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EINLEITUNG

1 Die immanente WeltanschauungWeltanschauung und der SzientismusSzientismus

Was im Jahre 1620 mit Francis Bacons grosser Erneuerung der Wissenschaften (instauratio magna) und seiner Reduzierung des Wissens von einem Selbstzweck zu einem Mittel zum ZweckZweck begann und über die kontinuierliche Erschliessung zu einer immer besseren Beherrschung der Gesetzmässigkeiten der empirischen WirklichkeitWirklichkeit führte (victoria cursus artis super naturam1), das mündete wider Erwarten weder in die erhoffte Wiederherstellung der „Verbindung zwischen dem GeistGeist und den Dingen“2 noch in eine Vermenschlichung des Menschen und seiner Lebenswelt. Immer deutlicher hat sich im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte gezeigt, wie das anfänglich berechtigte Motiv, das menschliche Leben durch die Erlangung von WissenWissen auf dem Wege des Experiments und der InduktionInduktion zu verbessern, den Übeln abzuhelfen und den Weg zu bahnen für Erfahrungen in bisher unbekannten Gebieten,3 seine positive Gestalt verliert, wenn es auf Gegenstände angewandt wird, die nach einer anderen Erkenntnismethode verlangen. Werden die Methoden, die bei den NaturwissenschaftenNaturwissenschaften berechtigt und zielführend sind, auf die Geistes- und Sozialwissenschaften übertragen, so zeitigt dies weder positive noch neutrale, sondern nicht zu übersehende negative Folgen.

Unter dem BegriffBegriff der „WissenschaftWissenschaft“ werden gegenwärtig fast ausschliesslich die NaturwissenschaftenNaturwissenschaften verstanden, welche in einer ebensolchen Dominanz auch das heutige WeltbildWeltbild prägen. Da die Naturwissenschaften sich allerdings nur mit bestimmten Aspekten der WirklichkeitWirklichkeit befassen, vermögen sie kein befriedigendes Weltbild zu liefern. Ein solches wird erst im SzientismusSzientismus geboten, welcher für ein Weltbild steht, in dem die empirische Wirklichkeit als ganze Realität angesehen und insgesamt nur das als wirklich verstanden wird, was Gegenstand der Naturwissenschaften ist oder dazu gemacht werden kann. Welche Konsequenzen die Übertragung der naturwissenschaftlichen Methoden auf die Geistes- und Sozialwissenschaften hat, zeigt sich z.B. bei Willard Van Orman QuineQuineWillard Van Orman (1908–2000), der der ErkenntnistheorieErkenntnistheorie – in einem Artikel mit dem vielsagenden Titel Naturalisierte Erkenntnistheorie – einen „Platz innerhalb der Psychologie und somit innerhalb der empirischen Wissenschaften“4 zugewiesen hat. Nur insofern, so wird im Rahmen einer immanenten Betrachtung der Wirklichkeit behauptet, trägt die philosophische Disziplin der Erkenntnistheorie überhaupt wissenschaftliche Züge, als jegliche BedeutungsgebungBedeutungsgebung für Wörter auf BeobachtungenBeobachtungen basiert und diese wiederum die SinnesrezeptorenSinnesrezeptoren als empirische Grundlage haben. Dass der Szientismus reduktionistisch und materialistischmaterialistisch ist,5 lässt sich auch an der Philosophie des GeistesPhilosophie des Geistes ersehen, in der die mentalen Phänomene häufig auf GehirnvorgängeGehirnvorgänge reduziert werden.6 „Auch die Wissenschaft vom menschlichen Geiste,“ so musste Konrad LorenzLorenzKonrad in einem Artikel aus dem Jahre 1973 zeitkritisch feststellen, „beginnt zu einer biologischen Wissenschaft zu werden“.7 Auf dem Programm des Szientismus steht die naturwissenschaftliche Beschreibung der Naturwissenschaften, stehen die Fragen über die Naturwissenschaften, über ihre Methoden, Leistungen und Geltungsansprüche.

Der szientistische Zugang übergeht ganz offensichtlich den wissenschaftlichen Zugang von AristotelesAristoteles, der im VII. Buch seiner MetaphysikMetaphysik darauf aufmerksam gemacht hat, dass das Ganze (οὐσία) mehr ist als die Summe seiner Teile.8 Der SzientismusSzientismus geht jedoch nicht auf das Ganze, in seiner analysierenden und zerlegenden MethodeMethode dringt er nie bis zur Qualität des Ganzen durch, sondern bleibt beim bloss Quantitativen der Elemente stehen. Denn die NaturwissenschaftNaturwissenschaft beginnt mit der Beschreibung, ordnet die beschriebenen Erscheinungen ein und abstrahiert die in ihnen vorherrschenden Gesetzmässigkeiten. Das ExperimentExperiment dient dabei zur VerifizierungVerifizierung der abstrahierten NaturgesetzeNaturgesetze. Dabei verkennt der Szientismus jedoch, dass ohne vorhergehende, apriorische Zwecksetzung keine Experimente durchgeführt werden und keine Messdaten zustande kommen können. Denn die Messgeräte der naturwissenschaftlichen Experimente sind selbst nicht Gegenstand naturwissenschaftlicher Erfahrung, vielmehr müssen die Kriterien für ein gelungenes Experiment vorweg als gültig gesetzt werden. Der Szientismus baut auf der Anerkennung der jüngsten naturwissenschaftlichen Lehren auf, setzt sie als gültig und kommt von da her zu einer nachträglichen Interpretation der Forschungsmethoden und -ergebnisse. Dass der Szientismus das WahrheitsproblemWahrheitsproblem damit durch den Glauben an die jeweils aktuellsten Methoden und Theorien als gelöst betrachtet, ist offenkundig. Er deduziert die Grundlagen aus den als gültig geglaubten bzw. unterstellten Ergebnissen, und nicht die Grundlagen aus den Ergebnissen.

Was aber, wenn ein Seiendes kein Gegenstand der NaturwissenschaftenNaturwissenschaften ist und auch nicht dazu gemacht werden kann? Wie werden im Rahmen eines immanenten oder szientistischen Weltbildes beispielsweise die objektiven WerteWerte oder die MenschenwürdeMenschenwürde verstanden? Konsequenterweise gibt es in einem szientistisch geprägten WeltbildWeltbild keine objektiven Werte, sind die Werte doch gerade kein Gegenstand der Naturwissenschaften. „Die Naturwissenschaften verzichten auf die Frage nach dem SinnSinn, sie haben ihn als eine überflüssige Kategorie aus ihrem Weltbild aussortiert.“9 Objektive Geltung haben in den Naturwissenschaften nur Fakten. Was es gibt, sind nur subjektive Bewertungen, und die lassen sich aus den Anlagen, den Erfahrungen und den Lebensbedingungen des einzelnen Menschen erklären.

Das Eintreten für die MenschenwürdeMenschenwürde und die MenschenrechteMenschenrechte ist sicherlich einer der positivsten Züge unserer Zeit. Diese verlieren aber ihren SinnSinn, wenn es keine objektiven WerteWerte gibt, wenn der Wert eines Menschen immer nur der Wert für ihn selbst ist. Und wenn die Aufklärung in der Abschaffung der Pflichten eine Befreiung gesehen hat und noch immer sieht, dann wird dabei übersehen, dass es ohne Pflichten auch keine Rechte gibt, denn das Recht einer PersonPerson einer anderen gegenüber ist ja nichts anderes als eine Pflicht der letzteren Person der ersteren gegenüber.10 Das aber wird nur allzu gerne ausgeblendet!

Die immanente WeltanschauungWeltanschauung ist offensichtlich keine Frucht echt wissenschaftlicher Erkenntnisse und der SzientismusSzientismus allenfalls ein Programm für weitere Forschungen. Mit seinem methodischen Zugang und seinen wissenschaftstheoretischen Prinzipien verfehlt der Szientismus aber gerade das, wofür der MenschMensch eigentlich und ursprünglich in die Welt des Wissens hinausgetreten ist, nämlich die grossen Fragen des menschlichen Daseins zu beantworten. Gerade diese Aufgabe aber haben die NaturwissenschaftenNaturwissenschaften bislang nicht erfüllt, ja können sie von ihrem methodischen Zugang her auch prinzipiell nicht erfüllen. Denn wie soll der Mensch im Rahmen einer immanenten Weltanschauung in befriedigender Weise verstanden werden, wenn er nur ein Produkt der biologischen und kulturellen EvolutionEvolution ist, dessen WesenWesen bestimmt ist durch seine biologischen ErbanlagenErbanlagen und sein kulturelles LebensmilieuLebensmilieu? Wie, wenn die Zukunft des Menschen sein TodTod ist, er ganz der empirischen NaturNatur angehört und keinerlei Anteil an einer Natur hat, die der VergänglichkeitVergänglichkeit enthoben ist? Dessen Leben wohl ein Ende, aber kein ZielZiel und keinen SinnSinn hat, der sich seine Ziele vielmehr immer selbst setzen und über den Sinn selbst entscheiden muss, wie Jean-Paul SartreSartreJean-Paul (1905–1980) in seinem Hauptwerk Das Sein und das Nichts behauptet hat11, für den der Mensch zur Hoffnungslosigkeit verurteilt ist, weil alle menschlichen Tätigkeiten im Grunde äquivalent sind?

In einer rein immanenten Weltsicht hat auch GottGott keinen Platz, denn die Welt gilt nach diesem Denkmodell in Verbindung mit den neuesten (natur-)wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht als SchöpfungSchöpfung eines liebenden Gottes, sondern als Ergebnis eines Urknalls, das sich durch Mutation und SelektionMutation und Selektion immer weiter und immer höher entwickelt. Die radikalen Konsequenzen der Verabschiedung oder besser: der Abschaffung Gottes hat Friedrich NietzscheNietzscheFriedrich (1844–1900) deutlich gesehen und in der Geschichte vom tollen Menschen auf eindrückliche Weise geschildert:

Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: ‚Ich suche GottGott! Ich suche Gott!‘ – Da dort gerade Viele von Denen zusammen standen, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein grosses Gelächter. Ist er denn verloren gegangen? sagte der Eine. Hat er sich verlaufen wie ein Kind? sagte der Andere. Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen? ausgewandert? – so schrieen und lachten sie durcheinander. Der tolle MenschMensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. ‚Wohin ist Gott?‘ rief er, ‚ich will es euch sagen! Wir haben ihn getödtet, – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir diess gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was thaten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Giebt es noch ein Oben und Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch nichts von dem Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? – auch Götter verwesen! Gott ist todt! Gott bleibt todt! Und wir haben ihn getödtet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besass, es ist unter unseren Messern verblutet, – wer wischt diess Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? Welche Sühnfeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen? Ist nicht die Grösse dieser That zu gross für uns? Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen? Es gab nie eine grössere That, – und wer nur immer nach uns geboren wird, gehört um dieser That willen in eine höhere Geschichte, als alle Geschichte bisher war!‘ – Hier schwieg der tolle Mensch und sah wieder seine Zuhörer an: auch sie schwiegen und blickten befremdet auf ihn. Endlich warf er seine Laterne auf den Boden, dass sie in Stücke sprang und erlosch. ‚Ich komme zu früh, sagte er dann, ich bin noch nicht an der Zeit. Diess ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert, – es ist noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrungen. Blitz und Donner brauchen Zeit, das Licht der Gestirne braucht Zeit, Thaten brauchen Zeit, auch nachdem sie gethan sind, um gesehen und gehört zu werden. Diese That ist ihnen immer noch ferner, als die fernsten Gestirne, – und doch haben sie dieselbe gethan!‘ – Man erzählt noch, dass der tolle Mensch des selbigen Tages in verschiedene Kirchen eingedrungen sei und darin sein Requiem aeternam deo angestimmt habe. Hinausgeführt und zur Rede gesetzt, habe er immer nur diess entgegnet: ‚Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht die Grüfte und Grabmäler Gottes sind?‘12

Nietzsches Versuch, die mit dem Tode Gottes eintretende SinnlosigkeitSinnlosigkeit zu überwinden, führte ihn in Also sprach Zarathustra zum WillenWillen zur Macht und zum Übermenschen.13 Doch führte auch sein Aufruf, die Menschen sollten selbst WerteWerte in die Dinge legen und ihnen SinnSinn schaffen, nicht über den NihilismusNihilismus hinaus.14

2 SinnSinn und TranszendenzTranszendenz

Wie NietzscheNietzscheFriedrich und viele andere aufmerksame Beobachter des Wandels der Zeiten, so hatte auch Edmund HusserlHusserlEdmund (1859–1938) die Feststellung gemacht, dass die Ausschliesslichkeit, in der „sich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts die ganze WeltanschauungWeltanschauung des modernen Menschen von den positiven Wissenschaften bestimmen“ und von dem ihr verdankten WohlstandWohlstand blenden liess, „ein gleichgültiges Sichabkehren von den Fragen [bedeutete], die für ein echtes Menschentum die entscheidenden“ und „die brennenden sind: die Fragen nach SinnSinn oder SinnlosigkeitSinnlosigkeit dieses ganzen menschlichen Daseins“.1 Sie konkretisieren sich für HusserlHusserlEdmund in den Fragen nach der ErkenntnisErkenntnis, nach den Werten, nach der ethischen HandlungEthische Handlung, nach der FreiheitFreiheit, nach der UnsterblichkeitUnsterblichkeit und schliesslich nach GottGott, „der ‚absoluten‘ VernunftVernunft als der teleologischen Quelle aller Vernunft in der Welt, des ‚Sinnes‘ der Welt“2.

Die Folgen dieser „LebenskrisisLebenskrisis“3 des modernen Menschen waren mit der SinnlosigkeitSinnlosigkeit ebenso angesprochen wie das TherapeutikumTherapeutikum (gr. θεραπεύειν – heilen) mit den in die TranszendenzTranszendenz weisenden Fragen bezeichnet. Denn bereits in seiner 1971 posthum erschienenen Schrift The Farther Reaches of Human Nature erklärte der US-amerikanische Psychologe Abraham MaslowMaslowAbraham (1908–1970) das BedürfnisBedürfnis nach Transzendenz zum höchsten menschlichen Bedürfnis.4 Mit seiner sogenannten BedürfnispyramideBedürfnispyramide will er die Motivationen von Menschen beschreiben, wobei die verschiedenen Bedürfnisse die Stufen der Pyramide bilden. Nach diesem Modell müssen die grundlegenden Bedürfnisse befriedigt sein, bis die nächsthöheren befriedigt werden können. Von da her ist ihm das Bedürfnis nach Transzendenz ein Metabedürfnis, d.h. ein instinktives Streben nach Wachstum (growth motivation),5 das hierarchisch geordnet auf die Befriedigung der physiologischen Grundbedürfnisse (deficiency-needs wie Hunger, Durst etc.) und der übrigen Bedürfnisse (z.B. soziale oder kognitive Bedürfnisse) letztlich folgt.6 Wenngleich er die Metabedürfnisse instinktiv nennt, sind es ihm doch eher Möglichkeiten als natürliche Aktualisierungen.7

Ohne an dieser Stelle nun auf die gängige Kritik einzugehen, dass das Verlangen nach dem ganz Anderen gerade auch dann auftreten kann, wenn die Grundbedürfnisse nicht befriedigt sind, sei MaslowMaslowAbraham an dieser Stelle vor allem wegen seiner Unterscheidung der sog. B-WerteWerte angeführt. Als B-Werte versteht er die „intrinsic or ultimate values“8. Neben der WahrheitWahrheit, der GüteGüte, der SchönheitSchönheit, der EinheitEinheit u.a. rechnet er ihnen auch den SinnSinn bei. Sie alle werden wahrgenommen und nicht erfunden (perceived, not invented) und sind zudem in Beschreibungen religiöser Erfahrungenreligiöser Erfahrungenreligiöse eingegangen, was sie zu empirisch sinnvollen und nachprüfbaren Aussagen mache.9

Diesem Ansatz folgte der Wiener Psychiater Viktor E. FranklFranklViktor E. (1905–1997) in seiner Auseinandersetzung mit dem weltweit um sich greifenden SinnlosigkeitsgefühlSinnlosigkeitsgefühl.10 Zwar waren die Grundbedürfnisse der im WohlstandWohlstand lebenden Tatsachenmenschen11 befriedigt, zwar konnten sie sich auch darüber hinaus Gehendes beschaffen und über einen Grossteil ihrer Zeit frei verfügen, dennoch aber litten sie „an einem abgründigen Sinnlosigkeitsgefühl, das mit einem LeeregefühlLeeregefühl vergesellschaftet ist“12. Was nach FranklFranklViktor E. darin begründet liegt, dass diesen beständig um die Verwirklichung des eigenen Selbst sich bemühenden Menschen die Aufgaben fehlen, an die sie sich hingeben können. Den sinnentleerten Menschen fehlt das Ausgerichtet- oder Hingeordnetsein auf etwas oder jemanden, es mangelt ihnen an der SelbsttranszendenzSelbsttranszendenz.13 Denn ohne sich selbst zu transzendieren, „sackt ExistenzExistenz in sich selbst zusammen“14. „Menschsein weist immer schon über sich selbst hinaus, und die TranszendenzTranszendenz ihrer selbst ist die Essenz menschlicher Existenz.“15 Bringt man diesen SachverhaltSachverhalt in die Problemstellung mit ein, so verdeutlicht sich, dass der postmoderne MenschMensch weder an der SinnlosigkeitSinnlosigkeit noch an einem Überangebot an SinnSinn leidet, sondern das Problem vielmehr in der Stellung wurzelt, die die betreffende PersonPerson zur WirklichkeitWirklichkeit einnimmt, die sie erfahren kann und zu beantworten eingeladen und gerufen ist.16

Für MaslowMaslowAbraham beinhaltet das BedürfnisBedürfnis nach TranszendenzTranszendenz die Suche nach einer Dimension, die das individuelle Selbst überschreitet oder ausserhalb des beobachtbaren Systems liegt. Zu dieser Dimension ist die ReligionReligion insofern zu rechnen, als sie für die gelebte Beziehung des Menschen mit dem Transzendenten steht. Selbst wenn die Religion an dieser Stelle nur als Möglichkeit verstanden wird, selbst dann ist es unabweisbar, dass ein solches Verhältnis für den Menschen förderlich wäre.17 Sei dies hinsichtlich der AntwortenAntworten auf die entscheidenden Fragen (HusserlHusserlEdmund), sei dies im Sinne der Befriedigung der Bedürfnisse nach Wachstum (MaslowMaslowAbraham), oder sei dies zur Findung und zur Stabilisierung des Lebenssinnes (FranklFranklViktor E.). Die ReligioReligionn scheint den Menschen also zumindest in potentia an seinem Lebensnerv zu treffen. Grund genug also, sich mit der Religion zu befassen und den Bedingungen nachzuspüren, die erfüllt sein müssen, damit die Möglichkeit zu einer sinnerfüllten WirklichkeitWirklichkeit wird.18 Von da her gilt das primäre Interesse nicht den Konsequenzen der Religion, diese werden von selbst in den Blick kommen, sondern der Sache selbst. Mit anderen Worten, die Religion interessiert weder als kulturelles Phänomen noch als UrsacheUrsache für Krieg oder Frieden und dergleichen mehr, sondern einzig in individual-existentieller Hinsicht.

Nicht erst die Moderne bzw. die PostmodernePostmoderne hat im Übrigen die Frage nach dem Verhältnis von TranszendenzTranszendenz und SinnSinn gestellt. Da die ganze abendländische Philosophie nach dem UrteilUrteil von Alfred North WhiteheadWhiteheadAlfred North (1861–1947) nur aus Fussnoten zu PlatonPlaton (427–347 v. Chr.) besteht, ist es nicht verwunderlich, die Behandlung der Problematik bereits bei Platon zu finden.19 Obgleich Platon den Terminus „Sinn“ nicht explizit verwendet hat, lässt sich die Sache nichtsdestotrotz in der Bestform (ἀρετή) ausmachen. Wie jedes andere Seiende auch,20 so hat auch der MenschMensch eine Bestform, die in der Ordnung (κόσμος, τάξις) besteht21 und zur jeweils eigentümlichen Leistung (ἔργον) befähigt.22 Ein Strebeziel ist die Bestform insofern, als sie die UrsacheUrsache des Glücks (εὐδαιμονία) ist.23 Wobei GlückGlück nicht, zumindest nicht ausschliesslich, im Sinne eines Gefühls zu verstehen ist, sondern vor allem im Sinne des guten, gelingenden Lebens. Dieses aber erfolgt wesentlich über den Erwerb und den Besitz der ἀρετή.

Die aretê des Menschen besteht in der EinheitEinheit seiner drei Seelenvermögen;24 ein Zustand, der vermittels des Wissens erreicht wird. Nicht jedes beliebigen Wissens jedoch, sondern nur des Wissens um die transzendenten IdeenIdeen, welche in ihrer Absolutheit und Subsistenz, in ihrer IntelligibilitätIntelligibilität, Unkörperlichkeit und inneren Einheit die an ihr partizipierenden Dinge zu einer vereinheitlichten Vielheit gestalten.25 Im Zuge ihrer ErkenntnisErkenntnis gleichen sich die drei Seelenvermögen der erkannten Einheit an, was den betreffenden Menschen innerlich ordnet, in seine Bestform bringt und die UrsacheUrsache eines glücklichen Lebens ist.

In diesem Verhältnis stehen die TranszendenzTranszendenz und das GlückGlück bzw. der SinnSinn nach dem Verständnis von PlatonPlaton. Der MenschMensch befindet sich ihm nicht in einem unveränderlichen existentiellen Stand, auch dann nicht, wenn dieser aktuellaktuell im Unglück oder in der SinnlosigkeitSinnlosigkeit besteht. Durch den Zugang zur Transzendenz eröffnen sich ihm vielmehr höchst beglückende Möglichkeiten.

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