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1.2 Der wesentliche Inhalt eines Unternehmenskaufvertrags (Überblick)

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Der unmittelbare Gegenstand eines Unternehmenskaufs ist bzw. sind bei einem sog. „Share Deal“, bei dem die Anteile12 an der das Unternehmen tragenden Gesellschaft verkauft bzw. gekauft werden, der Anteil oder die Anteile an der Gesellschaft, die Träger des Unternehmens ist. Der Share Deal bezeichnet also die Übertragung des Unternehmens durch die Übertragung seines Rechtsträgers.13 Bei einem „Asset Deal“ sind Gegenstand des Kaufvertrags die einzelnen Aktiva, Passiva, Rechte, Pflichten, Mitgliedschaften, Verträge, Rechtsverhältnisse und „Umstände“,14 aus denen sich das zu kaufende Unternehmen oder der zu kaufende Unternehmensteil zusammensetzt. Etwas verdichteter und unter Verwendung eines steuerrechtlichen15 Begriffs wird oft beim Asset Deal auch vom Verkauf der einzelnen „Wirtschaftsgüter“ gesprochen. Anders als beim Share Deal wird beim Asset Deal daher das Unternehmen von seinem Rechtsträger getrennt.16 Nicht selten enthält ein Unternehmenskauf sowohl Elemente eines Asset Deals als auch eines Share Deals, etwa, wenn – in Konzernsachverhalten – der Verkäufer im Wege eines Asset Deals einen Geschäftsbereich verkauft, zu dem Tochter- und/oder Beteiligungsgesellschaften gehören.

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Der juristische Begriff des „Unternehmens“ ist schillernd und, wie sich zeigen wird, für die praktische Rechtsanwendung beim Unternehmenskauf weitgehend unergiebig. Dennoch fällt es einem Juristen schwer, seine Begriffsbestimmung in einem dem Unternehmenskaufvertrag gewidmetem Buch ganz auszublenden. Das BGB enthält in § 14 BGB lediglich eine Definition des Unternehmers. Das HGB verwendet in § 84 HGB ebenfalls den Begriff des Unternehmers. Eine gesetzliche Definition des Unternehmens enthalten beide Gesetze nicht. Eine allgemein gültige juristische Definition des Begriffs „Unternehmen“ ist auch darüber hinaus bislang nicht gelungen.17 Die von der Judikatur unternommenen Annäherungsversuche wirken hölzern und beschreiben die Unternehmenswirklichkeit nur ausschnittweise und statisch. Dies gilt, wenn etwa das Reichsgericht als „Unternehmen ... eine Organisation [beschreibt], durch welche körperliche Sachen und Rechte, aber auch Umstände, die weder körperliche Sachen noch Rechte sind, z.B. Lage, Beruf, Kenntnis der Bezugsquellen usw., einem wirtschaftlichen Zweck dienstbar gemacht werden“18 oder wenn der BGH ein Unternehmen als Gebilde vorstellt, das sich institutionell und funktionell als Unternehmen im hergebrachten Sinne darstellt.19 Am ehesten trifft eine Beschreibung in Anlehnung an diejenige von Ballerstedt zu,20 nach der ein Unternehmen eine Gesamtheit von Sachen und Rechten, tatsächlichen Beziehungen und Erfahrungen sowie unternehmerischen Handlungen (nach außen [Markt] wie innen [Betrieb] gerichtet) darstellt,21 und man möchte ergänzen: die sich stetig und dynamisch fortentwickelt. Die praktische Bedeutung solcher Definitionen ist freilich für die heutige M&A-Praxis kaum relevant. Allenfalls für Randfragen (wie der der Anwendbarkeit des § 377 HGB auf den Unternehmenskauf22 oder der Convention on Contracts on the International Sales of Goods (CISG23) auf einen Unternehmenskauf im Wege des Asset Deals24) ist sie hilfreich.

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Innerhalb eines Unternehmens können verschiedene Betriebe und Teilbetriebe, Sparten oder Geschäftsbereiche (Divisions) bestehen.25

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Unternehmensträger ist das Rechtssubjekt, das Eigentümer der dem Unternehmen zugeordneten Sachen, Inhaber der ihm zugeordneten Rechte, Partei der ihm zugeordneten Verträge, Arbeitgeber der ihm zugeordneten Mitarbeiter, Zuordnungssubjekt der ihm zugeordneten tatsächlichen Beziehungen und unternehmerischen Handlungen und Träger der ihm zugeordneten Verpflichtungen ist.26 Unternehmensträger kann grundsätzlich jede natürliche Person, juristische Person (des Privatrechts oder öffentlichen Rechts) sowie jede Personenvereinigung oder Handelsgesellschaft sein, die nicht juristische Personen ist.27 Ein Unternehmensträger kann mehrere Unternehmen betreiben.28 In der M&A-Praxis vorherrschend sind Unternehmensträger in der Rechtsform der GmbH, GmbH & Co. KG und der AG.

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Obschon es im deutschen Recht keine speziellen gesetzlichen Regelungen für den Unternehmenskauf gibt, so hält doch insbesondere das BGB einige Vorschriften bereit, die in Ermangelung spezieller vertraglicher Regelungen auf einen Unternehmenskauf Anwendung finden würden:

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§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (sog. culpa in contrahendo, nachfolgend auch c.i.c. oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen) und die dazu ergangene Rechtsprechung befassen sich mit den Rechten und Pflichten der künftigen Vertragsparteien während der Anbahnungsphase eines Vertragsverhältnisses (und damit auch des Abschlusses eines Unternehmenskaufvertrags). Eine z.B. vom Verkäufer pflichtwidrig unterlassene Aufklärung oder, unabhängig von der Existenz einer Aufklärungspflicht, Falschangabe29 könnte danach, gestützt auf § 280 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage,30 Schadensersatzansprüche des Käufers wegen Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) auslösen. Einzelheiten dazu später unter Rn. 272ff.

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Die Gewährleistungsregelungen des BGB in §§ 434ff. BGB könnten dem Käufer unter bestimmten weiteren Voraussetzungen bei einem Mangel des Kaufgegenstands Rechte zur Nacherfüllung, zum Rücktritt, zur Minderung oder zum Schadensersatz gewähren.

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Die Vorschriften des § 313 BGB regeln die Störung der Geschäftsgrundlage und könnten einem Käufer verschuldensunabhängige Ansprüche auf Anpassung oder ausnahmsweise Rückabwicklung (nämlich bei Unzumutbarkeit eines Festhaltens am Vertrag) gewähren.31 Dies gilt insbesondere bei planwidrigen Entwicklungen zwischen Signing und Closing, wenn einer Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.32

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§ 280 Abs. 1 BGB regelt die Schlechtleistung unter einem Vertrag und hat hinsichtlich solcher Schäden, die durch kaufvertragliche Pflichtverletzungen endgültig entstanden sind und nicht durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung beseitig werden können, Vorrang.33 § 280 Abs. 1 BGB hat die frühere Haftung aus positiver Vertragsverletzung (pVV) abgelöst.34

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Auf diese gesetzlichen (Auffang-)Regelungen verlässt man sich heute35 nicht mehr.

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Auch die Rechtsprechung hat schon frühzeitig den Parteien eines Unternehmenskaufvertrags die Vereinbarung eines eigenen Haftungsregimes nahegelegt.36 Mit der wachsenden Bereitschaft, bei aus Sicht des Käufers gescheiterten Unternehmenskäufen mögliche Ansprüche gegen den Verkäufer zu prüfen und durchzusetzen, wuchs die Erkenntnis, dass das gesetzliche Regime (Verschulden bei Vertragsverhandlungen, §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, gesetzliche Gewährleistungsregelungen der §§ 434ff. BGB) ungeeignet ist, die Interessen der Parteien zu einem gerechten Ausgleich zu bringen. Zu oft mussten Käufer feststellen, dass Bestand oder Nichtbestand von Ansprüchen von dogmatischen Zufälligkeiten des Rechts abhingen (z.B. davon, ob die Ertragskraft des gekauften Unternehmens eine „zusicherungsfähige Eigenschaft“ ist oder nicht). Zentrale Rechtsfolgenanordnungen, z.B. der Rücktritt vom vollzogenen Vertrag, erwiesen sich bei einem Unternehmenskauf als offensichtlich unpraktikabel und kaum interessengerecht. Zudem drängten immer mehr ausländische Käufer, internationale, vom anglo-amerikanischen Markt und Rechtskreis geprägte Investmentbanken, ausländische finanzierende Banken, US-amerikanische oder englische Anwälte auf den Markt und setzten ihre – seinerzeit professionelleren – Verfahrens- und Dokumentationsstandards durch.37 Die Sprache deutscher M&A-Praktiker ist seitdem durchwebt mit „Legionen“38 anglo-amerikanischer Begriffe. Fast jeder deutsche M&A-Anwalt denkt oft zuerst an englischsprachige Klauseln und Begriffe, einige möglicherweise ohne sich dabei immer den entsprechenden deutschen Rechtsbegriff zu vergegenwärtigen.39 In diesem Sinne hat sich in Deutschland ein eigenes „M&A-Recht“40 herausgebildet.

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Heute sind, sowohl was das Verfahren beim Verkauf eines Unternehmens (Auktionsverfahren, Dual- oder Triple-Track-Verfahren, der häufige Einsatz der Vendor’s Due Diligence etc.) als auch die Dokumentation angeht, diese professionelleren, inzwischen weltweit etablierten Standards auch in Deutschland anerkannt.

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Allerdings kann man in jüngerer Vergangenheit verstärkt beobachten, dass insbesondere Ansprüche aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (Verschulden bei Vertragsverhandlungen oder c.i.c.) wachsende Bedeutung erlangen.41 Unter Berufung auf vorsätzliche Verletzung vorvertraglicher Pflichten (insbesondere zur Aufklärung) können Käufer, da im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Beschränkungen bei Vorsatz (zu dem auch bedingter Vorsatz zählt) und Arglist nicht gelten (§ 276 Abs. 3 BGB, § 444 BGB), unabhängig von Garantieverletzungen und unbeschwert von vertraglich vereinbarten Aufgreifschwellen, Höchstbeträgen oder anderen Beschränkungen, Schadensersatz verlangen. Dabei muss sich der Verkäufer in weitem Umfang Wissen, das in seiner Organisation vorhanden ist, ebenso zu- und zusammenrechnen lassen (§ 166 BGB analog) wie das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB). Dies kann zu ganz erheblichen Haftungsrisiken des Verkäufers führen. In der Praxis ist deshalb zu beobachten (und zu empfehlen), auch dem Verkaufsprozess besonders auf Verkäuferseite große Aufmerksamkeit zu widmen und in der Organisation des Verkäufers bekannte Umstände, deren Verschweigen eine Aufklärungspflichtverletzung begründen kann, möglichst im Vorfeld festzustellen.

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Wesentliche Grundelemente des modernen Unternehmenskaufvertrags sind:

 – Bestimmung des Kaufgegenstands: Sie erfolgt beim Share Deal durch die genaue Bezeichnung der zu verkaufenden Anteile (einschließlich solcher von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften); bei einem Asset Deal erfolgt sie durch eine detaillierte Bezeichnung des zu verkaufenden Geschäftsbereichs, also seiner Vermögensgegenstände, Rechte, Pflichten, der zu übernehmenden Verträge, Rechtsverhältnisse und ggf. Verbindlichkeiten;

 – Vereinbarung des Kaufs und Verkaufs;

 – Vereinbarung der dinglichen Übertragung des Kaufgegenstands: Hängt der dingliche Vollzug, wie nicht selten, vom Eintritt bestimmter Vollzugsvoraussetzungen ab (wie etwa der Freigabe durch die zuständigen Kartellbehörden), erfolgt die dingliche Übertragung oft nicht bereits aufschiebend bedingt im Unternehmenskaufvertrag (Vertragsmodell mit aufschiebender Bedingung, sog. One-Step-Modell oder Einheitslösung42), sondern aufgrund einer gesonderten Vereinbarung, die beim Vollzug abgeschlossen wird (Vertragsmodell mit gesondertem Vollzug, sog. Two-Step-Modell oder Trennungslösung43);

 – Vollzugsvoraussetzungen (Conditions to Closing): In ihnen werden insbesondere die Voraussetzungen für die Vornahme des Vollzugs (Closing), die dingliche Übertragung der Anteile und/oder Vermögensgegenstände sowie sonstige Vollzugshandlungen vereinbart; prominente Vollzugsvoraussetzungen sind kartellbehördliche Freigaben, sonstige behördliche Freigaben (rechtlich zwingende Vollzugsvoraussetzungen) oder sonstige, rechtlich nicht zwingende Vollzugsvoraussetzungen (Vollzugshindernisse);44

 – Vereinbarung des Kaufpreises;

 – Ggf. Regelungen zur Anpassung des Kaufpreises auf einen bestimmten Stichtag, regelmäßig aber nicht notwendigerweise den Vollzugstag, auf Grundlage sog. Closing Accounts;

 – Verpflichtungen des Verkäufers im Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Vollzug (Pre-Closing Covenants);

 – Regelungen zum Vollzug (hier auch synonym „Closing“);

 – Verkäufergarantien (Representations & Warranties);

 – Autonomes vertragliches Haftungsregime und Rechtsfolgenregelungen (Remedies);

 – Freistellungen (Indemnities): Insbesondere hinsichtlich vor Vertragsabschluss erkannter, nicht im Preis berücksichtigter spezieller Risiken, deren Eintritt und Höhe bei Vertragsabschluss noch ungewiss ist; regelmäßig hinsichtlich Steuern, oft auch hinsichtlich Altlasten; je nach Ergebnis der Due-Diligence-Prüfung, in Bezug auf bestimmte festgestellte Sonderrisiken, etwa den Ausgang eines Rechtsstreits der Zielgesellschaft;

 – Dem Vollzug nachlaufende Verpflichtungen (Post-Closing Covenants): Ab dem Vollzugstag bestehende weitere Verpflichtungen der Parteien, insbesondere aber des Verkäufers, z.B. Wettbewerbsverbot des Verkäufers und seiner verbundenen Unternehmen, Geheimhaltungsverpflichtung, Abwerbeverbot, Pflicht des Käufers zum „Rebranding“.

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Wesentliche Grundelemente eines jeden Unternehmenskaufvertrags sind, wie die Aufstellung zeigt, die sog. „Reps and Warranties“, „Conditions“, „Indemnities“ (womit neben den Freistellungen im engeren Sinne auch die Rechtsfolgenregelungen gemeint sein dürften) und „Covenants“ (also sonstige Verpflichtungen oder Verhaltenspflichten der Parteien), die der US-amerikanische M&A-Anwalt James C. Freund als die „Four Horsemen“ des Unternehmenskaufvertrags bezeichnet.45

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Diese Grundelemente stehen nicht beziehungslos zueinander, sondern greifen ineinander und führen oft erst im Zusammenspiel zu den gewünschten Ergebnissen:

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Ein Käufer wird bestrebt sein, den Garantiekatalog46 dort engmaschiger zu fassen, wo seine Due Diligence47 keine abschließenden zufriedenstellenden Ergebnisse brachte oder aber – ohne Garantieverletzungen als solche oder die ihnen zugrundeliegenden Tatsachen in einer Weise zu kennen, dass Garantieansprüche nach dem Wortlaut des Unternehmenskaufvertrags wegen Kenntnis oder (grob) fahrlässiger Unkenntnis des Käufers48 ausgeschlossen sein könnten – Hinweise auf mögliche Risiken bot.

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Der Katalog von speziellen Freistellungen,49 die sich der Kaufinteressent wünscht, wird umso länger, je mehr konkrete und gewichtige Risiken (derentwegen der Käufer nach dem Wortlaut des Vertrags mit Garantieansprüchen wegen Kenntnis, möglicherweise je nach Vertragsgestaltung auch (grob) fahrlässiger Unkenntnis, ausgeschlossen sein könnte) die Due Diligence offenbarte, die der Käufer nicht „einpreisen“ konnte oder wollte.

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Die Höhe des Kaufpreises, der Umfang der Freistellungen, der Umfang des Garantiekatalogs und die Ergebnisse der Due Diligence stellen korrespondierende Röhren dar. Sie sind aus Sicht eines Kaufinteressenten insbesondere dann besonders genau auszutarieren, wenn der Verkäufer (in typischer Weise im Bieterverfahren50) eine starke Verhandlungsposition und der Kaufinteressent ein möglichst kompetitives (wenngleich seine Interessen möglichst weitgehend wahrendes) Angebot abzugeben hat.

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Möchte der Verkäufer sein Unternehmen mit „wirtschaftlicher“ Rückwirkung auf den Beginn des laufenden Geschäftsjahres verkaufen, wird er bestrebt sein,

 – einen Festkaufpreis zu vereinbaren („Locked Box“-Kaufpreisklausel), der auf dem Jahresabschluss des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres basiert,

 – jede Form einer Kaufpreisanpassung abzulehnen, die Gewinne des laufenden Geschäftsjahres (und ggf. nicht ausgeschüttete Gewinne vergangener Geschäftsjahre) dem Käufer zuzuweisen (Klausel zur Gewinnabgrenzung),

 – mit Ausnahme etwaiger behördlicher Freigaben weitere Vollzugsvoraussetzungen abzulehnen,

 – Garantieversprechen nur auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung (nachfolgend synonym „Signing“) abzugeben (Garantien),

 – bei den Freistellungen, insbesondere der Steuerfreistellung, die zeitliche Abgrenzung auf den letzten Bilanzstichtag vorzunehmen (Freistellungen),

 – dem Käufer umgekehrt typischerweise zu garantieren, dass es seit dem letzten Bilanzstichtag keine Wertabflüsse bei der Zielgesellschaft gegeben hat („No Leakages“-Klausel),

 – dass er das Geschäft der Zielgesellschaft seit dem letzten Bilanzstichtag im gewöhnlichen Geschäftsgang betrieben hat (Garantie) und

 – dass dies auch bis zum Vollzugstag geschieht (Pre-Closing Covenant).

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Möchte der Käufer das Unternehmen mit „wirtschaftlicher“ Wirkung zum Vollzug erwerben, wird er

 – einen variablen Kaufpreis mit Anpassung auf den Vollzugstag (Kaufpreisklausel) aufgrund einer Stichtagsbilanz (Closing Accounts) vereinbaren wollen,

 – darauf drängen, dass bestimmte nachteilige Veränderungen zwischen Unterzeichnung und Vollzug ihn berechtigen, nicht vollziehen zu müssen (Closing Conditions) und

 – dass die Garantieversprechen (jedenfalls einige von ihnen) auch auf den Zeitpunkt des Vollzugs abgegeben werden,

 – die Freistellungen zeitlich auf den Tag des Vollzugs abgrenzen, braucht aber wegen der Kaufpreisanpassung auf den Tag des Vollzugs keinen gesonderten Schutz gegen Wertabflüsse („No Leakages“-Klausel) und kann auch bei den Garantien zum Geschäftsbetrieb seit dem letzten Bilanzstichtag und bei den entsprechenden Pre-Closing Covenants großzügiger sein.

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Auf all diese Punkte wird noch im Detail einzugehen sein. Hier sollen ihre Aufzählung und die etwas penetranten Klammerzusätze, die den Regelungsort ansprechen, vor allem deutlich machen, dass man bestimmte Regelungsziele selten durch punktuelle Anpassungen in einem Unternehmenskaufvertrag erreicht, sondern regelmäßig viele ineinandergreifende Klauseln entsprechend anpassen oder umgestalten muss.

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Der genaue Inhalt eines Unternehmenskaufvertrags hängt immer vom Einzelfall ab. Es gibt qualitative Marktstandards, nie aber inhaltliche Marktstandards. In der Tendenz wird man vergröbernd sagen können: Je größer das Transaktionsvolumen, desto länger der Vertrag, desto detaillierter und ausdifferenzierter seine einzelnen Regelungen. Share Deals erfordern größere Sorgfalt bei der Abfassung und Verhandlung des Garantiekatalogs und der sonstigen Beschreibung des Kaufgegenstandes. Beim Asset Deal liegt der Schwerpunkt bei der regelmäßig detailliert geregelten dinglichen Übertragung der Vermögensgegenstände51 und der Einbindung Dritter (Vertragsparteien, Behörden, soweit personenbezogene Genehmigungen betroffen sind). Hier reichen oft etwas kürzere Garantiekataloge (jedenfalls dann, wenn bekannte oder unbekannte Verbindlichkeiten nicht übertragen werden). In einem Verkäufermarkt besteht eine Tendenz zu Bieterverfahren. Bei Bieterverfahren besteht eine Tendenz zu verkäuferfreundlichen Regelungen. Bei einem Käufermarkt kehrt sich die Tendenz um. Immer wieder gibt es begründete Ausnahmen von diesen Tendenzen. Denn auch insoweit gilt immer noch das, was Quack bereits Anfang der 80er Jahre zu Recht für die Ermittlung des Unternehmenswerts festgestellt hat, auch für den Inhalt des Vertrags im Übrigen:

Letztlich ergibt er sich aus dem „Verhandlungspoker“ der Beteiligten, wobei deren Vorstellungen selten identisch sind.52

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Selbst bei rein innerdeutschen Transaktionen werden die Unternehmenskaufverträge regelmäßig in englischer Sprache verfasst, sofern der Erwerb fremdfinanziert wird und die Höhe des Akquisitionsdarlehens es erforderlich macht, das Darlehen bei internationalen Banken (die den Kaufvertrag in englischer Vertragssprache prüfen können wollen) zu syndizieren.

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Abhängig von der jeweiligen Transaktion kann es geboten sein, den Erwerbszweck angemessen in der Vertragsdokumentation zu berücksichtigen. Es macht auch für den Inhalt des Vertrags einen Unterschied, ob der Käufer externes Wachstum anstrebt oder eine „Marktbereinigung“ plant, ob er an der Ertragskraft oder der Substanz (oder einem bestimmten Vermögensgegenstand der Zielgesellschaft) interessiert ist oder ob er damit den Zugang zu bestimmten Technologien oder Produkten erkauft.

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Ähnliches (angemessene Berücksichtigung in der Vertragsdokumentation) gilt für die wesentlichen Annahmen, auf denen der Kaufpreis basiert. Auch wenn Aussagen hierzu zunächst „nebensächlich“ erscheinen, können sie bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sowohl aus dem Vertrag als auch wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten durchschlagende Relevanz erlangen.

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Jeder Unternehmenskauf ist Chancen- und Risikokauf. Die vertragliche Absicherung der Umstände, aus denen die Chancen erwachsen können, und die Vorsorge vor den vernünftigerweise erkennbaren Risiken ist Aufgabe des vertragsgestaltenden Juristen.

12 Der hier gewählte Begriff der „Anteile“ erfasst solche aller Rechtsformen, schließt also insbesondere Geschäftsanteile und Aktien ein. 13 Vgl. Engelhardt/von Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 6. 14 Der heute etwas gewunden anmutende Begriff „Umstände“ verweist in Anlehnung an RG, Urt. v. 16.1.1943 – VII (VIII) 139/42, RGZ 170, 292, 298 auf den in der Sache durchaus zutreffenden Befund, dass „das Unternehmen selbst ... eine Organisation [ist], durch welche körperliche Sachen und Rechte, aber auch Umstände, die weder körperliche Sachen noch Rechte sind, z.B. Lage, Beruf, Kenntnis der Bezugsquellen usw., einem wirtschaftlichen Zweck dienstbar gemacht werden.“ Ähnlich auch Böckmann, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 12 Rn. 35. 15 Vgl. Weber-Grellet, in: Schmidt, EstG, § 5 Rn. 93f., und Maier, in: Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, „Wirtschaftsgut“, Rn. 1: Für die Bestimmung des Begriffs „Wirtschaftsgüter“ sind eher wirtschaftliche als zivilrechtliche Gesichtspunkte maßgeblich. Auch bloße „tatsächliche Zustände“, „konkrete Möglichkeiten“, „Chancen“ und „sonstige Vorteile“ können darunter fallen, wenn (1) sich der Kaufmann diese etwas kosten lässt, (2) sie nach der Verkehrsauffassung einer selbständigen Bewertung zugänglich sind und (3) in der Regel einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsgüter erbringen. Handelsrechtliches Synonym sind die „Vermögensgegenstände“. Auch dem Zivilrecht ist der Begriff „Vermögensgegenstände“ näher (vgl. etwa § 90 BGB und die Definition des „Gegenstandes“ als Sachen und Rechte). Er sollte deshalb bei der Gestaltung von Unternehmenskaufverträgen verwendet werden. Hier wird nachfolgend im Kontext des Asset Deals immer wieder auch auf „Wirtschaftsgüter“ oder „Einzelwirtschaftsgüter“ abgestellt, um die Weite des Kaufgegenstands bei einem typischen Asset Deal deutlich zu machen. Das ändert nichts daran, dass bei der Vertragsgestaltung terminologisch auf Vermögensgegenstände abgestellt werden sollte. 16 Vgl. Engelhardt/von Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 6. 17 Vgl. Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 1 Rn. 14f. 18 RG, Urt. v. 16.1.1943 – VII (VIII) 139/42, RGZ 170, 292, 298. 19 BGH, Beschl. v. 8.5.1979 – KVR 1/78, BGHZ 74, 359. 20 Ballerstedt, ZHR 134 (1970), 251, 260, abgeleitet aus dem dreigliedrigen Unternehmensbegriff von Julius von Gierke. 21 Vgl. auch Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 1 Rn. 17 und 18. 22 Dazu unten Rn. 1148. 23 Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf v. 11.4.1980, BGBl. II 1989, S. 586, ber. II 1990, S. 1699. Auch kurz: UN-Kaufrechts-Übereinkommen oder UN-Kaufrecht. 24 Dazu unten Rn. 1409. 25 Weber, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019, Teil 9 Rn. 9.3. 26 Ähnlich Weber, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019, Teil 9 Rn. 9.3. 27 Weber, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019, Teil 9 Rn. 9.3. 28 Weber, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019, Teil 9 Rn. 9.3. 29 Vgl. BGH, Urt. v. 20.9.1996 – V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; BGH, Urt. v. 4.6.2003 – VIII ZR 91/02, BB 2003, 1695, 1697; Wächter, M&A Litigation, Rn. 6.29ff.; Haß/Koch/Golland, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 17 Rn. 12ff. 30 Vgl. Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, § 8 Rn. 144 m.w.N. 31 Vgl. dazu bereits Canaris, ZGR 1982, 395, 401 und 403; kritisch: Willemsen, AcP 182 (1982), 513, 556; in jüngerer Zeit betont insbesondere Jaques, in: Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, C Rn. 135ff. und D, Rn. 489ff. unter besonderer Berufung auf eine Entscheidung des BGH vom 26.9.2018 – VIII 187/17, MittBayNot 2019, 376, die weiterhin bestehende Relevanz darauf gestützter Ansprüche auf Anpassung oder, ausnahmsweise, Rückabwicklung. 32 Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 533; Kleinhenz/Junk, JuS 2009, 787, 792. 33 Jaques, in: Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, D Rn. 439 m.w.N.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 280 Rn. 18. 34 Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, § 20 Rn. 406. 35 Vgl. zur Praxis im deutschen M&A-Markt in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Louven, in: Louven, Mergers & Acquisitions in Germany, Chapter 4, S. 26f. 36 BGH, Urt. v. 18.3.1977 – I ZR 132/75, BGHZ 65, 246, 252 = NJW 1977, 1538, 1539: „Legt der Käufer Wert auf einzelne Angaben, kann er sich deren Richtigkeit vertraglich zusichern lassen.“ 37 Vgl. Louven, in: Louven, Mergers & Acquisitions in Germany, Chapter 4, S. 26f.; Merkt, in: FS Sandrock, S. 657, 658; Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 49. 38 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 49. Eine sehr praxisgerechte Auswahl dieser „Legionen“ von Begriffen wird in Risse/Kästle, M&A und Corporate Finance von A – Z, zum Nachschlagen vorgestellt. Vgl. ferner Grädler/Wehlage, JuS 2019, 109ff. 39 So Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 49. 40 So ebenso treffend wie plastisch schon im Buchtitel Wächter, M&A Litigation, M&A-Recht im Streit, 3. Aufl. 2017. 41 Vgl. Ebbinghaus/Hasselbach, DB 2012, 216; Louven/Mehrbrey, NZG 2014, 1321, 1323 zur parallelen Problematik bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. 42 Vgl. dazu etwa Uhlendorf/Schumacher, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 10 Rn. 5ff.; Jaques, in: Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, D Rn. 134ff. 43 Vgl. Uhlendorf/Schumacher, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 10 Rn. 5ff.; Jaques, in: Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, D Rn. 137; Schrader/Seibt, in: Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, C. II. 1. 11 und C. II. 2. 12. 44 Dazu unten Rn. 652ff. 45 Freund, Anatomy of a Merger, S. 153ff. 46 Dazu unten Rn. 948ff. 47 Dazu unten Rn. 140ff. 48 Dazu unten Rn. 1129ff. 49 Dazu unten Rn. 1227ff., S. 521ff. 50 Dazu unten Rn. 88ff. 51 So auch Engelhardt/von Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 7. 52 Quack, ZGR 1982, 350, 358.

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