusammen reden«, sagte sie und zeigte mir ein zartes Lächeln.

»Und wie ist das möglich?«, fragte ich, obwohl mir noch viele andere Fragen durch den Kopf schossen, aber irgendwo musste ich ja anfangen.

»Wir haben eine Sonde durch ein Wurmloch geschickt und dein Signal empfangen ...«, erklärte sie.

Wurmloch? Sonde? Signal?

»... dein Kommunikator«, hörte ich sie sagen.

»Was für ein Kommunikator? Wie sieht er aus?«

»Er ist rund und ...«

»Ah, das Ding«, unterbrach ich sie.

»Du weißt, wovon ich rede?«

»Ja«, nickte ich.

»Wie kommt es, dass ich jetzt an einem See stehe?«

»Ich dachte, es würde dir gefallen.«

»Ja, das tut es«, sagte ich, aber das war eigentlich nicht die Antwort, die ich erwartet hatte.

»Wir haben leider nicht mehr viel Zeit.«

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